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hörden auf eine Ausstattung, die sich<br />
durch den Stiftungszweck nicht selbst<br />
verbraucht, sondern diesen lediglich<br />
durch den Ertrag finanzieren kann (Abbildung<br />
1). Wer früher Grund und Boden,<br />
etwa ein landwirtschaftliches Gut, stiftete,<br />
für den lag der Ertragsgedanke auf<br />
der Hand – reine Bargeld-Stifter müssen<br />
wegen der stetigen Teuerung und sonstiger<br />
unwägbarer Ausgaben einen soliden<br />
Kapitalstock stiften.<br />
Die einzelnen Bundesländer, die für eine<br />
Anerkennung in ihrem Sprengel zuständig<br />
sind, legen das Minimum bisweilen<br />
unterschiedlich fest: Von 25 000 bis 50 000<br />
Euro Minimalausstattung sollte der künftige<br />
Stifter ausgehen; je nach Zweck kann<br />
im Einzelfall mehr oder weniger erforderlich<br />
sein. <strong>In</strong> der Praxis ist häufig eine<br />
stufenweise Ausstattung anzutreffen, bei<br />
der ein Mindeststock zur Errichtung einfließt<br />
und danach – das kann sogar schon<br />
in der Satzung vorgesehen sein – weitere<br />
Vermögenswerte nachfließen.<br />
Der kleinere Bruder ohne<br />
Rechte<br />
Neben der beschriebenen „echten“ oder<br />
BGB-Stiftung (eigentlich „Rechtsfähige<br />
Stiftung bürgerlichen Rechts“) existiert<br />
noch eine weitere Form der Stiftung:<br />
die unselbstständige oder fiduziarische<br />
Stiftung (lat. Fiducia: Vertrauen). Dabei<br />
handelt es sich eigentlich nur um ein<br />
Treuhandvermögen. Das bedeutet, dass<br />
ein Dritter treuhänderisch beziehungsweise<br />
im Auftrag das Vermögen oder den<br />
Vermögensbestandteil verwaltet.<br />
Hier liegt also, anders als bei der echten<br />
Stiftung, ein Zweipersonenverhältnis vor,<br />
für das ein zwischen Stifter und Treuhänder<br />
geschlossener Vertrag maßgeblich ist.<br />
Selbst die Satzung, also die festgehaltene<br />
Zweckbindung, ist hier nur in den<br />
Klauseln dieses Vertrags enthalten. Für<br />
den Vertrag selbst gilt überhaupt kein<br />
Formzwang, er kann sogar nur mündlich<br />
abgeschlossen sein.<br />
Die fiduziarische Stiftung ist keine echte<br />
Stiftung, weil sie selbst nicht rechtsfähig,<br />
sondern nur durch einen Treuhänder<br />
umgesetzt ist. Abgesehen von dem<br />
Risiko, das die Person des Treuhänders<br />
ausmacht, denn er könnte untreu handeln,<br />
sich über den Vertragszweck irren<br />
oder schlicht versagen, ist der zugrunde<br />
liegende Vertrag unbestimmten Typs. Ob<br />
er im Zweifelsfall als fiduziarische Stiftung,<br />
Schenkung oder Auftrag ausgelegt<br />
wird, bleibt dem in einem Rechtsstreit<br />
angerufenen Gericht überlassen. Der Stifter<br />
kann bei einer fiduziarischen Stiftung<br />
daher nie so sicher sein wie bei einer<br />
BGB-Stiftung.<br />
Die fiduziarische Form ist vor allem in<br />
der Wirtschaft beliebt, da sie im steuerrechtlichen<br />
Sinne als Körperschaft gilt<br />
und auch gleich behandelt wird. Zudem<br />
ist – wie selbstverständlich auch bei der<br />
BGB-Stiftung – sogar die steuerbegünstigte<br />
Form einer gemeinnützigen fiduziarischen<br />
Stiftung möglich [2].<br />
Diese Punkte, die fehlende staatliche Aufsicht<br />
und die Möglichkeit, jederzeit die<br />
Satzung, also den Vertrag zwischen Stifter<br />
und Treuhänder, zu ändern oder dies<br />
auch nur zu behaupten – es besteht ja<br />
kein Formzwang –, machen den gewissen<br />
Reiz dieser Rechtsform aus.<br />
Nachhaltig und unabhängig<br />
– die Rechtsfolgen<br />
Eine Stiftung ist nichts anderes als die<br />
Loslösung eines bestimmten Vermögens<br />
von einer Person. Das Vermögen verselbständigt<br />
sich. Die gesetzlichen Folgen<br />
eines solchen Rechtsakts sind – beabsichtigt<br />
oder nicht – vielfältig: Eine der<br />
bedeutsamsten ist, dass das Vermögen<br />
und seine Verwendung dem möglicherweise<br />
schwankenden Willen eines natürlichen<br />
Eigentümers entzogen ist. Weil<br />
die Satzung diesen Eigentümerwillen<br />
© AllzweckJac, Photocase.com<br />
ersetzt und die darin festgehaltene Verwendungsabsicht<br />
nicht den Launen und<br />
Finanzbedürfnissen einer natürlichen<br />
Person folgt, kann die Stiftung erst ihren<br />
vorgesehenen Zweck nachhaltig und auf<br />
Dauer ungestört erfüllen.<br />
Eine weitere bedeutsame Folge, in der<br />
Praxis oft die Hauptabsicht des Stifters,<br />
ist die Loslösung des Stiftungsvermögens<br />
aus dem Privatvermögen des Stifters. Damit<br />
ist alles, was in der Stiftung in Sicherheit<br />
gebracht ist, nicht mehr für die persönliche<br />
Haftung des Stifters heranziehbar,<br />
sprich: Geht der Stifter pleite, bleibt<br />
die Stiftung unberührt – einschließlich<br />
der Vermögenswerte.<br />
Fire and forget – die<br />
Absicht<br />
Eigentlich ein <strong>In</strong>diz für Misstrauen – sich<br />
selbst oder anderen gegenüber oder der<br />
wirtschaftlichen Entwicklung – bedeutet<br />
die Errichtung einer Stiftung, einen nicht<br />
unerheblichen Vermögensteil absolut unabhängig<br />
zu stellen. Der Stifter will einen<br />
bestimmten Teil seines Vermögens einem<br />
genau umrissenen Zweck zuführen und<br />
verhindern, dass ihm irgendetwas oder<br />
irgendjemand einen Strich durch die<br />
Rechnung macht.<br />
Die beiden Hauptrichtungen für diese<br />
Stiftungsabsicht folgen den Leitsätzen<br />
„Mein Vermögen soll diesem Zweck zugutekommen,<br />
aber ich will nichts mehr<br />
damit zu tun haben“ oder „Mein Vermögen<br />
soll dieser Person zugutekommen,<br />
aber ich traue ihr nicht“. Beides erreicht<br />
Abbildung 1: Das sollte nicht passieren, denn eine Stiftung muss ihren Zweck auch finanziell erfüllen können.<br />
Recht 05/2011<br />
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