elektrowärme international Härtetechnik (Vorschau)
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NACHGEFRAGT Folge 10<br />
Die Erneuerbaren Energien haben mindestens zwei<br />
Probleme: die fehlende Infrastruktur und das Beharrungsvermögen<br />
der Etablierten auf herkömmlichen<br />
Energieformen. Ändert sich das in absehbarer Zeit?<br />
Werner: Ja, die Infrastruktur ist ein Problem. Ein Beharrungsvermögen<br />
der Etablierten sehe ich aber derzeit nicht<br />
mehr als ein Problem. Das Thema ist die dringend anzupassende<br />
Förderung und eine europaweite Koordination.<br />
Wir verlieren uns immer noch in Diskussionen zwischen<br />
den Ländern und Berlin. Wir haben 16 Bundesländer und<br />
16 Konzepte. Und dann wollen wir unseren europäischen<br />
Nachbarn sagen, sie sind nicht effizient? Viele Unternehmer<br />
haben es erkannt und wollen es auch unterstützen. Leider<br />
führt die Sprunghaftigkeit der Politik zur Zurückhaltung<br />
bei Investitionen.<br />
Stichwort Energiewende: Welche Änderungen müssen<br />
sich auf politischer, auch weltpolitischer, auf gesellschaftlicher<br />
und ökologischer Ebene ergeben, damit<br />
man realistisch von einer Wende sprechen kann?<br />
Werner: Weniger Ideologie und Parteiengezänk, dafür<br />
mehr gemeinsames Handeln aller Beteiligten. Und auch<br />
allen Bürgern muss klargemacht werden, dass die Wende<br />
nicht ohne Einschnitte hinsichtlich Lebensweise (Energieeinsparung),<br />
Kosten und Akzeptanz für den Bau von<br />
Hochspannungstrassen oder Energiespeichern, vollzogen<br />
werden kann. Mit guter, offener Kommunikation und klaren<br />
Fakten kann und muss die Politik die Bürger mitnehmen.<br />
Die Aussage, etwas sei nicht vermittelbar, ist für mich eine<br />
Ausrede und ein Armutszeugnis. Aktuelles Beispiel aus<br />
unser Region: Der Bau eines Pumpspeicherkraftwerks am<br />
Rursee ist aufgrund von Bürgerprotesten (Wassersportler<br />
und Anwohner), aber auch aufgrund Unsicherheiten bei<br />
den politischen Rahmenbedingungen gescheitert.<br />
Ihre Forderung an die Bundesregierung in diesem Zusammenhang?<br />
Werner: Es muss ein von allen Bundesländern und Parteien<br />
getragener Masterplan erstellt und dabei das zu starke<br />
föderale Denken und Handeln überwunden werden.<br />
Darin müssen die drei strategischen Elemente: Ausbau<br />
der regenerativen Energiequellen, Dezentralisierung der<br />
Erzeugung und die Verbesserung der Energieeffizienz langfristig<br />
vereinbart werden. Ich denke, dass ohne gezielte<br />
Fördermaßnahmen und damit auch ohne unbeliebte Subventionen<br />
in Forschung, Bau und Einsatz energiesparender<br />
Technologien sowie regenerativer Energien das gestellte<br />
Ziel nicht erreicht werden kann. Dies den „Kräften“ des<br />
Marktes zu überlassen, klingt sehr modern, wird aber nicht<br />
funktionieren.<br />
Unabhängig von der Energieform und Technologie,<br />
viele halten das Stichwort „Energieeffizienz“ für den<br />
Schlüssel zur Energiefrage der Zukunft. Wie schätzen<br />
Sie das Thema ein? Was halten Sie für die bedeutendste<br />
Entwicklung auf diesem Gebiet?<br />
Werner: Bezogen auf unsere Branche können wir davon<br />
ausgehen, dass allein durch neue Technologien, verbesserte<br />
Anlagentechnik und sinnvolle Produktionsorganisation<br />
der Energieeinsatz noch deutlich gesenkt werden kann.<br />
Das Thema ist wichtig und hat Potenzial. Dafür ist aber<br />
die o. g. Planungssicherheit der Politik sehr wichtig! Sehr<br />
hilfreich dazu ist natürlich unsere verlustarme Induktionsspulentechnik.<br />
Durch eine spezielle Spulenkonstruktion ist<br />
es gelungen bei NE-Metallen Einsparungen von 6 bis zu<br />
9 % zu erreichen. Bei ferromagnetischen Werkstoffen liegen<br />
die Einsparungen aufgrund der Physik etwas niedriger. Mit<br />
unseren Kammeröfen der neuesten Bauart konnten für<br />
Aluminiumband durch die mathematische Gesamtprozess-<br />
Modellierung bis zu 25 % Energie eingespart werden. Die<br />
Möglichkeiten sind also sehr deutlich!<br />
Welche Vorteile bieten Ihrer Meinung nach elektrische<br />
Prozesswärmeverfahren?<br />
Werner: Elektrische Prozesswärmeverfahren bieten fast<br />
immer den Vorteil, dass eine genauere Regelung des Energiestroms<br />
möglich ist. Auch ist der Wirkungsgrad bei alleiniger<br />
Betrachtung des Prozesses besser, bezieht man bei<br />
ganzheitlicher Betrachtung den Wirkungsgrad des stromerzeugenden<br />
Kraftwerkes ein, so ist bei der Bewertung<br />
bereits die Prozesstemperatur mit zu betrachten. Auch<br />
gibt es regionale Unterschiede: Zum einen hinsichtlich der<br />
Energiekosten, zum anderen hinsichtlich der spezifischen<br />
CO 2 -Emission: Während in Deutschland der Strommix eher<br />
für die Verwendung fossiler Energieträger spricht, wird<br />
man beispielsweise in Frankreich immer die elektrische<br />
Prozesswärme vorziehen. Eine allgemeingültige Aussage<br />
pro oder kontra Elektrowärme ist aus Sicht des Anlagenbau-<br />
84 <strong>elektrowärme</strong> <strong>international</strong> 3-2013