27.02.2014 Aufrufe

im Fach Psychologie an der Fakultät für Verhalt - Ruprecht-Karls ...

im Fach Psychologie an der Fakultät für Verhalt - Ruprecht-Karls ...

im Fach Psychologie an der Fakultät für Verhalt - Ruprecht-Karls ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Einführung und Übersicht<br />

____________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________<br />

18<br />

1.4.2 Einstellungen zu Sterben und Tod in Spät<strong>an</strong>tike und Frühmittelalter:<br />

Der gezähmte Tod<br />

Der Erfolg des Christentums beruht nicht zuletzt auf den Aussagen über ein Leben nach<br />

dem Tod, dass durch die Kreuzigung und Auferstehung Jesu Christi ermöglicht wurde,<br />

also die Existenz eines Jenseits (H.-J. Braun, 1996; Hemleben, 1975; Schreiber, 2003).<br />

Nach dem Tod w<strong>an</strong><strong>der</strong>t die unsterbliche Seele nach dem vorbereitenden Aufenthalt <strong>im</strong><br />

L<strong>im</strong>bus (Vorhölle) 4 und dem reinigenden Purgatorium (Fegefeuer, s. Abb. 3), in die Verdammnis<br />

<strong>der</strong> Hölle o<strong>der</strong> die Ewigkeit des H<strong>im</strong>mels. Entscheidend hier<strong>für</strong> ist das irdische<br />

Leben: Wer auf einen frommen Lebensw<strong>an</strong>del blicken k<strong>an</strong>n, dem öffnen sich die h<strong>im</strong>mlischen<br />

Pforten – ein Glaube, <strong>der</strong> in <strong>der</strong> Antike vor allem Sklaven und <strong>der</strong> Unterschicht eine<br />

bessere Perspektive verschaffte, als die heidnischen Vorstellungen <strong>der</strong> Römer und Griechen<br />

von <strong>der</strong> Unterwelt 5 . Der christliche Glaube konnte sich zunehmend durchsetzen, jedoch<br />

blieben bis in die heutige Zeit viele <strong>der</strong> ursprünglich heidnischen Bräuche erhalten.<br />

Als Beispiel <strong>der</strong> übernommenen spätrömischen Trauerkultur seien etwa das Schließen <strong>der</strong><br />

Augen des Toten, das Anlegen schwarzer Kleidung <strong>der</strong> Trauernden und das Totenmahl<br />

bzw. <strong>der</strong> Leichenschmaus gen<strong>an</strong>nt. Versuche christlicher Theologen, diese durch die Kirche<br />

abgelehnten Bräuche zu än<strong>der</strong>n, scheiterten, was auch dar<strong>an</strong> lag, dass <strong>der</strong> christliche<br />

Klerus zu diesem Zeitpunkt noch keine offiziellen Funktionen innehatte (Gessel, 1987).<br />

Eine Beerdigung wurde von <strong>der</strong> Familie des Verstorbenen ausgerichtet und fiel je nach<br />

Wohlst<strong>an</strong>d und sozialer Stellung aus. So war etwa <strong>der</strong> Leichenzug, die sogen<strong>an</strong>nte Pompa,<br />

privilegierten Familien vorenthalten, die sich etwa Schauspieler als zusätzliche Trauernde<br />

leisten konnten.<br />

Bis in die Spät<strong>an</strong>tike galt <strong>der</strong> strikte Grundsatz extra muros, das heißt, Bestattungen<br />

durften nur außerhalb <strong>der</strong> Stadtmauern und somit getrennt von den Lebenden stattfinden.<br />

Bölsker-Schlicht erklärt den Brauch mit „praktisch-hygienischen Notwendigkeiten“ (S.<br />

15), <strong>an</strong><strong>der</strong>erseits diente dies auch <strong>der</strong> Totenabwehr. Die Grabstätten galten als furchteinflößen<strong>der</strong><br />

Ort, da sie als Wohnungen <strong>der</strong> Toten <strong>an</strong>gesehen wurden, bis die Seelen <strong>der</strong> Verstorbenen<br />

auferstehen durften. Dieser Glaube wurzelte in <strong>der</strong> heidnischen Vorstellung,<br />

dass <strong>der</strong> mythologische Hades als Inter<strong>im</strong>sstätte <strong>für</strong> die Seelen galt; hieraus entst<strong>an</strong>d die<br />

mittelalterliche Überzeugung <strong>der</strong> Existenz einer Vorhölle. Um den Toten zu besänftigen,<br />

wurden am Grab etwa zu best<strong>im</strong>mten Tagen Totenmahle mit symbolischer Beteiligung des<br />

Verstorbenen abgehalten, die durch den begleitenden Alkoholkonsum durchaus den Charakter<br />

eines Familien- und Festgelages <strong>an</strong>nehmen konnten.<br />

4 Die Vorhölle wurde mittlerweile durch den ehmaligen Papst Benedikt XVI. wi<strong>der</strong>rufen, indem er den Bericht<br />

<strong>der</strong> Internationalen Theologenkommission akzeptierte (2007).<br />

5 Auch die alten Ägypter sind <strong>für</strong> ihren <strong>im</strong>pos<strong>an</strong>ten Totenkult, <strong>der</strong> viel mit <strong>der</strong> Negation des Todes zu tun<br />

hat, berühmt. Sie glaubten, ähnlich wie später die Christen, <strong>an</strong> die Möglichkeit einer Auferstehung unter<br />

best<strong>im</strong>mten Bedingungen (Assm<strong>an</strong>n, 2003).

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!