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im Fach Psychologie an der Fakultät für Verhalt - Ruprecht-Karls ...

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Einführung und Übersicht<br />

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20<br />

Gemäß Ariès waren die Einstellungen zu Sterben und Tod bei aller Individualität und Heterogenität<br />

durch eine pragmatisch-resignative, neutral-akzeptierende Grundhaltung geprägt.<br />

M<strong>an</strong> fügte sich in das Unvermeidliche und <strong>für</strong>chtete weniger um sein eigenes Ableben,<br />

son<strong>der</strong>n war als Angehöriger nach einem Trauerfall vielmehr auf die soziale Anteilnahme<br />

in einer Gesellschaft ohne jegliche soziale Absicherung <strong>an</strong>gewiesen und musste<br />

sich um das Überleben <strong>der</strong> eigenen Familie kümmern. Ariès konstatiert das „jahrtausendel<strong>an</strong>ge<br />

Überdauern einer nahezu unverän<strong>der</strong>lichen Einstellung zum Tode […], die eine naive<br />

und spont<strong>an</strong>e Fügung ins Schicksal und in den Willen <strong>der</strong> Natur zum Ausdruck brachte“<br />

(2009, S. 43). Der Umg<strong>an</strong>g mit dem Tod sei ferner durch eine „indifferente Vertrautheit“<br />

(ebd.) geprägt gewesen, wodurch er „<strong>im</strong> schroffen Gegensatz“ (ebd., S. 42) zu unserem<br />

heutigen Gewahren wenig <strong>an</strong>gsteinflößend gewesen sei. Fällt es dem mo<strong>der</strong>nen Menschen<br />

oft schwer, sich (sein) Sterben und (seinen) Tod überhaupt vorzustellen, war dies zu<br />

alten Zeit ein völlig natürliches Faktum, mit dem m<strong>an</strong> tagtäglich konfrontiert wurde.<br />

1.4.3 Einstellungen zu Sterben und Tod <strong>im</strong> Mittelalter und <strong>der</strong> frühen Neuzeit:<br />

Der eigene Tod<br />

Die sich in <strong>der</strong> Überg<strong>an</strong>gszeit von <strong>der</strong> Antike zum Mittelalter nach und nach vollziehende<br />

Verkirchlichung <strong>der</strong> Trauerkultur erfuhr <strong>im</strong> Mittelalter (hier ca. ab dem 12. bis zum 15.<br />

Jahrhun<strong>der</strong>t) ihren Höhepunkt; bei <strong>der</strong> nun „institutionalisierten und ritualisierten Jenseitsvorsorge“<br />

(Bölsker-Schlicht, 1992, S. 19) hatte die Kirche die Monopolstellung inne und<br />

prägte die Einstellungen zu Sterben und Tod nachhaltig, so etwa durch oft drastisch und<br />

gewollt beängstigend ausgeschmückte bildlich-plastische Darstellungen des Jüngsten Gerichts<br />

und <strong>der</strong> drohenden postmortalen Vergeltung in Wort, Schrift und Bild. Die vielleicht<br />

f<strong>an</strong>tastischsten Interpretationen aus dieser Zeit sind auf Hieronymus Boschs Triptychen<br />

´Das Jüngste Gericht` und ´Der Garten <strong>der</strong> Lüste` aus dem 15. Jahrhun<strong>der</strong>t dargestellt.<br />

Doch auch nicht-sakrale Kunst befasste sich eingehend mit <strong>der</strong> Sterblichkeit, <strong>der</strong>en Betrachtung<br />

das Realisieren <strong>der</strong> eigenen Vergänglichkeit durch Darstellung des physischen<br />

Augenblicks o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Symbolik des Todes zum Ziel hatte; als Beispiel sei hier das über<br />

viele Jahrhun<strong>der</strong>te wie<strong>der</strong>kehrende Motiv des Totent<strong>an</strong>zes o<strong>der</strong> d<strong>an</strong>se macabre gen<strong>an</strong>nt.<br />

Vertiefende Abh<strong>an</strong>dlungen sowie Beispiele zu den Kunstformen Ars moriendi, V<strong>an</strong>itas<br />

und mittelalterliche Totentänze finden sich z.B. bei Hammerstein (1980), Laager (1996),<br />

Pennington (2001), Warda (2011) und Ariès (2009). Die Sterblichkeit wurde also durchaus<br />

offen als mahnendes memento mori – abgeleitet vom Lateinischen memento moriendum<br />

esse als Ermahnung, unserer Sterblichkeit zu gedenken – und Hinweis auf ein tugendhaftes,<br />

christliches Leben <strong>im</strong> Diesseits thematisiert, so dass diese in vielen Bereichen wie Alltag,<br />

Glaube und Kunst präsent war. Das Barock-Sonett ´Abend` von Andreas Gryphius aus<br />

dem Jahr 1650 sei hier beispielhaft <strong>für</strong> den damaligen künstlerischen Ausdruck des Sterblichkeitsbewusstseins,<br />

<strong>der</strong> Vergänglichkeit o<strong>der</strong> V<strong>an</strong>itas des menschlichen Daseins dargestellt<br />

(Mauser, 1976):

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