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22 22. März 2013<br />
MAGAZIN<br />
Ausstellung<br />
An der Vernissage am Karfreitag nimmt der japanische Botschafter in Bern mit<br />
Gattin teil. Ein Vortrag und Lesungen runden das Feiertagsprogramm ab<br />
OSTERN IM MUSEUM HERMANN HESSE:<br />
HERMANN HESSE UND DIE SCHMETTERLINGE<br />
von Regina Bucher, Direktorin Museo Hermann Hesse<br />
Am Karfreitag den 29. März um 18.30 Uhr<br />
wird die Ausstellung zum Thema “Hermann<br />
Hesse und die Schmetterlinge” im Museum<br />
Hermann Hesse eröffnet. Es ist eine Ehre, dass<br />
der japanische Botschafter in Bern, seine Exzellenz<br />
Ryuhei Maeda, mit Gattin an der Vernissage<br />
teilnehmen und ein Grusswort sprechen<br />
wird.<br />
Am Samstag, den 30. März um 17.30 Uhr hält<br />
der international bekannte Hessekenner und<br />
Herausgeber der Hesse-Werke beim Suhrkamp<br />
Verlag, Volker Michels, einen Vortrag zum Thema<br />
“Hermann Hesse und die Schmetterlinge”,<br />
begleitet vom Schauspieler Ernst Süss, der<br />
Hessetexte liest.<br />
Am Sonntag, den 31. März schliesslich findet<br />
um 17.00 Uhr die traditionelle zweisprachige<br />
Osterlesung mit Texten zum Frühlingserwachen<br />
statt.<br />
In Japan begannen vor einigen Jahren der Biologe<br />
und Schmetterlingsexperte Kosuke Niibe<br />
und der Germanist und Hesse-Liebhaber Asao<br />
Okada ein sehr ehrgeiziges Vorhaben. Sie lasen<br />
die zahlreichen Gedichte und Prosa-Texte von<br />
Hermann Hesse zum Thema Schmetterlinge,<br />
die vollständig in japanischer Übersetzung vorliegen,<br />
und sammelten die von Hermann Hesse<br />
erwähnten Falter. In Kombination mit Hermann<br />
Hesses Texten und einigen Illustrationen arrangierten<br />
sie die Tiere in 15 Glasvitrinen, so dass<br />
die in Worten ausgedrückte Leidenschaft für die<br />
schönen Tiere anschaulich dargestellt wird.<br />
Die Ausstellung ist bis heute in mehreren japanischen<br />
Städten sowie in den Hermann Hesse-<br />
Museen in Calw und Gaienhofen am Bodensee<br />
gezeigt worden und hat überall ein gutes Echo<br />
gefunden, nicht nur bei Hesse-Liebhabern, sondern<br />
auch bei Schmetterlingssammlern.<br />
Nun ist sie im Museum Hermann Hesse Montagnola<br />
in einer japanisch-deutsch-italienischen<br />
Fassung zu sehen, ergänzt um Hermann Hesses<br />
kürzlich aufgetauchte eigene Schmetterlingssammlung,<br />
ein bisher unveröffentlichtes Hesse-<br />
Aquarell sowie andere Objekte zum Thema (bis<br />
zum 1. September 2013). Die Ausstellung wird<br />
unterstützt von der Hermann Hesse-Stiftung<br />
Bern und der LGT Bank (Svizzera SA), Lugano.<br />
Hermann Hesse<br />
und die Schmetterlinge<br />
Schmetterlinge, diese besonders filigranen<br />
und pittoresken Wunderwerke der Natur, erregten<br />
schon die Aufmerksamkeit und Bewunderung<br />
Hermann Hesses als er ein Kind war.<br />
In den Calwer Bubenjahren wuchs sich dies<br />
dann zur Leidenschaft des Schmetterlingsjagens<br />
und -sammelns aus. In der Erzählung<br />
Das Nachtpfauenauge, deren Hintergrund als<br />
autobiografisch vermutet werden kann, schildert<br />
er, wie diese Passion Macht über ihn gewann,<br />
sodass er vor nichts zurückschreckte,<br />
um in den Besitz besonders begehrter Schmetterlinge<br />
zu kommen. Allerdings war das darin<br />
geschilderte tragische Geschehen für ihn zugleich<br />
auch Anlass zur Besinnung: Die Gier<br />
der Jagd und das Töten der zerbrechlichen Wesen<br />
wurden ihm fragwürdig.<br />
Erst als er in den folgenden Jahren Vater wurde<br />
und seine Söhne ihrerseits von den Schmetterlingen<br />
fasziniert waren, begann er noch einmal<br />
– nun behutsamer – mit dem Sammeln. Da<br />
war er aber längst aller Jagd abhold. Seine Gedanken<br />
galten nun vielmehr der Sorge, dass<br />
die zunehmende Umweltzerstörung die Artenvielfalt<br />
dieser sensiblen Lebewesen beeinträchtigen<br />
könnte. Schmetterlinge waren in<br />
Hermann Hesses Augen nun Symbole für die<br />
Schönheit und die Wunder der Natur, denen<br />
man mit Erstaunen und Ehrfurcht begegnen<br />
muss, um so zur Erkenntnis gelangen zu können,<br />
wie wunderbar und schützenswert die<br />
Natur ist.<br />
In seiner Betrachtung Über Schmetterlinge,<br />
die 1935 als Geleitwort für den Fotoband<br />
Falterschönheit entstand, schrieb Hermann<br />
Hesse:<br />
“Alles Sichtbare ist Ausdruck, alle Natur ist<br />
Bild, ist Sprache und farbige Hieroglyphenschrift.<br />
[…]Schmetterlinge […] sind gleich<br />
den Blumen für viele Menschen ein sehr bevorzugtes<br />
Stückchen Schöpfung, ein besonders<br />
geschätztes und wirksames Objekt jenes<br />
Erstaunens, ein besonders lieblicher Anlass<br />
zum Erlebnis, zum Ahnen des grossen Wunders,<br />
zur Verehrung des Lebens.”<br />
Hermann Hesse und Japan<br />
Schon 1909 veröffentlichte eine japanische Literaturzeitschrift<br />
eine Episode aus Hermann Hesses Erzählungen<br />
um den Vagabunden Knulp und bis heute<br />
sind fast alle Hessewerke ins Japanische übersetzt.<br />
Laut Masaru Watanabe, einem japanischen Germanisten,<br />
ist die Hesse-Begeisterung in Japan unter<br />
anderem auf Hermann Hesses naturverbundene<br />
Einsamkeit und seine Freude an der Bilderwelt zurückzuführen,<br />
welche dem Naturgefühl der Japaner<br />
entsprechen. Sein Vergänglichkeitsbewusstsein<br />
weisen zudem gemeinsame Züge mit der japanischen<br />
Literaturtradition auf, und die zuweilen romantischen<br />
Elemente in seinem Werk entsprechen<br />
einem verbreiteten Lebensgefühl der Japaner.<br />
Hermann Hesses Betrachtung Das Nachtpfauenauge<br />
ist seit 1947 bis heute Lesestoff in den japanischen<br />
Mittelschulen und damit jedem Japaner bekannt.<br />
Eine besondere Rolle spielt der Schulroman<br />
Unterm Rad, der in Japan zum meistgekauften Hesse-Werk<br />
wurde. Derzeit erscheint in Japan eine<br />
komplette Übersetzung der grossen zwanzigbändigen<br />
Hesse-Gesamtausgabe.<br />
Hermann Hesse schrieb 1955 in einem Vorwort für<br />
eine japanische Ausgabe seines Werkes:<br />
“Ich habe namentlich die fernöstliche Form des<br />
Buddhismus, das Zen, […] ein wenig kennengelernt,<br />
habe mit immer neuer Freude und Bewunderung<br />
die Kunst der Maler und Holzschneider, die<br />
wunderbare Anschaulichkeit und Keuschheit der<br />
japanischen Lyrik geliebt. So sind mir, neben der<br />
abendländischen Tradition, Indien, China und Japan<br />
zu Lehrern und Lebensquellen geworden, und<br />
es war mir eine Freude zu sehen, wie dort drüben<br />
im fernen Japan allmählich ein Echo mir entgegentönte,<br />
wie meine Liebe dort Erwiderung fand.<br />
Die ernsthafte und fruchtbare Verständigung zwischen<br />
Ost und West ist nicht nur auf politischem<br />
und sozialem Gebiet die grosse Forderung unserer<br />
Zeit, sie ist eine Forderung und Lebensfrage auch<br />
auf dem Gebiet des Geistes und der Lebenskultur.<br />
[...] Wir sollen und wollen uns öffnen und weiten;<br />
wir erkennen östliche und westliche Weisheit nicht<br />
mehr als feindlich sich bekämpfende Mächte, sondern<br />
als Pole, zwischen denen fruchtbares Leben<br />
schwingt.”<br />
Copyright für die Abbildungen: Fondazione Hermann Hesse Montagnola<br />
Widmung von Prof. Asao Okada für Heiner Hesse im<br />
japanischen Buch Hermann Hesse – Schmetterlinge<br />
Foto: Valentino Müller<br />
Falterschönheit - Exotische Schmetterlinge in farbigen<br />
Naturaufnahmen mit einem Vorwort von Hermann Hesse,<br />
Bern 1935<br />
Schwalbenschwanz<br />
(in der Ausstellung)<br />
Japanische Ausgabe des Buches: Hermann Hesse – Schmetterlinge,<br />
übersetzt von Prof. Asao Okada, Tokio 2000<br />
Veranstaltungen im Überblick:<br />
Freitag, 29.3., um 18.30 Uhr: Vernissage,<br />
in deutscher und italienischer Sprache, Eintritt frei.<br />
Samstag, 30.3., um 17.30 Uhr: Vortrag und Lesung<br />
mit Volker Michels und Ernst Süss, in deutscher<br />
Sprache, Eintritt CHF 15.-/ 12.-<br />
Sonntag, 31.3., 17.00 Uhr: Lesung mit Rudolf<br />
Cornelius und Antonio Ballerio, in deutscher<br />
und italienischer Sprache, Eintritt CHF 8.50/ 7.-