Begriffskarrieren: Subjekt und Geschlecht - Berliner Institut für ...
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Ökonomie 969<br />
<strong>und</strong> die von ihm entwickelten Konzepte aus diesem Kontext herausgelöst worden.<br />
Diese Abkehr ist von Aglietta selbst befördert worden. M.E. ist das kein Zufall, ist<br />
doch Aglietta in seiner Arbeit zur Geldtheorie (La violence de la monnaie, mit<br />
A. Orlean, 1982) ganz unvermeidlich auf eines der notorischen »politischen« Elemente<br />
der Politischen Ökonomie gestoßen: Ohne den Staat lassen sich kapitalistische<br />
Geldsysteme nicht erklären; der moderne Staat aber ist ein äußerst sperriges Objekt<br />
<strong>für</strong> werttheoretische Bemühungen. Mit Ausnahme von Alain Lipietz (den Hübner<br />
als den »werttheoretischen Nachfolger« von Aglietta bezeichnet [79]) argumentieren<br />
die Regulationisten heute »preistheoretisch«, d.h. auf der Ebene der fix <strong>und</strong> fertigen<br />
Marktphänomene. Auf die Entwicklung spezieller »intermediärer Konzepte« wird<br />
weithin verzichtet, jeder Bezug auf »allgemeine« ökonomische Gesetze (der kapitalistischen<br />
Produktionsweise) aufgegeben. Am prägnantesten wird diese Position von<br />
Robert Boyer vertreten. In seinen wie in den Arbeiten vieler anderer reproduziert<br />
sich dann auch das altbekannte Dilemma jedes »<strong>Institut</strong>ionalismus< sie schwanken<br />
unentschieden zwischen einer ökonomischen Theorie (= Preistheorie ) ohne <strong>Institut</strong>ionen<br />
<strong>und</strong> einer Beschreibung von <strong>Institut</strong>ionen ohne ökonomische Theorie. Für<br />
eine ökonomische Theorie der <strong>Institut</strong>ionen fehlt ihnen die Gr<strong>und</strong>lage. Zu Recht<br />
konstatiert Hübner, daß sich die Regulationisten im Zuge ihrer preistheoretischen<br />
Wende mehr <strong>und</strong> mehr auf bloß deskriptive, empirische Arbeiten verlegt haben (vgl.<br />
79ff., 95ff., lIlff. u.ö.).<br />
Die preistheoretische Wende führt zu dem, was Hübner recht scharf als »Nominalismus«<br />
angreift (vgl. 166ff.). Wenn man die werttheoretische Gr<strong>und</strong>lage aufgibt,<br />
bleibt kaum etwas anderes als der Vergleich zwischen historischen Konstellationen,<br />
die man so, aber auch anders benennen kann. Wer nur noch historische Besonderheiten<br />
kennt, kann den Gang der kapitalistischen Entwicklung, die Logik der »Strukturveränderungen«<br />
des Kapitalismus nicht mehr erklären. Die Rede von institutionellen<br />
Formen> von Regulation <strong>und</strong> Regulationsweisen verliert jeden präzisen analytischen<br />
Sinn, weil die Bezugspunkte fehlen. Hübner hält eine konsistente Verknüpfung<br />
des Regulationsansatzes mit der Marxschen Werttheorie durchaus <strong>für</strong> möglich,<br />
betont aber - m.E. sehr zu Recht -, daß nötige theoretische Schritte zur Entwicklung<br />
der von Aglietta <strong>und</strong> Lipietz ursprünglich gemeinten »intermediären« Konzepte noch<br />
ausstünden <strong>und</strong> von einer strengen Reformulierung der Marxschen Werttheorie<br />
selbst abhängig seien (vgl. 94f.).<br />
Hübner macht auf einige Schwächen aufmerksam, die den diversen Varianten der<br />
Regulations»theorie« gemeinsam sind: ihre überwiegende Orientierung auf den Binnenmarkt,<br />
d.h. die von der Weltmarktentwicklung abstrahierende Betrachtung der<br />
Verhältnisse einzelner kapitalistischer Länder (vor allem Frankreich) (126ff. u.ö.);<br />
ihre Neigung zu heimlicher Gleichgewichtsbetrachtung oder zur nahezu ausschließlichen<br />
Konzentration auf die »Stabilisierungsleistungen« ökonomischer <strong>Institut</strong>ionen<br />
(vgl. 155ff.); ihre sehr unzureichende Analyse von Krisen- <strong>und</strong> Transformationsprozessen><br />
die damit zusammenhängt, daß sozial-ökonomische Konflikte sowie die<br />
streitenden Konfliktparteien (Klassen oder -fraktionen) nur ad hoc, als exogene Faktoren<br />
gelegentlich herangezogen werden, ohne daß die Logiken solcher (Klassen<br />
)Kämpfe näher untersucht werden (vgl. 173ff. u.ö.). Die zentrale Schwäche liegt<br />
aber genau dort, wo auch die Ambitionen der Regulationisten am größten sind: Die<br />
zentrale Vermittlungs kategorie der »institutionellen« oder »strukturellen« Form(en),<br />
mit der individuelles ökonomisches Handeln <strong>und</strong> ökonomische Strukturen (konventionell:<br />
Mikro- <strong>und</strong> Makroebene) verknüpft werden sollen, bleibt blaß <strong>und</strong> unpräzise.<br />
Das gilt <strong>für</strong> die preistheoretisch argumentierenden Regulationisten ebenso wie<br />
<strong>für</strong> das zusammengeschmolzene Häuflein der Werttheoretiker. Die Preistheoretiker<br />
DAS ARGUMENT 19611992 ©