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Theorie und Praxis Theorie und Praxis - Inwo

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Buch-Besprechungen<br />

Michel Chossudovsky / Alfred Racek<br />

Michel Chossudovsky: Global<br />

Brutal – Der entfesselte<br />

Welthandel, die Armut, der<br />

Krieg. Zweitausendeins,<br />

Frankfurt 2002. 478 S.<br />

12,75 H<br />

Nicht sein Titel eines Wirtschaftsprofessors<br />

qualifiziert den Autor,<br />

sondern seine Jahrzehnte währende<br />

Tätigkeit auf beinahe allen<br />

Kontinenten. So lehrte er zur Zeit<br />

des Sturzes von Präsident Allende<br />

durch General Pinochet<br />

(1973) gerade in Chile, beim<br />

Amtsantritt von Präsident Fujimori<br />

(1990) war er gerade nach<br />

Peru zurückgekehrt. Überall beobachtete<br />

er den Einfluss <strong>und</strong><br />

die Macht des Internationalen<br />

Währungsfonds (IWF) <strong>und</strong> der<br />

Weltbank, deren Fäden an der<br />

Wall Street zusammenlaufen.<br />

Auch in Afrika <strong>und</strong> Asien stellte<br />

Chossudovsky fest, dass statt der<br />

versprochenen Segnungen der<br />

"freie Markt" eine "Globalisierung<br />

der Armut" bringt, indem<br />

skrupellose Diktatoren <strong>und</strong> rücksichtslose<br />

Diktate des IWF<br />

("Strukturanpassung") ihre<br />

Interessen auf dem Rücken der<br />

Menschen <strong>und</strong> auf Kosten der<br />

Umwelt durchsetzen.Aber er<br />

konstatiert auch eine Tendenz<br />

zur Absenkung des Lebensstandards<br />

breiter Bevölkerungskreise<br />

in Europa <strong>und</strong> den USA. Hier<br />

zwar nicht unter dem Druck des<br />

IWF, sondern bedingt durch die<br />

hohen Staatsverschuldungen, die<br />

die Sozialpolitik aus der Hand<br />

der Regierungen in die Hände<br />

der Finanzeliten verlagert haben.<br />

Chossudovsky beschreibt die<br />

dramatische Kapitalakkumulation<br />

in den Händen weniger <strong>und</strong><br />

mit allen Mitteln – auch <strong>und</strong><br />

konsequenterweise durch Krieg.<br />

Was auch er nicht sieht, ist der<br />

Antreiber Zins, der die Akkumulation<br />

erzwingt. Geradezu minutiös<br />

geht er alle Krisenherde der<br />

letzten Jahrzehnte durch <strong>und</strong><br />

zeigt die Verflechtungen geopolitischer<br />

mit wirtschaftlichen Interessen<br />

auf: Von Ruanda <strong>und</strong><br />

Äthiopien über Indien, Bangladesch<br />

<strong>und</strong> Vietnam nach Brasilien,<br />

Peru <strong>und</strong> Bolivien – es geht<br />

um politischen Einfluss, um Rohstoffe,<br />

um Kontrolle der Währungen.<br />

IWF <strong>und</strong> CIA arbeiten eng<br />

zusammen – auch bei der Destabilisierung<br />

von Staaten wie auf<br />

dem Balkan <strong>und</strong> in der ehemaligen<br />

Sowjetunion. In der Neuauflage<br />

ergänzt Chossudovsky seine<br />

Analyse um die Hintergründe der<br />

Terrorattacken des 11. September<br />

01 <strong>und</strong> die verborgenen<br />

Ziele des amerikanischen Krieges.<br />

Nach seiner Meinung stellt<br />

die angebliche "Kampagne<br />

gegen den internationalen Terrorismus"<br />

einen Eroberungskrieg<br />

dar <strong>und</strong> "erfüllt den Tatbestand<br />

dessen, was bei den Nürnberger<br />

Prozessen als schwerstes Verbrechen<br />

galt: Verschwörung gegen<br />

den Weltfrieden". Und er kündigt<br />

das nächste große Ziel des<br />

globalen Finanzkapitals an: Die<br />

Deregulierung des chinesischen<br />

Kreditwesens, die nach Chinas<br />

Aufnahme in die WTO "zu einer<br />

tödlichen Welle von Bankrotten"<br />

<strong>und</strong> zu einer "Destabilisierung<br />

der Landeswährung" führen<br />

wird. Damit sind "massive Arbeitslosigkeit<br />

<strong>und</strong> soziale Unruhen<br />

vorprogrammiert". Damit<br />

der Dollar hoch leben kann,<br />

müssen ganze Staaten zu Boden<br />

gehen. Chossudovsky (lehrt derzeit<br />

in Ottawa) schreibt nicht nur<br />

über die Folgen der Globalisierung,<br />

er handelt auch: In Seattle<br />

<strong>und</strong> Genua war er einer der "intellektuellen<br />

Aktivisten".<br />

Volker Freystedt<br />

Alfred Racek: Befreiungsphilosophie<br />

des Geldes. Thaur,<br />

Thaur, 268 Seiten, 21,- H<br />

Dem anspruchsvollen <strong>und</strong> ungewöhnlichen<br />

Titel im Zusammenhang<br />

mit Geld folgt ein ebensolcher<br />

Inhalt. Eine enorme Faktendichte,<br />

ein Schreibstil, der<br />

manchmal einem fantasiereichen,<br />

glasklaren Sturzbach ähnelt,<br />

allerdings auch ziemlich mit<br />

Begriffen bestückt, die ein gutes<br />

Lexikon voraussetzen für Leserinnen<br />

<strong>und</strong> Leser, die auf diesem<br />

Gebiet nicht gerade an der Uni<br />

examiniert wurden.<br />

Die Thematik des Buches ist ausgezeichnet<br />

recherchiert, berücksichtigt<br />

einen logisch geschlossenen<br />

Ablauf, dem man gut folgen<br />

kann. Das Verzeichnis verwende<br />

ter Literatur liest sich wie ein sozioökonomisches<br />

"Who is<br />

who?", in dem kaum jemand<br />

fehlt, der zum Thema etwas beizutragen<br />

hat. Mit einem Wort,<br />

wer dieses Buch gelesen hat,<br />

dem kann man sicherlich nicht<br />

so leicht irgendwelche Phrasen<br />

aus der Welt moderner, schillernder<br />

Geldlandschaft andrehen. In<br />

diesem Buch wird die alte Formel<br />

1 + 1 = 2 als einfache Realgr<strong>und</strong>lage<br />

zukünftiger Geldtechniken<br />

auf neuer <strong>und</strong> höherer<br />

Ebene lebendig. Wer dieses Buch<br />

gelesen <strong>und</strong> verstanden hat,<br />

wird sicherlich imstande sein,<br />

wie ein Katalysator sogenannte<br />

neue gesellschaftspolitische Angebote<br />

in seine Gr<strong>und</strong>bestandteile<br />

zu zerlegen <strong>und</strong> sich ein reales<br />

Bild von solchen Angeboten<br />

zu machen. Andererseits, wenn<br />

politische aktive Gruppierungen<br />

merken, dass es sehr wache Bürgerinnen<br />

<strong>und</strong> Bürger gibt, die<br />

sich mit leeren Phrasen nicht abspeisen<br />

lassen, wird sich auch<br />

die Qualität ihrer politischen Arbeit<br />

erheblich verbessern <strong>und</strong><br />

das wird allen zugute kommen.<br />

Also eine Investition, die sich sicher<br />

lohnt.<br />

J.M.<br />

evolution • Nr.13 November 2002

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