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Bildungsmonitor 3 - Kooperationsverbund Jugendsozialarbeit

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<strong>Bildungsmonitor</strong> <strong>Jugendsozialarbeit</strong> Nr. 3<br />

(4) Um zur Verwirklichung dieses Rechts beizutragen, treffen die Vertragsstaaten geeignete Maßnahmen<br />

zur Einstellung von Lehrkräften, einschließlich solcher mit Behinderungen, die in Gebärdensprache<br />

oder Brailleschrift ausgebildet sind, und zur Schulung von Fachkräften sowie Mitarbeitern<br />

und Mitarbeiterinnen auf allen Ebenen des Bildungswesens. Diese Schulung schließt die Schärfung<br />

des Bewusstseins für Behinderungen und die Verwendung geeigneter ergänzender und alternativer<br />

Formen, Mittel und Formate der Kommunikation sowie pädagogische Verfahren und Materialien<br />

zur Unterstützung von Menschen mit Behinderungen ein.<br />

(5) Die Vertragsstaaten stellen sicher, dass Menschen mit Behinderungen ohne Diskriminierung<br />

und gleichberechtigt mit anderen Zugang zu allgemeiner Hochschulbildung, Berufsausbildung, Erwachsenenbildung<br />

und lebenslangem Lernen haben. Zu diesem Zweck stellen die Vertragsstaaten<br />

sicher, dass für Menschen mit Behinderungen angemessene Vorkehrungen getroffen werden.<br />

Quelle:<br />

Bundesgesetzblatt Jahrgang 2008 Teil II Nr. 35, ausgegeben zu Bonn am 31. Dezember 2008<br />

Herunterzuladen unter:<br />

http://www.un.org/Depts/german/uebereinkommen/ar61106-dbgbl.pdf<br />

2.2 Elternrecht auf Inklusion?<br />

In Österreich wurde bereits 1993 das Wahlrecht für Eltern von Kindern mit Behinderungen<br />

eingeführt. Nicht die Fachleute, sondern die Eltern sollten für ihr Kind entscheiden,<br />

ob es eine allgemeine oder eine Förderschule besuchen solle. Im Nationalen Bildungsbericht<br />

(2009) ist die Entwicklung der sonderpädagogischen Förderung in Österreich insgesamt<br />

und in den einzelnen Bundesländern untersucht worden. Nach Auffassung der Bildungsjournalistin<br />

Brigitte Schumann, die sich in ihrer Dissertation „Ich schäme mich ja<br />

so!“ - Die Sonderschule für Lernbehinderte als „Schonraumfalle“ (Bad Heilbrunn 2007)<br />

intensiv mit dieser Problematik auseinandergesetzt hat, sollte dieses Modell, das nun<br />

auch von deutschen Bildungspolitikern offeriert wird, skeptisch stimmen. Sie hält es für<br />

die Steuerung einer inklusiven Entwicklung völlig ungeeignet.<br />

Der Nationale Bildungsbericht für Österreich stellt fest, dass sich die Integrationsquote<br />

seit dem Jahr 2000/2001 bundesweit bei ca. 50% eingependelt hat und seitdem stagniert.<br />

Gleichzeitig legt er offen, dass es erstaunliche regionale Disparitäten in der Entwicklung<br />

der gemeinsamen und getrennten Förderung von Kindern mit Behinderungen<br />

gibt. Während in der Steiermark die Integrationsquote von Kindern mit Behinderungen<br />

bei 83% liegt, beträgt sie in Niederösterreich nur 32%. Auch Vorarlberg und Tirol sind<br />

Bundesländer mit hohen Segregationsquoten und einer deutlichen Sonderschulorientierung,<br />

demgegenüber fallen die entsprechenden Quoten in der Steiermark, dem Burgenland<br />

und in Oberösterreich eher gering aus.<br />

Sehr deutlich tritt der Bildungsbericht der Auffassung entgegen, dass sich in den unterschiedlichen<br />

Entwicklungen ein unterschiedlicher Elternwunsch ausdrückt. Er führt die<br />

Unterschiede zurück „auf lokale und regionale Traditionen sowie den diesen zugrunde<br />

liegenden Einstellungen, Haltungen, Kompetenzen und Verhaltensweisen der Professionellen,<br />

insbesondere von den Schulbehördenvertreter/innen". Der Bericht hält als Ergebnis<br />

fest: „Das Ausmaß getrennter bzw. gemeinsamer Erziehung und Bildung scheint beliebig<br />

zu sein und weniger vom Elternwunsch als den Einstellungen und Haltungen der<br />

Professionellen und dem vorhandenen Angebot abzuhängen.“ Für Prof. Feyerer, Leiter<br />

des Instituts für Inklusive Pädagogik an der Pädagogischen Hochschule in Linz, steht<br />

fest: Die Verankerung des Elternwahlrechts anstelle eines Rechtsanspruchs, wie es die<br />

UN-Konvention heute unmissverständlich vorsieht, hat zu einer „Alles ist möglich, aber<br />

nichts ist fix“-Politik geführt. In manchen Regionen kam es zu vorbildlichen Entwicklungen,<br />

in manchen Regionen zu einem heute höheren Segregationsquotienten als 1993.<br />

Insgesamt kam es zu einer Doppelgleisigkeit und damit zur sicherlich teuersten Variante,<br />

der Aufrechterhaltung beider Systeme. Will man flächendeckende und leistbare Inklusion<br />

erreichen, ist das Elternwahlrecht kein Weg.<br />

Jahrzehntelang haben Eltern von Kindern mit Behinderungen in Deutschland vergeblich<br />

von der Politik das Recht eingefordert, zwischen Förderschule und Regelschule wählen zu<br />

können. Just zu dem Zeitpunkt, wo die UN-Konvention dem einzelnen Kind mit Behinderung<br />

einen individuellen Rechtsanspruch auf inklusive Bildung garantiert und die progressive<br />

Realisierung eines inklusiven Schulsystems fordert, hat die Kultusministerkonferenz<br />

(KMK) die Vorzüge des Elternwahlrechts entdeckt. Zum Zwecke des Elterwahlrechts muss<br />

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