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Bildungsmonitor 3 - Kooperationsverbund Jugendsozialarbeit

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<strong>Bildungsmonitor</strong> <strong>Jugendsozialarbeit</strong> Nr. 3<br />

(3)<br />

Ergebnisse neuer bildungspolitischer Studien<br />

3.1 Studie zu den Kosten eines inklusiven Schulsystems<br />

Klaus Klemm: Zusätzliche Ausgaben für ein inklusives Schulsystem in Deutschland. Studie im Auftrag<br />

der Bertelsmann Stiftung. Gütersloh 2012.<br />

Nach einer aktuellen Studie von Klaus Klemm brauchen Deutschlands Schulen fast<br />

10.000 Lehrer mehr als heute, wenn die Schulsysteme aller Bundesländer innerhalb des<br />

kommenden Jahrzehnts auf Inklusion umgestellt werden sollen. Dadurch könnten die<br />

meisten Förderschulen geschlossen und Gelder und Stellen frei werden; dennoch ergibt<br />

sich unter dem Strich ein zusätzlicher Finanzbedarf von rund 660 Millionen Euro pro Jahr.<br />

Deutschland hat sich verpflichtet, Kinder mit und ohne Förderbedarf künftig gemeinsam<br />

zu unterrichten. Die Abkehr vom derzeitigen Sonderschulsystem schreibt eine am 26.<br />

März 2009 in Kraft getretene UN-Konvention vor. Besonderen Förderbedarf haben in<br />

Deutschland rund eine halbe Million verhaltensauffällige, lern- oder körperbehinderte<br />

Schüler. Ihr Anteil an der gesamten Schülerschaft nimmt seit mehr als zehn Jahren ständig<br />

zu. Im Schuljahr 2010/2011 betrug die Förderquote 6,4%, im Vorjahr noch 6,2%.<br />

Bundesweit besucht nicht einmal jeder vierte „Förderschüler“ eine Regelschule. Allerdings<br />

gibt es zunehmenden Trend: Im Schuljahr 2010/2011 stieg der Anteil der Schüler mit<br />

Förderbedarf, die nicht auf eine separate Sonderschule gehen, gegenüber dem Vorjahr<br />

von 20,1 auf 22,3%. Spitzenreiter bei der Inklusion ist Schleswig-Holstein. Hier besucht<br />

die Hälfte aller lern- oder körperbehinderten Schüler eine reguläre Schule. Auch Berlin<br />

und Bremen weisen bereits heute einen Inklusionsanteil von mehr als 40% auf. Schlusslicht<br />

ist Niedersachsen, wo lediglich 8,5% der Förderschüler inklusiv unterrichtet werden.<br />

Eine besonders hohe Dynamik verzeichnet Hamburg. Innerhalb eines Schuljahres ist dort<br />

der Inklusionsanteil um gut die Hälfte gestiegen, von 16,2 auf 24,4%. Auch Bayern ging<br />

im Schuljahr 2010/2011 ein Fünftel der „Förderschüler“ auf eine Regelschule; ein Jahr<br />

zuvor lag der Inklusionsanteil noch bei knapp 16%. Jörg Dräger, Vorstandsmitglied der<br />

Bertelsmann Stiftung zufolge wird „Inklusion wird mittelfristig zur Normalität an deutschen<br />

Schulen. Das stellt die Schulen vor riesige Herausforderungen, die sie nur mit genügend<br />

gut ausgebildetem Personal bewältigen können."<br />

Begrüßenswert sei der Grundgedanke der Inklusion auch, weil auf einer Förderschule die<br />

Aussichten auf einen Schulabschluss nur gering sind. 75% der „Förderschüler“, die separat<br />

unterrichtet werden, erlangen nicht den Hauptschulabschluss. Der vermeintliche<br />

Schutzraum, so Dräger, habe sich für viele als Isolationsfalle entpuppt. Wenn das Ziel<br />

erreicht werden solle, die Zahl der Hauptschulabbrecher in Deutschland zu halbieren,<br />

führe der Weg nur über eine Reform des Sonderschulsystems.<br />

Mit der neuen Studie liegt nun erstmals eine Berechnung des konkreten Bedarfs an personeller<br />

Ausstattung von inklusiven Schulen vor, der nötig ist, um alle Kinder angemessen<br />

zu fördern Bundesweit werden in den kommenden zehn Jahren 9.300 zusätzliche<br />

Lehrkräfte gebraucht, sofern jeder „Förderschüler“ mit dem Förderschwerpunkt Lernen,<br />

soziale und emotionale Entwicklung und Sprache sowie die Hälfte aller anderen „Förderschüler“<br />

an Regelschulen unterrichtet werden sollen. Umgerechnet bedeutet das im Vergleich<br />

zum Schuljahr 2009/2010 zusätzliche Kosten von jährlich rund 660 Millionen Euro,<br />

die in voller Höhe ab dem Schuljahr 2020/21 anfallen.<br />

Diese Summe entspricht etwas weniger als zwei Prozent der heutigen Gesamtkosten von<br />

Schule. „Inklusion ist notwendig und bezahlbar. Aber sie wird dort scheitern, wo Länder<br />

sie als Sparmodell betrachten", sagte Dräger. Das Geld und die Stellen, die an bisherigen<br />

Förderschulen frei werden, seien nicht ausreichend, sofern der Umfang der Förderung<br />

nicht reduziert werden soll. Eine hinreichende Personalausstattung der Schulen mit Lehrern,<br />

Sonderpädagogen, Psychologen und Therapeuten sei – neben dem durchgängigen<br />

pädagogischen Prinzip der individuellen Förderung – die wichtigste Voraussetzung für den<br />

Erfolg und die Akzeptanz von Inklusion. Umfragen der Bertelsmann Stiftung in jüngerer<br />

Zeit hatten gezeigt, dass bei Lehrern und Eltern die Skepsis gegenüber Inklusion nach<br />

26

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