Ausgabe als PDF downloaden - Jusos München
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P O S I T I O N E N<br />
Eigentlich ist es doch ganz gut dass<br />
die Franzosen die EU-Verfassung<br />
abgelehnt haben<br />
Götterdämmerung?<br />
Mit den beiden deutlichen Voten<br />
gegen die EU-Verfassung in Frankreich<br />
und den Niederlanden ist<br />
wieder Panik ausgebrochen bei den<br />
europäischen Eliten und deren<br />
Medien. Flankiert von der derzeitigen<br />
Schwäche des Euro, der Affäre<br />
um Komissionspräsident Barroso<br />
spricht die europäische Medienlandschaft<br />
von einer tiefen Krise der<br />
Union und stellt ganz neben bei<br />
einige wesentliche „Errungenschaften“<br />
des Wirtschaftsprojektes EU in<br />
Frage.<br />
Wieso eigentlich? Nur weil die BürgerInnen<br />
zweier Mitgliedsländer von<br />
ihrem Recht <strong>als</strong> Souveräne<br />
gebrauch gemacht und der durch<br />
und durch neoliberalen EU Verfassung<br />
eine deutliche Abfuhr erteilt<br />
haben?<br />
Das jene BürgerInnen der Union<br />
deutlich gemacht haben,<br />
- dass sie gegen die ausdrückliche<br />
Festlegung des wirtschaftlichen<br />
Ordnungsrahmen EU auf die<br />
„offene Marktwirtschaft mit freien<br />
und unverfälschten Wettbewerb“<br />
sind? -> Ein absolutes Novum in<br />
einer Verfassung.<br />
- dass sie gegen die Festschreibung<br />
einer intensiven Rüstungspolitik und<br />
interventionistischen Militärpolitik in<br />
die Verfassung sind?<br />
- dass sie gegen eine weitere Machtkonzentration<br />
der Räte und der<br />
Komission sind, ohne einen<br />
substanziellen Machtzugewinn für<br />
das EU-Parlament, der einzige<br />
Institution, auf die die BürgerInnen<br />
direkt Einfluss nehmen können?<br />
- dass sie gegen eine Verfassung<br />
sind, die aufgrund eines komplizierten<br />
und schwierigen Verfahrens de<br />
facto später kaum zu ändern sein<br />
wird?<br />
- dass sie vielleicht ein „Recht auf<br />
Arbeit“ und nicht das „Recht zu<br />
arbeiten“ haben wollen?<br />
Zugegeben es erscheint <strong>als</strong> Unverschämtheit,<br />
wenn sich das Volk<br />
innerhalb der bürgerlichen Demokratie<br />
seiner verfassungsgemäßen<br />
Rolle <strong>als</strong> Souverän bewusst wird,<br />
diese auch noch wahrnimmt und<br />
gegen die Wünsche der herrschenden<br />
Eliten stimmt. Dass für die dann<br />
die Welt nicht mehr in Ordnung ist<br />
wird dann schon klarer. Zumal jene<br />
Ereignisse auch <strong>als</strong> Fortsetzung der<br />
Entwicklung einer europäischen<br />
Öffentlichkeit verstanden werden<br />
können, die nicht länger gewillt ist,<br />
die Hinterzimmerpolitik ihrer Regierungen<br />
zu tolerieren.<br />
Von Le Pen und Co.<br />
Die Beteiligung der üblichen<br />
Rechtspopulisten an den Kampagnen<br />
zur Abstimmung über die<br />
Verfassung hinterlässt einen schalen<br />
Beigeschmack. Diese werden immer<br />
wieder Versuchen, Debatten und<br />
Abstimmungen über die EU für ihre<br />
nationalistischen und chauvinistischen<br />
Zwecke zu missbrauchen. Auf<br />
längere Sicht wird dies ein vorgesetztes<br />
Übel bleiben so lange die demokratischen<br />
Strukturen der Union<br />
nicht deutlich gestärkt werden und<br />
die Entscheidungsfindungsprozesse<br />
und Beschlussfassungen innerhalb<br />
der Institutionen der EU nicht transparent<br />
und nachvollziehbar werden.<br />
Der Konstruktionsfehler der Intransparenz,<br />
der nicht nur dem typischen<br />
learning by doing bei der Entstehung<br />
der EU zu verdanken ist,<br />
sondern auch durch den bewussten<br />
Versuch der Regierungen verursacht<br />
wurde das Projekt Europa zu entpolitisieren.<br />
Diese Entscheidung, die<br />
bewusst die Bevölkerung uninformiert<br />
lassen wollte, um sich durch<br />
Sakralisieren von Regierungscheftreffen<br />
den Anschein der Einmütigkeit<br />
für die europäische Utopie zu<br />
geben, hat mit dazu beigetragen<br />
eine Lücke für den Rechtspopulismus<br />
zu öffnen.