Ausgabe als PDF downloaden - Jusos München
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P O S I T I O N E N<br />
Gerade die Sakralisierung der<br />
Union, die den BürgerInnen eine<br />
harmonische EU ohne Interessensgegensätze<br />
vorgaukeln sollte, hat<br />
sich durch immer stärker zutage<br />
tretende Widersprüche zwischen den<br />
unterschiedlichen Interessen der<br />
Mitgliedsländer <strong>als</strong> Luftnummer<br />
erwiesen. Spätestens im Vorfeld des<br />
dritten Irak Krieges wurde es auch<br />
für den letzten Bauern in der<br />
Walachei offensichtlich, dass auch<br />
die EU nichts anderes ist <strong>als</strong> eine<br />
Plattform für den Interessenspoker<br />
der herrschenden Eliten. Dennoch<br />
zeigte sich parallel dazu mit der Anti-<br />
Kriegsbewegung in den meisten<br />
EU-Ländern eine Option für eine<br />
europäische Öffentlichkeit, die die<br />
Politik ihrer nationalen Regierungen<br />
auch auf europäischer Ebene in<br />
Frage stellte.<br />
Die europäische Öffentlichkeit<br />
Die jetzt beschworene Krise der EU<br />
ist weniger eine Krise der Vision<br />
Europa, sondern mehr ein Legitimationsproblem<br />
der herrschenden<br />
Eliten und ihres Systems. Die<br />
meisten BürgerInnen innerhalb der<br />
EU-25 definieren sich selbst entweder<br />
sofort oder nach ihrer nationalen<br />
Identität <strong>als</strong> Europäer. Dabei<br />
spielt nicht nur die geografische<br />
Zugehörigkeit zum Kontinent eine<br />
Rolle sondern auch ein im hohen<br />
Maße subjektives kulturelles und<br />
politisches Empfinden. Jene Definition<br />
<strong>als</strong> Europäer könnte gestärkt<br />
werden, wenn die Ausrichtung der<br />
europäischen Politik sich stärker an<br />
den Interessen jener BürgerInnen<br />
orientiert die sie meint, bis jetzt ohne<br />
deren Mitsprache zu vertreten. Von<br />
links kann es sich dabei aber nicht<br />
um ein Projekt zur Schaffung von EU<br />
Jubel-Persern handeln. Vielmehr<br />
muss es um die Schaffung eines<br />
europäischen BürgerInnenverständnisses<br />
gehen.<br />
Dieses ist sicher nicht im unmittelbaren<br />
Interesse der Staats-und<br />
Regierungschefs, die gerne auch<br />
weiterhin ungestört an ihrem neoliberalen<br />
Europa des Marktes und<br />
Kapit<strong>als</strong> basteln wollen. Dass jene<br />
ihre Hinterzimmer nur ungern und<br />
unter Druck für die Öffentlichkeit zugänglich<br />
machen werden, dürfte klar<br />
sein.<br />
Dieser Druck ist aber erkennbar in<br />
den Voten von Frankreich und den<br />
Niederlanden mit einer sich<br />
Abzeichnenden, wenn auch sehr<br />
heterogenen, europäischen Öffentlichkeit.<br />
Bemerkenswert ist das z.B.<br />
in Frankreich per Umfrage noch ca.<br />
65% der Franzosen Ende 2004 für<br />
die Annahme des Vertragstextes<br />
waren. Bei der Abstimmung selbst<br />
wurde sie dann aber von 55% der<br />
französischen Wahlbevölkerung<br />
abgelehnt. Betrachtet man den<br />
Aufwand näher mit dem sowohl die<br />
Verfassungsbefürworter <strong>als</strong> auch<br />
deren Gegner ihre Kampagnen<br />
geführt haben, so ist es sehr stark<br />
zu hinterfragen, ob bei der Abstimmung<br />
wirklich nur die eigene Regierung<br />
abgestraft werden sollte.<br />
Hausaufgaben<br />
Das Volk <strong>als</strong> Souverän hat vielleicht<br />
bewiesen, dass es mit der ungerechten<br />
und unsozialen Logik des Neoliberalismus<br />
nichts anfangen kann,<br />
dass es vielleicht nicht mehr dazu<br />
bereit ist sich unter dem Deckmantel<br />
der Vision Europa ein Europa des<br />
Marktes und des Kapit<strong>als</strong> andrehen<br />
zu lassen.<br />
Insofern mag es richtig sein, wenn<br />
die ein oder andere Zeitung danach<br />
schreit, dass die Regierungen ihre<br />
Hausaufgaben machen müssen um<br />
den BürgerInnen klar zu machen,<br />
dass es in diesem Europa jenseits<br />
aller demokratischer Experimente<br />
nur einen Souverän geben kann:<br />
das Kapital.<br />
-> Es entsteht eine Zivilgesellschaft,<br />
die <strong>als</strong> eine europäische definiert<br />
werden kann. Sie kann der Verbündete<br />
für jene Kräfte werden die im<br />
Parlament und in der Auseinandersetzung<br />
mit den nationalen Regierungen<br />
für eine demokratische EU<br />
streiten. Es wird darauf ankommen<br />
in dieser Zivilgesellschaft nicht den<br />
Populisten die Meinungsführerschaft<br />
zu überlassen sondern sie von links<br />
zu konsolidieren.<br />
CHRISTIAN EGNER<br />
Juso-Bezirksvorsitzender Schwaben<br />
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