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Argumente 3 11 Marx heute.pdf - Jusos

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dustrie des Klassengegensatz zwischen Kapital<br />

und Arbeit entwickelte, erweiterte,<br />

vertiefte, in dem selben Maß erhielt die<br />

Staatsmacht mehr und mehr den Charakter<br />

einer öffentlichen Gewalt zur Unterdrückung<br />

der Arbeiterklasse, einer Maschine<br />

der Klassenherrschaft.“ 7 Staatsgewalt<br />

wird bei <strong>Marx</strong> also ausschließlich<br />

als Mittel der Repression beschrieben. Diese<br />

Analyse erscheint vor dem Hintergrund<br />

der Realität im 19. Jahrhundert auch plausibel.<br />

Aus heutiger Perspektive ist aber die<br />

Ansicht, der Staat arbeite ausschließlich<br />

wie ein Instrument im Interesse der herrschenden<br />

Klasse, deutlich verkürzt. Dass in<br />

einer Demokratie zum Beispiel durchaus<br />

auch Lohnabhängige Einfluss auf die Gestaltung<br />

der Politik haben, kann kaum bestritten<br />

werden. Zudem gibt es zwar - auch<br />

<strong>heute</strong> - zahlreiche repressive Instrumente,<br />

die Herrschaft sichern, der Staat ist jedoch<br />

keinesfalls auf diese Funktion beschränkt. 8<br />

Zudem erscheint es zweifelhaft, den Staat<br />

als Maschine anzusehen und ihm damit<br />

eine Willenlosigkeit zu unterstellen. Vielmehr<br />

zeigt sich immer wieder, dass der<br />

Staat auch durchaus einen ‘eigenen Willen’<br />

entwickelt, also eine Politik im Eigeninteresse,<br />

zum eigenen Machterhalt oder -ausbau<br />

erfolgt. Ausgehend von <strong>Marx</strong>’ Kritik<br />

des Staates haben verschiedene AutorInnen<br />

die Analyse des Staates deshalb weiterentwickelt.<br />

Staat als Kräfteverhältnis<br />

So wendet sich Nicos Poulantzas gegen<br />

die Vorstellung vom Staat als Instrument.<br />

Er sieht den Staat als Organisator eines<br />

Kompromisses zwischen Herrschenden<br />

und Beherrschten: „Der Staat organisiert<br />

und reproduziert die Klassenhegemonie,<br />

indem er einen variablen Kompromißbereich<br />

zwischen herrschenden und beherrschenden<br />

Klassen absteckt, und dabei den<br />

herrschenden Klassen häufig sogar gewisse<br />

kurzfristige materielle Opfer aufzwingt,<br />

um langfristig die Reproduktion ihrer<br />

Herrschaft zu sichern.“ 9 Der Staat sichert<br />

danach durch sozialpolitische Maßnahmen<br />

die Reproduktion der Arbeitskraft ab.<br />

Auch Poulantzas unterscheidet damit auf<br />

Seiten der Kapitalisten zwischen kurzfristigen<br />

Individual- und langfristigen Klasseninteressen<br />

und weist zudem darauf hin,<br />

dass der Staat auch bestimmte Aufgaben<br />

übernimmt, die für einzelne Kapitalisten<br />

zu risikoreich oder mit zu hohen Investitionskosten<br />

verbunden wären. Erst dadurch<br />

(zum Beispiel durch die Organisation der<br />

Energieversorgung) werde die kapitalistische<br />

Produktionsweise vollständig gesichert.<br />

Da er damit also auch gegen die<br />

kurzfristigen Interessen einzelner Kapitalisten<br />

agieren müsse, bedürfe er einer relativen<br />

Autonomie gegenüber diesen Einzelinteressen.<br />

10 Deshalb kann er also gerade<br />

nicht als Instrument betrachtet werden.<br />

Die Autonomie bleibt aber relativ, weil<br />

Kompromisse nur soweit möglich sind, wie<br />

die Interessen der Kapitalklasse noch gewahrt<br />

werden. Der Staat organisiert nach<br />

Poulantzas folglich durch die Schaffung<br />

von Recht und dessen Durchsetzung die<br />

unterschiedlichen Interessen der einzelnen<br />

Kapitalisten. Gleichzeitig schwächt er die<br />

Mitglieder der beherrschten Klassen. Materielle<br />

Zugeständnisse gegenüber der ArbeiterInnen-Klasse<br />

verstärken diesen Prozess,<br />

der schließlich zu einer Normali-<br />

7 <strong>Marx</strong>, Der Bürgerkrieg in Frankreich, in: MEW,<br />

Bd. 17, S. 336<br />

8 Siehe hierzu auch näher Fisahn, Herrschaft im<br />

Wandel, 2008, S. 101 f..<br />

9 Poulantzas, Staatstheorie, 1978, S. 170.<br />

10 Poulantzas, Staatstheorie, 1978, S. 167 ff.<br />

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