Karl Borromäus - Kirchenblatt
Karl Borromäus - Kirchenblatt
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Im Figurenprogramm der Fassade der St.-Ursen-Kathedrale hat <strong>Karl</strong> Borromäus<br />
neben Urs und Viktor, Verena, Niklaus von Flüe, Felix und Regula, Mauritius<br />
und Beat wohl als «Hüter der Kirche» Platz gefunden.<br />
ers ten grossen Reise, die ihn über den<br />
Gotthard führte, empfahl er Rom die Errichtung<br />
einer ständigen päpstlichen Gesandtschaft<br />
in der Schweiz. Um die Ausbildung<br />
und die Disziplin des Klerus zu<br />
verbessern, schlug er die Gründung von<br />
Jesuitenkollegien und Priesterseminarien<br />
vor. Zugunsten der Schweiz legte er 1579<br />
selber den Grundstein zum «Collegium<br />
Helveticum», dem Priesterseminar für die<br />
Eidgenossenschaft, Graubünden, das<br />
Wal lis und deren Untertanengebiete. Es<br />
war eine Studieneinrichtung in Mailand,<br />
in welcher 50 Priesteramtskandidaten<br />
aus armen Verhältnissen kostenlos studieren<br />
konnten. Carlo war sich also bewusst,<br />
dass jede Kirchenreform ganz unten<br />
anfangen muss, nämlich beim kirchlichen<br />
Nachwuchs.<br />
«Bischof der Schweiz»<br />
Allein mit persönlichen Besuchen, sogenannten<br />
Visitationen, liessen sich weder<br />
die Erzdiözese Mailand noch die Schweiz<br />
reformieren. Für die Schweiz, die Borromeo<br />
als Einbruchstor für die Reformation<br />
nach Italien als besonders wichtig und<br />
gefährdet einschätzte, wählte er das Ins -<br />
trument der päpstlichen Nuntien. Nach<br />
dem Konzil von Trient wurden diese Gesandtschaften,<br />
die früher oftmals rein militärische<br />
oder machtpolitische Ziele hatten,<br />
nun auch als Hilfsmittel der Kirchenreform<br />
eingesetzt. Für die Schweiz besonders<br />
bedeutsam wurde dabei die<br />
Entsendung von Francesco Bonomi, der<br />
Bischof im norditalienischen Vercelli war.<br />
Dieser bereiste in den Jahren 1579 und<br />
1580 in insgesamt vier Reisen die eid-<br />
genössischen Gebiete. Er visitierte – mehr<br />
in der Rolle des Generalvikars des Mailänder<br />
Erzbischofs denn als römischer Gesandter<br />
– fast alle Klöster, Städte und<br />
viele Landpfarreien. Er machte eine ausführliche<br />
Bestandesaufnahme, ermahnte<br />
und trieb Klerus, Mönche, Nonnen und<br />
die Regierungen der katholischen Orte<br />
zur Kirchenreform, setzte sich für die<br />
Rechte der Kirche und für die Durchsetzung<br />
des kirchlichen Rechts ein, sprach<br />
über fehlbare Geistliche kirchliche Strafen<br />
aus und liess diese notfalls durch die weltliche<br />
Gewalt ins Gefängnis stecken. Diese<br />
Aktionen sollten jedoch nicht darüber<br />
hinwegtäuschen, dass die Schweiz kaum<br />
unmittelbar von den Beschlüssen des<br />
Tridentinums beeinflusst wurde.<br />
Der Tod und die Heiligsprechung<br />
Carlo Borromeo selbst wünschte, nach<br />
der Visitation von Francesco Bonomi,<br />
wiederum in der Schweiz tätig sein zu<br />
können. Sein rastloses Wirken innerhalb<br />
seiner eigenen Diözese, wo er durchaus<br />
auch auf Widerstand stiess, forderte jedoch<br />
seinen Tribut. Nach kurzer Krankheit<br />
verstarb er am 3. November 1584<br />
46-jährig in Mailand. Die definitive Gründung<br />
der Luzerner Nuntiatur im Jahre<br />
1586 kann aber als Fortsetzung seines<br />
Reformwerks in der Schweiz betrachtet<br />
werden, auch wenn die römische Kurie<br />
spätestens ab 1600 kaum mehr an einer<br />
Kirchenreform interessiert war. Die von<br />
Rom fast gegen den Willen der Borromeo-Familie<br />
am 1. November 1610 vollzogene<br />
Heiligsprechung betonte die persönlichen<br />
Tugenden von Carlo Borromeo,<br />
Eine kolorierte Federzeichnung (18. Jh.) aus<br />
dem Provinzarchiv der Kapuziner in Luzern.<br />
Melchior Lussy, Landammann von Nidwalden,<br />
und Walter Roll, Landschreiber von Uri, erreichen<br />
1581 mit Hilfe von Kardinal Borromäus<br />
und Papst Gregor XIII. die Einwilligung der<br />
Ordensleitung zur Errichtung des ersten<br />
Kapuzinerklosters in Altdorf.<br />
Der untere Teil gibt in einer Vogelschau die<br />
Kapuzinerprovinz in den süddeutschen und<br />
eidgenössischen Gebieten wieder.<br />
zeigte aber mit dem Verbot, Carlo als Bischof<br />
darzustellen, sehr deutlich, dass das<br />
Reformwerk und das bischöfliche Wirken<br />
Carlo Borromeos nicht hervorgehoben<br />
werden sollte. Borromeo, der sehr grossen<br />
Wert auf seine bischöflichen Rechte<br />
und Pflichten legte und diese Rechte<br />
auch gegenüber Rom verteidigte, sollte<br />
als «Episkopalist» durch die Heiligsprechung<br />
sozusagen unschädlich gemacht<br />
werden.<br />
Carlo Borromeo war ein Bischof, der mutig<br />
für seine Aufgaben und Rechte eintrat<br />
und sich keinem verallgemeinernden Diktat<br />
unterordnen wollte. Ein in der heutigen<br />
Zeit, nach dem Zweiten Vatikanischen<br />
Konzil (1962–1965), welches die<br />
Bedeutung der Bischöfe hervorgehoben<br />
hat, ein gewiss aktuelles Thema, das<br />
nicht aus dem Blickfeld gelassen werden<br />
sollte!<br />
KIRCHENBLATT 22 2010<br />
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