Die religiÃ¶se Spur in der Literatur: Dichter deuten das Dasein

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Erwachsenenbildung im Kirchenkreis Jülich Reflektierte Wirklichkeit: Forum Kultur – Literatur im Gespräch LITERATUR ON TOUR Die religiöse Spur im Glauben Moderne Leidensgeschichten vor dem Hintergrund der Passion Jesu Vierteilige Seminarreihe mit Prof. Dr. Magda Motté in Düren Immer wieder wird in der Zeit bis zum Karfreitag die Passion Christi in Text, Musik, Kunst und Film betrachtet. Völlig zu recht. Seit Mitte des 20. Jahrhunderts wird jedoch verstärkt die Frage nach den leidvollen Schicksalen der Menschen gestellt, die nicht selten den Qualen Jesu vergleichbar sind, ja sie manchmal übertreffen. In dieser Reihe während der Fasten‐ und Passionszeit werden solche Geschichten vorgestellt und besprochen, die menschlichen Leidenswege schildern und einen Bezug zur Jesu Passion aufweisen. „Nah sind wir, Herr, nahe und greifbar“ (Paul Celan, Tenebrae) Referentin: Ort: Gebühr: Hinweis: Anmeldung: Prof. Dr. Magda Motté, Germanistin, Theologin Ev. Gemeinde zu Düren, Vortragsraum neben der Christuskirche (Philippstraße/Peter‐Beier‐Platz) 20,00 € für die komplette Seminarreihe Das Seminar versteht sich als zusammenhängende Seminarreihe und kann nur komplett gebucht werden. Sollten Sie einen Termin nicht wahrnehmen können, erhalten Sie die Unterlagen zum Selbststudium. EEB, Tel. 02461 9966 0 oder eeb@kkrjuelich.de Teil 1: Bodo Kirchhoff ‐ „Olmayra Sanchez und ich“ * Reihe: Moderne Leidensgeschichten vor dem Hintergrund der Passion Jesu Am 13.11.1985 ereignete sich in Kolumbien eine gewaltige Naturkatastrophe: Der 5.400 m hohe Vulkan Nevado del Ruiz brach aus, Schlammmassen zerstörten die Stadt Amero mit 25.000 Einwohnern und drei weitere Ortschaften, 60.000 Menschen wurden evakuiert, 20.000 obdachlos und 22.500 fanden den Tod. Die Bilder der Zerstörung und des Grauens gingen um die Welt. An ein Bild mag sich mancher Leser vielleicht bis heute erinnern, an das der jungen Olmayra Sanchez, die in einem Schlammloch festgeklemmt sozusagen unter den Blicken der Zuschauer von Presse und Fernsehen starb. Zwei Jahre später greift Bodo Kirchhoff in seiner Erzählung „Olmayra Sanchez und ich“ den Fall auf. Es geht ihm aber nicht um die Darstellung dieses schrecklichen Ereignisses, sondern um die Reaktion eines einzelnen Zuschauers. Die Geschichte beginnt mit dem Bekenntnis eines Ich‐Erzählers „Ich spürte außer mir nichts“ und schildert in einer Rahmenerzählung das verzweifelte Bemühen des Erzählers, das Gefängnis des eigenen Ichs zu sprengen und sich mitfühlend in einen anderen Men‐ 40 dienstags 18.00 – 20.15 Uhr 26. Februar 2013 05. März 2013 12. März 2013 26. März 2013 zusammenhängende Seminarreihe 26. Februar 2013
schen und seine Verzweiflung hineinzuversetzen. Erwachsenenbildung im Kirchenkreis Jülich Reflektierte Wirklichkeit: Forum Kultur – Literatur im Gespräch Eine besondere Aussagekraft liegt in den Bildern der von der Naturkatastrophe bedingten Elemente. Biblische Vergleiche drängen sich auf: So erinnert der Leidensweg des sterbenden Mädchens an den leidenden Gottesknecht und die Passion Jesu. *)in: Ferne Frauen. Erzählungen. Frankfurt 1987 Teil 2: Isabel Allende ‐ „Aus Erden sind wir gemacht“ * Reihe: Moderne Leidensgeschichten vor dem Hintergrund der Passion Jesu Wie intensiv das Ereignis des Vulkanausbruchs und das Sterben des jungen Mädchens auf Schriftsteller gewirkt haben, beweist eine weitere Verarbeitung. Nochmals zwei Jahre später als Bodo Kirchhoff greift Isabel Allende den Fall des im Schlamm versinkenden Mädchens auf. Im Mittelpunkt ihrer Geschichte, die sie einer teilnehmenden Ich‐ Erzählerin, der Lebensgefährtin der Hauptfigur, in den Mund legt, steht Rolf Carlé, ein österreichischer Reporter, der, wie im Verlaufe der Geschichte zu Tage kommt, aufgrund übler Kindheitserlebnisse und Nachkriegserfahrungen an nicht eingestandener Angst und gestautem Hass seelisch zugrunde zu gehen droht. Er wendet sich zunächst aus Berufsinteresse dem im Schlamm steckenden Mädchen Azucena zu, nimmt dann aber mehr und mehr menschlich Anteil; beide erleben ihren Karfreitag. *)in: Die Geschichten der Eva Luna. Frankfurt 1990 05. März 2013 Teil 3: Die wahre Geschichte vom wiederhergestellten Kreuz Reihe: Moderne Leidensgeschichten vor dem Hintergrund der Passion Jesu In der Nacht vom 11. auf den 12. März 1938, also vor 75 Jahren bei der „Heimholung“ Österreichs ins Deutsche Reich, begannen im Burgenland in vorauseilendem Gehorsam die nationalsozialistischen Vertreibungs‐ und Verfolgungsmaßnahmen der Juden, die den traditionsreichen jüdischen Kultusgemeinden des Burgenlandes, allen voran den ehemaligen "Siebengemeinden", ein jähes und erschütterndes Ende setzten.“ (vgl. Sabine Lichtenberger in WIENER ZEITUNG, http://de.wikipedia. org/wiki/Österreich). Das ist der historische Hintergrund Geschichte. Der Ich‐Erzähler Kaplan Ottokar Felix, ein Zeitzeuge, lebt in tolerantem Einvernehmen mit den jüdischen Mitbürgern in dem Marktflecken Parndorf im Burgenland. Als diese in der Nacht zum 11. März 1938 von einer Gruppe jugendlicher Nazis gewaltsam aus ihren Häusern vertrieben und nach Ungarn gebracht werden sollen, schließt Felix sich dem Zug der Vertriebenen an. An der Grenze kommt es zu einem grausamen Zwischenfall, den der Rabbiner Aladar Fürst heldenhaft meistert. *) 1942 in: Meistererzählungen. Frankfurt 2005 12. März 2013 Die Geschichte wird in Erinnerung an diese historische Faktizität gelesen 41
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