Journal 3-2013.pdf
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TANSANIA - EIN LAND, DAS UNSEREN BLICK VERDIENT<br />
Kilimanjaro, Serengeti und Sansibar – selten ist ein Land so gegensätzlich und<br />
gleichermaßen atemberaubend wie Tansania.<br />
Seine wundervolle Natur, die verblüffende Tierwelt und die in dem Land ansässigen Volksgruppen,<br />
die trotz ihrer unterschiedlichen Glaubensrichtungen friedlich miteinander leben,<br />
sind unbezahlbare Schätze, die das Land so besonders<br />
und liebenswert machen.<br />
Nachdenklich zieht der Facharzt Bilanz:<br />
„Die Krankenhäuser in den Städten sind<br />
dürftig ausgestattet, auf dem Land gibt es<br />
kaum Einrichtungen. Es fehlt an allem; an<br />
Medikamenten, Geräten, also der Möglichkeit<br />
der Diagnostik, der Therapie und vor<br />
allem an Fachleuten.“<br />
All das führt oft dazu, dass Heilungen verlangsamt<br />
oder gar verhindert werden. Dennoch<br />
hören die Ärzte keine Vorwürfe von<br />
den Patienten oder ihren Angehörigen; im<br />
Gegenteil. „Die Menschen hier wissen und<br />
sind sehr dankbar dafür, dass man im Rahmen<br />
seiner Möglichkeiten das Beste tut.<br />
Dennoch, das Land ist darauf angewiesen,<br />
dass die Medizin weiter aufgebaut wird!“<br />
Und genau dazu möchte der Leiter des<br />
EuregioRehaZentrums beitragen und entwickelt<br />
dahingehend bereits ein Konzept,<br />
das er bei seinem Eintritt in den Ruhestand<br />
umsetzen möchte.<br />
Dr. Schneider möchte vor Ort Strukturen<br />
auf- und ausbauen und mit Hilfe von<br />
Kooperationspartnern, wie der Deutschen<br />
Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische<br />
Chirurgie, internationale Verbindungen<br />
knüpfen. Neben der Arbeit im Krankenhaus<br />
soll ein Außenservice in einzelnen<br />
Dörfern eingerichtet werden, um<br />
Bedarfserhebungen durchführen und analysieren<br />
zu können.<br />
Im nächsten Schritt steht die Organisation<br />
von Material und Equipment im Vordergrund,<br />
die für optimale(re) medizinische<br />
Versorgungen zwingend erforderlich ist.<br />
Im Fokus steht die Nachhaltigkeit, also die<br />
Hilfe zur Selbsthilfe, um Abhängigkeiten<br />
zu vermeiden. Um ebendies zu gewährleisten,<br />
ist die Ausbildung von Fachpersonal<br />
ein zentrales Thema, dem sich Dr.<br />
Schneider hauptsächlich widmen möchte.<br />
„Ich sehe meine Schwerpunkte in der Lehre<br />
und als Multiplikator.“<br />
Die nächsten Schritte sieht der Facharzt in<br />
Waisenhausprojekten und in Projekten im<br />
Umgang mit körperlich und geistig behinderten<br />
Menschen, die gesellschaftlich<br />
stigmatisiert sind und die es aufgrund<br />
fehlender Infrastrukturen besonders<br />
schwer haben.<br />
Warum Afrika? „Der Kontinent verdient<br />
unseren Blick auf Augenhöhe; auch ein<br />
bisschen um unsertwillen. Man gibt Afrika<br />
oftmals keine Zukunft. Für mich ist das<br />
falsch gedacht. Afrika ist relativ nahe und<br />
wenn wir Afrika nicht hegen und pflegen,<br />
dann hat das Auswirkungen, auch für uns.“<br />
Es waren die freundlichen Menschen, die<br />
trotz Armut anpacken und im Rahmen ihrer<br />
Möglichkeiten versuchen, etwas zu bewegen,<br />
die Dr. Schneider mindestens genauso<br />
imponiert haben wie die beeindruckende<br />
Natur des Landes und vermutlich zu seinem<br />
Entschluss beigetragen haben, sich<br />
zukünftig noch intensiver in und für Tansania<br />
zu engagieren.<br />
Verabschiedet wurde Dr. Schneider mit:<br />
„Kommen Sie bald wieder,<br />
wir brauchen Sie!“<br />
Und genau das hat er vor.<br />
Die Rückseite der Medaille: Tansania ist<br />
ein armes Land. Zwar herrscht zumindest in<br />
den fruchtbaren Regionen des Nordens<br />
keine erkennbare Hungersnot, doch sind<br />
die Lebensbedingungen einfach bis ärmlich.<br />
Das betrifft die Wohnsituation, Kommunikationsmittel,<br />
Mobilität, Infrastruktur,<br />
aber auch das Gesundheitswesen. „Im Hinblick<br />
auf die Entwicklung des Gesundheitswesens<br />
liegt Tansania auf Platz Nummer<br />
160 der Welt, also ganz weit hinten“, berichtet<br />
Dr. med. Eberhardt Schneider, Ärztlicher<br />
Leiter des EuregioRehaZentrums gGmbH<br />
und Chefarzt der Klinik für Fachübergreifende<br />
Frührehabilitation. Er befasst sich intensiv<br />
mit Tansania, das er nicht nur als<br />
Tourist kennen und schätzen gelernt hat.<br />
Schon früh in seiner medizinischen Laufbahn<br />
hat Dr. Schneider bereits Dritte-Welt-<br />
Arbeit geleistet und war beinahe ein halbes<br />
Jahr in Süd-Ostasien in einem Leprahospital<br />
und als Dschungeldoktor aktiv.<br />
Nun hat sein Sohn Christian, Medizinstudent<br />
an der Heinrich-Heine-Universität<br />
Düsseldorf, einen Teil seines Praktischen<br />
Jahres in Nordtansania, im 1971 gegründeten<br />
Kilimanjaro Christian Medical Centre<br />
(KCMC) in Moshi, absolviert.<br />
Der Facharzt stattete seinem Sohn einen<br />
Besuch ab und nutzte den Aufenthalt in<br />
Moshi und Umgebung, um sich persönlich<br />
bei seinen Kollegen vor Ort über die medizinische<br />
Ist-Situation zu informieren und<br />
ehrenamtlich als Gastarzt im KCMC zu<br />
hospitieren.<br />
Krankheiten, mit denen man im St.-<br />
Antonius-Hospital nicht konfrontiert wird,<br />
wie Malaria oder Schlafkrankheit, sind hier<br />
keine Seltenheit. Eine Herausforderung für<br />
Gastärzte besteht darin, wieder mit den<br />
eigenen Händen ‚untersuchen‘ zu müssen.<br />
„Also sehen, tasten und vor allem mehr<br />
denken!“, beschreibt Dr. Schneider die<br />
Alternative zur in Europa üblichen<br />
apparativen Diagnostik, wie z. B. Kernspintomographie.<br />
Das Gute daran: „Die<br />
Reflexion hat meinem Sohn und mir gut<br />
getan und auch gezeigt, wie effektiv<br />
‚einfache Medizin‘ sein kann.“<br />
Durch Infektionen, Unfälle und Verbrennungen<br />
sind viele Menschen auf Prothesen<br />
und andere Hilfsmittel angewiesen,<br />
die es nur in einfacher Form gibt - zumindest<br />
für die, die es sich leisten können.<br />
Hier sieht Dr. Schneider sein zentrales<br />
Anliegen als Reha-Orthopäde.<br />
Nicht selten sind auch medizinische Standard-Hilfsmittel<br />
von nur geringem Nutzen.<br />
Man stelle sich beispielsweise einen Rollstuhl<br />
in einer Bergregion vor; zweifelsohne<br />
eher gefährlich als hilfreich, so dass<br />
derartige Hilfsmittel gerne kreativ nach den<br />
jeweiligen Bedürfnissen, also den umweltlichen<br />
Gegebenheiten entsprechend,<br />
umgebaut werden.<br />
Tansania Deutschland<br />
Einwohner 41 Millionen 81 Millionen<br />
Ärzte 300 300.000<br />
Pflegepersonal 10.000 600.000<br />
Lebenserwartung 50 Jahre 80 Jahre<br />
Am Eingang des Kilimanjaro<br />
Christian Medical Centre steht<br />
eine Preistafel für OPs, Prothesen<br />
und sonstige Behandlungen.<br />
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