Hamburg - Kulturnews
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Theater<br />
Foto: © Frederik Roh<br />
Foto: Falk Schreiber<br />
Kampnagel<br />
Deutsches Schauspielhaus<br />
Die Rasenden<br />
ab 15. 11. Deutsches Schauspielhaus<br />
Endlich, endlich, endlich! Das Schauspielhaus<br />
eröffnet nach einem langen, kräftezehrenden<br />
Umbau, der zunächst den Theaterbetrieb auf<br />
dem provisorischen Spielfeld und später die<br />
völlige Schließung des Gebäudes an der<br />
Kirchen allee erzwang, vor allem aber nach<br />
Jahren der künstlerischen Stagnation, die<br />
schon mit der Intendanz Friedrich Schirmers<br />
2005 ihren Anfang nahm und 2010 beim<br />
Rücktritt des Inten dan ten eskalierte. Jetzt tritt<br />
endlich Schirmers Nach fol gerin an, Karin Beier,<br />
die zuvor aus dem ebenfalls jenseits aller<br />
ästhetischen Diskurse laufenden Köln die spannendste<br />
Theaterstadt der Republik machte. In<br />
<strong>Hamburg</strong> startet das 47-jährige Energiebündel<br />
mit einem Mammut pro jekt: „Die Rasenden“<br />
verknüpft Euripides’ „Iphigenie in Aulis“ und<br />
„Die Troerinnen“, Aischylos’ „Agamemnon“ und<br />
„Die Eumeniden“ sowie Hugo von Hofmanns -<br />
thals „Elektra“, beteiligt sind 17 Schauspieler,<br />
darunter Hochkaräter wie Joachim Meyerhoff<br />
und Birgit Minichmayr, und als Musiker unter<br />
anderem das Ensemble Reso nanz und die Sing -<br />
akademie <strong>Hamburg</strong>. Geschätzte Dauer: sieben<br />
Stunden, die bei der Premiere ganz runtergerissen<br />
werden, spätere Aufführ un gen werden auf zwei<br />
Tage verteilt. Was für eine Setzung! Aber auch:<br />
was für ein Mut! Mut, den man am Schau -<br />
spielhaus zuletzt so schmerzlich vermisste.<br />
Nirvana sehen<br />
ab 9. 11. UKE, Saal der alten Kranken pflege -<br />
schule (Geb. W26, 1. OG)<br />
Bei den Stücken des <strong>Hamburg</strong>er Regieduos<br />
Meyer&Kowski aka Marc von Henning und<br />
Susanne Reifenrath ist der Spielort fast ebenso<br />
bedeutsam wie Schauspieler oder Stück: Die<br />
messianisch-utopische Inszenierung „Die<br />
General versammlung der Welt“ spielte in einem<br />
Hörsaal des Museums für Völkerkunde, dem Ort,<br />
wo tatsächlich noch an die Verbesserung der<br />
Menschheit geglaubt werden konnte, der Mono log<br />
„Ich bin kein guter Mensch“ im auf glamouröse<br />
Weise runtergekommenen Hotel Reichshof. Und<br />
der Krankenhaus-Text „Nirvana sehen“ findet<br />
statt im Universitätsklinikum Eppen dorf, einem<br />
der größten Krankenhäuser der Stadt. Ute Hannig<br />
spricht hier einen Doppel monolog, einmal den<br />
Schlaganfalls bericht der Hirnforscherin Jill Bolte<br />
Taylor, einmal die Erzählung einer jungen Frau,<br />
der beide Beine amputiert werden mussten.<br />
„Nirvana sehen“ schließt damit an die voran -<br />
gegangene Meyer&Kowski-Arbeit „Das Houdini-<br />
Gen“ an, einen Doppelmonolog für den Schau -<br />
spieler Felix Knopp.<br />
Schwarzweiß<br />
7.–10. 11. Kampnagel<br />
Wer wissen möchte, wie es um freies Theater<br />
in <strong>Hamburg</strong> bestelt ist, muss sich eigentlich<br />
nur „Schwarzweiß“ anschauen: Die Produktion<br />
ist eine Zusammenarbeit von Antje Pfundtner,<br />
Half Past Selber Schuld, Julia Hölscher, Martin<br />
Hammer, Katharina Oberlik, Franz Rogowski<br />
sowie Meine Damen und Herren, einer Gruppe<br />
mit behinderten Darstellern – und damit sind<br />
schon mal die Schwergewichte der freien Szene<br />
abgedeckt. „Schwarzweiß“ steht unter der<br />
künstlerischen Leitung von Christoph Grothaus<br />
und Martina Vermaaten, aber wer diesen ästhetisch<br />
heterogenen Zusammenschluss ein wenig<br />
einordnen kann, der weiß, dass der Abend, der<br />
inhaltlich an Stummfilme und B-Movies an -<br />
knüpft, eher an einen Kessel Buntes erinnert<br />
als an ein durchkomponiertes Stück. Schräg<br />
aber das Kampnagel-Marketing, der anbietet,<br />
dass die Besucher von „Dschingis Khan“ oder<br />
„Parzivalpark“ (beides ebenfalls Stücke, an<br />
denen Darsteller mit Trisomie 21 mitwirken)<br />
„Schwarz weiß“-Tickets zum ermäßigten Preis<br />
erhalten – und zwar unter der Überschrift<br />
„Freaks like us“. Vielleicht nochmal die<br />
Terminologie überdenken?<br />
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