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DESTINATION | Südschweden Tschüss, Bullerbü! Schweden kommt in der Moderne an Südschweden Ob es nun Ystad in der Provinz Schonen ist, wo Kommissar Wallander lebt und arbeitet, oder Småland, Schauplatz vieler Lindgren-Geschichten – Südschweden dominiert in den Büchern dieser bekannten Autoren und zeigt dadurch auch deutlich das Selbstbild der Schweden: Der Süden Schwedens ist sehr viel stärker besiedelt (8 Mio. Menschen leben hier auf 178.000 Quadratkilometern, im Norden nur 1,1 Mio. Menschen auf 261.000 Quadratkilometern) und hat die größere Wirtschaftskraft als der Norden. Die Menschen dort müssen sich immer gegen das Vorurteil wehren, schlichte Hinterwäldler zu sein. Die größten Städte im Süden sind Stockholm, Göteborg, Malmö und Uppsala. Geben Sie’s zu: Wenn Sie an Schweden denken, fällt Ihnen als Erstes Astrid Lindgren ein. Und dann die Schwedenkrimis. Seien Sie beruhigt: Uns ging es nicht anders. Deshalb forschten wir nach, warum die Schweden in all ihrer Bullerbü-Idylle das (literarische) Morden nicht lassen können. 14 connect 2/2011 | Das Geschäftsreisemagazin von Carlson Wagonlit Travel
Südschweden | DESTINATION Dämmerung über Bullerbü – Schwedenkrimis zeichnen ein weniger idyllisches Schwedenbild Heile Welt im Buch 145 Millionen Bücher verkaufte Astrid Lindgren weltweit – 30 Millionen davon allein in Deutschland. In keinem anderen Land war die Kinderbuchautorin so erfolgreich. Michel aus Lönneberga, die Kinder aus der Krachmacherstraße, die Ferienidylle Saltkrokan und natürlich die unerreichte, einzigartige Pippi Langstrumpf – der Astrid-Lindgren-Kosmos mit seiner heilen, vorindustriellen Welt war eine wunderbare Projektionsfläche für die Deutschen der Nachkriegszeit. In den Lindgren-Büchern fanden sie das, was sie im Grauen des Zweiten Weltkriegs verloren hatten: Kindheit, Urvertrauen, Unschuld. Und fortan dachten sie – und viele Lesergenerationen nach ihnen –, dass ganz Schweden samt allen Bewohnern so aussehen und ticken müsse wie die Lindgren’sche Idylle. Nichts und niemand prägte das Schwedenbild der Deutschen so sehr wie sie. Auf den Spuren Astrid Lindgrens und Kurt Wallanders In Vimmerby wurde Astrid Lindgren 1907 geboren, und dort gibt es heute „Astrid Lindgrens Värld“, einen Themenpark, in dem auf 120.000 Quadratmetern Schauplätze aus den beliebtesten Lindgren-Geschichten aufgebaut sind. Auf zwei Bühnen und in einem Puppentheater gibt es täglich Aufführungen – ein großer Spaß für junge und alte Lindgren-Fans! In Ystad hingegen müssen keine Schauplätze der Wallander- Krimis von Henning Mankell nachgebaut werden – ganz Ystad ist der Ort des Geschehens! Und ein überaus hübscher dazu, denn die kleine Stadt an der Südküste Schwedens mit ihrem geschlossenen jahrhundertealten Stadtbild gilt als das Rothenburg Nordeuropas. Auf den Spuren von Kommissar Wallander können sich die Fans Original-Schauplätze wie die Mariagatan, die Polizeistation, das Hotel Continental, Fridolfs Konditorei und viele andere anschauen – im Touristenbüro gegenüber dem Bahnhof gibt es nicht nur eine Broschüre, die den Weg zu den wichtigsten Schauplätzen weist, sondern auch die Möglichkeit, ein ganzes „Wallander-Paket“ zu buchen. Darin enthalten: eine Übernachtung im Hotel Continental oder in einer Wohnung in der Mariagatan. Kritik am Musterstaat Bis die Krimis kamen. Oder sagen wir genauer: bis Sjöwall/Wahlöö kamen. Das Ehepaar und Autorenduo Maj Sjöwall und Per Wahlöö verfasste von 1965 bis 1975 zehn Krimis rund um den Kommissar Martin Beck und dessen Ermittlerteam – und kritisierte darin die in ihren Augen inhumane schwedische Gesellschaft, den Kapitalismus und die maßlose Konsumorientierung der Menschen. Zu der Zeit, als Sjöwall/ Wahlöö ihre Krimis schrieben, hatte Schweden das Image eines Musterstaats. „Folkhemmet“ (dt. „Volksheim“) war die von den schwedischen Sozialdemokraten geprägte Metapher für den schwedischen Wohlfahrtsstaat – Gleichheit, Fürsorglichkeit, Zusammenarbeit und Hilfsbereitschaft prägten das Zusammenleben der Menschen in Schweden. Alles Fassade, fanden Sjöwall/Wahlöö und prangerten in ihren Krimis soziale Ungerechtigkeit und Armut an – und legten damit die Basis für das Phänomen Schwedenkrimi, jene Kriminalromane, in denen nicht nur gemordet, sondern immer auch die schwedische Gesellschaft kritisch beleuchtet wird. dem entscheidenden Unterschied, dass es nicht mehr dieselbe Welt ist. Spiegelten Astrid Lindgrens Bücher tatsächlich das „Volksheim“ wider, so sind es heute die Herausforderungen einer globalisierten Gesellschaft, die in den Schwedenkrimis dominieren. Bei allen Unterschieden haben Lindgren-Bücher und Schwedenkrimis doch eines gemeinsam: Sie spielen allesamt in Südschweden und bilden dadurch die auch tatsächlich existierende Dominanz dieses Landesteils ab. Schweden ist zu einem gewissen Maß eine gespaltene Nation. Vielleicht können die Schweden deswegen so glaubwürdig Bullerbü-Idylle und globalisierte Moderne gleichzeitig verkörpern. Die Welt hat sich verändert Die Leser lieben Krimis aus Schweden, allen voran die Deutschen. Der deutsche Buchmarkt erweist sich auch hier als wichtigster Absatzmarkt für die Schwedenimporte. Die Stars der Krimi-Autoren – Henning Mankell, Lisa Marklund und Stieg Larsson – beherrschen dabei eines genauso gut wie vor ihnen Astrid Lindgren: Sie beschreiben ihre Welt anschaulich und eindringlich. Allerdings mit Schauplatz spannender Schwedenkrimis: das pittoreske Ystad in Südschweden www.carlsonwagonlit.com 15
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