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Biebel, Gezimmerte G-lockenstühle. 99<br />
Das Schlußglied in der Entwicklung<br />
der gotischen Ölocken-<br />
Abb. 13. Abb. 13.<br />
Abb. 12 u, 13. Pfarrkirche St. Nicolaus ani Bodensee. Südturm.<br />
stuhl - Untergerüste ist dem des<br />
&locliönstnlil von UW. ")<br />
einheitlichen Gerüstes im Grunde<br />
Raumfach werk gebildet. Die vier Außenwände sind in völlig entsprechend gestaltet: mehrere ganz gleich gebildete<br />
jedem Geschoß durch je zwei Pfosten in drei Teile zerlegt. Fachwerke durchschneiden sich rechtwinklig und in gleichen<br />
Von diesen Pfosten trägt jeder eine nach unten bauchiggekrümmte<br />
eingeblattete lange Kopfstrebe, welche die Balkenhanden.<br />
Die Aufgabe des Stutzens tritt durch gerade oder<br />
Abständen. An jedem Kreuzpunkt ist ein Pfosten vorlage<br />
stützend in den Innenraum eingreift, und ferner eine gebogene, oben gegeneinandergestellte Streben in jedem<br />
hoch anlaufende Fiißstrebo. Beide Streben sind überblattet, einzelnen Fache deutlich in die Erscheinung, Als Beispiel<br />
unter sich und mit Pfosten und Balken. Sie übertragen so sei zunächst der Glockenstubl im Münster St. Maria und<br />
in ausgezeichneter Weise zickzaokartig die Schwingungen des St Markus zu Mittelzell (Abb. 1 bis 4 Taf. 5) auf der<br />
eigentlichen Glockenstuhls. Dieser selbst enthält in jeder Insel Reichenau genannt. Die Grundform des Untergerüstes<br />
Stuhlwand doppelte Bockstreben, Die langen Holme werden ist schon bei der Betrachtung des alten Kölner Dom-Glockenstuhls<br />
erwähnt worden, mit dem auch das beiderseitig durch lotrechte Pfosten gestützt. Bemerkenswert<br />
Entstehungs<br />
ist die zur Verhinderung zu großer Holmdurchbiegung angeordnete<br />
Häufung von lagerstützenden Sattelhölzern in derselben<br />
Art, wie sie bereits der Freiburger Münster-Glockenstuhl<br />
aufweist. Die Anwendung auskragender, die Glockenstuhl<br />
- Balkenlage stützender gekrümmter Kopfstreben fand<br />
sich in Hessen noch einmal in der Pfarrkirche zu Babenhausen<br />
(Abb. 8 bis 11 Taf. 4), wo das alte Untergerüst noch<br />
erhalten ist, der eigentliche Glockenstuhl aber aus neuerer<br />
Zeit stammt.<br />
Von der Bildung des Untergerüstes in achtseitigen<br />
Türmen zu Anfang des 15. Jahrhunderts geben Äwei Beispiele<br />
eine anschauliche Vorstellung; der Glockenstuhl im<br />
Südturm der St. Galluskirche in Ladenburg a. Neckar<br />
(Abb. 16 bis 21 Taf. 4) und derjenige im mächtigen Westturm<br />
von St. Jodok zu Landshut in Bayern (Abb. 22 bis 25<br />
Taf, 4). Die Balkenlage des eigentlichen Glockenstuhls ruht<br />
bei beiden auf acht Pfosten, welche, mit Kopf- und Fußbändern<br />
versehen und in Schwellen gezapft, in den acht Ecken des<br />
Raumes aufgestellt sind und einen Rahmholzkranz tragen.<br />
Beim viel größeren Glockenstuhl in Landshut sind außerdem<br />
vier Jn gotischer Art verzierte achtseitige Holzsäulen innerhalb<br />
des Raumes zur Balkenlagen-Unterstützung herangezogen.<br />
Hier verdient der das Untergerüst an Höhe übertreffende<br />
Glockenstuhl besondere Erwähnung wegen seines stattlichen<br />
und sinnreichen Aufbaues. Langdurehgreifende, den Holm<br />
krückenartig beiderseits der Mitte stützende Streben, welche<br />
teils die drei vorhandenen lotrechten<br />
Stiele jeder Stuhlwand<br />
überblatten, verhindern Verschiebung<br />
und Kippen des Holmes.<br />
Außerdem schmiegen sich Bogenstreben<br />
auf jeder Seite an, die<br />
ganz ausgezeichnet der stets nach<br />
Größe und Richtung veränderlichen<br />
Wirkung des Lagerdruckes Rechnung<br />
tragen. Zwei die ganze Stuhlwand<br />
in drei Stockwerke teilende<br />
Zangenpaare sichern die Streben<br />
gegen Ausknicken. Sie tragen die<br />
zum Querverband herangezogenen<br />
Balkenlagen. Ein tüchtiges Zimmerwerk!<br />
Der eigentliche Glockenstuhl<br />
in Ladenburg ist späteren<br />
Ursprungs,<br />
jahr 1437") auffallend übereinstimmt. Zur Auflagerung des<br />
eigentlichen Glockenstuhls sind zwei mächtige Bögen des<br />
alten romanischen Turmes herangezogen. — Die den Holm<br />
stützenden Streben gewinnen an Anzahl und Bedeutung und<br />
sind zum Teil mit den Bockstreben überblattet.<br />
Ein zweites hierher gehöriges Beispiel befindet sich im<br />
Münster St.Nikolaus zu Überlingen am See (Abb. 5 bis 8<br />
Taf. 510) und Toxt-Abb. 3). Der dortige Glockenstuhl im<br />
Nordturm, 1585 gezimmert, ist geradezu ein Meisterwerk<br />
deutscher Zimmermaünskunst, dessen Verbandseigentümlichkeit<br />
bestimmenden Einfluß auf künftige Werke im ganzen<br />
Boden seegebiet ausübte. Das zweigeschossige Untergerüst<br />
ist im Grundriß vierteilig; es ruht auf Kragsteinen und<br />
bogenförmigen Stützstreben. Die äußeren Wandungen sind<br />
nach alter Art nach oben hin verjüngt. Sämtliche Gefache<br />
enthalten je zwei gekrümrate Streben, welche im unteren<br />
Geschoß abwärts, im oberen aufwärts gegeneinander gestellt<br />
und überriegelt sind. Man durchdenke einmal angesichts<br />
der Abbildungen die leicht federnde Bewegung des Ganzen<br />
während der Glockenschwingung! — Beim eigentlichen<br />
Glockenstuhl (Text-Abb. 12 u. 13)^1) fällt ein ganz neues<br />
9) Dehio a.a.O.: Domglockenstuhiwahrscheinlich gleichzeitigmit<br />
der Erbauung des südl. Turmes von Meister Nikolaus von Bueren, 1437.<br />
10) Nach Aufnahmeü vom ErzbischÖflicheo Bauamt in ?reiburg<br />
i. Br. und nach eigenen Ergäazunpen an Ort und Stelle.<br />
11) Nach Aufnahme vom Müneterarchitekt H. Kriner in Überlingen<br />
a. See.