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Exkursionsbericht - Tropenstation | La Gamba

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Costa Rica<br />

18. – 31. Juli 2006<br />

Leitung:<br />

Mag. Dr. Anton Weissenhofer<br />

<strong>Exkursionsbericht</strong><br />

Exkursion für<br />

ErnährungswissenschafterInnen<br />

zur Vorlesung Humanökologie von<br />

Doz. Ao. Univ.-Prof. Dr. Bernd Lötsch


VORWORT<br />

Seit dem Bestehen der <strong>Tropenstation</strong> <strong>La</strong> <strong>Gamba</strong> im Jahre 1993, ist es ein<br />

Anliegen der Universität Wien, möglichst vielen StudentInnen die Vielfältigkeit<br />

und die Besonderheiten der Tropen zu zeigen.<br />

Aufgrund einer Initiative von Univ. Prof. Dr. Bernd Lötsch ist es gelungen, eine<br />

Lehrveranstaltung ins Leben zu rufen, die ErnährungswissenschafterInnen die<br />

Möglichkeit bietet, studienrelevante humanökologische Themen zu bearbeiten und<br />

die Problematik der Tropenländer anhand des Beispiellandes Costa Rica kennen zu<br />

lernen. Diese „Exkursion nach Costa Rica für Ernährungswissenschafter-<br />

Innen“ fand heuer bereits zum vierten Mal statt.<br />

Die Exkursion führte uns von der Hauptstadt San José Richtung Norden zum Vulkan Poás und weiter<br />

zum Vulkan Arenal, wo wir unterschiedlichste Ökosysteme und Sukzessionsstadien kennen lernten.<br />

Entlang der Pazifikküste ging es Richtung Süden, wo wir den bekannten Nationalpark Manuel Antonio<br />

besuchten und dann weiter in die noch unberührte Gegend um den Golfo Dulce. Der Regenwald<br />

der Österreicher und die <strong>Tropenstation</strong> <strong>La</strong> <strong>Gamba</strong> mit ihren zahleichen Umweltschutzprojekten<br />

stellten einen zentralen Punkt der Exkursion dar, ebenso wie das Kennenlernen tropischer Früchte,<br />

Anbaumethoden von Cash-Crops und die Problematik der <strong>La</strong>ndwirtschaft in den Tropen.<br />

Die Erlebnisse und die Begeisterung der StudentInnen für dieses <strong>La</strong>nd war so groß, dass man sich<br />

kurzum entschloss, einen <strong>Exkursionsbericht</strong> zu gestalten, der das <strong>La</strong>nd als ganzes vorstellen soll und<br />

den üblichen Rahmen eines Protokolls sprengt.<br />

Der vorliegende Bericht enthält Tagesprotokolle, die den Ablauf und das Gesehene der gesamten Exkursion<br />

chronologisch wiedergeben. Ein zweiter Teil stellt das <strong>La</strong>nd Costa Rica vor. Allgemeine Kapitel<br />

wie Geschichte, Politik, Geografie und Geologie geben eine gute Einführung in die <strong>La</strong>ndeskunde<br />

und ausgewählte biologische Themen zeigen die Vielfalt und Komplexität der tropischen Ökosysteme.<br />

Großer Dank gilt allen TeilnehmerInnen, die sich für das Gelingen des Skriptums eingesetzt haben.<br />

Ganz besonderer Dank gebührt den beiden Redakteurinnen Theresia Fastian und Barbara Vobrovsky-<br />

Simon, die zahlreiche Arbeitsstunden zur Realisierung dieses Bandes investierten.<br />

Dem Leser wünschen wir viel Freude damit.<br />

Pura vida!<br />

Anton Weissenhofer<br />

Costa Rica.<br />

Das Gefühl, wenn man das erste Mal mitten im Regenwald steht, umgeben von riesigen Bäumen und<br />

rundherum alles grün, ist unbeschreiblich. Ab und zu ist durch das dichte Blätterdach der Himmel zu<br />

sehen und bei jedem Schritt sind neue, unbekannte Pflanzen und Tiere zu entdecken. Abenteuer pur!<br />

Von der Möglichkeit nach Costa Rica zu fahren, erfuhren die meisten von uns wohl in der Vorlesung<br />

Humanökologie. Als wir uns dann, Mitte Dezember 2005, das erste Mal trafen, konnte sich aber wahrscheinlich<br />

keiner genau vorstellen, was uns erwarten würde. Gebannt lauschten wir dem Vortrag über<br />

das unbekannte <strong>La</strong>nd, das es zu entdecken galt. Groß war die Neugierde und viele Fragen wurden<br />

gestellt, die mit Geduld und Begeisterung von unserem Exkursionsleiter Mag. Dr. Anton Weissenhofer,<br />

beantwortet wurden.<br />

1


Bis wir aber endlich unsere Füße auf den Boden Costa Ricas stellen durften, verging noch ein halbes<br />

Jahr, welches wir nützten, uns besser kennen zu lernen. Voller Diskussionen über Gepäck und Reiseapotheke,<br />

Anzahl der mitzunehmenden Fotofilme, Kleidung, die besten Reiseführer, notwendigen<br />

Impfungen und die beste Art seinen Koffer zu packen, verbrachten wir unsere Treffen.<br />

Nach langem Flug und mit sehr großer Spannung in San José angekommen, begrüßte uns das <strong>La</strong>nd<br />

mit strömenden Regen. Auch in den nächsten zwei Wochen war der Regen unser ständiger Begleiter,<br />

was uns aber nicht daran hinderte tiefer in das <strong>La</strong>nd und seine Natur einzutauchen. So fuhren wir von<br />

San José aus zu den Vulkanen Poás und Irazú; und in den Norden, wo wir den Río Frío und den Nationalpark<br />

Arenal mit seinen Hängebrücken unsicher machten. Bevor es dann endlich zum Regenwald<br />

der Österreicher, hinunter in den Süden ging, erkundeten wir noch den Nationalpark Manuel Antonio,<br />

und genossen die warmen Buchten des Pazifiks.<br />

Doch auch in der <strong>Tropenstation</strong> hatten wir kaum Gelegenheit durchzuatmen. So durchquerten wir den<br />

Esquinas Nationalpark, machten eine Bootstour in die Mangroven, besuchten eine Reisfabrik und einen<br />

Früchtegarten. Einer der Höhepunkte war die Nachtwanderung durch den Regenwald um die <strong>Tropenstation</strong><br />

herum. Es blieb also kaum Zeit die vielen neuen Eindrücke auf uns wirken zu lassen, die<br />

fremde Kultur, die freundlichen Menschen, die bisher unbekannte Tier- und Pflanzenwelt, und vieles<br />

mehr.<br />

Mit diesem <strong>Exkursionsbericht</strong> versuchten wir unsere Eindrücke und das Erlebte festzuhalten.<br />

Der Bericht umfasst Tagesprotokolle, beginnend vom Betreten Costa Ricas bis hin zum Verlassen des<br />

<strong>La</strong>ndes, sowie Spezialteile, die sich vertiefend mit der costaricanischen Natur und Kultur beschäftigen<br />

und auseinandersetzen.<br />

Wir möchten uns hiermit speziell bei Mag. Dr. Anton Weissenhofer bedanken, der uns, mit seinem<br />

großen Fachwissen und seiner nahezu unerschöpflichen Geduld, das <strong>La</strong>nd und die Natur näher brachte,<br />

sowie bei Doz. Ao. Univ.-Prof Dr. Bernd Lötsch, der diese Exkursionen für ErnährungswissenschafterInnen<br />

ins Leben gerufen hat. Außerdem einen herzlichen Dank den MitarbeiterInnen der <strong>Tropenstation</strong><br />

<strong>La</strong> <strong>Gamba</strong> und allen anderen Personen, die uns dieses einmalige Erlebnis ermöglichten.<br />

Die Redaktion<br />

v.l.n.r. hinten: Besitzerin des Kräutergartens in <strong>La</strong> Fortuna, Mario Auer, Franziska Schrempf, Bernadette Binder, Monika Praschberger,<br />

Andrea Pichlmaier, Gina Phillip, Stefanie Pichler, Theresia Fastian, Julia Kerschbaum, Ines Faber, Christian Kolowratnik,<br />

Roswitha Stieglmayer, Barbara Vobrovsky-Simon, Joachim Simon<br />

v.l.n.r. vorne: Birgit Jogl, Ursula Bachlechner, Barbara Rittmannsberger, Birgit Wondratsch, Elisabeth Wurglits, Michaela Seiz,<br />

Tatjana Koukal, Walpurga Goebel, Barbara Lukasch<br />

2


Costa Rica 2006<br />

INHALTSVERZEICHNIS<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

Seite<br />

Vorwort ..................................................................................................................................... 1<br />

TEIL I: REISEROUTE UND PROTOKOLLE<br />

Reiseroute.................................................................................................................................. 8<br />

Vulkan Irazú und Cartago ....................................................................................................................9<br />

Donnerstag, 20. 07. 2006<br />

Nationalpark Vulkan Poás, <strong>La</strong> Fortuna, Vulkan Arenal .................................................................11<br />

Freitag, 21. 07. 2006<br />

Fahrt nach Los Chiles, Bootsfahrt auf dem Río Frío........................................................................12<br />

Samstag, 22. 07. 2006<br />

Vulkan Arenal und Arenal-Hängebrücken .......................................................................................14<br />

Sonntag, 23. 07. 2006<br />

Kräutergarten und Manuel Antonio ..................................................................................................17<br />

Montag, 24. 07. 2006<br />

Nationalpark Manuel Antonio und Fahrt zum „Regenwald der Österreicher“ ............................19<br />

Dienstag, 25. 07.2006<br />

Wanderung im „Regenwald der Österreicher“, Besichtigung der <strong>Tropenstation</strong>.........................23<br />

Mittwoch, 26. 07. 2006<br />

Durchwanderung des Esquinas-Waldes zum Playa San Josésito....................................................25<br />

Donnerstag, 27. 07. 2006<br />

Golfito, Mangroventour, Strand von Zancudo, Golfo Dulce, Nachtwanderung ............................28<br />

Freitag, 28. 07. 2006<br />

Reisfabrik und Tropical Paradise Garden.........................................................................................31<br />

Samstag, 29. 07. 2006<br />

Besuch der Ortschaft „<strong>La</strong> <strong>Gamba</strong>“ ....................................................................................................32<br />

Sonntag, 30. 07. 2006<br />

Rückfahrt nach San José.....................................................................................................................33<br />

Montag, 31. 07. 2006<br />

Tag der Abreise, San José Stadtrundgang – Shopping – Heimflug.................................................36<br />

Dienstag, 01. 08. 2006<br />

TEIL II: LANDESKUNDE<br />

2.1 Geografie und Klima........................................................................................................ 39<br />

2.1.1 Geografie.......................................................................................................................................39<br />

2.1.2 Klima.............................................................................................................................................42<br />

3


Costa Rica 2006<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

2.2 Vulkanismus...................................................................................................................... 48<br />

2.2.1 Allgemeine Einführung in die Vulkanologie ................................................................................48<br />

2.2.2 Vulkane und Menschen Weltweit .................................................................................................53<br />

2.2.3 Costa Rica – Entstehung der mittelamerikanischen <strong>La</strong>ndbrücke..................................................55<br />

2.2.4 Vulkane Costa Ricas .....................................................................................................................56<br />

2.3 Nationalparks in Costa Rica............................................................................................ 63<br />

2.3.1 Die Bedeutung von Nationalparks ................................................................................................63<br />

2.3.2 Historie der Nationalparks in Costa Rica......................................................................................63<br />

2.3.3 Kategorieeinteilung von Schutzzonen...........................................................................................63<br />

2.3.4 Die Finanzierung der Nationalparks..............................................................................................64<br />

2.3.5 Defizite bei der Umsetzung der Naturschutzpolitik ......................................................................65<br />

2.3.6 Von uns besuchte Nationalparks ...................................................................................................65<br />

TEIL III: GESCHICHTE UND POLITIK<br />

3.1 Geschichte ......................................................................................................................... 69<br />

3.1.1 Vom Ursprung der menschlichen Besiedelung.............................................................................69<br />

3.1.2 Neuzeit ..........................................................................................................................................69<br />

3.1.3 Zeittafel .........................................................................................................................................72<br />

3.2 Die Verfassung von 1949 und ihre Auswirkungen ........................................................ 75<br />

3.2.1 Einleitung ......................................................................................................................................75<br />

3.2.2 Historischer Rückblick..................................................................................................................76<br />

3.2.3 Die Verfassung von 1949..............................................................................................................77<br />

3.2.4 Resümee ........................................................................................................................................81<br />

TEIL IV: ÖKONOMIE UND LANDWIRTSCHAFT<br />

4.1 Ökonomie .......................................................................................................................... 83<br />

4.1.1 Basisdaten .....................................................................................................................................83<br />

4.1.2 Wirtschaftslage..............................................................................................................................83<br />

4.1.3 Schlussfolgerungen für die Zukunft..............................................................................................86<br />

4.2 <strong>La</strong>ndwirtschaft und Cash-Crops..................................................................................... 87<br />

4.2.1 Allgemeines zur <strong>La</strong>ndwirtschaft ...................................................................................................87<br />

4.2.2 Allgemeines zu den Cash-Crops ...................................................................................................87<br />

4.2.3 Die Cash-Crops Costa Ricas .........................................................................................................88<br />

4.2.4 Chiquita Brands International – United Fruit Company ...............................................................95<br />

TEIL V: BIOLOGISCHE ASPEKTE<br />

5.1 Pflanzliche Phänomene im tropischen Regenwald........................................................ 97<br />

5.1.1 Die tropischen Lebensräume.........................................................................................................97<br />

5.1.2 Regenwaldtypen............................................................................................................................98<br />

5.1.3 Struktur und Lebensformen tropischer Regenwälder....................................................................99<br />

5.1.4 Pionier- und Klimaxarten............................................................................................................106<br />

5.1.5 Besonderheiten tropischer Pflanzen ............................................................................................108<br />

4


Costa Rica 2006<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

5.2 Tropische Früchte .......................................................................................................... 111<br />

5.2.1 Anacardiaceae: Sumachgewächse...............................................................................................111<br />

5.2.2 Annonaceae: Rahmapfelgewächse..............................................................................................112<br />

5.2.3 Arecaceae: Palmen ......................................................................................................................112<br />

5.2.4 Bromeliaceae: Bromeliengewächse ............................................................................................114<br />

5.2.5 Caricaceae: Melonenbaumgewächse...........................................................................................115<br />

5.2.6 Convolvulaceae: Windengewächse.............................................................................................115<br />

5.2.7 Euphorbiaceae: Wolfsmilchgewächse.........................................................................................116<br />

5.2.8 Fabaceae: Schmetterlingsgewächse ............................................................................................116<br />

5.2.9 <strong>La</strong>uraceae: Lorbeergewächse ......................................................................................................116<br />

5.2.10 Lecythidaceae: Deckeltopfbäume .............................................................................................117<br />

5.2.11 Malvaceae: Malvengewächse....................................................................................................118<br />

5.2.12 Mimosaceae: Mimosengewächse..............................................................................................118<br />

5.2.13 Moraceae: Maulbeergewächse ..................................................................................................119<br />

5.2.14 Musaceae: Bananengewächse ...................................................................................................119<br />

5.2.15 Myrtaceae: Myrthengewächse...................................................................................................120<br />

5.2.16 Oxalidaceae: Sauerkleegewächse..............................................................................................121<br />

5.2.17 Passifloraceae: Passionsblumengewächse.................................................................................122<br />

5.2.18 Poaceae: Süßgräser....................................................................................................................122<br />

5.2.19 Proteaceae: Proteusgewächse....................................................................................................123<br />

5.2.20 Rubiaceae: Krappgewächse.......................................................................................................124<br />

5.2.21 Rutaceae: Rautengewächse .......................................................................................................124<br />

5.2.22 Sapindaceae: Seifenblumengewächse .......................................................................................126<br />

5.2.23 Sapotaceae: Breiapfelgewächse ................................................................................................127<br />

5.2.24 Solanaceae: Nachtschattengewächse.........................................................................................127<br />

5.3 Tropische Kräuter und Gewürze .................................................................................. 128<br />

5.3.1 Apiaceae: Doldenblütler..............................................................................................................128<br />

5.3.2 Asteraceae: Korbblütler...............................................................................................................128<br />

5.3.3 Equisetaceae: Schachtelhalmgewächse.......................................................................................128<br />

5.3.4 <strong>La</strong>miaceae: Lippenblütler............................................................................................................129<br />

5.3.5 <strong>La</strong>uraceae: Lorbeergewächse ......................................................................................................129<br />

5.3.6 Liliaceae: Liliengewächse...........................................................................................................129<br />

5.3.7 Myristicaceae: Muskatnussgewächse..........................................................................................130<br />

5.3.8 Myrtaceae: Myrtengewächse.......................................................................................................130<br />

5.3.9 Piperaceae: Pfeffergewächse.......................................................................................................131<br />

5.3.10 Poaceae: Süßgräser....................................................................................................................131<br />

5.3.11 Zingiberaceae: Ingwergewächse ...............................................................................................132<br />

5.4 Reptilien und Amphibien............................................................................................... 134<br />

5.4.1 Einleitung ....................................................................................................................................134<br />

5.4.2 Ausgewählte Amphibien Costa Ricas .........................................................................................134<br />

5.4.3 Ausgewählte Reptilien Costa Ricas ............................................................................................137<br />

5.5 Vögel ................................................................................................................................ 146<br />

5.5.1 Apodiformes (Seglervögel).........................................................................................................146<br />

5.5.2 Passeriformes (Sperlingsvögel)...................................................................................................147<br />

5.5.3 Trogoniformes (Trogone)............................................................................................................149<br />

5.5.4 Falconiformes (Greifvögel).........................................................................................................149<br />

5.5.5 Pelecaniformes (Ruderfüßer) ......................................................................................................150<br />

5.5.6 Ciconiiformes (Schreitvögel) ......................................................................................................152<br />

5.5.7 Galliformes (Hühnervögel) .........................................................................................................155<br />

5.5.8 Charadriiformes (Regenpfeiferartige) .........................................................................................155<br />

5


Costa Rica 2006<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

5.6 Säugetiere ........................................................................................................................ 157<br />

5.6.1 Primates (Affen)..........................................................................................................................157<br />

5.6.2 Rodentia (Nagetiere) ...................................................................................................................158<br />

5.6.3 Microchiroptera (Fledermäuse)...................................................................................................159<br />

5.6.4 Carnivora (Raubtiere)..................................................................................................................160<br />

5.6.5 Folivora (Faultiere) .....................................................................................................................162<br />

5.6.6 Wo man Säugetiere am besten findet..........................................................................................163<br />

5.7 Interaktionen zwischen Pflanzen und Tieren .............................................................. 165<br />

5.7.1 Einleitung ....................................................................................................................................165<br />

5.7.2 Bestäubung..................................................................................................................................165<br />

5.7.3 Samenverbreitung........................................................................................................................167<br />

5.7.4 Beziehung zwischen Ameisen und Pflanzen...............................................................................170<br />

5.7.5 Tarnung .......................................................................................................................................173<br />

TEIL VI: DAS PROJEKT „REGENWALD DER ÖSTERREICHER“<br />

6.1 Das Projekt „Regenwald der Österreicher“....................................................................................177<br />

6.2 Die <strong>Tropenstation</strong> „<strong>La</strong> <strong>Gamba</strong>“......................................................................................................178<br />

6.3 Die „Esquinas Rainforest Lodge“ ..................................................................................................180<br />

TEIL VII: KULINARISCHE KÖSTLICHKEITEN<br />

7.1 Allgemeiner Überblick...................................................................................................................183<br />

7.2 Rezepte zur Verwendung von tropischem Gemüse .......................................................................185<br />

7.3 Nationalgerichte und andere kulinarische Köstlichkeiten..............................................................187<br />

7.4 Cocktails & Co...............................................................................................................................191<br />

6


Teil I<br />

Reiseroute<br />

und<br />

Protokolle<br />

7


Costa Rica 2006<br />

Protokolle<br />

PROTOKOLLE<br />

Reiseroute<br />

8


Costa Rica 2006<br />

Vulkan Irazú und Cartago<br />

DONNERSTAG, 20. 07. 2006<br />

Protokolle<br />

(Barbara Rittmannsberger, Walpurga Goebel)<br />

Frühstück bereits ab 6:30 Uhr, da wegen der Zeitumstellung alle früh munter sind. Es gibt am Buffet:<br />

Gallo pinto (Reis mit schwarzen Bohnen) dazu Eierspeise, Würstchen, frische Früchte (Ananas,<br />

Papaya, Wassermelone und selbstverständlich Bananen) und allerlei ganz Gewöhnliches (Müsli, Brot,<br />

Marmelade, Käse, etc.).<br />

Um 8:00 Uhr ist Abfahrt mit dem Bus in Richtung des höchsten, aktiven Vulkan des <strong>La</strong>ndes (Vulkan<br />

Irazú 3.432 m).<br />

Um 8:10 Uhr machen wir einen Stopp bei dem ersten costaricanischen Supermarkt, den wir auf<br />

unserer Reise besuchen. Alle schauen sich das Sortiment an und entdecken unter den vielen fremden<br />

doch einige uns bekannte Marken (Pringles, Kellogs, Kinderschokolade, etc.), die meisten<br />

KollegInnen kaufen Trinkwasser.<br />

Auf der Weiterfahrt werden die Themen für den <strong>Exkursionsbericht</strong> verteilt und kurz besprochen.<br />

Der Weg führt uns über die Interamerikana (wichtigste Durchzugsstraße des <strong>La</strong>ndes; sie verläuft<br />

durch ganz Amerika d.h. von Alaska bis Feuerland, mit einer kurzen Unterbrechung in Panama) durch<br />

die ehemalige Hauptstadt von Costa Rica (Cartago), die wir jedoch erst später an diesem Tag besuchen<br />

wollen.<br />

Um 8:50 Uhr bleiben wir bei einem Aussichtspunkt stehen, von dem man einen wunderschönen<br />

Blick, zwischen den Wolken hindurch, auf Cartago hat. Neben dem für uns exotischen Kolibri,<br />

entdecken wir ein Hörnchen und eine ganz gewöhnliche Kuhherde.<br />

Kurz darauf folgt ein weiterer Stopp, bei dem wir eine, für diese Region typische, costaricanische<br />

Eiche, Quercus costaricensis (Fagaceae), sehen, auf der ein leuchtend oranger Hemiparasit<br />

(Psittacanthus schiedeanus, Loranthaceae) wächst. Dort posiert ein Kolibri für unsere gezückten<br />

Kameras.<br />

Um 10:40 Uhr erreichen wir den Nationalpark Vulkan Irazú. Der Name Irazú geht auf eine<br />

Indianersiedlung zurück – Izataru – was soviel bedeutet wie „donnernder und zitternder Berg“. Der<br />

Nationalpark wurde 1955 gegründet und ist damit der älteste von Costa Rica. Er umfasst ein Gebiet<br />

von 2.300 ha von primären Berg- und Nebelwäldern.<br />

Wir stürmen gleich zum Hauptkrater (1 km Durchmesser und 300 m Tiefe), da dieser gerade nicht<br />

vom Nebel bedeckt ist. Der Kratersee, welcher sich am Grund gebildet hat, ist von eindrucksvoller<br />

grün-gelblicher Farbe, die durch Mineralstoffe (Schwefel) und Algen verursacht wird. Der See wird<br />

von Regenwasser gespeist und ist nicht heiß.<br />

Auf Grund der Witterung (Wind, Kälte, sehr mineralhältiger Boden) gibt es nur spärlichen Bewuchs.<br />

Die Pflanzen haben Schwierigkeiten auf der Ebene zu wachsen und brauchen lange bis sie sich<br />

festsetzten können. Wenn sie dies allerdings einmal geschafft haben, können an diesem Fleck auch<br />

andere Pflanzen wachsen und es kann sich durch den organischen Abfall Erde bilden. Erstbesiedler<br />

sind oft Flechten. Sie können Säure ausscheiden und dadurch Nährstoffe aus dem Muttergestein<br />

herauslösen. Grundsätzlich wachsen Pflanzen hier eher niedrig, um die Wärme des Bodens<br />

auszunutzen und als Schutz vor dem Wind. Auf dem Hochplateau des Kraters befindet sich während<br />

der Regenzeit ein kleiner See, in dessen Randzonen Sauergras – Arten der Gattung Carex – wächst.<br />

Ganz typisch für vulkanischen Boden ist Gunnera insignis (Gunneraceae), welche eine Symbiose<br />

mit Blaualgen eingeht und dadurch auf diesen Böden wachsen kann. Die Costaricaner nennen diese<br />

Pflanze „sombrilla de pobre“, was soviel bedeutet wie „Regenschirm der Armen“. Des Weiteren<br />

entdecken wir eine Johanniskrautart Hypericum sp. (Hypericaceae), das Maiglöckchengewächs<br />

Maianthemum gigas (Convallariaceae) und verschiedene Sträucher. Anhand derer erklärt Anton uns<br />

das Mikroklima (d.h. es herrscht innerhalb des Strauchs ein völlig anderes Klima als außerhalb und es<br />

können sich daher auch andere Pflanzen ansiedeln). Ein Strauch mit ledrigen Blättern ist das<br />

9


Costa Rica 2006<br />

Protokolle<br />

Myrtengewächs Ugni myrtilloides (Myrtaceae); es finden sich auch Erikagewächse Vaccinium spp,<br />

Gaultheria sp. (Ericaceae) und Sauerampfer Rumex sp. (Polygonaceae).<br />

Um 11:05 Uhr machen wir unser erstes Gruppenfoto vor dem Kratersee.<br />

Um 12:20 Uhr rasten wir vor dem Souvenirgeschäft und Anton erzählt uns die Geschichte vom letzten<br />

großen Ausbruch des Vulkans am 13. März 1963, als sich zu dieser Zeit gerade der amerikanische<br />

Präsident John F. Kennedy in Costa Rica aufhielt. Damals wurde ein großer Teil des Valle Central mit<br />

Asche bedeckt.<br />

Um 12:50 Uhr verlassen wir den Vulkan und brechen Richtung Cartago auf.<br />

Um 13:30 Uhr kommen wir in Cartago an und stürmen gleich zur Markthalle, auf der Suche nach<br />

einem guten Mittagessen. Die Markthalle besteht aus vielen, verwirrenden Gängen, wo man nicht nur<br />

Lebensmittel aller Art bekommt, sondern auch Gebrauchsgegenstände des Alltags (Töpfe, Macheten,<br />

Hängematten, Schuhe, Hüte...). Dazwischen finden sich kleine „Sodas“ in denen man gut und günstig<br />

die einheimische Küche genießen kann. Für die Gruppe gibt es Casado – das ist ein traditionelles<br />

costaricanisches Gericht und bedeutet soviel wie „verheiratet“. Es besteht aus Reis, Bohnen,<br />

Kochbananen, gekochten Gemüse und Salat, dazu kann man zwischen Fleisch (die unterschiedlichsten<br />

Sorten und auf verschiedene Weisen zubereitet) Fisch oder manchmal auch Käse wählen. Zum<br />

Trinken gibt es Cas oder Tamarinde – beides sind sehr erfrischende Fruchtsäfte.<br />

Nach dem Essen erkunden wir den Markt und Anton macht uns mit den verschiedensten Frucht- und<br />

Gemüsearten der Gegend vertraut, einige davon werden auch verkostet:<br />

• Chayote – Sechium edule (Jacq.) Sw. (Cucurbitaceae)<br />

• Avocado – Persea americana P. Mill. (<strong>La</strong>uraceae)<br />

• Mango – Mangifera indica L. (Anacardiaceae)<br />

• Papaya – Carica papaya L. (Caricaceae)<br />

• Koriander – Coriandrum L. (Apiaceae)<br />

• Kokosnuss – Cocos nucifera L. (Arecaceae)<br />

• Zuckerrohr – Saccharum officinarum L. (Poaceae)<br />

• Rahmapfel – Annona squamosa (Annonaceae)<br />

• Stachelannone, Sauersack – Annona muricata (Annonaceae)<br />

• Rote Mombinpflaume – Spondias purpurea L. (Anacardiaceae)<br />

• Pfirsichpalme – Bactris gasipaes Kundt (Arecaceae)<br />

• Amazonas-Guave, Arazá – Eugenia stipitata McVaugh (Myrtaceae)<br />

• Rambutan – Nephelium lappaceum L. (Sapindaceae)<br />

• Tamarinde – Tamarindu indica (Mimosaceae)<br />

• Brotfruchtbaum – Artocarpus altilis (Moraceae)<br />

• Costaricanische Guave, Cas – Psidium friedrichsthalianum (Myrtaceae)<br />

• Guave, Gujavabaum – Psidium guajava (Myrtaceae)<br />

• Wasserapfel, Apfeljambuse – Syzygium malaccense (Myrtaceae)<br />

• Lulu-Frucht, Naranjilla – Solanum quitoense (Solanaceae)<br />

• Assaipalme, Palmherzen – Euterpe edulis und andere Arten (Areceae)<br />

Um 15:00 Uhr verlassen wir den Markt und machen eine kleine Stadterkundung. Zuerst kommen wir<br />

auf den „Parque Central“, wo sich die Ruine der alten Kirche befindet. Sie wurde bei einem Erdbeben<br />

1910 zerstört. Leider können wir die Ruine nur von außen besichtigen, da sie für die Öffentlichkeit<br />

nicht zugänglich ist. Wir nützen die ehrwürdigen Mauern gleich als Hintergrundbild für ein weiteres<br />

Gruppenfoto und marschieren dann weiter zum ehemaligen Regierungsgebäude, dem ältesten<br />

Gebäude der Stadt, das wir jedoch ebenfalls nur von außen bewundern können.<br />

Um 15:20 Uhr erreichen wir die Basilica de Nuestra Señora de Los Angeles, das wichtigste religiöse<br />

Zentrum des <strong>La</strong>ndes und einer der wichtigsten Pilgerstätte in Mittelamerika. Vor allem am 2. August,<br />

dem Jahrestag der Erscheinung, kommen Pilger aus allen <strong>La</strong>ndesteilen und auch aus Panama und<br />

Nicaragua zu dieser Weihstätte, einige demütig auf Knien rutschend. Die Basilika wurde 1926 erbaut<br />

und es rankt sich eine Legende um sie: An dieser Stelle, damals noch außerhalb der Stadt, hatte das<br />

Indianermädchen Juana Pereira im Jahre 1635 eine Marienfigur auf einem Stein gefunden. Nach der<br />

10


Costa Rica 2006<br />

Protokolle<br />

Überlieferung kehrte die Figur zweimal auf wundersame Weise an den gleichen Platz zurück, was als<br />

ein Zeichen Gottes gewertet wurde, hier eine Kirche zu erbauen.<br />

Von außen mag die Kirche nicht jedermanns Geschmack sein, aber das Innere ist mit Holz vertäfelt<br />

und wirklich sehenswert. Unterhalb der Basilika bewundern wir den besagten Stein und sehen auch<br />

kleine silberne Anhänger in Form von Menschen, einzelnen Körperteilen und Arbeitsutensilien, die<br />

den Pilgern für die Heiligenverehrung und Fürbitten zur rituellen Verfügung stehen.<br />

Um 16:45 Uhr verlassen wir Cartago und machen uns auf den Weg zurück nach San José, wieder über<br />

die Interamerikana.<br />

Wir kommen um 17:30 Uhr im Hotel an, beschließen noch gemeinsam durch die Stadt zu spazieren<br />

und in der Stadt zu Abend zu essen (18:30 Uhr, bei Manolo’s Churreria).<br />

Um 21:00 Uhr kommen wir müde und erschöpft von unserem ersten Tag in Costa Rica nach Hause<br />

und gehen schlafen.<br />

Nationalpark Vulkan Poás, <strong>La</strong> Fortuna, Vulkan Arenal<br />

FREITAG, 21. 07. 2006<br />

(Stefanie Pichler, Roswitha Stieglmayer)<br />

6.30 – 7.30 Uhr: Frühstück in San José, Hotel Fleur de Lys. Es gibt Gallo pinto, Rührei, Würstel in<br />

Tomatensoße, Obst (Ananas, Papaya, Wassermelone, Banane), Brot, Muffins, Käse, Kuchen, Müsli,<br />

Kaffee, Tee, Fruchtsäfte.<br />

7.45 Uhr: Abfahrt zum Vulkan Poás mit Zwischenstopp am Flughafen wegen dem verschollenen<br />

Koffer von Birgit, leider erfolglos.<br />

Verkostung von Guaba, (Inga edulis Mart., schwertförmige Frucht, „Zuckerl” der Ticos).<br />

Die Reiseroute führt uns durch die Provinz Alajuela (Valle Central, Schatzkammer des <strong>La</strong>ndes). Auf<br />

den fruchtbaren Böden in der Höhe von 1.000 m bis 1.700 m wachsen Kaffeesträucher, die der<br />

Hochebene Wohlstand und Reichtum brachten.<br />

10:00 – 10:30 Uhr: Zwischenstopp im „Café de la Casa” umgeben von Kaffeeplantagen. Angebaut<br />

werden hauptsächlich die Arten „Arabica” (Coffea arabica) und „Robusta” (Coffea canephora). Die<br />

„Robusta”-Bohne wird zu 5 % zu Kaffeemischungen beigefügt. Das Ursprungsland der Kaffeebohne<br />

ist Äthopien. Neue Anbauländer drücken den Marktpreis zusätzlich. Der Kaffeepreis wird jetzt in New<br />

York bestimmt, in einem Verbraucherland, nicht mehr in einem Produktionsland. Das führt dazu, dass<br />

der Preis in manchen Jahren so stark fällt, dass die Oligarchen die Ernte verfaulen lassen, da es nicht<br />

mehr rentabel genug ist die Kaffeebohnen zu ernten.<br />

Außerdem wird in der Region Farn- und Erdbeeranbau betrieben. Die Farne dienen hauptsächlich als<br />

Schnittpflanzen für den Export.<br />

11:00 Uhr Ankunft im Nationalpark Vulkan Poás.<br />

Wanderung zum Krater des Poás. Glücklicherweise verziehen sich bei unserer Ankunft die Wolken<br />

und ermöglichen uns einen herrlichen Blick auf den größten Vulkankrater (Durchmesser: 1,5 km;<br />

Tiefe: 300 m) des <strong>La</strong>ndes, 37 km nördlich von Alajuela und 2.704 m hoch. Letzter Ausbruch war<br />

1978, es steigt noch immer schwefeliger Rauch auf. Die Fumerolen waren deutlich zu hören und die<br />

gelben, schwefeligen Ablagerungen am Ufer des Vulkansees deutlich zu sehen. Durch den Schwefel<br />

ist das Wasser grüngelb gefärbt.<br />

Danach geht es durch den Nationalpark, abseits der „Autobahn” (Abkürzung über den Trampelweg)<br />

zum Nebenkrater <strong>La</strong>guna Botos. Hier findet auch die erste Begegnung mit Kolibris statt. Am<br />

Rückweg erfahren wir am eigenen Leib, warum der Regenwald „Regenwald” heißt und warum Anton<br />

bei der Vorbesprechung auf guten Regenschutz gepocht hatte! Teilweise nass bis auf die Knochen,<br />

11


Costa Rica 2006<br />

Protokolle<br />

versuchen wir uns beim Shop notdürftig zu trockenen, ehe wir uns auf den Weg über Valle Virgen<br />

nach <strong>La</strong> Fortuna (14:30 Uhr) machen.<br />

Beim Verlassen des Nationalparks ist unser erster Zwischenstopp bei einem kleinen Geschäft, das<br />

typische regionale Köstlichkeiten verkauft (Erdbeeren, Schokokaffeebohnen, Wein, Kaffeelikör,…).<br />

Nach kurzer Fahrt sind wir beim „Wasserfall des Friedens” (<strong>La</strong> Paz) angelangt, wo wir wieder einige<br />

Fotos schießen.<br />

Es folgt ein Besuch in einem sehr eigenwilligen kleinen „Museums-Imbiss-Häuschen”, namens <strong>La</strong><br />

Cichnona. Dort können wir Vogelspinnen und Kolibris aus nächster Nähe beobachten (außerdem<br />

Erdbeerfrösche und Leguane „made in China“…).<br />

16:00 Uhr Abfahrt nach <strong>La</strong> Fortuna<br />

18:25 Uhr Ankunft in der Stadt <strong>La</strong> Fortuna<br />

Während der Dämmerung fotografieren wir den Vulkan Arenal.<br />

19:05 Uhr krönender Abschluss des Tages! Wir fahren zu einem Aussichtspunkt und beobachten in<br />

der Dunkelheit die <strong>La</strong>vaerruptionen des Vulkans – ein sehr schönes und faszinierendes Erlebnis!<br />

20:00 Uhr Ankunft in der Lodge „<strong>La</strong> Catarata” (gefördertes Projekt vom WWF Kanada, das von<br />

Einheimischen geführt wird).<br />

20:30 Uhr Abendessen<br />

Es werden landestypische Spezialitäten aufgetischt: frittierter Maniok, Fisch, Putenfleisch, Huhn,<br />

Rindfleisch, Reis mit Palmherzen,…<br />

Heiterer Ausklang des Abends mit der Geburtstagsfeier für Birgit Wondratsch, wobei wir<br />

costaricanischen Rum und eine lustige Geburtstagstradition (Tortencreme ins Gesicht) kennenlernen.<br />

Fahrt nach Los Chiles, Bootsfahrt auf dem Río Frío<br />

SAMSTAG, 22. 07. 2006<br />

(Julia Kerschbaum, Elisabeth Wurglits)<br />

Zum Frühstück gibt es Palatschinken mit Ahornsirup, Früchte, Gallo pinto, Toastbrot, 3 Sorten<br />

Marmelade, Eierspeise, sehr guten Kaffee, Tee und Orangensaft.<br />

8:15 Uhr: Abfahrt vom Hotel nach Los Chiles. Auf dem Weg sehen wir Kühe, Maniok, Palmen und<br />

Pferde. Es gibt wenige Vögel, was auf den reichlichen Regen zurückzuführen ist. Wenn Blüten und<br />

Früchte durch die Nässe faulen, verschwindet die Nahrungsquelle der Vögel und sie wandern ab. Die<br />

großen Vögel die am Straßenrand auf Bäumen sitzen sind Neuweltgeier (Raben-, und Truthahngeier).<br />

Sie haben einem ausgeprägten Geruchssinn und sind mit den Störchen verwandt.<br />

Wir fahren an jungen Ananasplantagen und <strong>La</strong>gerstroemia speciosa vorbei, einen Baum mit rosa<br />

Blüten der aus Asien stammt. Es ist bewölkt und schwül.<br />

Der Bus stoppt an einem Geschäft und einer Brücke. Auf Antons Anraten hin, nehmen wir den<br />

Fotoapparat mit. Einige von uns gehen Wasser kaufen, die anderen gehen gleich zur Brücke, wo schon<br />

Leute stehen und hinuntersehen. In den Bäumen über dem Fluss sitzen massenhaft grüne Leguane<br />

(Iguana iguana) – „grüner" Leguan deshalb, weil die juvenile Form blitzgrün ist. Sie fressen die<br />

Blätter von verschiedensten Bäumen und werden wegen ihres guten Fleisches gezüchtet. Sie sind gute<br />

Futterverwerter und schon nach zwei Jahren schlachtreif. Der Geschmack wird – wie fast immer wenn<br />

der Geschmack unbeschreiblich ist – als hühnchenartig beschrieben.<br />

Wir fahren weiter und kosten im Bus ein Gelee aus Psidium guajava (Myrtaceae), der Guave, aber<br />

keinem schmeckt es so wirklich und es dreht im Bus mindestens drei Runden.<br />

12


Costa Rica 2006<br />

Protokolle<br />

Unser Weg führt uns durch die Ebene von San Carlos und wir sehen den Río San Juan. Hier formen<br />

kleine Bäche die <strong>La</strong>ndschaft, die daher hügelig ist. An der Straßenseite sitzt ein „Road Side Hawk"<br />

und Rafa, unser Buschauffeur, fährt für uns ein Stück zurück um den Greifvogel fotografieren zu<br />

können. Bei der Weiterfahrt säumen meterhohe rote Hibiskusbüsche den Weg. Orangenbäume sowie<br />

auch Zuckerrohr werden hier kultiviert.<br />

Oft sieht man die Rotlehmerde hervorschauen. Die Böden sind ausgewaschen, die Humusschicht ganz<br />

dünn oder nicht vorhanden, weil der klimabedingte, schnelle Stoffwechsel das nicht zulässt; der<br />

Nährstoffkreislauf ist kurz und <strong>La</strong>ub und Humus werden sofort wieder verbraucht. Einzig Eisen und<br />

Aluminiumoxide werden in den oberen Bodenschichten festgehalten und nicht ausgewaschen,<br />

wodurch es zu einer Anreicherung dieser Elemente kommen kann. Weil sich 90 % der Nährstoffe in<br />

den oberen 10 cm der Erdschicht befinden, sind hier vorrangig Flachwurzler und keine Tiefwurzler zu<br />

finden.<br />

Gut für die <strong>La</strong>ndwirtschaft sind Böden an Vulkanhängen und in Überschwemmungsgebieten von<br />

Flüssen. Es gibt Schwarz- und Weißwasserflüsse. Ein gutes Beispiel für einen Schwarzwasserfluss ist<br />

der „Río Negro". Er enthält keine Nährstoffe und sein Überschwemmungsgebiet bietet auch nichts für<br />

die <strong>La</strong>ndwirtschaft. Seine Farbe ist bedingt durch Huminsäuren. Es leben wenige Fische in ihm und<br />

auch wenig Gelsenlarven. (Ein Beispiel für einen Weißwasserfluss ist der Amazonas, wo das Wasser<br />

nährstoffreich ist.)<br />

Wir legen einen Stopp ein, denn zu unserer Rechten sitzen Brüllaffen (Alouatta palliata) in den<br />

Baumkronen. Sie leben gerne in lichteren Waldstellen, in Sekundärwäldern und besonders in<br />

Waldresten, entlang von Flüssen.<br />

In Costa Rica gibt es vier Affenarten: Totenkopfäffchen, Weißkopfkapuzineraffen, Brüllaffen und<br />

Spinnenäffchen. Diese Neuweltaffen, auch „Breitnasenaffen“ genannt – sind, mit Ausnahme des<br />

Menschen, die einzigen lebenden Primaten auf dem amerikanischen Kontinent. Die meisten sind<br />

Allesfresser, einzig die Brüllaffen sind rein vegetarisch was man gut an ihrem gedrungenen Körperbau<br />

erkennen kann. Brüllaffen treten in Gruppen bis zu 20 Mitgliedern auf, bei den Totenkopfäffchen sind<br />

es bis zu 100 Mitgliedern.<br />

Um 10:30 Uhr kommen wir in Los Chiles an. Wir gehen die letzten Schritte zum Río Frío zu Fuß, alle<br />

haben sich schon im Bus mit viel Gelsenschutzmittel eingerieben. Der Río Frío führt mehr Wasser als<br />

in der Trockenzeit und mit einem etwas mulmigem Gefühl, aber der Gewissheit dass es hier keine<br />

Krokodile gibt, steigen wir in das Boot ein.<br />

Wir sehen:<br />

• Kormorane (Phalacrocorax carbo), die auf einem Baumstamm sitzen und ihr Gefieder<br />

trocknen, denn sie können es aufgrund ihrer verkümmerten Pürzeldrüse nicht einfetten. Das<br />

ermöglicht ihnen bei der Jagd nach Fischen unter Wasser zu tauchen.<br />

• Guajave (Psidium guajava) (Myrtaceae), Baum mit weißen Blüten.<br />

• Eisvogel (Alcedo atthis)<br />

• Silberreiher (Casmerodius albus), der Schnabel wird je nach Jagdverhalten geformt.<br />

• Brüllaffen (Alouatta palliata)<br />

• Schlangenhalsvogel (Anhingidae), er spießt unter Wasser Fische auf, wirft sie in die Luft,<br />

dann erst frisst er sie.<br />

• Passerinitangar (Ramphocelus passerinii, Scarlet Rumped Tanager), schwarzer Vogel mit<br />

rotem Fleck am Rücken.<br />

• Fliegenschnäpper (Muscicapidae, Fly Catcher), ökologisch sehr wichtige Gruppe. Er gibt<br />

„Bem ti vi"-Rufe von sich (bedeutet „Hab dich schon gesehen“ auf Portugiesisch).<br />

• Pachira aquatica (Bombacaceae), dieser Baum hat große braune Früchte die 2 – 3 kg schwer<br />

sind. Die Samen, die darin enthalten sind, sind sehr fett, sie werden aber nicht genutzt.<br />

• Ein Termitenbau sitzt in einer Astgabel.<br />

• Guan (Chachalaca) – ein huhnähnlicher Vogel<br />

Es ist 11:30 Uhr, wir hören Brüllaffen und immer wieder riechen wir die Abgase unseres Bootes.<br />

Viele Pflanzen blühen in der Trockenzeit und die Früchte reifen dann in der Regenzeit, denn die<br />

Bestäuber sind eher in der Trockenzeit vorhanden.<br />

13


Costa Rica 2006<br />

Protokolle<br />

• Seidenreiher (Egretta garzetta) und Fliegenschnäpper, den wir beim Nestbau stören.<br />

• Flüchtig sehen wir einen Verwandten des Tukan in einem Baum: Collared Aracari.<br />

Ganz kurz überfahren wir die Grenze zu Nicaragua, welches das 7. ärmste <strong>La</strong>nd der Welt ist, und<br />

wenden dann.<br />

Auf der Rückfahrt um 12:00 Uhr biegen wir in einen Seitenarm ein um einen geeigneten Platz zu<br />

suchen und unser Lunch einnehmen zu können. Es gibt Curryreis mit Hühnerfleisch, Bohnensalat,<br />

weißen Salat der nach Koriander schmeckt und Tortilla-Chips. Beim Essen holen muss man schnell<br />

sein sonst holt man sich einen Sonnenbrand. Dann fahren wir zurück nach Los Chiles.<br />

Wir sehen ein Zweizehenfaultier (Bradypodidae, Choloepus didactylus) und warten (so wie das<br />

Faultier) geduldig darauf, dass die andere Touristengruppe sich aus dem Staub macht, sodass wir<br />

endlich Fotos schießen können. Faultiere haben Algen in ihrem Fell, darunter sogar Arten, die man<br />

sonst noch nirgends gefunden hat! Sie sind gute Kletterer und können auch schwimmen. Etwa alle 10<br />

Tage verlässt ein Faultier den Baum um seine Notdurft zu verrichten und den Baum zu wechseln. In<br />

dieser Zeit lebt es gefährlich weil es Räubern ausgesetzt ist.<br />

Fledermäuse (Chiroptera) sitzen an der regengeschützten Unterseite eines Baumstammes nahe dem<br />

Wasser. Unsereins hat es anfangs nur für schwarze Flecken gehalten!<br />

Bei der Rückfahrt beginnt es leicht zu regnen und um 13:30 Uhr endet unsere Bootsfahrt.<br />

Danach Weiterfahrt zu einem Thermalbad beim Vulkan Arenal.<br />

An der rechten Straßenseite entdecken wir beim Vorbeifahren eine Akipflaume (Blighia sapida,<br />

Seifenbaumgewächs), welche in Westafrika beheimatet ist. Die Frucht ist birnenförmig, hellrot bis<br />

gelborange. Wenn sie reif ist, öffnet sie sich in drei große Spalten und es kommen leuchtend-schwarze<br />

Samen zum Vorschein, umgeben von gelblichweißem Fruchtfleisch (Arillus), nur dieses ist essbar. In<br />

einem bestimmten Reifezustand wird das Fruchtfleisch zu Soßen verarbeitet oder eingelegt. Ihr Name<br />

ehrt William Bligh, einen Captain der HMS Bounty.<br />

Im Thermalbad gibt es eine kurze Einweisung wie wir uns zu verhalten haben: Mit dem kühlsten<br />

Becken (37 °C) beginnen, damit sich unser Körper daran gewöhnt und dann langsam steigern bis hin<br />

zum heißesten Becken (45 °C). Alle 15 min. ist Abkühlen an einer der zahlreichen Kaltduschen oder<br />

im Kaltbecken angesagt, damit die Körpertemperatur nicht zu hoch wird. Von unserer Gruppe haben<br />

es vier oder fünf bis in das heißeste Becken geschafft, allen voran Anton. Zum Schluss gab es dann<br />

noch günstige und gute Cocktails und eines der beliebten Gruppenfotos.<br />

Auf dem Heimweg haben wir noch das Glück <strong>La</strong>va am Vulkan austreten zu sehen. Im <strong>La</strong> Catarata<br />

angekommen fallen wir, nach einem ausgezeichneten Abendessen, todmüde ins Bett.<br />

Vulkan Arenal und Arenal-Hängebrücken<br />

SONNTAG, 23. 07. 2006<br />

(Barbara Vobrovsky-Simon)<br />

Frühstück ab 7 Uhr – es gibt Obst, Gallo pinto, Eierspeise und Palatschinken.<br />

Vor der Abfahrt zeigt Anton uns Cordia alliodora (span. <strong>La</strong>urel) – ein schnell wachsender Baum mit<br />

hellem Holz und dunklen Streifen, das für Möbel und als Feuerholz verwendet wird. Bei jeder<br />

Verzweigung bildet der Baum einen kleinen Endtrieb, die nächste Seitenknospe übernimmt den<br />

Haupttrieb (sympodialer Wuchs). In den Astgabeln sind Verdickungen mit Perforierungen ausgebildet,<br />

die von Atzteka-Ameisen aufgebissen werden und ihnen als Wohnung dienen.<br />

Die Blätter werden bei Lungenkrankheiten und die Samen bei Hautkrankheiten verabreicht.<br />

Abfahrt um 8:10 Uhr Richtung Arenal Nationalpark.<br />

14


Costa Rica 2006<br />

Protokolle<br />

Der Vulkan Arenal (1.638 m) ist einer der aktivsten Vulkane. Er wurde für inaktiv gehalten, bis er<br />

1968 ausbrach und 80 Tote zu beklagen waren. Der nächste Ausbruch folgte 1981, seitdem ist der<br />

Vulkan ständig aktiv, er stößt auch tagsüber Asche aus. Der letzte große Ausbruch war im Jahr 1992,<br />

im Juli 2000 ging eine Schlammlawine an der Nordseite ab.<br />

8:50 Uhr: Einfahrt mit dem Bus in den Nationalpark und kurze Pause an einem Aussichtspunkt um<br />

den Arenalsee zu bewundern. Dieser ist ein künstlicher Stausee, in dem die Ortschaft Arenal versenkt<br />

wurde. Südlich des Sees befindet sich die Cordillera von Tilaran, nördlich die Cordillera von<br />

Guanacaste.<br />

Immer wieder können wir die Vulkanaktivitäten des Arenals hören und Rauchwolken austreten sehen.<br />

Um 9:30 Uhr beginnt unser Rundgang im Nationalpark<br />

Wir sehen einige Pionierpflanzen, der Prozess der Sukzession ist gut sichtbar:<br />

• Gynerium sagitattum (Poaceae), Caña Brava (span.), „Wildes Rohr”, ähnlich dem<br />

Zuckerrohr.<br />

• Gleichenia sp. (Gleicheniaceae), Farn, Verbreitung durch Wind.<br />

• Piper sp. (Piperaceae), eine Holzpflanze mit asymmetrischen Blättern aus der Familie der<br />

Pfeffergewächse. Die Früchte werden hauptsächlich durch Vögel und Fledermäuse verbreitet.<br />

• Mimosa pudica (Mimosaceae), „Rühr mich nicht an”, hat eine Reizweiterleitung über<br />

Gelenke und als zusätzlichen Fraßschutz Stacheln und Dornen, die nach unten gebogen sind<br />

und auch als Halteorgane dienen (zur Erinnerung: Stachel aus der Epidermis, Dornen aus<br />

Organen, in diesem Fall Nebenblattdornen). Diese arme Pflanze hat mit uns kein leichtes<br />

Leben, sie wird mit Feuerzeugen verärgert und andauernd berührt, um ihren Mechanismus<br />

sichtbar zu machen.<br />

• Lycopodiella cernua (Lycopodiaceae), Baerlapp, bildet Ausläufertriebe (horizontal) und<br />

fertile Triebe (vertikal), sieht wie ein kleiner Weihnachtsbaum aus.<br />

• Cecropia sp. (Cecropiaceae), Ameisenbaum, ist ein sehr schnellwüchsiger Baum, dafür aber<br />

kurzlebig. Er hat nur geringes sekundäres Dickenwachstum. Sein Stamm ist hohl und dient<br />

Atzteka-Ameisen als Behausung. Diese beschützen den Baum und ernähren sich von den<br />

sogenannten „Müllerschen Körperchen“, die an der Basis der Blätter gebildet werden und<br />

Glykogen speichern. Ein Hüllblatt schützt das jeweils jüngste Blatt, fällt dieses ab hinterlässt<br />

es einen Ring, der am Stamm zeitlebens sichtbar ist (geringelter Stamm).<br />

• Andropogon bicornis (Poaceae) Süßgras, ein bis 1,8 m hohes Gras der Pioniervegetation.<br />

• Cissus sp. (Vitaceae) Weingewächs, Liane, gegenüber jedem Blatt ist eine Ranke<br />

ausgebildet. Hat ein schnelles Höhen-, jedoch geringes Dickenwachstum. Normalerweise eine<br />

Liane des Kronendachs, wächst im offenen Gelände am Boden (dies gilt für viele Lianen).<br />

Schädlinge des Weins: Reblaus – aus den USA eingeführt (resistente Weinsorte in Österreich<br />

ist der Uhudler); Die Blattkrankheit Mehltau muss flächendeckend durch Spritzmittel<br />

bekämpft werden.<br />

In der darauf folgenden Sukzessionsstufe sind bereits Bäume zu sehen, das Caña Brava wird<br />

allmählich verdrängt. Bald befinden wir uns im Sekundärwald und kurz darauf besteigen wir das<br />

<strong>La</strong>vafeld des Arenals von 1992, das in 650 Höhenmeter liegt. Es ist ein ziemlich abrupter<br />

Szenenwechsel, nur wenige Pflanzen und Tiere sind zu sehen.<br />

Wie Anton uns nach einer Raterunde erzählt, erfolgt die Besiedelung von <strong>La</strong>vafeldern in kleinen<br />

Schritten: Bei den Tieren sind Spinnen die ersten Pioniere, bei den Pflanzen handelt es sich um<br />

Flechten und Moose. Später siedeln sich Gräser und Orchideen an, die windverbreitete Samen<br />

besitzen.<br />

Wir verlassen das <strong>La</strong>vafeld und befinden uns wieder im Sekundärwald:<br />

• Termitennest, Termiten sind sehr lichtscheu und mit den Schaben verwandt. Symbiotische<br />

Bakterien im Darm ermöglichen diesen Tieren Zellulose zu verdauen.<br />

• Chamaedorea sp. (Arecaceae, Palme), Bergpalme, unreif sind die Früchte wie auch die sog.<br />

Rachillen (Äste auf denen sie sitzen) grün, zur Reife färben sich die Rachillen knallig orange<br />

und die Früchte selbst dunkelviolett (Kontrastfärbung).<br />

• Peperomia sp. (Piperaceae) Pfeffergewächs, das epiphytisch wächst und „Würstel” bildet.<br />

15


Costa Rica 2006<br />

Protokolle<br />

• Psidium guajave (Myrtaceae, Myrtengewächs), Guave, ist eine gelbe runde Frucht mit<br />

rotem Fruchtfleisch und vielen runden Samen und hat eine dicke Schale.<br />

• Columea sp. (Gesneriaceae, Gesneriengewächs), verwandt mit dem Usambara-Veilchen. Es<br />

hat rote Flecken auf der Blattunterseite und wird von Kolibris bestäubt.<br />

Um 12.00 Uhr machen wir eine halbe Stunde Mittagspause am Fluss und essen unsere Lunchpakete.<br />

Einige von uns sind voll mit Samen von Desmodium sp. (Mimosaceae, Mimosengewächse), einer<br />

klettenähnlichen Frucht.<br />

Dann fahren wir mit dem Bus weiter. Es geht über die Staumauer des Arenal-Stausees. der See dient<br />

der Bewässerung von Nassreisfeldern in der Provinz Guanacaste. Das Wasser wird unterirdisch von<br />

der Ost- and die Westseite der Cordillera geleitet und zu den Turbinen geschleust.<br />

13:20 Uhr: Ankunft bei den Arenal-Hängebrücken, zehn Minuten später geht es dann los:<br />

Wir bekommen auf der ersten Brücke eine kurze Einführung über das Klima in den verschiedenen<br />

Schichten (Strata) des Regenwaldes und blockieren auf diese Weise die Brücke für einige Zeit.<br />

Im unteren Teil herrscht ein ausgeglichenes Klima, Pflanzen haben vorwiegend große Blätter,<br />

während das Klima im oberen Teil heißer und trockener ist. Je weiter man in die Außenzone der<br />

Baumkrone kommt, umso lebensfeindlicher wird das Klima.<br />

• Calathea sp. (Marantaceae), um das Licht optimal zu nützen ist das Blatt an der Unterseite<br />

durch Anthocyane rot gefärbt. Eingedrungenes Licht geht durch das Parenchym durch und ein<br />

Teil wird durch die eingelagerten Anthocyane reflektiert. Dies ist eine Anpassung an das<br />

lichtarme Milieu.<br />

• Blattschneideameisen (Atta sp.) haben eine strenge Hierarchie und sind tag- oder nachtaktiv.<br />

Ihr Bau kann bis zu 6 m tief und 100 m² groß sein. Sie zerlegen die Blätter von außen nach<br />

innen mit System, zerkauen und fermentieren sie dann. Die Ameisen züchten einen Pilz<br />

darauf, der ihnen als Nahrung dient. Indigene verwendeten Wächterameisen, mit ihren großen<br />

Kaumuskeln, zum verschließen von offenen Wunden und als Nahrung (Eiweißlieferant).<br />

• Epiphylle sind Pflanzen (z.B. Lebermoose), die auf dem Blatt einer Pflanze wachsen. Dies ist<br />

nur dann möglich, wenn ein Blatt sehr lange lebt und nicht wie bei uns nur ein halbes Jahr<br />

vorhanden ist. Epiphylle sind häufig an sehr feuchten Stellen im Regenwald zu finden.<br />

• Melastomataceae (Schwarzmundgewächs), die Samen sind wassertropfenverbreitet. Die<br />

Früchte stehen vertikal zum Boden und ihre Kapseln öffnen sich, wenn Regen darauf fällt. Die<br />

Adern der Blätter verlaufen parallel.<br />

• Iriartea deltoidea (Arecaceae), große Palme mit Stelzwurzeln.<br />

• Carapa guianensis (Meliaceae), Mahagonibaum hat Brettwurzeln die drei Funktionen<br />

haben: Stabilität, Wurzelvergrößerung und Verbesserung der Sauerstoffversorgung durch viele<br />

Lentizellen in der Borke. Die Samen werden von den Yanomami (Indigene) zu Andiroba (Öl)<br />

für die Firma Bodyshop gepresst.<br />

• Ardisia sp. (Myrsinaceae), litter trapping plant, sammelt herabfallendes Material und macht<br />

sich ihren „eigenen Komposthaufen”. Niederschlagswasser wird beim Passieren durch den<br />

Kompost mit Nährstoffen angereichert.<br />

• Hyeronima alchorneoides (Euphorbiaceae), Pilon, ein Wolfsmilchgewächs, wird häufig zur<br />

Aufforstung verwendet.<br />

Um 16:10 Uhr sind wir wieder am Ausgangspunkt angelangt und machen eine wohlverdiente Pause.<br />

Der Arenal ist fast bis zum Gipfel zu sehen und es entstehen traumhafte Bilder.<br />

Auf der Heimfahrt entdecken wir eine Stelle am Gebirgsbach, wo wir uns, nach einigen Problemen<br />

beim Umziehen, in das, laut Anton 32 °C warme Wasser „stürzen“ und genüsslich herumplanschen.<br />

Nach erneutem mühsamem Umziehen, kommen wir schließlich wieder im <strong>La</strong> Catarata an.<br />

Um 19 Uhr kommen wir in der Unterkunft an, wo uns die Gastgeber schon zu einem netten und<br />

gemütlichen Grillabend erwarten.<br />

16


Costa Rica 2006<br />

Kräutergarten und Manuel Antonio<br />

MONTAG, 24. 07. 2006<br />

Protokolle<br />

(Michaela Seiz, Birgit Wondratsch)<br />

Frühstück ab 7 Uhr. Danach laden wir das Gepäck in den Bus, da wir heute nach Manuel Antonio<br />

weiterreisen.<br />

Abfahrt um 8:10 Uhr in Richtung Kräutergarten, wo wir auch schon fünf Minuten später ankommen.<br />

Während des Fußmarsches zeigt uns Anton einen Brotfruchtbaum (Artocarpus altilis), eine bis zu 20<br />

Meter hohe Nutzpflanze aus der Familie der Maulbeergewächse (Moraceae). Die grüne, bis zu zwei<br />

Kilogramm schwere Brotfrucht dient als Nahrungsmittel; ihr Geschmack ähnelt dem der Kastanie. Auf<br />

der anderen Seite der Straße sehen wir eine Papaya-Plantage. Die Papaya (Carica papaya) gehört zur<br />

Familie der Melonenbaumgewächse (Caricaceae). Die <strong>La</strong>ubblätter dienen als Fleischweichmacher,<br />

die beliebte süßliche Frucht kann bis zu 45 cm lang und 6 kg schwer werden.<br />

Um 8:30 Uhr kommen wir endgültig im Kräutergarten an und werden von der Besitzerin<br />

willkommen geheißen. Fachkundig erklärt sie uns Eigenschaften verschiedenster Kräuter, die in ihrem<br />

fünfeinhalb Hektar großen Garten vorzufinden sind.<br />

Hier eine Auswahl:<br />

• Mentha, „Minze“ (<strong>La</strong>miaceae), eine aromatische, viel genutzte krautige Pflanze.<br />

• Zingiber officinale, „Ingwer“ (Zingiberaceae), Zubereitungen aus dem Ingwerwurzelstock<br />

wirken entzündungshemmend, anregend auf die Magensaft-, Speichel- und Gallenbildung und<br />

steigern die Darmfunktion. Außerdem nutzt man das Rhizom als Gewürz.<br />

• Equisetum sp., „Schachtelhalme“, wirken reinigend auf Blut, Magen, Nieren und Blase. Die<br />

Halme werden bis zu sechs Meter lang.<br />

• Justicia tinctoria (Acanthaceae), wird gegen Haut- und Haarprobleme, der blaue Sud der<br />

gekochten Blätter zum Wäschefärben verwendet.<br />

• Kalanchoe pinnata (Crassulaceae), ihre Blätter wirken aufgewärmt entzündungshemmend<br />

im Bereich der Haut und der Ohren.<br />

• Stevia rebaudiana, „Süßkraut“ (Asteraceae), eine mehrjährige krautige Pflanze, die als<br />

natürlicher Süßstoff verwendet wird.<br />

• Mimosa pudica (Fabaceae), wirkt als Beruhigungsmittel.<br />

• Neurolaena lobata (Asteraceae), ist eine wichtige Heilpflanze, die in Costa Rica heimisch ist.<br />

Sie wird gegen Magenbeschwerden eingesetzt.<br />

• Urera baccifera (Urticaceae), die Blätter werden wie Spinat gekocht oder als Tee zubereitet<br />

und wirken reinigend auf Blut und Nieren.<br />

• Aloe vera (Asphodelaceae), die Mesenchymschicht ihrer rosettenförmig angeordneten Blätter<br />

dient als Flüssigkeitsspeicher und enthält ein Gel, welches wundheilend wirkt und auch in der<br />

Kosmetik Verwendung findet. Das aus dem Blattharz gewonnene „Aloin“ wirkt stark<br />

abführend.<br />

• Smilax cordifolia (Smilacaceae), wird gegen Blutarmut eingesetzt.<br />

• Quassia amara („Hombre grande“), die Rinde wird gegen Malaria, Krebs und zur Stärkung<br />

des Immunsystems verwendet.<br />

• Uncaria tomentosa, „Katzenkralle“ (Rubiacaea), enthält antileukämische Stoffe.<br />

• Buddleja americana (Buddlejaceae), wirkt blutreinigend und antiallergen und hilft bei<br />

Menstruationsbeschwerden.<br />

• Eucalyptus globulus (Myrtaceae), wird häufig zu ätherischem Öl verarbeitet und inhaliert,<br />

ursprüngliche Heimat ist Australien.<br />

• Elettaria cardamomum (Zingiberaceae), findet in der Küche als Gewürz Verwendung.<br />

• Ocimum basilicum (<strong>La</strong>miaceae), wird ebenfalls als Gewürz verwendet.<br />

• Curcuma domestica, „Gelbwurz“ (Zingiberaceae), dient als Färbepflanze und als Basis für<br />

Curry, wirkt außerdem anregend auf die Magensaftproduktion.<br />

• Citrus aurantium (Rutaceae), wird gegen Kopfschmerzen eingesetzt.<br />

• Pimenta diocia, „Jamaicapfeffer“ (Myrtaceae), hilft gegen Bluthochdruck.<br />

17


Costa Rica 2006<br />

Protokolle<br />

• Citrus limetta (Rutaceae), kommt gegen Hepatitis zum Einsatz.<br />

• Cymbopogon nardus, „Zitronengras“ (Poaceae), wirkt desinfizierend und hilft gegen<br />

Gelsenstiche.<br />

• Eryngium foetidum, „<strong>La</strong>nger Koriander“ (Apiaceae), findet in der Küche als Gewürz und<br />

zum Einkochen Verwendung.<br />

• Theobroma cacao, „Kakao“ (Malvaceae), die fünfzähligen Blüten stehen direkt am Stamm<br />

(man nennt dies Kauliflorie), die Früchte wiegen bis zu 500g, unter der harten Schale befinden<br />

sich 30 – 60 Samen, die Kakaobohnen, die von einem weißen süßlichen Fruchtfleisch (Pulpa)<br />

umgeben sind. Aus den Samen wird Kakaopulver und Kakaobutter zur Herstellung von<br />

Schokolade gewonnen. Die Früchte werden häufig vom Pilz Monilla befallen, durch Spritzen<br />

mit Kupfersulfat wird dem entgegengewirkt.<br />

• Averrhoa carambola, „Sternfrucht“ (Oxalidaceae), eine beliebte Frucht mit hohem<br />

Oxalsäuregehalt.<br />

• Piper nigrum, „Schwarzer Pfeffer“ (Piperaceae), eine Kletterpflanze, die zweimal jährlich<br />

geerntet werden kann. Man unterscheidet zwischen grünem, weißem und schwarzem Pfeffer.<br />

Grüner Pfeffer ist am wenigsten scharf, er wird aus unreifen, früh geernteten Früchten<br />

gewonnen. Schwarzer Pfeffer entsteht durch Trocknen der reifen Früchte, während weißer<br />

Pfeffer aus von der Schale befreiten, vollreifen Pfefferkörnern besteht und am schärfsten ist.<br />

• Cassia reticulata (Fabaceae), wirkt abführend und hilft bei Hitzeausschlag.<br />

• Cinnamomum verum, „Zimt“ (<strong>La</strong>uraceae), ist ein beliebtes Gewürz.<br />

• Morinda citrifolia (Rubiceae), aus den überreifen Früchten wird der Nonisaft gewonnen, dem<br />

viele Heilwirkungen zugesprochen werden.<br />

• Lippia graveolens, „Mexikanischer Oregano“ (Verbenaceae), findet als Gewürz<br />

Verwendung.<br />

Zu den weiteren Besonderheiten dieses Kräutergartens gehören sieben Kühe und sechs Kälber, die,<br />

abgesehen von einer sicheren Umzäunung, auch noch von sperrigen Holzdreiecken um ihren Hals<br />

daran gehindert werden, aus dem Weidegehege auszubrechen und die wertvollen Kräuter zu fressen.<br />

Weiters wird in einer speziellen Vorrichtung Kuhmist gesammelt, in der Regenwürmer zur<br />

Auflockerung der Erde gezüchtet werden. Der Kuhmist wird innerhalb von zwei Monaten zu Erde<br />

umgewandelt. Neuer Kuhmist wird hinzugefügt, welchen die Regenwürmer sofort besiedeln. Das<br />

dient dazu, die Regenwürmer aus der „fertigen“ Erde „wegzulocken“. Die entstandene Erde ist<br />

fruchtbar und kann verwendet werden.<br />

In luftdicht verschlossenen Behältern entsteht aus zwei Kübeln Kuhmist und sechs Kübeln Wasser<br />

durch Gär- und Fäulnisprozesse Biogas, das genügend Gas zum Kochen für die ganze Familie liefert.<br />

Nach Besichtigen des Gartens geht es zur wohlverdienten Rast mit Frucht- und Teeverkostung. Die<br />

Männer unserer Gruppe versuchen sich, unter einigem Blutverlust, im Schälen und Schneiden von<br />

Zuckerrohr, dessen süßer Saft aus den holzigen Stängeln gesaugt wird. Unter anderem kosten wir<br />

Maracuja, Kakaofrucht, trinken den Saft unreifer Kokosnüsse und probieren verschiedene Kräutertees.<br />

Um 11:00 Uhr brechen wir zu unserer Fahrt nach Manuel Antonio auf.<br />

Um 13:20 Uhr machen wir eine Rast in San Ramon, essen dort zu Mittag und kaufen Souvenirs.<br />

Mit musikalischer Untermalung aus dem CD-Player fahren wir um 14:00 Uhr weiter, machen um<br />

15:15 Uhr noch einen kurzen Halt in San Mateo.<br />

Um 16:00 Uhr bleiben wir an einer Brücke am Río Tarcoles stehen, überqueren diese zu Fuß und bei<br />

strömendem Regen, um Spitzmaulkrokodile zu sehen (Fotografieren war auf Grund des Regens ein<br />

leidvolles Unterfangen mit unbefriedigten Ergebnissen!).<br />

Durchnässt geht es weiter, bis wir um 17:00 Uhr Halt bei einem Aussichtsplatz machen. Von dort aus<br />

kann man die Küste und Braunpelikane beobachten.<br />

18


Costa Rica 2006<br />

Protokolle<br />

Neben abenteuerlichen Flussdurchquerungen mit dem Bus sehen wir:<br />

• Ölpalmenplantagen (Elaeis guineensis), die Ölpalme gehört zu den wirtschaftlich<br />

bedeutendsten Palmenarten und nimmt in der Weltölproduktion, nach Sojaöl, den zweiten<br />

Platz ein. Die Fruchtstände erreichen bis zu 50 kg und enthalten mehrere tausend Früchte. Es<br />

ist üblich, die Palmen durch spritzen von Pestiziden abzutöten, bevor sie zu groß und zu alt<br />

werden (die Ernte wird sonst erschwert und die Größe der Fruchtbündel nimmt im Alter<br />

wieder ab). Gleichzeitig werden neue Palmen angepflanzt, da sie erst nach drei Jahren Früchte<br />

tragen. Weil nicht alle Fruchtbündel gleichzeitig reifen, ist das ganze Jahr über Erntezeit.<br />

• Tectona grandis (<strong>La</strong>miaceae), Teakbäume, deren Holz wird wegen seiner Härte und<br />

Widerstandsfähigkeit gerne für Möbel und Fußböden verwendet. Das Holz nimmt nach<br />

mehreren Jahren eine charakteristische Färbung an, die so genannte Patina.<br />

Um 18:15 Uhr kommen wir schließlich in Manuel Antonio an und verbringen die nächsten zwei<br />

Stunden in einem Restaurant am Strand. Es hat ein wenig abgekühlt, aber das hält viele nicht davon<br />

ab, sich in der Dunkelheit in die warmen Fluten zu stürzen.<br />

Um 20:00 Uhr fahren wir zu einem wunderschönen Hotel, und wer vom Wasser noch nicht genug<br />

hatte, verbringt den restlichen Abend im Hotelpool.<br />

Nationalpark Manuel Antonio und Fahrt zum „Regenwald der<br />

Österreicher“<br />

DIENSTAG, 25. 07. 2006<br />

(Birgit Jogl, Ursula Bachlechner)<br />

Ab 7 Uhr gibt es Frühstück. Zur Auswahl stehen Gallo pinto, Eierspeise, Würstchen, Toast, Käse,<br />

frisches Obst, Tee, Kaffee, Muffins und ein undefinierbarer grüner Fruchtsaft.<br />

Pünktlich um 8 Uhr fahren wir mit dem Bus ab.<br />

Während der Fahrt macht uns Anton auf die Parzellierung der <strong>La</strong>ndfläche aufmerksam, die man<br />

entlang der Straße sehen kann. Grundstücke werden gekauft, Teile davon wieder weiterverkauft. Die<br />

Baugründe werden so immer kleiner und es kommt zu einer zu dichten Verbauung, wogegen die<br />

Baubehörde jedoch machtlos ist.<br />

Die Gegend um Manuel Antonio ist ein Übergangsgebiet zwischen dem trockenen Regenwald im<br />

Nordwesten und dem feuchten Regenwald im Südwesten, ein Schmelztiegel, der auch zur<br />

Vermischung der Arten führt.<br />

Wir erreichen den Nationalpark Manuel Antonio. Er wurde 1972 gegründet, umfasst mit seinen<br />

zahlreichen vorgelagerten Inseln eine Fläche von 683 ha <strong>La</strong>nd (Primär- und Sekundärwald) und<br />

55.000 ha Meer (dazu gehört auch ein schmales Korallenriff unweit der Küste). Der Park liegt an der<br />

Pazifikküste, 7 km südlich von Quepos, ist umgeben von Ölpalmen und zeichnet sich durch hohe<br />

Temperaturen und einen Jahresniederschlag von 3.875 mm aus. Um der Meeresverschmutzung und<br />

der Störung der Tierwelt etwas entgegen zu wirken, dürfen maximal 600 (Sa/So 800) Besucher<br />

gleichzeitig den Nationalpark besuchen.<br />

Der Eingang zum Park liegt am Ende des Playa Espadilla Norte. Um dorthin zu gelangen überqueren<br />

wir einen Wasserlauf, was – abhängig vom Wasserstand – trockenen Fußes möglich ist. Bei Flut muss<br />

ein kurzes Stück durch das Wasser gewatet werden, bei Bedarf stehen auch Boote bereit.<br />

Als wir zum ersten Strand im Nationalpark kommen, warnt uns Anton vor dem Hippomane<br />

mancinella (Euphorbiaceae), dem sog. Strandapfelbaum. Dieser Baum hat ca. 3 cm große, runde,<br />

grün-gelbe und sehr giftige Früchte. Die Früchte sind schwimmfähig, was der Ausbreitung der Samen<br />

über große Distanzen dient. In allen seinen Teilen enthält der Strandapfelbaum Milchsaft mit<br />

toxischen Tanninen (Alkaloide). Man sollte es vermeiden, sich unter einen solchen Baum zu setzen, da<br />

19


Costa Rica 2006<br />

Protokolle<br />

der ätzende Saft hinuntertropfen könnte. Bereits die Berührung der Rinde oder der Früchte kann die<br />

Haut reizen. Bei Verzehr der Früchte kann es zu inneren Verätzungen und Entzündungen kommen.<br />

Weiters sehen wir am Strand viele Einsiedlerkrebse (Coenobita sp., Coenobitidae), die, um sich vor<br />

Fressfeinden zu schützen, in Muscheln oder Schneckenhäuser einziehen. Sie besitzen selbst keinen<br />

Panzer. Die Behausungen müssen, abhängig vom Wachstum, immer wieder gegen größere getauscht<br />

werden. Die gefährlichste Phase im Leben eines Einsiedlerkrebses stellt der Muschel- bzw.<br />

Schneckenhauswechsel dar. Man findet am Strand kaum leere Schneckenhäuser – alle laufen davon,<br />

sobald man nach ihnen greifen möchte.<br />

Auch Strandläufer, (Calidris sp., Scolopacidae), die im flachen Wasser nach Schnecken suchen, und<br />

jede Menge Krabbenspuren sind zu sehen.<br />

Strandkrabben (Carcinus maenas, Brachyura) dienen der Meeressäuberung. Um die von Krabben<br />

gebohrten Löcher befinden sich deshalb zahlreiche kleine Kügelchen, die nach dem Filtrieren des<br />

Sandes, den die Tiere anschließend formen und ablegen, entstehen.<br />

Auf dem Pfad durch den Nationalpark begegnet uns ein Schwarzer Leguan (Ctenosaurus similis,<br />

Iguanidae), ein Tier, das gut an Trockengebiete angepasst ist. Der Schwarze Leguan besitzt einen<br />

Stachelschwanz, den er zur Revierverteidigung und während der Balzzeit zum Kämpfen einsetzt. Er<br />

ernährt sich rein vegetarisch (Blätter, Früchte). Der Schwarze Leguan gilt zwar ebenfalls als<br />

Delikatesse, ist jedoch nicht so beliebt wie der Grüne Leguan (Iguana iguana, Iguanidae).<br />

Danach entdecken wir eine Echse (Ameiva ameiva, Teiidae), die einen Skorpion (Centruroides<br />

margaritatus, Centruroides) erbeutet hat, und einen Ibis (Eudocimus albus, Threskiornithidae).<br />

Wir sehen den Baum Myrcianthes fragrans, der zu den Myrtengewächsen (Myrtaceae) gehört und<br />

die Eigenheit besitzt, seine Borke abzuschälen – eine erfolgreiche Taktik um Epiphyten fernzuhalten.<br />

Dieser Baum ist an die Trockenheit angepasst.<br />

Wenig später können wir ein Aguti (Dasyprocta punctata, Dasyproctidae), ein Nagetier, aus einiger<br />

Entfernung beobachten. Durch Betrachtung des Körperbaus des Tieres kann man Rückschlüsse auf<br />

sein Habitat ziehen. Das Aguti hat einen kleinen Kopf und einen dickes Hinterteil, was auf einen<br />

Lebensraum im dichten Waldesinneren hinweist. Mit seinem schmalen Kopf, der mit sensiblen<br />

Tasthaaren ausgestattet ist, schlägt es sich durch das Dickicht. Die aus Südamerika eingewanderten<br />

Agutis sind tagaktiv und Pflanzenfresser (Früchte, Nüsse, Blätter, Stängel, Wurzeln). Sie werden<br />

gejagt (obwohl Jagd in Costa Rica eigentlich verboten ist!), wobei 10 kg Fleisch ca. $ 100,-<br />

einbringen. Der Geschmack des Fleisches erinnert angeblich an Rattenfleisch. Agutis sind wichtige<br />

Samenverbreiter. Die Samen der Paranuss (Bertholletia excelsa), die zu den<br />

Topffruchtbaumgewächsen (Lecythidaceae) gehört, kann nur das Aguti aufbeißen und somit für<br />

deren Verbreitung sorgen.<br />

Bei der Geländeform im Nationalpark kann man beobachten, dass sich die Bäume am Geländestreifen,<br />

der sich direkt an den Strand anschließt, zum Licht und somit in den Strand hineinlehnen. Weiter in<br />

Richtung <strong>La</strong>ndesinneres fällt das Geländeniveau im Vergleich zum vorgelagerten Strand ab, und das<br />

Ökosystem verändert sich völlig. Dort gibt es Brackwasser und der Lebensraum ist durch<br />

Mangrovenbäume, Stachelpalmen und Gräser, Wasservögel, Schildkröten und Kaimane<br />

gekennzeichnet. Den oberen Teil des Kopfes eines Kaimans (Caiman crocodilus, Alligatoridae)<br />

können wir Minuten später durch das Fernglas beobachten, bevor er wieder ins Brackwasser abtaucht.<br />

Hoch oben in einer Baumkrone sehen wir einen Waschbären (Procyon lotor, Procyonidae).<br />

Waschbären sind ursprünglich über die <strong>La</strong>ndbrücke aus Nordamerika eingewandert.<br />

Am Playa Manuel Antonio können wir uns einen Strand- oder Seemandelbaum (Terminalia<br />

catappa) ansehen, der zur Familie der Combretaceae gehört. Dieser ist eine sogenannte „keystone<br />

species“ (Schlüsselart), weil er das Grundnahrungsmittel für Aras (Ara macao, Ara ambigua,<br />

Psittacidae) darstellt. Der Baum blüht und fruchtet ganzjährig. Die Früchte sind schwimmfähig.<br />

20


Costa Rica 2006<br />

Protokolle<br />

Diese Eigenschaft haben auch die Früchte der strandfestigenden Kokospalme (Cocos nucifera,<br />

Arecaceae), die Kokosnüsse. Durch die Schwimmfähigkeit und eine sehr lange Keimfähigkeit der<br />

Früchte sind die Kokospalmen an tropischen Stränden weltweit verbreitet. Die Kokosnüsse können<br />

auch mehrere Monate im Salzwasser schwimmen, ohne dabei Schaden zu nehmen.<br />

Am Ende des gemeinsamen Spazierganges besteht noch die Möglichkeit, einen 30-minütigen<br />

Rundweg über die <strong>La</strong>ndzunge Punta Catedral zu erkunden. Punta Catedral war ursprünglich eine Insel,<br />

die heute über eine natürlich entstandene <strong>La</strong>ndbrücke mit dem Festland verbunden ist. Auf dem Weg<br />

gibt es schöne Aussichtspunkte auf den Pazifik. Dabei begegnen wir Roten <strong>La</strong>ndkrabben<br />

(Gecarcinus quadratus, Gecarcinidae), Blattschneideameisen (Atta sp., Formacidae) und<br />

Weißkopf-Kapuzineräffchen (Cebus capucinus, Cebidae). Eines der Äffchen ist so frech und<br />

springt auf die Tasche einer Kollegin, aus der ein Stück von einem weißen Plastiksackerl<br />

herausschaut. Wahrscheinlich erhofft sich das Äffchen etwas Fressbares ergattern zu können. Wir<br />

erschrecken alle ziemlich und das Äffchen lässt sich nur mit Mühe wieder abschütteln. Als wir zu den<br />

Anderen an den Playa Espadilla Sur kommen, erzählen sie uns, dass ein Waschbär einer anderen<br />

Kollegin ihr Mittagessen vom Strand weggestohlen hat, während sie nur kurz auf der Toilette war.<br />

Zum Baden empfiehlt uns Anton zwei Strände, den etwas wilden Playa Espadilla Sur und den ruhigen<br />

Playa Manuel Antonio.<br />

Wir entscheiden uns für den Playa Manuel Antonio, wo uns ein Nasenbär (Nasua narica,<br />

Procyonidae) begegnet, und haben noch eine Stunde Zeit um zu schwimmen. Während des<br />

Schwimmens können wir Schreie von Brüllaffen (Alouatta palliata, Atelidae) hören, die sich<br />

anscheinend in den Bäumen der Punta Catedral aufhalten.<br />

Um 12:30 Uhr treffen wir uns beim Bus und starten unsere Fahrt in Richtung Regenwald der<br />

Österreicher. Da ein 35 km langes Straßenstück zwischen Manuel Antonio und Dominical<br />

unasphaltiert und in sehr schlechtem Zustand ist, bemühen wir uns rechtzeitig, d.h. bevor es zu regnen<br />

anfängt, abzufahren. Für die Strecke von Quepos nach <strong>La</strong> <strong>Gamba</strong> benötigen wir ungefähr viereinhalb<br />

Stunden.<br />

Entlang der Straße sehen wir aus einer Fabrik schwarzen Rauch aufsteigen. Es handelt sich um eine<br />

Palmölfabrik. Ein Fruchtstand der Afrikanischen Ölpalme (Elaeis guineensis, Arecaceae) kann aus<br />

3.000 – 6.000 Einzelfrüchten bestehen. Die Früchte haben einen harten fetthaltigen Kern, der von<br />

einem orangeroten, weichen Fruchtfleisch umgeben ist. Sie sind schnell verderblich (Enzym Lipase<br />

zersetzt das Fett) und müssen deshalb innerhalb von 24 Stunden verarbeitet werden. Die Samen sind<br />

lagerfähig. Das Fruchtfleisch (Ölgehalt 40 – 65 %) wird zuerst zu Fruchtmus und anschließend zu<br />

Palmöl gepresst. Aus dem Samen (Ölgehalt 46 – 53 %) wird Palmkernöl gewonnen. Die beiden Öle<br />

unterscheiden sich deutlich. Sie sind bei Zimmertemperatur fest. Mit Ölpalmenplantagen wird der<br />

höchste Ölertrag pro Anbaufläche erreicht. Die ganzjährig blühende und fruchtende afrikanische<br />

Ölpalme stammt ursprünglich aus Westafrika, kann bis zu 80 Jahre alt werden und trägt ab dem dritten<br />

Jahr die ersten Früchte. Die Amerikanische Ölpalme (Elaeis oleifera, Arecaceae) ist kleiner und ihr<br />

Ertrag geringer. Alte Ölpalmen werden „totgespritzt“. Sie vermodern, es entsteht Biomasse, und junge<br />

Pflanzen werden dazwischen gesetzt.<br />

Auf unserer Fahrt kommen wir an einer typischen Siedlung der United Fruit Company (U.F.C.)<br />

vorbei. In der Mitte befindet sich ein Fußballplatz und rundherum einstöckig, aus besten Hölzern<br />

gebaute Häuser.<br />

Die U.F.C., gegründet von Minor C. Keith, besaß Plantagen für Bananen, Kaffee und Kakao in Costa<br />

Rica. Die Bananen wurden ursprünglich vor allem an der Karibikseite Costa Ricas angebaut. In den<br />

30er Jahren breitete sich dort jedoch eine Pilzkrankheit (Panama disease) aus. Man versuchte der<br />

Krankheit geografisch auszuweichen und pflanzte neue Bananenplantagen in der Gegend um Manuel<br />

Antonio, wo heute Ölpalmen angebaut werden.<br />

Golfito war für die Exporte der U.F.C. der ideale Hafen, weil es an der Bucht des Golfo Dulce, und<br />

nicht am offenen Meer liegt und die Schiffe daher gut anlegen konnten. Die U.F.C. setzte sich für ein<br />

gutes Gesundheitswesen und auch für die Ausbildung der Kinder ein und errichtete Schulen und<br />

Kindergärten in Costa Rica.<br />

21


Costa Rica 2006<br />

Protokolle<br />

In den 1980er Jahren geriet sie durch den unsachgemäßen Umgang mit gefährlichen Chemikalien in<br />

den Plantagen in Verruf. Man führte die steigende Zahl an unfruchtbaren Männern und Frauen auf die<br />

gefährlichen Spritzpraktiken zurück.<br />

1986 taten sich die fünf Länder Honduras, Costa Rica, Panama, Ecuador und Kolumbien zusammen<br />

und wollten pro exportierte Kiste Bananen, eine Steuer von $ 1,- einheben, die dem jeweiligen <strong>La</strong>nd<br />

zugute kommen sollte. Costa Rica realisierte dies als einziges <strong>La</strong>nd. Die costaricanischen Bananen<br />

waren damit die teuersten am Weltmarkt.<br />

Nach Streiks der Arbeiter aufgrund der unmenschlichen Arbeitsbedingungen zog die U.F.C. 1989 aus<br />

Costa Rica ab. Viele Menschen wurden arbeitslos, und die große Abhängigkeit des <strong>La</strong>ndes von der<br />

U.F.C. kam zum Vorschein. Die Region um Golfito war davon am stärksten betroffen. Für diese<br />

Region gab es 1989 ein Projekt, das ursprünglich auf 10 Jahre angelegt war, aber noch heute besteht.<br />

Es wurde eine Freihandelszone (Deposito libro) eingerichtet, in der man 20 – 30 % billiger einkaufen<br />

kann. Man muss ein Formular ausfüllen, sich registrieren lassen und kann erst am nächsten Tag<br />

einkaufen (z.B. Spirituosen, Elektrogeräte,...). Damit wurden 2.599 Arbeitsplätze geschaffen. Auch die<br />

Hotels profitieren von der Freihandelszone, da die Einkäufer einmal übernachten müssen bevor sie<br />

einkaufen können.<br />

Ein Nachfolgeunternehmen der U.F.C. (Chiquita), besitzt heute an Costa Ricas Karibikküste wieder<br />

Bananenplantagen. Diese Bananen kommen unter der Marke „Max Havelaar“, die für sozial<br />

verträgliche Produkte (fair trade) steht, auf den Markt. Vor allem in der Schweiz ist diese Marke<br />

verbreitet.<br />

Am Straßenrand sehen wir Trockenkammern für Teakholz (Tectona grandis, Verbenaceae). Das für<br />

den Export bestimmte Holz wird zu 4 m langen und 2,5 bzw. 5 cm dicken Brettern geschnitten. 2 ha<br />

bringen $ 500.000,- ein.<br />

Anton erzählt uns, dass Costa Rica heute den Jahrestag der, durch eine Volksabstimmung am 25. Juli<br />

1821 bewirkten, Annexion der Provinz Guanacaste feiert, der durch zahlreiche Festlichkeiten im<br />

ganzen <strong>La</strong>nd begangen wird.<br />

Wir passieren das Städtchen Dominical, das bei Surfern sehr beliebt ist, weil es an einem sehr langen<br />

geraden Strand liegt und die Wellen parallel zum Strand hereinkommen. Die Straße ab Dominical ist<br />

wieder gut ausgebaut und asphaltiert. Bevor wir allerdings das letzte Stück der Fahrt auf uns nehmen,<br />

machen wir einen kurzen Stopp an einem Früchtestand am Straßenrand, um uns – nach der<br />

unangenehm lange andauernden holprigen Strecke – mit Kokosmilch und Rambutan was Gutes zu tun.<br />

Anschließend fahren wir über die zweitlängste Brücke Costa Ricas. Bis zum Bau der Brücke über den<br />

Río Tempisque war sie die längste Brücke des <strong>La</strong>ndes.<br />

In Palmar Norte machen wir einen kurzen Halt bei einem kleinen Park, wo eine alte Eisenbahn der<br />

United Fruit Company aufgestellt ist und sich einige zusammengetragene kreisrunde Monolithen<br />

befinden. Es ist nichts darüber bekannt, wie die Steine entstanden sind bzw. hergestellt wurden. Im<br />

Park gibt es einige schöne Bäume, z.B. den Kanonenkugelbaum (Couroupita guianensis), den<br />

<strong>La</strong>urel de India (Terminalia tomentosa, Combretaceae) und den Cuipo (Cavanillesia platanifolia,<br />

Bombacaceae). Sehr interessant sind die Blüten des zu den Topffruchtbaumgewächsen<br />

(Lecythidaceae) gehörenden Kanonenkugelbaums: der untere Ring der Staubblätter ist steril, der<br />

darüber liegende fertil. Dadurch entsteht eine Klappe, in die das bestäubende Insekt hinein muss.<br />

Dabei wird es in eine bestimmte Position gezwungen und somit ist die Bestäubung gesichert.<br />

Anton erzählt uns auf der Weiterfahrt zum ersten Mal von Milben (span. coloradillos), die im Gras<br />

leben und ein <strong>La</strong>rvenstadium in der Haut von Reptilien oder Säugetieren durchmachen. Dabei ernährt<br />

sich die <strong>La</strong>rve von Lymphflüssigkeit. Man kann sich diese Tiere zuziehen, indem man mit kurzen<br />

Hosen und Sandalen oder barfuss durch das Gras geht. Wenn man befallen wird, entwickeln sich<br />

kleine, stark juckende „Krater“ auf der Haut.<br />

Im Regenwald der Österreicher sind die höchsten Berge ca. 479 m hoch (Cerro Anguciana).<br />

Dahinter sieht man das Küstengebirge „<strong>La</strong> Costa Nera“, dessen höchster Punkt bei ca. 1.700 m liegt.<br />

Aufgrund von Wolkenstauungen erreicht der Jahresniederschlag dort bis zu 6.000 mm. Der<br />

Regenwald der Österreicher erstreckt sich über ein Gebiet von 151 km². Mit dem angrenzenden<br />

22


Costa Rica 2006<br />

Protokolle<br />

Forstreservat Golfito, dem Reservat Golfo Dulce und dem Corcovado Nationalpark ergibt sich eine<br />

Fläche von ca. 1.000 km².<br />

In der Ortschaft <strong>La</strong> <strong>Gamba</strong> wohnen ca. 70 Familien. Es gibt eine Ampel, eine Pulperia, ein<br />

Restaurant, eine Bäckerei, den Salon Communal und zwei Kirchen.<br />

Gegen 18 Uhr kommen wir in der <strong>Tropenstation</strong> <strong>La</strong> <strong>Gamba</strong> an. Die Zimmer werden verteilt und um<br />

19 Uhr gibt es Abendessen, wo anschließend unser zweites Geburtstagskind der Reise, Elisabeth<br />

Wurglits, gefeiert wird.<br />

Wanderung im „Regenwald der Österreicher", Besichtigung der<br />

<strong>Tropenstation</strong><br />

MITTWOCH, 26. 07. 2006<br />

(Elisabeth Wurglits)<br />

6:30 Uhr: Frühstück in der <strong>Tropenstation</strong> <strong>La</strong> <strong>Gamba</strong>, es gibt Gallo pinto, Bananen und Äpfel,<br />

Toastbrot, warmes Baguette, Avocado usw.<br />

8:15 Uhr: Wir starten mit der Wanderung zur Esquinas Lodge und dann weiter in den Wald. Um 9:00<br />

Uhr befinden wir uns in einem Schluchtwald. Die klimatischen Unterschiede sind innerhalb kurzer<br />

Distanzen zu spüren. Wir sehen unterschiedliche Arten von Aronstabgewächsen (Araceae).<br />

• Carludovica drudei (Cyclanthaceae), aus ihren Blättern werden faltbare Panamahüte<br />

hergestellt, weshalb diese Pflanze auch den Namen „Panamahutpflanze“ trägt. Deren Preis<br />

richtet sich nach Qualität und Alter der Blätter: je jünger die verwendeten Blätter, desto teurer<br />

der Panamahut. Die Samenpakete der Panamapflanze werden von Vögeln verbreitet. Auf dem<br />

Jungtrieb befindet sich Schleim, das untere Ende ist essbar, es entspricht dem Palmherz. Die<br />

Panamapflanze gibt es im Schluchtwald, jedoch nicht im Hangwald.<br />

Im Hangwald befinden sich auf einem Hektar nur wenige Individuen einer Art, dafür aber eine große<br />

Anzahl an Arten (Artenvielfalt auf Kosten der Individuenzahl) – 527 Individuen und über 130<br />

Baumarten.<br />

Auf unserer weiteren Wanderung sehen wir verschiedenste Pflanzen- und Tierarten, hier eine kleine<br />

Auswahl:<br />

• Goldameisen, leben auf Bäumen und sind räuberisch.<br />

• Costus (Costaceae), ist eine wichtige Unterwuchspflanze die vor allem an Lichtungen<br />

(„gaps") sehr häufig anzutreffen ist. Sie ist verwandt mit Bananen, und kann gut durch<br />

Gestrüpp nach oben wachsen, z.B. an gaps. Sie hat die Struktur einer Wendeltreppe.<br />

• Piper (Piperaceae), wir kosten ein Stück Wurzel das scharf schmeckt. Es wurde früher als<br />

Lokalanästhetikum verwendet, z.B. beim Zähneziehen.<br />

• Stabheuschrecke, sie kann bis zu 30 cm groß werden und ist aufgrund ihrer äußeren<br />

Erscheinung immer gut getarnt.<br />

• Ausgang eines Baus von Blattschneideameisen. Der Bau kann um die 6 m tief und ca. 100 m²<br />

groß werden und hat viele Ausgänge.<br />

• Philodendron (Araceae), sekundärer Hemiepiphyt, mit langen Luftwurzeln; wir bekommen<br />

den Hinweis von Anton, man solle die langen Luftwurzeln auch daheim nicht abschneiden.<br />

Aus den reißfesten Luftwurzeln der Aaronstabgewächse werden Körbe geflochten.<br />

• Die Erde ist rot gefärbt – die Farbe ergibt sich aus Eisen- und Aluminiumoxiden.<br />

• Asterogyne martiana (Arecaceae), Familie der Palmengewächse, Palme die zum Decken von<br />

Dächern verwendet wird. Sie sammelt abfallende Blätter die dann vermodern. Hier werden,<br />

anders als bei Bromelien, bei denen die Nährstoffaufnahme durch Haare erfolgt, Wurzeln<br />

ausgebildet.<br />

23


Costa Rica 2006<br />

Protokolle<br />

• Kleine Anolis-Echsen (Norops polylepis) laufen herum.<br />

• Wilde Papaya (Carica pennata), mit weißen Blüten und jungen Früchten. Die Papaya ist<br />

cauliflor (stammblütig).<br />

• Pentagonia wendlandii (Rubiaceae), ein sogenannter „Humussammler“, der einen<br />

Blatttrichter bildet und herabfallendes <strong>La</strong>ub einsammelt, das in den Blattachseln zu Humus<br />

wird, aus dem die Nährstoffe ausgebeutet werden.<br />

• Einheimische Muskatnuss (Virola koschnyi), aus der Familie der Myristicaceae. Same ist<br />

von einem roten, fleischigen Samenmantel umgeben. Beim Zerschneiden sehen wir das<br />

zergliederte (ruminate) Endosperm. Es ist eine typische Frucht für den Tukan. In Südamerika<br />

gibt es Arten mit stark halluzinogenen Inhaltsstoffen, die von Schamanen aufbereitet und<br />

geschnupft werden.<br />

• Micania guaco (Asteraceae), eine Liane, Blätter werden verwendet um ein Getränk gegen<br />

Schlangenbisse herzustellen.<br />

• Episcia lilacina (Gesneriaceae), ist mit dem Usambara-Veilchen verwandt. Es ist im<br />

Schluchtenwald zu finden, wo aufgrund des Gefälles Wasser gut abrinnen kann und es zu<br />

keiner Staunässe kommt.<br />

• Welfia regia (Arecaceae), Palme, bis zu 20 m hoch, glatter Stamm.<br />

Wir sehen einen toten Falter der von einem Pilz befallen ist! Wahrscheinlich wurde er schon befallen<br />

als er noch lebte. Der Pilz wandert ins Gehirn und verändert dort das Verhalten des Tieres zu seinen<br />

Gunsten. Anton erzählt von einer Wespe die den Fruchtkörper eines Pilzes an ihrem Hinterleib hatte.<br />

Um ca. 10:00 Uhr startet Anton einen Versuch: Um Prachtbienenmännchen anzulocken trägt er auf<br />

einem Stofftuch Cineol auf. Dieses riecht nach Eukalyptus und lockt die Bienen an, die nur darauf aus<br />

sind Parfüm zu sammeln. Prachtbienenmännchen treffen sich dann an einem Ort um gemeinsam ihr<br />

ganzes Parfüm zu versprühen und Weibchen anzulocken. Wie es ihnen gelingt diese flüchtigen<br />

Terpene in Täschchen an ihren Hinterbeinen (besitzen vergrößerte Tibia) zu Sammeln ist noch nicht<br />

vollständig geklärt. Die Prachtbienen schimmern metallischrot und grünlich.<br />

• Dieffenbachia oerstedii (Araceae) mit orangen Blüten.<br />

10:30 Uhr: Wir sehen wir eine Boa constrictor (Boidae), die geschätzte 2 m lang ist. Prinzipiell ist sie<br />

eine Würgeschlange, ihr Biss kann aber insofern gefährlich werden, da sich in ihrem Maul viele, teils<br />

gefährliche Keime befinden.<br />

• Carpotroche platyptera (Flacourtiaceae), kleiner Unterwuchsbaum, cauliflore Blüten. Die<br />

Frucht springt auf. Der Samenmantel ist orange.<br />

• Socratea exorrhiza (Arecaceae), Wanderpalme, ist bedornt und kann mit ihren Stelzwurzeln<br />

„wandern" und sich auch wieder aufrichten wenn sie umgefallen ist (was bei einem Gefälle<br />

sehr nützlich ist).<br />

• Peltogyne purpurea (Fabaceae-Caesalpinioideae), Purpurholzbaum, wächst nur auf<br />

Hängen und Kämmen, weil dort der Boden trockener ist. Das Splintholz ist weißlich, das<br />

wertvolle Kernholz rot-violett gefärbt. Auf diesem Purpurholzbaum sieht man dicke Lianen,<br />

ein Indikator für einen Primärwald.<br />

Es beginnt zu regnen, jeder packt einen Schirm aus und weiter geht es bergab auf dem aufgeweichten<br />

lehmigen Boden.<br />

• Terpentinbaum, Protium sp. (Burseraceae), seine verletzten Wurzeln haben eine rote Farbe.<br />

Der Terpentinbaum enthält viele Terpene die leicht entzündlich sind.<br />

Auf dem Weg sehen wir einen zu den Pfeilgiftfröschen gehörenden Raketenfrosch (Colostethus<br />

flotator), ansonsten sind wir damit beschäftigt auf den Boden zu sehen damit wir nicht stürzen. Unser<br />

Weg führt uns teilweise durch einen kleinen Bach, in welchem wir auf rutschigen Steinen das<br />

Gleichgewicht zu halten versuchen. Manche wünschen sich wir hätten doch die "Autobahn"<br />

genommen.<br />

24


Costa Rica 2006<br />

Protokolle<br />

12:15 Uhr: Ankunft in der Station. Nach einer kurzen kalten Dusche bekommen wir das Mittagessen.<br />

Es gibt Reis, Huhn, Gemüse und Obst.<br />

15:00 Uhr: Treffpunkt beim Essenshaus um einen Gang durch den botanischen Garten der Station zu<br />

machen. Es regnet leicht. Wir schieben einen Souvenirkauf ein, es gibt Kappen, T-Shirts, Literatur<br />

und vieles mehr. Einige von uns füllen ein Mitgliedschaftsformular aus und sind jetzt „Freunde der<br />

<strong>Tropenstation</strong> <strong>La</strong> <strong>Gamba</strong>". Es hört nicht auf zu regnen, wir starten unsere Gartentour trotzdem um<br />

15:45 Uhr.<br />

• Anattostrauch, Bixa orellana (Bixaceae), die Frucht enthält einen roten Farbstoff der<br />

traditionell zum Einfärben von Kleidung, Nahrung und auch Haut verwendet wird. Sie dient<br />

auch als Repellens. Der Name rührt von einem spanischen Conquistador her: Francisco de<br />

Orellana.<br />

• Helikonien, (Heliconiaceae), es gibt 14 Arten, die alle von Kolibris (Trochilidae) bestäubt<br />

werden. Sie können monatelang blühen, das ist typisch für vogelbestäubte Blüten. Die Blüten<br />

sitzen in rot bis orange-gelb gefärbten Hochblättern, die auch ein Flüssigkeitsgemisch<br />

enthalten. In dieser Flüssigkeit befindet sich eine schimmelhemmende Substanz, die von der<br />

Pflanze sezerniert wird.<br />

• Musa x paradisiaca (Musaceae), die Banane stammt ursprünglich aus S/O-Asien.<br />

• Nephelium lappaceum (Sapindaceae), Rambutan ist nahe mit der Litchipflaume verwandt.<br />

Das Pericarp ist mit roten Haaren besetzt.<br />

• Coix lacryma-jobi (Poaceae), „<strong>La</strong>crima Christi – Christustränen“, die Samen sind so hart dass<br />

man sie als Schmuckperlen verwendet. Sie sind erst nach Aufquellen in Wasser keimfähig.<br />

• Capsicum frutescens (Solanaceae), Chili, hat einen sehr hohen Anteil an Capsaicin.<br />

• Passerini-Tangar (Ramphocelus passerinii, Scarlet Rumped Tanager)<br />

Adaptive Radiation: Es gibt bestimmte Gruppen von Pflanzen oder Tieren die besonders viele Arten<br />

haben, z.B. gibt es 48 Kolibriarten oder 20.000 Orchideenarten und 60 Fliegenschnäpperarten. Ihnen<br />

gemeinsam ist ein besonderes Erfolgsrezept das sich bewährt. So ist z.B. die Jagdmethode des<br />

Fliegenschnäppers besonders energiesparend, der Kälteschlaf der Kolibris ebenso, und die Orchideen<br />

zeichnen sich durch eine besonders hohe Zahl an Samen aus. Durch den Evolutionszwang und die<br />

Spezialisierung entsteht dann diese besondere Form der Aufspaltung in sehr viele Arten.<br />

Der Regen wird uns zu viel und wir stellen uns unter. Um die Zeit besser zu nützten erzählt uns Anton<br />

über die Entstehung der <strong>Tropenstation</strong>.<br />

18:30 Uhr: Abendessen, es gibt Brotfrucht, Maniok, Nudeln mit Tomaten-Gemüsesauce.<br />

Durchwanderung des Esquinas-Waldes zum Playa San Josésito<br />

DONNERSTAG, 27. 07. 2006<br />

Frühstück ab 6:30 Uhr.<br />

Start der Wanderung 7:20 Uhr.<br />

(Gina Philipp, Christian Kolowratnik)<br />

Vorbei an einer Psychotria poeppigiana (Rubiaceae), die aufgrund ihres Aussehens auch als „Hot<br />

lips“ bezeichnet wird, und Affenleitern (Bauhinia sp., Fabaceae) startet unsere Durchwanderung des<br />

Regenwaldes, gleich hinter der <strong>Tropenstation</strong> <strong>La</strong> <strong>Gamba</strong>.<br />

Zahlreiche Tiere und Pflanzen säumen unseren Weg:<br />

• Brilliant forest frog (Rana warszewitschii), besitzt vier gelbe Punkte auf den Hinterbeinen.<br />

• Affenkamm, Apeiba tibourbou (Tiliaceae), Vorkommen entlang von Flüssen, Verbreitung<br />

durch Brüllaffen.<br />

25


Costa Rica 2006<br />

Protokolle<br />

• „Mayo“, Vochysia ferruginea (Vochysiaceae), verwandt mit Kreuzblümchengewächsen und<br />

hat gelbe Blüten Es wirft seine älteren Äste ab, was als „bota rama“ bezeichnet wird.<br />

• Biophytum dendroides (Oxalidaceae), mit allen Kennzeichen eines Baumes ausgestattet:<br />

Wurzeln, verholzter Stamm und Krone, gehört zu den kleinsten Bäumen der Welt, blüht weiß.<br />

• „Costaricanischer Muskatnussbaum“, Virola koschnyi (Myristaceae).<br />

• Stachelechse, Corytophanes cristatus, sitzt aufrecht auf Bäumen, besitzt einen harten<br />

Stachelkamm am Kopf, lange, spitze Zehen, die es ihr ermöglichen gut zu klettern, kann Farbe<br />

aufgrund einer Hautreaktion von grün auf braun verändern, gut getarnt.<br />

Wir kommen in das Río Bonito Tal (= „Schönes Tal“): Es gibt eine kleine Ansiedlung von<br />

Bauernhöfen, wo man begonnen hat die Afrikanische Ölpalme zu setzen. Das war für das<br />

Naturschutzgebiet nicht sinnvoll, eine Aufforstung wäre besser gewesen. Das Tal ist im Bereich der<br />

Ölpalmenplantagen zu einer biologischen Wüste geworden, da die für viele Pflanzen und Tiere<br />

notwendige ökologische <strong>La</strong>ndbrücke fehlt. Hinter dem Tal befindet sich das Küstengebiet.<br />

Es gibt eine Schule, die von Neuseeland finanziert und von ca. zehn Kindern besucht wird.<br />

• Guaba, Inga sp. (Mimosaceae), trägt machetenartige Früchte, hat Fiederblätter mit kleinen<br />

Drüsen, an denen Nektar sezerniert wird, wodurch Ameisen angelockt werden welche die<br />

Pflanze schützen.<br />

• Pfirsichpalme, Bactris gasipaes (Palmae), besitzt Stacheln, das Holz ist hart und schwarz mit<br />

hellen Leitbündeln, die Früchte sind stärkehaltig und werden gekocht gegessen.<br />

• Afrikanische Ölpalme, Elaeis guinensis (Arecaceae), der Fruchtstand ist im unreifen<br />

Zustand schwarz, wenn er reif ist orange.<br />

• Rühr mich nicht an, Mimosa pudica (Mimosaceae)<br />

• Eisvogel<br />

• Tucane<br />

• Mahagonibaum, Carapa guianensis (Meliaceae), eignet sich gut für Wiederaufforstungen,<br />

wächst am Rand von Flüssen sehr gut, ist als Möbel- und Bauholz verwendbar.<br />

• Cedrela odorata, (Meliaceae), schnellwüchsiger Baum mit gutem Holz.<br />

• Gras, Gynerium sagittatum (Poaceae), ist hier eine wichtige flussbegleitende Pflanze,<br />

verhindert Erosion.<br />

• Wandelröschen- <strong>La</strong>ntana camara (Verbenaceae)<br />

• Mangrovenschwalbe<br />

• Grundelfische<br />

• Barsche, maulbrütend<br />

• Kerosinbaum, Protium sp. (Burseraceae), der weiße Arillus ist essbar, vogelverbreitet<br />

• Bidens, „Zweizahn“<br />

• Blattschneideameisen<br />

• Ozelotspuren<br />

• Vismiabaccifera (Clusiaceae), wirkt gegen Warzen<br />

• Nackter Indianer, Indio desnudo, Bursea simaruba (Burseraceae), wird aufgrund seiner<br />

rötlichen Rinde auch „Baum der Touristen“ genannt (Sonnenbrand). Er ist während der<br />

Trockenzeit laublos, besitzt unter der roten Rinde Chlorophyll und kann so auch ohne Blätter<br />

assimilieren. Er findet sich entlang von Flüssen. Der Baum ist wirksam gegen Gastritis und<br />

blutreinigend. Sein Harz wurde früher als Weihrauchersatz verwendet, heute wird aus der<br />

Rinde ein Tee hergestellt.<br />

• Lindengewächs, Dicraspidia donell-smithii (Tiliaceae), besitzt in der Rinde lange Fasern, die<br />

Früchte sind essbar. Die Blätter sind asymmetrisch (ein reduzierter seitlicher Austrieb),es<br />

blüht gelb und besitzt extrem kleine Samen.<br />

• Peitschenschwanzechse, Ameiva festiva<br />

Wir gehen nun den Río Bonito entlang. Der Tieflandfluss Río Bonito hat Trinkwasserqualität. Er<br />

ändert sein Flussbett ständig und mündet in den Esquinas-Fluss.<br />

Was diese Strecke besonders reizvoll macht ist, dass wir bei unserer Wanderung den Ceprada<br />

Sardinell 18 Mal durchqueren müssen.<br />

26


Costa Rica 2006<br />

Protokolle<br />

• Warszewicia coccinea (Rubiaceae), Liane, besitzt rote Hochblätter<br />

• Glasflügler, durchsichtige Flügel<br />

• Road Side Hawk<br />

• Ameisennest im Baum<br />

• Kalebassenbaum (Crescentia alata), die Früchte werden für Gefäße verwendet. Die Blüten<br />

werden von Fledermäusen bestäubt.<br />

• Basalholzbaum, Ochroma pyramidale (Bombacaceae)<br />

Von 10.30 – 11.00 Uhr rasten wir in der Rangerstation und können unsere Wasservorräte auffüllen.<br />

• Anolisechse<br />

• Mantis (Gottesanbeterin)<br />

• Akacia allenii (Mimosaceae), kommt hier endemisch vor. Ameisen behausen diese Pflanze<br />

und werden von ihr mit Fett und Eiweiß verköstigt. Zucker wird durch Nektarien auf den<br />

Blättern produziert. Dafür reinigen die Ameisen die Akazie, sie könnte ohne die Symbiose mit<br />

ihnen nicht überleben.<br />

• Nasenbären<br />

• Morphusfalter, Morpho peleides (Schmetterling)<br />

• Kapokbaum, Ceiba pentandra (Bombacaceae), dieser Baum hat einen Durchmesser von ca.<br />

vier Metern, an seiner Basis durch die Brettwurzeln sogar acht Meter. Er bietet unter anderem<br />

eine Behausung für Fledermäuse. Das Alter ist nur schwer zu eruieren, jedoch schätzt Anton<br />

dieses auf 400 – 500 Jahre.<br />

• Limone<br />

• Renealmia sp. (Ingwergewächs)<br />

Vorm Abstieg legen wir von 12.30 – 13.00 Uhr eine kurze Rast ein.<br />

• Kuhmilchbaum, Brosimum utile (Moraceae), sein Milchsaft wird für die Käseherstellung<br />

und die Rinde für Dächer verwendet.<br />

• Nest von Stachellosen Bienen<br />

• Vanille, Vanilla sp. (Kletterorchidee)<br />

• Sandbüchsenbaum, Hura crepitanus (Euphorbiaceae), wenn die Frucht trocknet, platzt sie<br />

auf. Früher füllte man in die unreifen Früchte Sand ein und benutzte sie um Tinte zu trocknen.<br />

Heute wird Schmuck daraus gemacht.<br />

Beim Abstieg können wir den Übergang in einen Küstenwald beobachten. Durch den Salzeinfluss<br />

kommen hier andere Pflanzen als im Hinterland vor.<br />

Um 14:50 Uhr Ankunft am Playa San Josésito (Golfo Dulce). Einige nutzen die Zeit um noch ein<br />

bisschen im Wasser herumzutoben, die meisten allerdings lassen das Erlebte und die befriedigende<br />

Erschöpfung auf sich wirken.<br />

Zwei kleine Boote bringen uns um 15:20 Uhr, vorbei am Regenwald der Österreicher, zum Hafen in<br />

Golfito. Bei der Fahrt sehen wir noch graue Pelikane und schwarze Riesenkrabben. Auch das Haus<br />

von Prof. Michael Schnitzler können wir noch bewundern.<br />

Ankunft am kleinen Hafen in Golfito, der ca. 45 km von <strong>La</strong> <strong>Gamba</strong> entfernt ist, um 15:55 Uhr. Dort<br />

entledigen wir uns unserer teilweise triefend nassen und total verschmutzten Kleidung um Rafa den<br />

Bus nicht zu verschmutzen. Nach diesem anstrengenden Tag tat uns die frische trockene Kleidung<br />

besonders gut!<br />

Abendessen um 18 Uhr.<br />

27


Costa Rica 2006<br />

Golfito, Mangroventour, Strand von Zancudo, Golfo Dulce,<br />

Nachtwanderung<br />

FREITAG, 28. 07. 2006<br />

Frühstück in der <strong>Tropenstation</strong> <strong>La</strong> <strong>Gamba</strong> um 7:00 Uhr.<br />

Abfahrt nach Golfito um 8:00 Uhr.<br />

Protokolle<br />

(Monika Praschberger, Franziska Schrempf, Barbara Vobrovsky - Simon)<br />

Golfito war früher, zur Zeit der United Fruit Company (= U.F.C.), einer der wichtigsten Hafenstädte<br />

in Costa Rica. Daher entstanden viele Bars und auch Freudenhäuser, die von den Schiffsbesatzungen<br />

bis zur Abfahrt genutzt wurden.<br />

Rundfahrt mit dem Bus durch Golfito:<br />

Die Stadt besteht aus verschiedenen Zonen, welche auf die Zeit der U.F.C. zurückgehen.<br />

Zunächst fahren wir durch die Zone der Nachtbars und Freudenhäuser, danach durch die „Zona<br />

Americana“.<br />

In der dieser Zone wohnten die hohen Funktionäre der U.F.C., die Häuser wurden mit gutem Holz<br />

gebaut, haben hohe Räume und sind mit einem natürlichen Kühlungssystem ausgestattet, einem<br />

„offenen Dach“. Auch heute sind sie noch begehrt.<br />

Danach fahren wir an der freien Handelszone vorbei.<br />

Um hier einkaufen zu können, muss man ein Formular ausfüllen, auf welchem der Name und der<br />

Gegenstand, den man kaufen will, angegeben werden. Außerdem muss man in der Stadt übernachten<br />

und darf das Gewünschte erst am nächsten Tag erstehen. Trotz dieses Systems, nutzen viele die<br />

Handelszone um billiger einzukaufen. Vor allem Elektrogeräte werden gekauft, welche hier im<br />

feuchten Tropengebiet oft nicht länger als 2 Jahre funktionieren.<br />

Um 10:00 Uhr Abfahrt mit dem Boot in Richtung der Mangrovenwälder.<br />

Zuerst durch den Golf von Golfito, das Wasser ist hier sehr ruhig und die Bootsfahrt ist sehr<br />

angenehm. Danach im Golfo Dulce, südlich von Golfito. An jenem Strandabschnitt haben sich<br />

Obdachlose angesiedelt, welche hier mit dem Allernötigsten leben. Man könnte vom „Slum Golfitos“<br />

sprechen. Der Stadt ist dieser ein großer Dorn im Auge und sie plant dort ein Hotel mit Casino.<br />

Dadurch sollen die Obdachlosen verschwinden außerdem hofft man auf „reichen“ Tourismus.<br />

Blick auf den Regenwald der Österreicher, den Nationalpark Corcovado und sogar auf Panama.<br />

Vom Boot aus beobachten wir Fregattvögel, welche besonders gute Flieger sind. Sie jagen Möwen<br />

wenn diese von ihrer Futtersuche zurückkommen. Möwen werden so lange gejagt, bis sie ihr Futter<br />

den Fregattvögeln überlassen. So ersparen sich diese die Futtersuche. Momentan jagen sie aber eher<br />

Fische. Fregattvogel (Fregata), Fregatidae, sind nahe verwandt mit Pelikanen und Kormoranen.<br />

Als wir die Einfahrt in den Río Coto erreichen, um uns die Mangrovenwälder anzusehen, hat die Ebbe<br />

schon eingesetzt und dem Kapitän ist es zu riskant einzufahren. Nach langer und heftiger Diskussion<br />

entschließen wir uns am Strand zu warten und später in die Mangroven zu fahren.<br />

Aber auch die Anfahrt zum Strand ist dem Kapitän zu gefährlich und so gehen wir ca. 100 m vom<br />

Strand entfernt, mit Badesachen, mehr oder weniger freiwillig, von Bord.<br />

Bis 13:00 Uhr haben wir nun Zeit um das warme Wasser und den wunderschönen, menschenleeren<br />

Strand zu nutzen und zu genießen.<br />

Um 13:30 Uhr gibt es ein selbst mitgebrachtes Picknick unter Palmen in Nähe des Strandes bei einer<br />

gemütlichen Bar mit Musik und echtem Karibikcharme.<br />

28


Costa Rica 2006<br />

Protokolle<br />

Nach der Pause und etwas Beachvolleyball steigen wir um 14:45 Uhr wieder auf das Boot und machen<br />

uns nun tatsächlich auf den Weg zu den Mangroven.<br />

Die Mangrovenwälder des Río Coto sind ständiger mechanischer Belastung ausgeliefert: durch Ebbe<br />

und Flut, die hier alle 6 Stunden einsetzen und durch Erosion, da der Fluss immer Material mit sich<br />

führt.<br />

Die Mäander (die geschlängelte Fließform) des Flusses sind gekennzeichnet durch Prallhang und<br />

Gleithang. Am Prallhang ist die Belastung am größten und für die Rote Mangrove ist es hier fast<br />

unmöglich neue Bäume aufkommen zu lassen. Hier wird Material abgetragen, daher sind die Ufer<br />

steil. Am Gleithang entstehen Sandbänke durch die Ablagerung von Material und die Mangroven<br />

können <strong>La</strong>nd zurück gewinnen. Daher sieht man im vorderen Teil des Waldes kleinere Mangroven,<br />

welche nach hinten hin immer größer werden.<br />

Rhizophora mangle, Rhizophora racemosa (Rhizophoraceae)<br />

Rhizophora-Arten sind Bäume oder Sträucher der Gezeitenzone tropischer Küsten. Sie besitzen<br />

auffällige Stelzwurzeln. Die glatten, lederartigen Blätter sind ungeteilt, gegenständig und ganzrandig.<br />

Ihren wissenschaftlichen Namen verdanken sie den ausladenden, bogenförmigen Stelzwurzeln. Die<br />

eiförmige oder konische Frucht ist bräunlich oder grau-grün und lederartig hart. In der Regel<br />

entwickelt sich nur ein Same, der in der Frucht am Mutterbaum keimt (Viviparie). Die Primärwurzel<br />

stirbt schnell ab. Das Hypokotyl des Keimlings durchbricht das Perikarp, bleibt aber zunächst über die<br />

zu einer kragenförmigen Struktur umgebildeten Kotyledonen mit der Frucht verbunden. Der Keimling<br />

kann bei manchen Arten mehr als 50 cm Länge erreichen, bevor er abgeworfen wird. Die Keimlinge<br />

sind schwimmfähig und können über Monate im Meer driften, ohne die Fähigkeit zum Wurzeln zu<br />

verlieren.<br />

Zu der besonderen Anpassungsfähigkeit der Mangrovenbäume an ihren Lebensraum gehören<br />

einerseits ihre ausgeprägte Salztoleranz und andererseits die Fähigkeit zum Wurzeln in<br />

sauerstoffarmen und instabilen Sediment. Um mit dem hohen Salzgehalt fertig zu werden speichert die<br />

Pflanze es in ihren Blättern, diese verfärben sich im <strong>La</strong>uf der Zeit gelblich und fallen dann ab.<br />

Die Arten der Gattung Rhizophora gehören, zusammen mit den nicht näher verwandten Arten der<br />

Gattung Avicennia, zu den wichtigsten Mangrovenbäumen.<br />

Vor allem für die weit verbreitete Art R. mangle wird der Name „Rote Mangrove“ verwendet; er<br />

bezieht sich wahrscheinlich auf den rötlichen Bast und das bisweilen rotbraune Holz dieser Art.<br />

Am Río Coto kann man auch gut jene Linie erkennen, wo sich Salzwasser vom Meer und Süßwasser<br />

vom Fluss vermischen.<br />

Außerdem sehen wir noch:<br />

• Speziell angepasste Orchidee (Brassavola nodosa) mit weißen Blüten.<br />

• (Acrostichum aureum), ein salztoleranter Farn.<br />

• Größter Samen der 2-Keimblättrigen Pflanzen mit einer Größe von ca. 20 cm (Mora<br />

oleifera, Mimosaceae)<br />

• Rosa Löffler (A. ajaja), eine Vogelart aus der Familie der Ibise. Da er beim geringsten<br />

Geräusch sofort davonfliegt, können wir ihn nur aus der Ferne beobachten und die Wenigsten<br />

schaffen es ein Foto von ihm zu machen.<br />

• Blaureiherfamilie (little blue heron, Egretta caerulea).<br />

• Kahnschnabelreiher (Cochlearius cochlearius), gehört innerhalb der Unterfamilie der<br />

Nachtreiher (Nycticoracinae) zur Gattung der Kahnschnäbel (Cochlearius).<br />

• Mangrovenschwalben<br />

• Brachvögel<br />

• Weiße Ibise (Threskiornithidae), sind eine Vogelfamilie aus der Ordnung der Schreitvögel<br />

(Ciconiiformes). Die Familie umfasst 14 Gattungen und 34 Arten.<br />

• Olivgrüner Kormoran (Phalacrocorax auritus), als Kormorane (Phalacrocoracidae)<br />

bezeichnet man eine Vogelfamilie aus der Ordnung der Ruderfüßer (Pelecaniformes). Die<br />

Familie besteht nur aus der einzigen Gattung Phalacrocorax. Als „Kormoran" und „Scharbe"<br />

wurden ursprünglich nur die in Europa vorkommenden Arten Kormoran (Ph. carbo) und<br />

29


Costa Rica 2006<br />

Protokolle<br />

Krähenscharbe (Ph. aristotelis) bezeichnet. Als weitere Arten dieser Familie entdeckt wurden,<br />

wurden sie entweder ebenfalls als Kormoran bezeichnet – sofern schopflos – oder als Scharbe,<br />

wenn sie am Kopf einen Federschopf trugen.<br />

• Weisskopfkapuzieneraffen (Cebus capucinus), gemeinsam mit den Totenkopfaffen bilden<br />

sie die Familie der Kapuzinerartigen (Cebidae). Die Gattung wird in acht Arten unterteilt.<br />

Kapuzineraffen leben auf dem amerikanischen Kontinent, von Mittelamerika (Honduras) bis<br />

ins mittlere Südamerika (mittleres Brasilien, Paraguay). Auch dieses Tier ist allgemein sehr<br />

scheu, und verschwindet, als es uns erblickt, sofort wieder in den Schatten der schützenden<br />

Mangroven.<br />

• Totenkopfäffchen (Saimiri oerstedii), wir nähern uns mit dem Boot den Tieren, aber anstatt<br />

sich zu verstecken, kommen immer mehr von ihnen zu den äußeren Zweigen der Mangroven<br />

und betrachten uns, als wären wir die Affen und sie die Touristen.<br />

• Amerikanisches Spitzmaulkrokodil (Crocodylus acutus), schwimmt direkt an unserem Boot<br />

vorbei.<br />

Rückfahrt durch einen engen, künstlichen Kanal, der nur bei Flut befahrbar ist.<br />

Es beginnt zu regnen. Trotz der Überdachung des Bootes, müssen wir Regenschirme aufspannen und<br />

uns enger zueinander setzen um nicht vollständig nass zu werden. Die Wolken am Himmel bieten ein<br />

einzigartiges Schauspiel von hell und dunkel, Sonne und Schatten.<br />

Wir passieren die Vogelinsel „Isla Pajaro“, welche eine wichtige Brut- und Schlafstätte vieler<br />

Wasservogelarten ist.<br />

Um 17.10 Uhr sind wir dann auch schon am Hafen von Golfito angekommen und sitzen wieder im<br />

Bus, wo wir bei strömenden Regen die Heimfahrt antreten.<br />

Um 18:30 Uhr Ankunft in der <strong>Tropenstation</strong> <strong>La</strong> <strong>Gamba</strong>.<br />

19:00 Uhr Abendessen.<br />

20:15 Uhr Nachtexkursion durch den Regenwald der Österreicher.<br />

Ausgestattet mit Gummistiefeln, Taschenlampen und Fotoapparaten geht es los. Bei Nacht sieht man<br />

hier keine Sterne, denn leuchtet man gegen den Himmel ist nur das Blätterdach des Regenwaldes zu<br />

sehen. Eine ganz außergewöhnliche Erfahrung!<br />

Schon im „Garten“ der Station sehen wir<br />

• Glasfroschpärchen<br />

• Pfeilgiftfrosch<br />

• falsche <strong>La</strong>nzenotter<br />

Im Teich neben dem Weg zur Esquinas Lodge entdecken wir<br />

• Schnappschildkröte<br />

• Kaiman<br />

• Rotaugenfrosch<br />

Wir treffen ein paar Mitarbeiter der Lodge und der <strong>Tropenstation</strong>, die nach getaner Arbeit noch<br />

gemütlich beisammensitzen. Kurzentschlossen begleiten uns Luis und ein anderer Mitarbeiter bei<br />

unserer Entdeckungsreise und helfen uns beim „Aufstöbern“ versteckter nachtaktiver Lebewesen.<br />

Während wir neben und im Bachbett auf und ab gehen und einige feststellen müssen, dass ihre<br />

Gummistiefel nicht ganz so dicht sind, wie man im Allgemeinen davon ausgeht, sehen wir<br />

• Tarantel (Anton macht uns darauf aufmerksam dass diese Spinne springen kann)<br />

• echte <strong>La</strong>nzenotter, nach diesem Erlebnis kehren ca. 2/3 unserer Gruppe um, das war<br />

Abenteuer genug!<br />

• etliche Spinnen<br />

• Glasfroschmännchen auf der Blattunterseite eines Strauches, die das Gelege bewachen<br />

• Hundertfüßler<br />

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Costa Rica 2006<br />

Protokolle<br />

• Tausendfüßler<br />

• Stabheuschrecken<br />

• eine nur selten in den Tropen vorkommende Schnecke mit Behausung<br />

• Eidechsen und Geckos<br />

• Prachtbiene, die sich in ein Blatt verbissen hat (Pilz im Gehirn) und wegen unserem<br />

Taschenlampenlicht vorübergehend zum Leben erwacht. Auf gut gemeinten Rat von Anton<br />

hin, verzichten wir für einige Minuten auf das Licht und warten, mit etwas mulmigen Gefühl,<br />

dass die Prachtbiene wieder zur Ruhe kommt und verschwindet.<br />

Gegen 22:30 Uhr kommen wir wieder in der <strong>Tropenstation</strong> an. Wir waren ganze zweieinhalb Stunden<br />

unterwegs, bei Tag ist dieselbe Strecke in einer halben Stunde zu schaffen.<br />

Reisfabrik und Tropical Paradise Garden<br />

SAMSTAG, 29. 07. 2006<br />

(Ines Faber)<br />

7:00 Uhr: Frühstück wie immer.<br />

8:00 Uhr: Abfahrt mit dem Bus.<br />

8:40 Uhr: Ankunft Reisfabrik „Arroceria el Ceibo“.<br />

Wir können bei der Reisabfüllung und Verpackung zusehen. Leider funktionieren einige der<br />

Maschinen nicht, aber der Besitzer und Anton bringen uns die Funktionsweise trotzdem nahe.<br />

Zuerst wird der Reis von gröberen Verunreinigungen (Gräser, grober Staub) getrennt. Dann wird er<br />

samt Schale in die Trocknungsanlage geschleust. Dort wird er ca. 12 h lang bei 60 °C immer wieder<br />

umgewälzt und auf 12 % Wassergehalt herabgetrocknet. Diese Trocknungsanlage wird ökonomisch<br />

mit den getrockneten Spelzen beheizt (früher verwendete man Diesel). Anschließend wird der Reis<br />

von den Spelzen getrennt, gereinigt und poliert. Das Silberhäutchen wird auch abgetrennt. Die dabei<br />

entstehenden Abfälle können als Tierfuttermittel und als Düngemittel verwendet werden (die Spelzen<br />

lockern den Erdboden auf).<br />

Jetzt werden noch die Reissorten nach der Qualität eingeteilt (50 – 95 % vollen Anteil an Korn).<br />

Die Produktionsmonate sind hauptsächlich Jänner und Juni, aber allgemein wird nur einmal pro Jahr<br />

geerntet, da bei häufigerer Ernte die Reispflanze anfälliger wird für Krankheiten und Schädlinge.<br />

9:40 Uhr: Ankunft im Tropical Paradise Garden<br />

Inhaber dieses Gartens ist Robert Beatham, welcher selbst auch für die United Fruit Company<br />

gearbeitet hat. Er heißt uns herzlich Willkommen.<br />

Robert erzählt uns (mit sehr schneller Geschwindigkeit auf Englisch!) die Geschichte der United Fruit<br />

Company mit ihren Anfängen um 1880 und welche Hindernisse auf dem Erfolgsweg überwunden<br />

werden mussten. Zum Beispiel wurden im Jahre 1985 die Exporttaxen für Bananenkisten eingeführt,<br />

jedoch manche Länder hielten an ihren eigenen Bedingungen fest. Costa Rica war dadurch im<br />

Vergleich benachteiligt.<br />

Es wurden viele verschiedene Früchte, Blätter und Heilpflanzen zur Ansicht und zum Angreifen<br />

vorbereitet, zu denen er uns kurze Geschichten, oft in Verbindung zur U.F.C. erzählt.<br />

Robert erwähnt besonders das gute Red Palm Oil, welches aus den Früchten der Ölpalme gewonnen<br />

wird, reich an Antioxidantien ist und sich somit lange hält. Zusätzlich weist es einen hohen Gehalt an<br />

Carotinoiden auf. Aus diesem Öl wird auch die von ihm gepriesene Palmölsuppe gemacht, welche wir<br />

später verkosten dürfen.<br />

Danach machen wir, gemeinsam mit Robert, einen Spaziergang durch den wunderschönen Garten und<br />

es wird uns, unter anderem, die umständliche und lebensgefährliche Ernte der Palmölfrüchte gezeigt.<br />

31


Costa Rica 2006<br />

Protokolle<br />

Nach einem weiteren Vortrag (und auch währenddessen!) verkosten wir etliche Speisen aus diversen<br />

Früchten und Blättern, die Roberts Schwiegertochter teilweise vor unseren Augen frisch zubereitet:<br />

• Azar-Saft: sehr bekömmlich; Cas-Saft: ähnlich wie Azar, nur etwas saurer<br />

• Empanadas: verschieden gefüllte Maisteigtaschen, in Palmöl herausgebacken<br />

• Yucca oder Maniok: frittiert, schmeckt ähnlich wie Kartoffel, nur etwas fasriger<br />

• Kakaosamen: die Pulpa rund um die Kakaobohnen ist weiß und süßlich<br />

• diverse Zitrusfrüchte (Kumquats, Limone, Orange, etc)<br />

• Palmölsuppe mit Reis und Brot<br />

Dann erzählt Robert uns noch einiges über die Heilpflanzen. Seine (bereits verstorbene) Frau habe<br />

sich auch sehr intensiv mit dem Gebiet beschäftigt und scheint ihm einiges von ihrem Wissen<br />

vermittelt zu haben. Er wurde zum Beispiel von seinem hohen Blutzucker befreit und erzählt auch<br />

etliches über krebshemmende Substanzen.<br />

12:30 Uhr: Ankunft in der <strong>Tropenstation</strong>, wo ein Mittagessen auf uns wartet, doch haben wir alle<br />

kaum Hunger aufgrund der ausgiebigen Verkostung im Tropical Paradise Garden.<br />

Bis 18:45 Uhr: Freier Nachmittag! Ein Teil der Gruppe reitet zu einem Aussichtspunkt, von dem aus<br />

man auf den Golfo Dulce blicken kann. Am Ziel angekommen, lassen der Regen und der Dunst leider<br />

keinen nennenswerten Blick auf den Golf zu.<br />

Die anderen KollegInnen recherchieren in Büchern für ihren <strong>Exkursionsbericht</strong> oder ruhen sich in den<br />

zahlreichen Hängematten einfach nur aus.<br />

18:45 Uhr: Abfahrt zur Fiesta nach <strong>La</strong> <strong>Gamba</strong> (Salon Communal), nichts ahnend welch gute<br />

Stimmung uns dort erwartet und wie lustig die Veranstaltung werden wird! – Open End<br />

Besuch der Ortschaft „<strong>La</strong> <strong>Gamba</strong>“<br />

SONNTAG, 30. 07. 2006<br />

(Mario Auer, Andrea Pichlmair)<br />

7:00 Uhr Frühstück in der <strong>Tropenstation</strong>.<br />

Um 8:00 Uhr Abfahrt mit dem Bus in die Ortschaft „<strong>La</strong> <strong>Gamba</strong>”.<br />

Wir besichtigen die kleine Ortschaft, die in den 50er Jahren entstanden ist, als die Interamerikana<br />

gebaut wurde. Heute leben hier etwa 70 Familien, das entspricht etwa 450 – 500 Personen.<br />

Für den Namen „<strong>La</strong> <strong>Gamba</strong>” gibt es zwei Übersetzungsmöglichkeiten:<br />

• Nach dem riesigen Kabokbaum mit seinen Brettwurzeln (Brettwurzel = la gamba). Angeblich sind<br />

hier früher viele dieser Bäume gestanden, die abgeholzt wurden. (am wahrscheinlichsten)<br />

• Nach den Shrimps (= las gambas).<br />

In der Ortschaft besuchen wir:<br />

• Ein Shampoo-Projekt „Aujeres visionarias”. Hier arbeiten 7 Frauen seit 8 Jahren. In einem<br />

Kräutergarten bauen sie Azul de Mata, Sabila und Tuna an. Sie machen alle Verarbeitungsschritte<br />

selbst, bis hin zum fertig abgefüllten Shampoo. Prinzipielle Zubereitung: Liquadora (zerkleinern)<br />

– mit Wasser aufgießen – kochen – Antioxidantien und Duftstoffe hinzufügen. Die Foundation<br />

Neotropica leistet Entwicklungshilfe und hat viele Projekte unterstützt, unter anderem dieses. So<br />

war es möglich eine Gesellschaft aufzubauen.<br />

• Den Salon Communal, wo einige Frauen selbst gemachten Schmuck verkaufen.<br />

• Die Aguti-Aufzucht beim Haus von Jose Angel. Agutis (Dasyprocta) sind nachtaktive Nagetiere.<br />

Sie bekommen nur etwa zwei Junge pro Jahr. Die Tragzeit beträgt 6 Monate. Sie sind Allesfresser,<br />

wichtige Fruchtverbreiter und werden etwa 10 – 20 Jahre alt. Jose Angel züchtet diese Tiere und<br />

verkauft sie. Er kann sie nicht frei lassen, sie würden gejagt werden. Es gibt noch kein geeignetes<br />

Gesetz dagegen, die Jäger werden aber immer weniger.<br />

• Die Bäckerei, wo wir Kekse und Cas kosten und uns ein bisschen umschauen.<br />

32


Costa Rica 2006<br />

Protokolle<br />

Mit dem Bus fahren wir ein kurzes Stück aus der Ortschaft hinaus und gehen dann zu einem Haus, das<br />

von der U.F.C. gebaut wurde und dort bis 1986 Bananen anbaute. 1994 sollten die Bananen von einer<br />

anderen Firma wieder gesetzt werden, doch die Firma brauchte Geld und daher nahmen die Bauern<br />

Hypotheken auf. Die Firma verschwand jedoch spurlos mit dem Geld. Den Bauern blieb nichts mehr,<br />

nicht einmal ihre eigenen Felder, Bananen wurden natürlich auch nicht angebaut. Anschließend kamen<br />

die <strong>La</strong>ndbesetzer (Präkaristas). Es gibt ein Gesetz, dass sie auf ein <strong>La</strong>nd Besitzansprüche haben, wenn<br />

sie darauf 3 Jahre leben ohne dass jemand Einspruch erhebt. Die Polizei sollte die <strong>La</strong>ndbesetzer<br />

vertreiben, doch irgendwann nahmen wütende Bürger die Sache selbst in die Hand und brannten das<br />

Haus, das in der Ebene stand nieder.<br />

11:00 Uhr baden bei einem verstecken Wasserfall, der sich auf dem Grundstück befindet, auf dem<br />

auch das ehemalige Haus der U.F.C. steht. Der Wasserfall hat das kälteste Wasser, in dem wir auf<br />

unserer Reise bis jetzt geplanscht haben – einer der Gründe (von den Nachwehen der Fiesta am<br />

Vorabend mal abgesehen), warum die meisten KollegInnen die Badezeit verkürzen bzw. sich gar nicht<br />

erst ins kalte Nass begeben wollen.<br />

12:30 Uhr Mittagessen.<br />

Freier Nachmittag. Wieder nutzen einige aus der Gruppe die Chance auf einen Ausritt um die Aussicht<br />

auf den Golfo Dulce zu genießen. Heute haben sie Glück – trotz Regen und Dunst kann man den<br />

Golfo Dulce ansatzweise erkennen!<br />

18:30 Uhr Abendessen in der <strong>Tropenstation</strong>.<br />

Rückfahrt nach San José<br />

MONTAG, 31. 07. 2006<br />

(Barbara Lukasch, Theresia Fastian)<br />

Frühstück ab 7:00 Uhr.<br />

Abfahrt um 8:00 Uhr Richtung San José – werden nach ca. 10 Minuten von Polizei aufgehalten –<br />

Passkontrolle! (Regelmäßige Kontrollen auf Grund von Drogenschmuggel über die nahe liegende<br />

Grenze zu Panama.)<br />

Während der Fahrt macht uns Anton auf verschiedenste Besonderheiten der Umgebung aufmerksam.<br />

Teakholzplantagen und Melina-Plantagen – Gmelina aborea (Verbenaceae) ist ein afrikanischer<br />

Baum der für die Möbel- und Palettenherstellung verwendet wird. Wegen seines schnellen Wachstums<br />

kann er schon nach 5 – 6 Jahren mit einem ca. 30 cm dicken Stamm „geerntet“ werden. Das weiche,<br />

eher weiße Holz dieser Pionierart ist auch termitenresistent, wahrscheinlich auf Grund der hohen<br />

Gerbstoffkonzentration.<br />

Toilettenpause um 9.50 Uhr in Rey Curre bei den Boruca - Indianern.<br />

Bei diesem halbstündigen Stopp haben wir auch die Möglichkeit selbstgemachte Kunstwerke dieses<br />

Stammes zu begutachten und zu kaufen (Rasseln, Tiere, Obstschalen, Haarspangen, Amulettes,<br />

Geldbörsen, Masken, etc. alles aus der Frucht des Kalebassenbaumes und Holz, vorzugsweise<br />

geschnitzt).<br />

Weiter geht die Fahrt durch ein Savannengebiet, das einerseits durch sehr trockenes Klima<br />

(Regenschatten der Cordilleren), andererseits durch anthropogenen Einfluss entstanden ist.<br />

Um ca. 10:15 Uhr machen wir wieder einen kurzen Fotostopp bei einer Ananasplantage in Buenos<br />

Aires.<br />

33


Costa Rica 2006<br />

Protokolle<br />

Die Ananas comosus (Bromeliaceae) kommt ursprünglich aus Brasilien und wird in solchen<br />

Trockengebieten Costa Ricas gerne angebaut. Die Frucht ist eine Sammelbeere, welche nach 18<br />

Monaten händisch, durch abbrechen, geerntet wird (Sollbruchstelle). Nach weiteren 18 Monaten kann<br />

man eine zweite Ernte an den Seitentrieben vornehmen. Da die Blätter der Ananaspflanze Stacheln<br />

besitzen, sind die Arbeiter gezwungen beim Ernten einen Lendenschurz zu tragen um Verletzungen zu<br />

vermeiden. Der Transport der Früchte vom Feld erfolgt mit Traktoren. Nach der 2. Ernte werden die<br />

Pflanzen totgespritzt, da sie ansonsten nur sehr langsam verrotten würden. Anschließend werden die<br />

abgestorbenen Pflanzen verbrannt. Aufgrund dieses technischen Mehraufwandes und zur<br />

Ernteerleichterung gibt es zwischen den Feldern im regelmäßigen Abstand Spritz- und Ernteausleger<br />

(breitere Wege), damit die Maschinen genügend Platz haben und rationell gearbeitet werden kann.<br />

In Costa Rica werden jährlich an die 150.000 Tonnen Ananas produziert (allerdings nicht<br />

ökologisch!). Verwendet werden die Sorten „Smooth cayen“ (für Konserven), „Queen“ und<br />

„Avacaxy“ (für Frischverzehr).<br />

Die Früchte sind reich an Inhaltsstoffen wie Provitamin A und Fruchtsäuren. Prometin wirkt<br />

verdauungsfördernd und macht Fleisch weich. Fruchtschalensaft der unreifen Ananas wurde früher<br />

auch als Abtreibungsmittel verwendet.<br />

Für den Welthandel ist die Ananas eine sehr wichtige Handelsfrucht, da sie neben dem Frischverzehr<br />

und der Konservierung auch zur Stofferzeugung herangezogen wird.<br />

Um 11:20 Uhr haben wir (trotz des Feiertages) die Möglichkeit, eine Zuckerrohr-Melassefabrik in<br />

San Ramon (Cartago) zu besichtigen. Allerdings muss Anton die Führung selbst machen, da die<br />

Arbeiter schon am Beginn der Siesta sind.<br />

Melassegewinnung: Zuerst wird Pflanzenrohmasse des Zuckerrohrs gewogen und zweimal gepresst.<br />

Der dabei austretende Saft wird zur Verarbeitung weitergeleitet und die entstandenen Hexel werden<br />

verbrannt. Der Saft kommt in einen Reinigungsbottich, wo Eiweiß ausgefällt wird. Durch Zugabe von<br />

verschleimter Rinde von Guazuma ulmifolia (Sterculiaceae) wird das Eiweiß abgetrennt und<br />

ausgeschöpft. Anschließend wird die gereinigte Flüssigkeit im Hochdruckkessel auf 80 °C erhitzt und<br />

mehrmals eingedickt. Wenn das Produkt eine braune Farbe und die gewünschte Geschmeidigkeit<br />

erreicht hat (ähnlich der Margarine), wird alles nochmals unter Zugabe von „manteca“ (Margarine)<br />

gerührt, in Gefäße portioniert und als sog. Dulce (Melasse) verpackt.<br />

Saccharum officinarum stammt ursprünglich aus Süd-Ostasien (Neuguinea). Weltweit werden<br />

62 Mio. t Zucker erzeugt. Das frische Rohr kann gekaut bzw. ausgepresst werden. Der Saft wird oft<br />

mit etwas Zitrone genossen. Grünmasse dient einerseits als Viehfutter, andererseits auch als Heizgut.<br />

Ernteabfälle werden für Papier- und Bauplattenherstellung verwendet.<br />

Die Heute angebauten Sorten sind alles Hybride mit 10 – 11 % Zuckergehalt. Die Ernte erfolgt nach 9<br />

Monaten. Die Gattung Saccharum hat 6 Arten, wovon 4 zum Zwecke der Zuckergewinnung kultiviert<br />

werden (können nicht allein in Natur vorkommen!).<br />

Die Provinz Cartago ist in Costa Rica das wichtigste Anbaugebiet für Zuckerrohr. Weltweit werden<br />

ca. 120 Mio. t Zuckerrohr geerntet, davon 3,5 Mio. t in Costa Rica. Der Zuckergewinn beträgt 1/3 der<br />

geernteten Pflanzenrohmasse. Costa Rica steht mit seiner Zuckerrohrerzeugung in Mittelamerika an<br />

dritter Stelle. Die weltweit führenden Länder im Zuckerrohranbau sind Cuba, Brasilien und Thailand.<br />

Weiter geht die Fahrt nach San José. Um ca. 13.20 Uhr machen wir, auf dem Weg zum Pass „Cerro de<br />

la muerte“, beim Restaurant <strong>La</strong> Georgina in der Ortschaft Villa Mills (3.100 m Seehöhe),<br />

Mittagspause. Ein Highlight des Restaurants ist die lange Fensterfront, an der man, während man sein<br />

köstliches Mahl einnimmt, Kolibris beim Trinken beobachten kann und einen schönen Fernblick über<br />

die uns umgebende Gebirgskette hat (soweit der Dunst es zulässt). Das Restaurant wurde 1947 an der<br />

Interamerikana errichtet und ist inzwischen schon sehr bekannt. Außerdem ist Villa Mills ein guter<br />

Ort, um den Quetzal - Vogel zu beobachten, welcher als heiliger Vogel der Mayas bekannt wurde und<br />

dessen lange Schwanzfedern als Kopfschmuck dem Mayakönig Montezuma dienten.<br />

Die Fahrt auf der Interamerikana führt uns auch vorbei am Paramo, eine baumlose Vegetation (über<br />

3.000 m) und Rohhumusböden. Vereinzelt ist noch ein Quercus copeyensis vorzufinden, eine<br />

Baumart, die bis 3.000 m hinauf gedeihen kann. Im Paramo werden bis zu 70 °C Temperaturunterschied<br />

gemessen! Die wichtigste Pflanze hier ist der Bambus, Chusquea subtesselata.<br />

34


Costa Rica 2006<br />

Protokolle<br />

Um uns die Vegetation aus der Nähe ansehen zu können machen wir einen kurzen Stopp und die<br />

hartgesottensten Kollegen wagen eine kurze Wanderung in den Paramo hinein:<br />

• Castillea irazuensis (Scrophulariaceae).<br />

• Hypericum irazuense (Clusiaceae), besitzt starke Verzweigungen und kann sich somit ein<br />

Mikroklima schaffen.<br />

• Calamogrostis (Poaceae), bis zu 1,5 m hoch.<br />

• Acaena cylindrostachia (Rosengewächs), starke Behaarung dient als Kälteschutz.<br />

• Chora pavonia (Blaualgenflechte), ist eine Pionierpflanze und entsteht durch Symbiose aus<br />

Alge und Pilz.<br />

• Lycopodium clavatum (Bärlapp).<br />

• Escallonia myrtillioide (Escalloniaceae), etagenartig aufgebauter Baum.<br />

• Valleriana pRíonophylla (Vallerianaceae), äußerst strenger Geruch.<br />

• Carex spp. (Cyperaceae).<br />

15:05 Uhr wiederum ein kurzer Stopp um eine kleine Wanderung im sog. Paramillo zu machen. Das<br />

Paramillo ist eigentlich ein Hochmoor mit typischen Paramopflanzen und in Costa Rica nur an<br />

wenigen Stellen anzutreffen. Die Wuchsformen sind ganz ähnlich wie im Paramo, nur ist hier wegen<br />

der Staunässe kein Baumwachstum möglich. Die wichtigste Pflanze im Hochmoor ist die Gattung<br />

Sphagnum, welche die Eigenschaft besitzt, mit Hilfe der Blättchen, Nährstoffe aus dem<br />

Niederschlagswasser zu entnehmen. Dadurch kommt es zu einer Ansäuerung des Unterbodens und zu<br />

einem unvollständigen Abbau der organischen Substanz (Torfbildung). Auf diese Art und Weise<br />

wachsen die Torfmoose immer weiter in die Höhe und bilden einen uhrglasförmigen Moorkörper.<br />

Hochmoore werden ausschließlich mit Nährstoffen aus dem Niederschlagswasser versorgt, wodurch<br />

nur Spezialisten an solchen Standorten gedeihen können. Vielfach werden Einrichtungen für eine<br />

zusätzliche Nährstoffaufnahme ausgebildet (z.B. sog. Insektenverdauenede Pflanzen wie Sonnentau<br />

oder Fettkraut). Moorbäche dienen der Entwässerung des Gebietes.<br />

• Puya dasylirioides (Bromeliaceae), ist eine Schopfrosettenpflanze, die bis zu 1,5m hoch wird<br />

und an ganz feuchten Stellen vorzufinden ist. Die Bestäubung erfolgt über Bienen und<br />

Kolibris. Die Rosettenform bietet einen guten Knospenschutz und hat eine Trichterfunktion,<br />

wobei Oligosaccharide eingelagert werden können, welche eine kleinere Eiskristallbildung in<br />

den Pflanzenzellen bewirken und somit eine Sprengung des Plasmalemmas bei Gefrieren<br />

verhindert wird (blaue Blüten).<br />

• Blechnum buchtieni (Blechnaceae), Farn der die Puya in höheren <strong>La</strong>gen ablöst (oft fließende<br />

Übergänge). Er kann bis zu 2 m hoch werden.<br />

• Moos, umwächst Pflanzen ganz und ist ein epiphytischer Strukturparasit, der nicht am Boden<br />

wachsen kann.<br />

• Senecio grandifolius (Asteraceae), kleine gelbe Blüten (sieht von weitem wie eine<br />

Schafgarbe aus, ist aber nicht im Entferntesten damit verwandt!).<br />

• Quercus copeyensis (Fagaceae), vereinzelt, bis zu 3.000 Höhenmetern vorkommende Eiche<br />

• Rubus sp. (Brombeere)<br />

• Pteridium sp (Farn)<br />

• Xyris sp. (Xyridaceae), schaut aus wie Gras, ist aber keines; gelbe Blüten<br />

Um 15:45 Uhr nochmals ein Fotostopp, um den dunstigen Ausblick auf die Cordillera de Talamanca<br />

und den, nur notdürftig abgesperrten, halb abgebrochenen Teil der Interamerikana, für die Nachwelt<br />

festzuhalten.<br />

Ankunft in San José um ca. 18:00 Uhr (Unterkunft wieder im Hotel „Fleur de Lys“).<br />

Treffpunkt in der Lobby um 19:00 Uhr – Aufbruch zum Abendessen in der Innenstadt von San José<br />

(Avenida Central, wiederum das Lokal „Manolo“).<br />

Anschließend gibt es noch ein gemütliches Zusammensitzen und Cocktailschlürfen an der Hotelbar für<br />

diejenigen, denen die anstrengende Busfahrt des langen Tages noch nicht ins Gesicht geschrieben<br />

steht. – Open End<br />

35


Costa Rica 2006<br />

Protokolle<br />

Tag der Abreise, San José Stadtrundgang – Shopping – Heimflug<br />

DIENSTAG, 01. 08. 2006<br />

ab 7:00 Uhr gibt es Frühstück: Gallo pinto, Obst etc. (das Übliche).<br />

8:30 Uhr (theoretisch zumindest) Aufbruch zum Stadtrundgang.<br />

(Bernadette Binder)<br />

Zu Fuß brechen wir auf um die Hauptstadt Costa Ricas, die wir am Beginn unserer Reise nur abends<br />

erkundet haben, auch bei Tag zu erleben. Vom Hotel aus geht es vorbei am Museo Nacional zum<br />

Museo del Jade, welches angeblich eines der schönsten Museen in San José ist.<br />

Museo National de Costa Rica<br />

Auf der Anhöhe der Straße „de Moras“ mit Blick über die Stadt liegt Costa Ricas Nationalmuseum in<br />

der ehemaligen Festung Bellavista, dem ehemaligen Hauptquartier der Armee, gelegen. An der Stelle,<br />

wo einst das Mutterhaus von Mauro Fernandéz, dem Reformer des costaricanischen<br />

Bildungssystems, stand, wurde 1917 das Hauptquartier Bellavista errichtet. Das Nationalmuseum<br />

wurde bereits im Jahre 1887 gegründet und befand sich früher im Gebäude der „Universidad de Santo<br />

Tomas“. Nach einigen Umzügen übersiedelte es 1950 in die Festung Bellavista, wo es sich noch heute<br />

befindet. Heute kann man im Nationalmuseum die Geschichte des <strong>La</strong>ndes Revue passieren lassen,<br />

nicht nur die militärischen Heldentaten sondern auch die Wendejahre Costa Ricas. Es beherbergt eine<br />

Ausstellung zur Geschichte des <strong>La</strong>ndes. Die Ausstellungsobjekte reichen von prähistorischen<br />

Fundstücken, unter anderem auch Steinkugeln, über koloniale Möbel und Kunst bis in die Gegenwart.<br />

9:00 – 10:05 Uhr Museo del Jade<br />

Das Jademuseum befindet sich im Gebäude des „Instituto Nacional des Seguros“ und umfasst eine<br />

Reihe von archäologisch wichtigen Stücken aus der präkolumbianischen Epoche. Bis vor kurzem<br />

befand es sich noch im 11. Stock des Gebäudes, wo es seit 1984 beheimatet war. Nun aber hat es<br />

ebenerdig einen eigenen Eingang bekommen. Das Museum hat sich zum Ziel gesetzt, das indianische<br />

Erbe von Costa Rica zu bewahren und zu erhalten. Ausgestellt werden Keramikkunstwerke,<br />

Goldschmiedekunst und Jadestücke, die aus mesoamerikanischen Gebieten, zum Großteil aus diversen<br />

Orten in Costa Rica, wie beispielsweise aus Guanacaste oder Nicoya stammen. Es kann nicht nur<br />

grüne Jade, sondern auch Jade in anderen Farbnuancen bewundert werden. Zusätzlich werden auch<br />

Skulpturen aus Vulkangestein gezeigt.<br />

10:20 Uhr Boxenstopp zum Bücherkauf<br />

Zum Glück gibt es ein umfangreiches Sortiment englischsprachiger Literatur bzw. Sachbücher aller<br />

Art, denn mit der spanischen Sprache stehen die meisten von uns bis dato noch auf dem Kriegsfuß.<br />

ca. 10:45 Uhr Teatro Nacional – Besichtigung (fotografieren ja, Blitz nein)<br />

Als Symbol europäischen Strebens der liberalen Kaffeepflanzergesellschaft wurde das Nationaltheater<br />

im ausgehenden19. Jh. durch die Besteuerung der Kaffeeproduktion errichtet. Direkt neben dem Plaza<br />

de la Cultura gelegen, im neoklassizistischen Stil erbaut, ist des Nationaltheater der Pariser Oper<br />

nachempfunden. Als 1890 die berühmte Opernsängerin Adelina Patti auf ihrer Tournee durch<br />

Zentralamerika mangels geeignetem Rahmen in Costa Rica nicht auftreten konnte, erhoben die<br />

darüber sehr betrübten Kaffeebarone kurzerhand eine Kaffeesteuer, wodurch der Bau des Teatro<br />

Nacional ermöglicht werden konnte. Maler und Dekorateure kamen, ebenso wie der verwendete<br />

Marmor, aus Italien. 1897 wurde das Nationaltheater mit einer Aufführung von Sängern der Pariser<br />

Oper feierlich eröffnet. Nicht zu unrecht ist das Theater auch heute noch der Stolz der Ticos. 1965<br />

wurde es aufgrund seiner architektonischen Schönheit zum Nationalmonument erklärt. Wertvolle<br />

Deckengemälde, ein aufwendiges Innendekor im Barockstil sowie eine exzellente Akustik schaffen<br />

eine geeignete Atmosphäre und einen stilvollen Rahmen für Aufführungen von Weltklasse. Dem<br />

Besucher wird mit Sicherheit ein unvergessliches Erlebnis bereitet. Links neben der Eingangshalle<br />

befindet sich ein stilvolles Café mit sehenswerten Deckengemälden, welches angeblich einer der<br />

schönsten Orte ist, um costaricanischen Kaffee zu genießen. Gelegentlich beherbergt es auch<br />

Kunstausstellungen, die einen Besuch noch interessanter gestalten. Der Blick auf das wohl bekannteste<br />

36


Costa Rica 2006<br />

Protokolle<br />

Deckengemälde des Theaters, Alegoria genannt, enthüllt einige Kuriositäten, denn dem italienischen<br />

Künster Aleardo Villa sind bei der Darstellung einiger Details sonderbare Fehler unterlaufen. So<br />

wachsen beispielsweise die Bananen verkehrt herum. Ebenfalls neu und einzigartig an der Darstellung<br />

ist, dass Hochlandkaffee an der Küste gedeiht. Die Alegoria zierte auch einen 5-Colones Geldschein,<br />

der allerdings nicht mehr im Umlauf ist.<br />

Vorbei geht es am Postgebäude zum Markt.<br />

Das Post- und Telegrafenamt wurde zwischen den Jahren 1914 und 1917 nach den Plänen von Luis<br />

Llach im elektizistischen Stil errichtet und zeigt deutliche französische Einflüsse. Es handelt sich um<br />

ein monumentales und sicher auch elegantes Gebäude mit seinen schönen eckigen Türmen und dem<br />

schmalen Eingangsbereich. Neben den eigentlichen Postschalterräumen beherbergt es auch ein<br />

Briefmarkenmuseum, in welchem dem Besucher die Geschichte und Entwicklung der Post näher<br />

gebracht wird.<br />

ca. 12:00 Uhr Mercado Central – auf zum Futternapf; danach Zeit zur freien Verfügung.<br />

Der Markt wurde um 1880 gegründet. Auf dem überdachten Areal des Mercado Central findet man so<br />

ziemlich alles – Gemüsehändler und Fleischer haben ihre Läden gleich neben Souvenirläden. Auch<br />

einige Speiselokale buhlen um die Gunst der Gäste.<br />

13:30 Uhr Verabschiedung von Elisabeth W., Walpurga G., Theresia F., Christian K. und Mario A.,<br />

die gemeinsam zu einem längeren Aufenthalt an der Karibikküste Costa Ricas aufbrechen.<br />

16:30 Uhr treffen die letzten Stadtbummler im Hotel Fleur de Lys ein.<br />

17:00 Uhr Abfahrt zum Flughafen und Verabschiedung von Anton, der wieder in die <strong>Tropenstation</strong><br />

zurückkehrt um wissensbegierigen StudentInnen bei ihren Forschungsarbeiten zur Seite zu stehen.<br />

20:50 Uhr Abflug in Richtung Heimat<br />

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Teil II<br />

<strong>La</strong>ndeskunde<br />

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Theresia Fastian, Barbara Vobrovsky-Simon<br />

Geografie und Klima<br />

2.1 GEOGRAFIE UND KLIMA<br />

2.1.1 Geografie<br />

BEVÖLKERUNG<br />

Es leben 4,3 Mio. Einwohner in Costa Rica, davon sind 96 % Weiße, 3 % Farbige und 0,7 % Indigene.<br />

LAGE<br />

Costa Rica liegt zwischen 82° 34’ und 85° 58’ westlicher Länge und 08° 02’ und 11° 15’ nördlicher<br />

Breite.<br />

Im Norden bildet der Río San Juan einen großen Teil der Grenze zu Nicaragua und im Süden und<br />

Südosten stößt das <strong>La</strong>nd an Panama. Im Osten ist Costa Rica von dem Atlantischen und im Westen<br />

von dem Pazifischen Ozean umgeben. Es ist Teil der zentralamerikanischen <strong>La</strong>ndbrücke und verbindet<br />

den nordamerikanischen mit dem südamerikanischen Kontinent.<br />

Isla del Coco<br />

Costa Rica mit der dazugehörigen Isla del Coco<br />

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Theresia Fastian, Barbara Vobrovsky-Simon<br />

Geografie und Klima<br />

ERDGESCHICHTE<br />

Erdgeschichtlich ist Costa Rica ein junges <strong>La</strong>nd und unterliegt bis heute Veränderungen. In den letzten<br />

100 Jahren erschütterten das <strong>La</strong>nd 15 große Erdbeben, da es an der Bruchkante der Cocos-Platte und<br />

der Karibischen Platte liegt.<br />

Vor 100 Millionen Jahren bestand Costa Rica aus Inselketten, die sich durch eine gewaltsame Anhebung<br />

der Meeresböden und durch Anschwemmungen verbanden.<br />

Von den etwa 100 Vulkanen Costa Ricas sind ca. 10 aktiv und erkennbar.<br />

GLIEDERUNG<br />

Costa Rica hat eine Fläche von 51.100 km². Von Nordwest nach Südwest ist es 464 km lang, die engste<br />

Stelle in Nordöstlicher Richtung misst 119 km, die breiteste 250 km. Der höchste Punkt des <strong>La</strong>ndes<br />

ist der Cerro Chirripó mit 3.819 m (Cordillera de Talamanca).<br />

Es gibt vier Gebirgszüge die von Nordwest nach Südost verlaufen und sowohl eine klimatische, als<br />

auch eine geographische Trennung bilden.<br />

Tieflandbecken und Küstenebenen<br />

Hochlandbecken<br />

Hügel<br />

Berge<br />

Topographische Einteilung Costa Ricas<br />

Kordillerenketten vulkanischen Ursprungs:<br />

Die Cordillera de Guanacaste ist 180 km lang und bis zu 35 km breit und erstreckt sich von der<br />

Grenze zu Nicaragua bis zum Arenalsee. Sie fällt gleich steil zur Karibik- und zur Pazifikküste ab und<br />

hat Gipfel zwischen 1.400 und 2.000 m Höhe, dazu gehören der Vulkan Arenal, einer der aktivsten<br />

Vulkane Costa Ricas und der Vulkan Orosi (1.487 m), außerdem die Gipfel Ricón de la Vieja<br />

(1.896 m), Mirravalles (2.028 m) und Tenorio (1.916 m). Diese sind durch Quersenken miteinander<br />

verbunden.<br />

In der Cordillera de Guanacaste entspringen einige Flüsse, die in die gleichnamige Provinz fließen.<br />

z.B.: Río Tempisque; der 159 km lang ist und in den Pazifik mündet.<br />

Von Westen nach Osten verläuft eine Quersenke in welcher der Arenalsee (80 km²) liegt. Er ist Costa<br />

Ricas größter, aber künstlich angelegter, See. Gleich daneben befindet sich der Vulkan Arenal<br />

40


Theresia Fastian, Barbara Vobrovsky-Simon<br />

Geografie und Klima<br />

(1633 m). Gemeinsam bilden sie den Übergang zur Cordillera de Tilarán, auch sie besteht aus vulkanischem<br />

Gestein. Ihre Gipfel liegen bei 1.500 Höhenmetern.<br />

Im Südosten erfolgt dann der Übergang zur Cordillera Central. Diese Gebirgskette ist 80 km lang<br />

und verläuft in etwa parallel zu Cordillera de Tilarán und der Cordillera de Talamanca. Die Südwesthänge<br />

laufen in das Valle Central aus, die Nordosthänge ziehen steil zur Karibikküste. Die Vulkane<br />

des Valle Centrals sind die höchsten Costa Ricas.<br />

Im Norden des Gebirges liegen die Vulkane Poás (2.704 m – noch aktiv), Barva (2.906 m), Cerro<br />

Congo (2.014 m) und Cacho Negro (2.136 m). Im Süden befinden sich die Vulkane Irazú (3.432 m)<br />

und Turrialba (3.339 m).<br />

Das Valle Central liegt zwischen 600 und 1.500 m Höhe und erstreckt sich 70 km von West nach Ost<br />

und ca. 30 km von Nord nach Süd. Es besteht aus Tertiärgestein und Meeressedimenten. Das zentrale<br />

Hochland ist sehr fruchtbar und umfasst 3.300 km². In ihm befinden sich die Städte Cartago, Alajuela<br />

und die Hauptstadt San José. Es unterteilt sich in das Valle Occidental und das Valle Oriente. Richtung<br />

Westen fällt das Valle Central zur Pazifikküste ab, während es im Norden von der Cordillera<br />

Central umgeben wird.<br />

Die Cordillera de Talamanca ist Costa Ricas viertes Gebirge. Es handelt sich um ein tertiäres Bruchund<br />

Faltengebirge ohne vulkanische Aktivität. Es hat eine Breite von 50 – 100 km. Im Nordwesten<br />

wird es durch das Valle Central von der Cordillera de Tilarán getrennt, und verläuft im Südosten bis<br />

nach Panama. Die Osthänge sind sanft zur Karibikküste hin, während im Westen eine steile Abdachung<br />

existiert, die von einem Tal mit spitzovalem Grundriss unterbrochen wird (Valle de Coto Brus,<br />

115 km lang, 10 – 20 km breit).<br />

Der höchste Berg des <strong>La</strong>ndes (Cerro Chirripó 3.820 m) befindet sich in dieser Gebirgskette. Weiters<br />

die Gipfel Cerro Puibeta (2.435 m), Cerros Kámuk und Cuericí. Die Gipfelregionen waren früher vergletschert.<br />

Sie formen eine Wasserscheide zwischen den Küstenregionen.<br />

Pazifikseite – hügeliges Küstenvorland:<br />

Die Pazifikküste des <strong>La</strong>ndes ist 1.200 km lang und bietet eine abwechslungsreiche Küstenlandschaft.<br />

Der Unterschied zwischen Ebbe und Flut beträgt etwa drei Meter. Es fließen drei große Flüsse Richtung<br />

Pazifik: Río Térraba (196 km), Río Tárcoles (115 km) und Río Tempisque.<br />

Dieser Teil Costa Ricas ist morphografisch in drei Einheiten zu gliedern:<br />

• Im Norden in die Halbinsel Nicoya, die, von Nordwest nach Südost gemessen, 120 km lang<br />

ist, und Höhen von bis zu 1.018 m aufweist. Sie ist von einem Bergrücken durchzogen und<br />

besitzt kilometerlange feine Sandstrände. Der Río Tempisque ist eine sehr wichtige Wasserader,<br />

er bildet ein Becken und durchfließt das Gebiet von Nord nach Süd. Er mündet im Golf<br />

von Nicoya.<br />

• Die zentrale Küstenebene besteht aus den westlichen Ausläufern der Cordillera de Talamanca<br />

und erstreckt sich vom Tiefland des Río Tempisque bis zur Halbinsel Osa. Sie wird Richtung<br />

Süden immer schmaler.<br />

• Im Süden liegt die Cordillera Costanera (1.500 m) und die Halbinsel Osa, ein flaches Hügelland,<br />

das von Nordwest nach Südost verläuft und 55 km lang und 25 km breit ist. Die höchten<br />

Hügel erreichen 750 m. Der Golfo Dulce trennt Osa vom Festland.<br />

Ca. 500 km vor Costa Ricas Pazifikküste liegt die Vulkaninsel Isla del Coco. Sie besitzt eine ungeheure<br />

Artenvielfalt und wird oft als Klein-Galapagos bezeichnet.<br />

Karibikseite – Schwemmland Ebenen:<br />

Die Karibikseite des <strong>La</strong>ndes besteht aus Tieflandregionen, welche sich von Norden nach Nordosten<br />

und weiter nach Osten hin ziehen, und Höhen von 250 m erreichen. Die maximale Breite beträgt 120<br />

km und es besteht eine trichterförmige Verengung nach Südost. Im Gegensatz zur Pazifikküste ist die<br />

Karibikküste nur 212 km lang und besitzt eine Reihe natürlicher Häfen.<br />

Zum Atlantik fließen vier große Flüsse:<br />

• Río San Juan, 135 km lang<br />

• Río Pacuare, 134 km lang<br />

• Río San Carlos, 125 km lang<br />

• Río Reventazón, 110 km lang<br />

41


Theresia Fastian, Barbara Vobrovsky-Simon<br />

2.1.2 Klima<br />

Geografie und Klima<br />

Costa Rica wird der tropischen Klimazone zugeordnet, dennoch herrschen, durch die geografischen<br />

Extreme bedingt, unterschiedlichste regionale Klimaverhältnisse. Klimabestimmend sind vor allem die<br />

Höhenlage, die Niederschlagsmengen und die unterschiedlichen Winde der jeweiligen Regionen. Eine<br />

nicht ganz unerhebliche Rolle spielt auch die „Innertropischen Konvergenzzone ITC“, welche mit der<br />

direkten Sonneneinstrahlung wandert und somit zeitweise das Klima Costa Ricas mitbestimmt. Jahresoder<br />

Tagesmittel sagen relativ wenig aus, was eine allgemeine Klimabeschreibung nahezu unmöglich<br />

macht. Außerdem gibt es gravierende Unterschiede zwischen Atlantik- und Pazifikküste bezüglich der<br />

Niederschlagsart und -mengenverteilung.<br />

Generell werden Regen- und Trockenzeit, sowie thermische Höhenstufen mit entsprechenden Vegetationszonen<br />

und regionale Klimazonen unterschieden. Das ganze Jahr hindurch findet der Sonnenaufgang<br />

um 6.00 Uhr, der Sonnenuntergang um 18.00 Uhr statt, was durch die nahe <strong>La</strong>ge zum Äquator<br />

bestimmt wird (achter bis elfter nördlicher Breitengrad). Die tatsächlichen Sonneneinstrahlungszeiten<br />

sind von Region zu Region verschieden (siehe auch Tab. 1 unten).<br />

Des Weiteren gibt es einige „Wetterbesonderheiten“, auf welche wir im Anschluss des Kapitels kurz<br />

eingehen werden.<br />

TROPISCHE JAHRESZEITEN<br />

Die tropischen Jahreszeiten kann man nicht im Entferntesten mit unseren Mitteleuropäischen vergleichen,<br />

denn die Trocken- und Regenzeit werden, wie schon an der Bezeichnung erkennbar, von der<br />

Niederschlagsmenge bestimmt. Costa Rica zählt zu den zehn regenreichsten Ländern der Erde, was<br />

die teilweise heftigen Niederschläge in bestimmten Regionen bestätigen.<br />

Invierno (Regenzeit):<br />

Als „Invierno“ wird der tropische Winter bezeichnet, der von Mai bis November dauert, und in den<br />

Monaten September und Oktober seine Niederschlagshöhepunkte aufweist. In der Regenzeit erweisen<br />

sich die Vormittage oft als sonnenklar, ab Mittag ballen sich allerdings Regenwolken zusammen, die<br />

ihre Wassermengen kurz darauf als Platzregen (= aguacero) über dem <strong>La</strong>nd auslassen. Auch wenn der<br />

aguacero nur einige Stunden dauert, muss man mit Überschwemmungen und Erdrutschen rechnen,<br />

wovon aber immer nur kleinere Gebiete mit wenigen km² betroffen sind.<br />

Im Regenmonat Juli gibt es im Hochland eine kurze Trockenperiode, den verancillo de San Juan (=<br />

kleiner Sommer des Johannesfestes), was darauf zurückzuführen ist, dass die ITC ihren nördlichsten<br />

Stand erreicht hat (12. Breitengrad).<br />

Zu dieser Zeit kommt es über dem Karibischen Meer des öfteren zur Bildung von Hurrikans. Costa<br />

Rica ist bis heute, seit Wetteraufzeichnungen bestehen, mit dem direkten Kontakt von solchen tropischen<br />

Wirbelstürmen und den, damit verbundenen tragischen Verwüstungen, weitgehendst verschont<br />

geblieben, und wurde meist nur am Rande von abgeschwächteren Auswirkungen heimgesucht.<br />

Gefahr drohte erstmals im November 1969, als der Hurrikan „Martha“ die Küste in der Nähe der<br />

Grenze von Costa Rica zu Panama streifte. Die Ausläufer des Hurrikans „Gilbert“, im September<br />

1988, forderten offiziell sogar zwei Todesopfer durch Überschwemmungen und Erdrutsche. Zehn<br />

Jahre darauf, im November 1998, bedrohte „Mitch“, einer der bis dahin stärksten Hurrikans (280<br />

km/h Windgeschwindigkeit), die Staaten Zentralamerikas. Costa Rica litt auch hier nur unter den weitläufigen<br />

Auswirkungen, große Gebiete der Nachbarstaaten Honduras und Nicaragua wurden jedoch<br />

verwüstet und es gab über 20.000 Todesopfer zu beklagen (in Costa Rica gab es offiziell keine Todesopfer).<br />

Der letzte uns bekannte Hurrikan, der Costa Rica gefährlich nahe kam, war der Hurrikan<br />

„Stan“ im Oktober 2005. Auch hier wurde das <strong>La</strong>nd zum Glück nur durch erhöhten Niederschlag in<br />

den nördlicheren Regionen in Mitleidenschaft gezogen.<br />

Verano (Trockenzeit):<br />

Als „Verano“ wird der tropische Sommer bezeichnet, der von Dezember bis April dauert. Auch zu<br />

dieser Zeit wird die Aussicht von den Bergen im Hochland auf die Tiefebenen, oft durch Wolkenmassen,<br />

die vom Atlantik her kommen, vernebelt. Im Verano fällt allgemein zwar weniger Niederschlag<br />

als im Invierno, dennoch gibt es beträchtliche Unterschiede zwischen der Karibik- und Pazifikküste<br />

und zu der Region von Guanacaste, worauf wir im Punkt „Regionale Unterschiede“ näher eingehen<br />

möchten.<br />

42


Theresia Fastian, Barbara Vobrovsky-Simon<br />

Geografie und Klima<br />

Regionale Unterschiede<br />

Karibikküste: Dort gibt es das ganze Jahr über starke Regenfälle, nur die Monate September und<br />

Oktober sind etwas regenärmer. Sie gilt als eine der regenreichsten Zonen der Erde und weist im Invierno,<br />

durch tropische Tiefdruckgebiete bedingt, bis zu 20 Regentage pro Monat auf, was eine mittlere<br />

Niederschlagsmenge von 6.000 mm pro Jahr mit sich bringt. Dies entspricht der zehnfachen Niederschlagsmenge<br />

die durchschnittlich in Mitteleuropa aufgezeichnet wurde. In manchen geschützten Regenwaldregionen<br />

kann man sogar eine jährliche Niederschlagsmenge von 8.000 mm messen.<br />

Südliche Pazifikküste: Dort sind die Jahreszeiten etwas abgeschwächter, es gibt weniger reine Regentage,<br />

dafür aber mehr aguaceros, hauptsächlich im September und Oktober. An den Küsten herrschen<br />

lange und heiße Sonnenperioden, die im Invierno täglich von den aguaceros unterbrochen werden<br />

(verursacht durch Winde aus südwestlicher Richtung).<br />

Region von Guanacaste: In diesem Gebiet herrscht die längste Trockenzeit Costa Ricas, was sich<br />

auch in der gegensätzlichen Flora und Fauna zu den anderen Regionen des <strong>La</strong>ndes widerspiegelt.<br />

VEGETATIONSZONEN UND THERMISCHE HÖHENSTUFEN<br />

Man unterscheidet fünf Vegetationszonen, die von den unterschiedlichen Höhenstufen des <strong>La</strong>ndes<br />

abhängig sind. Je höher das Gebiet liegt, desto mehr ist nicht nur mit tageszeitlichen Temperaturschwankungen<br />

zu rechnen, sondern auch mit tieferen Temperaturen und der dementsprechenden Veränderung<br />

der Flora und Fauna.<br />

Tierra Caliente:<br />

So werden zwei Drittel des tropischen Tieflandes, bis zu 600 Höhenmetern, bezeichnet. In dieser<br />

„heißen Zone“ betragen die Durchschnittstemperaturen tagsüber an die 30 °C (und mehr in Trockenzeit)<br />

und in den Nächten gibt es keine große Abkühlung. Als mittlere Jahrestemperatur werden 24 °C<br />

angegeben, was das Vorherrschen von immergrünen tropischen Regenwäldern an der Karibik- und<br />

Pazifikküste, sowie Trocken- und Feuchtwäldern im Nordwesten des <strong>La</strong>ndes, ermöglicht.<br />

Tierra Calida:<br />

Diese „warmgemäßigte Zone“ ist ähnlich der Tierra Caliente, umfasst die Gebirgsabhänge bis zu<br />

1.500 m und bildet den Übergangsbereich zu prämontanen Feucht- und Regenwäldern.<br />

Tierra Templada:<br />

Dort herrscht Tageszeitenklima mit großen Schwankungen (frühlingshaftes Klima – kühle Nächte,<br />

hochsommerliche Temperaturen zu Mittag in wolkenloser Trockenzeit). Die mittlere Jahrestemperatur<br />

dieser Zone beträgt zwischen 14 und 18 °C, und sie umfasst Teile des zentralen und südlichen<br />

Hochlandes von 1.500 – 2.300 m mit ihren montanen Feucht- und Regenwäldern.<br />

In San José und der Region Alajuela herrscht das ganze Jahr über Primavera eterna (ewiger Frühling),<br />

wobei die Temperaturen in der Nacht nicht weniger als 15 °C, und am Tag nicht mehr als 26 °C<br />

annehmen.<br />

Tierra Fria:<br />

Das „kalte <strong>La</strong>nd“, mit Durchschnittstemperaturen von 10 – 14 °C, reicht von 2.300 – 3.000 m hinauf,<br />

und kommt vereinzelt in Gipfelzonen der Zentralkordillere und der Talamancakordillere vor.<br />

Tierra Helada:<br />

Im „eißigen <strong>La</strong>nd“, auch „Páramozone“ genannt, welches über 3.000 m liegt und die Gipfelregionen<br />

der höchsten Vulkane umfasst, können nachts die Temperaturen bis unter den Gefrierpunkt abfallen.<br />

(z.B.: Chirripó, Irazú, Pass des Cerro de la Muerte)<br />

43


Theresia Fastian, Barbara Vobrovsky-Simon<br />

Geografie und Klima<br />

REGIONALE KLIMAZONEN<br />

Innerhalb des <strong>La</strong>ndes werden auch regionale Klimazonen unterschieden. Die Einteilung erfolgt in<br />

Abhängigkeit von Tageshöchst- und -tiefsttemperaturen und monatlichen Niederschlagsmengen<br />

der jeweiligen Regionen, und veranschaulicht die vielfältigen Klimaunterschiede, die ja durch die<br />

einzigartige geographische <strong>La</strong>ge Costa Ricas hervorgerufen werden, sehr gut.<br />

Warm-trockene Klimazone<br />

Warm-feuchte Klimazone<br />

Milde Klimazone<br />

Kühl-feuchte Klimazone<br />

Kühl-trockene Klimazone<br />

Regionale Klimazonen Costa Ricas<br />

Warm-trockene Klimazone:<br />

Im Verano herrscht im Nordwesten des <strong>La</strong>ndes teilweise Dürre, die ab und zu durch kurze Regenschauer<br />

unterbrochen wird. Die Tagestemperaturen steigen regelmäßig über 35 °C. Das Río-<br />

Tempisque-Becken ist der trockenste Teil Costa Ricas. Es werden Niederschlagsmengen von ca. 450<br />

mm pro Jahr verzeichnet, was in der Flora und Fauna zum Ausdruck kommt.<br />

Über Guanacaste und dem nördlichen Nicoya wehen im Invierno starke Winde und in der Region der<br />

westlichen Kordilleren herrscht das ganze Jahr über Sonnenschein.<br />

Warm-feuchte Klimazone:<br />

In diesen Regionen herrscht ganzjähriger Regen, oft sintflutartig wie z.B. an der Karibikküste oder der<br />

Peninsula de Osa (mit jährlich bis zu 8.000 mm Niederschlag) an der südlichen Pazifikküste.<br />

Milde Klimazone:<br />

In dieser Klimazone, die einen ganzjährig frühlingshaften Charakter aufweist, befinden sich hauptsächlich<br />

höher gelegene Städte und Gebiete, wie z.B. die Zentrale Hochebene mit den Städten San<br />

José und Cartago, oder auch Monteverde.<br />

44


Theresia Fastian, Barbara Vobrovsky-Simon<br />

Geografie und Klima<br />

Kühl-feuchte Klimazone:<br />

Von diesem Klima, mit seinen teilweise schweren Regenfällen und niedrigen Temperaturen, sind vor<br />

allem die östlichen Berghänge der Kordilleren betroffen. Am Cerro Chirripó kann man des Öfteren<br />

Temperaturen unter dem Gefrierpunkt messen.<br />

Kühl-trockene Klimazone:<br />

Diese Klimazone wird durch Regenschatten beeinflusst, der durch geografische Bedingungen verursacht<br />

wird und den westlich liegenden Berghängen der Kordilleren somit weniger Niederschläge beschert<br />

als den Regionen der Ostseite.<br />

Heiß-feuchte Klimazone:<br />

Eine eigene Klimazone stellt die Isla del Coco dar, welche sich etwas abseits vor der Südwestküste des<br />

<strong>La</strong>ndes befindet. Dort herrschen das ganze Jahr über extreme Regenfälle und Gewitter. Durch diese<br />

klimatischen und geografischen Bedingungen findet man auf der Insel eine weltweit einzigartige Flora<br />

und Fauna.<br />

Vergleich einzelner Klimabedingungen ausgewählter Städte und Ortschaften der regionalen Klimazonen<br />

Costa Ricas:<br />

Klimazone Stadt, Ortschaft Jahreszeit °C<br />

Warmtrocken<br />

Warm-feucht<br />

Mild<br />

Kühl-trocken<br />

Liberia<br />

Puerto Limón<br />

<strong>La</strong> Fortuna<br />

Corcovado<br />

Golfito<br />

Quepos<br />

San José<br />

Monteverde<br />

Grecia<br />

Verano 9 Stunden 20 mm 21 – 36 °C<br />

Invierno 6 Stunden 200 mm 22 – 32 °C<br />

Verano 6 Stunden 300 mm 20 – 31 °C<br />

Invierno 5 Stunden 200 – 400 mm 22 – 31 °C<br />

Verano 5 Stunden 100 – 200 mm 20 – 21 °C<br />

Invierno 3 Stunden 400 – 500 mm 21 – 30 °C<br />

Verano 7 Stunden 150 – 300 mm 22 – 33 °C<br />

Invierno 3 Stunden 500 – 700 mm 22 – 32 °C<br />

Verano 7 Stunden 150 – 300 mm 22 – 33 °C<br />

Invierno 3 Stunden 500 – 700 mm 22 – 32 °C<br />

Verano 8 Stunden 70 – 170 mm 21 – 32 °C<br />

Invierno 4 Stunden 450 – 650 mm 21 – 31 °C<br />

Verano 5 – 8 Stunden 10 – 50 mm 15 – 26 °C<br />

Invierno 4 Stunden 200 – 300 mm 16 – 25 °C<br />

Verano 5 Stunden 100 – 160 mm 12 – 22 °C<br />

Invierno 3 Stunden 350 – 430 mm 14 – 21 °C<br />

Verano 8 Stunden 10 – 70 mm 17 – 31 °C<br />

Invierno 4 Stunden 200 – 300 mm 18 – 28 °C<br />

Zeichenerklärung:= mittlere tägliche Sonnenscheindauer; = mittlere monatliche Niederschlagsmenge; °C = mittlere tägliche Höchstund<br />

Tiefsttemperaturen<br />

45


Theresia Fastian, Barbara Vobrovsky-Simon<br />

Geografie und Klima<br />

EINFLUSSGRÖßEN UND ENTSTEHUNG TROPISCHER NIEDERSCHLÄGE<br />

„Innertropische Konvergenzzone“ (ITC):<br />

In der ITC treffen die beiden Passatwinde der Nord- und Südhalbkugel aufeinander. Da die ITC<br />

dem Sonnenhöchststand folgt, wandert sie im <strong>La</strong>ufe des Jahres zwischen dem südlichen 10. Längengrad<br />

(Februar) und dem nördlichen 12. Längengrad (August) hin und her. Dabei zieht sie natürlich<br />

auch über Teile der Kontinente, so auch über Costa Rica.<br />

Die im Ozean stärksten Verdunstungsgebiete liegen im Bereich der Passatwinde, welche die mit Wasserdampf<br />

angereicherte Luft in die ITC, und somit an die Küstenregionen bringen. Wenn die ITC<br />

über Costa Rica zieht, wird das <strong>La</strong>nd, und damit auch die feuchte Luft der Passatwinde, durch die<br />

direkte Sonneneinstrahlung so erhitzt, dass diese feucht-warme Luft aufsteigt, es zur Wolkenbildung<br />

kommt und zum nachfolgenden Abregnen dieser Wolkenmassen über dem <strong>La</strong>nd (hauptsächliche<br />

Beeinflussung der Regenzeit an der Pazifikküste).<br />

Nordost-Passat:<br />

Von Oktober bis März liegt Costa Rica im Einzugsbereich der Nordost-Passate, welche warme,<br />

feuchte Luft vom Karibischen Meer ins <strong>La</strong>ndesinnere tragen und an den Berghängen der Kordilleren<br />

hinauftreiben. Es kommt wiederum zu einem Abkühlen der Luftmassen und zur miteinhergehenden<br />

Wolkenbildung. Durch die enorme Höhe der Berggipfel kommt es jedoch nur an der Karibikküste zu<br />

einem Abregen dieser Wolken.<br />

Konvektion und tropische Tiefdruckgebiete:<br />

Intensive Kaltfronten vom Norden, die durch kalte Meeresströmungen des Atlantiks hervorgerufen<br />

werden, bringen die Warmluft des Tiefdruckgebietes über dem Meer zum Abkühlen. Es bilden sich<br />

Regenwolken, die sich anschließend über dem Festland auslassen und für die niederschlagsreichsten<br />

Tage der Regenzeit an der Karibikküste verantwortlich sind.<br />

„WETTERBESONDERHEITEN“ DES LANDES<br />

Temporales:<br />

Als „Temporales“ werden heftige Regenschauer bezeichnet, die am Morgen beginnen und oft bis zum<br />

Nachmittag anhalten. Es werden „Temporales del Atlantico“ und „Temporales del Pacifico“ unterschieden,<br />

da diese sich nicht nur durch ihren Erscheinungsort, sondern auch durch ihre Entstehung<br />

wesentlich voneinander unterscheiden. ( siehe auch Punkt 1.2.8)<br />

„aguacero de los cafetaleros“:<br />

Dieser Regen fällt zwischen 19. und 20. März, ist also noch im Verano, und bringt, wie der spanische<br />

Name schon bezeichnet, den Kaffee in die Blüte.<br />

„las lagrimas de Maria“:<br />

Die „Tränen der Hl. Maria“ fallen zwischen dem 8. und 12. Dezember.<br />

Papagayos:<br />

Die Papagayos sind lokale Winde, die von der Pazifikküste ins <strong>La</strong>ndesinnere blasen und Regen mit<br />

sich bringen.<br />

Nortes:<br />

Als „nortes“ werden jene lokalen Winde bezeichnet, die vom <strong>La</strong>ndesinneren Richtung Pazifikküste<br />

wehen und vor allem in der Region Guanacaste für trockene Zeiten sorgen.<br />

46


Theresia Fastian, Barbara Vobrovsky-Simon<br />

Literaturangaben<br />

Geografie und Klima<br />

BAKER, Ch. P., (2006/2007): Costa Rica; Dorling Kindersley Verlag GmbH, 38 – 39<br />

COEN, E., (1983): Climate. In: Costa Rican Natural History (Janzen, D. H., Hrsg.); 35 – 45<br />

FEYERABEND, J., (2001): Das Jahrtausend der Orkane: Hurrikane der Karibik; Piper Verlag GmbH,<br />

München, 101<br />

FLEISCHMANN, U., (2000): Dumont Reisetaschenbuch: Costa Rica; Dumont Buchverlag, Köln, 15<br />

– 17<br />

HALL, C., (1985): Costa Rica: a geographical interpretation in historical perspective; Westview Press,<br />

Boulder, Colo, 3 – 12<br />

HEYER, E., (1998): Witterung und Klima (Hupfer, P., Kuttler, W., Hrsg.); Verlag B. G. Teubner,<br />

Stuttgart, Leipzig, 156 – 157<br />

KIRST, D., (1995): Costa Rica; Reise Know-How Verlag Peter Rump GmbH, 14 – 15, 18 – 19<br />

NELLES, G., (1996): Costa Rica; Nelles Verlag GmbH, 15<br />

THOMAS, P., (1987): Reiseführer Costa Rica; Tucan Verlag<br />

WALCH, D., (2004): Phänomene der Erde: Wetter und Klima (Frater, H., Hrsg.); Springer Verlag,<br />

Berlin, Heidelberg, 123<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/Hurrikan, 2006<br />

http://www.costa-rica.de, 2006<br />

47


Walpurga Goebel, Barbara Rittmannsberger<br />

Vulkanismus und Vulkane Costa Ricas<br />

2.2 VULKANISMUS<br />

2.2.1 Allgemeine Einführung in die Vulkanologie<br />

DEFINITION VULKAN<br />

Vulkane sind jene punktförmigen Spaltöffnungen in der Erdkruste, aus denen die vulkanischen und<br />

teilweise glutflüssigen Gesteinsprodukte (<strong>La</strong>va, Asche, ...) an die Oberfläche treten, dort erstarren und<br />

die Erdoberfläche an jener Stelle verändern.<br />

Das Wort Vulkan kommt von dem römischen Schmiedegott „Vulcanus“, der Legende nach hat dieser<br />

im Krater der Insel Vulcano gelebt. Man glaubte, dass das Grollen und Donnern des Berges durch das<br />

Hämmern des Schmiedes zustande kam. Vulcanus strafte die Menschen mit Feuer und Donner, wenn<br />

er wütend war.<br />

BEGRIFFSERKLÄRUNGEN<br />

• Magma (griechisch: geknetete Masse) besteht aus geschmolzenem Gestein, dazu sind Temperaturen<br />

von mindestens 750 °C erforderlich. Magma kommt in den oberen Teilen des Erdmantels<br />

und der tieferen Erdkruste vor. Man unterscheidet an der Erdoberfläche schnell abkühlende<br />

Magma, Vulkanite (Beispiel: Basalt) und im Erdinneren langsam abkühlende Magma, Plutonite<br />

(Beispiel: Granit). Die Abkühlungsgeschwindigkeit des Magmas ist somit für die Art<br />

der Gesteinsbildung verantwortlich.<br />

Da es ohne den Magmafluss aus dem Erdinneren keine vulkanischen Erscheinungen geben<br />

würde, kann man sagen, dass die Fließfähigkeit des Magmas eine der Ursache des Vulkanismus<br />

ist.<br />

• <strong>La</strong>va ist an die Erdoberfläche tretendes Magma und gehört damit zur Gruppe der Vulkanite.<br />

• Tephra (Pyroklastika) sind die festen Bestandteile, die bei einem Vulkanausbruch in die Atmosphäre<br />

gelangen.<br />

o Aschen sind die feinsten, festen Auswurfprodukte eines Ausbruchs (< 2 mm)<br />

o <strong>La</strong>pilli sind die nächst größeren Auswurfprodukte d.h. kleine Steinchen (2 – 64 mm)<br />

o Bomben sind bereits größere Steinchen (> 64 mm)<br />

• Geysire entstehen in Hohlräumen nahe einer Magmakammer, in der sich Grundwasser sammelt,<br />

welches in Folge erhitzt wird. Das Wasser erreicht dort über 100 °C. Aufgrund der darüber<br />

liegenden Wassersäule und des damit entstehenden Drucks, kocht es dennoch nicht.<br />

Wenn der Druck des oberen Wassers nicht mehr ausreicht, dann schießt das heiße Wasser als<br />

Fontäne mit hoher Geschwindigkeit heraus. Weltweit gibt es relativ wenig Geysire, da die<br />

Vorraussetzungen für diese nicht oft erfüllt werden. Beispiele für geysirreiche Gegenden: Yellowstone<br />

(500 aktiv), Island (26 aktiv), Neuseeland (51 aktiv).<br />

• Heiße Quellen basieren auf dem Prinzip von Geysiren mit dem Unterschied, dass die Wassertemperaturen<br />

in der Tiefe geringer sind und daher kein Dampfdruck entsteht. Deshalb haben<br />

heiße Quellen keine Fontänen.<br />

• Fumarolen sind vulkanische Exhalationen verschiedenartiger Gase und Dämpfe mit Temperaturen<br />

zwischen 200 °C und 800 °C. Teilweise sind sie stark schwefelhältig, dann werden sie<br />

Solfataren genannt und bilden (wie am Vulkan Poás) gelbliche Ablagerungen.<br />

KRATERTYPEN<br />

Die meisten Vulkane haben einen Krater solange sie aktiv sind. Wenn jedoch der Magmaspiegel im<br />

Schlot sinkt, fallen die Kraterwände aufgrund des fehlenden Innendrucks in sich zusammen. Durch<br />

den Abbruch der Kraterwände vergrößert sich die Öffnung und der Krater wird zur Caldera.<br />

48


Walpurga Goebel, Barbara Rittmannsberger<br />

Vulkanismus und Vulkane Costa Ricas<br />

Krater sind die Vulkanspitzen und haben einen Durchmesser von bis zu einem Kilometer.<br />

Caldera kommt aus dem Spanischen und bedeutet „Kessel“. Es sieht aus als hätte jemand dem Vulkan<br />

die „Spitze abgeschnitten“. Eine Caldera hat meist sehr steile Wände (bis 250 m hoch) und ihr<br />

Durchmesser beträgt immer über einen Kilometer (bis zu 20 km).<br />

VULKANTYPEN<br />

Vulkane können nach den verschiedensten Gesichtspunkten unterteilt werden:<br />

Unterteilung nach der äußeren Form:<br />

• Schicht-Vulkan (= Strato-Vulkan; lat. stratum = Schicht)<br />

ist der ideale symmetrische Typ von Vulkan (spitzkegelig).<br />

Wechselnde <strong>La</strong>gen Asche, pyroklastisches Material und<br />

<strong>La</strong>va bauen den Vulkan auf.<br />

Die Ursache dafür ist eine sehr zähflüssige Magma (hoher<br />

Kieselsäure-Gehalt und relativ kühl, d.h. 700 – 900 °C),<br />

welche durch den hohen Gasanteil explosionsartig ausgeworfen<br />

wird. Dies geschieht meist im Wechsel zwischen<br />

Lockermaterial (= Tephra) und <strong>La</strong>va. Bei Erkaltung führt<br />

dies zur charakteristischen Schichtung. Die Eruptionen sind<br />

Aufbau eines Schichtvulkanes<br />

bei diesem Vulkantyp gewaltig, d.h. die vulkanische Asche wird bis zu 40 km hoch in die Atmosphäre<br />

geschleudert. Schichtvulkane machen die Mehrzahl der Vulkane aus, ca. zwei Drittel<br />

befinden sich auf dem Festland. Sie kommen meist an Subduktionszonen (d.h. an Plattenrändern)<br />

vor, zum Beispiel entlang des pazifischen Feuerrings.<br />

Bekannte Vertreter: Mount Saint Helen (USA), Fujisan (Japan), Vesuv (Italien)<br />

In Costa Rica: Arenal, Poás, Irazú, Turrialba<br />

• Schild-Vulkane sind flach, so dass sie wie ein in der<br />

<strong>La</strong>ndschaft liegendes Schild aussehen. Ursache dafür<br />

ist eine extrem dünnflüssige, gasarme <strong>La</strong>va mit<br />

Temperaturen um 1.000 – 1.250 °C, die aus dem<br />

oberen Erdmantel stammt. Auf Grund der hohen<br />

Fließgeschwindigkeit haben Schildvulkane sehr flache,<br />

dafür umso weitläufigere Kegel (Böschungswinkel um<br />

5°). Sie können auch bis weit unter den Meeresspiegel<br />

Aufbau eines Schildvulkanes<br />

reichen. Im Gegensatz zu den Schichtvulkanen werden<br />

keine vulkanischen Lockermaterialien ausgeworfen, und es gibt nicht nur einen<br />

Hauptkrater, sondern auch viele Nebenkrater. Die Mengen an flüssiger <strong>La</strong>va können<br />

jedoch beachtlich sein und sich über große <strong>La</strong>ndstriche ausbreiten. Sie kommen innerhalb<br />

von Lithosphärenplatten über Hot-spots (Hawaii) und auch an auseinanderdriftenden<br />

Plattenrändern vor (Island). Die meisten Schildvulkane liegen jedoch am Meeresboden.<br />

Bekannte Vertreter: Mauna Loa (Hawaii), Olympus Mons (am Planeten Mars), Payún Matrú<br />

(Mendoza, Argentinien)<br />

In Costa Rica: In der Cordillera de Tilaran gibt es Vulkane, die der Form der Schildvulkane<br />

sehr Nahe kommen.<br />

• Schlacken- und Aschenkegel sind eine sehr kleine Art von Vulkanen, d.h. sie sind nur zehn<br />

bis einige hundert Meter hoch bei einem Maximaldurchmesser von wenigen hundert Metern.<br />

Beide entstehen, wenn in der Magma ein hoher Gasanteil vorherrscht.<br />

o Aschenkegel bestehen nur aus locker geschichtetem vulkanischen Aschen und <strong>La</strong>pilli, die<br />

nur durch die Gravitation zusammengehalten werden. Beispiel: Sunset crater (Arizona)<br />

o Schlackenkegel bestehen aus größeren <strong>La</strong>pilli, Bomben und Bimssteinbrocken. Die Bestandteile<br />

sind groß genug um den Kegel zusammenzuhalten. Der Schlackenkegel ist daher<br />

oft wesentlich steiler als der Aschenkegel. Beispiel: Stromboli (Italien)<br />

49


Walpurga Goebel, Barbara Rittmannsberger<br />

Vulkanismus und Vulkane Costa Ricas<br />

• Sonderstellung:<br />

o Supervulkane sind mit Abstand die größten Vulkane auf der Erde und verfügen über eine<br />

riesige Magmakammer. Daher hinterlassen sie im Falle eines Ausbruchs keinen Krater,<br />

sondern Calderen in extremer Größe. Die genaue Wirkung ist nicht vorhersehbar, aber es<br />

werden Flutwellen und Erdbeben vermutet, aber auch eine Klimakatastrophe ist zu befürchten.<br />

Als bekanntestes Beispiel ist hier der Yellowstone Nationalpark (USA) zu nennen.<br />

o Schwarze Raucher befinden sich auf dem Meeresboden und sehen wie Schlote aus, welche<br />

schwarzen Rauch ausstoßen. Dieser Rauch hat ca. 350 °C und besteht unter anderem<br />

aus Schwefel, Kupfer, Eisen, Zink und Nickel. Solche Schwarzen Raucher findet man beispielsweise<br />

im Roten Meer.<br />

Unterteilung nach der Art des Magmenzufuhrsystems:<br />

• Zentral-Vulkane sind eine spezielle Art von Vulkanen mit einem röhrenförmigen Förderschlot,<br />

welcher Magma aus dem Erdinneren an die Oberfläche befördert. In Folge dessen entstehen<br />

häufig Calderen. Die meisten Vulkane sind Zentral-Vulkane.<br />

bekannte Vertreter: Vesuv und Ätna (Italien), Askja und Snaefellsjökull (Island)<br />

• Spalten-Vulkane besitzen keinen zentralen Förderschlot, anstattdessen fließt die Magma aus<br />

einer länglichen Spalte. Dadurch entstehen häufig Bergrücken mit weitflächigen <strong>La</strong>vafeldern.<br />

Kommt besonders häufig in Island vor. Beispiel: Hekla (Island)<br />

Unterteilung nach Aktivität:<br />

Ist nicht immer ganz einfach und auch die Wissenschaft kann einen Vulkan nicht immer mit Sicherheit<br />

nach aktiv, schlafend oder erloschen einteilen. So ist die Yellowstone-Caldera ca. 2 Millionen Jahre alt<br />

und es gab seit 70.000 Jahren keinen Ausbruch mehr, und doch weiß man, dass dies einer der gefährlichsten<br />

und aktivsten Vulkane der Welt ist.<br />

• Aktive Vulkane dies ist ein sehr relativer Begriff, da die Lebensspanne eines Vulkans von<br />

wenigen Monaten bis zu Millionen Jahren variieren kann. Manche Vulkane sind jahrtausende<br />

lang mehrmals ausgebrochen, zeigen zur Zeit jedoch keine Aktivität. Andere sind über tausend<br />

Jahre lang nie ausgebrochen, zeigten in den letzten Jahrzehnten aber starke Aktivität.<br />

Beispiel: Arenal<br />

• Nicht aktive Vulkane (schlafende Vulkane) sind zur Zeit nicht aktiv, könnten das jedoch in<br />

Zukunft sein. Beispiel: Turrialba<br />

• Erloschene Vulkane sind Vulkane von denen die Wissenschaft annimmt, dass sie nicht mehr<br />

ausbrechen werden. Ob ein Vulkan erloschen oder nur inaktiv ist, ist jedoch nicht immer voraussehbar.<br />

Beispiel: Barva<br />

MAGMATYPEN<br />

Sind wichtig bei der Unterscheidung von Vulkanen, da sie ihr Ausbruchverhalten beschreiben und<br />

auch die Form des Vulkans klassifizieren. Es liegen jedoch nicht immer eindeutige Formen vor und<br />

auch Vulkane können sich im <strong>La</strong>ufe der Zeit verändern, d.h. es gibt häufig auch Mischformen.<br />

• Rote Vulkane werden so genannt, wenn wenig Siliziumdioxid und wenig Gas (weniger als<br />

52 %) in der Magma enthalten sind. Die <strong>La</strong>va ist mit 1.000 – 1.250 °C sehr heiß und dünnflüssig.<br />

Rote Vulkane bilden meist die Schildvulkane aus.<br />

• Graue Vulkane heißen so, weil im Magma viel Siliziumdioxid und Gas (mehr als 60 – 65 %)<br />

enthalten ist und die <strong>La</strong>va relativ zähflüssig ist. Sie bilden meist die Schichtvulkane aus. Die<br />

meisten Vulkane in Costa Rica werden zu den Grauen gezählt.<br />

50


Walpurga Goebel, Barbara Rittmannsberger<br />

Vulkanismus und Vulkane Costa Ricas<br />

AUSBRUCHSTYPEN<br />

Die Art des Ausbruchs hängt von der Zusammensetzung des Magmas, der Form des Vulkans, der Aktivität<br />

(häufig brechen erloschen geglaubte Vulkane wesentlich heftiger aus, da sich hier ein großer<br />

Druck aufstaut. Beispiel: Arenal), und noch anderen Umständen ab. Es ist somit verständlich, dass es<br />

nicht nur explosiv und effusiv ausbrechende Vulkane, sondern eine Menge Sonderformen (auch viele<br />

Mischtypen) gibt. Die vorherrschende Ausbruchsform in Costa Rica ist die Explosive.<br />

Einige Ausbruchsformen seien hier erwähnt:<br />

• Hawaiianisch: Es tritt dünnflüssige <strong>La</strong>va in großen Strömen und Fontänen aus. Die Ausbrüche<br />

verlaufen jedoch relativ ruhig und zählen zu den Nichtexplosiven.<br />

• Strombolianisch: Die Ausbrüche sind ebenfalls ruhig und nicht explosiv, da sie ständig vonstatten<br />

gehen. Die Vulkane schleudern ständig (sogar mehrmals stündlich möglich) <strong>La</strong>vabrocken,<br />

Gase und Asche in die Luft. Der Vulkan Arenal ist mit einer strombolianischen Ausbruchsform<br />

vergleichbar und das obwohl er eigentlich zu den explosiven Vulkanen gehört.<br />

• Pilianisch: Dieser Typ ist hochexplosiv, d.h. Aschen, Gase und <strong>La</strong>pilli werden hoch in die<br />

Atmosphäre geschleudert (über zwölf Kilometer). Der Krater des Vulkans Rincon de la Vieja<br />

ist durch einen pilianischen Ausbruch entstanden.<br />

• Vulkanianisch: Diese Ausbruchsform hat in der Vergangenheit immer wieder zu heftigen<br />

Ausbrüchen geführt, da die <strong>La</strong>va sehr dickflüssig ist und daher oft explosionsartig ausbricht.<br />

Zusätzlich werden häufig größere Bomben ausgeworfen.<br />

• Peleanisch: Dieser Vulkanausbruchstyp hat die dickflüssigste <strong>La</strong>va aller Ausbruchstypen. Eine<br />

Glutlawine, die aus einem Gemisch von <strong>La</strong>va, Asche und Gestein besteht, quillt über den<br />

Kraterrand und brennt auf ihrem Weg hinunter alles nieder. Aufgrund des hohen Gasdrucks,<br />

der in solchen Vulkanen herrscht, kommt es zusätzlich zu heftigen Explosionen.<br />

• Phreatomagmatisch: Bei Ausbrüchen dieser Art kommt die Magma in Kontakt mit Wasser,<br />

das löst eine Wasserdampfexplosion im Vulkan aus. Zu solchen Ausbrüchen kann es an <strong>La</strong>nd,<br />

unter Wasser oder auch im Eis kommen. Der Poás wird auf Grund seiner manchmal geysirartigen<br />

Fontänen hierzu gerechnet.<br />

PLATTENTEKTONIK<br />

Um die tektonischen Vorgänge unseres Planeten zu verstehen, ist es notwendig den schematischen<br />

Aufbau der Erde zu kennen. Die Plattentektonik ist die Theorie für die großräumigen Abläufe in der<br />

Lithosphäre, zu dieser gehören die Erdkruste (kontinentaler und ozeanischer Teil) und der feste Teil<br />

des oberen Erdmantels. Der mobile Teil des oberen Erdmantels gehört zu der unterhalb liegenden<br />

Asthenosphäre.<br />

Nach Theorie der Plattentektonik ist die Lithosphäre in sieben große und etliche kleine Platten auseinandergebrochen.<br />

Dabei handelt es sich um massive Gesteinskörper, deren Umrisse jedoch nicht mit<br />

den Kontinenten übereinstimmen. Letztere werden nur passiv mit den Platten mittransportiert. Die<br />

Plattentektonik beschreibt die Bewegungen dieser Platten (= Kontinentalverschiebung) und die daraus<br />

resultierenden Erscheinungen. Durch die Erkenntnis des Schalenbaus der Erde kann man sich die<br />

Konvektionsströme im Erdmantel erklären, wie die Lithosphärenplatten in bestimmte Richtungen<br />

bewegt werden und dabei miteinander reagieren. Diese Bewegungen sind nur möglich, weil die Asthenosphäre<br />

heiß und verformbar ist. Aus dem großen Druck dieser Kontinentalverschiebung resultieren<br />

Faltenbildungen (Gebirge) und Tiefseerinnen. Die relativen Bewegungen der Platten sind messbar<br />

und liegen zwischen 2 und 16 cm jährlich. So ist auch die Theorie der Plattentektonik entstanden.<br />

Alfred Wegener hat bereits 1915 festgestellt, dass die Kontinente wie Puzzelteile zusammenpassen.<br />

Zusätzlich wurden in Afrika und Südamerika die gleichen fossilen Funde einer Spezies entdeckt, was<br />

darauf schließen lässt, dass die beiden Kontinente ursprünglich einmal zusammengehangen sind. Heute<br />

ist dies wissenschaftlich bestätigt und dieser „Urkontinent“ wird als Pangäa bezeichnet.<br />

Diese großen Änderungen in der kontinentalen Kruste führen zu sekundären Phänomenen, wie Vulkanismus<br />

und Erdbeben (Beispiel großes Beben 1991 in Costa Rica), die ihrerseits wiederum Tsunamis<br />

auslösen können. Diese Phänomene treten insbesondere dort auf, wo die Platten aneinander stoßen.<br />

51


Walpurga Goebel, Barbara Rittmannsberger<br />

Vulkanismus und Vulkane Costa Ricas<br />

Es gibt verschiedene Arten von Plattengrenzen:<br />

• Divergierend: Die Platten bewegen sich voneinander weg. Eine solche Plattengrenze ist<br />

durch zentrale Grabenstruktur gekennzeichnet (Mittelozeanischer Rücken oder Tiefseerinnen<br />

genannt). Hier entstehen Vulkane der Spreizungszone.<br />

• Konvergierend: Die Platten kollidieren miteinander bzw. subduzieren. Zeichen dafür sind einerseits<br />

Hochgebirge („aufwölben“ der Platte) an Kontinentalrändern, und anderseits tiefe<br />

Gräben („abtauchen“ der Platten). Als sekundäres Phänomen treten hier Subduktionsvulkane<br />

auf.<br />

• Konservativ: Die Platten gleiten aneinander vorbei, was jedoch nicht kontinuierlich, sondern<br />

meist ruckartig erfolgt. Diese Bewegung äußert sich häufig in Form von Erdbeben.<br />

VORKOMMEN VON VULKANEN<br />

• Vulkane der Spreizungszone liegen beinahe alle auf dem Meeresboden, dort wo die tektonischen<br />

Platten der Erdkruste auseinanderdriften. Das aufsteigende Magma aus der Lithosphäre<br />

drängt die Platten jedes Jahr um einige Zentimeter auseinander (= “Sea-Floor-Spreading“).<br />

Durch gegenseitige Subduktion der Krustenplatten wächst der Atlantik und schrumpft der Pazifik<br />

im Gegenzug. Vulkane der Spreizungszone sind zumeist rote Vulkane oder Schildvulkane.<br />

• Vulkane der Subduktionszone treten dort auf wo Erdplatten aufeinander treffen und die Platte<br />

mit der höheren Dichte unter die andere geschoben wird. Die hinuntergeschobene Platte erhitzt<br />

und schmilzt schließlich. Die andere Platte wird dadurch angehoben. Durch das Schmelzen<br />

des oft siliziumdioxidreichen Gesteins bildet sich Magma, welche mit hohem Druck an<br />

die Erdoberfläche gelangt und somit die Grundlage für Vulkane bildet. Zu den Vulkanen der<br />

Subduktionszone zählen hauptsächlich graue Vulkane oder Schichtvulkane, diese bilden den<br />

sogenannten „Ring of Fire“, den pazifischen Feuerring. Entlang dieses Gebietes liegen 65 %<br />

der Vulkane, die innerhalb der letzten 10.000 Jahre aktiv waren.<br />

Der pazifische Feuerring – „Ring of Fire“<br />

52


Walpurga Goebel, Barbara Rittmannsberger<br />

Vulkanismus und Vulkane Costa Ricas<br />

• Intraplattenvulkanismus (z.B. Hot Spots, Plumes) erklärt die Entstehung von Vulkanen außerhalb<br />

von Subduktionszonen. Über „Hot Spots“ und „Plumes“ (werden teilweise auch synonym<br />

verwendet) gibt es die verschiedensten Theorien, es gilt jedoch noch keine als gesichert.<br />

Ein „Hot Spot“ ist eine ortsfeste Aufschmelzung des Erdmantels aus der ständig geschmolzenes<br />

Material aufsteigt. Durch das ständig aufsteigende Magma baut sich ein großer Druck auf,<br />

der solange steigt, bis die Erdkruste aufbricht, und es zu einem Vulkanausbruch kommt. Die<br />

Erdkrustenplatten „schwimmen“ über die „Hot Spots“ hinweg. So ist zum Beispiel die Inselgruppe<br />

Hawaii entstanden (perlschnurartig aneinander gereiht). Driftet die Platte weiter, entfernt<br />

sie sich vom „Hot Spot“ und wird damit inaktiv.<br />

Plumes versorgen Vulkane im Untergrund mit Magma. Sie verbleiben stationär im Erdmantel,<br />

während sich die Platte über den Versorgungskanal bewegt.<br />

2.2.2 Vulkane und Menschen weltweit<br />

GESCHICHTE<br />

Die Menschen scheinen schon seit Urzeiten die Nähe des Vulkans zu suchen. So haben Anthropologen<br />

Spuren in Tansania an einem Vulkan entdeckt, die über 3,7 Millionen Jahre alt sind. In der Nähe der<br />

Vulkane fanden die Urmenschen gute Bedingungen zum leben: einen fruchtbaren Boden, ausreichend<br />

Nahrung (Tiere und Pflanzen) und Rohmaterial für Werkzeuge und Waffen. Auch wenn verheerende<br />

Vulkanausbrüche die Menschen aus der Nähe der Vulkane vertrieben, kehrten doch die meisten zurück,<br />

sobald die sichtbare Gefahr vorbei war.<br />

So ist es nicht verwunderlich, dass sich auch zahlreiche Mythen und religiöse Vorstellungen um die<br />

„Feuerberge“ ranken. Sei es der schon erwähnte römische Gott Vulcano, die biblische Geschichte um<br />

Sodom und Gomorrha, der isländische Feuervogel, die hawaiianische Vulkangöttin Pele, oder das<br />

sagenumwobene Atlantis. Auf der ganzen Welt haben die Vulkane den Glauben der Menschen geprägt.<br />

VULKANAUSBRÜCHE<br />

Große Vulkanausbrüche haben wesentlich weitreichendere Folgen, als es auf den ersten Blick vielleicht<br />

scheint. So fallen nicht nur immer wieder viele Menschen einem Vulkanausbruch zum Opfer,<br />

sondern es kommen viele Überlebende der unmittelbaren Katastrophe durch deren Folgen um (Verlust<br />

von Hab und Gut, Hungersnöte durch Ernteverlust, etc.).<br />

Vulkanausbrüche werden durch den „VEI“ (volcanic explosivity index) definiert, dabei werden die<br />

Größe, die Heftigkeit, das Volumen und die Höhe der Eruptionswolke erfasst.<br />

EINIGE DER GRÖßTEN UND BEKANNTESTEN VULKANAUSBRÜCHE SIND HIER<br />

AUFGELISTET:<br />

• 79 n. Chr. Vesuv (Italien): Die Städte Pompeji und Herculaneum wurden völlig zerstört und<br />

ungefähr 25.000 Menschen starben.<br />

• 1815 Tambora (Indonesien): Dies war der heftigste Ausbruch, der bisher beobachtet wurde<br />

(50 km³ vulkanisches Material). Der Ausbruch und dessen Folgen forderten ca. 92.000 Menschenleben.<br />

• 1883 Krakatau (Indonesien): Es kamen ca. 30.000 Menschen um.<br />

• 1902 Mont Pelée (Martinique): Der Ausbruch forderte ca. 30.000 Menschenleben und die<br />

acht Kilometer entfernte Hafenstadt St. Pierre wurde zerstört.<br />

• 1912 Katmai (USA, Alaska): Dieser gilt als der schwerste Ausbruch im 20. Jahrhundert.<br />

• 1980 St. Helens (USA): Der Vulkan explodierte (der Kegel brach ein), trotz großer Evakuierungen<br />

starben 62 Menschen.<br />

• 1985 Nevado del Ruiz Armero (Kolumbien): Durch die Explosion wurden Eiskappen geschmolzen<br />

und Wasser- und Schlammmassen freigesetzt, die die Stadt Armero verwüsteten.<br />

Dabei kamen 31.000 Menschen ums Leben.<br />

• 1991 Pinatubo (Philippinen): Es wurden 7 km³ Asche ausgeworfen und 1.000 Menschen starben,<br />

trotz rechtzeitiger Evakuierung.<br />

53


Walpurga Goebel, Barbara Rittmannsberger<br />

Vulkanismus und Vulkane Costa Ricas<br />

Auch in Costa Rica kam es immer wieder zu Katastrophen nach Vulkanausbrüchen, diese werden<br />

jedoch in den nachfolgenden Kapiteln zu den einzelnen Vulkanen erwähnt.<br />

GEFAHRENZONEN<br />

Die Einteilung von Gefahrenzonen ist nicht leicht, da jeder Vulkan eine andere Ausbruchsform hat<br />

und somit andere Risiken birgt. Es gibt somit keine einheitlichen Kilometerangaben für die Gefahren<br />

bei einem Ausbruch. Zusätzlich gibt es unterschiedliche Einteilungen mit Ziffern, Buchstaben, etc.<br />

Eine ganz allgemeine Einteilung ist folgende:<br />

Die rote Zone nahe am Vulkan ist die Zone des Todes, pyroklastische Ströme würden alles zerstören.<br />

In der gelben Zone droht für die Menschen keine unmittelbare Lebensgefahr. Doch der Ascheregen<br />

würde den Menschen das Atmen erschweren. Hausdächer könnten durch die <strong>La</strong>st der Asche und <strong>La</strong>vabrocken<br />

einstürzen.<br />

In der blauen Zone kann sich die Asche mit Wasser vermischen und reißende Schlammlawinen auslösen.<br />

LANDWIRTSCHAFT<br />

Nach Vulkanausbrüchen verteilt sich die nährstoffreiche Asche, und durch den Regen werden die<br />

Vulkanaschen aufbereitet. So kann sich der Boden rasch wieder regenerieren, außerdem können die<br />

porösen Gesteinspartikel die Feuchtigkeit gut binden. Schon wenige Jahre nach einem Ausbruch gedeihen<br />

bereits die ursprünglichen Pflanzenkulturen wieder. Besonders in den tropischen und subtropischen<br />

Regionen kommt es zu einem raschen Pflanzenbewuchs nach einem Vulkanausbruch. Je trockener<br />

oder auch kälter das Klima ist, umso länger dauert es bis die Spuren eines Ausbruchs verschwinden.<br />

Je nach Klima werden die unterschiedlichsten Plantagen angebaut. Auf dem Ätna etwa, herrschen<br />

Orangen- und Zitronenplantagen vor, aber auch Wein wird angebaut („Etna Rosso“). Die vulkanischen<br />

Insel <strong>La</strong>nzerote (ebenso wie die Azoren) wird für Weinbau genutzt, die Weinstöcke werden<br />

einzeln vor Wind und Erosion geschützt gezogen. Bananenplantagen werden auch schon kurz nach<br />

einem Ausbruch (Bulldozer ebnet; für Bananen gute Bedingungen auf vulkanischem Boden) auf den<br />

Kanarischen Inseln gesetzt. In Asien, als Beispiel seien die Philippinen genannt, werden Tee- oder<br />

Reisplantagen an den Vulkanhängen gezüchtet.<br />

Viel schwieriger gestaltet sich die Wiederbesiedelung auf <strong>La</strong>vaströmen, die dauert meist mehrere<br />

Jahrhunderte. Am Grad der Besiedelung kann man daher oft das Alter dieser <strong>La</strong>vaströme abschätzen.<br />

TOURISMUS<br />

Bereits die alten Römer zog es immer wieder zu den heißen Thermalquellen, aber sie bevorzugten<br />

Quellen, die nicht in der Nähe der Vulkane lagen um den Gott „Vulcanus“ auf keinen Fall wütend zu<br />

machen.<br />

Im Mittelalter boomten die heißen<br />

Quellen regelrecht, da man entdeckte,<br />

dass sie eine lindernde Wirkung<br />

bei vielen Krankheiten durch ihre<br />

mineralischen Bestandteile hatten.<br />

Eine völlige andere Art von Vulkantourismus<br />

gab es rund um den Globus<br />

auch noch: den religiöser Art. In<br />

fast allen Kulturen hatten die Götter<br />

ihren Sitz auf den Vulkanbergen.<br />

Schon früh fanden viele naturwissenschaftlich<br />

Interessierte gefallen<br />

an Vulkanen, und bereisten sie auch<br />

(Beispiel: Alexander von Humboldt,<br />

Johann Wolfgang von Goethe,<br />

Charles Darwin). Ab dem zweiten<br />

Gruppenfoto am Vulkan Irazú (Aussichtspunkt auf den Krater Principal<br />

mit seinem giftgrünen Kratersee)<br />

Weltkrieg entwickelte sich ein Massentourismus hin zu vielen Vulkangebieten. Besonderes Interesse<br />

galt damals den Azoren, Indonesien, Kanarischen und Griechischen Inseln, wobei vorerst das angenehme<br />

Klima im Vordergrund stand. Die landschaftliche Schönheit der Vulkangebiete führte jedoch<br />

54


Walpurga Goebel, Barbara Rittmannsberger<br />

Vulkanismus und Vulkane Costa Ricas<br />

schon bald zu Schaffung von Nationalparks, die weltweite Bekanntheit erreichten. Auch in Costa<br />

Rica war der erste Nationalpark ein Vulkangebiet: der Irazú und seine Umgebung.<br />

Besonders durch das Fernsehen wurden vielen Menschen die Vulkane näher gebracht, und damit ihre<br />

Scheu vor den „donnernden Bergen“, die davor vor allem aus Katastrophen bekannt waren, abgebaut.<br />

Touristen wollen die Vulkane so nah wie möglich erleben, wodurch Kompromisse zwischen dem<br />

Schutz der <strong>La</strong>ndschaft, den Schutz der Reisenden und den wirtschaftlichen Interessen geschlossen<br />

werden. Gerade Hotelbesitzer bauen ihre Hotels zu nahe an die Vulkane, d.h. innerhalb der Gefahrenzone,<br />

wo eigentlich keine Häuser zugelassen sind. Am Fuße des Arenals stehen auch einige Hotels in<br />

der roten Gefahrenzone, um den Touristen den bestmöglichen Blick auf das <strong>La</strong>vaschauspiel zu bieten.<br />

Immer wieder kommt es auch zu Unfällen von Touristen, die in abgesperrte Gebiete gehen oder einfach<br />

in Krater absteigen (selbst wenn diese erloschen sind, gibt es doch einige Gefahren), da sie die<br />

Gefahren selbst nicht kennen und auch nicht einschätzen können.<br />

ANDERE NUTZUNGEN<br />

Schwefel wird für die verschiedensten Zwecke, unter oft gefährlichen Bedingungen, abgebaut (als<br />

Säuerungsmittel z.B. in Zuckerfabriken, Vulkanisierung von Kautschuk, als Basis für Farbstoffe und<br />

Arzneien). Auch andere Mineralien sind gefragt: Borsäure, Salmiak, Alunit, etc. Heute kann man<br />

viele dieser Stoffe schon technisch herstellen, aber früher war der gefährliche Abbau oft der einzige<br />

Weg. Bestimmte Vulkangesteine, wie Basalt, sind wichtige Baumaterialen. Des Weiteren finden<br />

folgende vulkanische Gesteine Verwendung: Bimsstein, Diamanten, etc.<br />

Die Erdwärme wird heute vielfach zur Wärmegewinnung und Energieerzeugung genutzt. Diese Form<br />

der „Alternativen Energie“ wird auch in Mittelamerika immer populärer. In Costa Rica dient als Beispiel<br />

der Vulkan Miravalles.<br />

VORHERSAGEN VON VULKANAUSBRÜCHEN<br />

Die Vorhersage von Eruptionen wird immer wichtiger, da die Bevölkerung in der Nähe von Vulkanen<br />

jährlich zunimmt. In Costa Rica hat das „Valle Central“ mit Abstand die größte Bevölkerungsdichte,<br />

trotz der Nähe zu einigen Vulkanen. Nicht nur die Bevölkerung an den fruchtbaren Vulkanhängen<br />

nimmt zu, sondern auch die Masse an Touristen, die besonders von den aktiven Vulkanen angezogen<br />

wird. In der unmittelbaren Umgebung des Vulkans ist die Sicherheit der „Vulkantouristen“, und damit<br />

die richtige Einschätzung der Gefahr, von großer Bedeutung.<br />

In den letzten Jahren hat sich die Zahl der Getöteten und Verletzten bei Vulkanausbrüchen weltweit<br />

deutlich verringert, die materiellen Schäden sind dagegen gestiegen.<br />

Alle Signale, die ein Vulkan in einer Ruhepause oder im Vorfeld einer Aktivität aussendet, werden<br />

heutzutage in seismischen Messnetzen genau erfasst. Es werden die austretenden Gase genau analysiert,<br />

der Wärmegradient erfasst, und auch die Gestalt des Vulkans (Vulkane verändern vor Explosionen<br />

häufig ihre Form) beobachtet. Auch Erdbeben können auf einen baldigen Vulkanausbruch hinweisen.<br />

Noch sind die Prognosen von Vulkanausbrüchen relativ unsicher, aber es werden laufend neue<br />

wissenschaftliche Erkenntnisse über Vulkane gewonnen.<br />

2.2.3 Costa Rica –<br />

Entstehung der mittelamerikanischen <strong>La</strong>ndbrücke<br />

Für den geologischen Bau Mittelamerikas sind komplizierte tektonische Vorgänge verantwortlich. So<br />

grenzen hier auf engem Raum viele, teilweise auch kleine Lithosphärenplatten (Cocos-, Karibische,<br />

Pazifische, Südamerikanische und Nordamerikanische Platte) aneinander. Neben Sedimentgestein<br />

spielen daher auch Vulkane und Erdbeben am Aufbau eine große Rolle. Aus diesem Grund ist Mittelamerika<br />

eine besonders instabile Region der Erdkruste. Am westlichen Rand liegt es auf der Karibischen<br />

Platte, und im östlichen Teil auf der Cocosplatte.<br />

Vor etwa 100 Millionen Jahren, im Meozän, begann sich die Karibische Platte unter den Rand der<br />

Cocosplatte zu schieben (Subduktion). Dadurch entstand dort zwischen Nord- und Südamerika <strong>La</strong>nd,<br />

welches einfach aus dem Meer gehoben wurde. Vorerst waren dies nur vereinzelte Inseln. Vor etwa<br />

drei Millionen Jahren wurden diese Inseln durch Anhebungen des Meeresbodens, vulkanische Tätig-<br />

55


Walpurga Goebel, Barbara Rittmannsberger<br />

Vulkanismus und Vulkane Costa Ricas<br />

keit und Erosionsvorgänge, miteinander verbunden. Damit wurde eine <strong>La</strong>ndbrücke gebildet, die seither<br />

die Verbindung zwischen Nord- und Südamerika darstellt.<br />

Mit der Subduktion der Karibischen Platte, und der folgenden Verwerfung, gingen wie an jedem Plattenrand<br />

Vulkanausbrüche und Erdbeben einher. Vulkanische Aktivitäten haben somit die <strong>La</strong>ndschaft<br />

Mittelamerikas geformt, welche mit hohen Gebirgsketten durchsetzt ist. Die meisten dieser „Berge“<br />

sind jedoch Vulkane, die zum Großteil erloschen sind. In den Kraterkesseln (Calderen) haben sich<br />

teilweise großflächige Seen gebildet, von denen einige, auf Grund ihrer chemischen Zusammensetzung,<br />

ein wunderschönes Farbenspiel bieten.<br />

Auf den ersten Blick lässt sich in Costa Rica eine natürliche Gliederung in drei geographische Gebiete<br />

von Nordosten nach Südwesten erkennen: das Karibische Tiefland an der atlantischen Seite, das hügelige<br />

Küstenvorland auf der pazifischen Seite, und dazwischen die Kordillerenkette mit vulkanischem<br />

Ursprung.<br />

Letztere wird im Allgemeinen in vier Teile gegliedert:<br />

• Cordillera de Guanacaste: Sie liegt im Norden und besteht aus einer Aneinanderreihung<br />

erdgeschichtlich junger Vulkankegel (Orosi, Rincón de la Vieja, Miravalles, Arenal).<br />

• Cordillera de Tilaran: Sie schließt an die Cordillera de Guanacaste an und ist ein relativ<br />

kleiner Gebirgszug. Sie bildet ein Bindeglied zur Cordillera Central. Die Berge sind meist bewaldet<br />

und erreichen Höhen bis etwa 1.300 m.<br />

• Cordillera Central: In der Mitte der Gebirgskette liegt die Cordillera Central, die sich zu einer<br />

hügeligen Hochebene der Meseta Central verbreitert, wo sich die bekanntesten Vulkane<br />

des <strong>La</strong>ndes befinden (Poás, Barva, Irazú, Turrialba). Sie erreichen Höhen von über 2.500 m.<br />

• Cordillera de Talamanca: Diese Cordillera liegt ganz im Süden und stellt das bisher am wenigsten<br />

erschlossene Gebirgsmassiv dar, das im 3.820 m hohen Chirripó gipfelt. Sie ist aus<br />

klastischen Gesteinen und Kalken, mit vulkanischen Einschlüssen, aufgebaut.<br />

2.2.4 Vulkane Costa Ricas<br />

In Mittelamerika gibt es über 50 aktive Vulkane, von denen ein Großteil im mittleren Tertiär entstanden<br />

ist und zum Typ der Subduktionsvulkane zählt. Alle Vulkane Mittelamerikas gehören, wie auch<br />

die meisten Vulkane Nord- und Südamerikas, zum Pazifischen Feuerring.<br />

In Costa Rica selbst gibt es etwa 90 inaktive Vulkane und 10 aktive Vulkane, die wie auf einer Schnur<br />

aufgereiht in Sichtweite zu ihrem jeweiligen Nachbarn liegen. Sie bestimmen die gesamte Geomorphologie<br />

des <strong>La</strong>ndes.<br />

Aktive Vulkane<br />

Vulkan Arenal Vulkan Poás, Kratersee Vulkan Irazú, Kratersee<br />

VULKAN ARENAL<br />

<strong>La</strong>ge:<br />

Der Vulkan Arenal liegt 16 km westlich der Stadt Fortuna. Der kegelförmiger Berg ist wohl der beliebteste<br />

Vulkan des <strong>La</strong>ndes, da er derzeit ständig aktiv ist. Der 1.643 m hohe Kegel des Vulkan Arenal<br />

überragt den kürzlich gegründeten Nationalpark, der insgesamt acht der zwölf costaricanischen<br />

Vegetationen umfasst. Zu dem 10.800 ha großen Park gehört, neben dem Vulkan Arenal auch noch<br />

56


Walpurga Goebel, Barbara Rittmannsberger<br />

Vulkanismus und Vulkane Costa Ricas<br />

der niedrigere Vulkan Chato (1.100 m), ein schlummernder Kegel mit einem erbsengrünen See im<br />

erloschenen Krater. Der Cerro Chato zeigt seit rund 3.500 Jahren keine Aktivität mehr. Zu dieser Zeit<br />

schob sich der Arenal gerade erst aus dem Boden und wuchs empor wie ein gigantischer Maulwurfshügel.<br />

Mit seinem fast völlig symmetrischen Kegel, gehört der Arenal zu der Gruppe der Stratovulkane<br />

und ist der jüngste Vulkan in Costa Rica. Die ältesten, bekannten Gesteine sind nur 2.900 Jahre alt.<br />

Durch die großen <strong>La</strong>vamengen, die der Vulkan ausstößt, verändert sich die exakte Höhe häufig.<br />

Es ist durchaus nachvollziehbar, dass Costa Ricas Ureinwohner den Berg als heilig verehrten.<br />

Krater:<br />

Vor dem großen Ausbruch 1968 zeigte der Vulkan lediglich hin und wieder eine schwache Rauchaktivität<br />

in seinem alten Krater. Durch die große Eruption bildeten sich drei neue Krater, was ein Indiz für<br />

den enormen Druck ist, der sich im <strong>La</strong>ufe der Jahre aufgestaut hatte.<br />

Ausbrüche:<br />

Bis zu seiner Erstbesteigung im Jahre 1937 glaubte man nicht an einen vulkanischen Ursprung des zu<br />

dieser Zeit etwa 1.633 m hohen Berges, der damals noch völlig überwachsen war. Die letzte große<br />

Eruption (seit bestehenden Aufzeichnungen) dürfte ungefähr um 1500 gewesen sein, da aus dieser Zeit<br />

<strong>La</strong>vaströme entdeckt und analysiert werden konnten.<br />

Doch die erste große Eruption im 20. Jahrhundert, am 29. Juni 1968 (siehe weiter unten: „Der Tag des<br />

Weltuntergangs“), bewies Gegenteiliges. Der Druck, der sich über 450 Jahre aufgebaut hatte, löste<br />

sich in einer gewaltigen Explosion, über fünfzehn Quadratkilometer wurden mit <strong>La</strong>va, Felsen und<br />

Asche bedeckt. Insgesamt gab es Spuren des Ausbruchs auf mehr als 232 km². Die Vegetation des<br />

Vulkans wurde vollkommen vernichtet und das Umfeld verwandelte sich in wenigen Minuten in eine<br />

Mondlandschaft, die noch heute sichtbar ist. Dabei wurden auch die Ortschaften Pueblo Nuevo und<br />

Tabacón völlig zerstört. 80 Menschen kamen damals ums Leben.<br />

Mit dieser ersten Explosion 1968, wurden drei neue Krater geformt. Einer von ihnen bekam den Namen<br />

Krater A und aus diesem strömte noch im September desselben Jahres zum ersten Mal <strong>La</strong>va.<br />

Die größten Risiken am Vulkan Arenal sind die pyroklastischen Ströme. Das sind Feststoff-Gas-<br />

Dispersionen, die sich sehr schnell ins Tal bewegen, und in deren Begleitung explosive vulkanische<br />

Eruptionen auftreten können.<br />

Bis heute blieb der Vulkan einer der aktivsten der Welt, regelmäßig fließt <strong>La</strong>va an den Hängen ins Tal<br />

und immer wieder wirft er glühende Gesteinsbrocken, deren Durchmesser bis zu 5,7 m betragen, auf<br />

ca. 300 m Höhe in die Atmosphäre. Es kann mehrmals täglich zu Eruptionen kommen, manchmal ist<br />

aber auch für einen ganzen Monat Ruhe. Bei gutem Wetter kann man tagsüber Rauchwolken vom<br />

Krater aufsteigen sehen, begleitet von einem weithin hörbaren Grollen. Besonders eindrucksvoll ist<br />

der Vulkan bei Dunkelheit, wenn die orangeglühende <strong>La</strong>va die Nacht erhellt.<br />

Seit 25 Jahren beobachten Seismologen des Smithonian Institute und der Universidad de Costa Rica<br />

(UCR) den Vulkan und registrieren jede Aktivität. Die ehemalige Beobachtungsstation an der Arenal<br />

Observatory Lodge ist heute den Touristen vorbehalten.<br />

„Der Tag des Weltuntergangs"<br />

Der Augezeuge Francisco Araya schildert der Ausbruch des Vulkans Arenal am 29. Juni 1968:<br />

„Am Morgen, an dem der Arenal ausbrach, blickte Angel Valerio aus dem Fenster seines Hauses auf<br />

einen wolkenlosen Himmel. Die perfekte Silhouette des Berges sperrte sich gegen das Licht der ersten<br />

Sonnenstrahlen des Tages, und an den Hängen des Vulkans erwachte das Leben. Wie viele andere<br />

Bewohner war er im Schatten des Vulkans geboren und kannte ihn als majestätischen und stillen Berg.<br />

Gegen 7.00 Uhr verließ er sein Haus um auf seiner Finca einige Kühe auszusuchen, die er an diesem<br />

Tag verkaufen wollte. Im Haus blieben seine Frau Christina und seine beiden Söhne zurück. Etwa eine<br />

Stunde später, als er mit einigen <strong>La</strong>ndarbeitern das Vieh einsammelte, begann die Erde zu zittern und<br />

sie hörten ein schreckliches Rumoren. Sie konnten kaum glauben was sie sahen: An der Flanke des<br />

Arenals öffnete sich ein gigantischer Schlund und schleuderte eine riesige Wolke aus giftigen Gasen<br />

und Glut in den sich verdunkelnden Himmel. Fast gleichzeitig setzte ein starker Niederschlag von<br />

Asche, Schlamm und Steinen ein. „Das Ende der Welt", dachte Angel. So schnell ihn sein Pferd tragen<br />

konnte ritt Angel nach Hause. Der Vulkan schleuderte indes unablässig <strong>La</strong>va in die Höhe. Die Asche<br />

kroch ihm in Augen und Mund, trotz seines Sombreros und eines Tuches, welches er sich zum Schutz<br />

vors Gesicht gebunden hatte. Schließlich erreichte er sein Haus; rief verängstigt nach seiner Familie.<br />

57


Walpurga Goebel, Barbara Rittmannsberger<br />

Vulkanismus und Vulkane Costa Ricas<br />

Doch es gab keine Antwort. Er rannte in die Küche, wo ihn ein schrecklicher Anblick erwartete. Seine<br />

Frau lag tot am Boden. Erschlagen von einem <strong>La</strong>vabrocken, der das Dach durchschlagen hatte. Von<br />

Verzweiflung ergriffen rannte Angel aus dem Haus um seine Söhne zu suchen. Doch schon nach wenigen<br />

Metern fand er sie. Mit verbrannten Kleidern lagen seine beiden Kinder vor ihm. Sie starben, als<br />

sie auf der Flucht das Haus verließen. Entsetzt war Angel sich jedoch bewusst, dass seine Tragödie<br />

kein Einzelschicksal war. Der Ort hatte Hunderte von Einwohnern, die versuchten vor der Eruption zu<br />

flüchten. Das Gebiet war ein Inferno aus glühenden Aschen und klagenden Menschen, die verstört<br />

umherirrten. Auf den Weiden starb das Vieh, es erstickte, verbrannte oder wurde erschlagen. Viele<br />

Menschen sammelten ihre Habseligkeiten ein und versuchten sich in Sicherheit zu bringen. Andere<br />

blieben, um nach ihren Verwandten und Nachbarn zu suchen. Die Schreckensbilder wiederholten sich<br />

in den Dörfern auf der Nordwestseite des Vulkans. Das Dorf Tabacón, wurde zerstört und unter A-<br />

schen begraben. Gegen 11.00 Uhr morgens schleuderte eine wesentlich heftigere Eruption tausende<br />

Tonnen von Asche über die gesamte Region. Die Sonne war nahezu verdunkelt. Die schwarzen Wolken<br />

dehnten sich aus und erreichten entfernt gelegene Gebiete im ganzen <strong>La</strong>nd. All diese Gebiete waren<br />

in wenigen Tagen unter einem Mantel von Staub und Asche gehüllt - an manchen Stellen bis zu<br />

einem halben Meter dick. An den Flanken des Vulkans schoben sich <strong>La</strong>vaströme hangabwärts und<br />

fraßen sich in Felder und Weideland. Flüsse, wie der Arenal und der Tabacón verwandelten sich in<br />

Schlammströme, die Häuser bedrohten und abgelegene Gehöfte von der Umwelt abschnitten. Das<br />

verschmutzte Wasser vernichtete die gesamten Fischbestände. Gegen Nachmittag erreichte die Lufttemperatur<br />

50° C."<br />

(http://www.vulkane.net/)<br />

Die letzten starken Eruptionen gab es am 8. Mai 1998. Es waren vorübergehende Evakuierungen einiger<br />

Hotels notwendig. Doch die Gefahr war schnell vorüber und niemand wurde verletzt. Auch 2003<br />

war der Arenal wieder stärker aktiv.<br />

VULKAN POÁS<br />

<strong>La</strong>ge:<br />

Der Parque Nacional Volcán Poás umfasst ein 5.600 ha großes Areal rund um den gleichnamigen<br />

Vulkankomplex Poás, dessen höchster Punkt auf 2.708 m liegt. Er befindet sich 30 km nördlich der<br />

Stadt Alajuela. Der Hauptkrater hat einen Durchmesser von 1,5 km und eine Tiefe von 300 m (bis zum<br />

Kratersee) und zählt damit zu den größten aktiven Vulkankratern der Erde. Der dampfende Kratersee<br />

misst etwa 350 m im Durchmesser und erreicht Temperaturen zwischen 30 °C und 80 °C. Die durchschnittliche<br />

Lufttemperatur am Vulkan Poás beträgt ungefähr 12 °C.<br />

Krater:<br />

Der Vulkan erhebt sich über die Überreste von zwei erodierten Calderen, die Äußere mit 7 km, die<br />

Innere mit 3 km Durchmesser. Die Gipfelregion besteht aus drei Kratern, die entlang einem Nord-Süd<br />

verlaufenden Bruchsystems orientiert sind. Der Südliche von zwei Kraterseen, genannt <strong>La</strong>guna Botos<br />

hat einen Durchmesser von 400 m und ist 14 m tief. Sein Wasser ist kalt, klar und trinkbar. Da die<br />

letzte Eruption bereits 7.500 Jahre zurückliegt, ist der Krater von dichtem montanem Regenwald bewachsen.<br />

Der See im Hauptkrater ist türkis-blau und von Fumarolen gesäumt, die noch wesentlich<br />

höhere Temperaturen als der Kratersee erreichen. Unter anderem durch die chemischen Austritte in<br />

der Uferregion ist das Wasser extrem sauer. Der Kratersee zählt zu den Sauersten weltweit. Schwefelkristalle<br />

lagern sich um die Austrittslöcher der Fumarolen ab. 90 – 95 °C heißer Wasserdampf, mit<br />

hoch konzentriertem Schwefeldioxyd und Chlorgas, zersetzt das Gestein und führt zu Erdrutschen in<br />

diesen Gebieten.<br />

Flora und Fauna:<br />

Im Bereich des Nationalparks unterscheidet man vier Vegetationstypen:<br />

• Niederer Höhenwald (arrayanes, z.B.: am Weg zum Hauptkrater): Zwergwuchs, Sträucher,<br />

und Bäume nicht über 3 m Höhe. Charakteristische Pflanzen: „sombrilla de probre“ (Gunnera<br />

insignis), Stechginster und Vaccinium poasanum, eine Pflanze, die mit den Heidelbeeren<br />

verwandt ist und nur hier vorkommt.<br />

58


Walpurga Goebel, Barbara Rittmannsberger<br />

Vulkanismus und Vulkane Costa Ricas<br />

• Kraterbereich: ohne Pflanzenbewuchs oder nur wenige z.T. verkrüppelte Pflanzen, die sich<br />

den extremen Lebensverhältnissen angepasst haben.<br />

• Krüppelwald: undurchdringlich, verkrüppelte Bäume.<br />

• Nebelwald: sehr feucht und dunkel, Bäume bis 20 m Höhe (vor allem Eichen, Zedern, Weiße<br />

Zypressen), zahlreiche epiphytisch wachsende Pflanzen wie Moose, Farne, Bromelien und<br />

Orchideen.<br />

Säugetiere sind wegen der Höhenlage eher selten. Das „Poashörnchen“ ist eines der bekanntesten Tiere,<br />

die im Park zu sehen sind. Im Gebiet des Nationalparks leben aber auch Kojoten, Opposums, Kaninchen,<br />

Stinktiere und einige Raubkatzen. Vögel hingegen sind sehr zahlreich, bisher hat man im<br />

Park 79 Arten gezählt. Neben verschiedenen Kolibri-Arten leben hier auch der sagenumwobene Quetzal,<br />

der Schwarzbauchguan und der <strong>La</strong>ucharassari (Grüner Tukan).<br />

Ausbrüche:<br />

Der Vulkan Poás ist bereits seit dem Pliozän (vor 11 Millionen Jahren) aktiv und die meist geysirartigen<br />

Eruptionen fanden immer im Kratersee statt.<br />

Der erste datierte Ausbruch fand 1828 statt. Miguel Alfaro berichtete, dass er Asche und etwas mit<br />

blauen Flammen beobachtet hatte. Die blaue Farbe kam womöglich durch die Verbrennung von Sulfur<br />

zustande.<br />

Seit 1834 werden die Ausbrüche des Vulkans wissenschaftlich registriert. 1860 wurden erstmals Temperaturmessungen<br />

am Kratersee unternommen (39,1 °C). In den folgenden Jahren, bis 1888, stieg die<br />

Temperatur auf 55,5 °C. Im selben Jahr wurden heftige Erdbeben registriert. In den Jahren 1889, 1903<br />

bis 1907, kam es immer wieder zu kleineren, geysirartigen Ausbrüchen mit 70 m hohen Fontainen.<br />

Die stärkste Eruption fand am 5. Januar 1910 statt, als der Vulkan eine fast 8 km hohe Aschensäule in<br />

den Himmel schleuderte. Schweres Material formte Einschlagkrater bis zu ein Meter Tiefe, und große<br />

Teile des Vulkans wurden mit Schlamm bedeckt. Im März desselben Jahres kam es noch zu Aktivitäten<br />

mit Gasausbrüchen.<br />

Die aktivste Zeit hatte der Vulkan Poás zwischen 1952 und 1955, als die Eruptionswolken teilweise<br />

wieder eine Höhe von 8 km erreicht haben sollen, aber ein heftiger Ausbruch blieb trotzdem aus. Zu<br />

dieser Zeit verschwand der heiße See im Hauptkrater plötzlich vollständig. Diese Zeit war auch<br />

gleichzeitig die letzte stärkere eruptive Phase, als neben weißglühendem Gesteinsmaterial und <strong>La</strong>va,<br />

auch große Aschewolken ausgestoßen wurden, die große Teile des Zentraltals mit Vulkanasche bedeckten.<br />

Mit der Gründung des Poás Volcáno National Park 1971, konnte die Vulkanaktivität dauernd beobachtet<br />

werden, und man kam zu detaillierteren Informationen. Von 1977 bis 1979 konnten mehrmals E-<br />

ruptionen beobachtet werden. Am 14. Februar 1978 zum Beispiel, gab es eine Eruption mit einer Höhe<br />

von ca. 2 km.<br />

Seit Januar 1981 konnte man Veränderungen im Vulkan Poás beobachten. Es wurden allerdings keine<br />

phreatischen Ausbrüche beobachtet. Es kam verstärkt zu Gasaustritten, was besonders der umliegenden<br />

Pflanzenwelt zu schaffen machte.<br />

Auch in der Zeit von 1987 bis 1990 hatte der Poás eine aktive Phase, in der es zu Gasausstößen von<br />

bis zu einem Kilometer kam, und die Kraterseetemperatur von 58 °C auf 70 °C anstieg.<br />

1989 verschwand der Kratersee wieder völlig und in dieser Phase bildeten sich flüssige Sulfur-Pools,<br />

die eine Temperatur von bis zu 120 °C erreichten.<br />

1990 verursachte die Aktivität des Vulkans eine „saure Umwelt“, welche die Vegetation in unmittelbarer<br />

Nähe vernichtete. Es kam auch zu beträchtlichen finanziellen Einbußen. Kaffee- und Erdbeerplantagen,<br />

welche an den Hängen des Vulkans angebaut wurden, sind auf Grund des niedrigem pH-<br />

Werts beeinträchtigt und schließlich vollkommen zerstört worden. Auch die Infrastruktur wurde beschädigt,<br />

da Säure die Bausubstanz stark angriff.<br />

Auch 1994 kam es wieder zu Veränderungen: Der Kratersee trocknete erneut komplett aus. Durch den<br />

Austritt von Gas und Asche, welche durch den Wind auch stark verbreitet wurden, musste der Nationalpark<br />

für Besucher gesperrt werden.<br />

In der Zeit von 1995 bis 1997 wurde wieder beobachtet, dass sich die Wassertemperatur im Kratersee<br />

stark verändert hat (von 26 °C auf bis zu 92 °C). Der letzte stärkere Ausbruch fand 1996 statt.<br />

59


Walpurga Goebel, Barbara Rittmannsberger<br />

Vulkanismus und Vulkane Costa Ricas<br />

VULKAN IRAZÚ<br />

<strong>La</strong>ge:<br />

Der mit 3.432 m höchste Vulkan Costa Ricas bekam seinen Namen von dem Wort „Izataru" das in der<br />

Indianersprache „grollender und zitternder Berg" bedeutet. Der Vulkan liegt 35 km nordöstlich der<br />

ehemaligen Hauptstadt Cartago. Er befindet sich im Nationalpark Vulkan Irazú, der eine Fläche von<br />

2.000 ha hat und am 30. Juli 1955 gegründet wurde. Er ist somit der älteste Nationalpark Costa Ricas.<br />

Krater:<br />

Der Stratovulkan breitet sich mit seinen 12 Nebengipfeln auf einer Fläche von 500 km 2 aus und ist<br />

damit der größte Vulkan des <strong>La</strong>ndes. Das Gebiet ist von großer hydrologischer Bedeutung: Zahlreiche<br />

Flüsse entspringen hier, die die grossen Flüsse des <strong>La</strong>ndes speisen, u.a. den Río Chirripó, Reventazón,<br />

Sarapiquí und den Río Grande de Tárcoles.<br />

Der Vulkan hat einen aktiven, kreisrunden Hauptkrater (cráter principal) mit einem Durchmesser von<br />

über einem Kilometer (= eigentlich eine Caldera) und einer Tiefe von etwa 300 m. Ein meist gelbgrüner<br />

See, aus welchem Schwefeldämpfe aufsteigen, liegt auf seinem Grund. Dieser See ist für seine<br />

immer wieder wechselnde Farbe bekannt. Nebenan liegt der ebenfalls runde, 100 m tiefe Krater Diego<br />

de la Haya, dessen Durchmesser über 600m beträgt. In ihm bildet sich bei Regen ebenfalls gelegentlich<br />

ein kleiner See. Südöstlich und Nordöstlich des Hauptkraters befinden sich ebenfalls noch 2 kleinere<br />

Krater. Der Nachbarkrater des Diego de la Haya hat einen Durchmesser von etwa 700 m und eine<br />

Tiefe von 100 m. Dieser ist schon lange erloschen und mit Vulkanasche überzogen. In der Regenzeit<br />

entsteht auch auf seinem Grund ein kleiner See. Die Temperatur am Vulkan schwankt zwischen – 5 °C<br />

und + 15 °C.<br />

Flora und Fauna:<br />

Im Umfeld der Krater hat sich die Vegetation völlig verändert und den extremen Lebensbedingungen<br />

angepasst. Der spärliche und verkümmerte Bewuchs besteht vorwiegend aus Myrten (Vaccinium consanguineum),<br />

einem Strauch mit ledrigen Blättern.<br />

Oberhalb von etwa 3.300 m findet man andine Vegetation vor, die man als páramo bezeichnet (páramo<br />

pluvial subalpino). Diese Vegetationsform trifft man sonst nur in den höchsten Regionen der Talamanca-Kordillere<br />

an. In den etwas niedrigeren Regionen des Parks gibt es Sekundärwälder und Reste<br />

von Primärwäldern. Die häufigsten Baumarten sind Miconia sp. (Melastomataceae), Quercus costaricana<br />

(Fabaceae) und Drymis granatensis (Winteraceae). Wie auf den meisten vulkanischen Gebieten<br />

in Mittelamerika findet sich auch hier Gunnera insignis (Gunneraceae), der „Regenschirm der Armen“<br />

(Spanisch: „sombrilla de probre“).<br />

Die Tierwelt ist wegen der extremen Bedingungen recht artenarm. An Säugetieren leben hier u.a.<br />

Bergkaninchen, Kojoten, Gürteltiere, Stachelschweine, <strong>La</strong>ngschwanz-Wiesel, Rothörnchen und Tigerkatzen.<br />

Zahlreicher sind die Vögel vertreten: u.a. Kolibris, der Junco volcanero (eine Scharrammer der<br />

Gattung Junco), der Eichelspecht, die Kleine Brauneule, der Jilguero (eine Trugdrossel-Art), die<br />

Schlichtdrossel und der Rote Kleiber.<br />

Ausbrüche:<br />

Der Vulkan weist eine lange Geschichte von Eruptionen und eruptiven Phasen auf. Seit dem Jahre<br />

1723 sind Ausbrüche dokumentiert. Eine besonders aktive Phase war in der Zeit von 1962 bis 1965.<br />

Der Vulkan ist nach wie vor aktiv und machte am 13. März 1963 Schlagzeilen. Zu diesem Zeitpunkt<br />

hielt sich gerade der amerikanische Präsident John F. Kennedy in Costa Rica auf, als es zu einem heftigen<br />

Ausbruch kam. Weite Teile des „Valle Central“ wurden mit Vulkanasche bedeckt. In höheren<br />

<strong>La</strong>gen bedeckte eine knöcheltiefe Schicht Vulkanschlamm den Boden, die zwar die Kaffeeernte vernichtete,<br />

letztlich aber den Boden sogar düngte, so dass der Ertrag in den nachfolgenden Jahren stieg.<br />

Heute gilt der Irazú als die „Speisekammer Costa Ricas“, da die fruchtbaren Hänge bis in große Höhen<br />

landwirtschaftlich genutzt werden. Unter anderem werden Zwiebel, Kartoffel und Salat hier angebaut.<br />

1996 brach der Vulkan zum letzten Mal heftig aus. Seither wirft der Vulkan nur manchmal kleinere<br />

Mengen von Asche und Schlacke aus. Gelegentlich sieht man auch Rauchwolken aufsteigen. Die E-<br />

ruptionen des Vulkan Irazú werden oft begleitet von Erdbeben und unterirdischen Grollen, wodurch es<br />

in der Umgebung immer wieder zu Schäden kommt. So wurde Cartagos alte Basilika, bei einem Beben<br />

1912, vollkommen zerstört.<br />

60


Walpurga Goebel, Barbara Rittmannsberger<br />

Vulkanismus und Vulkane Costa Ricas<br />

VULKAN TURRIALBA<br />

Der Vulkan Turrialba liegt nordöstlich von Cartago und hat eine Höhe von etwa 3.340 m. Er ist damit<br />

der zweithöchste Gipfel der Cordillera Central und teilt sich das Fundament mit dem Vulkan Irazú<br />

(Zwillingsvulkan). Er besitzt drei klar bestimmbare Krater: den zentralen Krater, den Cerro Tiendilla<br />

(2.791 m) und den Cerro Armando (2.750 m). Außerdem gibt es noch weitere Krater, die Gase und<br />

Schwefelwasserdämpfe freisetzen. Tropische Feuchtwälder und Vorgebirgs-Regenwald sind die hier<br />

vorherrschenden Waldarten, die Bäume bis zu einer Höhe von 40 m aufweisen – viele besitzen die<br />

außergewöhnlichen Brettwurzeln, die nur im Regenwald zu finden sind.<br />

Im 19. Jahrhundert war der Stratovulkan noch sehr aktiv. Ausbrüche sind aus den Jahren 1853, 1855,<br />

1864 – 1865 und 1866 bekannt. Seit dem letzten Ausbruch 1866 steigen nur hin und wieder Dampfund<br />

Gaswolken aus dem Hauptkrater, ein Zeichen des schlafenden Stadiums.<br />

VULKAN RINCON DE LA VIEJA<br />

Der Vulkan befindet sich im Nationalpark Rincón de la Vieja. Der Vulkankomplex Rincón de la Vieja<br />

zählt zu den schlafenden Vulkanen und hat eine Höhe von 1.916 m. Südöstlich des Hauptkraters befindet<br />

sich die <strong>La</strong>gune Jilgueros, mit einer kleinen Insel in der Mitte. Die höchste Erhebung des Rincón<br />

ist der Doppelgipfel Santa Maria. Der Vulkan hat einen 500 m großen Krater, der bei einer Plinianischen<br />

Eruption vor 3.500 Jahren entstanden, und seit langer Zeit erloschen ist. Hauptattraktion sind<br />

die heißen Quellen mit etwa 45 °C, welche sich in natürlichen Becken sammeln, sowie die blubbernden<br />

Schlammlöcher. Explosive Ausbrüche sind bereits aus den Jahren 1765, 1844, 1849 – 1863, 1912<br />

und 1922 bekannt. Von 1966 bis heute kam es immer wieder zu Aktivitäten. Die letzte war 1998, und<br />

auch für die Zukunft werden Ausbrüche erwartet.<br />

Rund um den Vulkan ist Trockenwald vorherrschend, der nicht so dicht wie Regenwald ist, wodurch<br />

sich Tiere, wie Affen, Nasenbären und Leguane, gut beobachten lassen.<br />

VULKANE MIRAVALLES UND TENORIO<br />

Die Vulkane Miravalles (2.028 m) und Tenorio (1.916 m) befinden sich nordöstlich der Interamericana.<br />

Sie liegen beide in der Cordillera de Guanacaste.<br />

Savannen an den unteren Westhängen, Bergregenwald in den mittleren und Nebelwald in den hohen<br />

<strong>La</strong>gen bestimmen das Bild der beiden Vulkane und bieten überdies vielen Tieren und Pflanzen einen<br />

einzigartigen Lebensraum.<br />

Der Vulkan Tenorio liegt in einem gleichnamigen 12.872 ha großen Nationalpark, und sein Krater ist<br />

mit Wasser gefüllt.<br />

Der Vulkan Miravalles liegt in einem geschützten Naturreservat. Schlammlöcher, dampfende Felsöffnungen<br />

und Schwefelquellen zeugen noch heute von der vulkanischen Aktivität vergangener Zeiten.<br />

Der Vulkan wird jedoch nicht nur für touristische Zwecke genützt, sondern 85 % der benötigten elektrischen<br />

und thermischen Energie Costa Ricas, werden hier mit Hilfe von Wasserkraftwerken, sowie<br />

geothermalen Anlagen, erzeugt.<br />

Nicht aktive Vulkane<br />

VULKAN BARVA<br />

Der Vulkan Barva liegt auf 2.906 m Höhe im westlichen Teil des Nationalparks Braulio Carrillo. Der<br />

Vulkankomplex gilt als seit über tausend Jahre erloschen, da an seinem Kraterrand über 2.000 Jahre<br />

alte Bäume stehen. Die kleinen Kratertrichter füllten sich mittlerweile mit Wasser. Zwei davon, die<br />

<strong>La</strong>guna Barva und die <strong>La</strong>guna El Copey, kann man heute besichtigen.<br />

Die Vegetation rund um den Krater ist ähnlich wie am Vulkan Poás. Die Vulkanhänge sind von dichtem<br />

Nebenwald überzogen.<br />

An der Südflanke wurden mehrere <strong>La</strong>vaströme entdeckt. Der bekannteste, der „Los Angeles“ Strom,<br />

reicht sogar bis Nahe an die Stadt Heredia. Die letzte gesicherte pilianische Eruption fand im Holozän<br />

statt, da <strong>La</strong>vaströme aus dieser Zeit analysiert werden konnten. Es wurde auch von kleinen Ausbrüchen<br />

um 1760 und 1867 berichtet, für die es jedoch noch keine wissenschaftlichen Beweise gibt.<br />

61


Walpurga Goebel, Barbara Rittmannsberger<br />

Literaturangaben<br />

Vulkanismus und Vulkane Costa Ricas<br />

BAKER, C., (2005): Der National Geographic Traveler Costa Rica; Mair’s Geographischer Verlag,<br />

Hamburg, 91, 84, 114-120<br />

BARQUERO HERNANDEZ, J., (1998): Volcán Poás; San José<br />

BARQUERO HERNANDEZ, J., (2001): Volcán Arenal; San José<br />

HESS, H., (2006): Taschenatlas: Vulkane und Erdbeben; Klett-Perthes Verlag, Gotha, 8 – 42, 156 –<br />

161, 238 – 249<br />

JANZEN, D. H., (1983): Costa Rican Natural History, 47 – 61<br />

JAUPART, C., (2000): Vulkane; Lübbe Verlag, Bergisch Gladberg, 6 – 120<br />

KIRST, D., (2005): Das Reise Know-How Costa Rica (Rump, P., Hrsg.); Reise Know-How Verlag,<br />

Bielefeld, 92 – 96, 245 – 246, 257 – 259, 273 – 275, 289, 360 – 374, 400 – 401, 411 – 416<br />

MIRANDA, C., PENLAND, P., (2004): Lonely Planet Costa Rica; Lonley Planet Publication, 211 –<br />

213, 140 – 141, 129 – 131, 190 – 193<br />

RIERGERT, J., LIESS, S., (2003): Die Feuerspucker; Rowohlt Taschenbuch Verlag, Hamburg, 13 –<br />

66<br />

SCHICK, R., (1997): Erdbeben und Vulkane; Beck-Verlag, München, 7 – 13, 69 – 110<br />

http://de.wikipedia.org<br />

http://www.amadeus.co.cr/Amadeusdata/Seiten_D/A_Z/Geo.html<br />

http://www.costaricaguide.info/de/home/besuch/info/textsvulkane.htm<br />

http://www.costaricareisen.com/naturpur/vulkane.htm<br />

http://www.costaricareisen.de/<br />

http://www.mineralienatlas.de<br />

http://www.santoweb.de<br />

http://www.vulkane.net/<br />

62


Christian Kolowratnik<br />

Nationalparks in Costa Rica<br />

2.3 NATIONALPARKS IN COSTA RICA<br />

2.3.1 Die Bedeutung von Nationalparks<br />

Der erste Impuls für die Schaffung von Schutzgebieten erfolgte 1872 in den USA mit der Gründung<br />

des Yellowstone Nationalparks. Das Motiv hierfür war, die Naturreichtümer vor demographischer<br />

Expansion zu schützen, und als Freizeiterholung seiner Besucher zur Verfügung zu stellen. Die damals<br />

geschaffenen Kriterien dienten weltweit als Modell für die Etablierung von Schutzgebieten, obwohl<br />

die Entwicklung sehr langsam vorangeht.<br />

Im <strong>La</strong>ufe der Zeit entwickelten sich unterschiedliche Arten von Nationalparks, da auch verschiedene<br />

Funktionen zu erfüllen waren. So zum Beispiel war in Mittelamerika ein vorrangiges Ziel die Erhaltung<br />

der Artenvielfalt, die durch die starke Abholzung gefährdet war.<br />

Im Allgemeinen lassen sich jedoch folgende gemeinsame Hauptkriterien anführen:<br />

• Die Erhaltung der biologischen Artenvielfalt und ihrer Lebensräume.<br />

• Die Verminderung der Zerstörung natürlicher Ressourcen, dessen biologischer und sozialer<br />

Wert bisher nicht anerkannt wurden.<br />

• Die Kultur und Lebensform der indigenen Bevölkerung zu garantieren.<br />

• Die Gebiete als Erholungsraum für die Bevölkerung zu erhalten.<br />

2.3.2 Historie der Nationalparks in Costa Rica<br />

Die ersten Bestrebungen zum Schutz einzelner Gebiete gab es bereits im 19. Jahrhundert, jedoch<br />

wurde erst 1945 – daher noch vor der Verfassung von 1949, welche in Costa Rica ein wesentliches<br />

Umdenken einleitete – das erste Gesetz für Schutzzonen erlassen. Damals wurden die Eichenwälder<br />

entlang der Interamericana südlich von Cartago sowie der Umkreis von zwei Kilometern um jeden<br />

vulkanischen Krater zu Schutzgebieten erklärt. Und konkretisierte sich mit der Gründung des „absoluten<br />

Naturreservats Cabo Blanco“ im Jahr 1963. Durch fehlende Verwaltung und Kontrolle gingen<br />

diese Absichtserklärungen ins Leere. Erst 1977 wurde die staatliche Nationalparkbehörde (SPN) ins<br />

Leben gerufen, durch welche die gesetzlich geschaffenen Vorgaben durchgeführt werden konnten.<br />

Besondere Anerkennung rief der 1982 ins Leben gerufene bilaterale Nationalpark „<strong>La</strong> Amistad“ zwischen<br />

Panama und Costa Rica hervor. 1992 wurde der grenzüberschreitende Nationalpark „Si-a-Paz“<br />

mit Nicaragua ins Leben gerufen<br />

Diese Bekenntnisse zum Umweltschutz sowie die politische Stabilität bewirkten, dass mehrere<br />

Umweltschutzorganisationen mit Costa Rica im Bereich der Schuldumwandlungsprogramme kooperierten<br />

und auch Büros in Costa Rica eröffneten.<br />

1992 wurde Costa Rica der „Francisco-Assisi Preis“ für die Erhaltung der Umwelt zuerkannt.<br />

1993 wurden die Schutzgebiete in Nationalparks, biologische Reservate, Naturschutzrefugien, Forstreservate,<br />

Schutzzonen und ein Nationalmonument unterteilt. Diese Schutzgebiete machten damals<br />

22,6 % der <strong>La</strong>ndesfläche aus, und sind zu 65 % bewaldet.<br />

Anfang der 90er Jahre unterzeichnete Costa Rica mit den Niederlanden ein Abkommen über die Dauer<br />

von 10 Jahren zur Etablierung der nachhaltigen Entwicklung.<br />

1994 wurde die SINAC (Sistema Nacional de Areas de Conservacion) gegründet, welche die vorher<br />

auf drei Organisationen aufgeteilte (Nationalparkbehörde, Forstdirektion und Direktion für wildlebende<br />

Tiere und Pflanzen) Nationalparkverwaltung unter einer Organisation zusammenfasste<br />

Bis 2006 wurden etwa 27 % der Fläche Costa Ricas unter Schutz gestellt, das sind in etwa<br />

1.400.000 ha.<br />

2.3.3 Kategorieeinteilung von Schutzzonen<br />

NATIONALPARK<br />

Unterstehen dem allgemeinen Naturschutz, sind jedoch für den Tourismus und Studienzwecke offen.<br />

63


Christian Kolowratnik<br />

Nationalparks in Costa Rica<br />

Einrichtungen für Erholungs-, Schulungs- und Forschungszwecke sind hier erlaubt, ebenso wie eingeschränktes<br />

Fischen. Verboten ist Jagen und der Betrieb von Hotels.<br />

BIOLOGISCHE RESERVATE<br />

Diese unterscheiden sich von den Nationalparks dadurch, dass sie nur für wissenschaftliche Zwecke<br />

nutzbar sind, und ansonsten in ihrer Unbelassenheit bleiben sollen. Dadurch sind Fischen, Jagen und<br />

das Sammeln verboten.<br />

FORSTRESERVATE / RESSOURCENRESERVATE<br />

Diese Gebiete sind in der Regel groß und schwer zu erreichen. Sie sind für eine spätere Verwendung<br />

geschützt. Um Druck von außen zu reduzieren ist das Jagen verboten und die Nutzung für Erholungszwecke<br />

streng geregelt. <strong>La</strong>ndschaftsentwicklung ist streng verboten und nur nach Ausnahmefällen und<br />

einer Studie über die Auswirkung auf die Natur gestattet.<br />

WILDRESERVATE<br />

Diese dienen zum Schutz einer bestimmten Tierart, und können auch private Grundstücke enthalten.<br />

Normalerweise haben diese Gebiete keinen wissenschaftlichen oder touristischen Wert, können aber<br />

dafür genutzt werden, solange die geschützte Tierart nicht gefährdet wird.<br />

NATIONALE MONUMENTE<br />

Werden hier der Vollständigkeit halber genannt, da diese auch von der „Servicio de Parques Nacionales“<br />

verwaltet werden.<br />

2.3.4 Die Finanzierung der Nationalparks<br />

DEBT FOR NATURE SWAPS<br />

Ursprünglich wurden die Nationalparks aus dem Forst- und Nationalparkfonds der Republik finanziert,<br />

jedoch wirkte sich die Wirtschaftskrise der 80er Jahre negativ auf das System aus, so bekam die<br />

SPN 1985 nur noch 31 % des Budgets von 1981 zugeteilt. Das Wachstum des Systems konnte nur<br />

durch den Eingriff ausländischer Umweltorganisationen bewerkstelligt werden. Hierbei sei vor allem<br />

die „Debt for Nature Swaps“(DFNS) erwähnt.<br />

DFNS bedeutet, dass Umweltorganisationen Auslandsschulden zu einem höchstmöglichen Abschlag<br />

von den Gläubigerbanken aufkaufen, und tauscht diese mit den jeweiligen Regierungen gegen Umweltinvestitionen.<br />

Dies hat für beide Seiten Vorteile: Das Schuldnerland spart durch die einheimische<br />

Währung oder die Möglichkeit neuer Kredite im Inland wertvolle Devisen, wohingegen die dazu bereitgestellten<br />

Mittel einheimischen Natur- und Umweltschutzorganisationen zufließen.<br />

Die Gläubigerbank reduziert das Risiko der Geldentwertung oder der Uneinbringbarkeit der Schulden,<br />

und das Industrieland vom Schutz globaler Ressourcen und der Entlastung des Entwicklungshilfe-<br />

Budgets.So wurde zum Beispiel ein Großteil des Nationalparks Guanacaste durch einen vom WWF<br />

initiierten DFNS errichtet.<br />

UMWELTORIENTIERTER BILATERALER SCHULDENERLASS<br />

Ein Musterbeispiel für einen umweltorientierten bilateralen Schuldenerlass erließ der US-Kongreß im<br />

Jahr 1990. Es wurden damals 13 Mrd. US$ als Regierungskredit für <strong>La</strong>teinamerika und die Karibik<br />

erlassen, wobei die USA auf die Zinsen verzichteten. Dadurch konnten die Gläubigerländer sich rein<br />

auf die Schuldentilgung konzentrieren. Im Gegenzug dazu verpflichteten sie sich die gesparten Zinsen<br />

in der jeweiligen <strong>La</strong>ndeswährung für Umweltfonds zu verwenden.<br />

PRIVATE FINANZIERUNGEN<br />

Hierunter fallen Investitionen privater Personen und Umweltorganisationen. Unter anderem zählt hierzu<br />

das Projekt in <strong>La</strong> <strong>Gamba</strong>, wo österreichische Spender Regenwald freigekauft hatten, und den staatlichen<br />

Behörden übertrugen.<br />

64


Christian Kolowratnik<br />

2.3.5 Defizite bei der Umsetzung der Naturschutzpolitik<br />

Nationalparks in Costa Rica<br />

Obwohl der Staat Costa Rica sehr um den Schutz seiner biologischen Ressourcen bemüht ist, kann von<br />

einer effizienten Durchsetzung der Naturschutzpolitik leider nicht gesprochen werden. Hier liegt es<br />

aber weniger am Fehlen der finanziellen Mittel als vielmehr an Defiziten im Bereich der Kontrolle und<br />

Vollziehung. Folgende Probleme sind als besonders gewichtig zu bewerten:<br />

• Die Vielfalt der Gesetze und Institutionen, die mit deren Applikationen beauftragt sind.<br />

• Die Größe und Form der Schutzzonen sind in häufigen Fällen nicht optimal, um den Schutz<br />

der Artenvielfalt zu gewährleisten. Außerdem wirken oft die Interessen von Tierschützern,<br />

Bananenkonzernen und Kleinbauern entgegen.<br />

• Durch die Unterteilung in drei Verwaltungsbehörden, wurde die Nutzung der verfügbaren<br />

Ressourcen nicht effizienter. Abgesehen davon, dass diese einem einzigen Ministerium unterstellt<br />

sind, fehlt es an jeglicher Koordination.<br />

• Die unterschiedliche finanzielle und damit personelle Versorgung der verschiedenen Institiutionen.<br />

So hatte 1990 ein Beamter der DGF 7.000 ha Wald zu verwalten, während es bei der<br />

SPN nur 865 ha waren. Dadurch war es der DGF laut eigenen Angaben nicht möglich die fortschreitende<br />

Entwaldung in den Forstreservaten Golfo Dulce und Los Santos zu verhindern.<br />

• Das Management der geschützten Zonen erfolgt ohne Bürgerbeteiligung.<br />

• Die voranschreitende Umweltzerstörung außerhalb der Schutzgebiete.<br />

• Der Siedlungsdruck der landlosen Bauern.<br />

• Die Parks Cahuita (zu 36 %) und Manuel Antonio (zu 51 %) sind noch zum Teil in Privatbesitz,<br />

da durch den Tourismusboom die Bodenpreise sprunghaft angestiegen sind, und es dem<br />

Staat nicht möglich war, die Eigentümer zu entschädigen. Das Problem ist jedoch, dass hier<br />

nur der Eigentümer die Resourcen nutzen kann.<br />

• Schutzgebiete wurden häufig ohne soziale Studie der betroffenen Bevölkerung geplant, und<br />

errichtet, ohne diese zu informieren. Daher ist es nur verständlich, dass viel dieser Menschen<br />

sich nicht mit den Schutzmaßnahmen identifizieren.<br />

2.3.6 Von uns besuchte Nationalparks<br />

PIEDRAS BLANCAS NATIONALPARK<br />

Dieser zwischen Golfito und <strong>La</strong> <strong>Gamba</strong> gelegene Nationalpark wurde 1991 ein Teil des Corcovado-<br />

Nationalpark gegründet, und wurde 1999 zu einem eigenständigen Nationalpark ernannt. Das Problem,<br />

das hier von Anfang an herrschte, war der Besitzanspruch von Privaten, der bereits vor 1991 bestand.<br />

Dadurch wurden die Ressourcen trotz der Ernennung zum Nationalpark weiterhin ausgebeutet.<br />

Der Österreicher Michael Schnitzler erkannte das Problem, und sammelte in Österreich Spendengelder,<br />

um diese Grundstücke freizukaufen (bis 2005 waren dies 33,7 km² bzw. € 2.000.000,-).<br />

Das Projekt „Regenwald der Österreicher“ betreibt die Esquinas Rainforest Lodge, ein Hotel für<br />

Ökotourismus, und die biologische Forschungsstation.<br />

Diese beiden Bilder wurden bei unserer achtstündigen Durchwanderung des Esquinas Regenwaldes aufgenommen.<br />

Links: Aussicht auf das Río Bonito Tal mit einer Ölpalmenplantage; Rechts: teilweise trockenes Flussbett des Río Bonito<br />

65


Christian Kolowratnik<br />

Nationalparks in Costa Rica<br />

NATIONALPARK LA AMISTAD<br />

Dieser Nationalpark wurde im März 1979 gegründet und zeichnet sich dadurch aus, dass er staatenübergreifend<br />

sowohl auf costaricanischem als auch auf panamaischem Territorium ist, wobei der<br />

Hauptteil auf der Seite Costa Ricas liegt und eine Fläche von 192.000 ha einnimmt. Der Park wird<br />

auch „internationaler Friedenspark“ genannt und wurde mittlerweile von der UNO ins Weltkulturerbe<br />

aufgenommen (Costa Ricas Teil 1983, der von Panama 1990)<br />

NATIONALPARK ARENAL<br />

Der 40 km² große Nationalpark hat große Primärwaldbestände, und als Hauptatraktion den Vulkan<br />

Arenal (1.633 m über dem Meeresspiegel), welcher zwei Krater besitzt, wovon einer aktiv ist, und bis<br />

zu 7,5 m große Gesteinbrocken bis zu 300 m hoch schleudert. Der letzte große Ausbruch des Arenal<br />

war im Jahr 1968.<br />

Am Fuße des Vulkans liegt der Arenalsee, welcher der größte Binnensee des <strong>La</strong>ndes ist, und die Ortschaft<br />

<strong>La</strong> Fortuna. Der Arenalsee wurde zwecks Energiegewinnung künstlich aufgestaut.<br />

Blick auf den Regenwald am Arenal,<br />

im Hintergrund der Arenalsee<br />

Im Schatten des Regenwaldes – vor<br />

uns der rauchende Vulkan Arenal<br />

Wanderung über 18 Hängebrücken durch<br />

die Baumkronen des Nationalparks<br />

NATIONALPARK VULKAN POÁS<br />

Der Vulkan Poas ist 2.708 m hoch, und beherbergt in seinem Krater einen Schwefelsäuresee, welcher<br />

eine Temperatur von 40 bis 70 °C , und mit einem pH von weniger als 1 der sauerste Kratersee der<br />

Erde ist. Durch die eventuell aufsteigenden Schwefelgase, kann es kurzfristig notwendig sein, den<br />

Park für Besucher zu schließen. Er bricht etwa im Abstand von 40 Jahren aus. So im Jahr 1950 und<br />

abgesehen von einer „kurzen <strong>La</strong>vaschauer“ erst wieder im Jahr 1994. Sonstige Aktivitäten sind meist<br />

nur geysirartige Eruptionen.<br />

Kratersee der nördlichen Caldera<br />

am Vulkan Poás<br />

Schleichweg durch den Nebelwald im<br />

Nationalpark Poás<br />

Kratersee „<strong>La</strong>guna Botos“ der<br />

südlicheren Caldera am Poás<br />

NATIONALPARK VULKAN IRAZÚ<br />

Der nördlich von Carthago gelegene Irazú ist mit 3.432 m der höchste Vulkan Costa Ricas, so dass<br />

man wenn man Glück hat, einen guten Überblick über die Meseta Central erhält und von hier sowohl<br />

den Atlantischen als auch den Pazifischen Ozean sehen kann. Der Nationalpark Irazú ist der älteste<br />

Nationalpark Costa Ricas. Er besitzt 4 Kraterlöcher, von denen jedoch der Hauptkrater nicht mehr<br />

66


Christian Kolowratnik<br />

Nationalparks in Costa Rica<br />

aktiv ist. Die letzten Ausbrüche des Irazú waren eine Ausbruchsphase, welche von 1963 bis 1965<br />

dauerte, und dann wieder im Dezember 1994. Der Name besteht aus zwei zusammengesetzten indianischen<br />

Wörtern „ara“ (Punkt) und „tzu“ (Donner).<br />

Kraterlandschaft am Irazú mit<br />

andiner Vegetation (páramo)<br />

Hauptkrater „Principál“ des Vulkans<br />

Irazú<br />

Nebenkrater „Diego de la Haja“ des<br />

Vulkans Irazú<br />

NATIONALPARK MANUEL ANTONIO<br />

Der südlich von Quepos gelegene Nationalpark Manuel Antonio ist für seine Fläche der touristisch am<br />

stärksten genutzte Nationalpark Costa Ricas. Er beinhaltet knapp 7 km² <strong>La</strong>ndfläche sowie 550 km²<br />

Seefläche. Bekannt ist dieser Nationalpark für seine Vielfalt an nicht menschenscheuen Tieren. Neben<br />

über 350 verschiedenen Pflanzenarten gibt es dort 109 verschiedene Säugetierarten. Nahezu alle Reptilien<br />

der Costa-Rica-Pazifikküste sind dort anzutreffen. Der Park beinhaltet mehrere öffentliche<br />

Strände, mit einer Vielfalt unterschiedlichster Fischarten.<br />

Ostseite des Nationalparks Manuel<br />

Antonio<br />

Westseite des Nationalparks Manuel<br />

Antonio<br />

Einer der zahlreichen Einsiedlerkrebse<br />

entlang des Nationalparks<br />

Literaturangaben<br />

FRANKE, J., (1993): Costa Rica National Parks and Preserves; The Mountaineers Washington<br />

PRIELER, I., (1997): Die Umweltpolitik Costa Ricas; Diplomarbeit an der Universität Wien<br />

http://centralamerica.com/cr/parks/<br />

http://centralamerica.com/cr/parks/mopiedrasblancas.htm<br />

http://www.laparios.com/artikel/artikel5.htm<br />

67


Teil III<br />

Geschichte<br />

und<br />

Politik<br />

68


Monika Praschberger<br />

Geschichte<br />

3.1 GESCHICHTE<br />

3.1.1 Vom Ursprung der menschlichen Besiedelung<br />

Die Wurzeln der menschlichen Kolonisation Amerikas liegen in Asien: Jägerstämme folgten vor etwa<br />

40.000 Jahren ihrem Wild über die Beringstraße nach Alaska. Von dort breiteten sie sich allmählich<br />

bis nach Südamerika aus. Der erste Nachweis menschlicher Ansiedelung ist ein geschichtlicher<br />

Fund auf der Halbinsel Nicoya.<br />

Die Ureinwohner Costa Ricas lebten als Jäger und Sammler. Die neolitische Revolution begann mit<br />

der Kultivierung von Maniok und Mais. Insgesamt war die Dichte der Besiedelung sehr spärlich, bei<br />

der Ankunft der Spanier lebten nicht mehr als 30.000 Menschen auf der Fläche des heutigen Staates<br />

Costa Rica.<br />

3.1.2 Neuzeit<br />

ENTDECKUNG UND EROBERUNG (16. JH.)<br />

Am 18. September 1502 landete Christoph Kolumbus auf der Insel Uvita (Puerto Limón). Von hier<br />

aus startete er seine Expeditionen entlang der Küste. Er benannte die Umgebung Costa Rica y Castillo<br />

de Oro (reiche Küste und Goldene Burg) und obgleich sich seine Hoffnungen nicht erfüllten, blieb<br />

der Name „Costa Rica“ bestehen.<br />

17 Jahre später starteten Hernán Ponce de León und Juan de Castañeda von Panama zu einer Erkundungsfahrt,<br />

wo sie den Golf von Dulce und den Golf von Nicoya erreichten, ohne jedoch einen Fuß<br />

auf das <strong>La</strong>nd zu setzen. 1522 kam Kapitän Gil González Dávila von Panama über <strong>La</strong>nd, bis an den<br />

Golf von Nicoya. Danach zog er über <strong>La</strong>nd Richtung Nicaragua, wo es zu Kämpfen mit der Bevölkerung<br />

kam und er gezwungen war wieder nach Süden abzuziehen.<br />

Die erste spanische Siedlung wurde 1524 auf Befehl von Francisco Fernández de Córdoba gegründet.<br />

Das freundschaftliche Verhältnis zu der Urbevölkerung währte durch die Besatzermentalität der Spanier<br />

nicht lange, was mit der Zerstörung der Besatzersiedlung durch die Indios endete.<br />

1540 wurde Costa Rica der Audiencia de Guatemala zugehörig und wurde damit von Guatemala aus<br />

verwaltet. Das <strong>La</strong>ndesinnere wurde erst in den 60er Jahren kolonialisiert, da aufständische Indianer<br />

ein Problem darstellten. Der Verwalter Nicaraguas Juan Vásquez de Coronado erreichte 1562 das Valle<br />

Central und konnte durch seine Verhandlungen mit der Urbevölkerung dort Fuß fassen. 2 Jahre<br />

später (1563) gründete er die Stadt Cartago die bis 1823 die Hauptstadt Costa Ricas sein sollte.<br />

1575 wurden die Grenzen Costa Ricas durch den spanischen König Felipe II festgelegt. (im Süden bis<br />

Panama; den Norden schlossen die heutige Provinz Guanacaste und die Halbinsel Nicoya noch nicht<br />

ein)<br />

HEGENOMIE DER SPANIER (17./18.JH.)<br />

Wie in allen <strong>La</strong>ndteilen des spanischen Kolonialreiches kristallisierte sich auch in Costa Rica das System<br />

der Encomienda. (Großgrundbesitzer – Versklavung der Bevölkerung) In vielen blutigen Ausschreitungen<br />

leisteten die Indios im 16., 17. und 18. Jahrhundert erbitterten Widerstand gegen die<br />

grauenhafte Kolonisation der Spanier. Die Population der Indios schrumpfte, während der ersten 100<br />

Jahre spanischer Herrschaft, bis auf die Hälfte.<br />

Die Entwicklung Costa Ricas ging sehr schleppend voran, da keine nennenswerten Bodenschätze gefunden<br />

und ausgebeutet werden konnten. Auch die weite Entfernung zur Verwaltungshauptstadt Santiago<br />

de los Caballeros (Antigua Guatemala) trug das ihrige bei. Die Städte die im 18. Jahrhundert gegründet<br />

wurden, waren am Anfang nur kleine Dörfer mit einer Kirche im Zentrum. Ende des 18. Jahrhunderts<br />

war nur ein sehr kleiner Teil des <strong>La</strong>ndes nutzbar gemacht worden, die Erträge waren gering<br />

und die Bevölkerung dadurch entsprechend arm. Costa Rica wurde somit uninteressant und entwickelte<br />

sich zu einer Randprovinz der Audiencia Guatemala. Erst Anfang des 19. Jahrhunderts, durch die<br />

Einführung der Kaffeepflanze aus Kuba und deren Pflanzung, wurde ein wirtschaftlicher Aufschwung<br />

des <strong>La</strong>ndes erzielt.<br />

69


Monika Praschberger<br />

Geschichte<br />

DIE UNABHÄNGIGKEIT COSTA RICAS (1821 – 1835)<br />

Am 15. September 1821 wurde die Unabhängigkeit Costa Ricas von Spanien durch das Generalkapitanat<br />

Guatemala erklärt. Durch die schlechte Verkehrsverbindung kam die Nachricht von der Loslösung<br />

Spaniens erst einen Monat später in Cartago an.<br />

Zuerst wurde eine Übergangsregierung gebildet, die aber nicht lange wehrte. In Folge kam es zu einem<br />

Bürgerkrieg. 1823 ereigneten sich Kämpfe an den Hängen des Irazú-Massives bei Cartago. Die<br />

Republikaner gingen aus diesen Kämpfen als Sieger hervor, doch der Zerfall des Iturbiden-Reiches<br />

machte diesen Bürgerkrieg im Endeffekt überflüssig.<br />

Am 1. Juli 1823 gründete Costa Rica mit den Staaten Guatemala, Honduras, El Salvador und Nicaragua<br />

die Zentralamerikanische Föderation. Juan Mora Fernández wurde der erste Präsident Costa<br />

Ricas (1824 – 1833 Regierungsperiode). Schon 1825 wurde eine neue Verfassung geschaffen; 1838<br />

zerfiel die Föderation und Costa Rica musste einen Teil der Schuldenlast dieser Institution übernehmen.<br />

DIE REGIERUNGSZEIT BRAULIO CARRILLOS (1835 – 1842)<br />

Nach dem Rücktritt des Präsidenten José Rafael de Gallegos, wurde 1835 Braulio Carrillos Colina zu<br />

dessen Nachfolger bestimmt. Durch etwaige Reformen (Steuer auf landwirtschaftlichen Besitz, Abschaffung<br />

von Feiertagen…) wurde er sehr unbeliebt. Dies führte im September 1835 zu einem bewaffneten<br />

Aufstand der Städte Cartago, Heredia und Alajuela (Guerra de la Liga – Krieg des Städtebundes).<br />

San José wurde nominell zur Hauptstadt erklärt. Nach Ende seiner Präsidentschaft (1837)<br />

gab Colina sein Amt ab, jedoch putschte er sich im nachfolgenden Jahr erneut an die Macht, erklärte<br />

sich als Präsident auf Lebzeiten und regierte mit diktatorischen Mitteln. 1842 wurde Braulio Carrillos<br />

in El Salvador von einem persönlichen Feind erschossen. Francisco Morazán Quesada (früherer Präsident<br />

der Föderation) wurde als Übergangspräsident gewählt. Durch seine Bemühungen für das Wiederaufleben<br />

der Förderation, und die dadurch entstandenen steuerlichen Belastungen der Bürger, stieß<br />

er auf heftige Gegenwehr. Am 15. September 1842 wurde Francisco Morazán Quesada gefangen genommen<br />

und in San José hingerichtet.<br />

AUSRUFUNG DER REPUBLIK (1843 – 1849)<br />

1843 wurde eine konservative Verfassung ausgerufen die erneut Kämpfe und einen Regierungswechsel<br />

brachte. 1847 triumphierten die Liberalen und wählten José Castro Madriz zum Präsidenten.<br />

Am 30. August 1848 wurde das <strong>La</strong>nd zur selbstständigen Republik ausgerufen und nennt sich seither<br />

Repúplica de Costa Rica. Die Verfassung verkündete wichtige demokratische Rechte und ersetzte die<br />

Armee durch eine Miliz. Erst 1850 erkannte Spanien die Unabhängigkeit Costa Ricas formell an.<br />

REGIERUNG RAFAEL MORA (1849 – 1859)<br />

Nach den Rücktritt des 1847 gewählten Präsidenten José Castro Madriz wurde der Geschäftsmann<br />

Rafael Mora Porras gewählt. Trotz zahlreicher politischer Gegner wurde Mora dreimal für sechs Jahre<br />

zum Präsidenten gewählt.<br />

Der US-Abenteurer William Walker wollte die Herrschaft an sich reißen und die Versklavung wieder<br />

einführen. 1856 gelang es ihm, sich die Macht Nicaraguas anzueignen, und erklärte Costa Rica den<br />

Krieg, wodurch es zur Schlacht von Santa Rosa (20. März 1856) kam. Die Eindringlinge wurden<br />

innerhalb kürzester Zeit (viertel Stunde) zurückgeschlagen.<br />

Am 11. April 1856 griff Walker nochmals an. Seine Truppen wurden bis zum Nicaraguasee zurückgedrängt,<br />

wo sie sich in einem Gebäude verschanzten welches von Juan Santamaría in Brand gesetzt<br />

wurde. Bei dem Einsatz verlor Santamaría das Leben und wird seither als Nationalheld verehrt. Nach<br />

weiteren Kampfhandlungen Walkers auf nicaraguanischem Territorium, reichte er am 1.Mai 1857<br />

endgültig die Kapitulation ein.<br />

Präsident Mora wurde 1859 durch die Kaffeearistokratie gestürzt. 1860 versuchte er sich mit der Hilfe<br />

von El Salvador einen Präsidentenplatz zu sichern, scheiterte daran und wurde gefangen genommen<br />

und hingerichtet.<br />

Jesús Jimémez Zamora regierte von 1863 – 1866 und 1868 – 1870. Er führte die Schulpflicht ein<br />

und trieb auch den Straßenbau von Cartago nach Limón voran.<br />

Durch den Erfolg der Kaffeepflanzungen stellte sich ein wirtschaftlicher Aufschwung ein. Krankenhäuser,<br />

Schulen und Häfen wurden ausgebaut.<br />

70


Monika Praschberger<br />

Geschichte<br />

DIE „BANANENREPUBLIK“ (1870 – 1900)<br />

1870 kam General Tomás Guardia Gutiérrez an die Macht und regierte bis zu seinem Tode im Juli<br />

1882. Trotz seinen diktatorischen Mitteln regierte er als liberaler und gerechter Politiker, dessen neue<br />

Verfassung die Förderung des Bildungswesens darstellte und die Abschaffung der Todesstrafe vorsah.<br />

Durch ihn wurde die Kaffeearistokratie zerschlagen und somit ebnete er den Weg in die Demokratie.<br />

1871 kam der US-Amerikaner Minor Cooper Keith nach Costa Rica um eine Eisenbahnlinie von San<br />

José nach Puerto Limón zu bauen. Erst 1890 wurde diese Strecke fertig gestellt. Keith bekam währenddessen<br />

als Gegenleistung ungenutztes <strong>La</strong>nd entlang der Bahnstrecke und ein Nutzungsrecht für<br />

die noch nicht fertig gestellte Bahntrasse. Diese Flächen wurden zum Anbau von Bananen genutzt.<br />

1884 verband sich Keith mit der Bosten Fruit Company. Die aus diesem Zusammenschluss 1889 gegründete<br />

United Fruit Company pachtete und kaufte weiter <strong>La</strong>nd hinzu, wodurch sie ihre Monopolstellung<br />

im Bananenhandel verbessern konnte.<br />

Der wirtschaftliche Aufschwung veränderte die soziale Struktur des <strong>La</strong>ndes. Durch die Entstehung<br />

von Großplantagen mussten die nun landlos gewordenen Kleinbauern auf den Plantagen arbeiten, was<br />

eine enorme Abhängigkeit brachte. Die Exportwirtschaft festigte sich durch die steigenden Kaffeeund<br />

Bananenausfuhren und somit wurde Costa Rica mehr und mehr zur Bananenrepublik.<br />

WELTWIRTSCHAFTSKRISE 1929 – 1933<br />

Mit dem Beginn der Weltwirtschaftskrise 1929 – 1933 sanken der Preis für Kaffee und die Nachfrage<br />

nach Bananen weltweit. Es kam daraufhin zu sozialen und wirtschaftlichen Spannungen. Parteien und<br />

Gewerkschaften entstanden. Aufgrund von Massenstreiks und Aufständen der Plantagenarbeiter,<br />

wurden ein gesetzlicher Mindestlohn sowie ein Sozialversicherungssystem eingeführt.<br />

BÜRGERKRIEG 1948<br />

Aufgrund angeblich gefälschter Präsidentschaftswahlen brach im Februar 1948 der Bürgerkrieg aus.<br />

Der Führer dieser Bewegung war José Mariá Figueres Ferrer dem sich die Bauern und Arbeiter der<br />

Region anschlossen. Die amtierende Regierung holte sich Unterstützung aus Nicaragua und wollte den<br />

„Krieg der nationalen Befreiung“ niederschlagen – dies gelang ihnen aber nicht. Nach Ende des Bürgerkrieges<br />

übernahm Figueres Ferrer die provisorische Regierung.<br />

Denkmal an den Bürgerkrieg von 1948, der 2.000<br />

Menschenleben forderte; San José<br />

1948 – 1958<br />

José Mariá Figueres Ferrer wurde am 19. April 1948 Präsident. Von ihm wurden die Gleichberechtigung<br />

der Schwarzafrikaner und das allgemeine Wahlrecht – auch für Frauen und Schwarzafrikener<br />

– eingeführt. Am 8. Mai 1948 rief er die Zweite Republik aus und ein Jahr später wurde die neue<br />

Verfassung verabschiedet, die noch heute in Kraft ist. Das stehende Heer wurde abgeschafft und<br />

durch Polizeitruppen ersetzt. Figueres Ferrer übergab 1949 die Macht an Otilio Ulate Blanco. Dieser<br />

71


Monika Praschberger<br />

Geschichte<br />

benützte das freigelegte Verteidigungsbudget um ein neues Bildungssystem zu schaffen. Seine Aufgabe<br />

bestand auch darin neuartige Industriezweige zu schaffen um die Abhängigkeit vom unsicheren<br />

Bananen- und Kaffeeexport zu verringern. Am 14. Oktober 1951 wurde Costa Rica Mitbegründer der<br />

Organisation Zentralamerikanischer Staaten (ODECA).<br />

NACH 1958<br />

Nach einigen Präsidentenwechsel und stetig steigender Staats- und Auslandsschulden, gelang es erst<br />

1990 dem konservativen Rechtsanwalt Rafael Angel Calderón Fournier die Inflationsrate von 25 %<br />

auf knappe 10 % zu senken. Am 1. Februar 1993 gründeten die mittelamerikanischen Staaten ein<br />

zentralamerikanisches Integrationssystem, das als gemeinsame Ziele die Einheit Mittelamerikas<br />

und die Schaffung einer Region des Friedens, der Demokratie und des Fortschritts vorsah.<br />

Die Wahl 1994 gewann der erst 39-jährige José Mariá Figueres der zur Partei der nationalen Befreiung<br />

zählte. Im Mittelpunkt seiner Bemühungen sollte der Kampf gegen die Korruption und gegen die Armut<br />

stehen, wobei nach wie vor 20 % der Bevölkerung unter der Armutsgrenze leben. Außenpolitisch<br />

hält Costa Rica engen Kontakt zu den USA, von denen das <strong>La</strong>nd durch Auslandsbeteiligungen in<br />

einer Höhe von 75 % wirtschaftlich abhängig ist.<br />

Von 1998 bis 2002 war Miguél Ángel Rodríguez Echeverría Präsident, der am 8. Mai 2002 von Abel<br />

Pacheco de la Espriella abgelöst. Nach nur einer Amtsperiode wurde, der vorher als Kinderarzt tätige,<br />

Abel Pacheco von Óscar Arias Sánchez abgelöst, der noch heute sein Amt stellt. Óscar Arias<br />

Sánchez wurde 1987 mit dem Friedensnobelpreis zur Sicherung des Friedens in Mittelamerika<br />

ausgezeichnet und war schon einmal, im Jahre 1986, der jüngste Präsident Costa Ricas.<br />

3.1.3 Zeittafel<br />

1502<br />

1519<br />

Christoph Kolumbus landet auf seiner 4. Reise auf der Isla Uvita vor der heutigen<br />

Stadt Puerto Limón<br />

Expeditionen zum Golf von Nicoya unter Juan de Castañeda und Hernán Ponce de<br />

León<br />

1521 Weitere Expeditionen an der Pazifikküste unter Gil González Dávila.<br />

1524<br />

Gründung der ersten spanischen Siedlung Bruselas, die jedoch 1526 von Ureinwohnern<br />

zerstört wurde.<br />

1540 Trennung von Panamá und Eingliederung in die Audiencia de Guatemala.<br />

1561 Juán de Cavallón erobert das zentrale Hochland Valle Central.<br />

1563 Juán Vázquez de Coronado gründet die Stadt Cartago, die bis 1823 die Hauptstadt ist.<br />

1575 Grenzfestlegung der Provinz Costa Rica durch den spanischen König Felipe II.<br />

1821<br />

1823<br />

Am 15. September Unabhängigkeitserklärung des Generalkapitanat Guatemalas (zu<br />

dem auch Costa Rica gehört) von Spanien.<br />

Schlacht von Ochomogo: Monarchisten und Republikaner kämpfen um die weitere<br />

politische Zugehörigkeit des <strong>La</strong>ndes an Spanien und die politische Selbstständigkeit.<br />

Die Republikaner gewinnen und Costa Rica tritt der Zentralamerikanischen Föderation<br />

bei.<br />

1835 Guerra de la Liga: San José gewinnt und wird Hauptstadt.<br />

1835<br />

1838<br />

Braulio Carrillo Colina wird Präsident und führt liberale Reformmaßnahmen und<br />

Steuerreformen ein.<br />

Costa Rica tritt aus der Zentralamerikanischen Föderation aus und erklärt seine staatliche<br />

Souveränität.<br />

1841 Braulio Carrillo entlässt die Regierung und ernennt sich zum Präsident auf Lebenszeit.<br />

1848<br />

Ausrufung der Republik unter Präsident Juan Rafael Mora Porras. Die Verfassung von<br />

1848 verkündete wichtige demokratische Rechte und ersetzte die Armee durch eine<br />

Miliz.<br />

72


Monika Praschberger<br />

Geschichte<br />

1850 Anerkennung der Unabhängigkeit durch Spanien.<br />

1856<br />

Schlacht von Santa Rosa und Rivas, bei der der nordamerikanische Aggressor William<br />

Walker und seine Filibustertruppe bei seinem Versuch Costa Rica zu erobern erfolgreich<br />

geschlagen wird. Juan Santamaría wird zum Volkshelden erklärt.<br />

1869 Einführung der allgemeinen Schulpflicht.<br />

1871<br />

Der costaricanische Staat beauftragt den Amerikaner Minor Cooper Keith mit dem<br />

Bau einer Eisenbahnlinie vom Valle Central an die Atlantikküste um den Kaffee zu<br />

exportieren. Minor Keith beginnt in diesen Jahren mit dem Anbau von Bananen und<br />

gründet die ersten großen Bananenplantagen.<br />

1890 Fertigstellung der Eisenbahnlinie nach Puerto Limón.<br />

1899<br />

Gründung der United Fruit Company, die eine Monopolstellung im Bananenanbau in<br />

ganz Zentralamerika einnimmt und in den kommenden Jahrzehnten stark die Politik<br />

des <strong>La</strong>ndes bestimmt. Ansiedelung von 1.000 Arbeitern aus Jamaika.<br />

1914 Präsident Gonzáles Flores will die Steuergesetze zugunsten der Armen ändern.<br />

1917 Nach einem Militärputsch unter Frederico Tinoca beginnt eine 2-jährige Diktatur.<br />

1929<br />

1900 – 1930<br />

1931<br />

1934<br />

1936 – 1940<br />

1940 – 1944<br />

1948<br />

1949<br />

Infolge der Weltwirtschaftskrise stürzen die Weltmarktpreise für Kaffee und Bananen,<br />

was zu Arbeitslosigkeit und sozialen Spannungen führt.<br />

Abwechselnde Herrschaft der beiden Parteiführer Cleto González Vïquez und Ricardo<br />

Jiménez, mit starker Bindung an die großbürgerlichen Kreise der Exportlandwirtschaft.<br />

Eine Revolte des unterlegenen Präsidentschaftskandidaten Manuel Castro Quesada<br />

wird niedergeschlagen; Konsolidierung der verfassungsmäßigen Herrschaft.<br />

Streik von rund 10.000 Arbeitern gegen die ausbeuterischen Arbeitsbedingungen der<br />

United Fruit Company.<br />

Präsidentschaft des Antikommunisten León Cortés, der offene Sympathie für den<br />

Faschismus zeigt.<br />

Unter Präsident Rafael Calderón Guardia (fortgesetzt unter der Regierung von Teodoro<br />

Picado 1944 – 1948) kommt es zu einem Pakt zwischen Regierung, katholischer<br />

Kirche und Kommunistischer Partei, die damit wieder in die nationale Politik integriert<br />

wird. Soziale Reformpolitik – Einführung des Sozialversicherungssystems.<br />

Nach der Annullierung der Wahlen, in denen der Kandidat der zentristischen Opposition<br />

Otilio Ulate siegreich war, kommt es zum Bürgerkrieg, den die Opposition, geführt<br />

von José Mariá Figueres Ferrer, gegen das Regierungslager (dem auch die Kommunistische<br />

Partei angehört) führt. Figueres Ferrer übernimmt die provisorische Regierung.<br />

Abschaffung der Armee.<br />

Figueres Ferrer übergibt Otilio Ulate, der kurz zuvor den (sozialdemokratisch ausgerichteten)<br />

Partido de Liberación Nacional (PLN) gegründet hat, die Regierungsgeschäfte.<br />

Ulate beginnt ein Bildungsprogramm, führt die Mehrwertsteuer ein und verbessert<br />

das Gesundheitswesen.<br />

1953 Figueres Ferrer wird zum Präsidenten gewählt; Beginn seiner Reformpolitik.<br />

1958 Der Konservative Mario Echandi Jiménez wird Präsident.<br />

1962 – 1970 Präsidentschaften der PLN-Politiker Francisco Orlich und José Trejos.<br />

1970 – 1974 Figueres Ferrer wird erneut Präsident; er setzt die Reformpolitik fort.<br />

1974 Präsidentschaft von Daniel Oduber (PLN)<br />

1978<br />

1982<br />

Der Konservative Rodrigo Carazo wird Präsident. Zunächst Unterstützung der Sandinistischen<br />

Regierung Nicaraguas, danach Annäherung an die US-Position.<br />

Inmitten einer schweren Wirtschaftskrise Übernahme der Präsidentschaft durch den<br />

Sozialdemokraten Luis Monge Alvarez (PLN), der 1983 die ewige Neutralität Costa<br />

Ricas erklärt. Umschuldungsabkommen 1985 und 1986.<br />

73


Monika Praschberger<br />

Geschichte<br />

1986 – 1990<br />

1990<br />

1994<br />

Unter der Präsidentschaft von Oscar Arias Sánchez (PLN) aktive Außenpolitik (Friedensplan<br />

für Zentralamerika und Verleihung des Friedensnobelpreises 1987); neue<br />

wirtschaftspolitische Impulse.<br />

Amtsantritt des christlich-sozialen Präsidenten Rafael Angel Calderón. Versuch, das<br />

enorme Haushaltsdefizit in den Griff zu bekommen.<br />

Der PLN-Kandidat José María Figueres wird zum neuen Präsidenten gewählt. Figueres<br />

verspricht, die wirtschaftliche Stabilisierungspolitik seines Vorgängers durch eine<br />

aktivere Sozialpolitik zu ergänzen.<br />

1998 Miguél Ángel Rodríguez Echeverría wird zum Präsidenten gewählt.<br />

2002 Abel Pacheco de la Espriella löst den vorherigen Präsidenten ab.<br />

2006<br />

Óscar Arias Sánchez ist nun amtierender Präsident, der Aufgrund seiner Bemühungen<br />

zur Festigung des Friedens in Mittelamerika 1987 mit den Friedensnobelpreis ausgezeichnet<br />

wurde.<br />

Literaturangaben<br />

KIRST D., (1995): Reise Know How: Costa Rica; Reise Know How Verlag Bielefeld<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/Hauptseite<br />

http://www.costarica.at<br />

74


Christian Kolowratnik<br />

Verfassung von 1949 und ihre Auswirkungen<br />

3.2 DIE VERFASSUNG VON 1949 UND IHRE<br />

AUSWIRKUNGEN<br />

ODER:<br />

DIE KONSOLIDIERUNG EINER UNRUHIGEN REGION<br />

3.2.1 Einleitung<br />

Noble patria tu hermosa bandera<br />

Expresión de tu vida nos da:<br />

Bajo el límpido azul de tu cielo<br />

Blanca y pura descansa la paz.<br />

En la lucha tenaz de fecunda labor<br />

Que enrojece del hombre la faz,<br />

Conquistaron tus hijos, labriegos sencillos,<br />

Eterno prestigio, estima y honor,<br />

eterno prestigio, estima y honor.<br />

¡Salve oh tierra gentil!<br />

¡Salve oh madre de amor!<br />

Cuando alguno pretenda tu gloria manchar,<br />

Verás a tu pueblo, valiente y viril<br />

<strong>La</strong> tosca herramienta en arma trocar.<br />

¡Salve patria! tu pródigo suelo<br />

Dulce abrigo y sustento nos da;<br />

Bajo el límpido azul de tu cielo<br />

¡Vivan siempre el trabajo y la paz!<br />

So der Text der Nationalhymne Costa Ricas, ein <strong>La</strong>nd das häufig als die Schweiz Südamerikas definiert<br />

wird. Begründet wird dies damit, dass Costa Rica für seine Region hohe Standards an Sicherheit<br />

und Lebensqualität aufweisen kann. (Im Verhältnis: das Durchschnitteinkommen in Costa Rica beträgt<br />

4.300 US-Dollar, während sein Nachbar Nicaragua auf lediglich 845 US-Dollar kommt.) Auch weist<br />

Costa Rica mit 4,2 % die niedrigste Analphabetenrate Südamerikas auf. Wenn man nach Gründen für<br />

diese Stabilität sucht, ist sicherlich die Verfassung von 1949, welche heute nach wie vor Gültigkeit<br />

besitzt, einer der wichtigsten Punkte.<br />

Als im Jahr 1900 José María Zeledón Brenes den Text der obigen Nationalhymne schrieb wahr kaum<br />

vorzustellen, wie sehr er mit den letzten Zeilen – damals zum Teil mehr ein frommer Wunsch als Tatsache<br />

– Recht behalten sollte:<br />

„Heil Dir, Mutterland! Dein fruchtreicher Boden, bietet uns süßen Schutz und Unterhalt;<br />

Unter dem strahlenden Blau deinen Himmels mögen die Arbeit und der Friede stets leben!“<br />

Das obige Staatswappen zeigt die drei wichtigsten Vulkane des <strong>La</strong>ndes und ihre fruchtbaren Hänge<br />

mit den Regenwäldern, sowie die beiden Ozeane, wobei der Sonnenaufgang den Atlantik kennzeichnet.<br />

Die Schiffe stehen für den Handelsverkehr über See und tragen die Nationalflagge. Die Sterne<br />

stehen für die sieben Provinzen Costa Ricas und das blaue Banner weist auf die geografische Zugehörigkeit<br />

zu Zentralamerika hin.<br />

Zum Verständnis des <strong>La</strong>ndes und der Verfassung wird zu Beginn des Kapitels ein kurzer historischer<br />

Rückblick gegeben. (Genauere Daten und geschichtliche Geschehnisse können Sie im Punkt 2 „Geschichte“<br />

dieses Bandes nachschlagen.)<br />

75


Christian Kolowratnik<br />

3.2.2 Historischer Rückblick<br />

Verfassung von 1949 und ihre Auswirkungen<br />

(Unvollständig im Sinne einer Fokussierung zum Verständnis der Verfassung von 1949)<br />

Costa Ricas Vergangenheit war alles andere als stabil. Bereits in der Gründungsphase der<br />

„1. Republik“ waren Streit und Bürgerkriege vorprogrammiert. Costa Rica ging nicht aufgrund einer<br />

eigenständigen Entscheidung in die Unabhängigkeit, sondern vielmehr durch den Einfluss Guatemalas,<br />

welches sich am 15. September 1821, stellvertretend für sämtliche zentralamerikanischen Provinzen,<br />

von Spanien für unabhängig erklärte. Mit dieser Entwicklung begannen in Costa Rica nationale Richtungsstreitereien.<br />

Zum einen die konservativen „monarchistischen“ Bewegungen um Cartago und Herédia,<br />

welche bestrebt waren, einen Anschluss an das mexikanische Kaiserreich herbeizuführen und die<br />

liberale „republikanische“ Bewegung hauptsächlich um San José und Alajuela. Schlussendlich folgte<br />

auf diesen Konflikt 1823 die Schlacht von Ochomongo, welche nach wenigen Stunden mit der Einnahme<br />

Cartagos endete. Die Folge dieser Auseinandersetzung war die Verlegung der Hauptstadt von Cartago<br />

nach San José.<br />

Der zweite Bürgerkrieg fand im Jahr 1838 statt, nachdem der Interimspräsident Braulio Carrillo bei<br />

den regulären Präsidentschaftswahlen des Jahres 1837 unterlag und das Militär zu seinen Gunsten putschte.<br />

Dies war in der Geschichte Costa Ricas das erste Mal, dass ein Präsident durch das Militär ohne<br />

verfassungsmäßige Grundlage ins Amt gesetzt wurde.<br />

Carrillo blieb bis ins Jahr 1842 selbsternannter Diktator von Costa Rica, bis ihn Francisco Morazàn der<br />

vormalige Präsident der mittelamerikanischen Union mit Hilfe des costaricanischen Generals Villasenor<br />

stürzte. Obwohl Morazàn zuerst als Befreier der Diktatur gefeiert wurde, wurde er bereits nach einem<br />

halben Jahr Amtszeit zusammen mit Villasenor exekutiert. Morazàn hatte einen Großteil der Steuereinnahmen<br />

zum Aufbau der Armee verwendet, um die mittelamerikanische Union wieder herzustellen.<br />

Nun folgte eine Zeit der Ruhe und Konsolidierung, die Wirtschaft des <strong>La</strong>ndes wuchs aufgrund des Kaffeeanbaus,<br />

sorgte aber auch für neuen Zündstoff. Diesmal zwischen Kleinbauern und Großgrundbesitzern.<br />

Als nun Präsident Juan Rafael Mora die Gründung einer Nationalbank bekannt gab, welche die<br />

Stellung der Großgrundbesitzer – die bisherigen Kreditgeber – untergraben hätte, wurde dieser gefangen<br />

genommen und exekutiert. Dies war der erste direkte Eingriff der „Kaffeearistokratie“ auf den Regierungsapparat<br />

des <strong>La</strong>ndes. Durch die Häufung solcher Ereignisse wuchs die Kluft zwischen den<br />

Großgrundbesitzern und der einfachen Bevölkerung beträchtlich.<br />

1870 putschte General Tomas Guardia und errichtete bis zu seinem Tod in Jahr 1882 wiederum eine<br />

Diktatur. Er verwies jene Mitglieder reicher Familien des <strong>La</strong>ndes, welche immer wieder zu Umstürzen<br />

anstifteten, was den Einfluss der Kaffeearistokratie schließlich schwächte und dem Staat eine gewisse<br />

Unabhängigkeit ermöglichte. Guardia berief eine verfassungsgebende Versammlung ein, die eine Konstitution<br />

erarbeitete, die 1871 in Kraft trat, und mit Ausnahme kurzer Unterbrechungen bis 1948 Bestand<br />

hatte. Teile hiervon gelten in der Verfassung von 1949 bis heute. Nach dem Tod Guardias, wurde<br />

die Militärdiktatur bis 1890 weitergeführt. In dieser Zeit begann auch die finanzielle Abhängigkeit Costa<br />

Ricas vom Ausland, vor allem durch Einführung von Plantagen unter Initiative der United Fruit<br />

Company. Dadurch flossen große Kapitalmengen ins Ausland ab, und es kam zur Verschuldung des<br />

<strong>La</strong>ndes durch den Eisenbahnbau unter Guardia.<br />

Im darauf folgenden Wahlkampf beteiligten sich nun erstmals mehr als nur die elitären Zirkel des <strong>La</strong>ndes.<br />

Die Politik wurde auch für den kleinen Mann interessant, dadurch bildeten sich erstmals Parteien.<br />

Obgleich das <strong>La</strong>nd nun eine Basis durch die Verfassung hatte, kam es immer wieder zu gewaltsamen<br />

Zwischenfällen und Wahlbetrug. Weiters wurde die Stabilität des <strong>La</strong>ndes durch die beiden Weltkriege<br />

stark beeinflusst. Costa Rica war in diese zwar nicht direkt involviert, jedoch musste es seine europäischen<br />

Absatzmärkte einbüßen, was die exportorientierte Wirtschaft schwer traf.<br />

Schlussendlich eskalierte die Situation, als bei der Präsidentenwahl im Jahr 1947 ein Teil der Stimmzettel<br />

aus ungeklärten Gründen verbrannte. Der „Pacto del Caribe“ welcher sich die Zielsetzung gab, die<br />

diktatorischen Regime der Region zu bekämpfen, nutzte den Moment der Unzufriedenheit in der Bevölkerung<br />

und der Schwäche des Militärs und beschloss unter der Leitung von Figueres Ferrer, welcher<br />

seit 1942 in Mexiko im Exil war, seinen „cruzada democratica“ in Costa Rica zu beginnen. Am<br />

10.März 1948 begann der sechswöchige Bürgerkrieg, welcher 2.000 Menschenleben forderte.<br />

76


Christian Kolowratnik<br />

Verfassung von 1949 und ihre Auswirkungen<br />

Figueres Ferrer musste erkennen, dass dem costaricanischen Volk mehr am eigenen <strong>La</strong>nd lag, als an der<br />

Befreiung der Region, jedoch ermöglichte sein Sieg dem <strong>La</strong>nd eine demokratische Verschnaufpause,<br />

und die Gunst der Stunde wurde genutzt um die Verfassung vom 7. November 1949 zu erstellen, welche<br />

heute noch gültig, und sicherlich auch wichtig für die heutige Stabilität der Region ist. In dieser<br />

Verfassung ist auch die Furcht der Verantwortlichen zu erkennen, dass wieder Unrechtmäßigkeiten<br />

auftreten könnten (z.B. der Ausschluss zur Wiederwahl auf Lebenszeit nach der Präsidentschaft)<br />

3.2.3 Die Verfassung von 1949<br />

Die Verfassung von 1949 umfasst 18 teils große Kapitel (capítulos) und kurze Abschnitte (títulos).<br />

Daraus werden hier kurz die für die Entwicklung der Demokratie wichtigen Teile vorgestellt:<br />

DIE DEMOKRATIE<br />

<strong>La</strong> Republica (Título I):<br />

Artikel 1 des ersten Abschnitts bezeichnet Costa Rica als eine freie und unabhängige und demokratische<br />

Republik, die weiteren Artikel befassen sich mit der nationalen Souveränität.<br />

Wichtig ist Artikel 9, welcher die Einteilung der Gewalt in eine Legislative, Exekutive und Judikative<br />

teilt. Die jeweiligen Institutionen werden in den entsprechenden Kapiteln gesondert behandelt. Nicht<br />

genannt wird hier die Wahlkontrolle, die inoffiziell aufgrund ihrer Macht und Immunität die 4. Macht<br />

genannt wird.<br />

Artikel 12 als Letzter des Kapitels verbietet die Armee als ständige Institution und überträgt es den<br />

Polizeieinheiten für den Erhalt der öffentlichen Sicherheit zu sorgen. Militäreinheiten dürfen nur im<br />

Fall einer kontinentalen Übereinkunft oder zur nationalen Verteidigung organisiert werden. Auf jeden<br />

Fall müssen die Einheiten dann einer zivilen Behörde unterstellt werden.<br />

Warum diese weltweit einzigartige Entscheidung getroffen wurde, lässt mehrere Vermutungen offen.<br />

Zum einen hat das Militär in Costa Rica nie eine wichtige Rolle gespielt und hatte dadurch nicht die<br />

starke Lobby hinter sich, die in anderen Staaten der Region bestand. Zum anderen war natürlich der<br />

Faktor der ständigen Bedrohung der Demokratie. Schon mehrmals wurde in Costa Rica durch das Militär<br />

geputscht und so hätte es eine ständige Risikoquelle dargestellt. Ein weiterer wichtiger Faktor war,<br />

dass die Armee weit unter jedem vernünftigen Standard war, und dadurch eine Aufrüstung immense<br />

Geldmengen gekostet hätte. Durch seinen Verzicht auf eine stehende Armee konnte Costa Rica Gelder<br />

in Sozialprojekte umleiten, und dadurch langfristig die heute bestehenden Sozialstandards erreichen.<br />

DIE GEWALTENTEILUNG<br />

Die Legislative (Titulo IX):<br />

Kapitel 1 legt die Organisationsstruktur des Kongresses fest, indem es dem Volk die legislative Gewalt<br />

durch Wahlen überträgt. Der Kongress ist ein Einkammern-Parlament, welches seit der Verfassungsänderung<br />

von 1961 insgesamt 57 Abgeordnete hat. Die Abgeordneten werden auf eine Dauer von vier<br />

Jahren gewählt, und können danach für die Dauer einer Legislaturperiode nicht wieder gewählt werden.<br />

Das passive Wahlrecht besteht mit der Vollendung des 21. Lebensjahres. Nicht zur Kandidatur zugelassen<br />

sind der Präsident, seine Stellvertreter, Mitglieder des Obersten Gerichtshofes, der Wahlaufsicht,<br />

den Sicherheitskräften sowie der nahen Angehörigen von Inhabern der Wahlämter.<br />

Artikel 2 regelt die Befugnisse der Legislative. Dazu gehören:<br />

• die Verabschiedung, Aufhebung und verbindliche Interpretation der Gesetze<br />

• die Ernennung der Richter des obersten Gerichtshofes<br />

• die Billigung oder Missbilligung von internationalen Abkommen, Verträgen und Konkordaten<br />

• die Entscheidung über die Genehmigung von ausländischen Streitkräften auf Staatsgebiet<br />

• die Ermächtigung der Exekutive den nationalen Verteidigungsfall auszurufen und Frieden zu<br />

schließen<br />

• die Ausrufung des Notstandes und die Außerkraftsetzung der in der Verfassung enthaltenen Individualrechte<br />

77


Christian Kolowratnik<br />

Verfassung von 1949 und ihre Auswirkungen<br />

• die Festsetzung von Staatsetat und Steuern<br />

• die Ernennung des Präsidenten des staatlichen Rechnungshofes<br />

• Aufhebung von Immunitäten<br />

• die Verfügungsgewalt über fundamentale Ressourcen (Energiequellen,…)<br />

• die Einrichtung von Untersuchungsausschüssen<br />

• die Bewilligung von Amnestien<br />

Artikel 3 regelt das Einbringen von Gesetzen. Die Exekutive kann gegen beschlossene Gesetze ein<br />

Veto einlegen, welches die Legislative jedoch mittels eines Beharrungsbeschlusses mit einer Zweidrittelmehrheit<br />

trotzdem durchsetzen kann.<br />

Über die Verfassungsfähigkeit der Gesetze wacht ein Verfassungsgerichtshof.<br />

Die Exekutive (Titulo X):<br />

Artikel 1 erklärt, dass die exekutive Macht im Namen des Volkes durch den Präsidenten und seine<br />

Minister ausgeübt wird. Das passive Wahlrecht zum Präsidenten erhält jeder gebürtige Costa Ricaner,<br />

der das 30. Lebensjahr vollendet hat. Ausgeschlossen von der Wahl zum Präsidenten oder Vizepräsidenten<br />

ist, wer das Amt bereits einmal innehatte, in naher Verwandtschaft zum amtierenden Präsidenten<br />

steht, oder in den 12 Monaten vor der Wahl Regierungsminister war. Auch ausgeschlossen sind Mitglieder<br />

wichtiger Einrichtungen wie der Wahlaufsicht und des Obersten Gerichtshofes.<br />

Die Präsidentschaftswahlen finden alle 4 Jahre am ersten Sonntag im Februar statt. Zusammen mit dem<br />

Präsidenten werden zwei Vizepräsidenten gewählt, die den Präsidenten gemeinsam vertreten können.<br />

Sollte keiner der Kandidaten eine 40 %ige Mehrheit erlangen, hat eine Stichwahl zwischen den beiden<br />

stimmenstärksten Kandidaten stattzufinden. Bei Stimmengleichheit übernimmt der ältere Kandidat.<br />

Kapitel 3 regelt den Aufgabenbereich des Präsidenten.<br />

Er ist befugt:<br />

• Minister einzusetzen und abzuberufen<br />

• die Nation in offiziellen Angelegenheiten zu vertreten<br />

• das Oberkommando über die staatlichen Sicherheitskräfte zu führen<br />

Er ist verpflichtet:<br />

• zu einem jährlichen Rechenschaftsbericht gegenüber dem Kongress<br />

• den Kongress um Erlaubnis zu bitten, sollte er länger als 10 Tage Zentralamerika und Panama<br />

verlassen<br />

Zu den Zuständigkeiten der Minister zählen:<br />

• die Einstellung und Entlassung der Sicherheitskräfte und der Beschäftigten des öffentlichen<br />

Dienstes<br />

• die Verkündigung und Ausführung der Gesetze<br />

• die Erstellung von Gesetzesinitiativen und der Ausübung des Vetorechtes<br />

• der Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung<br />

• die Beaufsichtigung der Verwaltung<br />

• die Verkündigung und Durchführung der von der Legislative beschlossenen Abkommen und<br />

Verträge<br />

• die Koordination der internationalen Beziehungen<br />

• der Empfang von internationalen Staatsoberhäuptern und Diplomaten<br />

• die Einberufung der ordentlichen und außerordentlichen Sitzungen des Kongresses<br />

• die Verfügung über die Sicherheitskräfte<br />

Für Minister gelten dieselben Ausschlusskriterien wie für den Präsidenten und sie sind ebenso dem<br />

Kongress Rechenschaft pflichtig.<br />

78


Christian Kolowratnik<br />

Verfassung von 1949 und ihre Auswirkungen<br />

Die Judikative (Titulo XI):<br />

Die judikative Gewalt (der Oberste Gerichtshof, und die ihm unterstellten Gerichte) sind ausschließlich<br />

der Verfassung und dem Gesetz unterstellt.<br />

Der Oberste Gerichtshof besteht aus 17 vom Kongress auf 8 Jahre bestimmte Richter im Alter von<br />

mindestens 35 Jahren. Im Gegensatz zu anderen Ämtern sind die Richter wieder wählbar. Vom Amt<br />

ausgeschlossen sind Verwandte der Obersten Richter, sowie Angehörige der Exekutive oder Legislative.<br />

Bei Gesetzesvorhaben, welche die die Tätigkeit der Judikative betreffen, kann der Oberste Gerichtshof<br />

ein Veto einlegen, gegen welches der Kongress sich nur mit einer Zweidrittelmehrheit durchsetzen<br />

kann.<br />

Der Oberste Gerichtshof besitzt in Costa Rica aufgrund seiner Arbeit ein hohes Ansehen, leider ist dessen<br />

Integrität nicht auf alle ihm unterstellten Gerichte übertragbar, deren Richter nicht selten käuflich<br />

sind.<br />

Die Wahlaufsicht (Titulo VIII):<br />

Das „Tribunal Supremo de Eleciones“(TSE) wird oft als vierte Macht im Staate genannt, da diese<br />

keiner der anderen Mächte unterstellt ist und bei den Wahlen fast absolute Entscheidungsgewalt (im<br />

Rahmen der Verfassung) hat.<br />

Das TSE setzt sich aus 3 vom Obersten Gerichtshof auf sechs Jahre gewählten Mitgliedern und sechs<br />

Stellvertretern zusammen und wird in der Vor- und Nachbereitungsphase der Wahlen um zwei Mitglieder<br />

erweitert. Beim „Obersten Wahlgerichtshof“ handelt es sich um eine „spezifisch costaricanische<br />

Institution“, die als Reaktion auf die früher üblichen Eingriffe in das Wahlrecht entstand und mit ungewöhnlich<br />

weitgehenden Befugnissen ausgestattet ist.<br />

Zu seinen Kompetenzen zählen:<br />

• die Ausschreibung öffentlicher Wahlen<br />

• die verbindliche Interpretation von verfassungsrechtlichen Vorschriften<br />

• die Entscheidung über Wahleinsprüche und Anfechtungsklagen<br />

• die Auswahl der Mittel zur Gewährleistung freier und korrekter Wahlen; Im Bedarfsfall kann<br />

auf die Sicherheitskräfte zurückgegriffen werden.<br />

• die Stimmauszählung und die Bekanntgabe des Wahlausganges<br />

Außer bei Amtsmissbrauch kann gegen die Entscheidungen des TSE kein Rechtsmittel in Anspruch<br />

genommen werden.<br />

Nach Meinung von Manuel Rojas Bolanas hat gerade das ausgeklügelte System des TSE das heute<br />

vertretene Demokratiebewusstsein der Costaricaner gefördert.<br />

RECHTE UND PFLICHTEN DER BÜRGER<br />

Individuelle Rechte und Garantien (Titulo IV,V und VIII):<br />

In diesem Abschnitt werden die Menschen für frei erklärt und die Sklaverei verboten, außerdem wird<br />

die Unverletzlichkeit des menschlichen Lebens betont.<br />

Weitere garantierte Rechte:<br />

• Reisefreiheit im In- und Ausland. Dadurch war es schwarzfärbigen Costaricanern erstmals<br />

möglich in die Hauptstadt San José zu reisen.<br />

• die Unverletzlichkeit der Wohnung<br />

• dem Recht auf Eigentum, mit Ausnahmeregelungen; So sind Enteignungen im Allgemeininteresse<br />

oder die Verhinderung von privaten Monopolen möglich.<br />

• Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit<br />

• Asylrecht für politisch Verfolgte<br />

• Verbot der zwangsweisen Exilierung von Costaricanern<br />

• Meinungs- und Pressefreiheit (mit der Auflage politische und religiöse Interessen nicht zu mischen)<br />

Die Sicherung der Freiheitsrechte erfolgt durch:<br />

• die Gleichheit vor dem Gesetz<br />

79


Christian Kolowratnik<br />

Verfassung von 1949 und ihre Auswirkungen<br />

• das Rückwirkungsverbot von Gesetzen<br />

• die Befreiung von der Belastungspflicht gegenüber sich selbst und nahen Angehörigen<br />

• das Verbot der Schuldhaft<br />

• das Verbot der lebenslänglichen Freiheitsstrafe<br />

• der Konfiszierung von Eigentum<br />

• dem Verbot von Folter und entwürdigenden Behandlungsmethoden und der Ungültigkeit so<br />

erzwungener Geständnisse<br />

• dem Recht auf einen Haftprüfungstermin und der Verfassungsbeschwerde<br />

Soziale Rechte und Garantien (Titulo V):<br />

In Artikel 50 verpflichtet sich hier der Staat für das bestmögliche Wohlergehen seiner Bürger, durch<br />

eine angemessene Verteilung des Reichtums.<br />

In diesem Kapitel sind geregelt:<br />

• die Regelungen zu Familien- und Mutterschutz<br />

• die Gleichstellung von ehelichen und unehelichen Kindern<br />

• die Erklärung der Arbeit als individuelles Recht und einer sozialen Pflicht; Das impliziert freie<br />

Wahl des Arbeitsplatzes, und einen garantierten Mindestlohn. Jedoch verpflichtet es auch den<br />

Staat Arbeitsplätze zu schaffen, und die Versorgung der „unfreiwillig Arbeitslosen".<br />

• die Freiheit Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände zu gründen<br />

• das Streikrecht<br />

• das Recht auf Entschädigung, bei unrechtmäßiger Entlassung; Das Problem ist hier jedoch, dass<br />

kein besonderer Schutz für Betriebsräte und führende Gewerkschaftsmitglieder gegeben ist.<br />

Dadurch ist es für Firmen relativ leicht, sich von unliebsamen Mitarbeitern zu trennen.<br />

Die Verpflichtung des Staates:<br />

• zur Förderung des sozialen Wohnbaus<br />

• zu gerechten Verteilung der landwirtschaftlichen Pachtverträge<br />

• zum besonderen Schutz von Frauen, Kindern und „unfreiwillig Arbeitslosen<br />

• dem Sozialversicherungssystem<br />

Zum Schluss des Abschnitts wird noch erklärt, dass diese Rechte unabdingbar sind, und dass sie keine<br />

weiteren aus dem christlichen Prinzip abstammenden Rechte ausschließen, sondern vielmehr eine Politik<br />

der nationalen Integrität fördern sollen.<br />

Politische Rechte und Pflichten (Titulo VIII):<br />

Aufgrund historisch gewachsener Befürchtungen enthält dieses Kapitel sehr genaue Regelungen bezüglich<br />

Wahlrecht und Wahlsystem um Wahlbetrügereien zu verhindern.<br />

Im Kapitel 1, welches auch die Staatsbürgerschaft definiert, wird die Wahrnehmung der politischen<br />

Recht und Pflichten beiden Geschlechtern mit der Vollendung des 18. Lebensjahres zugestanden. Das<br />

Wahlrecht welches persönlich und geheim umzusetzen ist, wird sowohl als Bürgerrecht aber auch als<br />

explizite Pflicht bestimmt. Bei Verletzung der Wahlpflicht können Geldstrafen, als auch im Wiederholungsfall<br />

Haftstrafen verhängt werden.<br />

Die Garantie der Wahlkostenerstattung (ab mindestens 5 % der Wählerstimmen) ermöglichte der Demokratie<br />

in Costa Rica eine gewisse Unabhängigkeit der verschiedenen Interessensgruppierungen, da<br />

die Parteien leichter kalkulieren konnten ohne auf Förderungen von Interessensgemeinschaften angewiesen<br />

zu sein.<br />

Die Verfassung räumt allen Bürgern die Möglichkeit ein, sich in Parteien zu organisieren, mit der einzigen<br />

Beschränkung, dass Parteien, die „aufgrund ihrer ideologischen Programme, der Art und Weise<br />

ihrer Betätigung oder ihrer internationalen Verbindungen darauf abzielen, die Fundamente der demokratischen<br />

Ordnung Costa Ricas zu zerstören oder die nationale Souveränität bedrohen“ verboten sind.<br />

Im dritten und letzten Kapitel wird die Leitung und Überwachung der Wahlen, dem unabhängigen<br />

„Tribunal Supremo de Electiones“, also der Wahlaufsicht behandelt und festgelegt. Deren Aufgaben<br />

und Pflichten wurden bereits bei der Gewaltenteilung besprochen.<br />

80


Christian Kolowratnik<br />

3.2.4 Resümee<br />

Verfassung von 1949 und ihre Auswirkungen<br />

Costa Rica ist ein <strong>La</strong>nd mit Charme, aber auch mit großer politischer Stabilität. Woher kommt das?<br />

Ausschlaggebend war sicherlich der Bürgerkrieg des Jahres 1948, woraus nach einer Kosilidierungsphase<br />

die Verfassung von 1949 entstand. Wodurch war es nun aber möglich aus einem „Stück<br />

Papier“ wie es auch in vielen anderen Staaten existiert, und trotzdem zu Umbrüchen kam, ein stabiles<br />

<strong>La</strong>nd aufzubauen?<br />

Die Tatsache, dass in Costa Rica die Armee abgeschafft wurde, war die Basis vieler Putsche, aber auch<br />

oft die „Legitimation“ von Diktatoren um im Amt zu bleiben. Durch den Verzicht auf die Armee wurde<br />

somit ein politischer Unsicherheitsfaktor eliminiert. Zum anderen wurde dadurch Geld für soziale Belange<br />

frei. Sicherlich ist hier auch die Unterstützung durch die USA zu nennen, die die „Paradedemokratie“<br />

in <strong>La</strong>teinamerika unterstützen.<br />

Weiters unterstreicht die Verfassung von 1949 die Bürgerrechte und Pflichten. Dies förderte die Identifizierung<br />

der Bürger mit dem Staat und der Demokratie.<br />

Auch die für mitteleuropäische Verhältnisse übertriebene Form der Kontrolle und Gegenkontrolle ist<br />

wichtig gewesen. So besteht in Costa Rica mit der Wahlaufsicht eine autonome Behörde, die indirekt<br />

über den Kongress bestimmt wird (Kongress bestimmt die Richter des Obersten Gerichtshof, diese<br />

bestimmen die Wahlaufsicht), und somit komplett unabhängig von der Exekutive durchgeführt werden<br />

kann. Zum Vergleich: In Österreich ernennt der Bundeskanzler den Innenminister, der das Innenministerium<br />

leitet, welches die Wahlen organisiert, und die Ergebnisse bekannt gibt.<br />

In Costa Rica wurde dadurch verhindert, dass sich zuviel Macht in den Händen einer Person sammelt,<br />

bzw. durch die Wahlaufsicht, dass die Exekutive die Wahlen durch die ihr gegebenen Möglichkeiten<br />

manipuliert.<br />

Literaturangaben<br />

HEINTZ A., (1998): Costa Rica Interne Aspekte der Entwicklung einer Demokratie in <strong>La</strong>teinamerika;<br />

Vervuert Verlag, Frankfurt am Main<br />

KRUMWIEDE H.W.; WALSMANN P., (1992): Politisches Lexikon <strong>La</strong>teinamerika; C. H. Becksche<br />

Verlagsbuchhandlung München, 88 – 98<br />

http://www.uni-muenster.de/CeLA/publik/Ah/ArbHeft85.pdf, 2006<br />

81


Teil IV<br />

Ökonomie<br />

und<br />

<strong>La</strong>ndwirtschaft<br />

82


Joachim Simon<br />

Ökonomie<br />

4.1 ÖKONOMIE<br />

4.1.1 Basisdaten<br />

Fläche: 51.900 km 2<br />

Einwohner: 4,3 Mio. (2004)<br />

Bevölkerungsdichte: 85 Einw./km 2<br />

Bevölkerungswachstum: 1,4 % p.a.<br />

Analphabetenrate:<br />

ca. 4 % (für 2006 geschätzt)<br />

Andere Schätzungen: 5 % (2003, bfai), 4,2 % (2006, Wikipedia),<br />

4,2 % (2005, UNESCO), 4,4 % (2002, UNO)<br />

Geschäftssprachen:<br />

Lebende Sprachen:<br />

Spanisch; (Englisch)<br />

Spanisch; Boruca; Bribri; Cabecar, Costa Rican; Sign <strong>La</strong>nguages;<br />

Limon Creole English; Maleku Jaika; Plautdietsch; Teribe<br />

Telefonanschlüsse: 316 (je 1.000 Einwohner; 2004)<br />

Mobiltelefone: 217 (je 1.000 Einwohner; 2004)<br />

Internetnutzer: 280 (je 1.000 Einwohner; 2005)<br />

Währung:<br />

Bezeichnung: Colon (C)<br />

Wechselkurs: April 2006: 1US$ = 527,020 C; 1 Euro = 638,147 C<br />

Jahresdurchschnitt 2005: 1US$ = 479,170 C; 1 Euro = 592,701 C<br />

Jahresdurchschnitt 2004: 1US$ = 438,750 C; 1 Euro = 547,136 C<br />

4.1.2 Wirtschaftslage<br />

Bruttoinlandsprodukt (BIP;nom.) 2003 2004 2005 Prog. 2006<br />

Mrd. C 6.982 8.127 9.469 10.830<br />

Mrd. US$ 17,5 18,5 19,8 20,5<br />

BIP je Einwohner (US$) 4.195 4.362 4.573 4.646<br />

Inflationsrate (%) 9,4 11,5 13,6 13,1<br />

Arbeitslosigkeit (%) 6,7 6,5 6,6 x<br />

Staatsverschuldung (% des BIP) 57,5 54 53,2 51<br />

KURZCHARAKTERISTIK<br />

Costa Rica ist eine exportorientierte Marktwirtschaft, die sich dem Welthandel immer mehr öffnet.<br />

Schwerpunkte sind in dem vorwiegenden Agrarstaat Leicht- und Agroindustrie, die Lohnfertigung im<br />

Elektronik- und Textilbereich, der Tourismus, sowie in letzter Zeit die Einrichtung von Call Centers.<br />

(Unter Agroindustrie versteht man die industrielle Großproduktion von landwirtschaftlichen Produkten).<br />

Im Agrarsektor und in der Industrie hat Costa Rica einen hohen Produktionsstandard erreicht. Den<br />

ISO Normen der 9.000er und der 14.000er Serie werden auch zunehmend von mittelständischen Unternehmen<br />

entsprochen. Aufholbedarf liegt jedoch bei den Kleinbetrieben, die teilweise noch nach<br />

alten Strukturen organisiert sind.<br />

Die Rolle des Staates am Wirtschaftsgeschehen ist in Costa Rica nicht unerheblich, da dieser auf 50 %<br />

der Ökonomie direkten oder indirekten Einfluss hat.<br />

Costa Rica gehört zu den Nationen <strong>La</strong>tein Amerikas mit den geringsten sozialen Spannungen. Dies<br />

ist auf ein Prokopfeinkommen von 4.573 US$ pro Jahr (2005) zurückzuführen. Man bezeichnet das<br />

<strong>La</strong>nd auch als die „Schweiz Mittelamerikas“.<br />

83


Joachim Simon<br />

Ökonomie<br />

Die Lebensmittelverarbeitung sorgt innerhalb der Ackerbauindustrie für Wachstum. Dadurch stieg der<br />

Beschäftigungsanteil in den letzten Jahren in diesem Bereich um 10 %.<br />

Hauptexportprodukte (2005):<br />

1. Computerchips: 800,0 Mio. US$<br />

2. Textilien: 527,8 Mio. US$<br />

3. Bananen: 475,4 Mio. US$<br />

4. med. Zubehör: 400,0 Mio. US$<br />

5. Ananas: 325,5 Mio. US$<br />

6. Kaffee: 230,6 Mio. US$<br />

7. Medikamente: 229,0 Mio. US$<br />

Hauptimportwaren:<br />

• Rohstoffe<br />

• Konsumgüter<br />

• Kapitalgüter<br />

Wichtigste Handelspartner für Exporte:<br />

USA 44,1 %, Niederlande 5,2 %, Guatemala 4,4 %, Nicaragua 4 %, Malaysia 2,6 %<br />

Wichtigste Handelspartner für Importe:<br />

USA 45,9 %, Japan 5,9 %, Mexico 5,1 %, Venezuela 4 %, Kolumbien 3,4 %<br />

VOLKSWIRTSCHAFTLICHE FAKTOREN<br />

Der Dienstleistungssektor hat eine große Bedeutung in der Volkswirtschaft. Die Tourismusbranche<br />

legte von 2004 auf 2005 um ca. 15 % zu. Das Fremdenverkehrswesen ist auch ein bedeutender Arbeitgeber,<br />

mit etwa 365.664 direkt oder indirekt Beschäftigten.<br />

Trotz einer Steuerquote von nur 14 % ist der Staat nach wie vor mit 14,2 % der größte Arbeitgeber.<br />

Ebenso gehört er zu den größten Unternehmern des <strong>La</strong>ndes. Tätigkeitsbereiche finden sich in der<br />

Elektrizität, Telekommunikation, Mineralölindustrie und im Versicherungswesen, ebenso in den gut<br />

ausgebauten staatlichen Gesundheits- und Bankensystemen.<br />

WIRTSCHAFTSKLIMA<br />

Der Staat ist um Reformen bemüht, um die Investitionen zu steigern.<br />

Daher ist das Ziel der Regierung die Ratifizierung des Freihandelsabkommens der zentralamerikanischen<br />

Staaten mit der Dominikanischen Republik und den USA (Dominican Republic – Central<br />

American Free Trade Agreement, DR-CAFTA) voranzutreiben. Mit diesem Vertrag soll der bereits<br />

bestehende Zugang zum US-amerikanischen Markt gesichert werden. Dies hat aber die schrittweise<br />

Privatisierung von staatlichen Unternehmen zu folge (Aufbrechen der staatlichen Monopole).<br />

Zwischen Costa Rica und anderen Staaten sind zahlreiche Freihandelsabkommen in Kraft (Mexico,<br />

Chile, Kanada, u.a.).<br />

Ebenso ist Costa Rica Mitglied des GATT (General Agreement on Tariffs and Trade), der MCCA<br />

(Mercado Comun Centroamericano) und der WTO (World Trade Organisation).<br />

WÄHRUNGSPOLITIK<br />

Bisher wird das System der „Miniabwertung“ praktiziert. Das heißt, dass jeweils ein Jahr im Voraus<br />

festgelegt wird, um wieviel Prozent der Colon gegenüber dem US$ abgewertet werden wird.<br />

(Zurzeit ist der Colon sehr stark an den US$ gebunden.) 2005 betrug die Abwertung 8,6 % und wurde<br />

für 2006 mit 6,6 % festgelegt. Der Wechselkurs des Dollars zum Colon stellt für jeden Marktteilnehmer<br />

eine feste Größe dar. Man steht bereits kurz davor eine Änderung einzuführen: Das System des<br />

„freien Floatens“. Das heißt der Markt wird dann den Wechselkurs zwischen Colon und US$<br />

bestimmen. Dieser Wechsel soll aber langsam geschehen, damit sich der Markt den neuen Gegebenheiten<br />

anpassen kann.<br />

84


Joachim Simon<br />

Ökonomie<br />

AUSSENWIRTSCHAFTSPOLITIK<br />

Auch die neue Regierung setzt auf Außenwirtschaftspolitik. Ziel ist die Erschließung neuer Märkte<br />

und Werbung für den Industriestandort Costa Rica. Die costaricanischen Kammern gründeten die<br />

Agentur CINDE (Coalicion de Iniciativas para el Desarrollo) um potentielle Investoren zu beraten und<br />

zu unterstützen.<br />

Hindernisse bei der Ansiedelung von ausländischen Unternehmen sieht CINDE in der aufwendigen<br />

Bürokratie. Das Zollrecht, Einwanderungsbestimmungen, und umweltrechtliche Genehmigungen sind<br />

einer Reform zu unterziehen.<br />

ÖSTERREICHISCHE BEZIEHUNGEN ZU COSTA RICA<br />

Allgemein:<br />

Costa Rica, traditionell der wichtigste Außenhandelspartner Österreichs in dieser Region, wurde 2005<br />

von Panama überholt.<br />

Export:<br />

Besondere Chancen für österreichische Exporteure finden sich in pharmazeutischen Rohstoffen und<br />

Fertigprodukten, medizinischer Ausrüstungen und Geräten, Zulieferungen für die Leicht- und Agroindustrie,<br />

im Elektrizitätssektor, in Hebe- und Fördervorrichtungen, Straßenfahrzeugen und Metallverarbeitungsmaschinen.<br />

Import:<br />

Wichtige österreichische Importwaren sind Bananen, Früchte allgemein, Kaffee, Maschinenbauerzeugnisse<br />

(Schaltungen, Büromaschinen), Fertigwaren (Teile für Filmkameras und Mess-, Prüf- und<br />

Analyseinstrumente), bearbeitete Waren (Textil, Garne) und Rohstoffe (z.B. Bauxit).<br />

Außenhandel mit Österreich: (in Mio. €uro)<br />

2003 2004 Prog. 2005<br />

österreichische Ausfuhren 7,5 37,4 7,0<br />

Veränderung gegenüber Vorjahr -22,8 % +397,4 % -82,0 %<br />

österreichische Einfuhren 31,6 34,2 35,7<br />

Veränderung gegenüber Vorjahr +3,7 % +8,0 % +4,0 %<br />

Handelsbilanzsaldo -24,1 +3,2 -28,7<br />

Abkommen mit Österreich:<br />

Sichtvermerksabkommen (14. September 1968)<br />

Regierungsabkommen über den Betrieb von Amateurfunkstellen (17. Oktober 1969)<br />

ENERGIEWIRTSCHAFT<br />

Costa Rica produziert momentan 1.900 MW und der Stromverbrauch steigt jährlich um 5 %. Bis<br />

2015 muss in Costa Rica rund 70 % mehr investiert werden als in der jetzigen Budgetierung geplant<br />

ist, um eine Energieknappheit zu vermeiden. Es steht nach Angaben der ICE (costaricanisches Institut<br />

für Elektrizität) kurzfristig keine Energiekrise ins Haus, aber um sich davor zu schützen, dürfen wichtige<br />

Anschlussinvestitionen nicht versäumt werden. Geplant sind jährlich 173 Mio. US$, die aber lt.<br />

ICE auf mindestens 300 Mio. US$ pro Jahr bis 2015 erhöht werden müssen.<br />

2006 wurden 4 neue Kraftwerke (<strong>La</strong> Joya, General, Los Negros und Canalete) in Betrieb genommen,<br />

was eine Produktionssteigerung von 120 MW pro Jahr ergab. Im Jahr 2007 soll zusätzlich noch das<br />

neue Wärmekraftwerk Garabito Strom liefern. <strong>La</strong>ut den letzten Berichten wird das aber vor 2008 nicht<br />

der Fall sein. Die dadurch entstehende Lücke muss anders geschlossen werden.<br />

Die Kapazitäten der nationalen Raffinerien müssen ebenfalls aufgestockt werden. Können die Finanzen<br />

für alle diese Projekte nicht aufgebracht werden, muss privates Kapital zum Einsatz kommen. Es<br />

entstehen dadurch für ausländische Investoren große Chancen und Möglichkeiten.<br />

85


Joachim Simon<br />

Ökonomie<br />

PATENTRECHT<br />

Die AWO (Außenwirtschaft Österreich) empfiehlt Produkte und Marken vor der Einfuhr nach Costa<br />

Rica registrieren zu lassen. Bei nicht registrierter Produkte und Marken ist die Gefahr sehr groß, dass<br />

unseriöse lokale Firmen die Marke ihrerseits sofort registrieren lassen.<br />

SICHERHEIT<br />

Nach wie vor gehört Costa Rica zu den sichersten Ländern <strong>La</strong>teinamerikas.<br />

Es wird aber von den Außenämtern allgemein auf ein erhöhtes Sicherheitsrisiko hingewiesen. Im <strong>La</strong>ufe<br />

der letzten Jahre hat sich die Sicherheitslage verschlechtert. Hauptsächlich in den Städten und den<br />

Nationalparks kommt es immer wieder zu Überfällen und zu Diebstählen. Nach Einbruch der Dunkelheit<br />

ist Vorsicht geboten.<br />

4.1.3 Schlussfolgerung für die Zukunft<br />

Ausländische Investoren profitieren von einer stabilen Wirtschaftspolitik, guten Zukunftsaussichten<br />

des Marktes und einem hohen Bildungsgrad der Bevölkerung.<br />

In den letzten Jahren hat Costa Rica zur Erweiterung der bestehenden Infrastruktur nichts beigetragen.<br />

Die Flughäfen müssen ausgebaut werden, um den immer stärker werdenden Tourismus Herr zu werden.<br />

Ebenso muss in den Ausbau der Häfen investiert werden, um in erster Linie das Wachstum und<br />

die Steigerung der Exporte zu gewährleisten und eine Attraktivität für Kreuzschifffahrten zu erlangen.<br />

Für das <strong>La</strong>nd ist es enorm wichtig bis Ende 2006 das DR-CAFTA-Abkommen mit den USA zu ratifizieren.<br />

Nur so wird Costa Rica im Stande sein, weiter ausländische Investoren anzuziehen. Diese bauen<br />

vor allem auf zollfreie Exporte ihrer Waren in die USA. Einige Investoren haben sich schon in<br />

anderen zentralamerikanischen Staaten angesiedelt, in denen das DR-CAFTA-Abkommen bereits<br />

ratifiziert ist.<br />

Literaturangaben<br />

AUSSENWIRTSCHAFT ÖSTERREICH (2005): Bereichsländerreport Zentralamerika; 1<br />

AWO (2006): Wirtschaftsprofil Zentralmerika. Gesamtjahr 2005<br />

bfai BUNDESAGENTUR FÜR AUSSENWIRTSCHAFT (2005): Wirtschaftsentwicklung Costa Rica<br />

bfai BUNDESAGENTUR FÜR AUSSENWIRTSCHAFT (2006): Costa Rica erhöht Investitionen in<br />

Energiesektor<br />

bfai BUNDESAGENTUR FÜR AUSSENWIRTSCHAFT (2006): Wirtschaftsdaten kompakt Costa<br />

Rica<br />

www.ethnologue.com<br />

86


Ines Faber, Franziska Schrempf<br />

<strong>La</strong>ndwirtschaft und Cash-Crops<br />

4.2 LANDWIRTSCHAFT UND CASH-CROPS<br />

4.2.1 Allgemeines zur <strong>La</strong>ndwirtschaft<br />

Die starke Gliederung Costa Ricas in ökologisch verschiedene Regionen mit unterschiedlichen Temperatur-,<br />

Niederschlags-, und Bodenbedingungen, ermöglicht den Anbau von Kulturpflanzen aus<br />

den Tropen, den Subtropen und den gemäßigten Breiten. Somit besitzt Costa Rica eine enorme<br />

Vielfalt an genutzten Kulturarten.<br />

Rund 40 Prozent der Fläche Costa Ricas werden landwirtschaftlich genutzt. Der größte Teil besteht<br />

aus kleinen und mittleren Betrieben, die vornehmlich für den Eigenbedarf produzieren. Daneben gibt<br />

es wenige große Betriebe, die aber die meiste Fläche besitzen: Ein Viertel der landwirtschaftlichen<br />

Nutzfläche gehört Betrieben, die größer als 1.000 Hektar sind. Hauptanbauprodukte für den Export<br />

sind Bananen aus dem tropischen Tiefland, und Kaffee, der im Hochland angebaut wird. Die amerikanische<br />

United Fruit Company betreibt an der Atlantikküste und seit 1927 auch an der Pazifikküste<br />

Costa Ricas große Bananenplantagen. Sie hat die Häfen Quepos und Golfito für den Export der Bananen<br />

anlegen lassen. Kakao, Zuckerrohr und Ananas sind weitere Exportartikel. Rinderzucht findet<br />

hauptsächlich im Savannengebiet im Nordwesten des <strong>La</strong>ndes statt.<br />

Im Gebiet des Regenwaldes ist der Boden nicht sehr fruchtbar. Es bildet sich keine Humusschicht,<br />

außer in seltenen Fällen beim Bergregenwald. Daher sind die Bäume im Regenwald Flachwurzler und<br />

aus demselben Grund entstehen auch die Probleme nach der Abholzung des Waldes, denn dann<br />

kommt kein organisches Material von „oben“ und es muss auf Kunstdüngung umgestiegen werden.<br />

Die schnelle Auswaschung der Böden durch den Regen ist noch ein zusätzliches Problem.<br />

Jedoch auch geeignet für die <strong>La</strong>ndwirtschaft sind die fruchtbaren Böden an Vulkanhängen und entlang<br />

von Flüssen, welche durch diese immer wieder überschwemmt werden und somit viel wertvolle<br />

anorganische Substanz beinhalten.<br />

Die Küstengegend ist, heiß und stark bewaldet. Hier werden Bananen, Kakao und Zuckerrohr kultiviert.<br />

Im Bereich der Kordilleren und im Schatten des Vulkans Irazù liegt das „Valle central“. Die Böden<br />

sind vulkanischer Abstammung und es herrscht das ganze Jahr über ein mildes, frühlingshaftes<br />

Klima. Dort, im Herzen des <strong>La</strong>ndes, befindet sich das Hauptanbaugebiet für Kaffee und viele andere<br />

landwirtschaftliche Produkte.<br />

4.2.2 Allgemeines zu den Cash-Crops<br />

BEGRIFFSERKLÄRUNG UND GESCHICHTE<br />

Cash-Crops bedeutet übersetzt soviel wie „Geld-Früchte“ und ist ein Fremdwort aus dem Bereich der<br />

Geografie und bezeichnet Agrarprodukte, die für den Export bestimmt sind und meist in Monokulturen<br />

angebaut werden.<br />

Sie werden vor allem in den Entwicklungsländern Mittel- und Südamerikas, sowie Afrikas angebaut<br />

und dienen nicht der Selbstversorgung des <strong>La</strong>ndes. Früher machten Cash-Crops-Güter nur einen kleinen<br />

Teil der Produktion eines Agrarbetriebes aus, sodass die Selbstversorgung immer noch gesichert<br />

war. Heute kann der umfangreiche Export von Agrarprodukten dazu führen, dass die Bevölkerung<br />

des <strong>La</strong>ndes Hunger leiden muss.<br />

Die wichtigsten Produkte in tropischen und subtropischen Gebieten sind Kaffee, Tee, Kakao, Zuckerrohr,<br />

Bananen, Zitrusfrüchte, Ananas und Baumwolle. Da die Produkte meist über sehr weite Strecken<br />

transportiert werden, ist der Markt für Cash-Crops global, sodass sich die Produzenten oft im Preis<br />

gegenseitig unterbieten. Dazu kommt, dass oftmals solche Produkte gegen subventionierte Güter konkurrieren<br />

müssen.<br />

Typisch für Cash-Crops ist der Anbau in Plantagen mit billigen Arbeitskräften und oft auch mit<br />

mechanischen Geräten.<br />

87


Ines Faber, Franziska Schrempf<br />

<strong>La</strong>ndwirtschaft und Cash-Crops<br />

Als „Plantage“ wird ein landwirtschaftlicher Großbetrieb bezeichnet, der sich auf die Erzeugung eines<br />

einzigen Produktes für den Weltmarkt spezialisiert hat und die Produkte in Monokulturen anbaut.<br />

MONOKULTUREN MIT IHREN VOR- UND NACHTEILEN<br />

Vorteile:<br />

Nachteile:<br />

• zunächst billige Produktion<br />

• wenige spezielle, sehr effektive Maschinen mit hoher Kapazität<br />

• günstige Einkaufspreise für Saatgut, Dünger, Pflanzenschutzmittel (oft Mengenrabatte)<br />

• höhere und schnellere Gewinne<br />

• in Anbauländern oft lockere Umweltpolitik, bzw. Umweltschutzvorschriften<br />

• Ausbreitung von spezialisierten Schädlingen und Krankheitserregern<br />

• höherer Pflanzenschutzmittelverbrauch<br />

• Abnutzung der Erde führt zu Mineralmangel (Mangelböden), bis hin zur Totalzerstörung<br />

des Bodens wie z.B. der Humusschicht in den Tropen<br />

• Zerstörung von Biotopen und Lebensräumen der natürlichen Fressfeinde der Schädlinge<br />

• Grundwasserverschmutzung durch Überdüngung und übertriebenen Pflanzenschutzmitteleinsatz<br />

• gesundheitliche Risiken für Arbeiter und Tiere<br />

Zwiebelanbau an den fruchtbaren<br />

Hängen des Irazú<br />

Ananasplantage<br />

Kaffeeplantage<br />

4.2.3 Die Cash-Crops Costa Ricas<br />

Während des 19. Jahrhunderts war Costa Rica ein ziemlich armes <strong>La</strong>nd und die Wirtschaft war von<br />

existenzieller <strong>La</strong>ndwirtschaft geprägt. Nach der Einführung des Kaffeeanbaus begann langsam auch<br />

der Export von Kaffee und danach von Bananen.<br />

Heute sind Bananen (9 %) und Kaffee (6 %) die zwei wichtigsten Exportgüter von Costa Rica, gefolgt<br />

von Fleisch und Zucker (Lonely Planet, Oktober 2002).<br />

Der größte Abnehmer der Exportgüter Costa Ricas sind die USA, gefolgt von Europa, wo besonders<br />

Deutschland eine große Rolle spielt.<br />

Bei unserem Spezialthema möchten wir auf folgende Cash-Crops eingehen:<br />

• Bananen (Musa sp.)<br />

• Kaffee (Coffea sp.)<br />

• Zuckerrohr (Saccharum officinarum)<br />

• Ananas (Ananas sp.)<br />

• Kakao (Theobroma cacao L.)<br />

• Ölpalme (Elaeis guineensi)<br />

• Reis (Oryza sativa)<br />

88


Ines Faber, Franziska Schrempf<br />

BANANEN (MUSA SP.) – HAUPTEXPORTGUT<br />

Bananen (Musa) sind eine Gattung der Familie der Bananengewächse (Musaceae)<br />

innerhalb der einkeimblättrigen Pflanzen. Die Gattung umfasst rund<br />

100 Arten. Einige Arten bilden essbare Früchte, von denen diejenigen der<br />

Musa paradisiaca zum Teil für die Nahrungsmittelproduktion angebaut<br />

werden.<br />

Wegen ihrer üblicherweise gekrümmten Form wird die Banane auch<br />

Krummfrucht genannt. Die Früchte gehören botanisch gesehen zu den Beeren<br />

und können je nach Art und Sorte stark in Größe und Farbe variieren.<br />

In Europa wird hauptsächlich die Dessertbanane (Musa paradisiaca sapientum)<br />

zum Kauf angeboten. In den Herkunftsländern spielt die Kochbanane<br />

(Musa paradisiaca normalis) als Nahrungsquelle eine große Rolle.<br />

Sie wird gekocht, gebacken oder gegrillt.<br />

<strong>La</strong>ndwirtschaft und Cash-Crops<br />

Bananen<br />

(Musa paradisiaca sapientum)<br />

Herkunft:<br />

Die Banane stammt ursprünglich aus der südostasiatischen Inselwelt. Zunächst wurde sie in Afrika<br />

kultiviert und später kam sie mit den Spaniern von den Kanarischen Inseln nach Amerika. 1520 gründeten<br />

portugiesische Siedler die ersten Plantagen in der Karibik und in Mittelamerika. Im 19. Jahrhundert<br />

begann man dann auch in Costa Rica Bananen auf Plantagen anzubauen.<br />

Geschichte, Anbau, Krankheiten, Zukunftsaussichten:<br />

Die Hauptsorte für den Export war bis in die 1960er Jahre die „Gros Michel“. Die Früchte waren größer<br />

und geschmacksvoller als die heutigen Bananen. Durch die Panama-Krankheit wurde der Anbau<br />

dieser Sorte dermaßen erschwert, dass sie heute kaum noch für den Export kultiviert wird.<br />

„Gros Michel“ wurde durch „Cavendish“ ersetzt. Sie ist leichter industriell verwertbar und durch<br />

niedrigere Wuchshöhe der Stauden, beständiger gegenüber Stürmen. Da sie dichter stehend gepflanzt<br />

werden konnten, verdoppelten sich mit ihrem Anbau die Ernteerträge.<br />

Auch schien sie robuster gegenüber einigen Pilzarten zu sein, jedoch ist seit den 1990er Jahren eine<br />

spezielle Art der Panama-Krankheit bekannt, die auch diese Bananensorte angreift. Außerdem werden<br />

die Stauden in der Karibik und in Mittelamerika vom Pilz namens „Black Sigatoka“ angegriffen.<br />

Bis jetzt konnte er noch mit Pflanzenschutzmitteln bekämpft werden, jedoch entwickelt der Pilz inzwischen<br />

auch schon Resistenzen und ist in manchen Anbaugebieten schon so hartnäckig geworden, dass<br />

die Hälfte der Ernte durch den Befall unbrauchbar wurde. Alternativen oder Heilung war bis 2005<br />

noch nicht bekannt.<br />

Auch das Einkreuzen von Resistenzgenen in die Sorte „Cavendish“ war bisher nicht möglich. Ein<br />

Einkreuzen ist generell bei den meisten Bananensorten nicht möglich, denn seit die Banane in Kultur<br />

genommen wurde, sind die meisten Bananensorten steril geworden, d.h. die Früchte werden ohne Bestäubung<br />

und Befruchtung gebildet. Werden keine Samen gebildet, so ist auch keine generative Vermehrung<br />

möglich, also auch keine Kreuzung. Die meisten Bananensorten sind Klone, das heißt sie<br />

werden rein vegetativ vermehrt. Aus diesem Grund wird intensiv an der Entwicklung genveränderter<br />

Bananensorten geforscht.<br />

Man schätzt, dass in 10 bis 20 Jahren auch die „Cavendish“ nicht mehr in Monokulturen angebaut<br />

werden kann.<br />

Bananenexport in Costa Rica:<br />

Der Bananenanbau in ausgedehnten Plantagen befindet sich traditionell an der Karibikküste um den<br />

Hafen Puerto Limón, aber auch an der Pazifikküste um die Hafenstadt Golfito.<br />

1960 betrug der Bananenexport in Costa Rica noch 41 % und sank dann innerhalb von 20 Jahren auf<br />

ca. 15 %, und wieder weitere 20 Jahre später auf unter 4 %. Obwohl die Bananenexportrate sank, wurden<br />

immer mehr Bananen angebaut und exportiert. Der Grund für den prozentualen Abfall liegt in der<br />

Industrialisierung des <strong>La</strong>ndes, welche neue Exportgüter brachte.<br />

Dennoch ist Costa Rica der zweitgrößte Bananenexporteur der Welt. In der Produktion von Bananen<br />

liegt Costa Rica weltweit auf Platz sieben, mit 2,7 Millionen Tonnen Bananen. (Die Zahlen beziehen<br />

sich auf die Produktion im Jahr 2001.)<br />

89


Ines Faber, Franziska Schrempf<br />

<strong>La</strong>ndwirtschaft und Cash-Crops<br />

Umweltproblematik durch Bananenplantagen:<br />

Die wohl größte Umweltbelastung durch Bananenplantagen lastet auf den Wäldern, die für diese Plantagen<br />

gerodet werden. Mit den Bäumen verschwinden auch die Tiere, die in diesem Lebensraum heimisch<br />

sind. Hinzu kommt, dass der Boden einer monokulturell genutzten Bananenplantage meist nach<br />

20 Jahren ausgelaugt ist und nicht mehr genutzt werden kann.<br />

Abgesehen von der Rodung der Wälder stellt der Einsatz von Pestiziden eine große Gefahr für die<br />

Umwelt dar. Eine Bananenplantage wird bis zu 40 mal pro Jahr im Tiefflug überflogen und mit Pestiziden<br />

besprüht. Die hochgiftigen Chemikalien schützen vor Schädlings- und Pilzbefall, jedoch bilden<br />

sich nach einiger Zeit meist Resistenzen gegen die eingesetzten Chemikalien. Die Gifte gelangen in<br />

die natürlichen Flussläufe, in den Boden, in die Nahrungskette der Menschen und ins Meer. Auch sind<br />

die Menschen, die auf den Plantagen arbeiten, gefährdet. Sie arbeiten ohne Schutzkleidung und haben<br />

nur geringes Wissen darüber, wie diese Gifte auf sie wirken.<br />

Des Weiteren ist noch zu erwähnen, dass auf Bananenplantagen blaue Plastiksäcke eingesetzt werden,<br />

welche innen mit Pestiziden behandelt wurden. Sie werden über die reifenden Früchte gestülpt,<br />

um sie zusätzlich vor Schädlings- und Pilzbefall zu schützen. Zurück bleibt ein riesiger Berg an Plastikmüll,<br />

der als Sondermüll entsorgt werden muss.<br />

KAFFEE (COFFEA SP.)<br />

Kurzer historischer Überblick:<br />

Vor 1840 hat Costa Rica geringe Kapitalerträge aus dem Handel mit Kakao, Tabak und Edelmetallen<br />

geschöpft und ging somit über in den Kaffeeanbau. Zuerst war der Kaffeeanbau in der Hand der kolonialen<br />

Führungsschicht, doch dann wurde er auch von bäuerlichen Betrieben übernommen. Der Erfolg<br />

und der Bevölkerungswachstum führten zu einer Ausdehnung der Kaffeebepflanzungen. 1840 kamen<br />

die Europäer ins <strong>La</strong>nd und kümmerten sich um die Vermarktung und Verarbeitung von Kaffee. 1850<br />

machte die Kaffeeausfuhr bereits 90 % der Exporte Costa Ricas aus. Mit ausländischer finanzieller<br />

Hilfe wurde die Infrastruktur verbessert, und Anfang des 20. Jahrhunderts blühte die Exportwirtschaft<br />

aufgrund der steigenden Nachfrage an Bananen und Kaffee wie nie zuvor. Die weltweite Depression<br />

der 1930er Jahre zeigte dem Agrarexportmodell Costa Ricas, wie abhängig es vom Bananen- und Kaffeeexport<br />

und wie schwach ihr Industrie- und Dienstleistungssektor entwickelt war. Denn auch in jeder<br />

Rezession geht die Nachfrage nach Exportgütern wie Kaffee, Schokolade und Zucker zurück, weil<br />

die Verbraucher auf entbehrliche Nahrungsmittel verzichten, zugunsten von billigen Grundnahrungsmitteln.<br />

Daher ist die Entwicklung Costa Ricas sehr eng mit dieser Kulturpflanze verbunden! Kaffee<br />

wächst auf den fruchtbaren Böden zwischen 1.500 m und 2.000 m Seehöhe, Hauptanbaugebiet ist das<br />

Meseta Central. Der Großteil der Anbauflächen ist im Besitz von wenigen Familien. Diese besitzen<br />

nicht nur die Felder, sie kontrollieren auch die gesamte Kaffeeproduktion, -verarbeitung und -<br />

vermarktung und haben somit einen großen politischen und ökonomischen Einfluss. Die Kleinbetriebe<br />

sind sehr abhängig von den Preisen am Weltmarkt und werden dadurch auch oft in große Armut getrieben.<br />

Letztendlich müssen sie dann Grund und Boden an Großbetriebe verkaufen.<br />

Hauptferienzeit fällt in Costa Rica zusammen mit der Haupterntezeit des Kaffees. Nicht zufällig –<br />

einerseits ist für den Kaffeeanbau eine abgegrenzte Trockenzeit wichtig und andererseits können die<br />

Kaffeebesitzer Schüler und Frauen als Tagelöhner bzw. als billige Arbeitskräfte anheuern.<br />

Bemerkenswert ist auch, dass die Kaffeekulturen oft im Schatten von Bäumen angelegt sind. Wenn<br />

der Kaffee unter schattenspendenden Leguminosenbäumen angezüchtet wird, dann wird durch diese<br />

Bäume der Boden mit Stickstoff angereichert und somit der Arbeitskraftaufwand für die Düngung<br />

vermindert.<br />

Die reifen Kaffeefrüchte können gepflückt oder in Wochenabständen vom Boden aufgesammelt werden.<br />

Durch verschiedene Schäl- und Polierverfahren werden die Früchte vom Samen getrennt. Viele<br />

der grünen Samen werden exportiert und erst im Verbraucherland geröstet und verarbeitet.<br />

90


Ines Faber, Franziska Schrempf<br />

<strong>La</strong>ndwirtschaft und Cash-Crops<br />

Links: Kaffeestrauch Coffea arabica<br />

mit unreifen Kaffeebohnen<br />

Rechts: Logo der Kaffeerösterei<br />

„Café de la Casa“ in der Provinz<br />

Alajuela<br />

Café Britt:<br />

Das Unternehmen Café Britt war der erste Kaffeeröster in Costa Rica, der den guten, für das <strong>La</strong>nd<br />

typischen Kaffee auch für den Export röstete, da ja der beste Kaffee immer gleich roh exportiert<br />

wurde. Café Britt wurde 1985 von Steven Aronson, dem jetzigen Präsidenten des Unternehmens, gegründet.<br />

Der Hauptsitz befindet sich in der Nähe von Barva, in der Zentralregion. Fast jedes Hotel,<br />

noble Restaurant und Souvenirgeschäft führt die Produkte. Mittlerweile hat das Unternehmen nicht<br />

nur innerhalb von Costa Rica erfolgreiche Geschäfte, auch international gehört es zur Führung in der<br />

speziellen Kaffeeindustrie und hat auch schon einige Auszeichnungen bekommen. Es wird auf der<br />

Homepage von Café Britt angepriesen, dass das Unternehmen auch Rücksicht auf die Umwelt und auf<br />

den „fair-trade“- Handel nimmt.<br />

ZUCKERROHR (SACCHARUM OFFICINARUM)<br />

Zuckerrohr (Saccharum officinarum) ist eine Pflanze aus der Familie<br />

der Süßgräser (Poaceae) und wird dort der Unterfamilie Panicoideae<br />

mit 3.270 weiteren Arten zugeordnet.<br />

Vom Aussehen her ähnelt es dem Bambus oder Mais. Die Halme<br />

können einen Durchmesser von bis zu 5 cm und eine Höhe von bis<br />

zu 4 m erreichen.<br />

Geerntetes Zuckerrohr zur<br />

Dulce-Erzeugung<br />

Geschichte:<br />

Man vermutet den Ursprung des uns heute bekannten Zuckerrohrs auf Neuguinea, wo man 1928 eine<br />

nahe verwandte Wildpflanze, das Gras Saccharum robustum, entdeckte.<br />

Bis zur Züchtung der Zuckerrübe aus der Runkelrübe, war das Zuckerrohr die einzige bekannte Pflanze<br />

woraus Zucker gewonnen werden konnte. Im Mittelmeergebiet war das Zuckerrohr schon während<br />

der Römerzeit bekannt, es erfuhr eine weitere Verbreitung durch die Mauren und Araber, und reiste<br />

mit der entstehenden Plantagenwirtschaft der Spanier nach Südamerika. Die Portugiesen brachten es<br />

in die Bucht von Benin, auf die Kanaren, in die Karibik und nach Mittelamerika.<br />

Der Zuckerrohranbau in der sogenannten Neuen Welt hatte die Verschleppung von Schwarzafrikanern<br />

zur Folge, welche als Sklaven auf den Plantagen arbeiteten. Auch kam es zur Ausrottung ganzer<br />

Volksgruppen in Mittelamerika.<br />

Heute wird Zuckerrohr weltweit angebaut und stellt ca. 55 % der Zuckerproduktion dar.<br />

Anbau, Ernte, Weiterverarbeitung:<br />

Der Anbau beginnt mit dem Auslegen von Sprossstücken vom ca. acht Monate alten, nicht ausgereiften<br />

Rohr, unter Beigabe von Fungiziden und Insektiziden. Je nach Klimabedingungen vergehen<br />

neun Monate bis zwei Jahre bis zur Ernte. Der Zuckergehalt von Zuckerrohr liegt bei ca. 15 %. Durchschnittlich<br />

werden 120 Tonnen Rohr / ha / Jahr geerntet. Dies entspricht einem Ertrag von 14 Tonnen<br />

Zucker pro Jahr. (Zahlen vom Jahr 1993, Costa Rica)<br />

In vielen Ländern ist die Ernte noch Handarbeit und eine wichtige saisonale Einkommensquelle für<br />

Kleinbauern. Die Arbeitsbedingungen auf den Zuckerrohrfeldern sind teilweise katastrophal. Oft werden<br />

Kinder und Frauen als Arbeitskräfte eingesetzt, obendrein ist die Bezahlung in den Regionen des<br />

Zuckerrohranbaus sehr schlecht, gerade so viel, um die Familie zu erhalten. Die Tagesleistung liegt<br />

bei guten Arbeitern bei zirka 8 – 10 Tonnen täglich. Dies hat zur Folge, dass der Rohrzucker extrem<br />

günstig angeboten werden kann.<br />

91


Ines Faber, Franziska Schrempf<br />

<strong>La</strong>ndwirtschaft und Cash-Crops<br />

Das Rohr wird knapp oberhalb des Bodens mit einem schweren Messer (Machete) abgeschlagen. Der<br />

grüne Teil wird entfernt und der Rest in die Fabrik zur Weiterverarbeitung transportiert. In der Fabrik<br />

wird das Rohr zerkleinert, gepresst und zu Zucker verarbeitet.<br />

In den Tropen wird Zuckerrohr jedoch auch von Kleinbauern angebaut, um das Rohr zu kauen, selber<br />

Saft zu pressen oder Rohrzucker für den Hausgebrauch herzustellen.<br />

Zu erwähnen ist auch, dass aus einem Nebenprodukt der Zuckerherstellung, der Melasse, durch Gärung<br />

und Destillation Rum hergestellt werden kann.<br />

ANANAS (ANANAS SP.)<br />

Die Ananas (Ananas, ananá ist vom Ursprung Guarani, dies ist eine Sprache, die in Paraguay, im<br />

nördl. Argentinien, Teilen Boliviens und im südl. Brasilien gesprochen wird) ist eine Pflanzengattung<br />

aus der Familie der Bromeliengewächse (Bromeliaceae).<br />

Die Pflanze wird etwa einen Meter hoch, ist kurzstämmig und, im Gegensatz zu anderen Bromeliengewächsen,<br />

eine Bodenfrucht. Sie blüht nur einmal und ist eine Sammelfrucht aus Beeren. Unter der<br />

Oberfläche dieser sechseckigen Beeren, die jeweils von einer Blüte hervorgebracht wurden, liegt ein<br />

Same. Bei den gezüchteten Sorten sind nur mehr wenige bis keine Samen enthalten. Aus dem dicken<br />

fleischigen Stamm entwickelt sich eine Blattrosette von 30 – 50 steifen grünen Blättern. Diese leitet<br />

das Regenwasser in die Pflanzenmitte und dient zur Wasserspeicherung. Die ursprünglichen Ananassorten<br />

haben stachelbesetzte Blätter, welche als Fraßschutz vor Tieren diente. Bei der modernen<br />

Kulturpflanze hat man durch Selektion Sorten entwickelt, welche nahezu glatte Blätter haben.<br />

Etwa 15 – 22 Monaten nach der Anpflanzung entwickelt sich aus der Mitte der Blattrosette ein 10 – 15<br />

cm langer Blütenstand mit hunderten purpurroten Einzelblüten. Diese vereinigen sich später zu einer<br />

fleischigen Gesamt- oder Sammelfrucht.<br />

Nach ca. fünf bis sechs Monaten bildet sich die Frucht aus. Sie ist mit Bürzel im Durchschnitt 30 cm<br />

hoch und kann in Ausnahmefällen bis zu 10 Kilo schwer werden. Die bei uns erhältlichen Ananas<br />

wiegen jedoch nur ein bis zwei Kilo.<br />

Im reifen Zustand, ist die Rinde der Frucht hellbraun-rot, ihr Fruchtfleisch ist gelb-rötlich. Die<br />

Fruchtmitte der Frucht ist leicht verholzt und ist im Regelfall nicht essbar.<br />

Geschichte:<br />

Man nimmt an, dass die Ananasstaude ursprünglich aus Brasilien stammt. Von Indianern wurde sie<br />

nach Zentralamerika gebracht und kultiviert. Sie ist eine tropische Frucht, die Christoph Kolumbus<br />

1493 auf Guadeloupe für sich, seine Mannschaft und für Europa entdeckte. In Europa wurde sie ab<br />

1690 in Orangerien angebaut.<br />

Heute ist die bekannteste Art die gewöhnliche Ananas (Ananas comosus (L.) Merr.), die aus dem<br />

tropischen Amerika stammt und dann auch in Asien, Afrika und Südeuropa kultiviert wurde.<br />

Anbau, Ernte:<br />

Die Ananas wird regelmäßig vegetativ vermehrt. Verwendet werden dabei die Kopfkronen von Altpflanzen<br />

oder Wurzelschösslinge. Bei dem plantagenartigen Anbau werden Schösslinge (sie werden<br />

den alten Blattachsen entnommen) bevorzugt, weil sich das Wachstum besser kontrollieren lässt. Es<br />

müssen nicht zwangsläufig neue Schösslinge sein, man kann auch Altpflanzen auf zwei bis drei Seitensprosse<br />

zurückschneiden. Die Ananaspflanze gestattet einen mehrfachen Erntezyklus, wobei jedoch<br />

die Früchte im <strong>La</strong>ufe der Zeit kleiner und krankheitsanfälliger werden.<br />

Die Ernte erfolgt meist händisch mit Hilfe von Maschinen. Die Ananasfelder sind so angelegt, dass<br />

die Maschinen mit ihren Auslegern ohne Probleme durchfahren können. Auf den Auslegern sitzen die<br />

Arbeiter, welche mit Schutzkleidung und speziellen Handschuhen, die Früchte abernten. Die Arbeit ist<br />

anstrengend, oft bis zu 16 Stunden am Tag und schlecht bezahlt, trotzdem ist die Arbeit auf den Plantagen<br />

für viele die einzige Chance zu überleben.<br />

Ananasexport in Costa Rica:<br />

Seit der Bananenpreis in den 1990iger Jahren stark ins schwanken kam, setzten die Fruchtproduzenten<br />

auch in Mittelamerika auf den Anbau von Ananas. Im Januar dieses Jahres (2006) lag der Ananasexport<br />

Costa Ricas um 67,7 % höher als im Jahr zuvor.<br />

92


Ines Faber, Franziska Schrempf<br />

<strong>La</strong>ndwirtschaft und Cash-Crops<br />

In der nördlichen Karibikregion gedeiht die Frucht besonders gut. Dadurch haben viele Bananenplantagen<br />

umgestellt auf Ananasanbau.<br />

Umweltproblematik durch Ananasplantagen:<br />

Durch die Plantagen entstehen große Probleme für Anwohner, Arbeiter und die Umwelt. Die Natur<br />

leidet in Costa Rica unter den exzessiven Anbaumethoden. Die Böden werden, wie auch bei den Bananenplantagen,<br />

ausgelaugt, überdüngt und schließlich unbrauchbar. Es werden auch hier Unmengen<br />

von Pestiziden eingesetzt, welche den dort ansässigen Menschen und Tieren Schaden zufügen. Das<br />

Wasser ist meist mit schädlichen Substanzen versetzt, welches von den Kindern, wie auch Erwachsenen<br />

getrunken wird. Dies führt zu Hautreizungen, Darmerkrankungen und Kopfschmerzen.<br />

Hinzu kommt, dass immer wieder neue Anbauflächen geschafft werden, wobei erneut Regenwald<br />

gerodet wird und somit verschwinden auch die Tiere und Pflanzen.<br />

KAKAO (THEOBROMA CACAO L.)<br />

Der Kakaobaum (Theobroma cacao L.) gehört zur Unterfamilie der<br />

Byttnerioideae aus der Familie der Malvaceae (Malvengewächse).<br />

Die Unterfamilie der Byttnerioideae unterteilt sich in mehrere Gattungen,<br />

darunter die Gattung Theobroma. Diese lässt sich wiederum<br />

in 22 Arten unterteilen. Eine Art dient uns zur Erzeugung von Kakao,<br />

die Art Theobroma cacao L. Durch Züchtung entstanden verschiedene<br />

Sorten dieser Art. Die Wichtigsten Sorten für die Kakaoerzeugung<br />

sind Criollo, Forastero und Trinitario.<br />

Kakaofrucht (Theobroma cacao L.),<br />

<strong>La</strong> Fortuna<br />

Der Kakaobaum ist ein langer, dünnstämmiger Unterholzbaum, der<br />

im Schatten größerer tropischen Bäume steht. Bei jungen Pflanzen<br />

dienen oft Bananenpflanzen als Schattenspender. Bei älteren Bäumen<br />

werden auch Ölpalmen, Teak- und Mahagonibäume, sowie auch Erythrina speziell als Schattenspender<br />

gepflanzt.<br />

Der Baum kann 10 bis 15 Meter hoch werden, jedoch werden die Bäume auf den Kakaoplantagen auf<br />

ca. zwei bis vier Meter gestutzt. Der Baum hat große, glatte, schwertartige Blätter, welche das ganze<br />

Jahr grün sind. Pro Jahr bildet der Baum drei- bis viermal neue Blätter. Direkt an dem nur etwa 20 cm<br />

dicken Stamm und den größeren Ästen sitzen die Blüten, welche nach 2 – 3 Jahren das erste mal gebildet<br />

werden. Der Baum blüht das ganze Jahr über und kann somit das ganze Jahr Früchte produzieren.<br />

Die größte Anzahl Blüten erreicht er im Alter von zehn bis zwölf Jahren und kann dann bis zu<br />

100.000 Blüten pro Jahr produzieren. (http://www.theobroma-cacao.de/pflanze/pflanze.htm)<br />

Die Bestäubung der Blüten erfolgt ausschließlich durch Insekten wie zum Beispiel Mücken, die im<br />

warmen, feuchten Unterholz leben. Auf Plantagen wird die Blüte teilweise auch künstlich befruchtet.<br />

Die unreife Frucht hat eine grüne Farbe, die reife je nach Kakaosorte eine gelbe, gelbrote oder rot- bis<br />

rotbraune Farbe. Die Früchte sitzen direkt am Stamm, werden ca. 15 – 25 cm lang und 7 – 10 cm breit.<br />

Sie enthält fünf Reihen mit bohnenförmigen Samen, die in ein helles, süßliches Fruchtmus eingebettet<br />

sind.<br />

Geschichte:<br />

Die Geschichte des Kakaobaumes beginnt in Mittelamerika. Die Azteken kannten die Pflanze seit<br />

dem 14. Jahrhundert, wo sie als heilig galt und als Geschenk des Gottes Quetzalcoatl betrachtet und<br />

verehrt wurde. Die aus der Frucht gewonnenen Bohnen wurden allerdings nicht nur als Opfergabe<br />

verwendet, sondern auch als Zahlungsmittel und zur Zubereitung eines herb-würzigen Getränks, das<br />

jedoch mit unserem heutigen Kakao nicht viel gemeinsam hatte.<br />

Anbau, Ernte:<br />

Der Kakaobaum wird auch plantagenartig angebaut, jedoch gibt es hier keine schweren Umweltprobleme.<br />

Bei der Ernte werden die reifen Früchte – wie schon vor 500 Jahren – von Hand mit scharfen Messern<br />

abgeschlagen. An den Sammelplätzen öffnen die Erntearbeiter die Früchte mit einem geschickten<br />

Schlag ihrer Macheten und lösen, die von weißem, süßem Fruchtfleisch umgebenen Samen aus der<br />

Schale heraus. Um aus den noch unansehnlichen Samenkernen hochwertigen Rohkakao entstehen zu<br />

93


Ines Faber, Franziska Schrempf<br />

<strong>La</strong>ndwirtschaft und Cash-Crops<br />

lassen, werden sie einem Gärprozess unterzogen. Dazu werden die Samen mit dem Fruchtfleisch in<br />

Kästen gefüllt oder werden auf Bananenblättern ausgebreitet und abgedeckt. Schon nach kurzer Zeit<br />

setzt der Gärprozess, auch Fermentation genannt, ein. Die herben Gerbstoffe oxidieren, das feuchte<br />

Fruchtfleisch löst sich auf und fließt ab. Die Kerne färben sich dunkel und das typische Kakaoaroma<br />

entsteht. In fünf bis zehn Tagen ist die Fermentation abgeschlossen. Danach werden die Bohnen in der<br />

Sonne getrocknet und schließlich für den Transport abgepackt.<br />

Kakaoexport in Costa Rica:<br />

Pro Jahr trägt jeder Baum etwa 20 – 30 Früchte, in guten Jahren sogar bis zu 50 Früchte. In Costa Rica<br />

werden pro Jahr ca. 4.500 Tonnen (2004/2005) Kakao produziert. Meist wird der Kakao dann zur<br />

Weiterverarbeitung nach Europa exportiert.<br />

ÖLPALME (ELAEIS GUINEENSI)<br />

Die Ölpalme gehört zu den wirtschaftlich bedeutensten Palmenarten. Ursprünglich stammt sie aus Afrika,<br />

aber heute wird sie in Südostasien und im tropischen Mittelamerika kultiviert. Eine einzige Palme<br />

produziert Fruchtstände mit bis zu mehreren tausend Früchten. Geerntet werden die Fruchtstände<br />

mit einer langen Bambusstange, an deren Ende ein sichelförmiges Messer befestigt ist. Die Sichel wird<br />

dabei um den Stiel des Fruchtstandes gelegt und mit einem kräftigen Ruck nach unten gezogen. Das<br />

kann auch sehr gefährlich sein für die Erntearbeiter, denn die schweren Fruchtstände bzw. eventuell<br />

mitgeschnittene Palmenblätter fallen aus bis zu 30 m Höhe herab. Wenn die Ölpalmen für die Ernte zu<br />

wenig ertragreich sind, dann werden die Felder totgespritzt. Jedoch gleichzeitig werden zwischen den<br />

„Leichen“ junge neue Palmen gepflanzt.<br />

Um den optimalen Ernteertrag zu erreichen, benötigt die Ölpalme gewisse klimatische Bedingungen.<br />

Mit einer durchschnittlichen Temperatur von 26 °C und einem nährstoffreichen Boden sind die Bedingungen<br />

für eine ganzjährige Fruchtstandentwicklung gegeben. Nach der Ernte müssen die Ölfrüchte<br />

innerhalb von 24 Stunden zur Fabrik gebracht und verarbeitet werden, da sie sonst ranzig werden.<br />

Aus dem Fruchtfleisch wird das Palmöl gemacht, aus den Samen das Palmkernöl. Palmöl nimmt in<br />

der weltweiten Produktion den zweiten Platz ein (nach Sojaöl). Es wird zur Herstellung von Seifen,<br />

Kosmetika, Waschmittel, Kerzen, Margarine und auch als traditionelles Küchenfett verwendet. Rotes<br />

(unraffiniertes) Palmöl ist reich an Carotinoiden und Vitamin E und eignet sich gut zum Erhitzen, da<br />

kaum mehrfach ungesättigte Fettsäuren enthalten sind.<br />

In Costa Rica wird die Ölpalme großflächig als Monokultur, vor allem in der Küstengegend angebaut.<br />

Wie alle in großem Maßstab angebauten landwirtschaftlichen Produkte, verursachen auch Palmenplantagen<br />

ökologische Probleme. Die zum Ölpalmenanbau benötigen großen Flächen werden oft unter<br />

Zerstörung von Regenwald angelegt.<br />

Geerntete Ölpalmenfrüchte bereit zur<br />

Verarbeitung vor Fabrik<br />

Ölpalmenplantage, totgespritzte alte<br />

Pflanzen, dazwischen neu gesetzte<br />

kleine Ölpalmen<br />

Links: Händische Ernte von Ölpalmenfrüchten,<br />

Tropical Garden<br />

Palmolive:<br />

Ein in diesem Zusammenhang wichtiger Konzern ist Palmolive. Colgate-Palmolive ist ein mulinationales<br />

Unternehmen mit Stammsitz in New York.<br />

94


Ines Faber, Franziska Schrempf<br />

<strong>La</strong>ndwirtschaft und Cash-Crops<br />

1864 stellte die Firma B.J. Johson Soap Company eine Seife aus Palmöl und Olivenöl her. Das Produkt<br />

wurde so populär, dass die Firma danach benannt wurde – Palmolive.<br />

REIS (ORYZA SATIVA)<br />

Reis gehört in Costa Rica nicht direkt zu den Cash Crops, er wird meist für den Eigenbedarf kultiviert.<br />

Der Reis kommt ursprünglich aus Südostasien und wurde dort schon 5.000 v. Chr. angebaut. Über<br />

Jahrtausende ernteten die Menschen händisch durch Abschneiden der Rispen. Die dabei entstehende<br />

Selektion führte zur Entstehung tausender Reissorten, die unter den vielfältigen ökologischen Bedingungen<br />

weltweit und eben auch in den Tropen und Subtropen angebaut werden können. Für den Großteil<br />

der Weltbevölkerung ist Reis das wichtigste Grundnahrungsmittel.<br />

Es gibt Nassreis und Trockenreis. Nassreis hat den Vorteil, dass der Unkrautwuchs durch das Wasser<br />

gehemmt wird. Außerdem sind die Erträge wesentlich höher als beim Streusaatverfahren.<br />

Der angebaute Reis in Costa Rica ist zu 90 % Trockenreis. Die Hauptanbaugebiete liegen in den Provinzen<br />

Guanacaste und Puntarenas. Reis ist neben Bohnen und Mais das wichtigste Grundnahrungsmittel<br />

des <strong>La</strong>ndes und wird daher nicht nur von Großbetrieben, sondern auch von kleinbäuerlichen<br />

Subsistenzbetrieben bewirtschaftet.<br />

Die Reispflanze ist jedoch eine arbeitsintensive Kultur mit hohen Kosten für Düngung und Saatbettreinigung,<br />

sodass am Ende nach Abzug aller Ausgaben der Gewinn gering ist.<br />

Reis nach dem Abtrennen der Streu<br />

(rechts)<br />

Arbeiter in der Reisfabrik beim<br />

Befüllen der Verpackungen<br />

Schlichten der Reispackungen in versandfertige<br />

Großeinheiten<br />

4.2.4 Chiquita Brands International – United Fruit Company<br />

Chiquita Brands International ist nach eigenen Angaben einer der größten Bananenproduzenten der<br />

Welt. Chiquita vermarktet auch verschiedene andere Obst- und Gemüsesorten und ist in über 60<br />

Ländern aktiv.<br />

Das Unternehmen wurde am 30. März 1899 in Boston unter dem Namen „United Fruit Company“<br />

(UFC) gegründet. Die Firma entstand aus dem Zusammenschluss der Firmen Boston Fruit und der<br />

Tropical Trading and Transport Company. Boston Fruit hatte damals eine der längsten<br />

Eisenbahnstrecken in Costa Rica gebaut (Banana Train).<br />

Das Unternehmen wurde groß durch den Verkauf von tropischen Früchten in Europa und den USA.<br />

Neben der berühmten Marke Chiquita verkaufte Chiquita Brands Int. auch Bananen unter dem Namen<br />

Chiquita Jr., Consul, Amigo, Frupac, Chico sowie Bananos.<br />

Im Juni 1970 schloss sich die U.F.C. mit der AMK Corporation zusammen und wurde zur United<br />

Brands Company. Im August 1984 übernahm Carl H. Lindner Jr. die Kontrolle über den Konzern<br />

und benannte sie in Chiquita Brand International um.<br />

Außerdem revolutionierte die United Fruit Company die Handelsschifffahrt, indem es die Entwicklung<br />

von gekühlten Transportschiffen vorantrieb. Ende der 1930er Jahre verfügte die U.F.C. über die größte<br />

private Schiffsflotte der Welt.<br />

Die Firma wird oft als typisches Beispiel dafür gesehen, wie multinationale Firmen in die Innen- und<br />

Außenpolitik ärmerer Länder eingreifen und sie manipulieren.<br />

Die UFC besaß große <strong>La</strong>ndflächen in Mittelamerika. Viele sahen sie deshalb als die eigentliche Macht<br />

in diesen Ländern an, da United Fruit durch seine Wirtschaftskraft die Geschicke der kleinen Staaten<br />

95


Ines Faber, Franziska Schrempf<br />

<strong>La</strong>ndwirtschaft und Cash-Crops<br />

dominierte. Die Firma hat nachweislich mehrmals Regierungen in Mittelamerika gestürzt oder stürzen<br />

lassen, die eine Politik betrieben, welche nicht im Interesse des Fruchtmultis war.<br />

Auch heute ist der politische Einfluss noch sehr groß. Die Plantagen von Chiquita befinden sich heute<br />

noch hauptsächlich in Kolumbien, Costa Rica, Guatemala, Honduras und Panama. In all diesen<br />

Ländern gehören Bananen zu den wichtigsten Exportgütern, wodurch Chiquita einfach Druck auf die<br />

jeweiligen Regierungen ausüben kann. Ein Rückzug aus diesen Ländern würde zu einem<br />

wirtschaftlichen Fiasko führen.<br />

Literaturangaben<br />

BAKE, Ch. P., (2000): Der National Geographic Traveler Costa Rica; National Geographics Society,<br />

Washington, D.C.<br />

JANZEN, D. H., (1983): Costa Rican Natural History; University of Chicago Press<br />

RACHOWIECKI, R., (2002): Costa Rica: Special section on Costa Rican wildlife; Lonely Planet Publications<br />

Pty. Ltd.<br />

http://bethge.freepage.de/ananasdt.htm, 2006<br />

http://de.wikipedia.org, 2006<br />

http://www.banafair.de/publ/cuadernos/cuad3/schmutzig.htm, 2006<br />

http://www.cafebritt.com, 2006<br />

http://www.heise.de/tp/r4/artikel/22/22441/1.html, 2006<br />

http://www.infozentrum-schoko.de/schobro.pdf#search=%22Kakaoernte%22, 2006<br />

http://www.theobroma-cacao.de/pflanze/pflanze.htm, 2006<br />

96


Teil V<br />

Biologische<br />

Aspekte<br />

96


Ursula Bachlechner, Birgit Jogl<br />

Pflanzliche Phänomene im tropischen Regenwald<br />

5.1 PFLANZLICHE PHÄNOMENE IM TROPI-<br />

SCHEN REGENWALD<br />

5.1.1 Die tropischen Lebensräume<br />

Die Pflanzen der Tropen haben deutlich andere Lebensbedingungen als die der gemäßigten Breiten.<br />

Durch nahezu konstante Temperaturen und Tageslängen wird mit der entsprechenden Wasserversorgung<br />

ein ganzjähriges Pflanzenwachstum möglich. Eine ausschlaggebende Bedeutung kommt auch<br />

den Bodenverhältnissen zu. Tropische Böden sind durch eine schon Hunderttausende bis Millionen<br />

von Jahren andauernde intensive Verwitterung gekennzeichnet, wodurch nährstoffbindende Tonminerale<br />

bereits zerstört, und Nährstoffe durch die Niederschläge ausgewaschen wurden. Die Folge davon<br />

ist der typische rote Tropenboden, der durch Austrocknung zu steinhartem <strong>La</strong>terit wird. Das ständige<br />

Recycling abgestorbener Pflanzenteile, die verrotten und deren Nährstoffe nicht in den Boden gelangen<br />

sondern sofort von Pilzen aufgenommen und den Pflanzen zugeführt werden, ermöglicht den üppigen<br />

Pflanzenwuchs.<br />

Aufbau des immergrünen tropischen Regenwaldes<br />

„Der extreme Regenwald besteht fast ausschließlich aus Bäumen, wenn man nur die im Boden wurzelnden<br />

Pflanzen berücksichtigt. Kräuter und Stauden kommen fast nur als Epiphyten in Betracht und<br />

auch dort nur in viel kleinerer Arten- und Individuenzahl als die Bäume. …Eine auffällige Häufung<br />

von Palmen im Tropenwald“ belegt „nicht seinen Urwaldcharakter, wie viele glauben, sondern im<br />

Gegenteil, ...seinen sekundären Charakter: Hier waren alte Pflanzungen verlassen worden!“<br />

(www.payer.de)<br />

97


Ursula Bachlechner, Birgit Jogl<br />

5.1.2 Regenwaldtypen<br />

Pflanzliche Phänomene im tropischen Regenwald<br />

Der tropische Regenwald stellt keinesfalls einen einheitlichen Lebensraum dar. Unterschiede ergeben<br />

sich je nach Boden und Relief, sowie durch die verschiedenen geographischen <strong>La</strong>gen und vor allem<br />

aufgrund verschiedener Niederschlagsmengen und -verteilung.<br />

Der immerfeuchte Regenwald mit mehr als 2000 mm Niederschlag pro Jahr ist extrem artenreich.<br />

Die meisten Pflanzen sind im Boden wurzelnde Baumarten. Aufgrund der fehlenden Jahreszeiten finden<br />

sich blühende, fruchtende oder neu austreibende Bäume über das ganze Jahr verteilt. Durch Mangel<br />

an Licht im Bodenbereich ist Unterwuchs nur spärlich vorhanden.<br />

Der saisonale Regenwald zeichnet sich durch kaum weniger Niederschlag und einer Trockenzeit von<br />

ungefähr einem Monat aus. Da hier zeitweise mehr Sonnenlicht bis zum Waldboden gelangen kann<br />

steigt auch die Anzahl an krautigen Pflanzen.<br />

In Bergwäldern fallen die Niederschlagsmengen meist noch höher aus. Da überschüssiges Wasser<br />

leicht abfließen kann entwickelt sich keine das Wachstum hemmende Staunässe. Je höher der Wald<br />

liegt, desto geringer sind die Temperaturen. Daraus folgt die Kondensation der Luftfeuchtigkeit, wodurch<br />

sich Wolken, Nebel und Tau bilden. Die dort lebenden Bäume weisen geringere Höhen auf.<br />

Epiphyten, Moose und Farne, darunter die an Palmen erinnernden Baumfarne, treten gehäuft auf.<br />

Weite Gebiete der Tropen, vor allem die im Einflussbereich der Monsun- und Passatwinde stehenden,<br />

weisen einen deutlichen Wechsel zwischen einer Regen- und einer zwei bis fünf Monate anhaltenden<br />

Trockenzeit auf. Diese wechselfeuchten Wälder bestehen aus einem Mischwald aus immergrünen<br />

und laubabwerfenden Bäumen. Sie beherbergen zwar weniger Arten als der immerfeuchte Regenwald,<br />

erscheinen aber, durch die Anpassung von Wachstum, Blühen und Fruchten an die im Jahresverlauf<br />

unterschiedlichen Gegebenheiten, vielfältiger. Der lichtere Wald ermöglicht eine stärkere Ausprägung<br />

des Unterwuchses, sodass in trockenen <strong>La</strong>gen nahezu geschlossene Flächen von Gräsern und<br />

Kräutern, und in feuchteren <strong>La</strong>gen Sträucher und großblättrige Hochstauden in Erscheinung treten.<br />

Der wechselfeuchte Wald bietet auch gute Lebensbedingungen für Lianen. Epiphyten besiedeln hier<br />

bereits in geringeren Höhen die Stämme ihrer Wirte.<br />

In Trockenwäldern, in denen über vier bis sieben Monate etwa 500 – 2000 mm Niederschlag fallen,<br />

jedoch fünf bis acht Monate extreme Dürre herrscht, kommen kaum immergrüne Pflanzen vor. Der<br />

Wald ist trockenkahl, regengrün und zumeist nur wenige Meter hoch. Selbst in der Regenzeit, in der<br />

die Bäume schattenspendende Kronen ausbilden, erreicht noch ausreichend Licht den Waldboden, um<br />

die Ausbildung von Gräsern und Kräutern zu ermöglichen. Sträucher mit hartlaubigen Blättern und<br />

Sukkulenten (Kakteen und ähnliche dickfleischige Pflanzen) sind fähig die Trockenzeit im grünen<br />

Zustand zu überstehen, da sie in ihren Blättern und Stängeln genügend Wasser speichern können.<br />

Die Mangrove stellt eine Waldformation dar, die an allen tropischen Weichbodenküsten anzutreffen<br />

ist, wo das Meerwasser warm genug und die Küste flach und windgeschützt ist. Die Stelz- und Atemwurzeln<br />

ermöglichen es der Pflanze auf dem weichen und sauerstoffarmen Schlick zu wachsen. Die<br />

Wurzeln ragen zunächst senkrecht aus dem Schlick nach oben, bilden entweder Höcker oder Kniewurzeln<br />

aus und wachsen wieder in den Schlick hinein. Bei niedrigem Wasserspiegel, wenn die Wurzeln<br />

freiliegen, nehmen sie durch zahlreiche Poren Sauerstoff aus der Luft auf, um während Hochwasserzeiten<br />

davon zu zehren. Die Vielzahl der Wurzeln begünstigt die Ablagerung von weiterem Schlick,<br />

sodass der Mangrovengürtel zum Schutz vor Erosion der Küstengebiete beiträgt und sich meerwärts<br />

langsam ausdehnt. Die Erscheinung des Lebendgebärens (Viviparie) ist ebenfalls eine Anpassung an<br />

den Schlick. Unter Viviparie versteht man das Auskeimen des einzigen Samens jeder Frucht bereits<br />

auf der Mutterpflanze, der anschließend zu einem 20 – 40 cm, selten auch bis zu einem ein Meter langen<br />

Gebilde heranwächst. Nachdem der ausgekeimte Samen in den Schlick gefallen und stecken<br />

geblieben ist, kann er an dieser Stelle weiterwachsen. Weitaus häufiger wird er jedoch durch die Gezeiten<br />

verdriftet, irgendwo angeschwemmt und verankert sich dort. Mangrovenwälder sind wesentlich<br />

artenärmer als andere tropische Lebensräume und hauptsächlich durch eine Pflanzenfamilie, die Rhizophoraceae,<br />

geprägt. Mangrovenpflanzen können durch spezielle physiologische Anpassungen im<br />

Salzwasser gedeihen. Sie sind fast durchwegs Gehölze, die sich in Abhängigkeit vom Standort als<br />

Strauch oder Baum entwickeln. Weitere in Mangrovenwäldern vorkommende Arten sind die Mora<br />

98


Ursula Bachlechner, Birgit Jogl<br />

Pflanzliche Phänomene im tropischen Regenwald<br />

oleifera (costarican. alconoque, Fabaceae), die von allen dikotylen Pflanzen den größten Samen ausbildet,<br />

und das Teegewächs Pelliciera rhizophorae (Theaceae). Die Pflanzen der Mangroven stellen<br />

einen wichtigen Lebensraum und Brutgebiet für zahlreiche Tierarten dar.<br />

Mangrovenwald (mit Rhizophora mangle)<br />

„Mangrovenbaby“ (Viviparie<br />

von Rhizophora mangle)<br />

Mora oleifera (Fabaceae), größter Same<br />

der dicotylen Pflanzen<br />

5.1.3 Struktur und Lebensformen tropischer Regenwälder<br />

STOCKWERKMODELL<br />

Das im Folgenden beschriebene, auf unterschiedlichen Baumhöhen begründete Stockwerkmodell, ist<br />

ein künstliches System und gerade im Regenwald ist der Stockwerkscharakter aufgrund der Baumdiversität<br />

und der unterschiedlichen Baumhöhen oft recht verschwommen. Dennoch ist es sehr hilfreich<br />

bei der Beschreibung tropischer Ökosysteme.<br />

Bäume<br />

Für Bäume ist neben der Ausbildung eines Holzkörpers eine deutlich erkennbare Unterscheidung<br />

zwischen Stamm und Krone charakteristisch.<br />

Urwaldriesen:<br />

Übersteher oder Emergenten bilden kein geschlossenes Kronendach aus. Dabei handelt es sich um<br />

vereinzelt stehende, sehr hohe Bäume, die zwischen 50 und 70 m erreichen können. Diese Urwaldriesen<br />

überragen das nahezu geschlossene Blätterdach und verzweigen sich erst oberhalb der Kronen der<br />

übrigen Bäume.<br />

Vertreter dieser Baumschicht stellen der Kanonenkugelbaum (Couroupita guianensis, Lecythidaceae),<br />

dessen Name auf seine hartschaligen, bis zu 20 cm großen, runden Früchte zurückzuführen ist,<br />

der Kapokbaum (Ceiba pentandra, Bombacaceae) und der Mahagonibaum (Swietenia mahagoni,<br />

Meliaceae), ein wichtiger Holzlieferant, dar.<br />

Zur Verankerung und zur verbesserten Sauerstoffaufnahme bilden die letzten beiden Arten mächtige<br />

Brettwurzeln aus. Diese Wurzeln, die in einigen Waldformationen sehr auffällig sind, lassen sich in<br />

Abhängigkeit von Arten oder Familien in Form, Größe und Dicke voneinander unterscheiden. Sie sind<br />

vor allem bei großen Bäumen, wie bei Vertretern der Familie der Bombacaceae, besonders ausgeprägt.<br />

Aufgrund der großen Niederschlagsmengen in den immerfeuchten Regenwäldern, der sich daraus<br />

ergebenden schlechten Durchlüftung des Bodens und des oberflächlichen Nährstoffkreislaufs, haben<br />

die meisten Bäume ein relativ flaches Wurzelwerk, das zur sicheren Verankerung manchmal nicht<br />

ausreichend ist. Brettwurzeln können bei diesen Gegebenheiten zur Verteilung, der durch Winddruck<br />

entstehenden Zugkräfte auf möglichst viele oberflächliche Wurzeln, dienen. Häufig zeigen Bäume in<br />

Hanglage, welche eine asymmetrisch entwickelte oder erheblich mit Epiphyten bewachsene Baumkrone<br />

tragen, diese Besonderheit.<br />

99


Ursula Bachlechner, Birgit Jogl<br />

Pflanzliche Phänomene im tropischen Regenwald<br />

Kanonenkugelbaum<br />

(Couroupita guianensis)<br />

Kapokbaum (Ceiba pentandra)<br />

Brettwurzeln<br />

Bäume der mittleren Höhenschicht:<br />

Diese Schicht stellt den Lebensraum von gut zwei Drittel aller Tier- und Pflanzenarten dar. Durch die<br />

15 – 40 m hohen Bäume kommt es häufig zur Ausbildung eines dichten <strong>La</strong>ubdachs.<br />

Verglichen mit den gemäßigten Breiten befinden sich in den Tropen nicht nur wesentlich mehr Baumarten,<br />

sondern auch eine viel größere Anzahl an Wuchsformen und Blütenvariationen.<br />

„Es handelt sich bei der enormen Mannigfaltigkeit der tropischen Baumformen kaum um ‚Anpassung<br />

an die Tropen’..., sondern vielmehr um eine Polymorphie (Vielgestaltigkeit), die dadurch ermöglicht<br />

wird, dass die günstige Umwelt sehr viel mehr ...Gestalten ‚erlaubt’ als die kalten Regionen.“<br />

(www.payer.de)<br />

Vertreter dieser Baumschicht sind die Muskatnuss-Arten Virola koschnyi und Virola sebifera aus<br />

der Familie der Myristiaceae, der bis zu 20 m hohe „Nackte Indianer“ (Bursera simaruba), dessen<br />

Name auf die sich schälende Rinde und dessen Farbe zurückzuführen ist, und der Terpentinbaum<br />

(Protium ravenii), die beide in die Familie der Burseraceae einzuordnen sind.<br />

Ebenfalls in die selbe Höhenschicht sind der Kuhmilchbaum (Brosimum utile, costarican. vaco) und<br />

der Brotnussbaum (Brosimum alicastrum, costarican. ojoche) aus der Familie der Moracae, die<br />

Wasserkastanie (Pachira aquatica, Bombacaceae), der Sandbüchsenbaum (Hura crepitans,<br />

Euphorbiaceae), Jacaranda copaia (costarican. gallinazo, Bignoniaceae), sowie der Ohrenfruchtbaum<br />

(Enterolobium cyclocarpum, costarican. guanacaste, Mimosaceae), der Nationalbaum Costa<br />

Ricas, zu zählen.<br />

Nackter Indianer (Bursera simaruba) Terpentinbaum (Protium ravenii) Aufgeschnittene Ohrenfrucht<br />

(Enterolobium cyclocarpum)<br />

Klein- und Kleinstbäume:<br />

Bäume, die im Bereich der unteren 10 m des tropischen Regenwaldes wachsen, haben dort eine annähernd<br />

konstante relative Luftfeuchte von 97 – 100 %.<br />

Typische Vertreter dieser Höhenschicht sind die 3 – 6 m hohe Carica cauliflora (Caricaceae), der 5 –<br />

10 m hohe Sternfruchtbaum (Averrhoa carambola, Oxalidaceae), der Kakaobaum (Theobroma<br />

cacao, Sterculiaceae) und Carpotroche platyptera (Flacourtiaceae). Alle vier Arten sind Beispiele<br />

100


Ursula Bachlechner, Birgit Jogl<br />

Pflanzliche Phänomene im tropischen Regenwald<br />

für die vor allem in den immerfeuchten Regenwäldern auftretende Kauliflorie (Stammblütigkeit). Bei<br />

diesem Phänomen befinden sich die Blüten und Früchte direkt am Stamm, an starken Ästen oder an<br />

gedrungenen, daraus hervorgehenden Kurztrieben. Beim Kerzenbaum (Parmentiera cerifera,<br />

Bignoniaceae) dient die Stammblütigkeit als Erleichterung der Ortung und des Anflugs für die ihn<br />

bestäubenden Fledermäuse. Aus demselben Grund sind auch lang gestreckte Blütenstandsachsen, an<br />

denen die Blüten aus der Krone herausgehoben werden oder unten aus ihr heraushängen, entwickelt.<br />

Ein weiterer Kleinbaum ist der einige Zentimeter bis über einen Meter erreichende Biophytum<br />

dendroides (Oxalidaceae), der seine Fiederblätter nach Reizung, z.B. Berührung innerhalb kurzer Zeit<br />

zusammenklappen kann.<br />

Kauliflorie beim Kakaobaum<br />

(Theobroma cacao)<br />

Biophytum dendroides<br />

(Oxalidaceae)<br />

Unterwuchs<br />

Nur ca. ein Prozent des Sonnenlichts gelangt bis zum Boden, wodurch dieser auch wesentlich geringer<br />

bewachsen ist als in unseren heimischen Wäldern. Die Bodenzone ist nahezu windstill und dämmrig.<br />

Die Schwankungen von Luftfeuchtigkeit, Windgeschwindigkeit und Temperatur sind, verglichen mit<br />

höher gelegenen Schichten, gering. Bodenlebende Pflanzen haben sich den dortigen Gegebenheiten<br />

entsprechend entwickelt.<br />

Eine Vielzahl der Pflanzen, die sich im tropischen Unterwuchs ansiedeln, zeichnen sich durch große,<br />

relativ zarte Blätter aus, die eine maximale Lichtabsorption ermöglichen.<br />

Kleinbäume und Sträucher:<br />

Sträucher sind zwar wie die Bäume verholzt, jedoch durch vom Boden an beginnende Verzweigungen<br />

gekennzeichnet. In den Tropen findet man häufig Klein- und Kleinstbäume.<br />

In den feuchten Tropen wird der Großteil des Lebensraumes von Bäumen eingenommen, weshalb sich<br />

Sträucher unter natürlichen Gegebenheiten hauptsächlich im Schatten des Waldes oder im Sekundärwuchs<br />

ansiedeln. Dabei unterscheiden sich diese Sträucher deutlich in der Ausprägung ihrer Merkmale.<br />

Im Wald stehende Exemplare konzentrieren sich auf die Ausbildung eines intensiven Blütenduftes<br />

zur Anlockung ihrer Bestäuber und entwickeln zumeist kleine unscheinbare Blüten oder sie bilden<br />

auffallend helle Farben aus, um auch bei geringer Lichtintensität wahrgenommen zu werden. Sträucher<br />

im Sekundärwuchs entwickeln im Gegensatz dazu sehr auffällige Blüten, um trotz hoher Konkurrenz<br />

einer enormen Vielfalt an Pflanzen, im Kampf um Lebensraum, Licht und Bestäuber, eine Überlebenschance<br />

zu haben.<br />

Beispiele für Pflanzen, die im tropischen Regenwald als Sträucher und Kleinbäume auftreten, sind die<br />

Hot lips (Psychotria poeppigiana) aus der Familie der Rubiaceae, das Wandelröschen (<strong>La</strong>ntana<br />

camara, Verbenaceae) und die Guave (Psidium guajava, Myrtaceae).<br />

Ebenfalls zu den Sträuchern zählt die auf mechanische und thermische Reize reagierende Mimose<br />

(Mimosa pudica, Mimosaceae). Die Reizung führt über eine elektrische Signalweiterleitung zum<br />

Zusammenbruch des Innendrucks in den Blattgelenken, wodurch eine Bewegung verursacht wird. Der<br />

Annattostrauch (Bixa orellana, Bixaceae), aus dessen fleischiger Samenschale sich ein leuchtend<br />

roter Farbstoff gewinnen lässt, wächst ebenfalls meist strauchig. Der Farbstoff findet breite Anwendung<br />

bei der Herstellung von Lippenstiften und Seifen, vor allem aber in Lebensmitteln wie Käse und<br />

Margarine.<br />

101


Ursula Bachlechner, Birgit Jogl<br />

Pflanzliche Phänomene im tropischen Regenwald<br />

Hot lips (Psychotria poeppigiana) Mimose (Mimosa pudica) Annattostrauch (Bixa orellana)<br />

Kräuter und Stauden:<br />

Kräuter und Stauden verfügen über keinen Holzkörper, auch wenn einige ihrer Vertreter recht hoch<br />

werden können.<br />

Die Ausbreitung krautiger Pflanzen ist in den feuchten Tropen unter natürlichen Gegebenheiten, im<br />

Vergleich zur Ausprägung im gemäßigten Klima, eher als gering einzustufen. Stauden und vor allem<br />

Kräuter werden entweder in schattige Bereiche oder auf gestörte Standorte abgedrängt. Die große Anzahl<br />

prächtig blühender Stauden ist nicht zuletzt auch auf menschliche Eingriffe in die Natur zurückzuführen.<br />

Bedeutende Vertreter dieser pflanzlichen Lebensformen sind die kräftigen Hochstauden vieler Ingwer-<br />

(Zingiberaceae) und Bananengewächse (Musaceae), die meist an Waldlichtungen oder im freien<br />

Gelände wachsen. Die bis zu sieben Meter hohe, aus Ostasien stammende Bananenstaude besitzt<br />

waagrecht wachsende Kriechsprosse und wird durch steife, ineinander verschachtelte Blattscheiden<br />

gebildet. Sie hat somit keinen verholzten Stamm. Beim, in feuchten Bergregenwäldern (z.B. Vulkan<br />

Irazú) auftretenden, einen Durchmesser von bis zu zwei Metern erreichenden Sonnenschirm der Armen<br />

(Gunnera insignis, costarican. sombrilla de pobre, Gunneraceae) handelt es sich ebenfalls um<br />

eine Staude. Seine Symbiose mit einem Cyanobakterium aus der Gattung Nostoc, das im Blattgrund<br />

der Pflanze lebt, ist ebenfalls charakteristisch. Die Cyanobakterien fixieren Stickstoff und werden im<br />

Gegenzug von der Pflanze ernährt.<br />

Krautige Pflanzen im tiefen Regenwald haben häufig auffallend gefärbte oder skulpturierte Blätter.<br />

Sich in den Blättern befindende rote Farbstoffe unterstützen die Pflanze bei der Gewinnung von Energie,<br />

indem sie das bis in die unteren Schichten gelangende, energiereiche blaue Licht ausnützen. Das<br />

eigentlich die Photosynthese antreibende rote Licht wurde bereits durch das Chlorophyll im Kronendach<br />

ausgefiltert. Die Funktion der starken Skulpturierung der Blätter liegt in der Verbesserung der<br />

Verdunstung, die für den Nährstofftransport in der Pflanze sorgt. Dieser Effekt ist jedoch in der feuchten<br />

Waldbodenluft nur sehr gering.<br />

Bei der Panamahutpflanze (Carludovica drudei, Cyclanthaceae), aus deren jungen Trieben die Rohfasern<br />

zur Herstellung der Panamahüte verwendet werden, und bei der Goldenen Hummerschere<br />

(Heliconia latispatha, Heliconiaceae) handelt es sich um relativ große Kräuter. Auch der Fackel-<br />

Ingwer (Nicolaia elatior, Zingiberaceae), Dieffenbachia sp. (Araceae) sowie Calathea crotalifera<br />

syn. insignis und die Pfeilwurz (Maranta arundinacea) aus der Familie der Marantaceae zählen zu<br />

dieser Pflanzengruppe. Ebenfalls zu den Kräutern gehören die Kostwurz (Costus comosus, Costaceae)<br />

und die mit dem Usambaraveilchen verwandte Episcia lilacina (Gesneriaceae).<br />

Kostwurz<br />

(Costus comosus)<br />

Panamahut-pflanze<br />

(Carludovica drudei)<br />

Goldene Hummerschere<br />

(Heliconia latispatha)<br />

Fackel-Ingwer<br />

(Nicolaia elatior)<br />

102


Ursula Bachlechner, Birgit Jogl<br />

Pflanzliche Phänomene im tropischen Regenwald<br />

KLETTERPFLANZEN<br />

Kletternde Pflanzen kommen in den tropischen Regenwäldern in großer Anzahl vor und zeigen die<br />

unterschiedlichsten Ausprägungen.<br />

Um eine ausreichende Lichtversorgung zu gewährleisten bedienen sich kletternde Pflanzen verschiedener<br />

Methoden.<br />

Als Wurzelklimmer werden Kletterpflanzen bezeichnet, die Haftwurzeln als Kletterhilfe entwickeln<br />

oder Klammerwurzeln ausbilden. Haftwurzeln sind Adventivwurzeln, die das Festhalten an der Rinde<br />

der Trägerpflanze ermöglichen. Klammerwurzeln umschlingen wie Gurte die Stämme der Trägerpflanzen.<br />

Ein bekannter Wurzelklimmer im tropischen Regenwald ist die kletternde Orchidee Vanille<br />

(Vanilla planifolia, Orchidaceae).<br />

Die Windenpflanzen wickeln ihren Spross um ihre Stütze, vergleichbar mit den uns bekannten Stangenbohnen.<br />

Sie beginnen ihr Leben als krautige Pflanzen mit langen Internodien. Bereits nach der<br />

Entwicklung des zweiten Internodiums kommt es zu einer kreisenden Nutationsbewegung. Wird dabei<br />

eine Stütze berührt (Thigmonastie), windet sich die Pflanze herum, und die Schlinge verholzt allmählich.<br />

Zur Ausprägung von Ranken, fadenförmigen, berührungsempfindlichen Pflanzenorganen, wie auch<br />

bei der Erbse zu beobachten, sind die Rankenklimmer befähigt. Die Ranken, zu Kletterorganen umgewandelte<br />

Sprosse, Blätter bzw. Wurzeln, kreisen und bleiben so lange in gestrecktem Zustand, bis<br />

sie eine geeignete Stütze aufgespürt haben. Anschließend sorgen sie durch mehrfaches Einrollen für<br />

elastischen Halt.<br />

Spreizklimmer zeichnen sich durch ihre weit spreizenden Zweige oder Äste, häufig auch Dornen oder<br />

Kletthaare aus, die sie für das Durchwachsen des Geästs anderer Pflanzen benötigen.<br />

Verholzte Kletterpflanzen werden als Lianen bezeichnet. Im Unterschied zu Hemiepiphyten wurzeln<br />

Lianen schon zu Beginn ihrer Entwicklung im Boden.<br />

Durch die Ausbildung zugfester und biegeelastischer Stämme können sie bei starkem Wind den Bewegungen<br />

ihrer Stütze folgen. Daher prägen selbst die dicksten holzigen Lianen nie einen so regelmäßigen<br />

Holzkörper wie Bäume aus. Eigenartig geformte Stämme, wie sie bei der Affenleiter (Bauhinia<br />

guianensis, Fabaceae) zu betrachten sind, entstehen durch nur an gewissen Stellen vollzogenes<br />

Wachstum und Holzbildung.<br />

Lianen wachsen unter natürlichen Gegebenheiten zumeist eher einzeln. Sie beginnen ihr Wachstum<br />

meist in Lücken, gelangen dann mit dem sich entwickelnden Wald in die Höhe und bilden dort ihre<br />

Krone aus. Das Wechseln von einem Baum zum anderen findet mit Hilfe der Zweige im Kronenbereich<br />

statt. Um frei zwischen langlebigen Bäumen zu hängen, müssen Lianen vor dem Absterben der<br />

in Waldlücken verbreiteten kurzlebigen Pionierhölzer auf langlebige Pflanzen klettern. Lianen benötigen<br />

aufgrund ihrer zum Teil enormen Gesamtlänge eine äußerst wirkungsvolle Wasserleitung, um<br />

auch die Krone am Ende noch ausreichend versorgen zu können.<br />

Weitere Beispiele für im Regenwald Costa Ricas vorkommende Lianen sind Cissus biformifolia (Vitaceae)<br />

und die Passionsblume (Passiflora vitifolia, Passifloraceae).<br />

Passionsblume<br />

(Passiflora vitifolia)<br />

Lianen<br />

Affenleiter<br />

(Bauhinia guianensis)<br />

103


Ursula Bachlechner, Birgit Jogl<br />

Pflanzliche Phänomene im tropischen Regenwald<br />

EPIPHYTEN, HEMIEPIPHYTEN, EPIPHYLLE<br />

Als Epiphyten (griech. epi = auf, über; phyton = Pflanze) bezeichnet man Pflanzen, deren Wachstum<br />

auf anderen lebenden oder abgestorbenen Pflanzen stattfindet. Sie sind nicht zu den Parasiten zu<br />

zählen, da sie ihrer Wirtspflanze weder Wasser noch Nährstoffe rauben, sondern diese lediglich als<br />

Lebensraum benutzen. Indem sie Wasser und Nährstoffe auffangen, bevor sie die Wurzeln des Wirts<br />

erreichen und indem sie die Äste des Wirts mit ihrem Gewicht belasten und mit seinen Blättern um<br />

Raum und Licht konkurrieren, schädigen sie ihren Wirt jedoch indirekt. Ein Prachtexemplar für den<br />

Bewuchs mit Epiphyten stellt der Regenbaum (Pithecellobium saman, Mimosaceae) dar.<br />

Trotz der Möglichkeit ohne viel Aufwand in besser mit Licht versorgte Regionen zu gelangen, hat die<br />

epiphytische Lebensweise auch einige Nachteile. Aufgrund ihrer meist stark exponierten <strong>La</strong>ge müssen<br />

die Epiphyten, anders als die Pflanzen des Waldbodens, jeglichen Witterungsbedingungen der Tropen<br />

standhalten, ob starken Regenfällen, brennender Hitze, Wind oder der nächtlichen Abkühlung. Weiters<br />

kann Aufsitzerpflanzen die Wasserversorgung Probleme bescheren, denn verglichen mit dem Boden<br />

kann die Rinde der Wirtspflanzen kaum Wasser speichern. Die Ausprägung von Wasser speicherndem<br />

Gewebe in ihren Blättern und Sprossen, bzw. die Entwicklung von Zisternen, hilft ihnen, die zeitweise<br />

extreme Dürre zu überstehen. Nährstoffe beziehen die Epiphyten sowohl aus in Astgabeln gesammelten<br />

Humusmengen, als auch aus Regenwasser.<br />

Die Wasseraufnahme selbst erfolgt bei Epiphyten über Wurzeln, die meist zu Luftwurzeln mit spezialisierten,<br />

wasseraufsaugenden Außenschichten entwickelt sind. Viele Bromelien bilden Rosetten aus<br />

eng stehenden, steifen Blättern aus, die dem Auffangen von Wasser, herabfallenden Pflanzenteilen<br />

und toten Insekten dienen. Der Inhalt dieses trichterförmigen Behältnisses wird im Anschluss zersetzt.<br />

Eine Besonderheit bei den Bromelien stellen die auf den Blättern befindlichen Saugschuppen zur Aufnahme<br />

der gelösten Nährstoffe dar. Beispiele hierfür sind Vertreter der Gattung Aechmea und das<br />

Louisianamoos (Tillandsia usneoides, Bromeliaceae), dessen Wurzeln reduziert sind und das stärkste<br />

Anpassungen an die epiphytische Lebensweise zeigt. Es existiert durch das Wasser der Luftfeuchtigkeit<br />

und die Aufnahme herangewehter Nährstoffe.<br />

Epiphytische Pflanzen<br />

Oben links: Baum mit Epiphytenbewuchs<br />

Oben Mitte: Lousianamoos (Tillandsia usneoides)<br />

Oben rechts: Cattleya skinneri (Orchidaceae)<br />

Unten links: Werauhia ororiensis (Bromeliaceae)<br />

Unten rechts: Tillandsia caput-medusae (Bromeliaceae)<br />

Epiphytische Vertreter der Pflanzenfamilie der Orchidaceaen besitzen entweder speichernde Sprossknollen<br />

(Bulben), wie die Pflanzen der Gattung Cattleya, oder Luftwurzeln mit denen Wasser aufgenommen<br />

werden kann, wie bei der Gattung Phalaenopsis spp.<br />

104


Ursula Bachlechner, Birgit Jogl<br />

Pflanzliche Phänomene im tropischen Regenwald<br />

Weitere häufig anzutreffende Epiphyten aus der Familie der Bromeliaceae sind Werauhia ororiensis,<br />

Vriesea incurva und Tillandsia caput-medusae. Auch bei Cattleya skinneri (Orchidaceae), der Nationalblume<br />

Costa Ricas, handelt es sich um eine Aufsitzerpflanze.<br />

Wichtige Epiphytengruppen stellen neben den Orchideen und Bromelien auch die Aronstabgewächse,<br />

Farne, Moose, Flechten und Algen dar. In den Tropen bilden Epiphyten oft hoch organisierte Pflanzengemeinschaften.<br />

Pflanzen mit überwiegend epiphytischer Lebensweise können bei entsprechenden Konkurrenz- und<br />

Lichtverhältnissen auch auf dem Waldboden wachsen, wie sich auch gewöhnlich bodenlebende Kräuter<br />

auf Pflanzen mit ausreichenden Humusansammlungen ausbilden können.<br />

Die Hemiepiphyten lassen sich in zwei Kategorien einteilen. Dazu zählen einerseits Pflanzen, die ihr<br />

Wachstum als Epiphyten beginnen und erst im <strong>La</strong>ufe der Zeit durch die Ausbildung langer Wurzeln<br />

Bodenkontakt herstellen. Die Verbindung zum Boden verhilft diesen Hemiepiphyten zu einer gesteigerten<br />

Wasser- und Mineralstoffaufnahme. Die Pflanze wächst daraufhin als Liane weiter. Im Gegensatz<br />

dazu sind Feigen (Ficus sp., Moraceae) und Klusien (Clusia sp., Clusiaceae) zwar ebenfalls<br />

epiphytische Sträucher, die Luftwurzeln Richtung Boden schicken, sobald diese jedoch den Boden<br />

erreicht haben, können sie sich innerhalb eines Jahres um das Vierzigfache vergrößern und ihren Wirt<br />

vernichten.<br />

Eine spezielle Form von Aufsitzerpflanzen stellen die Epiphylle (griech. epi = auf; phyllon = Blatt)<br />

dar. Dabei handelt es sich sowohl um Moose, Flechten, Algen sowie Cyanobakterien und Pilze, aber<br />

auch um Farne und Blütenpflanzen (kleine Vertreter der Bromeliaceae, Orchidaceae, Piperaceae),<br />

die in besonders feuchten Bereichen des Waldes auf alten Blättern gedeihen, ohne diese zu schädigen.<br />

Sie bilden ausgewogene Pflanzengesellschaften auf langlebigen Lederblättern, die bis zu 10 Jahre alt<br />

werden können. Nachteile für die Wirtspflanze entstehen insofern, als dass deren Photosynthese durch<br />

die Abschattung behindert wird. Zu den Halbparasiten gehören lediglich die Epiphylle, deren Rhizoiden<br />

in das Trägerblatt eindringen und von dort Wasser und Nährsalze aufnehmen. Die verschiedenen<br />

taxonomischen Arten von Epiphyllen besiedeln aufgrund ihrer Lebensstrategie unterschiedliche<br />

Standorte. Lebermoose (Hepaticae, Lejeuneaceae) treten vorwiegend in feuchten, kühlen Schluchten<br />

auf, während Flechten meist an trockenen sonnenexponierten Stellen wachsen.<br />

Blatt mit Epiphylle<br />

Voyria tenella (Gentianaceae)<br />

Links: Netzartige Umspannung durch eine Würgefeige (Ficus sp.)<br />

SAPROPHYTEN<br />

Saprophyten (altgriech. sapros = faul, verfault; phyton = Pflanze) bzw. Saprobier sind Organismen, die<br />

sich heterotroph von totem organischen Material ernähren. Sie erfüllen zusammen mit den Mikroorganismen<br />

und Bodeninsekten die wesentliche Rolle bei der Zersetzung von <strong>La</strong>ub, Bäumen oder Tieren.<br />

Saprophyten spielen nicht nur beim Abbau von toten Organismen eine Rolle, sondern auch bei der<br />

Anreicherung von Mineralstoffen im Boden. Diese Bodenaufbereitung ermöglicht vielen Pflanzen die<br />

Deckung ihres Nährstoffbedarfs.<br />

Beispiele für Pflanzen mit saprotropher Lebensweise sind Vertreter der Familie der Gentianaceae wie<br />

z.B. Voyria sp.<br />

105


Ursula Bachlechner, Birgit Jogl<br />

Pflanzliche Phänomene im tropischen Regenwald<br />

Saprotroph leben auch die meisten Pilze, viele Bakterien, Würmer (z. B. Ringelwürmer), Termiten,<br />

Insektenlarven (z.B. die <strong>La</strong>rven verschiedener Schwebfliegen) und Käfer. Während Mikroorganismen<br />

tote organische Substanz häufig mit Hilfe nach außen abgegebener Enzyme abbauen, wodurch Fäulnis<br />

oder Verwesung ausgelöst wird, ernähren sich größere Saprobier auch von den Mikroorganismen<br />

selbst. Die wichtigsten Lebensräume saprotropher Organismen sind die <strong>La</strong>ub- und Streuschichten der<br />

Wälder, die Humusschicht der Böden, und die oberen Sedimentschichten der Gewässer.<br />

5.1.4 Pionier- und Klimaxarten<br />

Die Sukzession, der Übergang von einem Sekundärwald aus Pionieren zu einem Primärwald mit Klimaxarten,<br />

stellt ein weiteres Phänomen des tropischen Regenwalds dar.<br />

Lichtliebende Pionierarten, die im geschlossenen Wald nicht vorkommen, sind in durch Windwurf,<br />

Blitzschlag, Pilzbefall, Insektenfraß oder Absterben alter Bäume entstehenden Lücken, viel konkurrenzfähiger<br />

als die langsam wachsenden Sämlinge der Waldbäume. Aufgrund der hohen Menge an<br />

Sonnenenergie, auf die die Sämlinge von Pionierarten angewiesen sind, werden diese Arten auch als<br />

lichtbedürftig („Lichtpflanzen“) oder schattenintolerant bezeichnet. Sie keimen nach Bildung der Bestandslücke<br />

und wachsen rasch in die Höhe, wie beispielsweise die Pionierbäume mit leichtem Holz,<br />

etwa der Balsabaum (Ochroma pyramidale syn. Ochroma lagopus, Bombacaceae) oder der Ameisenbaum<br />

(Cecropia sp., Cecropiaceae). Ein Sekundärwald wächst heran, der niedriger und artenärmer<br />

ist als der Regenwald, jedoch eine größere Vielfalt an Lebensformen und Blattgestalten zeigt.<br />

Gräser, wie Bambus, Kräuter, Hochstauden, Sträucher und Schlingpflanzen wuchern und entwickeln<br />

sich zu einem undurchdringlichen Gestrüpp. Die erreichbaren Maximalhöhen von Pionierarten sind<br />

sehr verschieden, wobei die größeren meist auch langlebiger sind. Die Besiedelung durch höher wachsende<br />

Arten, wie Cecropia sp. und Ochroma pyramidale findet zur gleichen Zeit wie die Entwicklung<br />

der niedrigeren Pflanzen, wie Trema micrantha (Ulmaceae), Cedrela odorata (span. cedar, Meliaceae)<br />

oder Senna reticulata syn. Cassia reticulata (Fabaceae) statt. Zu Beginn sind die kleineren<br />

Arten vorherrschend, nach deren Absterben dann die langlebigeren Pionierarten. Aufgrund ihres<br />

schnellen Wachstums produzieren sie große Mengen an Holz geringer Dichte. In Konkurrenz zu anderen<br />

Arten bilden sie charakteristische locker verzweigte Kronen aus, die viel Raum einnehmen. Da<br />

ihre Fortpflanzung relativ frühzeitig innerhalb des Lebenszyklus der Pflanzen einsetzt und sie sich<br />

durch eine regelmäßige hohe Produktion kleiner, leicht zu verbreitender Samen auszeichnen, breiten<br />

sie sich schnell auf lichten Standorten aus. Im <strong>La</strong>ufe weniger Jahre wird der Sekundärwald sehr dicht,<br />

was den Sämlingen der Hochwaldarten (Klimaxarten), sofern die Samen in ausreichender Menge<br />

dorthin gelangen, ein Aufkommen ermöglicht. Im Hinblick auf ihre Sämlinge werden sie darum als<br />

schattentolerant oder schattenertragend („Schattenpflanzen“) bezeichnet. Klimaxarten zeichnen sich<br />

durch ein langsameres Wachstum und die Ausbildung von festem Holz und dichten Kronen aus. In<br />

Anpassung an die geringe photosynthetisch aktive Strahlung brauchen die Samen ausreichende Reserven,<br />

um ein Wurzelsystem und die ersten photosynthetischen Organe ausbilden zu können. Die Samen<br />

werden, verglichen mit den Pionierarten, seltener und später produziert und sind in geringerer Anzahl<br />

vorhanden. Da die Keimung im Schatten der Baumschicht stattfinden kann, ist ihre Regeneration oft<br />

nur im primären Regenwald möglich.<br />

Primärwald Sekundärwald Ameisenbaum<br />

(Cecropia sp.)<br />

Balsabaum<br />

(Ochroma pyramidale)<br />

106


Ursula Bachlechner, Birgit Jogl<br />

Pflanzliche Phänomene im tropischen Regenwald<br />

Die folgende Tabelle fasst die wichtigsten Eigenschaften von Pionier- und Klimaxarten in tropischen<br />

Regenwäldern zusammen:<br />

Eigenschaften Pionierarten Klimaxarten<br />

Andere gebräuchliche lichtbedürftig,<br />

schattenertragend,<br />

Bezeichnungen (schatten-) intolerant,<br />

(schatten-) tolerant,<br />

Keimung<br />

Sämlinge<br />

Samen<br />

sekundär<br />

nur in Bestandslücken, die den<br />

Himmel freigeben und teilweise<br />

volles Sonnenlicht erhalten<br />

können im Schatten unter der<br />

Baumschicht nicht überleben;<br />

sind dort nie zu finden<br />

klein,<br />

in reicher Anzahl mehr oder<br />

weniger kontinuierlich produziert;<br />

bilden sich schon bei jungen<br />

Pflanzen<br />

Samenbank im Boden viele Arten wenige Arten<br />

Verbreitung der Samen durch Wind oder Tiere, häufig<br />

über beachtliche Entfernungen<br />

Keimruhe<br />

Wachstumsrate<br />

fähig zur Keimruhe („orthodox“),<br />

gewöhnlich in großer Zahl als<br />

Samenbank im Waldboden<br />

hohe Rate von Kohlenstofffixierung,<br />

Blattproduktion und<br />

relativem Wachstum<br />

primär<br />

in der Regel unter der Baumschicht<br />

überleben unter der Baumschicht<br />

und bilden dort eine<br />

„Sämlingsbank“<br />

häufig groß,<br />

nicht in großen Mengen und<br />

oft nur einmal im Jahr oder<br />

seltener produziert;<br />

bilden sich nur bei Bäumen,<br />

die (fast) ausgewachsen sind<br />

auf verschiedene Art und Weise,<br />

darunter durch Schwerkraft,<br />

oft nur über kurze Distanzen<br />

oft ohne Fähigkeit zur Keimruhe<br />

(„widerspenstig“), selten<br />

als Samenbank im Boden<br />

alle Raten niedriger<br />

Kompensationspunkt hoch niedrig<br />

Höhenwachstum schnell häufig langsam<br />

Verzweigung gering,<br />

wenige Ordnungen<br />

häufig reichlich mit mehreren<br />

Ordnungen<br />

Periodizität des Wachstums unbestimmt (sylleptisch),<br />

keine schlafenden Knospen<br />

bestimmt (proleptisch),<br />

mit schlafenden Knospen<br />

Blattlebensdauer kurz,<br />

nur eine Generation vorhanden,<br />

das heißt hohe Turnover-<br />

Rate<br />

lang,<br />

manchmal über mehrere Generationen,<br />

das heißt niedrige<br />

Turnover-Rate<br />

Fressfeinde<br />

Holz<br />

Blätter können gefressen werden,<br />

weich, wenig chemische<br />

Abwehrstoffe<br />

in der Regel hell,<br />

geringe Dichte,<br />

nicht verkieselt<br />

Blätter manchmal widerstandsfähiger<br />

wegen mechanischer<br />

Stabilität oder toxischer Chemikalien<br />

Unterschiedlich: hell bis sehr<br />

dunkel,<br />

geringe bis hohe Dichte,<br />

manchmal verkieselt<br />

Ökologische Bandbreite groß manchmal schmal<br />

Bestandsdiagramm negativ positiv<br />

Lebensdauer oft kurz manchmal sehr lang<br />

(WHITMORE, 1993)<br />

107


Ursula Bachlechner, Birgit Jogl<br />

5.1.5 Besonderheiten tropischer Pflanzen<br />

Pflanzliche Phänomene im tropischen Regenwald<br />

PHÄNOLOGIE<br />

Durch das Ausbleiben der kalten Wintermonate wird eine Verteilung der Blütezeiten der einzelnen<br />

Arten über das ganze Jahr verteilt ermöglicht. Blüten mit höheren Nektarmengen dienen dadurch auch<br />

größeren, langlebigeren Tieren, wie Vögeln und Fledermäusen, als sichere Nahrungsquelle. Da sich in<br />

den Tropen die einzelnen Individuen einer Pflanzenart oft weit voneinander entfernt befinden, bieten<br />

kräftige Tiere, die als Bestäuber größere Distanzen überwinden können, wiederum Vorteile für die<br />

Pflanzen.<br />

Vögel werden aufgrund ihres meist schlecht ausgebildeten Geruchsorgans durch Farbeffekte angelockt.<br />

Vogelblüten sind daher in der Regel rot-orange, geruchlos und produzieren große Nektarmengen,<br />

von denen sich die meist langschnabeligen Kolibris ernähren. Ein Beispiel hierfür ist der Korallenbaum<br />

(Erythrina costaricensis, costarican. poró), aus der Familie der Fabaceae.<br />

Fledermausblüten sind unscheinbar gefärbt, groß und derb, wodurch es den Tieren ermöglicht wird,<br />

sich anzukrallen. Die einen dumpf süßlichen Geruch ausströmenden Blüten öffnen sich oft nur nachts.<br />

Sie besitzen meist große Pollen- und Nektarmengen. Inga spectabilis (Mimosaceae; costaric. guaba<br />

machete), die durch sehr lange Staubfäden gekennzeichnet ist, welche weit aus der Blütenkrone hinausragen,<br />

ist eine von Fledermäusen bestäubte Pflanze.<br />

WACHSTUMSRHYTHMIK<br />

Verschiedene Charakteristika tropischer Bäume, wie die Ausbildung von nur einem oder wenigen<br />

Vegetationspunkten (Punkte, die aus embryonalen d.h. teilungsfähigen und undifferenzierten Zellen<br />

bestehen, von denen das primäre Wachstum der Sprossachse ausgeht) und dicke, wasserspeichernde<br />

Stämme und Blätter sowie weit ausladende, flache Kronen hätten in den gemäßigten Breiten durch<br />

Frost und Schneelast erhebliche Probleme. Eine Ruhephase wird in tropischen Regenwäldern entweder<br />

durch Trockenheit bewirkt, ist also von der Niederschlagsmenge abhängig, oder wird von der<br />

Pflanze selbst gesteuert, wie es in immerfeuchten Waldgebieten der Fall ist.<br />

BLÄTTER<br />

Zu den Pflanzenarten die Blätter besitzen, welche die in den Tropen vorherrschende ganzrandige Form<br />

aufweisen, die häufig in eine Träufelspitze ausläuft, gehören beispielsweise die verschiedenen Ficusarten<br />

(Moraceae), wie der aus Südostasien stammende Gummibaum (Ficus elastica) und die Birkenfeige<br />

(Ficus benjamina).<br />

Das Phänomen der Träufelspitze, die das Ablaufen des Niederschlags erleichtern soll, ist besonders<br />

deutlich bei der Pappelfeige (Ficus religiosa) ausgeprägt, wo sie sogar zu einer Regenrinne gekielt<br />

ist.<br />

Eine weitere Besonderheit ist die an die Trockenheit angepasste xeromorphe Blattstruktur der Gummibaumblätter.<br />

Eine dicke, verdunstungsvermindernde Wachsschicht sorgt für die perfekte Anpassung<br />

der Blätter des <strong>La</strong>ubdachs, die der starken Sonneneinstrahlung direkt ausgesetzt sind. Während der<br />

Mittagszeit herrscht in diesen Höhen extreme Trockenheit.<br />

Nadelbäume sind in den Tropen relativ selten. Man findet sie meist in Bergwäldern. Charakteristisch<br />

sind die blattartig verbreiterten Nadeln, wie sie auch die, oft in Gärten wachsenden, Araukarien aufweisen.<br />

LAUBAUSSCHÜTTUNG<br />

Die <strong>La</strong>ubbäume der Tropen unterscheiden sich in einigen Merkmalen von denen der gemäßigten Breiten.<br />

Dazu zählt einerseits die <strong>La</strong>ubausschüttung, bei der durch das schnelle Blattwachstum während<br />

der Knospenentfaltung die Versorgung mit Festigungselementen (Blattadern) und Chlorophyll nicht<br />

standhält und ganze Zweige samt Blättern zunächst blass rötlich bis bräunlich gefärbt, schlaff herunter<br />

hängen. Erst einige Tage später richten sich die Blätter auf und ergrünen. Die <strong>La</strong>ubausschüttung stellt<br />

vermutlich einen Schutz der jungen Blätter vor starken tropischen Regenschauern dar und tritt beispielsweise<br />

bei der Birkenfeige (Ficus benjamina, Moraceae) auf.<br />

108


Ursula Bachlechner, Birgit Jogl<br />

Pflanzliche Phänomene im tropischen Regenwald<br />

Eine Rotfärbung der <strong>La</strong>ubblätter ist nicht (nur) vor dem Blattfall zu beobachten, sondern ist auch ein<br />

charakteristisches Merkmal junger, gerade ausgetriebener Blätter.<br />

Eine weitere Besonderheit stellt der über das ganze Jahr verteilte <strong>La</strong>ubabwurf dar. Der Grund dafür<br />

liegt im, während des ganzen Jahres gleichmäßig warmen Klima. Es gibt keinen durch Temperatur<br />

und Tageslänge hervorgerufenen synchronisierten <strong>La</strong>ubabwurf. Die verschiedenen Baumarten verlieren<br />

zu unterschiedlichen Zeiten ihr <strong>La</strong>ub und sogar einzelne Bäume weisen gleichzeitig belaubte und<br />

unbelaubte Abschnitte auf. Da der Belaubungszustand das Holzwachstum reguliert, kommt es nicht<br />

zur Ausbildung geschlossener, ringförmiger Zuwachszonen, sondern es bilden sich entsprechend der<br />

Knospenentfaltung der einzelnen Baumteile unregelmäßige Zuwachszonen aus. Diese Vorgänge und<br />

das Fehlen eines Jahreszeitenklimas, sind die Gründe dafür, dass im Holz tropischer Bäume keine<br />

deutlich erkennbaren Jahresringe ausgebildet sind.<br />

STELZWURZELN<br />

Stelzwurzeln kommen vor allem bei Bäumen in Sumpfwäldern vor. Schraubenbäume und einige Palmen,<br />

wie die wandernde Palme (Socratea exorrhiza, Arecaceae) sowie die Arten der Mangroven<br />

und einige andere Bäume, zeigen ebenfalls diese Wurzelanpassung.<br />

Besonderheiten tropischer Pflanzen<br />

Oben links: Inga (Inga vera)<br />

Oben Mitte: Träufelspitze bei der Pappelfeige<br />

(Ficus religiosa)<br />

Oben rechts: Xeromorphe Blattstruktur beim<br />

Gummibaum (Ficus elastica)<br />

Unten links: <strong>La</strong>ubausschüttung<br />

Unten rechts: wandernde Palme (Socratea exorrhiza)<br />

Literaturangaben<br />

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109


Ursula Bachlechner, Birgit Jogl<br />

Pflanzliche Phänomene im tropischen Regenwald<br />

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110


Stefanie Pichler, Roswitha Stieglmayer<br />

Tropische Früchte, Kräuter und Gewürze<br />

5.2 TROPISCHE FRÜCHTE<br />

5.2.1 Anacardiaceae: Sumachgewächse<br />

MANGOBAUM (MANGIFERA INDICA)<br />

Name: indian mango (E), manga (S), mangue (F), mangot (F)<br />

Früchte: Je nach Sorte 10 – 20 cm große, aromatisch duftende Steinfrüchte, die von April bis Juli an<br />

langen Fruchtstielen an den Astenden hängen. Reife Früchte variieren stark in der Form, sowie in der<br />

Färbung, die von gelb oder orange bis nach rot und rotgrün reicht. Das Fruchtfleisch ist im<br />

Allgemeinen pfirsichähnlich und mehr oder weniger stark von Fasern durchsetzt. Der Geschmack des<br />

Fruchtfleisches, das sehr reich an Vitamin C und vor allem an Vitamin A ist, wird durch den Gehalt an<br />

Terpenen beeinflusst.<br />

Verbreitung: Ursprünglich stammt M. indica aus der indisch-burmesischen Region. Heute ist die Art<br />

in den gesamten Tropen weit verbreitet und wird sehr häufig angepflanzt.<br />

Nutzwert: Der Mangobaum wird in den Tropen als Schatten- und Obstbaum sehr geschätzt und<br />

häufig in Privatgärten angepflanzt. Es wird gesagt, dass der Baum, der heute zu den populärsten<br />

tropischen Fruchtbäumen gehört, bereits seit mehr als 4.000 Jahren kultiviert wird.<br />

Die Früchte, die viel Vitamin A enthalten, werden entweder frisch verzehrt oder zu Marmeladen,<br />

Säften, Konservenobst oder Chutney verarbeitet. Der hohe Pektingehalt ist bei der Herstellung von<br />

Marmeladen förderlich. Unreife Früchte verzehrt man mit Salz und Limettensaft als Gemüse.<br />

Auf Curacao und Trinidad werden getrocknete Mangoblätter als Heilmittel gegen Durchfall und<br />

Fieber auf Märkten verkauft.<br />

Allgemeines: Innerhalb der Gattung, die aus etwa 300 Arten besteht, hat nur M. indica eine große<br />

kommerzielle Bedeutung. Vom Mangobaum existieren zahlreiche Sorten, die sich in Reifezeit,<br />

Fruchtgröße, Druckfestigkeit, Geschmack und Gehalt an Fasern unterscheiden. Wie andere Vertreter<br />

der Sumachgewächse auch, enthält der Mangobaum in Blättern, Blüten und Fruchtschale ein Gift, das<br />

bei vielen Personen allergische Reaktionen hervorruft.<br />

ROTE MOMBINPFLAUME (SPONDIAS PURPUREA L.)<br />

Markt von Cartago<br />

Name: hog plum (E), spanish plum (E), ciruela (S), jocote (S)<br />

Früchte: Die Steinfrüchte der Roten Mombinpflaume sind eiförmig oder elliptisch, kurz gestielt, oft<br />

schwach längsgefurcht, bis zu 4,5 x 3,5 cm groß und 20 – 30 g schwer. Ihre glatte, glänzende, dünne,<br />

feste Schale wird zur Reife zunächst orange oder gelb, zuletzt kräftig rot oder violett. Das saftigmehlige,<br />

etwas fasrige, weiche Fruchtfleisch ist orangegelb bis gelb, bis 8 mm dick und von süßem<br />

oder saurem, aromatischem Geschmack, oft etwas adstringierend. Es haftet an einem ovalen,<br />

netzförmig runzeligen Steinkern von bis zu 3,5 x 2 cm Größe, dessen harte, holzige, gelblichbraune<br />

Schale etwa sieben Längsnähte aufweist und bis zu fünf kleine Kerne umschließt.<br />

Verbreitung: die Art ist von Südmexiko und den Karibischen Inseln bis Peru und Brasilien<br />

beheimatet; die Bäume werden dort sehr häufig angebaut, aber auch in Süd- und Südostasien, vor<br />

allem auf den Philippinen, sowie in Zentralafrika kultiviert.<br />

Die in großen Mengen auf den Märkten gehandelten Früchte werden in der Regel reif gepflückt,<br />

nachdem sie sich gelb oder rot gefärbt haben. Sie sind nur kurze Zeit lagerfähig.<br />

111


Stefanie Pichler, Roswitha Stieglmayer<br />

Tropische Früchte, Kräuter und Gewürze<br />

Nutzwert: Die reifen, an den Vitaminen B und C reichen Früchte werden frisch als Obst gegessen, mit<br />

Zucker gekocht als Dessert serviert oder zu Gelee und Sirup verarbeitet. Der Saft dient zur Herstellung<br />

von Wein und Essig. Die jungen, eiweißreichen Blätter können als Gemüse zubereitet werden. In<br />

großen Mengen verzehrt, können die Früchte Darmbeschwerden verursachen. Der Rindensud hilft<br />

gegen Durchfall und Blähungen. Der Baum wird gern als lebender Zaun gepflanzt.<br />

5.2.2 Annonaceae: Rahmapfelgewächse<br />

RAHMAPFEL, SCHUPPENANNONE (ANNONA SQUAMOSA)<br />

Name: ajate (S), anona blanca (S), chirimoya (S)<br />

Früchte: Kugelig, bis zu 9 cm Durchmesser, graugrün mit eiförmigen Schuppen. Fruchtfleisch<br />

aromatisch duftend, cremeweiß, sehr saftig, süß und fruchtig schmeckend. Samen oval, schwarz und<br />

etwa 1,3 cm lang.<br />

Verbreitung: Die Schuppenannone ist im tropischen Amerika heimisch. Als Obstgehölz ist sie auch<br />

in den Tropen der Alten Welt häufig anzutreffen. Sie wurde dort bereits vor 1590 von den Spaniern<br />

und Portugiesen eingeführt.<br />

Nutzwert: Die Früchte werden frisch als Obst oder in Obstsalaten gegessen. Darüber hinaus werden<br />

aus dem aromatisch süßen Fruchtfleisch Erfrischungsgetränke, Speiseeis und Milchshakes zubereitet.<br />

STACHELANNONE, SAUERSACK (ANNONA MURICATA)<br />

Name: soursop (E), guanábana (S), guanaba (S), catoche (S), anone (F)<br />

Früchte: Aus den Fruchtblättern entstehen einzelne große Beeren, die mit der Blütenachse zu einer<br />

großen Sammelfrucht mit einem weichen, aromatischen, cremefarbenen Fruchtfleisch verwachsen.<br />

Die Samen sind giftig. Die Früchte werden bis zu 40 cm lang und 4 kg schwer. Die äußere Fruchtwand<br />

ist mit zahlreichen weichen Stacheln besetzt. Das Fruchtfleisch hat ein leicht säuerliches, sehr<br />

fruchtiges Aroma.<br />

Verbreitung: Die Art ist in Zentralamerika, der Karibik und in Südamerika heimisch. Heute ist die<br />

Stachelannone als beliebter Fruchtbaum in den gesamten Tropen verbreitet.<br />

Nutzwert: A. muricata ist als Obstbaum in vielen tropischen Gärten zu finden. Die Früchte, die relativ<br />

viel Vitamin B und C enthalten, werden entweder frisch verzehrt oder dienen zur Herstellung von<br />

Fruchtsäften, Speiseeis oder für die Zubereitung von Desserts. In verschiedenen Ländern werden sie<br />

zu Konserven verarbeitet. Aus den reifen Früchten kann man sehr wohlschmeckende Süßigkeiten<br />

zubereiten. Auf den Philippinen werden unreife Früchte als Gemüse gegessen. Sie schmecken ähnlich<br />

wie geröstete Maiskolben.<br />

Auf vielen Karibikinseln wie Curaço, St. Thomas, Barbados und Kuba, wird aus den Blättern ein Tee<br />

bereitet, der wie bei uns als Schwarztee oder Kaffee genossen wird. Die Früchte sind sehr<br />

druckempfindlich und werden daher für den Export unreif geerntet.<br />

5.2.3 Arecaceae: Palmen<br />

AFRIKANISCHE ÖLPALME (ELAEIS GUINEENSI)<br />

Namen: oilpalm (E), palma de aceite (S), palmier à huile (F),<br />

Früchte: Asymmetrische, 3 – 4 cm große, fleischige Steinfrüchte. Die Außenschale ist violett,<br />

schwarz, orange oder rot gefärbt. Die Früchte sind zu großen, bis zu 30 kg schweren Fruchtständen<br />

zusammengefasst, die aus 2.000 – 4.000 Einzelfrüchten bestehen.<br />

Verbreitung: Die Ölpalme ist im tropischen Afrika beheimatet. Als Kulturpflanze ist sie in den<br />

gesamten feuchten Tropen verbreitet.<br />

Nutzwert: Das Fruchtfleisch und die Samen enthalten bis zu 55 % rotorange gefärbtes Öl. Das Palmöl<br />

wird durch Pressen gewonnen und nach dem Raffinieren und Bleichen vorwiegend zu Margarine und<br />

Kochfett verarbeitet. Das Fett entspricht in seiner Zusammensetzung dem Kokosöl und wird wie<br />

dieses verwendet. Der eiweißreiche Presskuchen und der Palmkernschrot werden als Viehfutter<br />

genutzt.<br />

Allgemeines: Nach nur vier bis fünf Jahren beginnen die Ölpalmen Früchte zu tragen. Bei den<br />

ertragreichen Hybridsorten können bis zu 6 t pro Hektar geerntet werden. Die Palmen werden etwa 30<br />

112


Stefanie Pichler, Roswitha Stieglmayer<br />

Tropische Früchte, Kräuter und Gewürze<br />

Jahre beerntet, danach werden sie für eine einfache Ernte zu hoch. Man erntet die Fruchtstände mit<br />

langen Bambusstangen, an denen Messer befestigt sind.<br />

Hauptproduzenten von Palmöl sind Malaysia, Indonesien und Nigeria. Neuerdings wird die Ölpalme<br />

auch verstärkt in Mittel- und Südamerika angepflanzt. Wichtige Exportländer sind dort Brasilien,<br />

Kolumbien, Mexiko und Costa Rica.<br />

Es gibt auch eine einheimische Ölpalme (Elaeis oleifera), die früher genutzt wurde, heute aber an<br />

Bedeutung verloren hat.<br />

ASSAIPALME, PALMHERZEN (EUTERPE EDULIS UND ANDERE ARTEN)<br />

Namen: assai palm (E), palmito (S)<br />

Früchte: Schwarzviolette Beeren.<br />

Verbreitung: Die Assaipalme stammt aus dem südlichen Brasilien und nördlichen Argentinien.<br />

Nutzwert: Der von den Blattbasen umschlossene, weiße Vegetationskegel wird als exquisites,<br />

kalorienarmes Gemüse gegessen. Die zarten und sehr schmackhaften Palmherzen verwendet man roh<br />

in Salaten oder gewürfelt und gekocht als Beilage zu Fleischgerichten. Sie werden industriell zu<br />

Dosenkonserven verarbeitet oder in Gläsern eingemacht.<br />

Aus den Früchten der Assaipalme stellt man in Brasilien ein Erfrischungsgetränk her.<br />

Allgemeines: Die Palmherzen bestehen aus dem Vegetationskegel, dem darunterliegenden Mark und<br />

den noch nicht entwickelten Blattanlagen. Sie können bis zu 1 m lang und 10 cm dick werden. Der<br />

jeweilige Trieb stirbt nach Entnahme des Palmherzen ab. Bei einstämmigen Palmen stirbt die ganze<br />

Pflanze ab. Durch intensive Ernte an Wildstandorten waren einige Palmenarten bereits vom<br />

Aussterben bedroht. Heute stammen die Palmherzen fast ausschließlich aus Plantagen. Wirtschaftlich<br />

bedeutend sind vor allem Bactris gasipaes (Pfirsichpalme) und E. oleracea (Kohlpalme). Aber auch<br />

von anderen Gattungen wie Cocos, Sabal oder Roystonea sind die Palmherzen essbar.<br />

Produktionsländer sind Brasilien, Ecuador, Kolumbien und verschiedene Länder Mittelamerikas.<br />

KOKOSPALME (COCOS NUCIFERA)<br />

Namen: coconut palm (E), pipa (S), coco (S), noix de coco (F)<br />

Früchte: Die wohlbekannten Kokosnüsse sind botanisch gesehen Steinfrüchte. Jede Frucht besteht<br />

aus einer glatten äußeren Fruchtwand, dem Exokarp. Nach innen folgt das faserige Mesokarp, das der<br />

Frucht als Schwimmkörper dient. Die innere Fruchtwand, das Endokarp, ist stark verholzt und bildet<br />

die Außenschale der Kokosnüsse, wie sie in Mitteleuropa gehandelt werden. Die Früchte erreichen<br />

einen Durchmesser von etwa 12 – 25 cm und eine Länge von 20 – 30 cm. Die Färbung der<br />

Kokosnüsse reicht, je nach Varietät und Reifegrad, von leuchtend gelb über grün bis rotbraun. Von<br />

den Blüten bis zur Fruchtreife vergehen etwa 12 – 15 Monate. Pro Jahr kann eine einzelne Palme bis<br />

zu 100 Früchte hervorbringen.<br />

Verbreitung: Die genaue Herkunft der Kokospalme ist unsicher. Wahrscheinlich stammt sie<br />

ursprünglich aus Südostasien. Durch die lange Keimfähigkeit in Verbindung mit der<br />

Schwimmfähigkeit der Früchte ist sie an tropischen Stränden weltweit verbreitet.<br />

Nutzwert: Die Kokospalme zählt zu den ältesten Nutzpflanzen der Menschheit und weist viele<br />

Nutzungsmöglichkeiten auf. Das getrocknete ölhaltige Fruchtfleisch, welches zu 60 – 70 % der<br />

Trockenmasse aus Fett besteht, wird als Kopra bezeichnet und dient als Ausgangsprodukt für die<br />

Margarine- und Seifenherstellung. Aus den ungeöffneten Blütenständen wird der sogenannte „Toddy“<br />

oder „Tuwak“ gewonnen. Dieser zuckerhältige Saft wird zur Herstellung von Palmwein benutzt, und<br />

kann zu Arrak destilliert werden. Aus dem nicht ausgereiften Fruchtfleisch lässt sich eine Milch<br />

gewinnen, die für die Zubereitung verschiedener Gerichte und Getränke (Pina Colada) verwendet<br />

wird.<br />

Lässt man die Kokosnuss keimen, so bildet sich im Inneren der Frucht eine weiße, schaumige, süßlich<br />

schmeckende Masse, die entweder roh oder geröstet gegessen wird. Junge Schösslinge kann man wie<br />

Sellerie essen.<br />

Die Fasern des Mesokarps dienen zum Weben von Matten und Teppichen. Das Holz der Palme wird<br />

häufig als Bauholz verwendet. Unreife Kokosnüsse werden in den Tropen mit einem Messer<br />

aufgeschlagen und das Kokoswasser als erfrischendes Getränke („agua de coco“, „pipa“) angeboten.<br />

In der ungeöffneten Frucht ist das Kokoswasser bis zu acht Monate haltbar, ohne zu verderben. Es ist<br />

so rein, dass es Kriegsverletzten als Infusion direkt in den Blutkreislauf gegeben wurde.<br />

113


Stefanie Pichler, Roswitha Stieglmayer<br />

Tropische Früchte, Kräuter und Gewürze<br />

Allgemeines: Die Gattung besteht nur aus der einen Art. Die größten Anbaugebiete der Kokospalme<br />

befinden sich auf den Philippinen und in Indonesien.<br />

PFIRSICHPALME (BACTRIS GASIPAES)<br />

Namen: peach palm (E), chontaduro (S), pejibaye (S), pijiguao (S)<br />

Früchte: Eiförmige, bis zu 3 cm große gelbe, orange oder rote einsamige Steinfrüchte.<br />

Verbreitung: Die Art ist im tropischen Mittel- und Südamerika beheimatet.<br />

Nutzwert: Die Früchte, die einen angenehmen mehlig-nussigen Geschmack haben, sind essbar. Sie<br />

enthalten 30 – 40 % Stärke und werden gekocht oder geröstet gegessen Vorgekocht können sie danach<br />

frittiert und mit Mayonnaise oder einer Soße serviert werden. Getrocknete Früchte werden häufig zu<br />

Mehl vermahlen. Es gibt viele Varietäten, darunter auch Züchtungen, die samenlose Früchte<br />

hervorbringen. Das Holz ist sehr hart und wird zum Hausbau benutzt. Aus den Samen, die ebenfalls<br />

eßbar sind, wird das Mancanill-Fett gewonnen. Die Früchte werden gepresst und liefern ein<br />

hochwertiges Speisöl. In jüngster Zeit wird die Pfirsichpalme in Plantagen für die Produktion von<br />

Palmenherzen angepflanzt. Besonders in der Ernährung der indianischen Bevölkerung spielt die<br />

Frucht der Pfirsichpalme eine wichtige Rolle.<br />

Stachelannone, Sauersack<br />

(Annona muricata)<br />

Sammelfrucht der Afrikan. Ölpalme<br />

(Elaeis guineensis)<br />

Frucht der Pfirsichpalme<br />

(Bactris gasipaes)<br />

5.2.4 Bromeliaceae: Bromeliengewächse<br />

ANANAS (ANANAS COMOSUS)<br />

Name: pineapple (E), piña (S)<br />

Frucht: Aus dem Blütenkopf entwickelt sich eine große, 10 – 30 cm lange und bis zu 20 cm breite,<br />

länglich ovale Beere. Die äußere Fruchtwand ist ledrig und besteht aus einem sechseckigen Muster.<br />

Die Farbe der reifen Frucht reicht von gelb, über braunrot, bis hin zu dunkelgrün. Oberhalb der Frucht<br />

befindet sich eine kleine Blattrosette. Das Fruchtfleisch ist weißlich oder gelb gefärbt und hat ein<br />

angenehmes süßsäuerliches Aroma.<br />

Verbreitung: Die Heimat liegt wahrscheinlich in Brasilien. Bei der Ankunft von Kolumbus in<br />

Mittelamerika wurde die Ananas dort schon kultiviert. Heute wird die Ananas als wichtige<br />

Nutzpflanze in den gesamten Tropen in Plantagen angebaut.<br />

Nutzwert: Die Ananas ist eine der bedeutendsten tropischen Früchte für den Welthandel. Die Früchte<br />

werden vor allem frisch als Obst gegessen. Bereits seit Ende des 19. Jahrhunderts werden sie auch in<br />

großem Umfang zu Konserven verarbeitet. Darüber hinaus stellt man aus ihnen Marmeladen, Soßen,<br />

Speiseeis, Saft, Wein oder Essig her. Ananasfrüchte werden in vielen Gerichten und Speisen wie<br />

Pizza, Toast Hawaii und Kuchen verwendet. In vielen Gebieten Asiens benutzt man die Früchte für<br />

die Zubereitung von Curries und Fleischgerichten. In Afrika isst man junge Triebe als Salat. Die<br />

Früchte, die nach Europa exportiert werden, erntet man vor der Reife. Die reife Frucht enthält das<br />

eiweißspaltende Enzym Bromelain, welches als Weichmacher für Fleisch verwendet wird. In<br />

Guatemala werden die jungen Sprosse als Gemüse gegessen. Der Saft der unreifen Frucht wirkt stark<br />

abtreibend und wurde von mehreren Indianstämmen als Abtreibungsmittel angewandt. Das Enzym<br />

Bromelain wird in der modernen Medizin als Mittel gegen Entzündungen und Ödeme verwendet. Auf<br />

den Philippinen und in Thailand werden aus Blattfasern feine Stoffe gewoben.<br />

114


Stefanie Pichler, Roswitha Stieglmayer<br />

Tropische Früchte, Kräuter und Gewürze<br />

Allgemeines: Die ersten Ananasfrüchte wurden von Kolumbus nach Europa gebracht und breiteten<br />

sich von da schnell über die gesamten Tropen aus. Haupterzeugungsländer sind heute Thailand, die<br />

Philippinen, Brasilien und Indien. Pro Jahr werden etwa 370.000 t exportiert. Der größte Teil der<br />

produzierten Menge wird in den jeweiligen Ländern frisch verzehrt. Von der Ananas existieren viele<br />

Kulturformen, die sich durch unterschiedlichen Geschmack und Verwendungszweck auszeichnen. Die<br />

wichtigsten Sortengruppen sind „Smooth Cayenne“ für die Konservenindustrie, „Queen“ mit kleinen<br />

schmackhaften Früchten für den Frischverzehr, sowie „Abacaxi“ mit einem süßen, aromatischen<br />

Fruchtfleisch.<br />

5.2.5 Caricaceae: Melonenbaumgewächse<br />

PAPAYA, MELONENBAUM (CARICA PAPAYA)<br />

Namen: tree melon (E), fruta bomba (S), papayer (F)<br />

Früchte: Unterschiedlich große, bis zu mehrere Kilo schwere, länglich-ovale, an Melonen erinnernde<br />

Beeren. Das Fruchtfleisch ist gelblich bis orange oder rot gefärbt und enthält im Inneren der<br />

Fruchthöhlung zahlreiche grünschwarze, scharf schmeckende Samen.<br />

Verbreitung: Heimisch in Mittelamerika und den karibischen Inseln. Die Papaya wurde wegen ihrer<br />

zahlreichen nützlichen Eigenschaften schon zur vorkolumbianischen Zeit kultiviert. Früh gelangte der<br />

Baum als Obstpflanze nach Afrika und Asien. Heute ist er weltweit in den Tropen verbreitet.<br />

Nutzwert: Besonders beliebt ist die reife Papaya, die reich an den Vitaminen A, B und C ist, als<br />

Frischobst. Zur Intensivierung des Aromas wird das Fruchtfleisch häufig mit Limettensaft beträufelt.<br />

Der Geschmack der Papaya variiert je nach Sorte stark. Wegen des weichen Fruchtfleisches ist die<br />

Frucht nur bedingt haltbar. Aus den Früchten lassen sich hervorragend Obstsalate herstellen. Sie<br />

können aber auch zu Konserven, Marmeladen, Eiscremen, Eingelegtem oder Gelees verarbeitet<br />

werden. Papayasaft und –nektar wird aus den geschälten Früchten gewonnen.<br />

Im unreifen Zustand kann die Papaya als Gemüse gekocht, wie Kürbis gegessen werden. In<br />

Südostasien isst man die jungen Blätter wie Spinat. Die grüne Frucht enthält im Milchsaft das<br />

eiweißspaltende Enzym Papain. Das Papain einiger Sorten kann bis zu 35mal sein Eigengewicht an<br />

Fleisch verdauen und wird daher als Wurmmittel und bei Verdauungsstörungen eingesetzt. In der<br />

Industrie benutzt man das Papain zum Gerben von Leder und zur Herstellung nicht einlaufender<br />

Wolle.<br />

5.2.6 Convolvulaceae: Windengewächse<br />

BATATE, SÜßKARTOFFEL (IPOMOEA BATATAS)<br />

Namen: sweet potato (E), batate (S), camote (S), patate douce (F)<br />

Verbreitung: Die Art ist ursprünglich in den Gebirgen des nördlichen Südamerikas sowie in<br />

Mittelamerika beheimatet. Bereits in vorkolumbianischer Zeit gelangte die Art in die pazifische<br />

Region. Heute ist die Art in den Tropen und Subtropen als Kulturpflanze weit verbreitet.<br />

Nutzwert: Die Batate produziert eine stärkehaltige Wurzelknolle mit hohem Nährwert. In vielen<br />

Regionen sind die Knollen ein sehr wichtiges Grundnahrungsmittel. Sie werden darüber hinaus zu<br />

Chips, Nudeln und Mehl verarbeiten. Man unterscheidet mehr als 1.000 Sorten, die sich durch Form,<br />

Farbe, Größe und Geschmack unterscheiden. Das Innere der Knolle kann weiß, gelb, orange, violett<br />

oder rötlich gefärbt sein. Die Süßkartoffeln können wie normale Kartoffeln angebaut und geerntet<br />

werden. Außer den Knollen werden auch die Blätter als eiweißreiches Gemüse gegessen.<br />

Allgemeines: Die Weltproduktion der Batate beträgt mehr als 150 Mio. Tonnen. Haupterzeugerländer<br />

sind China, Vietnam und Indonesien. Die Kulturdauer der meisten Speisesorten beträgt fünf Monate.<br />

Die Knollen enthalten bis zu 30 % Stärke und etwa 10 % Zucker. Der süßliche Geschmack kommt<br />

dadurch zustande, dass durch das Kochen ein Teil der Stärke in Maltose umgewandelt wird.<br />

Rotfleischige Sorten enthalten viel Beta-Karotin. Die Süßkartoffeln sind nach der Ernte etwa zwei<br />

Monate lagerfähig. Abfälle der Pflanze werden als Viehfutter verwendet.<br />

115


Stefanie Pichler, Roswitha Stieglmayer<br />

5.2.7 Euphorbiaceae: Wolfsmilchgewächse<br />

MANIOK, KASSAVE, TAPIOKA (MANIHOT ESCULENTA)<br />

Tropische Früchte, Kräuter und Gewürze<br />

Namen: manioc (E, F), casaba (S), cassava (S), mandioca (S), yuca (S), yuca dulce (S)<br />

Verbreitung: Die Art ist ursprünglich in Brasilien beheimatet. Bereits in vorkolumbianischer Zeit war<br />

die Maniokpflanze vom südlichen Mexiko bis nach Brasilien und Bolivien verbreitet. Als wichtige<br />

Kulturpflanze ist Maniok heute weltweit in den Tropen anzutreffen.<br />

Nutzwert: Maniok ist eine der wichtigsten Nahrungsmittelpflanzen der Welt. Die stärkehaltigen<br />

Wurzelknollen, die bis zu 30 % der Trockensubstanz an Stärke enthalten, können ein Gewicht von bis<br />

zu 5 kg erreichen. Die Früchte werden gekocht und dann gebraten, gemahlen oder zur Gewinnung von<br />

Stärke weiterverarbeitet. Aus dem befeuchteten und mit Hitze behandelten Mehl entsteht das<br />

sagoähnliche Tapioka. Der Milchsaft kann gekocht und dann zum Würzen von Soßen verwendet<br />

werden.<br />

Allgemeines: Die Knollen enthalten wie alle Pflanzenteile das bitterschmeckende Glukosid<br />

Linamarin, aus dem Blausäure freigesetzt werden kann. Durch Erhitzen wird dieses Gift zerstört.<br />

Unter den Weltnahrungspflanzen nimmt Maniok die sechste Stelle ein. Hauptproduktionsländer sind<br />

Brasilien, Thailand und Indonesien. Exportiert wird vor allem die Maniokstärke. Maniok ist besonders<br />

für die feuchten Tropen eine sehr wertvolle Pflanze, da sie sehr anspruchslos und einfach zu<br />

kultivieren ist und auch auf ausgelaugten Böden noch gedeiht. Die Knollen können über Monate im<br />

Boden verbleiben, ohne zu verderben.<br />

In Südamerika wird Maniok als „yuca“ bezeichnet. Die Pflanze steht jedoch in keiner<br />

verwandtschaftlichen Beziehung zur Yuccapalme (Yucca elephantipes).<br />

5.2.8 Fabaceae: Schmetterlingsgewächse<br />

GUABA, AFFENSCHWANZ-INGA (INGA EDULIS)<br />

Namen: icecream-beans (E), guaba (S), caite (S)<br />

Frucht: Die hängenden Fruchte der Affenschwanz-Inga sind bis zu mehr als 1 m lange und etwa 4 cm<br />

breite, zylindrische, tief längsgefurchte, oft gedrehte und gebogene, fein samtig behaarte, matte<br />

braungrüne Hülsen. Ihre Schale ist hart ledrig und etwa 2mm dick. Im Inneren finden sich langbohnenförmige<br />

Samen mit glänzend rotbrauner Schale, die bis 5,5 x 2,5 x 1,2 cm messen, von einer<br />

weißen, festen Haut umgeben und in eine weiße, saftig-schwammige, süße, aromatische Pulpe<br />

eingebettet sind.<br />

Verbreitung: Der Bau wird im gesamten feucht-tropischen Amerika bis in Höhen von 1800 m<br />

kultiviert.<br />

Nutzwert: Essbarer Teil der Frucht ist die süße Pulpa, die meist roh verzehrt wird und einen sehr<br />

erfrischenden Geschmack hat. Die Affenschwanz-Inga wird, ebenso wie andere kultivierte Inga-Arten,<br />

vor allem als Schattenbaum an Straßen, in Hausgärten und in Kaffeeplantagen angebaut.<br />

Verwandte Arten: Ähnliche essbare Hülsen tragen die wesentlich kleineren Bäume der I. ingoides<br />

(L.C.Rich). Willd.; daneben werden als Nahrungsmittel vor allem die flachen, nicht gefurchten Hülsen<br />

der I. feuillei DC. geschätzt.<br />

5.2.9 <strong>La</strong>uraceae: Lorbeergewächse<br />

AVOACADOBAUM (PERSEA AMERICANA)<br />

Namen: avocado pear (E), aguacate (S) avocatier (F)<br />

Früchte: Aus den zahlreichen Blüten entstehen nur wenige birnenförmige Beeren. Frucht je nach<br />

Sorte bis maximal 20 cm lang und etwa 10 cm breit. Die Farbe der Früchte variiert von dunkelgrün bis<br />

schwarzviolett. Jede Frucht enthält einen großen kugeligen Samen. Das gelblichgrüne Fruchtfleisch ist<br />

wegen des hohen Fettgehaltes cremig. Die Früchte einiger Kultursorten erreichen ein Gewicht von bis<br />

zu 1 kg.<br />

Verbreitung: Die ursprüngliche Heimat des Avocadobaumes liegt wahrscheinlich in Mittelamerika.<br />

Heute ist die Art als Nutzpflanze in den gesamten Tropen verbreitet.<br />

Nutzwert: Als Lieferant der Avocadofrüchte, ist der Avocadobaum ein wichtiges Nutzgehölz. Die<br />

Früchte werden roh verzehrt und zu Salaten und anderen Gerichten verarbeitet. Meistens wird das<br />

116


Stefanie Pichler, Roswitha Stieglmayer<br />

Tropische Früchte, Kräuter und Gewürze<br />

Fruchtfleisch mit Limonensaft beträufelt, gesalzen und ausgelöffelt. In Mexiko und Guatemala wird<br />

das Fruchtfleisch püriert und mit Knoblauch, Zwiebeln und Gewürzen abgeschmeckt und als<br />

„guacamole“ serviert. Aus dem Fruchtfleisch stellt man auch Milchshakes und Eiscremen her. Das<br />

sehr hochwertige Öl, welches aus den Früchten gewonnen wird, benutzt man zur Produktion von<br />

Kosmetika und Haarpflegemitteln sowie als Speisöl. Die Frucht ist sehr reich an Proteinen, Vitaminen<br />

und an ungesättigten Fettsäuren. Der Fettgehalt des Fruchtfleisches kann bis zu 30 % betragen.<br />

Allgemeines: Die Avocado gehört zu den sehr alten Kulturpflanzen der Menschheit. Funde beweisen,<br />

dass sie bereits ab 7.500 vor Christus kultiviert wurde. Der Name der Frucht geht auf das aztekische<br />

Wort „auacatl“ zurück.<br />

Die Gattung Persea besteht aus mehr als 150 Arten. Wirtschaftlich von Bedeutung ist ausschließlich<br />

P. americana. Haupterzeugungsländer sind Mexiko, die USA, Brasilien und die Dominikanische<br />

Republik. Die Avocados, die auf den europäischen Markt gelangen, stammen hauptsächlich aus Israel<br />

und Südafrika.<br />

Bei den Avocadobäumen gibt es zwei blütenbiologische Varianten, die sich durch den Zeitpunkt der<br />

Fruchtbarkeit unterscheiden. Um die Bestäubung zu ermöglichen, müssen beide Typen immer<br />

zusammen angepflanzt werden.<br />

Maniok (Manihot esculenta)<br />

Avocado (Persea Americana)<br />

Papaya (Carica papaya)<br />

5.2.10 Lecythidaceae: Deckeltopfbäume<br />

PARANUSSBAUM (BERTHOLLETIA EXCELSA)<br />

Name: brazil nut (E), castaña (S)<br />

Früchte: 10 – 20 cm große, kugelige oder abgeflachte, holzige Kapselfrüchte, die bis zu 2 kg schwer<br />

werden können. Im Inneren befinden sich 12 – 24 dreikantige Samen, die von einer sehr harten Schale<br />

umgeben sind.<br />

Verbreitung: Der Paranussbaum ist in Südamerika im Tiefland des Amazonas und Orinoko heimisch.<br />

Er wächst dort an Standorten, die nie vom Fluss überschwemmt werden („terra firme“).<br />

Nutzwert: Die als Nüsse bezeichneten Samen sind sehr wohlschmeckend und haben einen hohen<br />

Handelswert. Sie enthalten 65 % Fett, 17 % Eiweiß und 9 % Kohlenhydrate. Aus den Samen wird ein<br />

sehr hochwertiges Speiseöl gewonnen. Das Öl wird in der Kosmetikindustrie bei der Herstellung von<br />

Seife verwendet.<br />

Allgemeines: Die Früchte, die 15 Monate zum Reifen benötigen, werden fast ausschließlich von wild<br />

wachsenden Bäumen gesammelt. Wegen der komplizierten Bestäubungsbiologie durch eine bestimmte<br />

Bienenart und der langen Kulturdauer bis zum Ertrag (10 bis 25 Jahre), wird der Baum nur selten in<br />

Plantagen angepflanzt. Hauptproduzent von Paranüssen ist Brasilien, von wo jährlich rund 40.000 t<br />

exportiert werden. Der Paranussbaum liefert ein gutes Beispiel für die ökologische Nutzung des<br />

tropischen Tieflandregenwaldes. Ein Baum produziert pro Jahr etwa 300 Früchte, die 30 – 50 kg<br />

Samen liefern. Die abgefallenen Früchte werden eingesammelt. Die Arbeit ist nicht ungefährlich, da<br />

die herabfallenden, bis zu 2 kg schweren Früchte die Sammler leicht töten können.<br />

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Stefanie Pichler, Roswitha Stieglmayer<br />

5.2.11 Malvaceae: Malvengewächse<br />

KAKAOBAUM (THEOBROMA CACAO)<br />

Tropische Früchte, Kräuter und Gewürze<br />

Namen: chocolate tree (E) cacao dulce (S), cacao (S, F)<br />

Früchte: Elliptisch bis eiförmig, 15 – 30 cm lang und bis 10 cm breit. Die Frucht kann bei Vollreife<br />

rot, gelb, violett oder braun gefärbt sein. Im Inneren enthält sie ein weißes, süßes, verschleimendes<br />

Fruchtfleisch (Pulpa), in das 30 – 60 braune Samen eingebettet sind.<br />

Verbreitung: Heimisch vom südlichen Mexiko bis ins nördliche Südamerika.<br />

Nutzwert: Aus den Samen wird der Kakao hergestellt, der bereits bei den Azteken, Inkas und Mayas<br />

ein beliebtes Getränk war. Nach dem Fermentieren und Rösten wurde der Kakao, der als das „Getränk<br />

der Götter“ bezeichnet wird, mit Honig und Vanille gewürzt getrunken. Der letzte Aztekenkönig<br />

Montezuma soll täglich 50 Tassen Kakao getrunken haben. Im Reich der Azteken wurden die<br />

Kakaosamen als Geld benutzt. 1000 Bohnen entsprachen zur damaligen Zeit etwa drei Golddukaten.<br />

Die Samen werden zu Kakaopulver, Kakaobutter und Schokolade verarbeitet. Die Kakaobutter wird<br />

auch in der Kosmetikindustrie und für die Herstellung von Arzneimitteln (Salbengrundlage, Zäpfchen)<br />

verwendet.<br />

Das Fruchtfleisch kann als Obst gegessen oder zu Erfrischungsgetränken und Süßspeisen verarbeitet<br />

werden.<br />

Allgemeines: Die Gattung ist mit 22 Arten im tropischen Amerika verbreitet. Das Wort Kakao leitet<br />

sich vom Indianerwort cachoatl ab. Der von Carl von Linné eingeführte Gattungsname Theobroma<br />

bedeutet Götterspeise. Die ersten Kakaofrüchte wurden 1528 von Cortés nach Europa gebracht.<br />

Nach der Ernte werden die Samen aus der Frucht entfernt und in Haufen bei 47 °C fermentiert. Die<br />

Fermentation ist für die Entwicklung des Kakaogeschmackes von entscheidender Bedeutung. Danach<br />

werden die Samen gewaschen, getrocknet und gemahlen. Dabei wird etwa die Hälfte des Fettes als<br />

Kakaobutter abgepresst. Diese wird vor allem zu Schokolade weiterverarbeitet.<br />

Rund 80 % der Weltproduktion stammen heute aus Afrika. In Mittelamerika wird neben T. cacao auch<br />

T. bicolor kultiviert, der sich von der beschriebenen Art durch die netzartig strukturierte Oberfläche<br />

der Früchte unterscheidet.<br />

5.2.12 Mimosaceae: Mimosengewächse<br />

TAMARINDE (TAMARINDUS INDICA)<br />

Namen: tamarindo (S), tamarinde (F), tamarinier des indes (F), ambli (Ind.), chinch (Ind.)<br />

Frucht: Längliche, gewellte Hülsen, 7 – 20 cm lang, mit brüchiger Fruchtwand, außen hellbraun bis<br />

rotbraun gefärbt. Die ovalen, harten Samen sind in ein dunkelbraunes, säuerlich aromatisch<br />

schmeckendes Fruchtfleisch eingebettet.<br />

Verbreitung: Die ursprüngliche Heimat des Tamarindenbaumes ist das tropische Ostafrika und das<br />

westliche Asien. Heute ist der Baum in den gesamten Tropen verbreitet.<br />

Nutzwert: Die Früchte werden als Obst gegessen. Aus den unreifen Früchten bereitet man Chutneys.<br />

In anderen Gebieten werden die unreifen Früchte als Gemüse gekocht. Das Fruchtfleisch der reifen<br />

Früchte wird zusammen mit Zucker zu Süßigkeiten verarbeitet. Ferner verwendet man es für die<br />

Zubereitung von Sirup, Speiseeis und als Zusatz für Soßen (Worcestershire-Soße) und<br />

Erfrischungsgetränke. Zusammen mit anderen Gewürzen nimmt man es zum Würzen von Suppen. In<br />

der Karibik wird das reife Fruchtfleisch oft mit Holzasche vermischt und so gegessen. Die Holländer<br />

nennen dieses Gemisch “Kake pushi” (Katzenexkrement). In Asien werden die Samen geröstet und als<br />

Kaffee-Ersatz verwendet. Das reife Fruchtfleisch wird in der Hausmedizin als mildes Abführmittel<br />

benutzt. Ferner wird es bei Husten und Entzündungen im Rachenraum verabreicht. Das Holz des<br />

Tamarindenbaumes ist sehr hart und wird als Bauholz und für die Herstellung von Werkzeuggriffen<br />

benutzt. Wegen seiner großen Wärmeentfaltung eignet sich das Holz sehr gut als Brennholz.<br />

Allgemeines: Das reife Fruchtfleisch ist reich an Tartarsäure, die wahrscheinlich für die abführende<br />

Wirkung des Fruchtfleisches verantwortlich ist. Die Samen enthalten geleeartiges Pektin und werden<br />

industriell verwertet.<br />

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Stefanie Pichler, Roswitha Stieglmayer<br />

5.2.13 Moraceae: Maulbeergewächse<br />

BROTFRUCHTBAUM (ARTOCARPUS ALTILIS)<br />

Tropische Früchte, Kräuter und Gewürze<br />

Namen: breadfruit (E), fruta de pan (S)<br />

Früchte: Grüne Sammelfrüchte, 25 – 30 cm lang und etwa 1 kg schwer, raue Oberfläche. Das<br />

Fruchtfleisch ist weiß und bei der Reife mehlig weich. Samen kastanienartig, in Kulturformen<br />

normalerweise weggezüchtet.<br />

Verbreitung: Die Heimat des Brotfruchtbaumes liegt in Polynesien und auf den Sunda-Inseln. Als<br />

Frucht- und Ziergehölz ist A. altilis in allen Gebieten der warmen Tropen anzutreffen.<br />

Nutzwert: Die Brotfrucht wird reif als Obst und unreif als Gemüse gegessen. Das Fruchtfleisch wird<br />

gekocht, frittiert oder gebacken. In der südpazifischen Region werden Scheiben der Brotfrucht in<br />

Erdöfen geröstet. In Malaysia werden sie in Sirup gebacken. In Polynesien werden die Früchte in<br />

Erdöfen gebacken und bis zu einem Monat aufbewahrt. Durch Gärung entsteht ein Art Käse, der als<br />

“poi” bezeichnet wird. Reife Früchte werden getrocknet und zu Mehl vermahlen oder zu Chips<br />

verarbeitet. Die Samen, die ein kartoffelähnliches Aroma haben, kann man auf verschiedenste Weise<br />

kochen, rösten oder frittieren. In Westafrika stellt man aus ihnen einen Brei her.<br />

Das gelbliche Holz benutzt man für die Herstellung von Möbeln und im Bootsbau. Auf Hawaii werden<br />

die traditionellen Trommeln, die bei Hula-Tänzen benutzt werden, aus Stammabschnitten angefertigt.<br />

Allgemeines: Der Brotfruchtbaum wurde 1793 in Jamaika eingeführt. Vier Jahre zuvor wurde Kapitän<br />

Bligh beauftragt, 1.000 Brotfruchtbäume vom malaiischen Archipel nach Mittelamerika zu bringen.<br />

Die Früchte sollten zur Ernährung der Sklaven dienen. Berühmt geworden ist diese Reise durch die<br />

Meuterei auf dem Schiff Bounty: Kapitän Bligh verwendete das Trinkwasser um die Bäumchen damit<br />

zu gießen und sicher ans Ziel zu bringen. Jedoch musste er dadurch die Wasserration der Besatzung<br />

kürzen, wofür diese natürlich kein Verständnis zeigte und meuterte.<br />

Vom Brotfruchtbaum existieren samenlose Varianten, die oft einen anderen Namen tragen. Ein Baum<br />

produziert pro Jahr etwa 40 kg reife Früchte.<br />

BROTNUSSBAUM (BROSIMUM ALICASTRUM)<br />

Name: breadnut (E), osh (E), apomo (S), mojote (S)<br />

Früchte: Kugelige, fleischige Beeren mit bis zu 2,5 cm Durchmesser. Bei Vollreife verfärbt sich die<br />

Frucht von Braun zu Grüngelb oder Orange. Jede Frucht enthält einen 1 – 1,5 cm großen kugeligen<br />

Samen.<br />

Verbreitung: Heimisch von südlichen Mexiko bis nach Venezuela und Ecuador. Der Brotnussbaum<br />

ist auch in Kuba und Jamaika beheimatet.<br />

Nutzwert: Der Samen der reifen Frucht ist stärkehaltig und wird im Verbreitungsgebiet gekocht oder<br />

geröstet mit Honig gegessen. Zu Mehl gemahlen dienen die Samen zum Strecken von Maismehl. Die<br />

Blätter verwendet man als Viehfutter. Wie bei anderen Brosimum-Arten wird auch bei B. alicastrum<br />

der Milchsaft als pflanzliche Milch genutzt. Die Milch, die man aus dem angeschnittenen Stamm oder<br />

aus ausgepressten Schösslingen gewinnt, erzielt auf Märkten in Guatemala hohe Preise. Sie wird als<br />

Heilmittel bei Magenproblemen und bei Asthma eingenommen. Die nahe verwandte Art B. utile<br />

(Kuhmilchbaum) liefert große Mengen Milchsaft, der wie Kuhmilch getrunken werden kann. Alle<br />

Brosimum-Arten liefern ein hochwertiges Holz, das zur Herstellung von Möbeln verwendet wird.<br />

Allgemeines: Die Gattung besteht aus 13 Arten und gehört zu der großen Familie der<br />

Maulbeergewächse. Weitere wichtige Nutzpflanzen der Familie sind die Essfeige (Ficus carica), die<br />

Brotfrucht (Artocarpus sp.), der Hopfen (Humulus lupulus) sowie der Canabishanf (Cannabis sativa).<br />

Der <strong>La</strong>tex einiger Feigenarten wurde früher zur Kautschukherstellung genutzt. Die<br />

Kautschukproduktion aus Feigen hat jedoch nie den Stellwert des Kautschukbaumes (Hevea<br />

brasiliensis) erreicht.<br />

5.2.14 Musaceae: Bananengewächse<br />

BANANE (MUSA-ARTEN)<br />

Namen: banana (E), banana (S), bananier (F)<br />

Früchte: Aus jeder Blüte entwickelt sich eine längliche, gekrümmte Beerenfrucht, 5 – 30 cm lang und<br />

bis zu 7 cm breit. Die äußere, fleischige und glatte Fruchtwand ist gewöhnlich gelb oder auch rot. Die<br />

119


Stefanie Pichler, Roswitha Stieglmayer<br />

Tropische Früchte, Kräuter und Gewürze<br />

Frucht enthält ein mehliges Fruchtfleisch (Pulpa), in welches die kleinen braunen Samen eingebettet<br />

sind. Bei Kulturbananen sind die Früchte samenlos.<br />

Verbreitung: Die Gattung Musa stammt aus den asiatischen Tropen von Indien über den malaiischen<br />

Archipel bis nach Neuguinea, Australien und Samoa. Heute wird sie weltweit in den Tropen als<br />

Nutzpflanze kultiviert.<br />

Nutzwert: Abgesehen von Frischverzehr und der Verwendung in Obstsalaten werden Bananen auf<br />

verschiedenste Weisen genutzt. Sie können gebacken und gebraten werden oder zusammen mit<br />

Limettensaft und Zucker zu einem Gelee verkocht werden. Im Polynesien wird Bananenbrei mit<br />

Kokosmilch und Limettenblättern als aromatisches Getränk serviert. Die reifen Früchte wickelt man in<br />

Helikonienblätter ein und lässt sie in Erdlöchern fermentieren. Das „Masi“ genannte Produkt diente<br />

früher in Notzeiten als Nahrungsmittelreserve. Getrocknete Bananen können zu Mehl vermahlen oder<br />

als Bananenfeigen gegessen werden.<br />

In Afrika stellt man aus Bananen nach Vergärung Bier und Wein her.<br />

Allgemeines: Die Gattung besteht aus etwa 60 Arten. Von der Banane existieren zahlreiche<br />

Kulturformen. Alle Obst- und Mehlbananen gehen auf M. acuminata und M. balbisiana zurück. Die<br />

Banane gelangte bereits im ersten Jahrtausend vor Christus nach Afrika und um 1500 nach Amerika.<br />

Bananen stellen einen sehr wichtigen Beitrag zur Welternährung dar. Die größten Produzenten sind<br />

Brasilien, Ecuador und Mexiko. Bei uns gelangen fast ausschließlich Obstbananen in den Handel.<br />

Häufig gehandelte Sorten sind zum Beispiel „Giant Cavendisch“ oder „Gros Michel“. Die Bananen<br />

werden unreif geerntet, bei 12 – 14 °C transportiert und im Zielland mit Ethylen zur Reife gebracht.<br />

Aus der Textilbanane (M. textillis) wir der sogenannte Manilahanf hergestellt.<br />

KOCHBANANE, MEHLBANANE (MUSA ACUMINATA X M. BALBISIANA)<br />

Namen: plantain (E), starchy banana (E), platano (S)<br />

Früchte: Gebogene oder gerade, bei Reife gelbe oder braune Beerenfrüchte. Bei den Kulturformen<br />

werden keine Samen ausgebildet. Die Kochbananen können kurz, kantig und dick oder lang und<br />

gerade geformt sein.<br />

Verbreitung: Die Kochbanane stammt aus Südostasien.<br />

Nutzwert: Koch- und Mehlbananen werden gekocht als Gemüse, gebraten oder frittiert gegessen.<br />

Unreife Früchte werden im Allgemeinen in Scheiben geschnitten und wie Kartoffeln frittiert und als<br />

Beilage serviert. Man verwendet sie in Suppen und verarbeitet sie zu Chips, Flocken und Mehl. Das<br />

Mehl wird vor allem für die Zubereitung von Schonkost verwendet. In reifem Zustand werden sie<br />

häufig frittiert und mit Honig und Sahne als Süßspeise gegessen. In Afrika wird aus den Mehlbananen<br />

ein Bier hergestellt.<br />

Allgemeines: Die Kochbanane hat auf dem Weltmarkt eine viel geringere Bedeutung als die<br />

Dessertbanane. Sie ist außerhalb der Tropen als Nahrungsmittel kaum bekannt. Sie unterscheidet sich<br />

von der Dessertbanane durch den höheren Gehalt an Stärke (30 %). Hauptproduzenten von<br />

Kochbananen sind Uganda, Kolumbien und Ruanda.<br />

5.2.15 Myrtaceae: Myrtengewächse<br />

AMAZONAS-GUAVE, ARAZÁ (EUGENIA STIPITATA)<br />

Namen: arazá (S), guayaba del amayonas (S), pichi (S)<br />

Früchte: Aromatisch, kugelig, etwa apfelgroß, bei Reife gelb. Das Fruchtfleisch ist sehr weich, saftig<br />

und schmeckt fruchtig-säuerlich.<br />

Verbreitung: Die Amazonas-Guave ist in Bolivien, Brasilien und Peru heimisch.<br />

Nutzwert: Die Früchte mit dem säuerlichen Aroma sind sehr gut für die Zubereitung von Fruchtsäften<br />

geeignet. Die Frucht ist sehr empfindlich gegenüber Druck, und deshalb für den Transport über<br />

längere Strecken ungeeignet. Nach Erhitzen verliert das Fruchtfleisch das intensive Aroma<br />

vollständig.<br />

Allgemeines: In Costa Rica und in Peru wird sie in Plantagen kultiviert. Peru exportiert ein<br />

Konzentrat des Fruchtfleisches nach Europa und in die USA.<br />

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Stefanie Pichler, Roswitha Stieglmayer<br />

Tropische Früchte, Kräuter und Gewürze<br />

COSTARIKANISCHE GUAVE, CAS (PSIDIUM FRIEDRICHSTHALIANUM)<br />

Namen: Costa Rican guava (E), arrayán (S), cas (S), guayaba agria (S)<br />

Früchte: Kugelig, grün oder grüngelb, etwa 3 – 5 cm groß. Fruchtfleisch weiß, sehr aromatisch mit<br />

zahlreichen kleinen, harten Samen.<br />

Verbreitung: Die costaricanische Guave ist von Nicaragua bis nach Panama beheimatet. Als<br />

Nutzpflanze wird der Baum jedoch in der gesamten mittelamerikanischen Region angepflanzt.<br />

Nutzwert: Die reifen Früchte sind hervorragend für die Zubereitung von Erfischungsgetränken<br />

geeignet. Dazu werden die Früchte mit Zucker und Wasser oder Milch gemixt und kalt serviert. Das<br />

Fruchtfleisch wird industriell für die Produktion von Eiscremes, Marmeladen und<br />

Erfrischungsgetränken verwendet.<br />

Allgemeines: Die delikate Frucht ist bislang fast ausschließlich in Costa Rica und Nicaragua<br />

erhältlich.<br />

GUAVE, GUJAVABAUM (PSIDIUM GUAJVA)<br />

Namen: guayaba (S), guayava (S), guayaba perulera (S)<br />

Früchte: Fleischige, etwa 10 cm Durchmesser erreichende Beeren, die sich bei Reife von grün nach<br />

gelb verfärben. In das rosa- oder gelbfarbene, mehlige Fruchtfleisch sind viele kleine, harte Samen<br />

eingebettet.<br />

Verbreitung: Heimisch von Mexico bis Ecuador und Brasilien. Heute in den gesamten Tropen und in<br />

den Subtropen als Obstbaum angepflanzt und zum Teil bereits verwildert.<br />

Nutzwert: P. guajava hat als Obstgehölz wichtige überregionale Bedeutung. Die Früchte, die reich an<br />

Vitamin A, B und C sowie Eisen und Calcium sind, werden bevorzugt zu Marmeladen, Speiseeis,<br />

Gelees und Fruchtsäften verarbeitet. Darüber hinaus dienen die Früchte zur Herstellung von Wein und<br />

Likör. Auf den Antillen werden die halbierten Früchte mit Schale zu einem Sirup verkocht.<br />

Guavenpaste wird von verschiedenen Ländern für die Herstellung von Speiseeis oder Joghurt<br />

exportiert. Die Früchte für den Handel stammen sowohl von Wildbäumen als auch aus Plantagen. Als<br />

Obst können die Früchte auch frisch verzehrt werten. Ein Extrakt der Blätter wird in der Volksmedizin<br />

bei Verdauungsstörungen und zur Stillung von Blutungen verabreicht.<br />

WASSERAPFEL, APFELJAMBUSE (SYZYGIUM MALACCENSE)<br />

Namen: Malay apple (E), manzana de agua (S), jambosier rouge (F)<br />

Früchte: Birnenförmig, etwa 8 – 12 cm lang. Außen sind die Früchte rosa und innen weiß gefärbt.<br />

Das Fruchtfleisch ist schwammig und duftet leicht nach Rosenblüten. Die saftige Frucht schmeckt<br />

süßlich, hat aber nur wenig Aroma. Die Früchte reifen vor allem während der Regenzeit in den<br />

Monaten Juni und Juli.<br />

Verbreitung: Die Art ist in Südostasien heimisch. Als Nutzpflanze wird der Baum in den gesamten<br />

feuchten Tropen angepflanzt.<br />

Nutzwert: Die Früchte der Apfeljambuse werden frisch gegessen oder zu Konserven verarbeitet.<br />

Leicht unreife Früchte benutzt man für die Zubereitung von Gelees, Pickles und Soßen. Auf Puerto<br />

Rico wird aus den Früchten ein roter und weißer Wein hergestellt. Dazu wird der Saft mit Zucker und<br />

Hefe versetzt und sechs bis zwölf Monate in Fässern gelagert. In Indonesien werden die Blüten und<br />

die jungen Blätter als Gemüse gegessen. Zur Reifezeit werden die Früchte oft auf Obstmärkten<br />

angeboten.<br />

5.2.16 Oxalidaceae: Sauerkleegewächse<br />

KARAMBOLE, STERNFRUCHT (AVERRHOA CARAMBOLA)<br />

Name: carambola (S), pepino de indias (S), carambolier (F)<br />

Früchte: Bis 12 cm lang, eiförmig, gelb, stark gerippt.<br />

Verbreitung: Die Heimat der Karambole liegt in Südostasien. Als Zier- und Obstgehölz ist die Art in<br />

vielen tropischen Ländern verbreitet.<br />

Nutzwert: Die Früchte, die reich an Kalium und Vitamin A sind, werden entweder frisch gegessen<br />

oder zu Säften, Marmeladen und Obstsalaten verarbeitet. Die im Querschnitt sternförmigen<br />

Fruchtscheiben werden zum Garnieren von Salaten, Desserts und Cocktails benutzt. In verschiedenen<br />

Ländern kocht man die Karambole zusammen mit Äpfeln, Zucker und Gewürznelken als Kompott. In<br />

121


Stefanie Pichler, Roswitha Stieglmayer<br />

Tropische Früchte, Kräuter und Gewürze<br />

vielen Ländern wie China, Indonesien und Australien bereitet man die Karambole als Gemüse zu.<br />

Gekochte unreife Früchte serviert man oft als Beilage zu Fischgerichten und <strong>La</strong>ngusten. Zusammen<br />

mit Meerrettich, Sellerie, Essig und Gewürzen lässt sich ein schmackhaftes Relish zubereiten. Die<br />

Früchte senken den Blutzuckerspiegel und werden daher bei Diabetes eingesetzt. Den Saft kann man<br />

zum Säubern von Metall und zum Entfernen von Flecken verwenden.<br />

5.2.17 Passifloraceae: Passionsblumengewächse<br />

MARACUJA (PASSIFLORA EDULIS)<br />

Namen: passionfruit (E), granadilla (S), grenadille (F)<br />

Früchte: Hühnereigroße, ovale oder kugelige Beerenfrüchte. Fruchtschale fest, je nach Varietät gelb<br />

oder purpur gefärbt. Diese umgibt ein Saftbläschengewebe (Pulpa) mit zahlreichen Samen, welches<br />

sehr saftig ist und einen sehr aromatischen sauren oder süßsäuerlichen Geschmack hat. Die Pflanzen<br />

produzieren das ganze Jahr über Früchte.<br />

Verbreitung: Die Maracuja ist in Paraguay, dem nördlichen Argentinien und im südlichen Brasilien<br />

heimisch. Sie wird heute weltweit in den Subtropen und Tropen angebaut.<br />

Nutzwert: Man unterscheidet die beiden Varianten P. edulis var. flavicarpa und var. edulis. Erstere,<br />

die man auch als Purpur-Granadilla bezeichnet, wird überwiegend frisch gegessen. Die zweite<br />

Variante, die man als Gelbe Granadilla bezeichnet, hat größere, aromatischere und deutlich saurere<br />

Früchte. Dies benutzt man vor allem für Fruchtsäfte. Die Samen können mitgegessen werden. Der<br />

Maracujasaft ergibt gemischt mit Orangen- und Ananassaft ein hervorragendes Erfischungsgetränk.<br />

Mit Zucker zu einem Sirup verkocht dienen die Früchte für die Zubereitung von Fruchtsuppen, Soßen,<br />

Eiscreme und Desserts. In Costa Rica wird aus den Früchten ein Wein („parchita seca“) hergestellt.<br />

Viele Passiflora-Arten enthalten das Glykosid Passiflorin, welches eine sedative (beruhigende)<br />

Wirkung hat.<br />

Die Gelbe Granadilla ist durch den hohen Gehalt an Zitronensäure saurer als die purpurne Varietät.<br />

Die vitaminreichen Früchte enthalten überdurchschnittlich viel Niacin und Riboflavin.<br />

Costarikanische Guave, Cas<br />

(Psidium friedrichsthalianum)<br />

Wasserapfel, Apfeljambuse<br />

(Syzygium malaccense)<br />

Maracuja (Passiflora edulis)<br />

5.2.18 Poaceae: Süssgräser<br />

MAIS (ZEA MAYS)<br />

Namen: corn (E), maiz (S), elote (S), maïs (F)<br />

Früchte: Maiskolben mit zahlreichen parallelen Reihen von Samen, die erst weich sind und später<br />

aushärten. Die Färbung der Samen reicht von gelb, rosa, bläulich über rot bis hin zu violett.<br />

Verbreitung: Die genaue Herkunft des Mais ist nicht mehr nachvollziehbar. Die Heimat liegt jedoch<br />

wahrscheinlich in Mexiko, anderen Quellen zufolge im westlichen Südamerika. Heute ist der Mais als<br />

wichtige Kulturpflanze weltweit verbreitet.<br />

Nutzwert: Der Mais gehört, neben dem Weizen, der Kartoffel und dem Reis, zu den bedeutendsten<br />

Stärkelieferanten für die Weltbevölkerung. Er wird zu Maismehl oder zu einem hochwertigen Speiseöl<br />

verarbeitet. In Mittel- und Südamerika werden oft gekochte oder geröstete unreife Maiskolben als<br />

„elote“ oder „milho“ angeboten. Aus Maismehl stellt man die bekannten Maisfladen („tortillas“) her.<br />

122


Stefanie Pichler, Roswitha Stieglmayer<br />

Tropische Früchte, Kräuter und Gewürze<br />

Aus vielen Maissorten werden entweder schwach alkoholische Getränke, wie zum Beispiel „chicha“,<br />

oder auch hochprozentiger Alkohol hergestellt.<br />

Allgemeines: Z. mays gehört zu den ältesten Kulturpflanzen der Menschheit. In Mittelamerika wird<br />

seit mehr als 8.000 Jahren Mais in zahllosen Sorten angebaut. Der Mais ist in seinem Fortbestand als<br />

domestizierte Art völlig auf den Menschen angewiesen, da Wildarten nicht mehr existieren. Eine nahe<br />

verwandte Wildform des Mais ist das sogenannte Teosinte, ein Gras, das in Teilen Mexikos, Honduras<br />

und Guatemalas wächst. Zu präkolumbianscher Zeit war der Mais die wichtigste Nahrungspflanze und<br />

Grundlage für die Hochkulturen der Inkas, Mayas und Azteken. Durch jahrtausendelange Selektion<br />

sind viele Varietäten des Mais entstanden. Es gibt heute Sorten, die in 444 m Meereshöhe am<br />

Titicacasee wachsen und andere, die im feuchten tropischen Klima auf Meeresniveau gedeihen.<br />

Durch Kolumbus gelangte der Mais zu Beginn des 16. Jahrhunderts nach Europa.<br />

REIS (ORYZA SATIVA)<br />

Namen: rice (E), arroz (S), riz (F)<br />

Früchte: Die Samen ähneln in der Form den Grassamen. Die beiden wichtigsten Arten sind Indica<br />

und Japonica. Indica-Sorten sind überwiegend tropisch verbreitet und haben lange, schmale Körner,<br />

während Japonica-Sorten ausschließlich in den Subtropen angepflanzt werden. Diese zeichnen sich<br />

durch eine geringere Wuchshöhe und ovale bis runde Samen aus.<br />

Verbreitung: O. sativa stammt wahrscheinlich aus dem tropischen Südostasien. O. glaberrima ist im<br />

tropischen Westafrika beheimatet.<br />

Nutzwert: Der Reis ist eine der wichtigsten Nahrungsmittelpflanzen. Für mehr als die Hälfte der<br />

Weltbevölkerung gehört der Reis zur täglichen Ernährung. Das Reiskorn besteht bis zu 80 % aus<br />

Stärke.<br />

Aus den Reismühlen anfallenden Abfällen werden Öl, Wachs und ein eiweißreiches Futtermehl<br />

gewonnen. Die Schalen werden für Bauplatten sowie als Polier- und Brennmaterial genutzt.<br />

Allgemeines: Der Reis ist eine uralte Kulturpflanze, die weltweit in den Tropen mit verschiedenen<br />

Arten beheimatet ist. Die ältesten Reisfunde werden auf etwa 2.300 Jahre vor Christus datiert und<br />

stammen aus Indien. Im <strong>La</strong>uf der jahrtausendelangen Domestikation sind unzählige Reissorten<br />

entstanden, die den unterschiedlichsten Ansprüchen gerecht werden. Der Reis zeichnet sich dadurch<br />

aus, dass er im Gegensatz zu anderen Nahrungsmittelpflanzen auch in flach mit Wasser bedeckten<br />

Böden gedeiht. Man unterscheidet in der Kultur vor allem den Nass- und den Trockenreis. Letzterer<br />

kann auch in überfluteten Böden gedeihen, benötigt jedoch keine ständige Überflutung. Der Nassreis<br />

ist optimal für den Anbau in Überschwemmungsgebieten, wie zum Beispiel in Flussdeltas, geeignet.<br />

Ein erheblicher Teil der Welternte wird auf Trockenland produziert. Die Erträge des Trockenreises<br />

liegen etwas unter denen des Nassreises.<br />

Über 90 % der Weltproduktion stammen aus Asien. Die größten Reisproduzenten sind China, Indien,<br />

Indonesien und Bangladesch. Auf dem amerikanischen Kontinent sind die USA und Brasilien die<br />

Hauptproduzenten.<br />

5.2.19 Proteaceae: Proteusgewächse<br />

MACADAMIANUSS (MACADAMIA INTEGRIFOLIA)<br />

Name: Australia nut (E), macademia nut (E), macadamia (S)<br />

Früchte: Kugelige, 1,5 – 2,5 cm große Balgfrüchte. Die zunächst grüne, glatte Fruchtschale, die sich<br />

bei Reife braun verfärbt, umschließt einen einzelnen, weißen oder cremefarbenen Samen<br />

(Macadamianuss).<br />

Verbreitung: Heimisch in Ostaustralien. Die Macadamianuss wird in zahlreichen subtropischen und<br />

tropischen Ländern angebaut.<br />

Nutzwert: Die Samen werden als sehr hochwertige Nüsse verkauft. Sie werden maschinell geschält,<br />

in Pflanzenöl geröstet, gesalzen und verpackt. Man kann die Samen auch roh essen. Lokal wird aus<br />

ihnen ein Öl gepresst, welches für Salat verwendet wird. Früher wurde aus den Kernen ein Getränk<br />

hergestellt, das als Mandelkaffee angeboten wurde.<br />

Allgemeines: Der Ölgehalt der Macadamianüsse beträgt etwa 70 – 75 %. Sie sind reich an einfach<br />

ungesättigten Fettsäuren. 100 g Nüsse haben einen Energiegehalt von etwa 700 kcal.<br />

Ein Großteil der Nüsse stammt aus Australien. Neuerdings gibt es neue Plantagen im Süden der USA,<br />

Mittelamerika und Zimbabwe.<br />

123


Stefanie Pichler, Roswitha Stieglmayer<br />

Tropische Früchte, Kräuter und Gewürze<br />

Die Gattung besteht aus zehn Arten. In Australien wird auch M. tetraphylla als Nutzpflanze angebaut.<br />

Die Früchte benötigen etwa 6 – 7 Monate bis zur Reife. Man sammelt sie vom Boden auf und lässt sie<br />

dann sechs Wochen trocknen, bevor sie weiterverarbeitet werden.<br />

5.2.20 Rubiaceae: Krappgewächse<br />

KAFFEESTRAUCH (COFFEA ARABICA)<br />

Namen: coffee (E), café (S, F)<br />

Früchte: Rund oder oval, bei Reife dunkelrot gefärbte Steinfrüchte (Kaffeekirschen). Die äußere<br />

ledrige Fruchtwand umschließt ein saftiges Fruchtfleisch, in das ein oder meist zwei einseitig<br />

abgeflachte Samen (Kaffeebohnen) eingebettet sind.<br />

Verbreitung: Die Heimat von C. arabica liegt im östlichen Afrika.<br />

Nutzwert: Aus den Kaffeebohnen, die 1 – 3 % Koffein enthalten, wird der Kaffee hergestellt.<br />

Gepflückt werden nur die vollreifen Früchte. Ein geübter Pflücker kann etwa 50 kg Früchte pro Tag<br />

ernten. Danach wird das Fruchtfleisch entfernt. Dies geschieht entweder durch Trockenen (15 – 25<br />

Tage) und anschließendem Entfernen der äußeren Fruchtschichten oder durch das sogenannte „Nasse<br />

Verfahren“. Dabei wird das Fruchtfleisch maschinell von den Samen getrennt. Danach müssen die<br />

Kaffeebohnen noch von der Pergamenthaut, die die Samen umgibt, befreit werden. Anschließend<br />

gelangt der grüne Kaffee als Rohkaffee in den Export. Für die Entwicklung des Kaffeearomas muss<br />

der Rohkaffee bei 200 – 250 °C geröstet werden.<br />

Allgemeines: Etwa drei Viertel (74 %) der weltweiten Kaffeeproduktion stammen von C. arabica<br />

(Arabica-Kaffee). Hauptproduzenten von Kaffee sind Brasilien, Kolumbien, die Elfenbeinküste und<br />

Indonesien. Der Kaffee gelangte gegen Ende des 16. Jahrhunderts nach Westeuropa. Heute werden<br />

jährlich mehr als 6 Mio. t Kaffee produziert.<br />

5.2.21 Rutaceae: Rautengewächse<br />

BITTERORANGE (CITRUS AURANTIUM)<br />

Namen: sour orange (E), najanja amarga (S), khatta (Ind.)<br />

Früchte: Kugelige oder ovale, 7 – 9 cm große, orangefarbene Zitrusfrucht. Die Schale ist dick und<br />

unregelmäßig geformt. Die Frucht schmeckt sehr bitter. Das Fruchtfleisch ist in 10 – 12 Segmente<br />

unterteilt und schmeckt sauer.<br />

Verbreitung: Die Bitterorange ist in Südostasien heimisch. Sie wird seit etwa 1.000 Jahren in Italien<br />

kultiviert.<br />

Nutzwert: Die Früchte sind sehr sauer und werden nur selten als Obst gegessen. In Mexiko isst man<br />

die Früchte jedoch mit Salz und scharfer Chilipaste. In Spanien benutzt man den Saft zum Würzen von<br />

Fischgerichten. In Ägypten wird aus dem fermentierten Saft ein Wein hergestellt. Aus dem<br />

Fruchtfleisch und Schalenstücken lässt sich eine sehr schmackhafte Marmelade bereiten. Die<br />

Bitterorange ist für diesen Zweck die am besten geeignete Zitrusfrucht. Aus der Fruchtschale wird ein<br />

aromatisches Öl gewonnen, welches als Aromatikum für Speiseeis, Süßigkeiten, Backwaren,<br />

Erfrischungsgetränke und Kaugummi verwendet wird. Das Öl ist ein wichtiger Bestandteil bitterer<br />

Liköre wie z.B. Curaçao. Aus den Blüten wird ebenfalls ein Öl (Neroliöl) gewonnen, welches<br />

unverzichtbarer Rohstoff in der Parfümindustrie (Eau de Cologne) ist. Aus den Blättern wird das<br />

Petitgrainöl gewonnen, welches in Nahrungsmitteln zum Verstärken des Fruchtgeschmackes<br />

verwendet wird.<br />

In der Volksmedizin wird der Saft zum Desinfizieren von Wunden benutzt.<br />

Allgemeines: Der Baum ist von Arabern im 9. Jh. nach Europa gebracht worden. Mit den<br />

Konquisatoren gelangt er im 16. Jh. nach Amerika.<br />

GRAPEFRUIT (CITRUS X PARADISI)<br />

Namen: toronja (S)<br />

Früchte: kugelige oder leicht abgeflachte, gelbe Beerenfrüchte. Die Schale ist relativ dünn. Das<br />

blassgelbe, rosafarbene oder rote und sehr saftige Fruchtfleisch, welches in 11 – 14 Segmente<br />

gegliedert ist, besteht aus zahlreichen Saftschläuchen. Der Geschmack der reifen Frucht ist<br />

süßsäuerlich mit leicht bitterem Nachgeschmack.<br />

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Stefanie Pichler, Roswitha Stieglmayer<br />

Tropische Früchte, Kräuter und Gewürze<br />

Verbreitung: Die Kreuzung C x paradisi ist auf den Westindischen Inseln entstanden. Sie wird heute<br />

in vielen Ländern der warmen Tropen als Obstgehölz angebaut.<br />

Nutzwert: Die Früchte, die reich an Vitamin A und C sind, werden vornehmlich frisch verzehrt. Sie<br />

werden durchgeschnitten, mit etwas Zucker bestreuet und segmentweise ausgelöffelt. Die Segmente<br />

werden häufig in Obstsalaten verwendet. In Australien bereitet man aus der Frucht eine Marmelade zu.<br />

Die weiße Schicht, die das Fruchtfleisch umgibt, enthält Naringin. Dieser Stoff wird als bitterer<br />

Aromastoff für Getränke, Bitterschokolade und Speiseeis verwendet. Ferner wird daraus ein Süßstoff<br />

hergestellt, der etwa 1.500-mal süßer ist als Zucker.<br />

Allgemeines: Die Grapefruit wurde zuerst 1750 von Griffith Hughes auf Barbados beschrieben. In den<br />

letzten 75 Jahren hat die Bedeutung der Frucht extrem zugenommen und zählt heute zu einer der<br />

wichtigsten Tropfenfrüchte.<br />

Häufig wird die Grapefruit mit der Pampelmuse (C. maxima) verwechselt, von der sie abstammt. Die<br />

grünlichgelb gefärbte Pampelmuse, die aus Südostasien stammt, ist jedoch deutlich größer (10 – 30<br />

cm), und hat eine viel dickere Schale.<br />

KUMQUAT (FORTUNELLA MARGARITA)<br />

Namen: laranja de ouro (S), kin kuit (Ind.), chu tsu (Ind.)<br />

Früchte: Ovale oder runde Zitrusfrüchte, 2 – 4 cm lang, mit gelborange oder orangefarbener, glatter,<br />

süßlich schmeckender Fruchtschale. Das Fruchtfleisch ist in 3 – 6 Segmente gegliedert; saftig,<br />

aromatisch duftend, säuerlich.<br />

Verbreitung: Die Kumquat stammt aus dem südlichen China.<br />

Nutzwert: Die angenehm fruchtig schmeckenden Früchte werden frisch mit der Schale gegessen.<br />

Ganze Früchte können in Sirup eingelegt werden. Taiwan und China exportieren Kumquats in Dosen.<br />

Auf Märkten werden oft kandierte Kumquats verkauft. Die Früchte eignen sich hervorragend für die<br />

Zubereitung von Marmeladen. Als Pickles kocht man sie zusammen mit Sirup, Essig, Gewürznelken,<br />

Zimt und Zucker. Kumquatsoße bereitet man aus zerhackten Früchten zu, die mit Honig, Orangensaft,<br />

Salz und Butter gekocht werden.<br />

Allgemeines: Hauptproduzenten von Kumquats sind China, Japan, Brasilien, die USA und Israel. Die<br />

Gattung besteht aus sechs Arten, die alle in Ostasien heimisch sind.<br />

LIMETTENBAUM, MEXIKANISCHE LIMETTE (CITRUS AURANTIIFOLIA)<br />

Namen: lemon (E), Mexican lime (E), citron (S), lima (S), limon (S), limon criollo (S)<br />

Früchte: Runde, bis 6 cm Durchmesser erreichende Beerenfrüchte. Schale glatt oder leicht rau mit<br />

Öldrüsen. Bei Reife verfärbt sich die Frucht von grün nach gelb. Das Fruchtfleisch ist blassgrün und<br />

schmeckt säuerlich und sehr aromatisch.<br />

Verbreitung: Die Art ist wahrscheinlich in Südostasien beheimatet. Heute ist der Limonenbaum in<br />

den gesamten Tropen weit verbreitet und oft verwildert.<br />

Nutzwert: Die Früchte haben eine Vielzahl von Verwendungsmöglichkeiten. Sie werden unreif, vor<br />

allem zum Würzen von Speisen und Getränken, verwendet. Aus Limetten werden Gelees,<br />

Marmeladen und Süßspeisen hergestellt. In Indien werden sie als Pickles eingelegt. Mit Limettensaft<br />

wird in Süd- und Mittelamerika Fisch mariniert. Dieses Gericht wird als „ceviche“ bezeichnet. Dazu<br />

wird der Fisch zu Würfeln geschnitten und für mehrere Stunden zusammen mit Zwiebeln,<br />

Korianderblättern und Gewürzen im Limettensaft mariniert. Der Saft, der große Mengen Vitamin C<br />

(30 – 50 mg / 100 g) enthält, wird in der Volksmedizin als Mittel gegen Durchfall und zur<br />

Blutreinigung sowie bei Leberbeschwerden benutzt. Aus der Fruchtschale gewinnt man durch<br />

Destillation Limettenöl. Dieses wird als Aromastoffe für Speiseeis, Konfekt und andere Lebensmittel<br />

industriell verwertet.<br />

Allgemeines: Die Hauptanbaugebiete der Limette befinden sich in Mexiko und auf den karibischen<br />

Inseln. Zitrusfrüchte gehören zu den ältesten Obstarten, die in China bereits vor mehr als 2000 Jahren<br />

kultiviert wurden. Neben der Limette sind vor allem die Orange (C. sinensies), die Zitrone (C. limon)<br />

und die Mandarine (C. reticulata) von großer wirtschaftlicher Bedeutung.<br />

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Stefanie Pichler, Roswitha Stieglmayer<br />

5.2.22 Sapindaceae: Seifenbaumgewächse<br />

AKEE, AKIPFLAUME (BLIGHIA SAPIDA)<br />

Tropische Früchte, Kräuter und Gewürze<br />

Namen: vegetable brain (E), akee de Africa (S), fruta de huevo (S), abre fricasse (F)<br />

Früchte: Birnenförmig mit drei Ausbuchtungen, 7 – 8 cm Durchmesser. Die Frucht verfärbt sich bei<br />

Reife von rosa nach gelb. Bei Reife platzt sie mit drei Klappen auf und präsentiert drei glänzende,<br />

schwarze Samen, die an einem fleischigen, blassgelben Arillus haften.<br />

Verbreitung: Die Art ist in Westafrika heimisch. Als Zier- und Obstpflanze ist die Akipflaume in<br />

vielen tropischen Ländern verbreitet. Besonders häufig ist der Baum in Jamaika, wo er die<br />

Nationalfrucht ist.<br />

Nutzwert: Der Arillus der reifen, geöffneten Früchte ist essbar und ein weit verbreitetes Obst.<br />

Allerdings ist der Zeitpunkt der Ernte wichtig. Unreife oder zu früh geerntete Früchte, sowie die<br />

Samen, sind stark giftig. Jedes Jahr kommt es zu mehreren fatalen Vergiftungsfällen. Die Früchte<br />

werden als Konserven exportiert. Die schmackhaften Fürchte serviert man in Jamaika auch als<br />

Gemüsebeilage zusammen mit Zwiebeln und Tomaten zu Fisch. In Salzwasser gekocht schmeckt der<br />

Arillus ähnlich wie Rührei.<br />

In Afrika benutzt man die unreifen Früchte als Fischgift.<br />

Allgemeines: Die Gattung Blighia ist nach dem englischen Seemann Kapitän Bligh, besagter Kapitän,<br />

der die Meuterei auf der Bounty heraufbeschwor, benannt.<br />

Eine verwandte Art ist die Litchi (Litchi chinensis), die aus dem südlichen China stammt und wegen<br />

ihrer schmackhaften, süßsauren Früchte bekannt ist.<br />

Zu der gleichen Familie gehört Paullinia cupana, aus der das Guaraná hergestellt wird. Dieses<br />

Getränk wirkt wegen seines Koffeingehaltes sehr anregend und ist in Brasilien ein verbreitetes<br />

Erfrischungsgetränk.<br />

RAMBUTAN (NEPHELIUM LAPPACEUM)<br />

Namen: rass butan (E), rambutan (S), Mamón chino (S)<br />

Frucht: Die runden bis ovalen Rambutan-Früchte wachsen in bis zu 25 m langen, hängenden,<br />

verzweigten Fruchtständen. Die Einzelfrüchte sind sehr kurz und dick gestielt, bis 7 x 5 cm groß, erst<br />

grün, dann gelb und orange, zur Reife kräftig rot bis schwärzlich rot und 15 – 100 g schwer. Ihre etwa<br />

2 mm dicken, derben, kahlen, leicht zu lösenden Schalen sind dicht mit abstehenden, bis zu 2 cm<br />

langen, dünnen, an der Spitze meist leicht hakigen, weichen Stacheln besetzt, die der Frucht ihren<br />

Namen verleihen (malaiisch / indonesisch „rambut” = Haare). Unter der Schale findet sich der essbare,<br />

glasig-weiße, manchmal leicht rötliche, saftige Samenmantel, der von angenehm süßsaurem,<br />

aromatischem Geschmack und fester, kirschähnlicher Konsistenz ist. Fest an dem Fruchtfleisch haftet<br />

ein länglicher, ovaler, etwa 3 x 1,2 cm großer Same mit bräunlicher oder weißlicher Schale. Dicht<br />

neben der voll entwickelten Schale sitzen oft 1 – 2 verkümmerte, winzige Früchte.<br />

Verbreitung: Die Art ist in den Tieflandregenwäldern der Malaiischen Halbinsel heimisch und wird<br />

in Südostasien weithin kultiviert. In geringerem Umfang wird auch in Indien, auf Sri <strong>La</strong>nka und den<br />

Philippinen, in Nordaustralien, Ostafrika und in Mittel- und Südamerika angebaut.<br />

Nutzwert: Rambutan zählt zu dem beliebtesten Obst Südostasiens. Seine Früchte werden<br />

überwiegend aus der Hand gegessen. Die ungenießbare Schale lässt sich leicht entfernen, wenn sie mit<br />

einem Messer aufgeschlitzt wird. Sie haftet nicht an dem essbaren und sehr schmackhaften<br />

Fruchtfleisch. Geschälte und entkernte Früchte werden mit Zucker gekocht als Dessert gegessen oder<br />

zu Marmelade und Gelee verarbeitet. Die Samen haben ein bitter-nussiges Aroma und sind roh<br />

schwach giftig; auf den Philippinen werden sie geröstet verzehrt. Der Wurzelsud wird zum Senken<br />

von Fieber verwendet, Breiumschläge aus den Blättern zur Behandlung von Kopfschmerzen. Aus den<br />

Samen wird Talg für die Herstellung von Seife und Kerzen gewonnen.<br />

126


Stefanie Pichler, Roswitha Stieglmayer<br />

Tropische Früchte, Kräuter und Gewürze<br />

Akipflaume (Blighia sapida)<br />

Links: Rambutan<br />

(Nephelium lappaceum)<br />

Roberts Fruitgarden; Roberts<br />

Schwiegertochter beim Zubereiten<br />

verschiedenster tropischer Gemüse- und<br />

Obstsorten die anschließend genüsslich<br />

von uns verspeist wurden.<br />

5.2.23 Sapotaceae: Breiapfelgewächse<br />

GROßE SAPOTE (POUTERIA SAPOTA)<br />

Namen: mammee apple (E), marmelade fruit (E), chacal (S), zapote (S), grand sapotillier (F)<br />

Früchte: Die runde, ovale bis zugespitzt eiförmige, einsamige Beere ist bis zu 20 cm lang und 8 cm<br />

breit. Ihre 1,5 mm dicke, derbe Schale ähnelt Wildleder; sie ist rau und von brauner Farbe, zur<br />

Vollreife mit leichter Rottönung. Das Fruchtfleisch weist reif eine kräftige orangerote Färbung auf. Es<br />

ist sehr saftig, von weicher, breiig-faseriger Konsistenz, fruchtigem Geruch und sehr süßem<br />

Geschmack. Der karamellfarbige, bis 10 x 3 cm große Samen hat eine harte, holzige, glatte, stark<br />

glänzende, kastanienbraune Schale und einen für die Breiapfelgewächse charakteristischen breiten,<br />

leicht rauen, hell bräunlichen Längssteifen (Hilum). Der kurze, kräftige Stiel sitzt mit einer etwa 1,2<br />

cm breiten, runden Scheibe an der Frucht. Er ist wie die Fruchtschale braun und rau.<br />

Verbreitung: Der Baum ist im feucht-tropischen Tiefland vom südlichen Mexiko bis Nicaragua<br />

beheimatet. Er wird auch auf den Karibischen Inseln und in Südamerika kultiviert und seltener in<br />

Südostasien, vor allem auf den Philippinen, angebaut.<br />

Nutzwert: Die Große Sapote ist ein in Mittelamerika und auf den Karibischen Inseln hoch geschätztes<br />

Obst. Das reife, weiche Fleisch vollreifer Früchte wird aus der Schale gelöffelt. Es kann zur<br />

Herstellung von Marmelade oder püriert mit Wasser oder Milch als Saft getrunken und in Süßspeisen<br />

verarbeiten werden. Auch der Kern des Samens ist essbar. Er wird, gekocht, geröstet und mit Kakao<br />

gemischt, bei der Schokoladenherstellung verwendet oder gemahlen als Zutat in Konfekt gegeben.<br />

Unreife Früchte enthalten viel Gerbsäure, sind stark adstringierend und ungenießbar.<br />

5.2.24 Solanaceae: Nachtschattengewächse<br />

LULU-FRUCHT, NARANJILLA (SOLANUM QUITOENSE)<br />

Namen: naranjilla (S, E), lulo (S)<br />

Früchte: Kugelige, etwa 5 cm große, orange gefärbte Beerenfrüchte. Die Frucht ist mit feinen<br />

braunen Haaren besetzt. Bei Früchten, die auf den Märkten angeboten werden, sind die Haare meist<br />

entfernt worden.<br />

Verbreitung: Die Naranjilla ist in den Anden Kolumbiens und Ecuadors heimisch. Als Nutzpflanze<br />

ist die Art in verschiedenen Ländern Mittel- und Südamerikas verbreitet.<br />

Nutzwert: Die sehr aromatischen und etwas säuerlich schmeckenden Früchte sind hervorragend für<br />

die Zubereitung von Fruchtsäften und Marmeladen geeignet. Die Schale der Frucht muss zuvor<br />

entfernt werden, da sie leicht giftig ist. Der Fruchtsaft kann nicht lange aufbewahrt werden, da er sich<br />

bei Kontakt mit der Luft rasch braun verfärbt. Die Früchte werden für Eiscreme, Soßen und Kompott<br />

verwendet. In Kolumbien wird aus den Früchten ein Wein hergestellt.<br />

127


Stefanie Pichler, Roswitha Stieglmayer<br />

Tropische Früchte, Kräuter und Gewürze<br />

5.3 TROPISCHE KRÄUTER UND GEWÜRZE<br />

5.3.1 Apiaceae: Doldenblütler<br />

CULANTRO (ERYNGIUM FOETIDUM)<br />

Namen: fit weed (E), spirit weed (E), cilantro (S), culantro (S), azier la fièvre (F)<br />

Blätter: In grundständiger Rosette, Blattspreite lanzettlich oder spatelförmig, dünn, glänzend.<br />

Verbreitung: Die Art kommt vom südlichen Mexiko bis Bolivien und Brasilien vor. In Florida und in<br />

den Tropen Asiens und Afrikas wurde E. foetidum eingeführt und ist dort oft verwildert.<br />

Nutzwert: Die Blätter werden in der Region frisch als Gewürz verwendet, vor allem zum Würzen von<br />

Fischgerichten, Salaten, Suppen und Eintöpfen. Die Blätter haben einen sehr intensiven<br />

charakteristischen, herben Geschmack. In der Volksmedizin werden Auszüge aus der Pflanze zur<br />

Anregung des Appetits und gegen Erkältungen angewendet.<br />

Allgemeines: Die Blätter von E. foetidum, die im Geschmack Korianderblättern ähneln, haben einen<br />

hohen Gehalt an Calcium, Eisen und Riboflavin.<br />

Neben dem Culantro werden auch die Blätter des Korianders (C. sativum) zum Würzen von Speisen<br />

verwendet. Die Samen, die reich an ätherischen Ölen sind, werden unreif geerntet und in der Sonne<br />

getrocknet.<br />

5.3.2 Asteraceae: Korbblütler<br />

SAFLOR (CARTHAMUS TINCTORIUS)<br />

Namen: safflower (E), càrtamo (S), alazor (S), carthame (F)<br />

Blüten: In endständigen orangeroten oder gelben Köpfchen, die aus zahlreichen, dicht gedrängt<br />

stehenden Einzelblüten bestehen und den Eindruck einer einzelnen Blüte hervorrufen.<br />

Verbreitung: Der Saflor stammt aus Vorderasien. Er wird dort seit dem Altertum angebaut. Erst ab<br />

1948 ist der Saflor zu wirtschaftlicher Bedeutung angelangt.<br />

Nutzwert: Ursprünglich wurden die Blüten zum Färben von Speisen und Stoffen benutzt. Saflor wird<br />

heute noch im Mittelmeergebiet und in Indien als „Wilder Safran“ verwendet. Vorübergehend wurde<br />

das aus den Samen gewonnene Öl für die Herstellung von Farben verwendet. Es trocknet schnell und<br />

dunkelt nicht nach. Heute wird das Öl überwiegend als Speiseöl genutzt. Die gerösteten Samen<br />

werden als Nüsse gegessen. Die jungen Triebe isst man gedünstet als Gemüse. Stachellose Sorten<br />

dienen als Viehfutter.<br />

Allgemeines: Das Öl der Samen, die etwa 30 – 48 % Öl enthalten, besteht zu 73 % aus Linolsäure.<br />

Als die gesundheitliche Bedeutung der Linolsäure bekannt wurde, stieg die Produktionsmenge von<br />

Safloröl sprunghaft an. Hauptproduzenten sind Mexiko und Indien. Die Gesamtproduktion aller<br />

Länder beträgt etwa 900.000 t. Die Produktionsflächen werden ständig ausgebaut. Neuerdings wird<br />

der Saflor auch in Spanien und Australien kultiviert. Die Pflanze benötigt für ein optimales Wachstum<br />

ein mediterranes Klima. Der relativ hohe Preis für das Safloröl resultiert aus den geringen Erträgen<br />

von nur etwa 600 kg pro Hektar Anbaufläche.<br />

5.3.3 Equisetaceae: Schachtelhalmgewächse<br />

SCHACHTELHALM (EQUISETUM ARVENSE)<br />

Namen: Zinnkraut, Ackerschachtelhalm<br />

Die Pflanze ist an Wegrändern, Dämmen, auf Wiesen und in Feuchtgebieten zu finden. Nur die ab Mai<br />

austreibenden grünen Stängel sind heilkräftig. Von ihnen werden die oberen zwei Drittel von Juni bis<br />

Oktober gepflückt. Der Schachtelhalm wirkt entwässernd. Die Pflanze wird auch in der Homöopathie<br />

verwendet.<br />

Inhaltsstoffe: Fast 8 % Kieselsäure, mineralische Bestandteile<br />

Anwendungen: Als Teeaufguss kommt der Schachtelhalm als Durchspülungstherapie bei<br />

Nierenentzündungen und Nierengrieß zur Anwendung. Bewährt hat sich auch der Einsatz bei<br />

128


Stefanie Pichler, Roswitha Stieglmayer<br />

Tropische Früchte, Kräuter und Gewürze<br />

rheumatischen Beschwerden und bei chronischem Husten. Als Wickel aufgelegt, zeigt die Pflanze<br />

unterstützende Wirkung bei der Wundheilung.<br />

5.3.4 <strong>La</strong>miaceae: Lippenblütler<br />

PFEFFERMINZE (MENTHA PIPERITA)<br />

Namen: mint (E)<br />

Die Pfefferminze ist eine Kreuzung aus grüner Minze und Wasserminze. Sie wird seit etwa 1780 in<br />

Deutschland kultiviert und gilt als eines der bewährtesten Heilmittel der Volksmedizin. Die Pflanze<br />

wird bis zu 80 cm hoch. Sie hat fast kahle, glänzende Stängel und gestielte Blätter. Die rötlich<br />

lilafarbenen Blüten stehen sehr dicht in ährenförmigen Blütenständen. Heilkräftig sind die<br />

Pfefferminzblätter. Die Heilpflanze wird auch in der Homöopathie (vor allem Erkältungskrankheiten)<br />

verwendet.<br />

Inhaltsstoffe: Ätherisches Öl (vor allem Menthol), Gerbstoffe (u.a. Rosmarinsäure), Flavonoide<br />

Anwendung: Die Pfefferminze besitzt eine krampflösende, entblähende und magenfreundliche<br />

Wirkung, und hilft deshalb bei krampfartigen Beschwerden im Bereich des Magen-Darm-Trakts (z.B.<br />

Blähungen), sowie bei Leber- und Gallenblasenerkrankungen.<br />

5.3.5 <strong>La</strong>uraceae: Lorbeergewächse<br />

CEYLONZIMT, ECHTER ZIMT (CINNAMOMUM ZEYLANICUM)<br />

Namen: cinnamon (E), canela (S), canelle (F)<br />

Verbreitung: Der Ceylonzimt stammt aus Sri <strong>La</strong>nka. Er wird heute in vielen tropischen Ländern<br />

angebaut.<br />

Nutzwert: Als Gewürz wird die geschälte und getrocknete Rinde des Stammes und der Zweige<br />

verwendet. Dazu nimmt man die Rinde von 6 – 8-jährigen Bäumen und deren ein- bis zweijährigen<br />

Stockausschlägen. Nach dem Trocknen rollt sich die Rinde zu engen Röhren auf. Zimt wird als<br />

vielseitiges Gewürz für Süßspeisen, Backwaren, Suppen und Getränken verwendet. Es ist eine<br />

wichtige Zutat für Curry-Gewürzmischungen und wird als Aromatikum in der Likör- und<br />

Parfümherstellung genutzt. Zimt ist in Form von Rindenstücken oder gemahlen erhältlich. Als<br />

Qualtitätsmerkmal gilt, dass die dünnsten Rindenstücke das feinste Aroma haben.<br />

Die unreifen und getrockneten Früchte werden ebenfalls als Gewürz („flores cassiae“) gehandelt.<br />

Allgemeines: Als Gewürz wird die Rinde von verschiedenen Cinnamomum-Arten genutzt. Der<br />

Ceylonzimt wird in sogenannten Zimtgärten, wie in Mitteleuropa die Korbweiden, angebaut. Im<br />

Welthandel hat der Chinesische Zimt (C. aromaticum) die größte Bedeutung. Er ist durch den höheren<br />

Gehalt an ätherischen Ölen im Aroma kräftiger als der Ceylonzimt. Das Gleiche gilt auch für den<br />

Padan- oder Brumazimt (C. burmannii) und den Saigonzimt (C. loureirii). In Europa wird der feine<br />

Geschmack des Ceylonzimts am meisten geschätzt.<br />

Der Zimt hat als Gewürz eine sehr lange Geschichte. In China soll er bereits im 3. Jahrtausend vor<br />

Christus bekannt gewesen sein. Das Zimtöl, welches aus dem Chinesischen Zimt gewonnen wird, war<br />

Bestandteil des Weihrauches, der in Tempeln verbrannt wurde. Es wurde auch zur Salbung des Hohen<br />

Priesters Aaron und seiner Söhne verwendet.<br />

5.3.6 Liliaceae: Liliengewächse<br />

ALOE VERA (A. VERA)<br />

Namen: Aloe vera<br />

Verwendete Teile: Bittersaft und Gel.<br />

Wirkstoffe: Bittersaft (Drogenbezeichung Aloe): Anthrachinon-Glykoside und freie Anthrachinone,<br />

Harze. Gel: Glucomannan, ein dem Guarmehl und Johanissbrotmehl ähnelndes Polysaccarid;<br />

angeblich auch Sterine; organische Säuren, Enzyme, antibiotische Substanzen, Aminosäuren,<br />

Saponine, Mineralstoffe.<br />

Anwendung: Die Aloe liefert zwei verschiedene Heilmittel: Der Saft wird gewonnen, indem man die<br />

Blätter unten abschneidet und den herausfließenden Saft auffängt. Das Gel wird extrahiert, indem man<br />

129


Stefanie Pichler, Roswitha Stieglmayer<br />

Tropische Früchte, Kräuter und Gewürze<br />

die ganzen Blätter zerquetscht. Der Saft ist ein stark wirksames Abführmittel und eignet sich kaum für<br />

medizinische Zwecke.<br />

Das Gel aber ist eine der bemerkenswertesten Heilsubstanzen, die man kennt. Lokal angewendet,<br />

fördert es die Regeneration der Haut und kann direkt auf Verbrennungen, auf Schnittverletzungen und<br />

Wunden gestrichen werden. Das käufliche Gel ist wegen der für die Extraktion benutzten scharfen<br />

Lösungsmittel oft unzuverlässig. Aloe lässt sich jedoch leicht als Zimmerpflanze halten.<br />

5.3.7 Myristicaceae: Muskatnussgewächse<br />

MUSKATNUSS (MYRISTICA FRAGRANS)<br />

Namen: nutmeg (E), nuez moscada (S), noix de muscade (F)<br />

Früchte: Einsamige, etwa aprikosengroße, gelbe, weichfilzige Beeren. Das derbe Fruchtfleisch öffnet<br />

sich zur Reife mit einem Längsriss und zeigt einen braunen Samen, der von einer glänzenden Schale<br />

und einem tiefroten, geschlitzten Samenmantel (Arillus) umgeben ist. Der Same wird<br />

fälschlicherweise als Nuss bezeichnet.<br />

Nutzwert: Die Samen sind ein bedeutendes Gewürz. In den Handel gelangen die von Samenschale<br />

und Samenmantel befreiten Samen. Sie werden vor dem Verkauf vier bis acht Wochen getrocknet und<br />

dann gekalkt. Die getrockneten Samenmäntel werden als Mazis bezeichnet. Man verwendet es als<br />

Gewürz für Nudelgerichte, Gemüse, Salat, Suppen und Backwaren (Lebkuchen). Durch Destillation<br />

erhält man aus den Samen das Muskatnussöl, welches in der Parfümindustrie verwendet wird. Das<br />

Fruchtfleisch wird in Südostasien zu Konfitüre verarbeitet oder süßsauer eingelegt.<br />

Allgemeines: Die Samen enthalten das ätherische Öl Myristicin, welches hauptsächlich für den<br />

einzigartigen Geschmack verantwortlich ist. In größeren Mengen genossen haben Muskatnüsse eine<br />

halluzinogene Wirkung und sind toxisch.<br />

Als Muskatnüsse werden die Samen von verschiedenen Myristica-Arten gehandelt. Aus Neuguinea<br />

stammt die Papua-Muskatnuss (M. argentea), die vor allem auf Celebes angebaut wird. Sie ist relativ<br />

weich und fettreich. Auf den Molukken wird M. succedanea (Halmahera-Muskatnuss) mit kleinen,<br />

aber sehr aromatischen Samen, kultiviert.<br />

Hauptanbaugebiet von Muskatnüssen sind Indonesien, Indien und die Westindischen Inseln.<br />

5.3.8 Myrtaceae: Myrtengewächse<br />

EUKALYPTUS (EUCALYPTUS GLOBULUS)<br />

Namen: blue gum (E), gum tree (E), eucalipto (S), ocalito (S)<br />

Blätter: Junge Blätter gegenständig, ungestielt, eiförmig. Blattspreite silbriggrau, 7 – 15 cm lang und<br />

bis zu 5 cm breit. Blätter an ausgewachsenen Bäumen wechselständig, lanzettlich, bis zu 30 cm lang<br />

und 5 cm breit.<br />

Verbreitung: Die Art ist in der Verbreitung auf Australien und Tasmanien beschränkt. Heute wird der<br />

Eukalyptus in den gesamten Tropen angepflanzt und ist vielerorts verwildert.<br />

Nutzwert: In erster Linie wird die Art als Holzlieferant genutzt. Der Baum ist sehr schnell wachsend<br />

und liefert gerade, lange Stämme. Das Holz ist hart und eignet sich sehr gut für Pfähle, Möbel und den<br />

Schiffsbau. Die Blätter enthalten, wie alle Pflanzenteile, ätherische Öle. Dieses Öl besteht bis zu 80 %<br />

aus Eucalyptol, welches eine antibiotische Wirkung hat. Aus diesem Grund wird es bei<br />

Atemwegserkrankungen und als Antiseptikum verwendet.<br />

Allgemeines: Die Gattung Eucalyptus besteht aus mehr als 500 Arten, die bis auf zwei Ausnahmen,<br />

alle aus Australien stammen. Fast alle Arten liefern dauerhafte und harte Hölzer. Die ätherischen Öle<br />

werden von der Kosmetik- und Pharmaindustrie für die Herstellung verschiedener Produkte<br />

verwendet. Eukalyptusbäume gehören zu den höchsten Bäumen der Welt. E. regnans kann bis zu 115<br />

m Höhe erreichen. Die Anpflanzung von E. globulus in vielen tropischen Ländern liefert zwar schnell<br />

viel Holz, bringt jedoch auch ökologische Probleme mit sich. Die Bäume verbrauchen sehr viel<br />

Wasser und verhindern dadurch in ihrem Bereich jeglichen anderen Bewuchs.<br />

130


Stefanie Pichler, Roswitha Stieglmayer<br />

5.3.9 Piperaceae: Pfeffergewächse<br />

PFEFFER (PIPER NIGRUM)<br />

Tropische Früchte, Kräuter und Gewürze<br />

Namen: pepper (E), pimienta (S), poivre (F)<br />

Früchte: Einsamige Steinfrüchte, die je nach Reifegrad grün oder rot gefärbt sind.<br />

Verbreitung: Der Pfeffer stammt aus dem südwestlichen Indien (Malabarküste).<br />

Nutzwert: Der Pfeffer ist eines der wirtschaftlich wichtigsten Gewürze. Er wird zum Würzen der<br />

verschiedensten Speisen verwendet. Pfefferkörner, die einen brennend scharfen Geschmack haben,<br />

werden ganz, geschrotet oder gemahlen angeboten. Grüner, unreifer Pfeffer wird viel in pikanten<br />

Soßen für Fleischgerichte benutzt. Grüner Pfeffer muss sofort nach der Ernte in Salzlake oder Öl<br />

aufbewahrt werden, da er sonst durch Oxidationsprozesse schnell braun wird. Schwarzer Pfeffer sind<br />

unreif geerntete Früchte, die durch den Trocknungsprozess eine schwarze Färbung und eine<br />

schrumpelige Oberfläche erhalten. Weißer Pfeffer wird aus reifen Früchten gewonnen, bei denen das<br />

Fruchtfleisch maschinell entfernt wird. Weißer Pfeffer ist im Allgemeinen aromatischer als Schwarzer<br />

Pfeffer.<br />

Allgemeines: Für den scharfen Geschmack des Pfeffers ist neben Aromastoffen das Säureamid<br />

Piperin verantwortlich, welches im Pfeffer zu 5 – 10 % enthalten ist. Die Weltproduktion an Pfeffer<br />

beträgt mehr als 200.000 t. Hauptexportländer sind Indonesien, Malaysia und Indien.<br />

Aloe vera geschält<br />

Viola sp. (Verwandte der Muskatnuss)<br />

5.3.10 Poaceae: Süssgräser<br />

LIMONENGRAS, SEREH (CYMBOPOGAN CITRATUS)<br />

Rechts: Pfeffer<br />

(Piper nigrum)<br />

Namen: fever gras (E), lemongras (E), citronella (S), hierba de limon (S)<br />

Verbreitung: Der Ursprung der Art ist unbekannt. Wahrscheinlich liegt die Heimat des<br />

Limonengrases im tropischen Amerika.<br />

Nutzwert: Die frischen Blätter werden für die Zubereitung eines aromatischen Tees verwendet. Für<br />

die Zubereitung des Tees genügen bereits wenige Blätter. Kalt wird der Tee als erfrischendes Getränk<br />

an heißen Tagen genossen. Darüber hinaus benutzt man die Blätter zum Würzen von Speisen. In<br />

Südostasien dienen die Blätter als Suppengewürz. Das ätherische Öl wird für Süßigkeiten, Eiscremes<br />

und in der Getränkeindustrie als Aromamittel verwendet. Ferner dient es zum Parfümieren von Seifen<br />

und Kosmetika. Getrocknet und gemahlen ist das Limonengras als Serehpulver im Handel. Es wird als<br />

Bestandteil von Gewürzmischungen verwendet. Die Pflanze hat als Naturheilmittel große Bedeutung.<br />

Der aus den Blättern bereitete Tee wird als fiebersenkendes und erkältungsmilderndes Mittel<br />

getrunken.<br />

Allgemeines: Die Blätter enthalten neben verschiedenen ätherischen Ölen vor allem 70 – 80 % Citral,<br />

welches vornehmlich für den zitronenartigen Geschmack verantwortlich ist. Aus dem Citral wird der<br />

künstliche Veilchenduftstoff gewonnen.<br />

131


Stefanie Pichler, Roswitha Stieglmayer<br />

5.3.11 Zingiberaceae: Ingwergewächse<br />

INGWER (ZINGIBER OFFICINALE)<br />

Tropische Früchte, Kräuter und Gewürze<br />

Namen: ginger (E), gengibre (S), gingembre (F)<br />

Verbreitung: Z. officinale ist in Indien heimisch. Als wichtige Arznei- und Würzpflanze wird die Art<br />

in den gesamten Tropen angepflanzt.<br />

Nutzwert: Von der Pflanze wird vor allem das Rhizom genutzt, welches als Ingwer in den Handel<br />

gelangt. Das Rhizom hat einen sehr scharfen, brennenden Geschmack, der auf den Gehalt von<br />

Zingeron und Gingerol zurückzuführen ist. Je nach Art der Vorbehandlung unterscheidet man weißen<br />

und schwarzen Ingwer. Man verwendet ihn roh als Gemüse und zum Würzen von Speisen. Ferner<br />

wird er zu Sirup verarbeitet und dient frisch oder getrocknet und gemahlen als Bestandteil von<br />

Chutneys und Curries. Man benutzt Ingwer zum Aromatisieren von Getränken wie Ginger Ale oder<br />

Ginger Beer. Ingwer wird frisch, als Pulver, kandiert oder als Extrakt (Resinoid) gehandelt. Die<br />

Rhizome werden häufig auf Kräutermärkten als Heilmittel verkauft. Zerdrückt und auf die Haut<br />

gerieben, oder als Tee getrunken, soll der Ingwer bei Husten und Erkältungskrankheiten lindernd<br />

wirken. Ferner wendet man Ingwer zur Behandlung von Zahn- und Magenschmerzen an.<br />

Allgemeines: Die Gattung Zingiber besteht aus 85 Arten, die alle im tropischen Asien und Australien<br />

beheimatet sind. Hauptproduzenten von Ingwer sind China und Indien, die zusammen etwa 16.000 t<br />

jährlich exportieren.<br />

KARDAMOM (ELETTERIA CARDAMOMUM)<br />

Namen: cardamom (E), cardamome (F)<br />

Früchte: Länglich-ovale, 15 – 20 mm große, dreifächrige Kapseln, die bei Reife mit drei Klappen<br />

aufspringen.<br />

Verbreitung: Heimisch in Südindien und auf Sri <strong>La</strong>nka. Kardamom wird heute in vielen tropischen<br />

Ländern angebaut.<br />

Nutzwert: Kardamom wird als ganze Frucht gehandelt. Die Samen, die das eigentliche Gewürz<br />

darstellen, verbleiben bis zur Verwendung in der Kapsel. Sie haben einen aromatischen Geruch und<br />

schmecken süßlich, kräftig würzig und brennend. Man verwendet Kardamom vor allem als Küchenund<br />

Kuchengewürz in der Weihnachtsbäckerei (Pfefferkuchen). Ferner wird es für die Zubereitung<br />

von Soßen, Marinaden, Obstspeisen und für die Herstellung von Wurst- und Fleischwaren benutzt.<br />

Das Gewürz ist ein wichtiger Bestandteil von Curry-Gewürzmischungen. In den arabischen Ländern<br />

wird es zum Würzen des Kardamom-Kaffees („Ghawa“) verwendet.<br />

Allgemeines: Kardamom ist eines der feinsten und nach Safran und Vanille eines der teuersten<br />

Gewürze. Im Handel unterscheidet man den Malabar-Kardamom und den Myore-Karadamom.<br />

Hauptproduzenten sind Indien, Guatemala und Sri <strong>La</strong>nka. Etwa 80 % der Welternte stammen aus den<br />

südindischen Staaten Goorg, Madras, Merala und Mysore.<br />

Kardamomfrüchte werden kurz vor der Reife geerntet und dann getrocknet.<br />

KURKUMA, GELBWURZ (CURCUMA LONGA)<br />

Namen: turmeric (E), curcuma (S, F)<br />

Verbreitung: Die Gelbwurzel stammt aus Südostasien. Sie wird heute weltweit in den Tropen, vor<br />

allem aber in Indien angebaut.<br />

Nutzwert: Das Rhizom wird getrocknet und gemahlen als Gewürz und Färbemittel benutzt. Es hat<br />

einen aromatischen, würzigen, ingwerartigen oder leicht brennend-bitteren Geschmack und ist<br />

leuchtend gelb bis orangerot gefärbt. Man verwendet es vor allem für Curry-Gewürzmischungen, in<br />

denen es ein wesentlicher Bestandteil ist. In England benötigt man Kurkuma zur Herstellung der<br />

Worcestershire-Soße. In vielen Ländern wird das Gewürz zum Färben von Lebensmitteln, wie Soßen<br />

oder Reis, verwendet. Früher benutzte man die Gelbwurzel auch zum Färben von Stoffen.<br />

Allgemeines: Das Kurkuma ist ein sehr wichtiges Gewürz. Allein in Indien werden jährlich etwas<br />

120.000 t produziert. Weitere Produktionsländer sind Guatemala, Thailand und Sri <strong>La</strong>nka. Man<br />

unterscheidet verschiedene Handelssorten, die als Chinesische, Indische, Javanische und Westindische<br />

Kurkuma bezeichnet werden. Die Rhizome enthalten bis zu 5 % ätherisches Öl, das vor allem aus<br />

Turmeron und Zingiberen besteht. Die intensive Färbewirkung beruht auf dem Farbstoff Curcumin.<br />

132


Stefanie Pichler, Roswitha Stieglmayer<br />

Tropische Früchte, Kräuter und Gewürze<br />

In Malaysia und auf Java wird auch die verwandte Art C. mangga angebaut. Die Rhizome dieser Art<br />

haben ein mangoähnliches Aroma und werden als Gewürz genutzt. Aus Indien stammt C. amada,<br />

welches überwiegend als Gewürz zum Einlegen von Gemüse (Pickles) verwendet wird.<br />

Die Pflanzen werden durch Rhizomstücke vermehrt und können ungefähr zehn Monate nach der<br />

Pflanzung geerntet werden.<br />

Literaturangaben<br />

BLANCKE, R., (2000): Farbatlas Exotische Früchte: Obst und Gemüse der Tropen und Subtropen;<br />

Verlag Eugen Ulmer GmbH & Co KG, Stuttgart<br />

EIDEN, A., et. al, (1999): Praxisbuch der Naturheilkunde: Natürlich Gesund von A bis Z; Südwest<br />

Verlag GmbH, München<br />

MOBEY, R., McINTYRE, M., (1989): Das neue BLV Buch der Kräuter; Gesundheit, Ernährung,<br />

Schönheit, BLV Verlagsgesellschaft, München, 16, 55, 70, 82, 141, 143, 191, 206, 278<br />

133


Barbara Lukasch, Gina Philipp<br />

Reptilien und Amphibien<br />

5.4 REPTILIEN UND AMPHIBIEN<br />

5.4.1 Einleitung<br />

Die Reptilien- und Amphibienarten Costa Ricas zählen zu den bestuntersuchten Mittelamerikas. Es<br />

wurden bis jetzt etwa 222 Reptilienarten und 174 Amphibienarten gefunden. Der Artenreichtum ergibt<br />

sich auch aus der geographischen <strong>La</strong>ge des <strong>La</strong>ndes, da es sehr heterogen ist und viele verschiedene<br />

Lebensräume besitzt. Diese reichen von Flachlandküstengebieten bis hin zu Bergregenwäldern. Ein<br />

weiterer Grund für den Reichtum an Amphibien und Reptilien in Costa Rica lässt sich aus der Vermischung<br />

und dem Zusammentreffen von Tierarten aus Nord- und Südamerika erklären.<br />

5.4.2 Ausgewählte Amphibien Costa Ricas<br />

ALLGEMEINES ÜBER AMPHIBIEN<br />

Die Amphibien, auch Lurche genannt, gehören stammesgeschichtlich einer sehr alten Gruppe von<br />

Wirbeltieren an, die den Sprung vom rein aquatischen Leben im Wasser in ein Leben an <strong>La</strong>nd vollzogen<br />

hat. Demnach wird angenommen, dass die Amphibien die Basis aller anderen heute vorkommenden<br />

höheren Wirbeltiere an <strong>La</strong>nd darstellen. Amphibien kommen auf allen Kontinenten vor, von den<br />

kalt-gemäßigten bis zu den tropischen Zonen. Doch ihre Abhängigkeit von Süßwasser begrenzt ihren<br />

Lebensraum. Auch Trockengebiete und kalte Hochgebirge sind nicht geeignet für die meisten Arten.<br />

Die Schleichenlurche (Blindwühlen) sind auf die Tropen Afrikas, Asiens und Amerikas beschränkt.<br />

Salamander und Molche sind mit einigen Ausnahmen vor allem holarktisch verbreitet und Froschlurche<br />

kommen in fast allen Erdteilen und auf vielen Inseln vor. Der Schwerpunkt der Artenvielfalt<br />

befindet sich in den subtropischen und tropischen Zonen, besonders hoch ist die Biodiversität in den<br />

Tropenwäldern <strong>La</strong>teinamerikas.<br />

Im Moment sind weltweit rund 6.000 Amphibienarten bekannt. Es werden aber auch immer noch<br />

neue, bisher nicht beschriebene Arten entdeckt. Man kann die Amphibien in drei Ordnungen und 48<br />

Familien unterteilen. Die Ordnung der Schwanzlurche oder Molche (Urodela, Caudata) umfasst 9%<br />

der Amphibienarten, die Schleichenlurche oder Blindwühlen (Gymnophiona) umfassen 3% der Arten<br />

und die Froschlurche (Anura, Ecaudata) kommen auf 88% der Amphibienarten.<br />

Amphibien besitzen zwei Gliedmaßenpaare, die gleich- oder unterschiedlich lang sind, in einigen Fällen<br />

können sie aber auch zurückgebildet sein (z.B. bei Schleichenlurchen). An jeder Hand befinden<br />

sich in der Regel vier Finger, an den Füßen je fünf Zehen. Je nach Körperbau bewegen sich Amphibien<br />

an <strong>La</strong>nd kletternd, springend, schreitend oder kriechend, im Wasser schwimmend und tauchend.<br />

Der Schädel von Amphibien ist eher flach und der Knochenbau ist oft reduziert. Vor allem bei den<br />

Froschlurchen fehlen deshalb unter anderem echte Rippen. Während Froschlurche um die acht Rückenwirbel<br />

besitzen, sind es bei den Schwanzlurchen, die eher eidechsenartig aussehen, zwischen 30<br />

und 100 Rückenwirbel.<br />

Die Zähne der Tiere, falls welche vorhanden sind, befinden sich in den Kiefernknochen und im<br />

Mundhöhlendach. Sie sind klein und wurzellos und erneuern sich ständig. Amphibien können zwischen<br />

weniger als einem Zentimeter (bei manchen Froscharten) und über anderthalb Meter (bei Riesensalamandern)<br />

groß sein.<br />

Ihre Haut ist dünn, nackt und verhornt, sie kann feucht und glatt oder trocken und warzig sein. In der<br />

Unterhaut befinden sich Schleim- und Giftdrüsen, aber auch Pigmentzellen. Die Haut ist sehr wichtig<br />

für die Atmung der Tiere, für den Schutz vor Infektionen und Feinden sowie für den Wasserhaushalt,<br />

da Amphibien nicht trinken, sondern durch die Haut Wasser aufnehmen. Dieses Wasser wird dann in<br />

Lymphsäcken unter der Haut und in der Harnblase gespeichert. Durch die Wand der Harnblase kann<br />

es dem Organismus später zugeführt werden. Amphibien sind wechselwarm und haben demnach keine<br />

konstante Körpertemperatur, ihre Temperatur passt sich einfach der Umgebungswärme an.<br />

Bei vielen Arten sind die Augen gut entwickelt, da sie wichtig für den Beutefang sind. Bewegungen<br />

werden deshalb besser erkannt als ruhende Objekte.<br />

134


Barbara Lukasch, Gina Philipp<br />

Reptilien und Amphibien<br />

Amphibien sind mit wenigen Ausnahmen in mindestens einem Lebenszyklus, der Fortpflanzung,<br />

sehr eng ans Wasser gebunden. Die Eier, die <strong>La</strong>ich genannt werden, sind von gallertartigen Hüllen<br />

umgeben und werden in Gewässern abgelegt. Nur dort kann die <strong>La</strong>rvenentwicklung erfolgen, da die<br />

Eier an <strong>La</strong>nd austrocknen würden und die <strong>La</strong>rven an <strong>La</strong>nd nicht überleben könnten. Erst die erwachsenen<br />

Tiere, die diese <strong>La</strong>rvenentwicklung hinter sich gebracht haben, können das Wasser verlassen<br />

und an <strong>La</strong>nd gehen, sie halten sich aber oft in der Nähe von Gewässern auf. Als <strong>La</strong>rven besitzen die<br />

Kaulquappen noch Kiemen, als erwachsene Tiere werden einfache Lungen ausgebildet. Dieser Vorgang<br />

nennt sich Metamorphose, ist hormongesteuert und tritt erst nach einiger Zeit ein. Danach kann<br />

das Tier das Wasser verlassen. Auch die Haut verändert sich, um an <strong>La</strong>nd dem Wasserverlust entgegenzuwirken.<br />

Es kommt zu einer Verknöcherung der knorpeligen Substanz und auch die Extremitäten<br />

werden ausgebildet. Der Schwanz der <strong>La</strong>rven bildet sich am Ende der Metamorphose bei Froschlurchen<br />

zurück, bei Schwanzlurchen bleibt er erhalten, an den Augen entwickeln sich Lider.<br />

Die meisten Amphibien sind nachtaktiv, um sich vor Fressfeinden zu schützen und um so wenig<br />

Wasserverluste durch die Haut zu haben wie möglich. Die lebende Beute wird normalerweise im<br />

Ganzen aufgenommen und verschluckt. Insekten, Gliedertiere, Mollusken und Spinnen werden bevorzugt<br />

gefressen, auch Kannibalismus ist nicht selten. Viele Arten verfügen über eine im vorderen<br />

Mundbereich verwachsene, hervorschnellbare, klebrige Zunge, mit der sie ihre Beute fangen können.<br />

Lurche selbst bilden aber auch eine sehr wichtige Nahrungsgrundlage vieler anderer Tiere. Der <strong>La</strong>ich<br />

und die <strong>La</strong>rven im Wasser werden von Insektenlarven, Fischen, Wasservögeln, aber auch von anderen<br />

Amphibien gefressen. Die ausgewachsenen Tiere sind die Nahrung vieler Säugetiere, Vögel und Reptilien.<br />

Darum müssen die Amphibien für eine sehr große Nachkommenschaft sorgen, da nur sehr wenige<br />

der produzierten Eier und <strong>La</strong>rven überleben. Oft vertrauen sie auf ihre Tarnung oder flüchten, da<br />

sie, bis auf wenige Ausnahmen, über keine sehr effektiven Verteidigungsmaßnahmen verfügen.<br />

FRÖSCHE<br />

Bei Froschlurchen ist das auffälligste Merkmal das Fehlen eines Schwanzes. Ihr Körperbau ist eher<br />

oval und gedrungen und ihr Kopf ist abgeflacht und kurz. Ein Hals ist nicht zu erkennen und der Mund<br />

ist breit. Sie haben auch keinen Gehörgang ausgebildet wie Säugetiere, sondern ihr Trommelfell liegt<br />

direkt auf der Außenhaut und ist als runder Fleck hinter den Augen erkennt.<br />

Kaulquappen besitzen innere Kiemen, mit denen sie unter Wasser atmen können. Ihr Körper ist kugelig<br />

und sie haben einen Ruderschwanz, mit dem sie schwimmen können. Ihre Vorderbeine sind bis<br />

kurz vor der Metamorphose in einer Hauttasche versteckt, die Hinterbeine sind aber bereits in der<br />

Hälfte der Entwicklung der Kaulquappe sichtbar. Der Schwanz bildet sich bei der Metamorphose zurück.<br />

Vor allem männliche Froschlurche können mittels Schallblasen, ihren Lungen und ihrem Kehlkopf<br />

Geräusche erzeugen, die sie zum Anlocken von Weibchen oder zur Revierverteidigung einsetzen.<br />

Diese <strong>La</strong>utäußerungen sind artspezifisch und können sehr laut sein.<br />

Froschlurchen ist nicht angeboren was sie fressen können und was nicht, sie lernen es auch nicht von<br />

erwachsenen Tieren. Alles was sich bewegt und klein genug ist, wird angesprungen und gefressen.<br />

Was nicht schmeckt oder etwa durch einen Stich Schmerzen verursacht, wird wieder ausgewürgt und<br />

das nächste Mal in Ruhe gelassen. Bei Fröschen gibt es unterschiedliche Jagdstrategien. Während<br />

Kaulquappen vorwiegend Vegetarier sind, ernähren sich die ausgewachsenen und umgewandelten<br />

Frösche ausschließlich von tierischer Nahrung wie Insekten, Würmern oder Schnecken. Braun- und<br />

Grünfrösche können dank ihrer langen Hinterbeine sehr weit springen, um Insekten mit ihrer langen,<br />

klebrigen Zunge zu fangen. Da die Frösche keine Muskeln zum Schlucken besitzen, pressen sie ihre<br />

Augen nach innen und befördern die Nahrung so in den Magen, oft nehmen sie auch ihre Hände zur<br />

Hilfe. Bei Würmern schleichen sie sich an und stoßen mit dem Mund zu, wobei sie oft mehrere Versuche<br />

benötigen. Bei größeren Würmern brauchen Frösche oft bis zu einer Viertelstunde, bis der Wurm<br />

im Magen ist.<br />

Kröten fressen eher Insekten, die am Boden leben und an die sie sich näher heranschleichen können.<br />

Dies beeinflusst auch den Körperbau, da bei Fröschen die Augen nach oben gerichtet sind, bei Kröten<br />

dagegen zum Boden.<br />

135


Barbara Lukasch, Gina Philipp<br />

Reptilien und Amphibien<br />

Rotaugenfrosch (Agalychnis callydrias)<br />

Der Rotaugenfrosch, dessen Bilder fast überall auf der ganzen Welt bekannt sind, ist der wohl berühmteste<br />

Frosch Costa Ricas. Er kommt in den Regenwäldern Mittelamerikas vor und gehört zur<br />

Familie der <strong>La</strong>ubfrösche. Man kann ihn an der hellgrünen Körperfärbung, den gelben und blauen<br />

Streifen an den Flanken und den blau gefärbten Innenseiten der Oberschenkel erkennen. Er ist in etwa<br />

5-8 cm groß. Mithilfe von Haftscheiben an den Füßen können die Tiere ausgezeichnet klettern, das ist<br />

auch sehr wichtig, da die Eiablage auf Bäumen stattfindet, deren Äste sich über einem Gewässer befinden.<br />

Das Weibchen nimmt bei der Paarung das für die Eiablage wichtige Wasser aus dem Teich<br />

auf und klettert auf den Baum, wo es einen Teil der Eier auf einem Blatt ablegt. Danach kehrt es, noch<br />

immer mit dem Männchen auf dem Rücken, ins Gewässer zurück und nimmt erneut Wasser auf um<br />

anschließend weitere Eier auf dem Baum abzulegen. Wenn die Kaulquappen dann nach ca. 5 Tagen<br />

schlüpfen, lassen sie sich sofort ins Wasser fallen.<br />

Brillianter Waldfrosch (Rana warschewitschii)<br />

Diese Froschart ist die einzige Art in Costa Rica, die zur Gattung der Rana, der Echten Frösche,<br />

gehört und sie besitzt auch die typische Körperform dieser Gattung. Die Tiere werden 35 bis 65 mm<br />

groß und entsprechend ihrer grün-braunen, unauffälligen Färbung hält sich diese Art meistens in Bodennähe<br />

und in der Nähe von Gewässern auf. Sie besitzt einen dunkleren braunen Streifen in Augenhöhe,<br />

der längs den Körper entlanggeht, auffällig gelbe Punkte auf der Oberseite des Schenkels und<br />

einen rötlichen Unterleib. Diese knalligen Farben kann man nur sehen, wenn der Frosch gerade wegspringt,<br />

was wahrscheinlich den Zweck erfüllt, Fressfeinde kurz zu erschrecken, um dann unverletzt<br />

entkommen zu können. Die Kaulquappen dieser Froschart sind besonders groß. Sie erreichen eine<br />

totale Länge von 115 mm und sind damit nicht nur länger als alle anderen Kaulquappen in Costa Rica,<br />

sondern auch um einiges länger als die ausgewachsenen Frösche.<br />

Fleischmanns Glasfrosch (Hyalinobatrachium fleischmanni)<br />

Diese Froschart ist die am stärksten verbreitete Glasfroschart auf dem amerikanischen Kontinent. Sie<br />

kommt in einer Seehöhe von 60 bis 1.460 m vor und ist in Mexiko, Zentralamerika, Kolumbien und<br />

Venezuela besonders häufig zu finden. Männliche Tiere sind etwa 19 – 28 mm groß. Sie sind hellgrün<br />

gefärbt und haben viele blassgelbe Punkte, die auf ihrem Körper verteilt sind. Sie besitzen eine transparente<br />

Haut, die es einem erlaubt, die inneren Organe zu erkennen und sie haben einen weißen<br />

Bauch. Die Farbe der Iris ist golden.<br />

Weibchen, aber vor allem auch Männchen, sind dafür bekannt, nachts auf den gelegten Eiern zu sitzen<br />

und diese zu bewachen und tagsüber neben den Eiern zu schlafen. Bündel von 18 – 30 Eiern werden<br />

vom Weibchen an den Unterseiten von Blättern befestigt, die sich direkt über Wasserlacken befinden.<br />

Doch trotzdem werden 80 % der Eier durch die verschiedensten Faktoren zerstört. Zum Beispiel legen<br />

Fruchtfliegen oft ihre Eier auf die Eier der Frösche und die Fliegenmaden, die dann schlüpfen, fressen<br />

die Froscheier und –embryonen auf. Die Männchen verteidigen ihr Revier, das entlang von Flüssen<br />

liegt, gegen andere Männchen oft mit körperlicher Gewalt. Die Kaulquappen sind lang und dünn,<br />

mit dorsal platzierten Augen. Sie erscheinen hellrot, was auf das Blut zurückzuführen ist, das man<br />

durch die Haut sehen kann.<br />

Bromelienfrosch (Hyla ebraccata)<br />

Diese Froschart ist weit verbreitet und kommt vom südlichen Mexiko bis in den Norden Kolumbiens<br />

vor. Seine Grundfarbe ist ein mittleres Braun und auf seinem Rücken ist diese umrahmt von einem<br />

mehr oder weniger ausgeprägten goldgelben Viereck, das auch in manchen Fällen den ganzen Rücken<br />

bedecken kann. Die Weibchen können eine Größe von 30 – 35 mm erreichen und die Männchen sind<br />

23 – 27 mm groß. Die Männchen haben noch zusätzlich eine gelblich gefärbte Kehle und die Seiten<br />

und Zehen dieses Frosches sind bei beiden Geschlechtern ebenfalls gelb gefärbt. Während der Regensaison<br />

versammeln sich die Männchen mehrere Male um Teiche und <strong>La</strong>ken und Quaken zusammen in<br />

lauten Chören, um Weibchen anzulocken.<br />

Raurücken-Baumsteiger (Dendrobates granuliferus)<br />

Die Baumsteiger gehören zur Familie der Dendrobatidae und zur Gattung der Dendrobates. Im<br />

deutschsprachigen Raum wird der Baumsteiger auch als Pfeilgiftfrosch bezeichnet. Es gibt 41 Baum-<br />

136


Barbara Lukasch, Gina Philipp<br />

Reptilien und Amphibien<br />

steigerarten, die leuchtende Körperfarben haben und giftige Ausscheidungen über die Haut absondern.<br />

Sie kommen vor allem in den Tropen vor, von Nicaragua bis Bolivien, hauptsächlich in Flachlandregenwäldern<br />

in höchstens 150 m über dem Meeresspiegel.<br />

Der Rücken der Raurücken-Baumsteiger ist rau und grob gekörnt. Sie haben eine orangerote bis rote<br />

Farbe und die Beine sind grün bis türkis. Die Frösche werden 18 – 25 mm groß und haben eine besondere<br />

Art der Brutpflege. Die Weibchen legen die Kaulquappen in kleinen Wasserlacken ab und kommen<br />

alle paar Tage wieder zurück und füttern sie mit unbefruchteten Eiern.<br />

Abb. 8.2: Brillianter Waldfrosch<br />

(Rana warschewitschii)<br />

Abb. 8.3: Rotaugenfrosch<br />

(Agalychnis callydrias)<br />

Abb. 8.5: Glasfroschmännchen beim<br />

Bewachen des Geleges<br />

(Hyalinobatrachium fleischmanni)<br />

5.4.3 Ausgewählte Reptilien Costa Ricas<br />

ALLGEMEINES ÜBER REPTILIEN<br />

Die Reptilien, auch Kriechtiere genannt, bilden den Übergang zwischen niederen und höheren Wirbeltieren.<br />

Sie stammen, genauso wie die Vögel, entwicklungsgeschichtlich von amphibischen <strong>La</strong>ndwirbeltieren<br />

ab. Erstmals sind Reptilien vor etwa 300 Mio. Jahren aufgetreten. Die erste Aufspaltung<br />

fand sehr früh in uneigentliche Reptilien und eigentliche Reptilien statt. Heute gibt es vier Ordnungen,<br />

in die man die Reptilien einteilen kann, die Schnabelköpfe, die Schuppenkriechtiere, die Schildkröten<br />

und die Krokodile. Das größte Unterscheidungsmerkmal zwischen Amphibien und Reptilien<br />

ist, dass Reptilien unabhängiger vom Lebensraum Wasser sind. Außerdem besitzen Amphibien keine<br />

harte Kalkschale (Amnion) um ihre Eier und so müssen sie ihre Eier im Gegensatz zu den Reptilien in<br />

Gewässern ablegen, damit diese nicht austrocknen. Auch eine Metamorphose von einem <strong>La</strong>rven- in<br />

das Adultstadium entfällt bei den Reptilien.<br />

Reptilien haben drüsenlose und von Hornschuppen oder einem Panzer umgebene Haut, die sie vor<br />

Austrocknung und Verletzungen schützt. Da die Haut der Reptilien nicht mitwächst, häuten sich diese<br />

Tiere von Zeit zu Zeit. Bei Eidechsen löst sich die Haut meist in kleinen Stücken vom Körper ab,<br />

Schlangen streifen ihre Haut in einem Stück ab und bei Schildkröten bildet sich der Panzer von unten<br />

her neu, die alten Panzerplatten lösen sich dann schließlich ab. Generell sind Reptilien lungenatmende<br />

<strong>La</strong>ndwirbeltiere, doch einige Arten sind wieder zu Wasserbewohnern geworden oder verbringen<br />

einen Teil ihres Lebens im Wasser. Doch die Eiablage erfolgt bei allen Arten an <strong>La</strong>nd. Reptilien sind<br />

wechselwarme Tiere, das bedeutet, dass ihre Körpertemperatur von der Umgebungstemperatur abhängig<br />

ist. Sie regeln ihre Körpertemperatur durch gezieltes Aufsuchen von Sonnenplätzen, weichen<br />

jedoch bei zu hohen Temperaturen in den Schatten aus. Die optimalen Sonnenplätze wärmen sich<br />

schnell und stark auf, wie etwa trockenes Holz, Felsen oder trockenes Gras. Da sie nicht so schnell<br />

austrocknen können, sind Reptilien im Gegensatz zu den Amphibien hauptsächlich tagaktiv. Zum<br />

Überwintern in kälteren Regionen werden passende Verstecke wie Erdlöcher oder Felsspalten aufgesucht.<br />

Während der Winterruhe ist der Stoffwechsel des Tieres auf ein Minimum reduziert.<br />

Die Verbreitung der meisten Reptilienarten ist auf klimatisch begünstigte <strong>La</strong>gen beschränkt, da sie<br />

sonnige, warme Lebensräume bevorzugen. Wichtig für einen geeigneten Reptilienlebensraum sind<br />

verschiedene, miteinander vernetzte Elemente wie windgeschützte Sonnenplätze, Versteckmöglichkeiten,<br />

Paarungs- und Eiablageplätze, Jagdreviere und Überwinterungsquartiere.<br />

137


Barbara Lukasch, Gina Philipp<br />

Reptilien und Amphibien<br />

Nach ihren Lebensraumansprüchen können die Reptilien in drei Gruppen unterschieden werden:<br />

• Die Generalisten sind anspruchslos und sehr weit verbreitet. Sie brauchen nahrungsreiche<br />

Areale und mehrere Stunden Sonne pro Tag, die den Boden erwärmt. Sie meiden geschlossene,<br />

schattige Waldgebiete und unter ihnen finden sich einige Schlangen- und Eidechsenarten.<br />

• Die wasserliebenden Reptilien sind an offene Gewässer gebunden (z.B. die Schnappschildkröte).<br />

Zusätzlich benötigen sie ungestörte Sonnenplätze, vorzugsweise direkt an der Wasserkante.<br />

• Arten der offenen bis halboffenen Trockenstandorte (z.B. der Asiatische Hausgecko) sind<br />

besonders wärmeliebend.<br />

Die meisten Reptilienarten legen Eier, doch einige Arten sind als Anpassung an kühlere klimatische<br />

Bedingungen auch lebendgebärend. Die Entwicklung der Eier erfolgt in diesen Fällen im Mutterleib<br />

und die Jungen schlüpfen dann während der Geburt. Doch normalerweise werden die gelegten Eier in<br />

Erdlöchern oder in verrottendem Substrat abgelegt. Durch die Sonne werden die Eier gewärmt und<br />

„ausgebrütet". Manche Schlangen bilden Paarungsgemeinschaften (ein Schlangenkönig mit Gefolge),<br />

bei den Eidechsen schließen sich Tiere in der Regel für eine Saison zu festen Paaren zusammen.<br />

Die Befruchtung erfolgt ausschließlich im Körper der Weibchen. Viele Reptilienarten beanspruchen<br />

eigene Reviere und kämpfen auch darum. Während Kämpfe unter Schlangen eher durch Imponiergehabe<br />

bestimmt werden, gibt es bei Eidechsen durchaus öfter verletzte Tiere. Bei Gefahr können Eidechsen<br />

ihren Schwanz abwerfen und können so entkommen, während der noch zuckende Schwanz den<br />

Verfolger ablenkt. Dieser wächst aber wieder nach, obwohl er nicht mehr ganz so groß wird.<br />

SCHLANGEN<br />

Schlangen gehören zur Gruppe der „Eigentlichen Schuppenkriechtiere“, auch Squamata genannt.<br />

Ihre Beine sind vollständig zurückgebildet, der Unterkiefer bezahnt und der lang gestreckte Körper ist<br />

mit einem flexiblen Panzer aus Hornschuppen, die dachziegelartig angeordnet sind, bedeckt. Im Zuge<br />

der Häutung streift sich die alte Hornschicht meist im Ganzen ab.<br />

Die meisten Schlangen, aber vor allem die nachtaktiven, lokalisieren sowohl Nahrung als auch die<br />

Partner über Chemorezeption, weswegen der olfaktorischen Wahrnehmung am meisten Bedeutung<br />

zugeschrieben werden kann. Neben der Geruchswahrnehmung über die Nasenlöcher besitzen Schlangen,<br />

wie auch einige andere Wirbeltiere, das Jacobson-Organ, welches auch als Vomeronasales Organ<br />

bezeichnet wird. Dabei handelt es sich um kleine Einbuchtungen (0,2 – 2mm) auf beiden Seiten<br />

der Nasenscheidenwand. Das Wahrnehmen mit diesem Organ wird Flehmen genannt, worunter man<br />

das gezielte – und am geöffneten Maul und der Haltung erkennbare – Wittern nach spezifischen Gerüchen<br />

versteht. So öffnen z.B. Katzen das Maul ein wenig und strecken die Zungenspitze heraus. Beim<br />

Einatmen werden dann Geruchsstoffe am Gaumen entlang geleitet und können sowohl gerochen wie<br />

auch geschmeckt werden. Schlangen nehmen mit Hilfe der gespaltenen Zunge Duftpartikel aus der<br />

Umgebung auf und befördern sie zum Riechorgan. Auf diese Weise spüren sie ihre Beute auf, finden<br />

Überwinterungsquartiere und Paarungspartner.<br />

Dafür ist die auditive Wahrnehmung reduziert. Schlangen besitzen keine Ohren und für Geräusche, die<br />

durch die Luft übertragen werden, sind sie taub. Eine Klapperschlange hört also das Rasseln einer<br />

anderen nicht und genauso wenig hört eine Kobra die Flöte eines Schlangenbeschwörers. Über ihre<br />

Kieferknochen können sie aber schon geringste Erschütterungen des Untergrundes wahrnehmen, wenn<br />

sie ihren Kopf auf den Boden legen.<br />

Der Gesichtssinn wiederum ist bei den meisten Schlangen sehr gut ausgebildet. Lediglich einige grabende<br />

Schlangen sind praktisch blind.<br />

Auch ohne Beine können sich Schlangen rasch fortbewegen, was durch vier recht unterschiedliche<br />

Methoden erfolgt. Am häufigsten kriechen sie wellenförmig, was als Schlängeln bezeichnet wird.<br />

Hierbei stößt sich die Schlange an der Hinterseite jeder Kurve oder Wellenbewegung vom Untergrund<br />

ab und gleitet geschmeidig vorwärts. Eine zweite Form, die als raupenartige Fortbewegung beschrieben<br />

werden kann, wird nur von Schlangen mit schwererem Körperbau verwendet. Dabei wird<br />

die Haut auf der Unterseite durch starke Muskeln vor und zurückbewegt, und die breiten Bauchschilder<br />

greifen in den Untergrund und bewegen dadurch die Schlange vorwärts. Diese Fortbewegungs-<br />

138


Barbara Lukasch, Gina Philipp<br />

Reptilien und Amphibien<br />

form gab Anlass zu der irrtümlichen Behauptung, Schlangen würden „auf ihren Rippen laufen”; tatsächlich<br />

aber bewegen sich die Rippen bei keiner der vier Formen der Fortbewegung vorwärts und<br />

rückwärts. Das Seitenwinden ist die Fortbewegungsmethode einiger Wüsten-Schlangen. Hierbei rollt<br />

die Schlange ihren Körper in einer schlingenartigen Bewegung seitwärts am Boden entlang. Die vierte<br />

Methode ist eine ziehharmonikaartige Fortbewegung, wobei der Körper abwechselnd ausgestreckt<br />

und zusammengezogen wird, während sich die Schlange von einem Verankerungspunkt zum nächsten<br />

bewegt. Diese Art der Fortbewegung dient den Blindschlangen zum Überqueren glatter Oberflächen<br />

und zum Klettern, aber auch zum Wandern innerhalb unterirdischer Wohnröhren. Die häufigste der<br />

vier Fortbewegungsformen und zugleich diejenige, bei der sämtliche Schlangen die höchste Geschwindigkeit<br />

erreichen können, ist das Schlängeln. Die höchste nachgewiesene Geschwindigkeit<br />

einer Schlange liegt bei ungefähr 13 Kilometern pro Stunde. Beim Klettern können alle Methoden,<br />

außer das Seitenwinden, eingesetzt werden.<br />

Das Schwimmen erfolgt ausschließlich durch Schlängeln. Einigen Arten schreibt man die Fähigkeit<br />

zu, fliegen zu können. Doch sie können sich lediglich aus recht hohen Bäumen fallen lassen oder herabstürzen<br />

und unverletzt zu Boden fallen oder teilweise gleiten.<br />

Sämtliche Schlangen sind Fleischfresser und ernähren sich von einer Vielzahl von Tieren. Abhängig<br />

von der eigenen Körpergröße handelt es sich dabei um Insekten, Spinnen und Schnecken, bis hin zu<br />

Fröschen, Mäusen, Ratten und größeren Säugetieren. Dabei können sie dank der Flexibilität ihres<br />

Skeletts und Schuppenpanzers häufig Tiere verschlingen, die dicker oder schwerer als ihr eigener<br />

Körper sind. Viele Schlangenarten, vor allem solche aus der weltweit verbreiteten Familie der Natter,<br />

sind allerdings in ihrer Ernährung stark spezialisiert. So ernähren sich Eierschlangen ausschließlich<br />

von Vogeleiern. Schneckennattern verzehren Schnecken, die sie aus ihren Gehäusen ziehen können.<br />

Wassernattern erbeuten Fische, und Kletternattern Fledermäuse. Eine Reihe von Schlangen frisst ausschließlich<br />

andere Schlangen, andere wiederum ernähren sich auch von Aas. Die meisten Nattern<br />

verschlingen ihre Beutetiere bei lebendigem Leib.<br />

Giftschlangen, zu denen vor allem die Familien der Grubenottern, Vipern, Giftnattern und Seeschlangen<br />

gehören, töten durch das Injizieren ihres Giftes. Dabei „fesseln” einige das Opfer zunächst durch<br />

rasches Umschlingen, bevor sie zubeißen. Andere beißen zu, lassen die Beute entkommen, verfolgen<br />

sie mit Hilfe ihrer Sinnesorgane und verschlingen dann das gelähmte oder sterbende Tier. Einige<br />

Schlangen, besonders Boas, Pythons und Königsnattern, erdrosseln ihre Beutetiere, indem sie eine<br />

Körperschlinge um sie herum winden. Die südamerikanische Riesenschlange Anakonda ertränkt häufig<br />

die umschlungenen Tiere.<br />

Durch ihre räuberische Lebensweise spielen Schlangen eine bedeutende Rolle bei der Erhaltung des<br />

natürlichen Gleichgewichts, insbesondere hinsichtlich der Kontrolle von Nagetieren, die zumeist eine<br />

sehr hohe Fortpflanzungsrate aufweisen. Wie viele Amphibien und die meisten anderen Reptilien<br />

nehmen Schlangen den Großteil ihrer Nahrung in den Phasen zwischen der Fortpflanzungszeit und der<br />

Winter- bzw. Sommerruhe auf (soweit eine solche eingelegt wird) und zehren anschließend von diesen<br />

Reserven. Auch die Fähigkeit zur Fortpflanzung hängt oft vom Ernährungszustand des Tieres ab und<br />

auch davon, ob die den Stoffwechsel schonende Ruhephase lang genug war.<br />

Natürliche Feinde der Schlangen sind vor allem Raubtiere, Krokodile und einige Greifvögel, wie der<br />

Schlangenadler. Wegen ihrer Giftzähne oder der beachtlichen Körpergröße sind einige Arten für<br />

Fressfeinde aber nur schwer zu erbeuten. Viele Schlangen sind dank eines verschiedenartig gefärbten<br />

Schuppenpanzers an Untergrund oder Lichtverhältnisse ihres Lebensraums angepasst und somit gut<br />

getarnt. Korallenschlangen warnen Angreifer durch auffällige Schreckfarben vor ihrem Gift, wovon<br />

auch einige ungiftige Arten profitieren. Manche Schlangen, wie die Ringelnatter, stellen sich bei Bedrohung<br />

tot. Dabei erschlafft ihr gesamter Körper, die Tiere drehen sich auf den Rücken und bleiben<br />

bewegungslos liegen. Oft strecken sie die Zunge heraus, und gelegentlich wird sogar ein wenig mit<br />

Blut vermischter Speichel abgesondert, um die Täuschung perfekt zu machen.<br />

In Costa Rica gibt es 135 Schlangenarten, davon sind nur 18 Arten giftig.<br />

Tropische Klapperschlange (Crotalus durissus)<br />

Die tropische Klapperschlange ist die giftigste aller Klapperschlangen. Sie besitzt ein hoch wirksames,<br />

gewebezerstörendes Eiweiß (Protease). So enden unbehandelt nahezu 75 % aller Bissunfälle<br />

tödlich. Es gibt ein wirksames Gegenserum, das jedoch bei einem Angriffsbiss innerhalb von wenigen<br />

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Barbara Lukasch, Gina Philipp<br />

Reptilien und Amphibien<br />

Stunden zur Anwendung kommen muss. Die tropische Klapperschlange ist in Costa Rica nur in der<br />

Provinz Guanacaste zu finden. Am Schwanzende befindet sich ein "Rasselorgan". Dieses besteht aus<br />

hohlen Horngliedern, die ineinander übergreifen. Bei jeder Häutung kommt es zur Bildung eines weiteren<br />

Horngliedes, so dass ältere Schlangen über mehr Hornglieder verfügen als jüngere. Trifft man als<br />

Mensch auf das Tier, so bleibt es in der Regel ruhig liegen und flüchtet bei einer Annäherung nicht.<br />

Jedoch warnt die Schlange den Eindringling mit Hilfe ihres Rasselorgans auf unüberhörbarer Weise.<br />

Man sollte sich vorsichtig und rückwärts laufend von der Schlange entfernen. Bleibt man aber auch<br />

dann nicht auf Abstand, ist ein Zubeißen zu erwarten. Junge Schlangen besitzen noch kein oder nur ein<br />

Rasselorgan mit wenigen Horngliedern. Daher wird ihr Warnsignal oft auf Grund seines hohen Tons<br />

und der geringen <strong>La</strong>utstärke überhört. Vom Boden aus stößt die Schlange ca. bis Kniehöhe zu, so dass<br />

hohes Schuhwerk einen gewissen Schutz bieten kann.<br />

Buschmeister (<strong>La</strong>chesis melanocephala)<br />

Diese Schlange ist die größte und giftigste Schlange Costa Ricas, von der es sogar heißt, sie würde<br />

auf Menschenjagd gehen – dieses Gerücht stimmt natürlich nicht.<br />

Diese Tiere sind nachtaktiv und verbringen den Tag über in verlassenen Säugetierbauten oder ähnlichen<br />

Verstecken. Tagsüber verteidigen sich die Tiere bei einer Begegnung mit dem Menschen kaum,<br />

in der Nacht sind sie aber leicht zu einem Biss zu reizen. Das Abwehrverhalten kennzeichnet sich<br />

durch eine vibrierende Schwanzspitze und einem aufgeblähten Hals. Buschmeister, die an der pazifischen<br />

Küste von Costa Rica beheimatet sind, sollen zu jeder Zeit leicht zu reizen sein. Pro Jahr werden<br />

aber nur 2 Bisse durch die Buschmeister registriert, doch trotz schneller medizinischer Versorgung<br />

liegt die Mortalität bei 75 %.<br />

<strong>La</strong>nzenotter (Bothrops asper)<br />

Sie ist mit fast 75 % aller Schlangenbisse in Costa Rica für die meisten Todesfälle in Mittelamerika<br />

verantwortlich. Dies zum Einen, weil sie sehr zahlreich vertreten ist (sie ist lebendgebärend und<br />

bringt über 50 Junge zur Welt) und zum Anderen, weil die Schlange über ein ausgesprochen starkes<br />

Gift verfügt. Sie gehört zur Familie der Vipern, lebt in Gruben und schlägt blitzartig zu. Sie verteidigt<br />

ihr Revier, ist äußerst reizbar und tötet ihre Beute mit ihren langen Giftzähnen. Jährlich verursacht<br />

sie an die 20 Todesfälle.<br />

Schlanknatter (Leptophis ahaetulla)<br />

Diese schlanke, grün gefärbte Schlange, die eine sehr gute Kletterkünstlerin ist, hält sich vorwiegend<br />

auf Bäumen auf. Dabei bleibt sie aber nicht nur in der Baumkrone, sondern bewegt sich in allen<br />

Baumetagen. Sie frisst vorwiegend Baumfrösche, Vögel und verschiedene Echsen. Ihr Speichel ist<br />

schwach giftig und bei Gefahr reißt sie den Mund weit auf und hofft darauf, dass diese Drohgebärde<br />

ihre Feinde abschreckt, da sie nur sehr selten zubeißt. Vor allem in feuchten Wäldern des Tieflandes<br />

und von Mexiko bis Nordargentinien ist die Schlanknatter zu finden. Diese Schlange kann höchstens<br />

2,2 m lang werden.<br />

Königsboa (Boa constrictor constrictor)<br />

Die Königsboa gehört zu den urtümlichsten Schlangenarten, da sie noch rudimentäre Reste von Hinterbeinen<br />

und Beckengürteln, sowie paarige Lungen besitzt. Sie kann bis zu 4 m lang und 35 kg<br />

schwer werden. Auch bei dieser Schlangenart sind die männlichen Tiere etwas kleiner und die Weibchen<br />

bringen ihre Jungen lebend zur Welt. Sowohl die rotbraunen, gelb gerandeten, rautenförmigen<br />

Sattelflecken, die im Inneren ein helles Zentrum besitzen, wie auch der oftmals aufffällig rot gefärbte<br />

Schwanz, sind typisch für diese Schlange. Sie kommt vom Norden Mexikos bis nach Argentinien vor,<br />

und ist sowohl im Buschland, wie auch im Regenwald oder sogar in Halbwüsten anzutreffen. Meist ist<br />

die Boa friedfertig und nur dämmerungs- und nachtaktiv. Unter Tags versteckt sie sich in Höhlen<br />

oder in anderen Unterschlupfen. Obwohl die Jungtiere gut klettern können, halten sich ältere Tiere<br />

aufgrund ihres Gewichtes meist in Bodennähe auf. Die Nahrung besteht aus Säugetieren, die bis zu<br />

einer Größe von kleinen Wildschweinen gehen kann, aus Vögeln und Reptilien. Nach einem blitzschnellen<br />

Angriff werden die Beutetiere umschlungen und mit dem kräftigen, muskulösen Körper<br />

erwürgt und als Ganzes verschluckt. Doch selbst ausgewachsene Schlangen sind für Menschen, abgesehen<br />

von kleinen Kindern, ungefährlich.<br />

140


Barbara Lukasch, Gina Philipp<br />

Reptilien und Amphibien<br />

<strong>La</strong>nzenotter (Bothrops asper) Katzenaugennatter (Leptodeira septen) Königsboa (Boa constrictor constrictor)<br />

Tropische Klapperschlange<br />

(Crotalus durissus)<br />

Schlanknatter (Leptophis ahaetulla)<br />

SCHILDKRÖTEN<br />

Schildkröten gehören zur Ordnung der Testudines, auch Chelonia genannt, die sich in die zwei Unterordnungen<br />

der Halsberger und Halswender unterteilt. Diese unterscheiden sich nach der Art, wie<br />

die Schildkröten den Kopf in den Panzer zurückziehen. Während Halsberger ihrenKopf teleskopartig<br />

unter den Panzer ziehen, verbergen ihn Halswender durch eine Seitwärtswendung. Der Panzer, der<br />

aus verhorntem bzw. knöchernem Material besteht, ist starr. Die obere Hälfte des Panzers, unter den<br />

die Schildkröte mehr oder weniger vollständig Kopf, Beine und Schwanz zurückziehen kann, wird als<br />

Carapax (Rückenpanzer) bezeichnet. Die flache untere Hälfte nennt man Plastron (Bauchpanzer).<br />

Dieser zweigeteilte Panzer ist mit Wirbelsäule und Rippen verbunden. Struktur und Größe von Carapax<br />

und Plastron können zwischen den einzelnen Arten entsprechend ihres Verhaltens und Lebensgewohnheiten<br />

stark abgewandelt sein. Typischerweise besteht der Panzer aus zwei Schichten: einer<br />

inneren, knöchernen Schicht und einer äußeren Schicht mit Hornschildern oder einer ledrigen Haut.<br />

Und auch wenn der Panzer hart erscheint und bei einigen Arten recht dick sein kann, so ist er erstaunlich<br />

empfindsam, da zwischen den Hornschildern und den knöchernen Platten viele Nerven verlaufen.<br />

Schildkröten haben im Kiefer keine Zähne sondern Hornscheiden. Sie leben an <strong>La</strong>nd, im Meer oder<br />

im Süßwasser. Ihre Eier, meist 5 – 20 (Meeresschildkröten legen bis zu 200), werden an <strong>La</strong>nd im Boden<br />

verscharrt und durch die Bodenwärme ausgebrütet.<br />

Zwar können nur wenige Arten als reine Fleisch- oder Pflanzenfresser bezeichnet werden, doch bevorzugen<br />

einige landlebende Arten pflanzliche Nahrung, wogegen die im Wasser lebenden meist<br />

Fleischfresser sind. Zum Auffinden der Nahrung dienen Gesichtssinn und Geruchssinn.<br />

Meeresschildkröten<br />

In Costa Rica gibt es fünf Arten von Meeresschildkröten. Die Echte und die Unechte Karrettschildkröte,<br />

die Bastardschildkröte, die Lederschildkröte und die Grüne Meeresschildkröte. Sie<br />

legen ihre Eier an mehreren Stränden auf der Pazifik- und Atlantikseite ab. So kriechen 100.000 und<br />

mehr Bastardschildkröten dafür an <strong>La</strong>nd und graben ihre Nester. Dieses Ereignis wird „arribada“ (Ankunft)<br />

genannt. Eine befruchtete weibliche Schildkröte wartet bis zum Einbruch der Dunkelheit bevor<br />

sie sich auf den Weg zum Legeplatz macht. Wird sie durch Lärm oder helles Licht gestört, unterbricht<br />

sie ihr Vorhaben und kehrt ins Wasser zurück. Mit den Hinterflossen hebt sie ein vasenförmiges Nest<br />

aus, das bis zu einem Meter tief ist. In dieses legt sie ihre mit einem pilztötenden Schleim überzogenen<br />

Eier. Danach bedeckt sie die Stelle mit Sand, klatscht ihn fest und kehrt ins Meer zurück. Eine umstrit-<br />

141


Barbara Lukasch, Gina Philipp<br />

Reptilien und Amphibien<br />

tene Regel erlaubt den Bewohnern von Ostional im Naturschutzgebiet Ostional innerhalb der ersten 36<br />

Stunden nach einer arribada so viele Schildkröteneier der echten Karrettschildkröten zu sammeln wie<br />

sie wollen.<br />

In unberührten Nestern, die nicht Nasenbären, Hunden, Waschbären oder Menschen zum Opfer fielen,<br />

schlüpfen die Schildkrötenjungen nach zwei Monaten und bahnen sich durch die dicke Sandschicht<br />

einen Weg nach oben. Auf ihrem Weg ins Wasser können sie noch Krebsen oder Vögeln zum Opfer<br />

fallen. Im Meer warten auch schon Haie und andere Raubfische auf sie. Lediglich 3 % überleben und<br />

legen große Strecken im Ozean zurück.<br />

Es wird vermutet, dass magnetische Eisenkristalle im Gehirn der Schildkröten, als eine Art innerer<br />

Kompass dienen. Nach 15 – 30 Jahren sind sie geschlechtsreif und kehren an den Strand, an dem sie<br />

geboren wurden zurück um sich dort zu paaren und zu vermehren.<br />

Schnappschildkröte (Chelydra serpentina)<br />

Die Gemeine Schnappschildkröte besitzt einen langen Hals und einen gutbeweglichen Kopf, weswegen<br />

ihre Reichweite nicht zu unterschätzen ist.<br />

Sie ist ein sehr aktiver Jäger und frisst alles, was sie überwältigen kann, zum größten Teil Schnecken,<br />

Muscheln, Fische und kleinere Schildkröten, aber auch Wasservögel. Nicht nur junge Enten und Gänse<br />

werden von ihr unter Wasser gerissen, sondern sie beißt sich auch in ausgewachsenen Tieren fest,<br />

die so durch Entkräftung langsam unter Wasser gezogen werden und ertrinken.<br />

KROKODILE<br />

Zur Ordnung der Krokodile (Crocodilia) zählen die Alligatoren (einschließlich der Kaimane), die<br />

Echten Krokodile und die Gaviale. Krokodile sind die nächsten lebenden Verwandten der Vögel und<br />

bilden mit diesen die letzten Überlebenden der Archosaurier, zu denen auch die ausgestorbenen Dinosaurier<br />

gehörten. Alle heute lebenden Krokodile leben in Flüssen und Seen der Tropen und Subtropen.<br />

Nur das Salzwasserkrokodil kann auch im Meer leben und kommt häufig an den Küsten verschiedener<br />

Inseln vor.<br />

Durch seitliche Schlängelbewegung ihres seitlich abgeflachten Ruderschwanzes können sie sich<br />

schwimmend ausgezeichnet fortbewegen. Zur Tarnung tauchen sie fast vollständig unter und lassen<br />

sich treiben. Oft sind nur die vorstehenden Nasenlöcher sowie Augen und Teile des Rückens sichtbar.<br />

Das Wasser verlassen Krokodile vor allem, um sich zu sonnen oder um Eier abzulegen. Sie gehören zu<br />

den wechselwarmen Tieren, weshalb ihre Körpertemperatur von der Umgebung abhängig ist. Um<br />

ungünstige Jahres- oder Tageszeiten zu überdauern, graben sich Krokodile in Schlamm ein. In warmen<br />

Regionen legen sie während Trockenperioden eine Ruhepause ein, in kühleren Regionen verfallen sie<br />

im Winter in einen Ruhezustand.<br />

An <strong>La</strong>nd bewegen sie sich meist auf dem Bauch kriechend fort, aber sie können dort auch hochbeinig<br />

laufen. Ihr Hautknochenpanzer wird von verknöcherten Hornplatten gebildet. Meist besitzen die<br />

Tiere etwa 60 bis 80 Zähne, die in tiefen Höhlungen der Kieferknochen sitzen und bei geschlossenem<br />

Maul fest miteinander verzahnt sind.<br />

Sie ernähren sich von Krebstieren, Fischen, Amphibien, Reptilien, Vögeln und Säugetieren bis zur<br />

Größe von Büffeln, Flusspferden und Löwen. Jungtiere erbeuten auch Insekten und Würmer. Größere<br />

Beute, die sie z.B. an Wasserstellen durch plötzliches Hervorschnellen ergreifen, ziehen Krokodile<br />

unter Wasser und reißen durch schnelle Drehungen ihres Körpers große Stücke heraus. Größere Exemplare<br />

mancher Arten können auch dem Menschen gefährlich werden. Bei den Echten Krokodilen<br />

ragt bei geschlossenem Maul auf jeder Seite der vierte Unterkieferzahn hervor. Im Gegensatz dazu<br />

sind diese Zähne bei den Alligatoren nicht sichtbar. Die Zähne dienen dazu, die Beute zu ergreifen und<br />

festzuhalten, zum Kauen sind sie nicht geeignet. An Ober- und Unterkiefer haben Krokodile Drucksensoren,<br />

mit denen sie die von potentiellen Beutetieren an der Wasseroberfläche verursachten Wellen<br />

wahrnehmen können. Im Gegensatz zu anderen Reptilien haben Krokodile einen äußeren Gehörgang,<br />

der unter Wasser durch Hautfalten verschlossen ist. Mit ca. 10 Jahren sind Krokodile geschlechtsreif.<br />

Die Weibchen vergraben ihre 20 bis 100 gänseeigroßen Eier im Sand, Schlamm oder in einem Nisthügel<br />

aus Pflanzen. Danach verlassen sie das Gelege und lassen die Eier durch die Wärme der Sonne<br />

oder Wärmeproduktion faulender Pflanzen ausbrüten. Manche Arten bewachen das Gelege während<br />

der gesamten Brutdauer.<br />

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Barbara Lukasch, Gina Philipp<br />

Reptilien und Amphibien<br />

Spitzmaulkrokodil, Amerikanisches Krokodil (Crocodylus acutus)<br />

Das Spitzmaulkrokodil gehört zu den größten Krokodilarten der Erde. Ältere Individuen können eine<br />

Gesamtlänge von bis zu sieben Metern erreichen. Tiere dieser Größen- und Altersklasse gibt es allerdings<br />

in freier Wildbahn kaum mehr, da das Spitzmaulkrokodil im 20. Jahrhundert massiver Bejagung<br />

durch den Menschen ausgesetzt war und besonders die großen Tiere eine begehrte Beute waren. Die<br />

meisten Spitzmaulkrokodile messen heute weniger als vier Meter. Äußere Merkmale des erwachsenen<br />

Spitzmaulkrokodils sind neben seiner verhältnismäßig langen, schmalen Schnauze eine beulenförmige<br />

Schädelaufwölbung vor den Augen und eine relativ kleine Anzahl und unregelmäßige Anordnung<br />

der großen Hornschilder im Nacken. Es bewohnt vorzugsweise Flussmündungen, wie wir es am<br />

Rio Tarcoles gesehen haben. Jedes Jahr vor der Paarungszeit besetzen die geschlechtsreifen Männchen<br />

klar begrenzte Territorien und vertreiben daraus sämtliche Geschlechtsgenossen. Den Weibchen hingegen<br />

gewähren sie freien Zutritt.<br />

Die paarungswilligen Weibchen suchen sich jene Männchen mit möglichst guten Nistplätzen aus. Somit<br />

können sich die größten und stärksten Männchen mit mehreren Weibchen paaren und zahlreiche<br />

Nachkommen zeugen, während die jüngeren und schwächeren Männchen ihr Erbgut erst weiterzugeben<br />

vermögen, wenn sie weiter gewachsen sind oder wenn sie in Gebiete auswandern, wo der<br />

Konkurrenzkampf weniger groß ist. Somit führt die Territorialität der Spitzmaulkrokodil-Männchen<br />

neben Erhaltung der starken Art auch zu einer Ausweitung des Verbreitungsgebiets.<br />

Die Eiablage erfolgt in Gewässernähe in einem Nest im Boden, das die ganze Zeit über vom Weibchen<br />

vor etwaigen Nestplünderern bewacht wird. Naht der Zeitpunkt des Schlüpfens, legt das Weibchen<br />

seinen Kopf auf den Boden und lauscht, ob es die quäkenden Rufe der Jungen vernimmt, die sie<br />

während des Schlüpfens äußern. Sobald dies der Fall ist, gräbt das Weibchen mit seinen Vorderbeinen<br />

das Gelege frei, denn die Kleinen können sich nicht allein ans Tageslicht hocharbeiten. Manchmal<br />

hilft es in der Folge einigen Jungen beim Schlüpfen, indem es deren Eier sanft zwischen Zunge und<br />

Gaumen hin und her rollt, bis die Eierschale zerspringt.<br />

Brillenkaiman (Caiman crocodilus)<br />

Aufgrund seines markanten Knochenwulsts vor seinen Augen wird<br />

dieser in Costa Rica lebende Kaiman auch als Brillenkaiman bezeichnet<br />

und ist von Krokodilen gut unterscheidbar. Er lebt in vielen<br />

Süßgewässern und verlässt das Wasser selten. Wird er in der Trockenheit<br />

dazu gezwungen, vergräbt er sich im Schlamm. Tagsüber<br />

treibt er an der Wasseroberfläche und wird erst nachts aktiver.<br />

Kaimane ernähren sich von Insekten, Muscheln, Weichtieren, Amphibien<br />

und Fischen und stellen für den Menschen keine große Bedrohung<br />

dar. Dennoch kann ein Biss von diesem extrem aggressiven<br />

Tier sehr schmerzhaft sein und zum Verlust eines oder mehrerer<br />

Finger führen.<br />

Brillenkaiman in der Esquinas<br />

Rainforest Lodge in <strong>La</strong> <strong>Gamba</strong><br />

LEGUANE<br />

Leguane sind Eidechsen, die hauptsächlich, mit über 700 Arten, auf dem amerikanischen Kontinent<br />

vorkommen. Vereinzelt gibt es noch einige Arten auf Madagaskar und den ozeanischen Inseln. Die<br />

meisten Leguane sind 10 – 30 cm lang, es gibt aber auch bedeutend größere Vertreter mit über zwei<br />

Metern, wie etwa den Grünen Leguan.<br />

Grüner Leguan (Iguana iguana)<br />

Der Grüne Leguan ist, wie gesagt, mit einer Gesamtlänge von bis zu zwei Metern einer der größten<br />

Leguane. Weibchen erreichen oft aber nur eine Gesamtlänge von 0,9 – 1,1 m. Er kommt vorwiegend<br />

in Mittel- und Südamerika vor und bewohnt im allgemeinen Regenwälder, lebt jedoch auch in lichteren<br />

Wäldern. Wichtig sind hohe Temperaturen, genügend Bäume, viel Grünfutter und ausreichend<br />

Wasser.<br />

Die Farbe des Grünen Leguans kann von grasgrün bis türkisblau variieren, Jungtiere sind leuchtend<br />

blattgrün, auch von der Farbmusterung kann es Unterschiede geben. Unterhalb des Trommelfelles<br />

besitzt der Grüne Leguan auffällige große Spiegelschuppen. Die Kammschuppen auf dem Rücken<br />

sind bei den Männchen meist länger, aber es ist kein sicherer Geschlechtsunterschied. Leguane tragen<br />

143


Barbara Lukasch, Gina Philipp<br />

Reptilien und Amphibien<br />

drei kleine Höckerchen auf der Nase. Charakteristisch sind der Rückenkamm und die Kehlwamme,<br />

die von den Männchen zum Imponieren genutzt wird. Beide Merkmale sind beim Männchen weitaus<br />

deutlicher als bei den Weibchen. <strong>La</strong>nge Krallen an den Füßen helfen beim Klettern, der lange, peitschenförmige<br />

Schwanz weißt eine schwarze Bänderung auf. Er dient zum Schwimmen, aber auch als<br />

Verteidigung.<br />

Der Grüne Leguan ernährt sich streng vegetarisch, hauptsächlich durch Blätter, manchmal ergänzt er<br />

seinen Speiseplan auch durch Früchte. Männchen sind stark revierbildend und dulden keine anderen<br />

Männchen in ihrem Bereich. Grüne Leguane leben oft als Einzelgänger oder in Kleingruppen. Die<br />

Männchen imponieren den Weibchen durch einen hochgestreckten Körper mit aufgestellter Kehlwamme,<br />

dabei nicken sie und schütteln den Kopf. Nur selten kommt es zu Kämpfen zwischen zwei<br />

Männchen, da sich durch das gegenseitige Imponiergehabe meist eines verscheuchen lässt. Wenn<br />

sich aber keines zurückzieht, wird angegriffen und es kann zu Verletzungen kommen.<br />

Falls eine Gefahr durch einen Fressfeind droht, lassen sich die Leguane von den Baumkronen, auf<br />

denen sie sich oft sonnen, ins Wasser fallen und schwimmen schnell davon.<br />

Junger Grüner Leguan<br />

Weibchen der Grünen Leguane beim<br />

Sonnenbaden<br />

Leguan-Männchen mit typischer<br />

Kehlwamme<br />

Helmleguan (Cortytophanes cristatus)<br />

Diese Leguanart, die auch unter dem Namen Waldchamäleon bekannt ist, kommt vom Süden Mexikos<br />

bis hin zum nordöstlichen Kolumbien in den tropischen Regenwäldern<br />

Amerikas vor und hält sich vorwiegend in Büschen oder auf niedrigeren<br />

Bäumen auf. Sie wird bis zu 34 cm lang und hat einen dünnen, seitlich<br />

verdichteten Körper mit langen Extremitäten, einem langen Schwanz und<br />

den typischen Leguanfüßen. Der Helmleguan besitzt einen sehr hohen Hinterkopfkamm,<br />

gefolgt von einem niedrigen Kamm, der über den ganzen<br />

Rücken verläuft. Männliche Tiere unterscheiden sich von weiblichen durch<br />

einen höheren Hinterkopfkamm. Das Aussehen der Schuppen variiert von<br />

gekörnten bis gerauten Schuppen. Wenn das Tier sich bedroht fühlt, kann<br />

es seinen Hinterkopfkamm noch zusätzlich vergrößern. Diese Eidechsen<br />

verlassen sich sehr stark auf ihre Tarnung und sitzen bei Gefahr absolut<br />

still da, da sie bis zu einem gewissen Grad die Farbe ihres Untergrundes<br />

annehmen können. Die Farbe dieser Tiere kann von braun, grün, über oliv<br />

zu grau variieren, mit helleren und dunkleren Musterungen.<br />

GECKOS<br />

Helmleguan im Esquinas<br />

Regenwald bei <strong>La</strong> <strong>Gamba</strong><br />

Geckos bevölkern schon seit ca. 50 Millionen Jahren die Erde und haben sich beinahe weltweit ausgebreitet.<br />

Da sie eine hohe Anpassungsfähigkeit haben, haben sie sich die verschiedensten Lebensräume<br />

erobert. Sie kommen heute in den gemäßigten Zonen, in den Wüsten und den Tropen vor. Aufgrund<br />

ihrer großen Verbreitung gibt es heute 97 Gattungen mit über 1.081 Arten, die man in fünf Unterfamilien<br />

einteilen kann, abhängig von Abstammung und Gestalt. Eine weitere Unterteilung bezieht<br />

sich auf die Zehen der Geckos. <strong>La</strong>mellengeckos können nämlich durch Adhäsion kopfüber an Scheiben<br />

laufen, da die <strong>La</strong>mellen an ihren Füßen, die mit Billionen feinster Härchen besetzt sind, Atombindungen<br />

mit dem Untergrund eingehen. Krallengeckos hingegen können das nicht. Faltengeckos sind<br />

sogar zum Segelflug befähigt. Es gibt bei den Geckos heute insgesamt 6 Unterteilungen allein bei der<br />

Klassifikation der Füße.<br />

144


Barbara Lukasch, Gina Philipp<br />

Reptilien und Amphibien<br />

Geckos sind kleine bis mittelgroße Echsen, die zwischen 4 und 40 cm groß sind. Die meisten Geckos<br />

sind dämmerungs- oder nachtaktiv, haben dementsprechend eine unauffällige Färbung und eine<br />

Spaltpupille, mit der sie nachts gut sehen können. Diese Insektenfressenden Tiere sind sehr flink und<br />

scheu, obwohl einige Arten sich oft in der Nähe von Menschen aufhalten. Manche Arten, so wie der<br />

Taggecko, sonnen sich gerne auf Steinen oder Hauswänden. Taggeckos sind im Gegensatz zu ihren<br />

nachtaktiven Verwandten auffälliger gefärbt und besitzen eine runde Pupille.<br />

Asiatischer Hausgecko (Hemidactylus frenatus)<br />

Diese Geckoart kommt ursprünglich aus Südostasien. Sie wurde aber nach Mexiko, Somalia, Madagaskar,<br />

Mauritius, Südafrika, Nord-Australien, den Ozeanischen Inseln und Costa Rica eingeschleppt.<br />

Sie hat eine sehr hohe Verbreitung und ist in vielen Teilen der Erde heimisch geworden, von halbfeuchten<br />

bis trockenen Gebieten. Zu finden ist sie vor allem an Felsen, Steinhaufen, Palmen und auch<br />

in der Nähe von Häusern. Sie wird 12 – 15 cm groß, ihre Färbung ist gelblichbraun bis graubraun,<br />

doch in der Nacht, wo sie am aktivsten wird, sieht ihre Färbung hell und zeichnungslos aus. An den<br />

Zehen befinden sich Haftlamellen, mit denen sie senkrecht auf Häuserwände oder Bäume klettern<br />

kann. Die Männchen besitzen im Gegensatz zu den Weibchen Femoralporen an der Unterseite der<br />

Oberschenkel, die man als dunkle Punkte erkennen kann und die als Unterscheidungsmerkmal zwischen<br />

Männchen und Weibchen dienen. Ihr Körper ist mit vielen Körnchenschuppen bedeckt und auf<br />

ihrem Rücken sind einige Höcker-Schuppen zu finden. Auf ihrem Schwanz verlaufen sechs Längsreihen<br />

von kegelförmigen Schuppen.<br />

Literaturangaben<br />

BLAB, J., VOGEL, H., (1989): Amphibien und Reptilien: Kennzeichen, Biologie, Gefährdung; München,<br />

BLV, 143<br />

HABER, H., (2006): Costa Rica. Apa Guide; <strong>La</strong>ngenscheidt KG, Berlin und München, 203, 240 – 241<br />

HUBER, W., WEISSENHOFER, A.: The amphibians and reptiles of the Golfo Dulce Region Costa<br />

Rica; Rema-Print, Vienna, 46 – 62<br />

SAVAGE, J. M., (2002): The amphibians and reptiles of Costa Rica; The University of Chicago Press,<br />

535 – 779<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/Amphibien<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/Reptilien<br />

http://www.costarica-dreams.de/kultur/schildkroeten.htm<br />

http://planet-wissen.de<br />

http://www.regenwaldreisen.ch/regenwaldbewohner/amerikansiche%20lanzenotter.htm<br />

http://www.travelcostarica.de/flora-fauna.html<br />

145


Andrea Pichlmair<br />

Vögel<br />

5.5 VÖGEL<br />

Costa Rica ist vielleicht das einzige <strong>La</strong>nd, in dem so viele Vogelarten auf so kleinem Raum leben.<br />

Insgesamt beherbergt dieses <strong>La</strong>nd mehr als 830 Arten. Dazu kommen mehr als 200 Zugvogelarten, die<br />

jedes Jahr aus anderen Ländern nach Costa Rica kommen.<br />

Die Vögel bewohnen die verschiedensten Lebensräume wie zum Beispiel die zwei unterschiedlichen<br />

Küsten am Atlantik und Pazifik, die Mangroven, die Flüsse oder die Wälder im Hoch- und Tiefland.<br />

Einige Spezies sind nur zu bestimmten Jahreszeiten in Costa Rica anzutreffen, weil sie sich auf dem<br />

Durchzug befinden. Im folgenden Beitrag werden die häufigsten Gruppen und Arten beschrieben.<br />

5.5.1 Apodiformes (Seglervögel)<br />

Mitglieder dieser Ordnung teilen sich die Fähigkeit ihre Flügel vom Gelenk an zu rotieren, um Kraft<br />

sowohl mit dem Flügelaufschlag, als auch mit dem Flügelabschlag, zu gewinnen. Die Flügel bleiben<br />

dabei vollständig ausgestreckt.<br />

Die Vögel, die zu dieser Ordnung gehören, können weder gehen noch hüpfen.<br />

TROCHILIDAE: KOLIBRIS<br />

Die Familie der Kolibris ist die zweitgrößte und zweifellos die bekannteste Vogelfamilie der neuen<br />

Welt. Sie leben ausschließlich in Amerika. Hier kommen sie von Alaska bis Feuerland vor. Zu ihr<br />

gehören 330 Arten. Etwa 130 aller Arten leben in Äquatornähe.<br />

Kolibris brüten in hochgelegenen Gegenden und überwintern in wärmeren Regionen. Diese Vögel<br />

sind auffallend wegen ihrer kleinen Größe von maximal 20 cm, ihren schillernden Farben, ihrer Art<br />

und Weise zu fliegen und ihrer Kampfeslust. Sie sind auf die Nektaraufnahme spezialisiert. Nektar<br />

ist hoch konzentriert und eine wichtige Energiequelle. Insekten stellen für diese Vögel die<br />

Hauptproteinquelle dar. Der Energieverbrauch ist im Verhältnis zu ihrer Größe extrem hoch. Um<br />

Energie zu sparen, beispielsweise in kalten Nächten, ist es den Tieren möglich ihre Körpertemperatur<br />

unter die aktive Grenze zu senken. Dafür wird auch die Pulsfrequenz herabgesenkt. Diese Fähigkeit ist<br />

auch während des Schlafens extrem wichtig, da die Tiere sonst wegen ihres extrem hohen<br />

Stoffwechsel verhungern würden. Normalerweise schlägt das Herz der Kolibris 400 – 500 mal pro<br />

Minute. Die Atemfrequenz liegt bei bis zu 250 Atemzügen pro Minute.<br />

Kolibris fliegen mit bis zu 80 Flügelschlägen pro Sekunde. Es ist ihnen nicht nur möglich vorwärts,<br />

sondern auch seitwärts und rückwärts zu fliegen. Ihre Fähigkeit, dass sie in der Luft stehen bleiben<br />

können, ist wichtig für die Nektaraufnahme.<br />

Das Nest wird von den Weibchen aus Spinnweben, Pflanzenwolle, Flechten und Moos gebaut. Es<br />

befindet sich in niedriger Höhe im Gebüsch oder auf Bäumen. Das Weibchen legt 2 weiße Eier. Die<br />

Brutzeit beträgt 15 – 19 Tage und nur selten länger. Die Jungen bleiben für 20 – 26 Tage im Nest.<br />

Hier werden sie von der Mutter bis zu 140 mal pro Tag gefüttert.<br />

Zu den natürlichen Feinden der Kolibris zählen Schlangen, Raubvögel und Raubkatzen.<br />

Grünscheitelbrillant, Green-Crowned Brilliant (Heliodoxa jacula)<br />

Dieser 13 cm große und 9,5 g schwere Kolibri kommt in Höhenlagen von 700 – 2.000 m südlich der<br />

Cordillera de Guanacaste bis nach Panama vor. Er hält sich bevorzugt in feuchten Wäldern auf. Fast<br />

der gesamte Körper ist metallisch grün befiedert. Das Gefieder an den Schenkeln ist weiß. Der<br />

Schnabel ist schwarz. Über und unter den Augen befinden sich schmale weiße Streifen.<br />

Purpurdegenflügel, Violet Sabrewing (Campylopterus hemileucurus)<br />

Dieser Kolibri ist 15 cm groß. Die Männchen wiegen 11,5 g und die Weibchen 9,5 g. Sie wohnen in<br />

Höhenlagen von 1.500 - 2.400 m. Das Gefieder der Männchen ist überwiegend glänzend violett<br />

gefärbt. Der untere Rücken und der Schwanz sind dunkelgrün. Der Schnabel ist lang, schwarz und<br />

nach unten gebogen. Die Weibchen sind am Rücken hellgrün gefärbt. Der Bauch ist weiß, die Kehle<br />

ist grau und bei beiden Geschlechtern sind die äußeren drei Schwanzfedern weiß.<br />

146


Andrea Pichlmair<br />

Vögel<br />

Purpurkehlnymphe, Purple-Throated Moutain-Gem (<strong>La</strong>mpornis (castaneoventris) calolaema)<br />

Diese Kolibris sind 10,5 g groß. Die Männchen wiegen 6 g,<br />

die Weibchen nur 4,8 g. Sie bevorzugen Höhenlagen<br />

oberhalb von 800 m.<br />

Der Kopf und der Rücken der Männchen sind grünlich<br />

gefärbt. Die Kehle ist violett. Der Bauch ist dunkelbraun<br />

befiedert. Hinter den Augen befinden sich weiße Streifen.<br />

Auch die Weibchen tragen weiße Streifen hinter den Augen.<br />

Die Bauchseite ist hellbraun gefärbt. Der Rücken und die<br />

Flügel sind grün befiedert. Der Schwanz und der Schnabel<br />

sind schwarz.<br />

5.5.2 Passeriformes (Sperlingsvögel)<br />

60 % aller Vogelarten gehören zu dieser Ordnung. Diese Ordnung kann in zwei große Gruppen<br />

unterteilt werden: die Gruppe der “echten” Singvögel mit einem komplexen Syrinx, zu der etwa 80 %<br />

dieser Ordnung gehören, und die Gruppe der Vögel mit einem einfacher gebauten Syrinx.<br />

TYRANNIDAE: FLIEGENSCHNÄPPER<br />

Purpurkehlnymphe (links) und<br />

Grünscheitelbrillant (rechts)<br />

Die Familie der Fliegenschnäpper umfasst ungefähr 384 Arten und ist somit die größte Vogelfamilie<br />

der westlichen Hemisphäre.<br />

Die Fliegenschnäpper erreichen eine Größe von bis zu 30 cm. Das Gefieder ist oliv, grau oder braun<br />

gefärbt. Viele Arten haben eine gelbe Bauchseite. Der Schnabel ist breit und flach. Er ist ideal um<br />

Insekten zu fangen. Die Geschlechter sind sehr ähnlich. Auch die Jungen unterscheiden sich nur<br />

minimal von den Eltern.<br />

Die Männchen helfen fast immer beim Nestbau, die Eier werden aber fast immer von den Weibchen<br />

ausgebrütet, die auch die Aufzucht der Jungen übernehmen. Die Nester sind immer an die Umgebung<br />

angepasst, und deshalb sehr unterschiedlich. Meistens befinden sie sich jedoch in Bäumen. Nur selten<br />

werden Nester am Boden gebaut. Die Fliegenschnäpper legen 2 – 6 Eier, je nach Art. Die Brutzeit<br />

beträgt 12 – 23 Tage. Nach 14 – 28 Tagen verlassen die Jungen das Nest.<br />

Gelbbauch-Spateltyrann, Common Tody-Flycatcher (Todirostrum cinereum)<br />

Der Gelbbauch-Spateltyrann ist zwar nur 9,5 cm groß und 6,5 g schwer, aber an seiner leuchtend<br />

gelben Vorderseite schon von weitem zu erkennen. Er hat einen großen schwarzen Kopf mit einem<br />

langen, geraden, flachen Schnabel. Sein Gefieder ist überwiegend dunkelgrau oder olivegrün gefärbt.<br />

Der Vogel hält sich an schattigen Plätzen wie zum Beispiel in Büschen, im Sekundärwald und in<br />

Mangroven auf. Er ernährt sich hauptsächlich von kleinen Insekten.<br />

Kopfbindentyrann, White-Ringed Flycatcher (Coryphotriccus albovittatus)<br />

Der Kopfbindentyrann erreicht eine Größe von 16 cm und ein Gewicht von 24 g. Wie die meisten<br />

Vertreter dieser Familie trägt auch er ein gelbes Gefieder an der Bauchseite. Sein schwarzer Schnabel<br />

ist länger als der seiner Verwandten. Die Flügel, sowie der Kopf, sind bräunlich gefärbt. Den Namen<br />

erhielt dieser Vogel wegen dem breiten, weißen Streifen über den Augen, der sich bis in den Nacken<br />

zieht.<br />

Diese Vögel leben in Gruppen von 2 – 5 Tieren in Bäumen, die an Wasserstraßen grenzen. Als Nest<br />

verwenden sie alte Spechtlöcher, in die sie zwei cremefarbene Eier legen.<br />

Panamatyrann, Panama Flycatcher (Myiarchus panamensis)<br />

Der 19 cm große und 32 g schwere Panamatyrann ist vor allem im Mangrovenbereich an der<br />

Pazifikküste weit verbreitet.<br />

Der Kopf und der Nacken dieser Vögel ist matt oliv gefärbt. Das Gesicht, die Kehle, die Brust und die<br />

Flügel sind grau gefärbt. Die Bauchseite ist gelb befiedert. Die Beine und der Schnabel sind schwarz.<br />

Als Nest wird ein Loch im Baum in einer Höhe von 4 – 12 m verwendet.<br />

Die Vögel ernähren sich von Beeren und von von Insekten, die sie über der Wasseroberfläche fangen.<br />

147


Andrea Pichlmair<br />

Vögel<br />

HIRUNDINIDAE: SCHWALBEN<br />

Zu dieser Familie gehören ca. 80 Arten. Die Schwalben sind außer in den Polargebieten überall<br />

beheimatet. Sie haben lange Flügel, einen kurzen, flachen Schnabel und kurze Beine. Meistens sind<br />

sie dunkel gefärbt. Die Weibchen sind meistens schlanker.<br />

Schwalben ernähren sich hauptsächlich von Insekten, die sie im Flug fangen.<br />

Das Nest aus Gras und Schlamm wird von beiden Geschlechtern gebaut. Die 3 – 7 Eier werden von<br />

beiden Geschlechtern ausgebrütet und gefüttert. Die Brutzeit beträgt 13 – 19 Tage. Nach 18 – 28<br />

Tagen verlassen die Jungen das Nest.<br />

Mangrovenschwalbe, Mangrove Swallow (Tachycineta albilinea)<br />

Die Mangrovenschwalbe ist ca. 13 cm groß und wiegt 14 g. Ihr Gefieder ist stahlgrün gefärbt. Die<br />

Farbe geht mit dem Alter mehr ins Blaue über. Das Gefieder der Weibchen ist matter. Die Brust ist<br />

weiß gefärbt. Der Schnabel und die Füße sind schwarz.<br />

Die Mangrovenschwalbe kommt bevorzugt an weiten, stillen Wasserflächen, wie Flüssen, Seen,<br />

Salzseen, und manchmal auch im Sumpfland vor. Sie fliegen über die Wasseroberfläche und jagen<br />

dort nach Insekten. Das Nest wird hauptsächlich aus Gras, in einer Höhe von maximal 2 m, gebaut. Es<br />

ist immer unmittelbar in Wassernähe. Diese Vögel legen 3 – 5 weiße Eier.<br />

THRAUPIDAE: TANGARE<br />

Zu der Familie der Tangare gehören etwa 230 Arten. Sie sind vor allem in den Tropen und Subtropen<br />

der westlichen Hemisphäre beheimatet. Sie leben vor allem in den feuchten Wäldern bis zu einer<br />

maximalen Seehöhe von 1.200 m.<br />

Sie erreichen eine Größe von bis zu 30 cm. Die Tangare haben einen kurzen, dicken Schnabel. Sie<br />

ernähren sich hauptsächlich von Früchten und Samen, aber auch von Insekten. Ihr Gefieder ist<br />

schwarz, weiß, braun, grau oder oliv gefärbt. Die Geschlechter sehen sich sehr ähnlich.<br />

Die meisten Tangare bauen ihre Nester in den Bäumen, nur einige nutzen kleine Höhlen oder bauen<br />

sie auf dem Boden. Oft helfen die Männchen beim Nestbau, doch die 2 – 3 Eier werden vom<br />

Weibchen alleine ausgebrütet. Die Brutzeit beträgt 12 – 18 Tage. Die Jungen werden von beiden<br />

Eltern gefüttert. Nach 11 – 24 Tagen verlassen sie das Nest.<br />

Passerinitangar, Scarlet-Rumped Tanager (Ramphocelus passerinii)<br />

Die 16 cm großen und 31 g schweren Passerinitangare sind vor allem im karibischen Tiefland, sowie<br />

an der südlichen Pazifikküste heimisch. Diese Vögel sind bis in Höhenlagen von 1.200 m anzutreffen.<br />

Sie halten sich vor allem im Sekundärwald, im Gebüsch oder in Gärten auf.<br />

Die Männchen tragen fast überall samtschwarzes Gefieder. Der untere Abschnitt des Rückens ist<br />

jedoch scharlachrot gefärbt. Der dicke Schnabel ist silbrigglänzend mit schwarzem Ende. Die Beine<br />

sind schwarz.<br />

Die Weibchen der karibischen Rasse haben einen braungrauen Kopf. Der Rücken ist olivgrün, der<br />

Bauch ist blasser und leuchtender gefärbt. Die Flügel sind dunkel, der Schnabel ist grau. Bei den<br />

Weibchen der pazifischen Rasse sind die Kehle und der Bauch orange gefärbt ist.<br />

Das Nest wird aus trockenen Blättern gebaut, die mit fasrigem Material zusammengebunden<br />

werden. Es befindet sich meist in einer Höhe von 0,3 – 6 m. Die Weibchen legen zwei<br />

blassblaue oder graue Eier.<br />

Kopfbindentyrann<br />

(Coryphotriccus albovittatus)<br />

Mangrovenschwalbe<br />

(Tachycineta albilinea)<br />

Passerinitangar<br />

(Ramphocelus passerinii)<br />

148


Andrea Pichlmair<br />

5.5.3 Trogoniformes (Trogone)<br />

Vögel<br />

TROGONIDAE: TROGONS<br />

Quetzal, Resplendent Quetzal (Pharomachrus mocinno)<br />

Dieser Vogel erreicht eine Größe von 36 cm und ein Gewicht von 210 g. Die Männchen können noch<br />

einen 64 cm langen Schwanz tragen. Die Vögel sind prachtvoll gefärbt. Der Bauch ist leuchtend rot<br />

befiedert. Die Brust ist grün-blau gefärbt. Der Schnabel der Männchen ist elfenbeinfarben. Die<br />

Weibchen sind grün befiedert.<br />

Der Quetzal kommt in Höhenlagen über 1.200 m vor. Sie bewohnen die feuchten Wälder.<br />

Das Weibchen legt zwei blassblaue Eier in ein Baumloch.<br />

5.5.4 Falconiformes (Greifvögel)<br />

Das größte Merkmal der Vögel dieser Ordnung ist ihr stark hakenförmiger Schnabel.<br />

CATHARTIDAE: NEUWELTGEIER<br />

Es sind sieben Arten von Neuweltgeiern bekannt. Sie erreichen ein Gewicht von bis zu 12 kg und eine<br />

Flügelspannweite von 3 m. Das Gefieder ist meistens schwarz gefärbt. Sie haben einen kahlen Kopf,<br />

der rot, gelb oder schwarz gefärbt sein kann. Sie gleiten durch die Lüfte auf der Suche nach Aas,<br />

ihrem Hauptnahrungsmittel. Manchmal töten sie kleine lebende Tiere oder essen Früchte.<br />

Die Neuweltgeier bauen keine Nester, sondern legen 1 – 2 weißen Eier auf den Boden, in Höhlen<br />

oder in irgendeinen anderen geschützten Platz. Beide Elternteile brüten, suchen Futter und ziehen die<br />

Jungen auf. Die Brutzeit beträgt 32 – 58 Tage. Nach 10 – 25 Tagen können die Jungen fliegen.<br />

Truthahngeier, Turkey Vulture (Cathartes Aura)<br />

Die 76 cm großen und 1,4 kg schweren Truthahngeier sind schwarz gefärbt. Sie sind an ihrem<br />

nackten, roten Kopf leicht zu erkennen. Bis in Höhenlagen von 2.000 m sind diese Vögel überall<br />

anzutreffen. Sie ernähren sich hauptsächlich von Aas. Sie sind entweder allein oder in Gruppen von<br />

bis zu fünf Vögeln unterwegs.<br />

Rabengeier, Black Vulture (Coragyps atratus)<br />

Die Rabengeier sind komplett schwarz gefärbt. Sie sind 64 cm groß, wiegen 1,8 kg und sind<br />

hauptsächlich in Stadtnähe, aber auch in offenen <strong>La</strong>ndschaften zu finden. Sie ernähren sich<br />

hauptsächlich von Früchten und frisch geschlüpften Meeresschildkröten.<br />

Königsgeier, King Vulture (Sarcoramphus papa)<br />

Dieser 81 cm große und 3,5 kg schwere Vogel ist schwarz gefärbt und dem Rabengeier sehr ähnlich.<br />

Er lebt hauptsächlich in lichtem Wald, manchmal in sehr großen Höhen.<br />

ACCIPITRIDAE: FALKEN, ADLER<br />

Die meisten der 205 Arten, die zu dieser Familie gehören, sind großartige Flieger. Alle Arten haben<br />

starke Beine mit scharfen Krallen. Ihr Gefieder ist meistens grau, braun, schwarz und weiß. Die<br />

Weibchen sind größer als die Männchen, haben jedoch meistens dieselbe Farbe. Normalerweise jagen<br />

diese Vögel in eigenen Jagdrevieren, die sie paarweise verteidigen.<br />

Das Nest aus Stöcken und Blättern wird von beiden Geschlechtern gebaut. Das Weibchen brütet die<br />

1 – 6 weißen Eier aus. Die Brutzeit beträgt 28 – 49 Tage. Nach 28 – 120 Tagen können die Jungen<br />

fliegen. Die Jungen bleiben normalerweise bei den Eltern bis sie genügend Erfahrung beim Jagen<br />

haben.<br />

Wegebussard, Roadside Hawk (Buteo magnirostris)<br />

Das Gefieder dieses Greifvogels ist überwiegend grau, die Bauchseite ist hellbraun und weiß, die<br />

Flügel sind dunkelbraun, Beine und Schnabel sind gelb gefärbt. Er ist 290 g schwer und 38 cm groß.<br />

149


Andrea Pichlmair<br />

Vögel<br />

Er kommt hauptsächlich an der südlichen Pazifikküste an Lichtungen, breiten Straßen und Feldern<br />

vor. Er ernährt sich hauptsächlich von Insekten oder kleinen Säugetieren und Reptilien, die er mit<br />

seinem scharfen, hakenförmigen Schnabel jagt.<br />

Rabengeier<br />

(Coragyps atratus)<br />

„Schnecken-Milan“ (Rostrhamnus sociabilis)<br />

Wegebussard<br />

(Buteo magnirostris)<br />

5.5.5 Pelecaniformes (Ruderfüßer)<br />

Die Vögel dieser Ordnung sind die einzigen, bei denen alle vier Zehen mit einer Schwimmhaut<br />

verbunden sind.<br />

PELECANIDAE: PELIKANE<br />

Pelikane sind große Vögel mit kurzen Beinen, großen Flügel, langem Nacken und großem,<br />

geradem Schnabel mit einem großen Beutel. Das Gefieder ist weiß, grau oder braun. Die<br />

Geschlechter sehen gleich aus, obwohl die Männchen meistens größer sind. Die Farbe des Gesichts,<br />

des Schnabels, des Beutels und der Augen verändert sich während des Brutzyklus. Pelikane brüten in<br />

Kolonien und fliegen oft in V-Formationen. Sie fressen hauptsächlich Fisch, den sie beim<br />

Schwimmen fangen. Sie tauchen nicht unter, sondern fahren nur mit dem Schnabel ins Wasser. Dieser<br />

ist perforiert, sodass das Wasser abrinnen kann und sie es nicht mit dem Fisch mitschlucken müssen.<br />

Beide Geschlechter helfen beim Nestbau, beim Brüten der 1 – 4 weißen Eier und beim Füttern der<br />

Jungen.<br />

American White Pelican (Pelecanus erythrorhynchos)<br />

Diese 125 cm großen Seevögel erreichen ein Gewicht von 7 kg. Ihr Gefieder ist schwarz, ihr Schnabel<br />

ist gelb gefärbt. Ihre natürlichen Lebensräume sind Süßwasser-<strong>La</strong>gunen, Sumpfland und manchmal<br />

auch ruhige Buchten an der Pazifikküste.<br />

Braunpelikan, Brown Pelican (Pelecanus occidentalis)<br />

Diese Seevögel wiegen 3 kg und werden 109 cm groß. Sie sind großartige Segelflieger und<br />

Sturztaucher. Sie gleiten über der Wasseroberfläche dahin und stürzen dann plötzlich ins Wasser um<br />

Fische zu fangen. Ihr Körper ist braungrau, der Kopf weiß, die Füße schwarz und der Schnabel ist<br />

bräunlich gefärbt. Sie sind hauptsächlich an der Pazifikküste zu finden.<br />

PHALACROCORACIDAE: KORMORANE<br />

Die Familie der Kormorane beherbergt 28 Arten mittelgroßer bis großer Wasservögel. Sie haben<br />

kurze Beine, einen langen Hals und einen länglichen Körper. Der Schnabel ist zylinderartig mit<br />

einem Haken am Ende. Das Gefieder ist meistens schwarz, nur wenige Exemplare sind grau. Diese<br />

Wasservögel leben sowohl an den Küstengewässern, als auch an den Gewässern im <strong>La</strong>ndesinneren,<br />

wo sie nach Fischen jagen. Das Gefieder ist nicht wasserabweisen und muss deshalb nach dem<br />

Tauchen getrocknet werden. Beide Geschlechter helfen beim Nestbau, beim Brüten der 2 – 4<br />

150


Andrea Pichlmair<br />

Vögel<br />

blaugrünen Eier und beim Aufziehen der Jungen, die nach 5 – 8 Wochen das Nest verlassen.<br />

Olivaceous Cormorant (Phalacrocorax olivaceus)<br />

Dieser Vogel ist der einzige Kormoran, der nur in Costa Rica vorkommt. Er erreicht eine Größe von<br />

66 cm und ein Gewicht von 1,1 kg. Er ist vor allem in der Nähe von flachen klaren Gewässern zu<br />

finden, wie zum Beispiel an Flüssen, Seen, an offenen Sumpflandschaften und Salzseen. Hier jagen sie<br />

in Gruppen nach Fischen. Sie sind ausgezeichnete Taucher.<br />

Er trägt überwiegend schwarzes Gefieder. Der Kopf und der Hals sind braun gefärbt. Der Schnabel ist<br />

grau bis schwarz, die Füße sind ebenfalls schwarz. Das Nest ist eine kompakte Fläche aus Stöcken und<br />

wird in einer Höhe von 9 – 30 m in die Baumkronen gebaut. Die Weibchen legen 3 – 4 Eier.<br />

ANHINGIDAE: ANHINGAS<br />

Die Familie der Anhingas besteht aus vier Arten. Ihre nähesten Verwandten sind die Kormorane. Sie<br />

sind durch den langen schlangenartigen Hals und den spitzen länglichen Schnabel erkennbar. Die<br />

Beine sind kurz. Zwischen den Zehen tragen sie Schwimmhäute. Ihr Körper ist ca. 90 cm lang und<br />

dunkel gefärbt. Nur der Hals, die Brust und der Kopf sind hell befiedert. Diese Wasservögel findet<br />

man vor allem im Tiefland der Küstenebenen, wie zum Beispiel rund um den Nationalpark Caño<br />

Negro. Sie ernähren sich ausschließlich von Fischen, die sie mit ihrem Schnabel unter Wasser<br />

aufspießen und sind deshalb nur am Wasser zu finden. Das Gefieder ist nicht eingefettet und muss<br />

deshalb nach jedem Tauchgang getrocknet werden. Aus diesem Grund sieht man die Vögel oft mit<br />

ausgebreiteten Flügeln auf Ästen sitzen.<br />

Sie legen 3 – 5 Eier, in Nester aus Stöcken welche mit Moos oder Gras ausgelegt und in Baumkronen<br />

oder Büsche gebaut werden. Die Brutzeit beträgt ca. vier Wochen. Nach fünf Wochen verlassen die<br />

Jungen das Nest und nach zwei Wochen können sie fliegen.<br />

Amerikanischer Schlangenhalsvogel, Anhinga (Anhinga anhinga)<br />

Der Schlangenhalsvogel erreicht eine Größe von 86 cm und ein Gewicht von 1,2 kg. Er hat einen<br />

extrem langen und dünnen Hals und einen kleinen Kopf. Der Schnabel ist lang, scharf und spitz. Die<br />

Flügel sind groß. Der Körper ist überwiegend schwarz befiedert und teilweise grau, weiß und braun<br />

gefleckt.<br />

Der Schlangenhalsvogel lebt vorzugsweise an Seen, Flüssen, <strong>La</strong>gunen und in den Mangroven. Hier<br />

schwimmt er schlangenartig im Wasser und jagt nach Fischen. Er ernährt sich aber auch von Insekten,<br />

jungen Kaimanen und kleinen Schildkröten.<br />

Das Nest, eine Fläche aus Stöcken, ist mit Blättern ausgelegt und befindet sich etwa 6 m über dem<br />

Boden. Die Weibchen legen 3 – 5 blaugrüne Eier.<br />

Braunpelikan (Pelecanus<br />

occidentalis), Golfo Dulce<br />

Neotropischer Kormoran<br />

(Phalacrocorax brasilianus)<br />

Amerik. Schlangenhalsvogel<br />

(Anhinga anhinga)<br />

FREGATIDAE: FREGATTVÖGEL<br />

Zur dieser Familie gehören fünf Arten. Die Fregattvögel sind große Seevögel mit extrem langen<br />

Flügeln, kurzen Beinen und Füßen und einem langen hakenförmigen Schnabel.<br />

Ihr Gefieder ist überwiegend schwarz, mit einem weißen Bauch. Der rote Bereich an der Kehle der<br />

Weibchen kann zu einem großen roten Ballon aufgeblasen werden, um sich den Männchen zur Schau<br />

zu stellen. Ansonsten sehen die Weibchen den Männchen sehr ähnlich, sind jedoch erheblich größer.<br />

151


Andrea Pichlmair<br />

Vögel<br />

Fregattvögel sind großartige Künstler der Lüfte. Sie sind Räuber und ernähren sich hauptsächlich<br />

von dem was sie knapp unter der Wasseroberfläche des Ozeans finden können: Fische, Quallen, etc.<br />

Manchmal stehlen sie aber auch den Fang anderer Artgenossen, wenn diese ihn irrtümlich ausspeien.<br />

Das Nest besteht aus Stöcken und befindet sich an der Spitze von Büschen oder Bäumen. Es wird vom<br />

Männchen mit dem Material gebaut, das das Weibchen bringt. Beide Geschlechter brüten das einzelne<br />

weiße Ei aus und füttern das Junge, das nackt schlüpft. Nach 6 – 8 Wochen schlüpft das Junge. Nach<br />

weiteren fünf Wochen kann es fliegen. Es bleibt aber mindestens noch ein Jahr bei der Mutter.<br />

Magnificent Frigatebird (Fregata magnificens)<br />

Dieser Fregattvogel erreicht eine Größe von 91 cm und ein Gewicht von 1,2 kg. Er ist vor allem an<br />

den Küstengewässern heimisch. Hier jagen sie nach Fischen und Schildkröten.<br />

Die Männchen sind überwiegend schwarz befiedert. Die Flügel sind eher braun gefärbt. Der Schnabel<br />

ist grau. Die Kehle ist pink.<br />

Die Kehle und der Kopf der Weibchen sind schwarz. Ihr Bauch ist weiß befiedert. Die Flügel sind<br />

blassbraun gefärbt. Das Nest ist eine Fläche aus Ästen.<br />

Great Frigatebird (Fregata minor)<br />

Mit einer Größe von 89 cm und einem Gewicht von 1 kg ist der „Great Frigatebird” etwas kleiner als<br />

der “Magnificent Frigatebird”. Das Gefieder ist aber sehr ähnlich gefärbt.<br />

Die Fregattvögel zweier unterschiedlicher Arten sind sich gegenüber meistens aggressiv.<br />

5.5.6 Ciconiiformes (Schreitvögel)<br />

Die Hauptmerkmale der Vögel dieser Ordnung sind ihre langen Beine und ihr langer Hals.<br />

Meistens waten diese Vögel durch das Wasser auf der Suche nach Nahrung.<br />

ARDEIDAE: REIHER<br />

Das besondere Kennzeichen der 58 Arten von Reihern ist ihr langer Hals, den sie nach vorne schnellen<br />

lassen können, um mit ihrem speerförmigen Schnabel Insekten, Wirbeltiere oder wirbellose Tiere zu<br />

schnappen oder aufzuspießen. Sie fliegen meistens mit angezogenem Hals.<br />

Diese Vögel leben im Sumpfland, an Küsten und an Flüssen.<br />

Ihr Gefieder kann weiß, grau, blau, braun oder purpur gefärbt sein. Die Farbe des Schnabels, der<br />

Beine und des Gesichts verändert sich regelmäßig. Die beiden Geschlechter sehen sich sehr ähnlich.<br />

Die Männchen sind jedoch meistens größer. Die meisten Reiher leben in Kolonien.<br />

Das Nest aus Stöcken wird meistens vom Weibchen gebaut. Die Brut der blauen oder weißen Eier,<br />

sowie die Aufzucht der Jungen, wird von beiden Eltern übernommen. Nach 16 - 30 Tagen schlüpfen<br />

die Jungen und verlassen das Nest nach 35 – 50 Tagen.<br />

Kuhreiher, Cattle Egret (Bubulcus ibis)<br />

Die 51 cm großen und 350 g schweren Kuhreiher sind meistens auf Weideflächen, Wiesen und großen<br />

Lichtungen zu finden. Sie halten sich in der Nähe von Pferden oder Kuhherden auf, wo sie nach<br />

Insekten jagen.<br />

Ihr gesamter Körper ist weiß gefärbt. Der Schnabel ist gelb und die Beine sind schwarz. Diese Vögel<br />

haben im Gegensatz zu den anderen Reihern einen relativ kurzen Hals. Ursprünlich stammt der<br />

Kuhreiher aus Afrika, wurde aber in den 1950er Jahren nach Südamerika verschleppt und breitet sich<br />

nun in ganz Südamerika bis Argentinien und Richtung Norden bis nach Nordamerika aus.<br />

Kahnschnabelreiher, Boat-Billed Heron (Cochlearius cochlearius)<br />

Die Kahnschnabelreiher erreichen eine Größe von 51 cm und ein Gewicht von 600 g. Sie sind sehr<br />

leicht an ihrem großen Kopf, den großen dunklen Augen und dem mächtigen schuhförmigen Schnabel<br />

erkennbar. Diese Vögel tragen einen schwarzen Federschopf, der am Hinterkopf herabhängt. Das<br />

Gefieder an der Stirn und an der Kehle ist weiß gefärbt. Das Gesicht ist schwarz, der Bauch ist<br />

blassrosa und die Flügel sind aschgrau gefärbt.<br />

Die Kahnschnabelreiher leben hauptsächlich an bewaldeten Flussläufen, in Mangroven oder an<br />

Flussmündungen. In der Nacht jagen sie nach Fischen.<br />

152


Andrea Pichlmair<br />

Vögel<br />

Sie brüten in kleinen Kolonien. Die Nester bestehen aus Stöcken und werden in einer Höhe von 1 – 5<br />

m gebaut.<br />

Blaureiher, Little Blue Heron (Egretta caerulea)<br />

Der Blaureiher ist mit 61 cm Körpergröße und 325 g Körpergewicht ein mittelgroßer Vertreter dieser<br />

Familie. Das Gefieder ist an Körper und Flügel dunkel graublau, an Kopf und Nacken ist es<br />

dunkelbraun gefärbt. Der Schnabel ist hauptsächlich grau und nur an der Spitze schwarz. Die Beine<br />

sind graugrün gefärbt. Während der Brutzeit geht die Gesichtsfarbe in blau über.<br />

Der Blaureiher ist hauptsächlich in <strong>La</strong>gunen, an Salzseen, Flüssen und im Sumpfland anzutreffen.<br />

Das Nest wird aus Stöcken in den Mangroven, in einer Höhe von 2 – 4 m gebaut. Darin legen die<br />

Blaureiher 2 – 4 blaugrüne Eier.<br />

Seidenreiher, Snowy Egret (Egretta thula)<br />

Der gänzlich weiß gefärbte Seidenreiher erreicht eine Größe von 61 cm und ein Gewicht von 375 g.<br />

Nur der Schnabel und die Beine sind schwarz, die Füße sind gelb.<br />

Die Seidenreiher halten sich vor allem in der Nähe von Sumpfland, Flussmündungen, <strong>La</strong>gunen und<br />

Salzseen bis in Höhenlagen von 700 m auf.<br />

Das Nest aus Stöcken befindet sich in der Nähe von Gewässern, in einer Höhe von 2 – 4 m, in das 3 –<br />

4 blaugrüne Eier gelegt werden.<br />

Silberreiher, Great Egret (Casmerdius albus)<br />

Mit einer Größe von 101 cm und einem Gewicht von 950 g ist der Silberreiher der größte Vertreter<br />

seiner Familie. Von allen Reihern besitzt er den längsten Hals. Er ist komplett weiß befiedert. Die<br />

Beine sind lang und schwarz. Der Schnabel ist gelb gefärbt.<br />

Er hält sich hauptsächlich in der Nähe von Flüssen und Sumpfland auf. Seine Hauptnahrungsquelle<br />

sind Fische und Frösche.<br />

Die 2 – 3 blaugrünen Eier werden in ein Nest aus dünnen Zweigen gelegt.<br />

THRESKIORNITHIDAE: IBIS, LÖFFLER<br />

Die Familie der Ibise und Löffler umfasst 33 Arten. Sie sind vor allem in den tropischen Breiten<br />

heimisch. Die Arten dieser Familie haben kürzere Beine und Hälse als die meisten Reiher. Ihr<br />

Gefieder ist meistens weiß, braun oder schwarz gefärbt, manchmal aber auch rosa oder rot. Die<br />

Schnäbel der Ibise sind gebogen, die der Löffler sind an der Spitze abgeflacht. Alle Mitglieder dieser<br />

Familie können sehr gut fliegen.<br />

Ibise und Löffler ernähren sich hauptsächlich von Fisch, Insekten und manchmal auch von Gemüse.<br />

Sie sind Bewohner des Sumpflandes oder der Küste. Manche Vögel leben aber auch im Wald.<br />

Beide Geschlechter beteiligen sich am Nestbau, am Ausbrüten der 2 – 5 weiß bis blauen Eier, und an<br />

der Aufzucht der Jungen. Das Nest besteht aus Stöcken oder Gras und befindet sich in den Bäumen,<br />

am Boden oder am Riff. Die Brutzeit beträgt 21 – 29 Tage. Nach 30 – 50 Tagen können die Jungen<br />

fliegen.<br />

Green Ibis (Mesembrinibis cayennensis)<br />

Dieser Vertreter erreicht eine Größe von 56 cm und ein Gewicht von 650 g. Er hat einen schweren<br />

Körper und weite Flügel. Der Schnabel ist eher klein und schmächtig. Das Gefieder ist schillernd<br />

grünschwarz gefärbt, mit einem leichten grünen Glanz, der aus dem unterem Gefieder hervordringt.<br />

Am Hinterhaupt trägt dieser Ibis einen zotteligen Kamm. Das Gesicht ist dunkelgrau, mit einem<br />

grünen Farbton über den Augen. Das Kinn ist eher pink und die Kehle ist matt blaugrau gefärbt. Der<br />

Schnabel ist blassgrün mit gelber Spitze.<br />

Er lebt vorzugsweise an bewaldeten Sümpfen und schlammigen Wegen im Wald. Beim Waten durch<br />

das Wasser durchsucht er den Schlamm mit dem Schnabel nach Futter. Er ist sesshaft und vor allem<br />

im karibischen Tiefland anzutreffen. Auch in der Gegend um den Río Frío und in Sümpfen an der<br />

Küste nördlich und südlich von Limón ist er heimisch und weit verbreitet.<br />

153


Andrea Pichlmair<br />

Vögel<br />

Schneesichler, White Ibis (Eudocimus albus)<br />

Der Schneesichler ist 63 cm groß und wiegt 700 g. Er ist ein sesshafter Vertreter dieser Familie und<br />

kommt vor allem am Golfo de Nicoya, im Tempisquebecken und im Gebiet um den Río Frío vor.<br />

Saisonal ist er sowohl in der Gegend um den Río Frío als auch an der südlichen Pazifikküste<br />

anzutreffen.<br />

Sein Schnabel ist eher schmal. Es ist der einzige Ibis, der ein fast gänzlich weißes Federkleid trägt.<br />

Nur die Flügelspitzen sind schwarz gefärbt. Das Gesicht ist unbefiedert. Der Schnabel und die Beine<br />

sind rot. Er kommt bevorzugt an Süßwasser und Salzwasserseen vor. Er hält sich überall dort auf, wo<br />

er weichen Schlamm finden kann, den er nach Nahrung durchsucht. Der Schneesichler ist ein<br />

geselliger Vogel, der in Gruppen nach Nahrung sucht. Die Schneesichler lassen sich auf Bäumen<br />

nieder. Am Schlafplatz, der sich meistens in den Mangroven befindet, versammeln sich die Tiere.<br />

Das Nest ist eine Plattform aus Zweigen und wird mit Blättern ausgelegt. Es befindet sich meistens in<br />

den Mangroven, in einer Höhe von 1 – 5 m.<br />

Glossy Ibis (Plegadis falcinellus)<br />

Dieser 85 cm große und 500 g schwere Ibis hat einen langen, dunklen, schmächtigen Schnabel. Das<br />

Gefieder ist überwiegend dunkel und glänzend, kastanienbraun gefärbt. Die Flügel sind schwarz mit<br />

einem metallisch grünen Glanz. Der Kopf und der Hals sind weiß gefärbt. Das Gesicht ist<br />

überwiegend grau. Die Beine sind schwarz.<br />

Dieser Vertreter sucht entweder alleine oder in einer kleinen Gruppe nach Nahrung. Um diese zu<br />

finden, durchsucht er den weichen Schlamm im seichten Wasser. Er hält sich vorwiegend im Sumpf,<br />

am Seerand und an überflutetem Weideland auf. Das Nest wird aus Halmen 2 – 5 m über dem Boden<br />

gebaut. Dieser Vogel kommt bevorzugt in der Gegend um Guanacaste vor, aber auch in der Gegend<br />

um den Río Frío.<br />

Rosa Löffler, Roseate Spoonbill (Ajaja ajaja)<br />

Dieser 81 cm große und 1,4 kg schwere Vertreter ist vor allem im Tempisquebecken, am Río Frío und<br />

in der Gegend des Golfo de Nicoya heimisch.<br />

Charakteristisch ist sein spatelförmiger Schnabel. Er ist der einzige rosarote Vogel in dieser Gegend.<br />

Sein Kopf ist unbefiedert und eher grün. Der übrige Körper ist rosa befiedert. Der Schnabel ist auch<br />

eher grün, die Beine sind rot. Er ist ein sehr geselliger Vogel, der sich in Gruppen zum schlafen<br />

niederlässt. Auch gejagt und gebrütet wird in Gruppen. Er hält sich hauptsächlich in der Nähe von<br />

Süßwasser oder Salzwasser auf. Hier taucht er mit dem Schnabel oder mit dem ganzen Kopf unter. Er<br />

kehrt mit dem offenen Schnabel über den Grund. Mit den Füßen wühlt er den Schlamm auf und<br />

scheucht so Fische, Krustentiere und Insekten auf. Wenn er etwas berührt, schnappt er mit dem<br />

Schnabel zu. Das Nest wird aus Stöcken gebaut und befindet sich etwa 1,2 – 5 m über dem Boden in<br />

den Mangroven.<br />

Kahnschnabelreiher<br />

(Cochlearius cochlearius)<br />

Silberreiher<br />

(Casmerdius albus)<br />

Rosa Löffler<br />

(Ajaja ajaja)<br />

154


Andrea Pichlmair<br />

5.5.7 Galliformes (Hühnervögel)<br />

Vögel<br />

CRACIDAE: CHACHALACAS<br />

Die 44 Arten dieser Familie sind bevorzugt in den wärmeren Regionen Amerikas heimisch. Die<br />

meisten leben in feuchten Wäldern oder in den Wäldern der trockenen Regionen. Die Chachalacas<br />

vermeiden dichte Wälder und bevorzugen lichtere Vegetation. Einige wenige Arten kommen auch in<br />

großen Höhen in den Bergen vor.<br />

Ihr Gefieder ist überwiegend grau, braun, rotbraun, olivgrün, weiß oder schwarz. Nur die<br />

unbefiederten Stellen sind leuchtend gefärbt. Beide Geschlechter sind sehr ähnlich gefärbt. Die<br />

Männchen sind fast immer größer als die Weibchen.<br />

Diese Vögel ernähren sich hauptsächlich von Früchten und Blättern, die sie entweder von den Bäumen<br />

rupfen oder die schon zu Boden gefallen sind.<br />

Die Nester sind primitiv aus Stöcken und Blättern gebaut. Nur selten befinden sie sich am Boden. Die<br />

Weibchen legen 2 – 4 weiße Eier, dessen Schale rau ist. Die Brutzeit beträgt 22 – 34 Tage. Bald<br />

danach verlassen die Küken das Nest und hüpfen durch das Gebüsch, wo sie vom Schnabel der Eltern<br />

gefüttert werden.<br />

Mit der raschen Zerstörung der Wälder werden diese prächtigen Vögel immer seltener.<br />

Plain Chachalaca (Ortalis vetula)<br />

Der 56 cm große und 650 g schwere Chachalaca hat einen kleinen Kopf und einen langen Hals. Die<br />

Kehle ist nackt und leuchtend rot. Der Kopf und der Hals sind grau befiedert. Der Körper und die<br />

Flügel sind matt olivbraun. Die Füße sind schwarz gefärbt.<br />

Dieser Hühnerartige Vogel bevorzugt trockene und feuchte Wälder, vor allem wenn dort Gebüsch<br />

oder Savanne vorhanden ist. Er ist sesshaft und kommt vor allem im Gebirge der Península de Nicoya<br />

vor. Er ist sehr gesellig und deshalb meistens in Gruppen von bis zu 15 Vögeln zu finden.<br />

Das Nest wird aus Pflanzenfasern gebaut und mit Blättern ausgelegt.<br />

Graukopfguan, Gray-Headed Chachalaca (Ortalis cinereiceps)<br />

Der Graukopfguan wiegt 55 g und erreicht eine Größe von 51 cm. Er ist ein sesshafter Vogel und<br />

kommt vorwiegend im Tiefland der Pazifikküste und der Karibikküste vor. Er bevorzugt Dickicht, das<br />

vereinzelt mit Bäumen durchsetzt ist. Oft ist er auch im Gebüsch entlang von Flüssen zu finden.<br />

Der Graukopfguan ist ein geselliger Vogel, der meist in Gruppen von 12 und mehr Tieren vorkommt.<br />

Sein Kopf und sein Hals sind dunkelgrau gefärbt. Die nackten Stellen an seiner Kehle sind rot. Der<br />

Körper ist überwiegend dunkelbraun befiedert, der Bauch ist weiß. Der Schnabel und die Beine sind<br />

grau.<br />

5.5.8 Charadriiformes (Regenpfeiferartige)<br />

Diese Ordnung, zu der viele Wasservögel gehören, kann in zwei große Gruppen unterteilt werden: die<br />

Küstenvögel im weiteren Sinne, mit langen Hälsen, Schnäbeln und Beinen und ohne Schwimmhäute<br />

an den Füßen und die Gruppe der Wasservögel, die drei Zehen mit Schwimmhäuten und kürzere<br />

Schnäbel und Hälse besitzen.<br />

JACANIDAE: JACANAS<br />

Die acht Arten der Jacana kommen vor allem in den tropischen und subtropischen Gebieten beider<br />

Halbkugeln vor. Das bemerkenswerteste Merkmal dieser Vögel ist die außergewöhnliche Länge ihrer<br />

Zehen und Zehennägel, die es ihnen ermöglichen ihr Gewicht auf den treibenden Pflanzen so zu<br />

verteilen, dass sie darauf gehen können. Sie bewohnen das Sumpfland, überflutete Weideflächen,<br />

<strong>La</strong>gunen und den Rand verschiedenster Süßwasserseen.<br />

Ihr Gefieder ist hauptsächlich rotbraun oder schwarz. Die Erwachsenen beider Geschlechter sind<br />

gleich gefärbt, aber die Weibchen sind größer. Sie ernähren sich von Tieren und Pflanzen, die sie<br />

sammeln während sie über das Wasser gehen.<br />

Mindestens zwei Arten, so auch das Gelbstirn-Blatthühnchen, sind polyandrisch. Während der<br />

Brutzeit verteidigt das Weibchen das Territorium, in dem außer ihr noch 2 – 4 Männchen leben. Das<br />

155


Andrea Pichlmair<br />

Vögel<br />

Nest wird meistens vom Männchen alleine aus Wasserpflanzen gebaut. Das Weibchen legt<br />

normalerweise vier Eier. Das Männchen brütet die Eier aus und bringt sie in Sicherheit falls der<br />

Wasserspiegel steigt und das Nest zu überfluten droht.<br />

Die Brutzeit beträgt 22 – 24 Tage. Die Küken werden vom Vater beschützt und aufgezogen. Das<br />

Weibchen hilft ihm dabei.<br />

Gelbstirn-Blatthühnchen, Northern Jacana (Jacana spinosa)<br />

Das Gelbstirn-Blatthühnchen erreicht eine Größe von 23 cm und<br />

ein Gewicht von 95 g. Es ist sehr schlank und hat lange Zehen. Die<br />

Flügel sind rund mit einem scharfen Sporn am Gelenk. Der Kopf,<br />

der Hals und die Brust sind schwarz befiedert. Der Körper ist<br />

kastanienbraun gefärbt. Der Schnabel ist gelb, die Beine sind<br />

grünlich.<br />

Es bewohnt Teiche, Sumpfland und überflutetes Weideland. Das<br />

Nest wird aus allem möglichen Pflanzenmaterial gebaut. Das<br />

Weibchen legt vier braune Eier.<br />

Das Gelbstirn-Blatthühnchen ist sesshaft und bewohnt die<br />

Gegenden um Guanacaste und den Río Frío.<br />

Gelbstirn-Blatthühnchen<br />

(Jacana spinosa)<br />

Wattled Jacana (Jacana jacana)<br />

Dieser Jacana ist dem Gelbstirn-Blatthühnchen in Gestalt und Größe sehr ähnlich. Er ist 23 cm groß<br />

und wiegt 95 g. Der Kopf, der Hals und der Körper sind überwiegend schwarz gefärbt und mehr oder<br />

weniger purpur glänzend. Der Kehllappen und die Basis des Schnabels sind rot gefärbt. Der restliche<br />

Schnabel ist gelb. Die Beine sind grau.<br />

Literaturangaben<br />

STILES, F. G., SKUTCH, A. F.: A guide to the birds of Costa Rica<br />

www.fotoreiseberichte.de<br />

www.google.com<br />

www.wikipedia.org<br />

156


Julia Kerschbaum, Elisabeth Wurglits<br />

Säugetiere<br />

5.6 SÄUGETIERE<br />

5.6.1 Primates (Affen)<br />

FAMILIE ATELIDAE: KLAMMERSCHWANZAFFEN<br />

Brüllaffen (Alouatta palliata)<br />

Der Brüllaffe hat ein nahezu schwarzes Fell, breite Schultern, einen gedrungenen Körperbau und<br />

seine Körpergröße beläuft sich auf 56 bis 92 cm. Die Tiere ernähren sich rein vegetarisch, sind<br />

tagaktiv und leben vorzugsweise in den Baumkronen in Gruppen von 10 bis 18 Individuen, seltener<br />

sind Gruppen bis zu 45 Individuen zu finden. Sie bewegen sich langsam und sind oft sehr unauffällig.<br />

Ihre Anwesenheit kann man oft durch die stark riechenden Exkremente am Boden bemerken. Öfter<br />

treffen sie damit Menschen auf den Kopf. Sie haben nur kleine Reviere und können daher auch in<br />

kleineren Waldabschnitten gut leben. Der Brüllaffe ist jener Affe den man in Parks am häufigsten<br />

sieht.<br />

CEBIDAE: KAPUZINERARTIGE<br />

Mittelamerikanisches Totenkopfäffchen (Saimiri oerstedii)<br />

Das mittelamerikanische Totenkopfäffchen kommt nur in Costa Rica und Panama an der Pazifikseite<br />

vor, wobei in Restwaldstücken die Populationsgröße oft nur klein ist. Die 25 bis 35 cm großen Tiere<br />

haben eine orange-goldene Farbe und ihr Kopf ist typisch maskenähnlich gezeichnet.<br />

Bemerkenswert ist, dass das Verhältnis Gehirnmasse zu Körpermasse 1:17 beträgt. Das bedeutet dass<br />

Totenkopfäffchen in Relation zu allen anderen Primaten das größte Gehirn besitzen. Beim Menschen<br />

vergleichsweise beläuft sich das Verhältnis Gehirnmasse zu Körpermasse auf 1:35. Weibliche<br />

Totenkopfäffchen besitzen einen Pseudo-Penis den sie, ähnlich wie Männchen, zur Schau stellen um<br />

ihre Dominanz über kleinere Äffchen zu zeigen.<br />

Weißkopfkapuzineraffen (Cebus capuchinus)<br />

Die tagaktiven, in Gruppen von 2 bis 24 Tieren lebenden Tiere können eine Körpergröße von 43 cm<br />

erreichen. Sie leben in Bäumen und ernähren sich von Früchten und Insekten. Ihr markantes Aussehen<br />

ist geprägt von einem rosa Gesicht das weiß behaart ist, das restliche Fell ist schwarz. Sie kämpfen um<br />

Reviere, was für die Gruppe der Kapuzineraffen untypisch ist. Ihr Lebensraum ist sehr ausgedehnt und<br />

schließt auch unruhige Wälder mit ein. Es handelt sich um sehr lebhafte und polygame Affen, welche<br />

die meiste Zeit mit Futtersuche verbringen.<br />

Mittelamerikanisches Spinnenäffchen (Ateles geoffroyi)<br />

Die 40 bis 60 cm großen braunen bis rötlichen Tiere leben in den obersten Schichten der Bäume in<br />

Gruppen von 1 bis 35 Tieren und sind tagaktiv. Ihre Nahrung besteht aus reifen Früchten, Blättern<br />

und Blüten, aber auch aus Insekten, Spinnen und Vogeleiern. Oft liegen sie regungslos in den Wipfeln<br />

und sind auch schwer zu entdecken. Alle ein bis vier Jahre bekommt ein Weibchen ein Junges.<br />

Brüllaffe (Alouatta palliata) im Nationalpark<br />

Cahuita<br />

Totenkopfäffchen (Saimiri oerstedii) in den<br />

Mangroven, Pazifikküste<br />

157


Julia Kerschbaum, Elisabeth Wurglits<br />

5.6.2 Rodentia (Nagetiere)<br />

Säugetiere<br />

AGOUTIDAE: PACAS<br />

Agouti paca<br />

Das Paca ist ein etwa 50 bis 70 cm großes, haselnuss- bis dunkelbraunes Nagetier mit weißen Flecken,<br />

die auch in Streifen übergehen können. Es ist charakterisiert durch kleine Ohren, einem<br />

Stummelschwanz, einer weißen Körper- und Halsunterseite und durch seinen schweren (etwa 6 – 14<br />

kg) schweineähnlichen Körperbau. Pacas laufen geräuschvoll und schwer durch das <strong>La</strong>ub. Sie sind<br />

nachtaktiv und ernähren sich von herabgefallenen Früchten und Wurzeln, wobei sie als<br />

Samenverbreiter im Regenwald eine wichtige Rolle spielen. Meist findet man sie in der Nähe von<br />

Wasser.<br />

Sie leben monogam als Paare in einem eigenen Revier, ihrer Futtersuche gehen sie aber allein nach.<br />

Tagsüber schlafen sie in kleinen Höhlen, die je über einen Haupteingang und mehrere versteckte<br />

Nebeneingänge verfügen die mit <strong>La</strong>ub verstopft werden.<br />

Das Verbreitungsgebiet ist Zentral- bis Südamerika. Wegen ihres kalbähnlichen zarten Fleisches sind<br />

sie für den Menschen sehr begehrt und werden deshalb gerne gejagt. Das ist der Hauptgrund warum<br />

die Tiere in manchen Gegenden schon verschwunden sind. Dort wo sie nicht gejagt werden, kann man<br />

sie oft und leicht entdecken. Aufgrund ihres großen Verbreitungsgebietes ist es aber unwahrscheinlich,<br />

dass sie ausgerottet werden. Zucht- und Auswilderungsprojekte gibt es bereits, wobei diese noch<br />

ausgeweitet werden sollten.<br />

DASYPROCTIDAE: AGUTIS<br />

Mittelamerikanisches Aguti (Dasyprocta punctata)<br />

Das Aguti hat eine Körpergröße von 50 bis 70 cm. Die tagaktiven und bodenlebenden Tiere ernähren<br />

sich vorwiegend vegetarisch von Samen, Früchten und Keimblättern von Jungpflanzen, Pilzen, Blüten,<br />

Blättern aber auch Insekten. Sie leben allein oder seltener als Paar.<br />

Die Tiere bevorzugen primäre Wälder mit dichtem Unterwuchs. Obwohl sie bejagt werden sind sie<br />

dennoch recht zahm und können auch gut in stark besuchten Naturreservaten beobachtet werden.<br />

Neugeborene leben in eigenen Höhlen, die vom Muttertier nicht betreten werden. Die Jungen werden<br />

von der Mutter herausgerufen und dann betreut. Agutis vergraben Samen für schlechte Zeiten und sind<br />

daher wichtige Samenverbreiter.<br />

SCIURUS: HÖRNCHEN<br />

Poás-Hörnchen (Syntheosciurus poasensis)<br />

Das etwa 25 cm große dunkelgrau-gelbe Hörnchen lebt endemisch am Vulkan Poás in Costa Rica.<br />

Bunthörnchen (Sciurus variegatoides)<br />

Die Körpergröße beträgt 20 bis 30 cm und der lange buschige Schwanz kann Körperlänge erreichen.<br />

Die Fellfarbe variiert von Brauntönen über weiß und gelb. Die Tiere sind weit verbreitet, werden<br />

wegen ihres Fleisches gejagt und können sich gut an unruhige Gegenden anpassen.<br />

Rotschwanzhörnchen (Sciurus granatensis)<br />

Die Rotschwanzhörnchen werden bis zu etwa 24 cm groß, sind tagaktiv, leben auf Bäumen und sind<br />

Einzelgänger. Ihre Nahrung setzt sich aus großen harten Nüssen von Palmen und anderen Bäumen,<br />

sowie auch aus Pilzen zusammen. Rotschwanzhörnchen bewegen sich in allen Kronenschichten auf<br />

der Suche nach Nahrung.<br />

Sie nisten in kleinen Baumhöhlen oder in Nestern aus Blättern, schlafen aber nicht immer in Nestern.<br />

Weibchen verteidigen ihre Territorien gegen andere Weibchen, die Männchen hingegen kennen so<br />

etwas wie Territorien nicht. Rotschwanzhörnchen sind weit verbreitet und passen sich auch gerne an<br />

unruhigere Gegenden an.<br />

158


Julia Kerschbaum, Elisabeth Wurglits<br />

Säugetiere<br />

Mittelamerikanisches Berghörnchen (Syntheosciurus brochus)<br />

Dieses Hörnchen kann 15 bis 18,5 cm groß werden. Aufgrund einiger Besonderheiten des Schädelbaus<br />

und der Zähne trennt man das Berghörnchen von den Eichhörnchen (Sciurus) ab und ordnet es der<br />

eigenen Gattung Syntheosciurus zu. Anders als Eichhörnchen geht das Berghörnchen Paarbindungen<br />

ein und ist sehr gesellig.<br />

Agouti paca, Gehege in <strong>La</strong> <strong>Gamba</strong><br />

Poás-Hörnchen<br />

(Syntheosciurus poasensis)<br />

Saccopteryx bilineata, Haupthaus<br />

in der <strong>Tropenstation</strong><br />

5.6.3 Microchiroptera (Fledermäuse)<br />

EMBALLONURIDAE: GLATTNASEN-FREISCHWÄNZE<br />

Sackflüge- oder Zweistreifenfledermaus (Saccopteryx)<br />

Die Tiere sind in der Regel kleine, spezialisierte Insektenfresser mit einer langen Schwanzflughaut<br />

und einem kurzen Schwanz. Viele haben Flügelbeutel, welche sozial als Geruchmarkierungsorgane<br />

genutzt werden. Meist hängen sie nicht von der Decke sondern frei von vertikalen Strukturen, jedoch<br />

mit dem Daumen kontakthaltend zum Substrat, meistens ein Baum, eine Höhlenwand oder die Wand<br />

eines Gebäudes. Die Gattung der Emballonuridae weist vier Fledermausarten auf, von denen hier nur<br />

eine besprochen wird.<br />

Saccopteryx bilineata:<br />

Das hintere Fell ist schwarz, das vordere heller, fast grau. Sie besitzen einen großen, sehr gut<br />

entwickelten Flügelbeutel, der bei Weibchen weniger offensichtlich ist. Die Unterarmlänge beträgt bei<br />

Männchen 41 bis 47 mm, bei Weibchen 44 bis 49 mm.<br />

Ihr Verbreitungsgebiet liegt zwischen Mexiko und Brasilien. In Costa Rica kommen sie vom Pazifik<br />

bis hin zur Karibik vor. Sie wurden aber auch schon in San Vito und im Central Valley entdeckt.<br />

In der <strong>Tropenstation</strong> hatten wir das Glück, dass ein Exemplar dieser Art es sich im Haupthaus<br />

gemütlich machte.<br />

PHYLLOSTOMIDAE: BLATTNASEN<br />

Vampirfledermäuse (Desmodontinea)<br />

Die Vampirfledermäuse stellen eine Unterfamilie der Blattnasen dar und sind leicht an ihrer<br />

vergrößerten Nasenauflage, anstatt eines Nasenblattes und an ihren, in hohem Grade veränderten,<br />

oberen Schneide- und Hundezähnen zu erkennen. Sie sind mittelgroß und besitzen einen länglichen<br />

Daumen, mit dem sie, durch eine spezielle Flügelmuskulatur und Skelettstruktur, fähig sind zu laufen<br />

und auf dem Boden zu springen wenn sie ihr Opfer attackieren.<br />

Zwei der drei Arten ernähren sich von Vögeln und nur eine Art ernährt sich von Säugetieren. Meist<br />

hängen sie in hohlen Bäumen oder Höhlen. Sie sind ausschließlich nachtaktiv.<br />

Gemeiner Vampir (Desmodus rotundus):<br />

Der Gemeine Vampir besitzt sehr lange Daumen, keinen Schwanz und nur eine kleine unbehaarte<br />

Schwanzflughaut.<br />

Größere Populationen dieser Art findet man in Costa Rica vor allem dort, wo Nutzvieh angesiedelt<br />

159


Julia Kerschbaum, Elisabeth Wurglits<br />

Säugetiere<br />

wurde, jedoch nicht über einer Höhe von 1.200 m.<br />

Sie landen nicht direkt auf ihren Opfern, sondern in deren Nähe und krabbeln oder hüpfen dann in die<br />

Richtung der Beute. Die kräftigen Hinterbeine und der lange Daumen stellen Anpassungen an diese<br />

Fortbewegungsweise dar.<br />

Zunächst suchen sich die Fledermäuse eine geeignete Stelle an ihrem Opfer. Ihre Bewegungen sind<br />

scheu und vorsichtig. Die unter Fledermäusen seltene Fähigkeit zu hüpfen dient dem schnellen<br />

Ausweichen für den Fall, dass sie entdeckt und vom Opfer mit Tritten oder Schwanzschlägen<br />

verscheucht werden. Vampire kämpfen nicht mit ihren Beutetieren, ihr Biss erfolgt in der Regel<br />

unbemerkt und oft wacht das schlafende Tier nicht einmal auf. Als Bissstelle bevorzugen sie nicht von<br />

Haaren oder Federn bedeckte Körperteile. Zunächst wird die Wunde abgeleckt. Der Speichel der<br />

Vampire enthält ein Betäubungsmittel. Anschließend werden eventuell vorhandene Haare oder Federn<br />

mit den Zähnen abrasiert. Mit den scharfen Schneidflächen der Eck- und Schneidezähne beißen sie ein<br />

Stück der Haut heraus. Die so entstehende Wunde ist rund drei bis zehn Millimeter breit und einen bis<br />

fünf Millimeter tief. Mit der Zunge schlecken sie das ausfließende Blut auf und pumpen es durch die<br />

Rillen an der Unterseite der Zunge in den Mund. Ein Gerinnungshemmer sorgt dafür, dass das<br />

austretende Blut nicht gerinnt. Der gesamte Vorgang kann bis zu zwei Stunden dauern, die eigentliche<br />

Nahrungsaufnahme bis zu 30 Minuten. Dabei nehmen die Tiere rund 20 bis 30 Milliliter Blut auf, eine<br />

Menge, die das Gewicht nahezu verdoppelt. Dadurch fällt es ihnen häufig recht schwer, sich wieder in<br />

die Luft zu erheben. Nach der Mahlzeit begeben sie sich zurück an ihren Schlafplatz, um zu verdauen.<br />

Der Blutverlust stellt für die Opfer weniger ein Problem dar, viel größer sind die Gefahren einer<br />

Infektion, insbesondere Tollwut.<br />

Der Gemeine Vampir hat seinen Namen von der Sagengestalt und nicht umgekehrt.<br />

Diese Art ist durch den Menschen gefährdet, da sie enorme Schäden verursacht. Höhlen werden<br />

gesprengt und ausgeräuchert, andere Methoden sind langsam wirkende Gifte.<br />

Die zwei anderen Vampirfledermausarten sind in Costa Rica nur sehr selten.<br />

5.6.4 Carnivora (Raubtiere)<br />

FELIDAE: KATZEN<br />

Ozelot (Felis pardalis; Leopardus pardalis)<br />

Die Körpergröße beträgt 55 bis 100 cm und das Fell ist gelb gefärbt, mit schwarzen Punkten. Der<br />

Schwanz ist kürzer als die Hinterbeine. Ozelots sind sowohl tag- als auch nachtaktiv. Nachts<br />

benützen sie gerne Trampelwege, die von Menschen angelegt wurden, während sie sich tagsüber im<br />

Gebüsch verstecken. Als reine Fleischfresser ernähren sie sich von Nagetieren, Vögeln und auch<br />

Eidechsen. Sie leben auf dem Boden und klettern nur selten auf Bäume, etwa um einen Bach zu<br />

überqueren oder zu rasten. Ozelots sind die am häufigsten gesichteten Katzen und oft kann man auch<br />

ihre Abdrücke am Boden erkennen. Wo sie nicht gejagt werden, leben sie auch gerne in offenen<br />

Wäldern in der Nähe von Dörfern.<br />

Puma (Felis concolor; Puma concolor)<br />

Obwohl mit durchschnittlich 130 cm eine der größten Katzen ist der Puma mit den Großkatzen nicht<br />

näher verwandt und wird daher zu den Kleinkatzen gezählt. Die Fellfarbe ist häufig gelblich bis<br />

silbergrau, jedoch sehr variabel. Der Schweif wird zur Spitze hin dunkler. Die Tiere sind tag- und<br />

auch nachtaktiv und fressen zumeist mittelgroße bis große Säugetiere wie Agutis, Pacas und Wild,<br />

aber auch kleinere Tiere wie Schlangen und Ratten. Pumas findet man im ganzen Regenwald, wo sie<br />

trockenen Boden bevorzugen. Weil sie so scheu sind, sieht man sie selbst dort nur selten, wo sie<br />

relativ häufig vorkommen.<br />

Oft reißen Pumas Weidetiere an Stellen wo man ihren Lebensraum in Weiden umgewandelt hat und<br />

natürliche Beute selten geworden ist. Es sind nur wenige Fälle von Angriffen auf den Menschen<br />

bekannt, obwohl Pumas Menschen manchmal aus reiner Neugier folgen. Pumas sind die Katzen mit<br />

der größten Anpassungsfähigkeit und man findet sie in vielen verschiedenen Klimazonen.<br />

160


Julia Kerschbaum, Elisabeth Wurglits<br />

Säugetiere<br />

Jaguar (Panthera onca)<br />

Der Jaguar ist im Durchschnitt 150 cm groß, kann aber bis zu 180 cm groß werden und ist damit die<br />

größte Katze des amerikanischen Doppelkontinents. Die Oberseite des Fells ist gelbbraun gefärbt mit<br />

den typischen Ringflecken, während die Unterseite heller gefärbt und schwarz gepunktet ist. Der<br />

Körper ist mit zwischen 70 kg (Weibchen) und 110 kg (Männchen) sehr schwer und auf Kraft und<br />

nicht auf Schnelligkeit ausgerichtet.<br />

Im Allgemeinen sind Jaguare in offenen Gebieten größer als Jaguare in Regenwäldern. Sie sind nachtund<br />

tagaktiv, leben auf dem Boden und allein.<br />

Sie fressen hauptsächlich größere Säugetiere wie Pekaris und Wild, aber auch Schildkröten, Kaimane<br />

und auch Vögel und Fische, wobei sie zu allen Tages- und Nachtzeiten jagen und dazu gerne von<br />

Menschen angelegte Pfade benutzen.<br />

Sie bevorzugen Habitate in der Nähe von Wasser. Große Tatzenabdrücke entlang von Flüssen sind<br />

daher normalerweise von Jaguaren. An entlegenen Orten wo sie nicht gejagt werden, kann man sie oft<br />

in der Morgensonne am Wasser liegend auffinden. Jaguare reißen Nutztiere wenn ihre natürliche<br />

Umgebung zerstört wurde und ihre Beutetiere durch z.B. Rinder ersetzt wurden. Sie sind sehr<br />

menschenscheu und flüchten sofort, dementsprechend selten sind Angriffe auf den Menschen.<br />

Trotzdem sind sie potentiell gefährlich und es empfiehlt sich im Allgemeinen nicht vor großen Katzen<br />

wegzulaufen, weil sie das zur Jagd animieren könnte. Angriff ist hier die beste Verteidigung: der<br />

Katze ins Gesicht schauen, auf sie zugehen und Lärm machen.<br />

Obwohl es schwer ist den Bestand zu dokumentieren, kann angenommen werden, dass sie in ihren<br />

Ursprungsländern selten geworden oder teilweise schon ausgerottet sind. Die größten Bedrohungen<br />

ergeben sich durch die Beliebtheit ihrer Felle, sowie durch den Rückgang ihrer natürlichen<br />

Wohnräume durch Waldrodungen und durch den rückläufigen Bestand ihrer Beutetiere.<br />

PROCYONIDAE: KLEINBÄREN<br />

Nasenbären (Nasua)<br />

Nasenbären sind für ihre lange bewegliche Nase bekannt, weiters besitzen sie kleine fast im Fell<br />

verborgene Ohren und einen langen buschigen Schwanz, der fast immer senkrecht getragen wird.<br />

Weibchen und Jungtiere leben in Gruppen, während Männchen Einzelgänger sind. Man findet sie<br />

sowohl in tropischen Regenwäldern als auch in Wüsten, am häufigsten sind sie allerdings in Wäldern<br />

zu finden. Sie sind Allesfresser, bevorzugen jedoch fleischige Nahrung. Anders als viele Kleinbären<br />

sind sie tagaktiv.<br />

Weißrüssel-Nasenbär (Nasua narica):<br />

Er weist die typische verlängerte, bewegliche Schnauze auf, die auf einem langgestreckten Kopf sitzt.<br />

Das Fell dieses Tieres ist meist graubraun gefärbt, typisch sind weiße Flecken an der Schnauze, an den<br />

Wangen, an der Kehle und am Bauch. Die Füße sind dunkler, fast schwarz. Der lange Schwanz ist<br />

geringelt, allerdings ist das Muster schwächer ausgeprägt als beim Südamerikanischen Nasenbären.<br />

Der Weißrüssel-Nasenbär findet sich am häufigsten in Wäldern, bewohnt dabei aber unterschiedliche<br />

Habitate von tropischen Regenwäldern, bis hin zu Gebirgswäldern. Er lebt sowohl auf den Bäumen als<br />

auch am Boden. Wenn er sich am Boden fortbewegt, hält er den Schwanz senkrecht nach oben, in den<br />

Bäumen dient er vorwiegend der Balance. Erwachsene Männchen sind manchmal nachtaktiv, in der<br />

Regel sind die Tiere im Gegensatz zu den meisten Kleinbären jedoch tagaktiv. Weibchen und<br />

Jungtiere leben in Gruppen, während Männchen Einzelgänger sind.<br />

Er ernährt sich vorwiegend von Insekten. Daneben gehören auch Spinnen, Skorpione, Krabben und<br />

kleine Wirbeltiere zu seiner Nahrung, auch Früchte und anderes Pflanzenmaterial werden verzehrt.<br />

Das Weibchen bringt zwei bis sieben Junge zur Welt. Zur Geburt errichtet es ein Blätternest in den<br />

Bäumen und zieht sich aus der Gruppe zurück. Die Jungen sind anfangs blind und mit dunkelgrauem<br />

Flaum bedeckt. Sie werden mit vier Monaten entwöhnt, sind mit 15 Monaten ausgewachsen und<br />

erreichen mit rund zwei Jahren die Geschlechtsreife.<br />

Zu den natürlichen Feinden zählen Katzen, Greifvögel und Riesenschlangen. Von Menschen wird er<br />

fast nicht gejagt, da er keine Schäden an Plantagen anrichtet und sein Fell wertlos ist.<br />

Waschbären (Procyon)<br />

Waschbären sind gekennzeichnet durch einen breiten Kopf mit spitzer Schnauze, abgerundeten<br />

Ohren und durch ihre kompakte Gestalt. Alle Arten besitzen eine schwarze, maskenartige Zeichnung<br />

161


Julia Kerschbaum, Elisabeth Wurglits<br />

Säugetiere<br />

im Gesicht, die von weißem Fell umrandet wird. Sie leben auf dem gesamten amerikanischen<br />

Kontinent, meist in Wäldern in der Nähe von Gewässern. Ihr Name kommt von dem Glauben, dass sie<br />

ihre Nahrung waschen, in Wirklichkeit tasten sie im Wasser jedoch danach.<br />

Krabbenwaschbär (Procyron cancrivorus):<br />

Er ähnelt dem Nordamerikanischen Waschbären, hat aber ein kürzeres graubraun gefärbtes Fell. Sein<br />

Schwanz ist geringelt. Er ist hauptsächlich in Südamerika beheimatet, sein Verbreitungsgebiet reicht<br />

von Costa Rica bis Uruguay.<br />

Er ist vorwiegend nachtaktiv und schläft tagsüber in Baumhöhlen. Er gilt als Einzelgänger, aber<br />

manchmal teilen sich mehrere Weibchen ein Territorium. Sein Tastsinn ist ausgezeichnet entwickelt.<br />

Er ist ein Allesfresser, jedoch stärker auf Krabben, Frösche, Krebse und Fische spezialisiert als seine<br />

Verwandten. Das Weibchen bringt meist 2 bis 5 Junge zu Welt. Die Jungen sind Nesthocker und ihre<br />

Augen öffnen sich erst nach ca. drei Wochen. Nach 2 bis 4 Monaten sind sie entwöhnt und mit einem<br />

Jahr geschlechtsreif.<br />

Wegen seines Fells und seines Fleisches wird der Krabbenwaschbär gerne gejagt. Er ist zwar seltener<br />

als sein nordamerikanischer Verwandter, dürfte jedoch weit verbreitet sein und nicht zu den<br />

gefährdeten Arten zählen.<br />

Nordamerikanischer Waschbär (Procyon lotor):<br />

Er ist der am weitesten verbreitete und am besten erforschte Vertreter seiner Art. Ursprünglich kam er<br />

von Kanada bis Panama vor, mittlerweile ist er auch in Europa heimisch.<br />

Weißrüssel-Nasenbär (Nasua narica),<br />

Nationalpark Manuel Antonio<br />

Nordamerikanischer Waschbär (Procyon lotor),<br />

Nationalpark Manuel Antonio<br />

5.6.5 Folivora (Faultiere)<br />

Systematik:<br />

Faultiere (Folivora)<br />

Mylodontidae †<br />

Megatheri<br />

Megatheroidea<br />

Bradypodidae<br />

Dreifinger-Faultiere<br />

Megalonychidae<br />

Zweifinger-Faultiere<br />

Megatheriidae †<br />

Zu den ausgestorbenen Megatheriidae zählen bodenlebende Arten die ein Gewicht von mehreren<br />

Tonnen erreichen konnten, wie z. B. das Riesenfaultier Megatherium.<br />

162


Julia Kerschbaum, Elisabeth Wurglits<br />

Säugetiere<br />

BRADYPODIDAE: DREIFINGER-FAULTIERE<br />

Die Tiere erreichen eine Kopfrumpflänge von 40 bis 70 cm und ein Gewicht von drei bis fünf<br />

Kilogramm. Die Füße von Faultieren haben keine freien Zehen, aber dafür zwei oder drei zu Haken<br />

geformte Klauen die es ihnen ermöglichen passiv im Baum zu hängen. Sie haben lange Glieder, einen<br />

kurzen Körper und einen zwei bis neun Zentimeter langen Stummelschwanz. Bemerkenswert ist dass<br />

sie neun Halswirbel besitzen und somit ihren Kopf um 270 Grad drehen können. Die meisten<br />

Säugetiere haben nur 7 Halswirbel.<br />

Das Fell ist meist graubraun gefärbt, vom Bauch abwärts gescheitelt und schimmert grün aufgrund<br />

von darin lebenden Algen und Cyanobakterien. Die Nahrung besteht aus Blättern, die sie mittels<br />

bakterieller Fermentation in mehreren Mägen verdauen.<br />

Sie bevorzugen Bäume die der Sonne ausgesetzt sind weil sie sich gerne sonnen. Auf dem Boden sind<br />

sie hilflos und können kaum gehen, aber sie können schwimmen um Flüsse zu überqueren. Zur<br />

Defäkation (etwa alle 7 Tage) steigen sie den Baum herab und graben dazu mit ihrem<br />

Stummelschwanz ein Loch.<br />

MEGALONYCHIDAE: ZWEIFINGER-FAULTIERE<br />

Diese 54 bis 75 cm großen und durchschnittlich 6 kg schweren Tiere besitzen an den Vorderfüßen<br />

zwei, an den Hinterfüßen jedoch drei Zehen. Sie haben im Gegensatz zu den Dreifinger-Faultieren nur<br />

6 oder 7 Halswirbel. Das Hoffmann-Zweifingerfaultier (Choloepus hoffmanni), das ein Gebiet von<br />

Mittelamerika bis Brasilien bewohnt, hat sechs Halswirbel.<br />

Was die Nahrung anbelangt sind Zweifinger-Faultiere weniger wählerisch als Dreifinger-Faultiere<br />

und fressen auch Früchte und Knospen, sowie Insekten und andere kleine Tiere.<br />

Zweifinger-Faultier (Choloepus hoffmanni)<br />

beim Fressen am Río Frio<br />

Dreifinger-Faultier, auf dem am Rande der Straße<br />

zum Río Frio, das erfolgreich seinen Kopf vor uns<br />

versteckte<br />

5.6.6 Wo man Säugetiere am besten findet<br />

Früh am Morgen oder am Abend ist die beste Zeit um Säugetiere zu beobachten.<br />

Die meisten neotropischen Säugetiere sind nachtaktiv. Mit Hilfe von Stirn- oder Taschenlampen kann<br />

man die Augen der Tiere im Dunkeln reflektieren sehen.<br />

Manche Säugetiere kann man mit Geräuschen anlocken. Außerdem kann man für den Menschen nicht<br />

hörbare <strong>La</strong>ute hörbar machen, z.B. Fledermauslaute mittels Fledermausdetektoren.<br />

Am häufigsten sieht man Säugetiere, wenn man alleine in den Wald geht. Es hat sich herausgestellt,<br />

dass die Farbe der Kleidung eine untergeordnete Rolle spielt, denn die meisten Säugetiere sind<br />

farbenblind. Bei ihnen sind eher der Geruchssinn und das Gehör gut ausgebildet.<br />

Säugetiere die sich eher in den Baumkronen aufhalten, kann man gut entlang von Wasserwegen auch<br />

in Bodennähe beobachten. Viele neotropische Säugetiere sind Fruchtfresser und so kann es sich eher<br />

auszahlen ein paar Stunden unter einem Baum zu sitzen, als durch die Gegend zu streifen.<br />

Agutis und Pacas werden durch die <strong>La</strong>ute von herabfallenden Früchten angelockt.<br />

Affen und Eichhörnchen z. B. kann man tagsüber in blühenden Bäumen finden weil sie teilweise<br />

Nektar oder blütenbestäubende Insekten fressen. Überhaupt kann man Affen, Faultiere, Eichhörnchen<br />

und Otter auch tagsüber beobachten.<br />

163


Julia Kerschbaum, Elisabeth Wurglits<br />

Säugetiere<br />

Wasserquellen sind gute Beobachtungsorte, besonders während der Trockenzeit. Auch Müllplätze sind<br />

Orte, die Säugetiere magisch anziehen. Möchte man Säugetiere durch Futter anlocken, sollte man<br />

tagelang haufenweise Früchte oder Körner (für Nagetiere) ausbringen, nicht zu wenig weil das Futter<br />

ansonsten sehr schnell durch Ameisen abtransportiert wird.<br />

Noch eine gute Möglichkeit um Säugetiere zu beobachten, ist ihre Schlafplätze aufzusuchen, z.B. bei<br />

Fledermäusen.<br />

Literaturangaben<br />

EMMONS, L. H., FEER, F., (1990): Neotropical Rainforest Mammals. A Field Guide (The University<br />

of Chicago Press), Chicago Press, Chicago and London<br />

NOWAK, R. M., (1994): Walker’s Bats of the World<br />

http://centralamerica.com/cr/moon/momammal.htm, 27.09.2006<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/Faultiere<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/Kleinkatzen<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/Krabbenwaschbär<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/Saimiri<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/Syntheosciurus_brochus<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/Systematik<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/Waschbär<br />

http://earthtrends.wri.org/pdf_library/country_profiles/bio_cou_188.pdf#search=%22mammals%20co<br />

sta%20rica%22, 27.09.2006<br />

http://www.costaricainternetdirectory.com/vpoas.htm, 29.09.2006<br />

164


Michaela Seiz, Birgit Wondratsch<br />

Interaktionen zwischen Pflanzen und Tieren<br />

5.7 INTERAKTIONEN ZWISCHEN PFLANZEN<br />

UND TIEREN<br />

5.7.1 Einleitung<br />

Die Beziehung zwischen Tieren und Pflanzen ist von großer Vielfalt. Da das Tier nicht fähig ist,<br />

Sonnenlicht in Energie umzuwandeln, ist es auf die Pflanze angewiesen. Der Nutzen der Tiere für die<br />

Pflanzen ist erst auf den zweiten Blick erkennbar, der bekannteste ist die Bestäubung durch Insekten<br />

oder Vögel. Auch Samenverbreitung durch größere Tiere ermöglicht erst das Überleben zahlreicher<br />

Pflanzenarten.<br />

Die Wechselbeziehung zwischen Lebewesen zweier Arten, die für beide vorteilhaft ist, nennt man<br />

Mutualismus. Nicht symbiontische Mutualismen zwischen Pflanzen und Tieren umfassen drei<br />

wichtige Kategorien:<br />

• Bestäubung: Befruchtung der Eizelle durch Pollen anderer Pflanzen. Im Gegenzug dienen<br />

Pollen und Nektar als Nahrung für Insekten.<br />

• Samenverbreitung: Samen werden für günstiges Wachstum von der Mutterpflanze wegtransportiert,<br />

Früchte oder auch Samen selbst dienen als Nahrung und somit Belohnung für die<br />

Tiere.<br />

• Schutz (durch Ameisen): Pflanzen werden von Ameisen vor Fressfeinden und Konkurrenzpflanzen<br />

geschützt, im Gegenzug erhalten diese Nahrung und Wohnraum.<br />

Schon die Ursprünge der Pflanzenwelt liegen wahrscheinlich in einer Symbiose: man vermutet, dass<br />

sich Mitochondrien und Chloroplasten dadurch entwickelt haben, dass Einzeller photosyntheseaktive<br />

Bakterien inkorporiert, aber nicht verdaut haben und sich deren Fähigkeit, Photosynthese zu betreiben,<br />

zu Nutze gemacht haben.<br />

Im <strong>La</strong>ufe der Evolution hat diese Wechselbeziehung zu speziellen Anpassungen geführt – Insekten<br />

und Säugetiere sind verdauungsphysiologisch an den, von der Pflanze bereitgestellten, Nektar und<br />

Pollen angepasst, der von der Pflanze zur Anlockung derselben speziell hergestellt wird. Hier zeigt<br />

sich das Darwinsche Prinzip, dass nicht der Stärkste überlebt, sondern der am besten Angepasste. Die<br />

Beziehung ist sowohl für die Pflanze als auch für das Tier von Vorteil, während beide ihre Eigeninteressen<br />

verfolgen.<br />

Die Arten von Beziehungen, die sich zwischen zwei Organismen aufbauen können, kann man allgemein<br />

in vier Kategorien gliedern: Konkurrenz (um Wohnraum, Nahrung, Licht), Parasitismus und<br />

Fraß (hierzu zählt auch die Räuber-Beute Beziehung), Symbiose und außerdem noch die so genannte<br />

Tischgenossenschaft (Kommensalismus, ein Organismus lebt von den Abfällen des anderen).<br />

Von solchen allgemeinen Wechselbeziehungen ausgehend haben sich, speziell in den Tropen, hoch<br />

spezialisierte Symbiosen entwickelt, in denen die Partner füreinander nicht nur von Vorteil, sondern<br />

sogar lebensnotwendig sind. Sie sind beinahe als ein Organismus zu betrachten.<br />

Diese faszinierenden Formen des Zusammenlebens wollen wir an Hand einiger Beispiele von der einfachen<br />

Bestäubung, über spezialisierte Samenverbreitung, bis hin zu tropischen Wundergeschöpfen,<br />

wie den Ameisenpflanzen, näher beleuchten.<br />

5.7.2 Bestäubung<br />

FUNKTION UND MECHANISMUS<br />

Die Bestäubung ist die Übertragung von Pollen, für die Befruchtung der Eizelle in den empfänglichen<br />

Teilen der Pflanze. Die Selbstbestäubung ist relativ selten, und die meisten Pflanzen sind für die Bestäubung<br />

auf Insekten, Vögel oder Fledermäuse angewiesen. Um diese Tiere anzulocken, hat die<br />

Pflanze vielfältige Methoden entwickelt: Bereitstellung von Nektar und/oder Pollen als Nahrung<br />

oder Düfte für einige Bienen (zum Beispiel die Männchen der Prachtbiene, die zur Anlockung ihrer<br />

Weibchen „Parfum“ einsetzen). Interessant ist, wie sehr das Angebot der Pflanzen auf die Insekten<br />

165


Michaela Seiz, Birgit Wondratsch<br />

Interaktionen zwischen Pflanzen und Tieren<br />

oder Tiere eingestellt ist, die vorwiegend ihre Pollen übertragen. Während fledermausbestäubte Blüten<br />

sehr groß, säuerlich riechend, oft gelblich-grau oder blassgrün und mit reichlich schleimigem Nektar<br />

ausgestattet sind, locken vogelbestäubte Pflanzen durch prächtige Farben, oft rot und zeichnen sich<br />

durch Geruchlosigkeit und häufig hängende, röhrenförmige Blüten aus. Bienen und Schmetterlinge<br />

werden von süßlichem Duft angezogen. Pflanzen, die von Aas- oder Dungfliegen bestäubt werden,<br />

sind von unangenehmem Geruch, bräunlicher oder grünlicher Farbe und stellen aminosäurehältigen<br />

Nektar zur Verfügung. Ebenfalls variiert die Zuckerkonzentration im Nektar je nach Favorisierung des<br />

Bestäubers.<br />

Tiere können sich bei der Bestäubung auf gewisse Pflanzen spezialisieren: besuchen sie nur die Blüten<br />

einer bestimmten Pflanze, bezeichnet man sie als monolektische Bestäuber. Bestäuber mehrerer<br />

Pflanzen werden als oligolektisch und Bestäuber vieler Pflanzen als polylektisch bezeichnet. Diese<br />

Begriffe können sowohl auf die Pflanzenfamilie, als auch auf die Gattung und die Art angewandt werden.<br />

Monolektische Bestäuber sind in der Minderheit, weil die Blühperioden der meisten Pflanzen<br />

nicht lange genug dauern, um eine lebenslange Versorgung zu garantieren. Auch kann die Konkurrenz<br />

um eine einzige Pflanze zu hoch sein.<br />

Da viele der Pollen gefressen, an <strong>La</strong>rven verfüttert oder einfach abgestreift werden, muss die Pflanze<br />

diese in großer Anzahl herstellen. Auch ist die Pollenproduktion davon abhängig, ob die Pflanze sich<br />

selbst befruchten kann. Kann sie dies, ist die Anzahl an produzierten Pollen pro Samenanlage wesentlich<br />

geringer als bei Pflanzen, die auf Fremdbestäubung angewiesen sind.<br />

HELIKONIEN UND KOLIBRIS<br />

Die über 300 bekannten Kolibriarten der Familie Trochilidae besiedeln ausschließlich den amerikanischen<br />

Kontinent, hauptsächlich die tropischen und subtropischen Gebiete nördlich und südlich des<br />

Äquators. Die Größe dieser Nektarfresser variiert stark. Mit sechs Zentimeter Länge, inklusive<br />

Schnabel und Schwanzfedern und zwei Gramm Gewicht, ist die so genannte „Bienenelfe“ die kleinste<br />

bekannte Vogelart; die größte Kolibriart – der Riesenkolibri – misst etwa 25 cm und wiegt 20 g.<br />

Der Flügelschlag der Kolibris hat schon viele Wissenschafter und <strong>La</strong>ien fasziniert: bis zu 80 Mal pro<br />

Sekunde schlagen die Vögel mit ihren Flügeln in Form einer liegenden Acht. Die Flügel werden in<br />

einem Winkel von 180° bewegt, was den Kolibris ermöglicht, auch vor einer Blüte in der Luft zu „stehen“<br />

und rückwärts zu fliegen, was im Vogelreich einzigartig ist.<br />

Da die Sauerstoffzufuhr auf Grund des hohen Energiestoffwechsels stark erhöht ist, ist das Herz in<br />

Relation vergrößert und schlägt bis zu 1.260 Mal pro Minute. Ihren enormen Energiebedarf decken sie<br />

mit zuckerhältigem Nektar. In der Nacht können sie ihre Körpertemperatur um bis zu 20 °C und ihre<br />

Herzfrequenz auf ein Minimum senken, ansonsten würden sie verhungern.<br />

Das oft bewunderte metallisch schimmernde Gefieder – das der Männchen ist oft bunter als das der<br />

Weibchen – besitzen nur die Arten der Unterfamilie Trochilinae (auf Deutsch die „Eigentlichen<br />

Kolibris“). Die wenigen Arten der so genannten Eremiten (Phaethornithinae) haben ein erdfarbenes<br />

Gefieder, keinen Geschlechtsdimorphismus und eine schwarz-weiße Gesichtsmaske. Die wichtigsten<br />

Unterschiede der beiden Unterfamilien liegen in der Ernährungsweise und der Form des Schnabels.<br />

Die Eremiten ernähren sich überwiegend insektivor, während sich die „Eigentlichen Kolibris“ durch<br />

Nektarivorie auszeichnen. Der Schnabel der Eremiten ist lang und deutlich gekrümmt, um einerseits<br />

den Besuch von Blüten mit langer, gebogener Kronröhre (wie die der Heliconia), als auch die Erbeutung<br />

bodenbewohnender Insekten zu gewährleisten. Die „Eigentlichen Kolibris“ besitzen meist mittellange,<br />

relativ gerade oder schwach gekrümmte Schnäbel, was auf deren primär nektarivore Ernährung<br />

hinweist. Jedoch fangen auch sie im Flug Insekten, um ihren Eiweißbedarf zu decken, den sie für die<br />

Fortpflanzung benötigen. Die Merkmale des Schnabels – vor allem Länge und Krümmung – variieren<br />

aber auch von Art zu Art, da jede an einen anderen Blütentyp angepasst ist und somit ihre eigene<br />

ökologische Nische besetzt.<br />

Kolibribestäubte Blüten sind wie bei allen vogelbestäubten Blüten meist rot, orange oder gelb.<br />

Sie sind geruchlos, da Kolibris der Geruchssinn fehlt und weisen auf Grund der Fähigkeit der Kolibris,<br />

in der Luft zu „stehen“, keine <strong>La</strong>ndeflächen auf. Die Blüten sind außerdem fast immer röhrenförmig<br />

und lang und somit perfekt an die Schnäbel und die langen Zungen der Kolibris angepasst.<br />

Eine typische kolibribestäubte Pflanze ist die im tropischen Amerika beheimatete Helikonie (der<br />

Familie Heliconiaceae), die mit der Banane eng verwandt ist. Der Name rührt vom griechischen Berg<br />

Helicon, dem Sitz der Musen, her, vermutlich wegen der attraktiven Blütenstände. Die Blüten sind<br />

zygomorph und dreizählig, die Blütenstände hängend oder aufrecht.<br />

166


Michaela Seiz, Birgit Wondratsch<br />

Interaktionen zwischen Pflanzen und Tieren<br />

Die Arten der Gattung Heliconia kann man nach der Art der Kolibris einteilen, die sie bestäubt. Helikonien<br />

werden vor allem von den Eremiten aufgesucht, jedoch gibt es auch Arten, die von trochilinen<br />

Kolibris bestäubt werden.<br />

Eremit-bestäubte Helikonien haben ihr Habitat, wie auch die genannten Kolibris, im Wald. Die Gattung<br />

Eutoxeres sp. hat sich mit ihrem extrem gekrümmten Schnabel ausschließlich auf Helikonien<br />

spezialisiert.<br />

Eremiten sind nicht territorial, sondern fliegen täglich ihre Route, bei der sie immer mehr oder weniger<br />

gezielt bestimmte Pflanzen aufsuchen („trap lining“). Dies fördert die Kreuzbestäubung. Um zu<br />

gewährleisten, dass die Kolibris eine angeflogene Helikonie erneut aufsuchen, blühen immer nur wenige<br />

Blüten pro Tag, mit wenig wässrigem Nektar, nacheinander das ganze Jahr über.<br />

Anders bei den trochilin-bestäubten Helikonien: diese blühen mit vielen Blüten, die reichlich Nektar<br />

enthalten, nur während der frühen bis mittleren Regenzeit. Sie wachsen in großen, oft monoklonalen<br />

Ständen am Waldrand oder in offenen Habitaten. Die trochilinen Kolibris zeigen ein territoriales Verhalten<br />

und verteidigen ihr Revier gegenüber anderen Vögeln und Insekten.<br />

Einige wenige Helikonien-Arten haben grüne oder weiße, in der Nacht blühende Blüten und werden<br />

von Fledermäusen bestäubt, doch sind alle in Costa Rica vorkommende Arten kolibribestäubt.<br />

Goldene Hummerschere<br />

(Heliconia latispatha)<br />

Kolibribeobachtungsstation:<br />

links ein Purpurdegenflügel (Campylopterus hemileucurus),<br />

rechts ein Grünscheitelbrillant (Heliodoxa jacula)<br />

5.7.3 Samenverbreitung<br />

FUNKTION UND MECHANISMUS<br />

Die Samenverbreitung durch Tiere hat sich wahrscheinlich noch vor der Bestäubung durch Tiere entwickelt.<br />

Man fand 200 Millionen Jahre alte Fossilien fleischiger Samen, die dem Verzehr durch einfache<br />

Reptilien angepasst waren. Seit Ende der Kreidezeit ist dieser Mutualismus vertreten.<br />

In den tropischen Regenwäldern erreicht diese Beziehung zwischen Pflanzen und Tieren ihren Höhepunkt:<br />

über 90 % der Bäume und fast alle Sträucher locken mit ihren Früchten und Samen Tiere zur<br />

Verbreitung derselben an. Der Same der Pflanze ist eine ausgereifte Samenanlage, der aus dem ursprünglichen<br />

Endosperm, dem Embryo und den Membranen gebildet wird. Embryo und Endosperm<br />

sind von der schützenden Samenschale umgeben. Die Frucht ist der reife Fruchtknoten mit einem oder<br />

mehreren Samen.<br />

Früchte haben primär den Zweck, die Samen verbreitenden Tiere anzulocken und sie mit Nahrung zu<br />

belohnen, auch der Same selbst dient teilweise als Nahrung, was nicht immer zum Vorteil der Pflanze<br />

ist. Sehr widerstandsfähige Samen oder solche, die nicht verdaut werden können, werden in einiger<br />

Entfernung, der von der Mutterpflanze, wieder ausgeschieden und können dort gedeihen.<br />

Die drei wichtigen Aufgaben der Frucht der Bedecktsamer sind Verbreitung, Schutz und Ernährung<br />

der pflanzlichen Embryonen. Im Aufbau der Frucht besteht, genauso wie im Aufbau der Blüte, ein<br />

Grundschema. Zur Anlockung der Wirbeltiere dient oft der fleischige Auswuchs, der Samenmantel<br />

(Arillus, eine so genannte Scheinfrucht). Ameisen werden mittels Elaiosomen angelockt, worauf wir<br />

später genauer eingehen werden.<br />

Ohne Verbreitung der Samen würden sich diese unter der Mutterpflanze ansammeln. Dort fallen sie<br />

Insekten, herbivoren Säugetieren oder Krankheitserregern zum Opfer. Viele Pflanzen wären, ohne<br />

dieses Zusammenspiel mit den Tieren, vom Aussterben bedroht.<br />

167


Michaela Seiz, Birgit Wondratsch<br />

Interaktionen zwischen Pflanzen und Tieren<br />

Samenverbreitung bringt der Mutterpflanze drei Vorteile:<br />

• Die Elternpflanze kann sich auf noch nicht besiedelten Gebieten neu ausbreiten (Kolonisation)<br />

• Samen und Keimlinge vermeiden die dichteabhängige Sterberate in der Nähe der Mutterpflanze<br />

(Ausweichen)<br />

• Besetzen bestimmter Mikrohabitate, die für die Ansiedlung entscheidend sind (gerichtete<br />

Ausbreitung)<br />

Verbreitungssysteme sind ein Zusammenspiel von Farben, Formen, Düften und Nährwerten, die an<br />

die Tiere angepasst sind, die die Samen und Früchte entweder horten, verzehren und ausscheiden, oder<br />

an ihrem Fell oder Federkleid transportieren.<br />

Die Form des Samens hängt von der Art seiner Verbreitung ab; so besitzen z.B. windverbreitete<br />

Samen flügelähnliche Strukturen. Von Wirbeltieren verbreitete Samen besitzen einen fleischigen,<br />

nahrhaften Auswuchs des Samenmantels, das Fruchtfleisch, das oft reich an Zucker, Stärke oder Fett<br />

ist.<br />

Tiere transportieren die Samen oft bis zu mehrere tausend Meter weit weg von der Mutterpflanze.<br />

Wie die Mechanismen der Blüte zur Anlockung bestäubender Tiere, weisen auch die Samen und<br />

Früchte charakteristische Merkmale zur Anlockung der sie verbreitenden Tiere auf.<br />

Mechanismen der Samenverbreitung<br />

• Zoochorie, die Ausbreitung durch Tiere: Epichorie (durch Anhaftung; durch Kletthafter,<br />

Adhäsionshafter und Klebehafter); Endochorie (Verdauungsausbreitung; Tiere fressen den<br />

Samen, scheiden die nicht verdaulichen Teile wieder aus); Myrmekochorie (Ausbreitung<br />

durch Ameisen); Ornithochorie (Ausbreitung durch Vögel) und Dysochorie (Zufallsausbreitung,<br />

Verstecksausbreitung, Bearbeitungsausbreitung und Ausbreitung während des Nestbaus)<br />

• Animochorie, die Ausbreitung durch Wind, welche die ursprünglichste Form der Ausbreitung<br />

ist: Meteorochorie (Ausbreitung durch Flieger), Chamaechorie (Ausbreitung durch Bodenroller)<br />

• Semachorie, Tier- und Windstreuung: Samen können nicht fliegen, sie werden durch die von<br />

Wind und Tieren verursachten Bewegungen ausgestreut<br />

• Hydrochorie, Verbreitung durch Wasser: Nautochorie (Schwimmausbreitung), Bythisosochorie<br />

(Ausbreitung durch Strömung fließender Gewässer), Ombrochorie (Ausbreitung durch<br />

Regentropfen: Regenschwemmlinge, Regenballisten)<br />

• Hemerochorie: Ethelochorie (Ausbreitung durch Saatgut), Speirochorie (Ausbreitung als<br />

Saatgutbegleiter), Agochorie (Ausbreitung durch unbeabsichtigten Transport)<br />

• Autochorie, Selbstausbreitung: Ballochorie (Ausbreitung durch Schleudermechanismen:<br />

Saftdruckstreuer und Austrocknungsstreuer); Herpechorie (Ausbreitung durch Eigenbewegung<br />

der Diasporen); Barochorie (Ausbreitung durch Schwerkraft); Blastochorie (Ausbreitung<br />

durch Selbstableger)<br />

(Quelle: http://org.wikipedia.de)<br />

Gerade im Regenwald spielt die Zoochorie eine gewichtige Rolle.<br />

Welche Tiere verbreiten welche Arten von Samen?<br />

• Hortende Säugetiere: bevorzugen geschlossene dickwandige Nüsse, die lange überleben, als<br />

„Belohnung“ dient der Same selbst<br />

• Hortende Vögel: wie bei den hortenden Säugetieren; die Samen dürfen nicht zu groß sein, da<br />

der Vogel sie sonst nicht fressen/transportieren kann<br />

• Baumbewohnende Säugetiere: oft Sammel- oder Öffnungsfrüchte, Samen mit Samenmantel<br />

oder Steinfrüchte, Belohnung ist das protein-, zucker- oder stärkereiche Fruchtfleisch<br />

• Fledermäuse: häufig verschiedene, meist hängende Früchte, Belohnung ist das Fruchtfleisch<br />

• Terrestrische Säugetiere: wie bei Fledermäusen; bevorzugen geschlossene Nüsse, Schoten<br />

oder Kapseln, fett- und stärkereiches Fruchtfleisch als Belohnung<br />

• Frugivore (Frucht fressende) Vögel: große Steinfrüchte oder Samen mit Samenmantel,<br />

Fruchtfleisch als Belohnung<br />

168


Michaela Seiz, Birgit Wondratsch<br />

Interaktionen zwischen Pflanzen und Tieren<br />

• Teilweise frugivore Vögel: kleine oder mittelgroße Steinfrüchte, Samen mit Samenmantel<br />

oder Beeren, zucker- oder stärkereiches Fruchtfleisch als Belohnung<br />

• Tiere mit Federn oder Fell: verbreiten Samen mit Widerhaken, Haken oder klebrigen<br />

Haaren; das Tier erhält von der Pflanze nichts als Gegenleistung<br />

• Ameisen: tragen Samen < 3 mm in ihr Nest, erhalten Elaiosomen als Belohnung<br />

Die Samenverbreitung durch hortende Tiere ist nur dann erfolgreich, wenn diese Samen verlieren oder<br />

vergessen, was häufig vorkommt, da sie die Tiere in vielen verschiedenen Verstecken horten.<br />

Samen, die zur Verbreitung von Tieren gefressen und wieder ausgeschieden werden, sind sehr hoch<br />

entwickelt und äußerst widerstandsfähig. Sie müssen Kauwerkzeugen und komplizierten Verdauungssystemen<br />

standhalten.<br />

Im Gegensatz zu den Früchten in den gemäßigten Zonen können tropische Früchte äußerst fettreich<br />

sein, z.B. Muskatnussgewächse oder Misteln. Tiere, die sich normalerweise von Insekten ernähren,<br />

werden durch die stark fett- oder proteinhaltigen Samen angelockt, da diese leichter verfügbar sind<br />

und einen hohen Nährwert bieten.<br />

Durch Vögel vertragene Anhaftungssamen können über sehr große Distanzen an andere Orte gelangen.<br />

Sherwin Carlquist, ein Biogeograf, stellte 1974 fest, dass die Samenverbreitung durch Vögel einen<br />

großen Teil der Biodiversität tropischer Pazifikinseln ausmacht.<br />

Große Säugetiere verbreiten Samen meist nur durch Fressen und wieder Ausscheiden, wobei Pflanzen<br />

mit kleineren Früchten mehr Chancen haben, da sie sowohl von kleinen als auch von großen Tieren<br />

gefressen werden, während große Früchte meist nur für große Tiere von Interesse sind.<br />

Das Verhältnis Aufwand / Belohnung bestimmt, ob ein Tier sich die Mühe macht, an eine bestimmte<br />

Frucht zu gelangen. Sie muss leicht erreichbar und von hohem Nährwert sein, um für die Tiere attraktiv<br />

zu wirken.<br />

Auch zwischen Früchten und Tieren gibt es starke Spezialisierungen: eine Frucht kann für eine Tierart<br />

Hauptnahrungsbestandteil sein.<br />

Wirbeltiere können die Samen über große Entfernungen transportieren und verwerten, neben Fruchtfleisch<br />

und Samenbestandteilen, häufig auch Kapseln und Hülsen. Nur die giftigsten und härtesten<br />

Früchte und Samen werden nicht gefressen, was für manche Pflanze von Nachteil ist, z.B. für die extrem<br />

harten Nüsse des Paranussbaums, worauf wir im folgenden Beispiel näher eingehen wollen.<br />

AGUTI UND PARANUSSBAUM<br />

Der in den Regenwäldern Südamerikas heimische Paranussbaum (Bertholletia excelsa) gehört zur<br />

Familie der Topffruchtbaumgewächse (Lecythidaceae) und kann bis zu 60 m hoch werden. Sein Alter<br />

kann 500 Jahre erreichen und wie bei den meisten langlebigen Pflanzen braucht es einige Jahre, bis er<br />

Blüten und Früchte trägt. Die Samen befinden sich in einer harten Kapselfrucht und können bis zu<br />

drei Kilogramm schwer werden. Sie sind stark eiweiß- und fetthältig, außerdem reich an Mineralstoffen.<br />

Die Paranuss wird in der Nahrungsmittelindustrie genutzt und stellt eine wichtige Einnahmequelle<br />

der Einheimischen im Amazonasgebiet dar, jedoch konnte der Baum nie kultiviert werden. Da die<br />

Nüsse nicht aus kontrolliertem Anbau gewonnen werden können, stammen sie immer aus Wildsammlungen.<br />

Der hohe, dünne Stamm macht Hinaufklettern unmöglich, so können nur die reifen Samen<br />

gesammelt werden, die hinunterfallen. Werden alle Früchte eingesammelt, können keine neuen Bäume<br />

nachwachsen, hauptsächlich wurde jedoch die Anzahl der Paranussbäume in den letzten Jahrzehnten<br />

durch Holzschlag stark reduziert. Zwar liefert der Paranussbaum auch wertvolles Edelholz, aber mit<br />

seinen bis zu 8.000 Nüssen pro Baum stellt er als Nahrungslieferant eine wertvollere Ressource dar.<br />

Mittlerweile wurde der Baum auf die rote Liste gefährdeter Arten der IUCN gesetzt.<br />

Wenn die Kapseln des Paranussbaums zu Boden fallen, springen sie nicht wie viele andere Schließfrüchte<br />

auf. Neben den Menschen ist nur ein Lebewesen fähig, die extrem harte Schale zu öffnen: das<br />

Aguti (Dasyprocta). Agutis (Foto siehe „Säugetiere“) sind Verwandte der Meerschweinchen; sie<br />

haben einen schlanken Körper mit dünnen, langen Beinen, sind an laufende Fortbewegung angepasst<br />

und einzelgängerisch. Der Körperbau einiger Arten hat sich in Abstimmung auf das Leben im dichten<br />

Regenwald entwickelt. Agutis können auf den Hinterbeinen sitzen und mit ihren Vorderpfoten Nüsse<br />

oder Samen festhalten, was es ihnen ermöglicht, lange an einer Stelle zu kauen. So können sie auch<br />

die Paranuss knacken, die sie bis zu 400 m vom Baum wegtragen, um sie teilweise oder ganz geöffnet<br />

169


Michaela Seiz, Birgit Wondratsch<br />

Interaktionen zwischen Pflanzen und Tieren<br />

eingraben, um Vorräte für schlechtere Zeiten zu schaffen. Sie legen viele Vorratslager mit wenigen<br />

Samen an, da diese nun auch für andere Tiere zur Beute werden, wie z.B. für Pecari-Schweine.<br />

Agutis verfügen zwar über ein hervorragendes Gedächtnis, aber dennoch vergessen sie einige der zahlreichen<br />

Verstecke und so können die Samen keimen.<br />

Somit sind Agutis der einzige natürliche Samenverbreiter des Paranussbaums. Leider gehört das Aguti<br />

selbst zu den gefährdeten Tierarten und ist ebenfalls auf der roten Liste der IUCN. Es ist begehrte<br />

Beute für Jaguare, Coyoten oder Ozelots; auch Menschen machen Jagd auf den Nager. Das zarte<br />

Fleisch gilt als Delikatesse, auch wenn die Jagd auf das Aguti inzwischen verboten ist.<br />

Das Überleben des Paranussbaums hängt übrigens nicht nur von diesem einen Mutualismus ab. Nicht<br />

nur die Samen können nur von einem einzigen Tier verbreitet werden, auch die Bestäubung ist nur von<br />

einem einzigen Insekt durchführbar: der großen weiblichen Orchideenbiene (Euglossa). Ihre Zunge<br />

ist lang genug, um in die großen Blüten zu gelangen, zudem legen sie große Distanzen zurück und<br />

erreichen so andere Paranussbäume, die oft in einiger Entfernung zueinander stehen. Die Bienen benötigen<br />

noch andere Nahrungsquellen, da die Paranuss nicht das ganze Jahr über blüht. Euglossa leben<br />

solitär und können nicht vergesellschaftet werden – ein Grund, warum man sie nicht auf Plantagen<br />

züchten und die Paranuss nicht kultiviert werden kann. Darüber hinaus benötigen die Männchen dieser<br />

Spezies Düfte einer bestimmten Orchideenart, um die Weibchen anzulocken – diese wären in einer<br />

künstlichen Paranussmonokultur natürlich nicht zu finden. Die Männchen benötigen die Orchideen,<br />

um Weibchen anzulocken, die Paranuss benötigt die Weibchen zu ihrer Bestäubung. Das komplizierte<br />

Zusammenspiel dieser vielen Organismen erschwert es der Paranuss, sich auszubreiten und ihren<br />

Fortbestand zu sichern.<br />

5.7.4 Beziehungen zwischen Ameisen und Pflanzen<br />

ENTDECKUNG, FUNKTION UND MECHANISMUS<br />

Zwischen tausenden Arten von Ameisen und Pflanzen gibt es Beziehungen, meist parasitischer Natur.<br />

Neben Parasitismus existieren auch Formen, in denen sich Pflanze und Ameise weder nutzen noch<br />

schaden und solche, in denen sie hoch entwickelte Symbiosen eingehen.<br />

Diese findet man bei den so genannten Myrmekophyten (Ameisenpflanzen), die den Ameisen nicht<br />

nur Nahrung, sondern auch Wohnraum bieten und im Gegenzug von diesen gegen Fressfeinde und<br />

sogar Konkurrenzpflanzen verteidigt werden.<br />

Schutz durch Ameisen ist weltweit verbreitet, aber nicht jede Beziehung zwischen Ameisen und<br />

Pflanzen gestattet die Bezeichnung „Ameisenpflanze“. Vielfach wohnen Ameisen in durch Fäulnis<br />

ausgehöhlten Bäumen, dies ist nicht mit Myrmecophytismus gleichzusetzen.<br />

Janzens (geb. 1939) Untersuchungen der Acacia ergaben eindeutige Hinweise auf eine Coevolution.<br />

Coevolution bedeutet, dass zwei Organismen sich in Abstimmung aufeinander entwickelt haben. Eine<br />

Gegentheorie besagt, dass die Anpassungen der Pflanze unabhängig von der Ameise entstanden sind<br />

und erst später von diesen genutzt wurden.<br />

Die aggressive Verteidigung der Pflanzen durch die Ameisen ist nach Barbara Bentley (1976) eine<br />

Anpassung des Verhaltens – auch Fleisch fressende Ameisen beschützen eine Pflanze, wenn Zuckerwasser<br />

auf ihr versprüht wurde. Die Ameisen nutzen die Pflanze darüber hinaus zur Anlockung anderer<br />

Insekten, um diese zu fressen.<br />

Die sich zersetzenden Ameisenleichen düngen die Pflanze; organischer Abfall, den die Ameisen anhäufen,<br />

enthält oft Stickstoff und Phosphor, welche ebenfalls als Dünger dienen.<br />

Als Bestäuber spielt die Ameise eine eher geringe Rolle – in den Blüten hinterlassen sie häufig Zerstörungen,<br />

weswegen die extrafloralen Nektarien unter anderem als Ablenkung entwickelt wurden. Auch<br />

dienen klebrige Zonen um die Blüte deren Schutz. Auf der glatten Körperoberfläche der Ameisen<br />

bleiben die Pollen kaum haften, die Ameise putzt sich häufig und scheidet antibakterielle Substanzen<br />

aus, die den Pollen schaden. Da die Ameise zu Fuß nur geringe Entfernungen zurücklegt, bleibt die<br />

genetisch günstige Fremdbestäubung oft aus.<br />

Die Ameisen tragen Samen in ihr Nest. Auf dem Weg gehen viele davon verloren, wodurch die Ameisen<br />

eine Rolle als Samenverbreiter spielen (Myrmekochorie). Da der Same der Ameise als Nahrung<br />

dient und dadurch viele der wertvollen Samen verloren gehen, hat die Pflanze Samenanhängsel entwickelt,<br />

die Elaiosomen (Ameisenbrot). Der Same selbst wird hier nicht mehr gefressen, sondern nur<br />

die ölreichen Anhängsel.<br />

170


Michaela Seiz, Birgit Wondratsch<br />

Interaktionen zwischen Pflanzen und Tieren<br />

In seinem Buch „The Naturalist in Nicaragua“ hat Thomas Belt festgestellt, dass die ausgeprägtesten<br />

Formen des Mutualismus in den Tropen zu finden sind.<br />

Die gegenseitige Abhängigkeit geht in einigen Fällen so weit, dass beide Partner getrennt voneinander<br />

nicht mehr lebensfähig sind. Wir wollen diesen Fall an Hand von zwei Beispielen erläutern.<br />

ACACIA SP. UND PSEUDOMYRMEX SP.<br />

Die zu der Familie der Fabaceae gehörige Gattung Acacia umfasst mehr als 700 Arten. Besonders<br />

verbreitet ist sie in den Tropen und Subtropen, wo sie häufig an gestörten Standorten wie Flussufern,<br />

Viehweiden oder auf gerodeten Flächen zu finden ist. Die Blätter sind paarig gefiedert und die zu<br />

Köpfchen, Trauben oder Ähren vereinigten, winzigen Blüten verfügen über auffällige Staubgefäße.<br />

Sie verbreiten oft einen starken Duft, der Bienen anlockt.<br />

Der Naturforscher Thomas Belt (1832 – 1878) stellte bereits 1874 fest, dass bestimmte Akazienarten<br />

regelmäßig von Ameisen bevölkert werden.<br />

Acacia-Arten benötigen volles Sonnenlicht und wachsen besonders schnell. Interessant für uns sind<br />

Arten, deren Nebenblätter (Stipeln) zu mehreren Zentimeter langen, stark angeschwollenen, an Büffelhörner<br />

erinnernden Hohldornen umgewandelt sind. In ihnen wohnen und brüten häufig Ameisen,<br />

speziell Pseudomyrmex ferroginea, die nach Janzen in mindestens fünf Spezies der Acacia (A. chiapensis,<br />

A. collinsii, A. cornigera, A. hindsii, A. sphaerocephala) zu finden sind. Diese Wohnräume in<br />

Ameisenpflanzen werden Domatien genannt.<br />

Die jungen Akazien werden durch eine Königin besiedelt. Sie beißt unterhalb der Spitze des jungen,<br />

noch nicht verholzten Dorns ein Eingangsloch, entfernt das Hohlraummaterial und legt 15 – 20 Eier.<br />

Im Hohlraum des Dorns ist sie geschützt, während die erste Brut schlüpft und die Arbeiterpopulation<br />

sich mit rapider Geschwindigkeit vermehrt. Bei schlechter Witterung verschließt eine Arbeiterin das<br />

Eingangsloch mit dem Kopf. Die Brutzeit dieser Spezies ist relativ kurz, und die Anzahl der Ameisen<br />

steigt innerhalb von zwei Jahren auf bis zu 1.100 an. Auch mehrere benachbarte Pflanzen können von<br />

einem großen Volk bewohnt werden. Seltener bewohnen auch zwei verschiedene Kolonien einen<br />

Baum, jedoch in verschiedenen Domatien.<br />

Abgesehen vom Wohnraum bietet die Acacia ihren Bewohnern auch Nahrung. So scheiden zahlreiche<br />

extraflorale Nektarien (Nektarien auf den Blättern, den Sprossachsen oder den Deckblättern) auf der<br />

Mittelrippe der Fiederblätter Nektar aus, der das Grundnahrungsmittel der Ameisen darstellt. Spezielle<br />

gelbgefärbte proteinreiche Fortsätze an der Spitze der Blattfiedern – nach ihrem Entdecker „Belt’sche<br />

Körperchen“ benannt – dienen der Ernährung der Brut.<br />

<strong>La</strong>nge Zeit war man sich nicht sicher, ob nun die Pflanze im Gegenzug Nutzen aus ihren Bewohnern<br />

zieht. Es gab zwei Theorien: Die von Belt begründete Meinung, dass die Ameisen die Pflanze gegen<br />

ihre natürlichen Feinde verteidigen und ihr somit nutzen, stand im Gegensatz zu der, durch Skwarra<br />

und Wheeler vertretenen Meinung, dass nur die Ameisen von dieser Gemeinschaft profitieren. Mit<br />

Belts Studien der Ameisenakazien begannen die ersten ernsthaften Nachforschungen über Myrmekophyten.<br />

Die Tatsache, dass im <strong>La</strong>ufe der Evolution Hohldornen, Belt’sche Körperchen und extraflorale<br />

Nektarien als Vorrichtungen zum Wohlergehen der Ameisen entwickelt wurden, untermauerte<br />

Belts These.<br />

Erst Janzen wies in einem Feldversuch nach, dass hier tatsächlich ein Mutualismus vorliegt. Er entfernte<br />

die Ameisen durch Sprühen mit Parathion und Entfernen der Dornen oder ganzer bewohnter<br />

Äste, so dass kein Schutz mehr durch sie gewährleistet war. Nun wurde die Akazie von pflanzen- fressenden<br />

Insekten und Säugetieren beschädigt, von konkurrierenden Pflanzen überwachsen und beschattet<br />

und Käferlarven zerstörten die Sprösslinge. Vergleichsbäume, die von den Pseudomyrmex<br />

bewohnt wurden, erwiesen sich als wesentlich langlebiger. Belt bezeichnete die Ameisen als die<br />

Armee der Acacia – aggressiv wehren sie erfolgreich Fressfeinde ab, attackieren junge Triebe und<br />

Blätter von Schlingpflanzen, bis diese absterben, und kappen sogar Zweige benachbarter Gewächse in<br />

einem Radius von bis zu 40 cm um die Baumkrone. Bis zu einem Viertel der Ameisenpopulation<br />

patrouilliert Tag und Nacht an der Pflanzenoberfläche und säubert und verteidigt diese. Da brennbares<br />

Pflanzenmaterial in der Nähe der Akazie fehlt, wird sie sogar von Buschfeuern weniger stark beschädigt.<br />

Man ist gut beraten, nicht unbedacht an einer Akazie anzustreifen und den Zorn ihrer Bewohner<br />

auf sich zu ziehen, da ihre Bisse sehr schmerzhaft sein können. Sie reagieren schon bei dem geringsten<br />

Hinweis auf einen Störenfried.<br />

Auch in der Trockenzeit behalten Ameisenakazien das ganze Jahr über ihr <strong>La</strong>ub, wodurch die dauerhafte<br />

Bindung der Ameisen gewährleistet ist.<br />

171


Michaela Seiz, Birgit Wondratsch<br />

Interaktionen zwischen Pflanzen und Tieren<br />

Neben den Akazienarten, für die die Beziehung zum Ameisenpartner lebensnotwendig ist, gibt es auch<br />

solche, die zwar gelegentlich von verschiedenen Ameisenarten besiedelt werden, aber darüber hinaus<br />

chemische Abwehrstoffe gegen Fressfeinde entwickelt haben. Diese Arten produzieren zwar ebenfalls<br />

Nektar, erhöhen die Produktion jedoch um ein Vielfaches, wenn ihre Blätter angefressen werden. So<br />

werden Pseudomyrmex angelockt, die die neue Futterquelle verteidigen.<br />

Akazie mit ihren Bewohnern<br />

(Pseudomyrmex-Ameisen)<br />

Cecropia Futterkörperchen<br />

CECROPIA SP. UND AZTECA SP.<br />

Cecropia-Pflanze<br />

Die häufig an Flussufern oder auf Waldlichtungen zu findende Cecropia – auch Ameisenbaum genannt<br />

– ist mit über 100 Arten in Mittelamerika vertreten und gehört zur Familie der Cecropiaceae.<br />

Ihre Beziehung zu den Azteca-Ameisen ist von ähnlicher gegenseitiger Abhängigkeit geprägt wie die<br />

der Acacia und Pseudomyrmex.<br />

Die 10 – 20 m hohen schnellwüchsigen Bäume sind leicht an der hellen Blattunterseite und den handförmig<br />

geteilten großen Blättern erkennbar. Die Internodien am schlanken Stamm sind stark ausgeprägt.<br />

Wenn Ameisenbäume von größeren Bäumen beschattet werden, werden sie von ihrem Standort<br />

verdrängt. Janzen fand auch hier bei mindestens 70 Cecropia-Arten sichere Hinweise auf einen Mutualismus.<br />

Die Besonderheit der Cecropia liegt in ihrem hohlen Stamm, der an den Blattknoten durch Querwände<br />

in Kammern unterteilt wird. Mindestens zehn Arten beherbergen die Ameisen in diesem Hohlstamm,<br />

weswegen man sie zu den primären Myrmekophyten zählt.<br />

Vertiefungen im Stamm, die so genannten Prostomata, spielen eine Rolle bei der Besiedelung durch<br />

die junge Königin, die sich durch sie einen Eingang in den Stamm nagt. Diese besonders dünnwandige<br />

Stelle findet sich in jedem Internodium. Die Querwände im Inneren des Stamms werden mit dem Anwachsen<br />

der Kolonie durchgenagt, die sich so schließlich über die gesamte Pflanze ausbreitet.<br />

Auch die Cecropia produziert spezielle Futterkörper zur Ernährung der Ameisen. Die eiförmigen<br />

Müller’schen Körperchen besitzen glykogenreiche Plastiden, was eine Seltenheit in der Pflanzenwelt<br />

darstellt, da in der Pflanze Energie sonst als Stärke gespeichert wird. Sie werden im Inneren spezieller,<br />

an den Blattstielansätzen befindlicher Haarpolster, den so genannten Trichilien, gebildet, aus denen sie<br />

im Reifezustand von den Ameisen herausgezogen werden. Jedes Trichilium bildet pro Tag etwa zehn<br />

dieser Körperchen und braucht nach dem Absammeln etwa 20 – 25 Tage zur Neuproduktion. Die Produktion<br />

steigt mit der Nachfrage. Bei den in Gewächshäusern gehaltenen und somit nicht von Ameisen<br />

besiedelten Cecropia-Arten, werden die Müller’schen Körperchen ebenfalls produziert. Die Produktion<br />

der Körperchen ist somit genetisch in der Pflanze festgelegt und nicht direkt durch die Ameise<br />

hervorgerufen.<br />

Weiters werden lipidreiche „Perlkörper“ auf der Blattfläche und am Blattstiel hergestellt, jedoch nur<br />

auf jüngeren Blättern. Verschiedene Beobachtungen haben ergeben, dass die Ameisen kaum Notiz von<br />

ihnen nehmen bzw. die Perlkörner zwar gefressen werden, aber keinen wichtigen Bestandteil der Nahrung<br />

darstellen. Wie auch bei der Akazie verteidigt die Ameise die Cecropia gegen Fressfeinde und<br />

pflanzliche Konkurrenz, und nagt zum Beispiel die an den von der Cecropia bevorzugten offenen<br />

Standorten häufig vorkommenden zahlreichen Lianen ab. Auch die Besiedelung von Epiphyten wird<br />

verhindert.<br />

Gegenüber Käfern ist der Schutz der Ameise effektiv, während sie gegen Zikaden oder Fliegen wenig<br />

ausrichten kann. Auch verteidigt die Ameise die Pflanze in der Trockenzeit heftiger als in den Regenmonaten.<br />

172


Michaela Seiz, Birgit Wondratsch<br />

Interaktionen zwischen Pflanzen und Tieren<br />

In der Cecropia findet eine interessante Symbiose statt. Neben den Nektarien und den Futterkörpern<br />

bezieht die Ameise Energie aus einer weiteren Nahrungsquelle: Schildläuse, die sie im Inneren des<br />

Hohlstamms „halten“. Schildläuse besitzen die Fähigkeit, den stark zuckerhaltigen Assimilationssaft<br />

aus den Leitbahnen (Phloem) der Pflanze zu saugen. Sie verwerten die Aminosäuren und scheiden den<br />

Zuckersaft als Kot, den Honigtau, ab. Dieser dient vor allem der Ernährung der jungen Ameisen.<br />

5.7.5 Tarnung<br />

FUNKTION UND TARNUNGSARTEN<br />

Um sich vor Fressfeinden zu schützen oder auch um besser jagen zu können, bedienen sich Tiere einer<br />

meist visuellen Tarnung. Tiere bewerkstelligen dies auf unterschiedlichste Arten, welche sind:<br />

• Somatolyse: Darunter bezeichnet man die Anpassung an die Struktur und Färbung der Umgebung,<br />

sodass die Tiere quasi unsichtbar werden. Beispiele dafür wären der Tiger, das Zebra<br />

oder der Eisbär.<br />

• Mimese: Diese ist nicht scharf abzugrenzen von der Somatolyse. Tiere mit Tarnung, die in<br />

diese Gruppe fallen, ahmen meist unbelebte Gegenstände ihrer Umgebung nach, wie etwa<br />

Steine, Äste oder Blätter. Stabschrecken ähneln mit ihrem Körperbau einem Ast, während<br />

Gespenstschrecken an ein Blatt erinnern.<br />

• Mimikry: Manche Tierarten ahmen Tiere nach, die mit ihren Warnfarben Räubern ihre Ungenießbarkeit<br />

oder sogar Giftigkeit signalisieren, obwohl sie selbst nicht giftig sind. Einige<br />

Schlangenarten und Schmetterlingsraupen hoffen, so getarnt, von Fressfeinden verschont zu<br />

werden.<br />

• Gegenschattierung: Da Vögel und Fische in einem dreidimensionalen Habitat leben und<br />

somit von oben, als auch von unten angegriffen werden können, müssen sie sich ebenfalls<br />

tarnen. Die Unterseite ist hell gefärbt, da ja bekanntlich die Sonne von oben scheint; die Oberseite<br />

ist dunkel, wie der Untergrund.<br />

• Farbänderung: Unabhängig voneinander entwickelt besitzen manche Tierarten die Fähigkeit,<br />

ihre Farbe zu ändern, um sich an den wechselnden Untergrund anzupassen. Das bekannteste<br />

Beispiel wäre das Chamäleon, aber auch Rochen und andere Plattfische können ihre Farbe<br />

wechseln. Ebenfalls hierzu zählt der Schneehase, der sein Fell nach Jahresverlauf wechselt:<br />

sein Sommerfell ist grau-braun, im Winter ist es weiß.<br />

• Industriemelanismus: Da die einst helle Birkenrinde auf Grund der Luftverschmutzung der<br />

Industriebetriebe mit Ruß geschwärzt wurde, waren die hellen Birkenspanner (eine Schmetterlingsart)<br />

nicht mehr gut gegen den dunklen Untergrund getarnt und fielen Fressfeinden zum<br />

Opfer. Die ursprünglich seltenen dunklen Artgenossen hatten somit einen Überlebensvorteil<br />

und setzten sich genetisch durch.<br />

Einige Tierarten können sich jedoch nicht selbst tarnen, sondern brauchen „Gehilfen“ – ein Beispiel<br />

wäre das Faultier.<br />

FAULTIERE UND ALGEN<br />

Seit seiner Entdeckung im 16. Jahrhundert galt das Faultier als träge, hässlich und wertlos. Erst als<br />

Wissenschaftler in der Mitte des 20. Jahrhunderts das Tier näher erforschten, konnte seine <strong>La</strong>ngsamkeit<br />

endlich nicht nur mit einfacher Faulheit erklärt werden.<br />

Das Faultier der Unterordnung Folivora ist ein wahrer Energiesparer. Es lebt kopfüber hängend in<br />

Bäumen – damit das Regenwasser besser abfließen kann hat es seinen Scheitel am Bauch – und ernährt<br />

sich fast ausschließlich von Blättern, einer nährstoffarmen Kost. Um sich die mühsam erworbene<br />

Energie zu bewahren, bewegt es sich so wenig wie möglich. Anders als bei anderen Säugetieren, bei<br />

denen die Verdauung meist nur einige Stunden dauert, braucht die aufgenommene Nahrung beim<br />

Faultier oft mehr als eine Woche, um den Verdauungstrakt zu passieren, damit eine maximale Absorption<br />

gewährleistet werden kann. Auch muss das Faultier für eine optimale Verdauung seine normalerweise<br />

relativ niedrige Körpertemperatur anheben, was es durch Sonnenbaden bewerkstelligt. Durch<br />

sein dickes Fell kann es die so gewonnene Wärme eine Weile beibehalten. Etwa ein Mal pro Woche<br />

173


Michaela Seiz, Birgit Wondratsch<br />

Interaktionen zwischen Pflanzen und Tieren<br />

klettert das Faultier auf den Boden, um seinen Darm zu entleeren, was bis zu einer halben Stunde dauern<br />

kann. Es ist noch nicht völlig geklärt, aus welchem Grund es die Gefahr auf sich nimmt, sich aus<br />

dem schützenden Dach der Blätter zu entfernen. Es wird vermutet, dass es den Baum düngen will,<br />

damit er weiterhin mit Nährstoffen versorgt wird und seinen Bewohner mit Blättern beliefern kann.<br />

Die Unterordnung Folivora ist gegliedert in die beiden Familien Megalonychidae (Zweifingerfaultiere)<br />

und Bradypodidae (Dreifingerfaultiere). In Costa Rica ist jeweils eine Art jeder Familie beheimatet:<br />

das Braunkehl-Faultier (Bradypus variegatus) und das Hoffmann-Zweifingerfaultier<br />

(Choleopus hoffmanni) (Foto siehe „Säugetiere“). Letzteres wurde früher Zweizehenfaultier genannt,<br />

was jedoch irreführend ist, da es an den Hinterbeinen drei Zehen hat, wie auch das Dreifingerfaultier.<br />

Die Vorderfüße weisen jedoch nur zwei Finger auf, die in Krallen enden, mit denen es sich im Geäst<br />

festklammern kann. Das Zweifingerfaultier ist schwanzlos, hat sechs oder sieben Halswirbel und ist<br />

größer als das Dreifingerfaultier. Überdies ernährt es sich nicht ausschließlich von Blättern, sondern<br />

frisst selten auch Früchte, Knospen und Insekten oder andere kleine Tiere.<br />

Die Dreifingerfaultiere kann man öfter beobachten, da sie tag- und nicht wie die Zweifingerfaultiere<br />

nachtaktiv sind und gern in Cecropia sp. leben – ein mittelhoher Baum mit gut sichtbaren Ästen. Da<br />

sie sich so langsam bewegen und außerdem bis zu 20 Stunden pro Tag schlafen, werden sie von den<br />

Azteca-Ameisen nicht als Feind erkannt und somit toleriert. Eine Besonderheit der Dreifingerfaultiere<br />

sind ihre neun Halswirbel, mit denen sie ihren Kopf um 270° drehen können. Im Gegensatz zu den<br />

Zweifingerfaultieren besitzen sie einen kurzen, etwa 2 – 9 cm langen Schwanz und ihre Vordergliedmaßen<br />

sind deutlich länger als die hinteren. Dies ist auch ein Grund dafür, weshalb die Faultiere sich<br />

nur schleppend am Boden fortbewegen können, etwa wenn sie ihren Baum verlassen, um auf einem<br />

anderen weiter zu fressen.<br />

Im Fell des Faultiers herrscht ein feucht-warmes Milieu, weshalb sich in den Rillen ihrer Haare Algen<br />

ansiedeln. Diese geben dem Faultier seine grünliche Farbe, die es im Blätterdach besser tarnt. Die<br />

Tarnung ist für das Faultier von großer Wichtigkeit, da es auf Grund seiner <strong>La</strong>ngsamkeit sehr leicht<br />

Fressfeinden zum Oper fallen würde. Von den Algen angelockt, legt eine Schmetterlingsart, der<br />

Kleine Zünsler, seine Eier im Fell ab. Die Raupen schlüpfen, weiden die Algen ab und locken ihrerseits<br />

eine Ameisenart an, da sie zur bevorzugten Nahrung dieser Art gehören. Doch bietet das Faultier<br />

auch anderen Insekten, wie Motten oder Käfern, einen Lebensraum, was seine Tarnung komplettiert.<br />

Mit dieser fast perfekten Tarnung, und ihrer energiesparenden Lebensweise, können Faultiere in der<br />

Wildnis 20 – 30 Jahre alt werden.<br />

Literaturangaben<br />

HÖLLDOBLER, B., WILSON, E.O., (1990): The Ants; Springer-Verlag, Berlin Heidelberg,<br />

530 – 535, 545 – 551<br />

HOWE, H.F., WESTLEY, L.C., (1993): Anpassung und Ausbeutung; Spektrum Akademischer Verlag,<br />

141 – 168, 170, 176 – 179, 184 – 202<br />

KRICHER, J., (1997): A Neotropical Companion; Princeton University Press, New Jersey, 69 – 70,<br />

260 – 264<br />

NORMAN, D., (1993): The Brown-Throated Three-Toed Sloths and the Hoffman’s Two-Toed Sloths<br />

of Costa Rica; Educational Pamphlet Series, 2 – 6<br />

NORMAN, D., (1993): The Central American Agoutis of Costa Rica; Educational Pamphlet Series,<br />

1 – 10<br />

WEBER, A., et al., (2001): An Introductory Field Guide to the Flowering Plants of the Golfo Dulce<br />

Rain Forests Costa Rica; Biologiezentrum des oberösterreichischen <strong>La</strong>ndesmuseums, Linz, 138 – 139<br />

ZIZKA, G., (1990): Palmengarten Sonderheft 15: Pflanzen und Ameisen; Stadt Frankfurt am Main,<br />

Frankfurt, 9 – 13, 41 – 56, 63, 78 – 84<br />

174


Michaela Seiz, Birgit Wondratsch<br />

Interaktionen zwischen Pflanzen und Tieren<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/Dreifinger-Faultiere<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/Faultier<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/Heliconia<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/Kolibri<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/Paranuss<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/Samenverbreitung<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/Tarnung_(Biologie)<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/Zweifinger-Faultiere<br />

http://links.jstor.org.html<br />

http://nationalzoo.si.edu/publications/zoogoer/2002/1/hummingbirds.cfm<br />

http://www.faszination-regenwald.de/info-center/tierwelt/kolibris.htm<br />

http://www.geoscience-online.de/index.php?cmd=focus_detail2&f_id=60&rang=6<br />

http://www.iucnredlist.org/search/details.php/32986/all<br />

http://www.morgenwelt.de/index.php?id=155&backPID=115&tt_news=346<br />

http://www.tierlobby.de/rubriken/Tiergarten/faultiere/faultiere.htm<br />

http://www.uniduesseldorf.de/WWW/MathNat/Biologie/Didaktik/Exoten/Paranuss/dateien/besond2.html<br />

http://www.uniduesseldorf.de/WWW/MathNat/Biologie/Didaktik/Exoten/Paranuss/dateien/frameset.html<br />

http://www.wort-und-wissen.de/index2.php?artikel=sij61-2<br />

http://www.zdf.de/ZDFde/inhalt/6/0,1872,2033446,00.html<br />

http://www.zoo-dresden.de/zooDresden/tiere/tierportraits/saeugetiere/Faultier.html<br />

175


Teil VI<br />

Das Projekt<br />

„Regenwald der<br />

Österreicher“<br />

176


Mario Auer<br />

Das Projekt „Regenwald der Österreicher“<br />

6.1 Das Projekt „Regenwald der Österreicher“<br />

Nach ausgedehnten Costa Rica-Reisen kauft sich der Wiener Michael Schnitzler – ein klassischer<br />

Geiger und Professor an der Wiener Musikhochschule, Enkel des Dichters Arthur Schnitzler – Ende<br />

der 80er Jahre ein Ferienhaus im Süden Costa Ricas, bei der Hafenstadt Golfito am Golfo Dulce,<br />

einer Region, die einen der letzten primären Tieflandregenwälder an der Pazifikküste Mittelamerikas<br />

beheimatet, den Esquinas Regenwald. Dieser Tropische Regenwald zählt zu den artenreichsten Wäldern<br />

der Erde mit schätzungsweise 3.000 Pflanzenarten. Auf einem Hektar wurden hier bis zu 190<br />

Baumarten gezählt – in ganz Mitteleuropa gibt es vergleichsweise nur etwa 50 Baumarten – 100 Reptilien-<br />

und Amphibienarten (darunter 5 Arten von Pfeilgiftfröschen), 350 Vogelarten und 140 Säugetierarten<br />

(darunter Jaguare, Ozelots, Nasenbären, Faultiere und 3 Affenarten).<br />

Michael Schnitzler wird Zeuge der beginnenden Zerstörung des wertvollen Ökosystems durch Abholzungen,<br />

den Bau von Goldminen und die Jagd.<br />

Am 5. Juni 1991 wird zwar ein Dekret vom Präsidenten Costa Ricas unterzeichnet, wodurch der Esquinas<br />

Wald offiziell zum Nationalpark erklärt wird. Doch dieser Vertrag existiert vorerst nur auf<br />

dem Papier, denn der Regenwald verbleibt zur Gänze im Besitz von 140 Bauern aus den umliegenden<br />

Dörfern, die keineswegs in ihren Rechten als Grundeigentümer eingeschränkt werden und sogar weiterhin<br />

Abholzungsgenehmigungen erteilt bekommen. Michael Schnitzler beschließt initiativ zu werden<br />

und gründet 1991 den Verein „Regenwald der Österreicher". Es gelingt nach und nach – mit<br />

Hilfe von Spenden österreichischer NaturfreundInnen – Grundstücke „freizukaufen".<br />

Die Gelder werden der Regierung Costa Ricas übergeben, welche offiziell als Käufer aufscheint. Die<br />

Grundbesitzer erhalten den ortsüblichen Preis von 1 Euro/m², also 1000 Euro/ha. Jedes freigekaufte<br />

Grundstück wird automatisch in den neu gegründeten Nationalpark Piedras Blancas unter dem<br />

symbolischen Namen „Regewald der Österreicher" eingegliedert und somit dauerhaft unter Schutz<br />

gestellt. Bisher gelang es dem Verein eine Fläche von 33,7 km² zu erstehen, wobei man den<br />

Grundstücken, für die bereits eine Abholzungsgenehmigung vorlag, den Vorrang gab. Weitere 50 km²<br />

konnten durch die Mithilfe amerikanischer Umweltorganisationen bzw. der Republik Costa Rica unter<br />

Schutz gestellt werden. Somit ist es bisher gelungen, etwa die Hälfte des 140 km² großen Esquinas<br />

Regenwaldes – das entspricht in etwa der Größe Liechtensteins – vor der Zerstörung zu bewahren.<br />

Ranger im Esquinas Regenwald<br />

Unser Gärtner Luis bei der Durchquerung<br />

des Río Bonito<br />

Versteckt im Regenwald das Haus<br />

von Prof. Michael Schnitzler; Nähe<br />

von Golfito, Golfo Dulce<br />

Bucht von Golfito<br />

Hafen von Golfito<br />

177


Mario Auer<br />

6.2 Die <strong>Tropenstation</strong> „<strong>La</strong> <strong>Gamba</strong>“<br />

Das Projekt „Regenwald der Österreicher“<br />

Der Verein „Regenwald der Österreicher" kümmert sich aber nicht ausschließlich nur um Naturschutz,<br />

auch Forschung und Entwicklungshilfe bzw. nachhaltige Regionalentwicklung sind zentrale<br />

Anliegen des Projektes.<br />

1993 wurde eine Finca mit einer kleinen Wellblechhütte am Rande des Esquinas Waldes angekauft<br />

und in die Obhut zweier Biologen der Universität Wien übergeben (Dr. Anton Weissenhofer und<br />

Dr. Werner Huber), die zum damaligen Zeitpunkt noch Studenten der Botanik waren. Die Hütte<br />

wurde in eine wissenschaftliche Feldstation umgewandelt und bot Wohn- und Arbeitsmöglichkeit.<br />

Durch großes Engagement gelang es im <strong>La</strong>ufe der Zeit, eine Forschungs-, Lehr- und Weiterbildungsinstitution<br />

von internationalem Ruf zu etablieren, welche sich zum Ziel gesetzt hat, einen Beitrag<br />

zum Erhalt und zur Erforschung des Regenwaldes zu leisten. Mittlerweile bietet die <strong>Tropenstation</strong><br />

<strong>La</strong> <strong>Gamba</strong> Platz für ungefähr 20 Personen – zur Zeit gibt es vier Wohn- und Arbeitsgebäude – und<br />

wird hauptsächlich von Studenten und Wissenschaftlern österreichischer Universitäten, vorwiegend<br />

der Universität Wien, in Anspruch genommen, steht jedoch selbstverständlich auch ausländischen<br />

Universitäten und Naturinteressierten offen. Die wissenschaftliche Grundausstattung umfasst eine<br />

umfangreiche Bibliothek, Computer und Notebooks, mehrere Mikroskope und Binokulare, Ferngläser,<br />

ein Spektiv, einen Trockenschrank, Teleskop- Sammelstangen, Waagen, Terrarien, ein ausgezeichnetes<br />

Fotoherbarium u.v.m. Rund um die Station wurde ein 3 ha großer Botanischer Garten mit<br />

über 100 verschiedenen Arten tropischer Fruchtbäume und Nutzpflanzen liebevoll angelegt, der sogar<br />

zwei Naturteiche bzw. den ersten Naturschwimmteich im Südwesten Costa Ricas aufzuweisen hat.<br />

Eine überdachte Tischtennisanlage soll deshalb Erwähnung finden, weil sie eine willkommene Abwechslung<br />

zum Dschungelalltag bietet und sich unter Studenten zum kommunikativen Zentrum entwickelt<br />

hat. Auch ein 30 m hoher Beobachtungsturm, der 2003 im Zuge einer „Universum"-<br />

Dokumentation über die <strong>Tropenstation</strong> vom ORF finanziert wurde, steht Forschern zur Verfügung.<br />

Somit bietet die <strong>Tropenstation</strong> <strong>La</strong> <strong>Gamba</strong> die besten Voraussetzungen für wissenschaftliches Arbeiten.<br />

Seit 1995 wurden zahlreiche akademische Arbeiten abgeschlossen, (insgesamt 40 Bakkalaureatsarbeiten,<br />

Diplomarbeiten und Dissertationen), 25 werden derzeit verfasst und weit über 100 Publikationen<br />

wurden veröffentlicht, unter anderem:<br />

• WEISSENHOFER, A., et al., (2001): An Introductory Field Guide to the flowering plants of<br />

the Corcovado- and Piedras Blancas national park („Regenwald der Österreicher“); OÖ <strong>La</strong>ndesmuseum<br />

Linz, Biologiezentrum, Johann-Wilhelm Kleinstrasse<br />

• HUBER, W., et al., (2002): Katalog zur Ausstellung Helikonien und Kolibris der „Regenwald<br />

der Österreicher" in Costa Rica; Verein zur Förderung der <strong>Tropenstation</strong> <strong>La</strong> <strong>Gamba</strong>, Costa<br />

Rica, Rennweg 14, 1030 Wien, Austria<br />

• HUBER, W., WEISSENHOFER, A., (2005): The Amphibians & Reptiles of the Golfo Dulce<br />

Region, Costa Rica; Faculty Center of Botany, Rennweg 14, A-1030 Vienna<br />

Außerdem werden die vorhandenen Ressourcen von Exkursionsteilnehmern und interessierten <strong>La</strong>ien<br />

ganzjährig genützt. Zu moderaten Preisen werden Übernachtungsmöglichkeiten Vollverpflegung und<br />

die Benützung der gesamten Ausstattung angeboten. Die Kosten betragen je nach Art und Dauer des<br />

Aufenthaltes für Studenten zwischen 16 und 31 USD bzw. für Wissenschaftler zwischen 30 und 40<br />

USD.<br />

Von 1993 bis Ende 2003 wurde die Station vom Verein „Regenwald der Österreicher" geleitet, die<br />

Führung wurde hierauf dem 2003 neu gegründeten „Verein zur Förderung der <strong>Tropenstation</strong> <strong>La</strong><br />

<strong>Gamba</strong>" übertragen, der in Kooperation mit der Universität Wien steht und mit Subventionen der<br />

Universität Wien, des Zentrum für Botanik, Department für Evolutionsbiologie, Department für Naturschutzbiologie,<br />

Vegetation- und <strong>La</strong>ndschaftsökologie der Universität Wien, des Bundesministeriums<br />

für Bildung, Wissenschaft und Kunst, des Vereins „Regenwald der Österreicher" die Station<br />

erhält.<br />

Zwei Projektkoordinatoren der Universität Wien – Dr. Anton Weissenhofer und Dr. Werner Huber<br />

– betreuen die Station, außerdem konnten 6 permanente Arbeitsplätze für die einheimische Bevölkerung<br />

geschaffen werden: Es sind dies die Verwalterin vor Ort Maria Luisa Sanchez Porras, eine<br />

Köchin (Lisbeth Quiroz Ramirez), eine Reinigungskraft (Marie de los Angeles Montiel Montiel)<br />

178


Mario Auer<br />

Das Projekt „Regenwald der Österreicher“<br />

sowie drei Gärtner (Eduardo Gerardo Auraz Suarez, Jose Luis Sanchez Chimenez und Victor Julio<br />

Cruz Garcia).<br />

Haupthaus Rezeption im Haupthaus Terrasse für Studienarbeiten und<br />

Abendentspannung, Haupthaus<br />

Haus Matula<br />

„Speisesaal“, sozialer Treffpunkt mitten<br />

im botanischen Garten<br />

Casa Nueva<br />

Ruhemöglichkeit am Naturschwimmteich<br />

Selbst angelegter Naturschwimmteich<br />

Weg durch botanischen Garten<br />

Richard Weixler Haus mit stationseigener<br />

Pflanzenaufzucht<br />

Die beiden Gärtner Eduardo (links)<br />

und Luis (rechts)<br />

Reinigungskraft Angela (links),<br />

Verwalterin Maria (Mitte) und Köchin<br />

Lisbeth (rechts)<br />

179


Mario Auer<br />

6.3 Die „Esquinas Rainforest Lodge“<br />

Das Projekt „Regenwald der Österreicher“<br />

Wie schon erwähnt, ist auch Entwicklungshilfe ein zentrales Anliegen des Projektes. Durch die Einrichtung<br />

des Nationalparks Piedras Blancas musste zwar niemand ausgesiedelt werden, doch wurde<br />

ein Teil der ansässigen Bevölkerung, vor allem Holzarbeiter und Jäger, in seinen Verdienstmöglichkeiten<br />

bedeutend eingeschränkt. Ein paar Holzfäller der Gemeinde <strong>La</strong> <strong>Gamba</strong> kamen deshalb auf die<br />

Idee, ökotouristische Einrichtungen als Alternative und neue Einnahmequelle zu erschließen. Der<br />

Verein „Regenwald der Österreicher" reichte 1993 das Projekt „Ökotourismus in <strong>La</strong> <strong>Gamba</strong>" bei<br />

der Republik Österreich ein, diese erklärte die nachhaltige Nutzung von Tropenwäldern zum Schwerpunkt<br />

ihres Entwicklungshilfeprogrammes. Das Projekt soll dokumentieren, dass diese kleine Lodge<br />

mit der begrenzten Anzahl von 30 Gästen, die im Sinne eines anspruchsvollen Ökotourismus versorgt<br />

werden wollen, ausreichend Gewinne erzielen kann – ohne dabei die Natur zu zerstören – die es<br />

ermöglichen, den Lebens- und Bildungsstandard einer Dorfgemeinschaft (<strong>La</strong> <strong>Gamba</strong>), bestehend aus<br />

70 Familien, langfristig und dauerhaft zu erhöhen. Die Finanzierung wurde zugesagt und der Verein<br />

„Regenwald der Österreicher" mit der Leitung und Betreuung des Projektes beauftragt. Die Esquinas<br />

Rainforest Lodge wurde am Rande des Nationalparks Piedras Blancas (in unmittelbarer Nähe zur<br />

<strong>Tropenstation</strong> <strong>La</strong> <strong>Gamba</strong>) um etwa 5 Mio ATS (360.000 Euro) gebaut und konnte 1994 eröffnet werden.<br />

Die dem Klima und örtlichem Baustil angepasste Anlage umfasst ein Hauptgebäude, in dem ein<br />

Restaurant, eine Bar und ein Aufenthaltsraum mit Bibliothek untergebracht sind und sieben kleine<br />

Bungalows, die insgesamt mit 14 Zimmern ausgestattet sind. Weiters wurden ein tropischer Garten<br />

mit „chlorfreiem Schwimmbad" und ein 16 km langes markiertes Wegnetz im umliegenden Regenwald<br />

angelegt. Die Übernachtung inklusive 3 Mahlzeiten kostet pro Person zwischen 90 und 135<br />

USD. Aufenthalte im „Regenwald der Österreicher" werden von mehreren österreichischen Reiseveranstaltern<br />

angeboten. Weiters konnten etwa 20 neue Arbeitsplätze für die Menschen aus <strong>La</strong> <strong>Gamba</strong><br />

geschaffen werden.<br />

Bis zum Jahr 2005 war der Verein „Regenwald der Österreicher" Eigentümer der Lodge, danach ging<br />

sie in privaten Besitz über. Aus dem Verkaufserlös wurde ein Fond für Projekte in <strong>La</strong> <strong>Gamba</strong> eingerichtet.<br />

Zahlreiche Projekte wie zB. der Neubau der Schule, die Einrichtung einer Krankenstation, die<br />

Gründung einer Frauengruppe, die Schmuck und Shampoo herstellt, eine Aufzuchtstation für Agutis<br />

(nachtaktive Nagetiere), der Bau eines Kinderspielplatzes, die Erneuerung der Trinkwasserleitungen<br />

und die Implementierung eines Programms für Mülltrennung und Müllbeseitigung konnten bereits<br />

realisiert werden. Einigen Kindern konnte außerdem durch Stipendien der Besuch höherer Schulen<br />

ermöglicht werden.<br />

Das Projekt „Regenwald der Österreicher" ist in seiner Vielschichtigkeit mit den Schwerpunkten Naturschutz,<br />

Forschung und nachhaltige Entwicklungshilfe vorbildhaft und mittlerweile der größte Arbeitgeber<br />

für die Bewohner von <strong>La</strong> <strong>Gamba</strong>. 1995 wurde der Gründer des Vereins Prof. Michael<br />

Schnitzler von der Republik Österreich mit dem „Konrad-Lorenz Staatspreis", dem höchsten Umweltpreis<br />

der Republik, ausgezeichnet. Im Jahr 2000 erhielt der Verein den „Großen-Binding-Preis<br />

für Natur- und Umweltschutz" des Fürstentums Liechtenstein.<br />

Esquinas Rainforest Lodge Chlorfreies Schwimmbecken für Gäste „Caiman Pond“, Naturteich inkl.<br />

Kaimane und Schnappschildkröten<br />

180


Mario Auer<br />

Das Projekt „Regenwald der Österreicher“<br />

Brillenkaiman am Naturteich, zum<br />

Greifen nah<br />

Haus in <strong>La</strong> <strong>Gamba</strong><br />

Projekt „mujeres visionarias“,<br />

Shampooherstellung, Verkaufsraum im<br />

Ort<br />

Literaturangaben<br />

ALBERT, R., et al., (2005): Die <strong>Tropenstation</strong> <strong>La</strong> <strong>Gamba</strong> „Regenwald der Österreicher". Wissenschaftlicher<br />

Bericht; Verein zur Förderung der <strong>Tropenstation</strong> <strong>La</strong> <strong>Gamba</strong>, Wien<br />

HUBER, W., et al., (2002): Katalog zur Ausstellung Helikonien und Kolibris der „Regenwald der<br />

Österreicher" in Costa Rica; Verein zur Förderung der <strong>Tropenstation</strong> <strong>La</strong> <strong>Gamba</strong>, Costa Rica, Rennweg<br />

14, 1030 Wien, Austria<br />

LÖTSCH, B., (1996): Österreichs Transnationalpark mit Costa Rica: Hoffnung und ein Stück-<br />

Ökopatriotismus. In: Esquinas-Nationalpark: Der Regenwald der Österreicher in Costa Rica (Sehnal,<br />

P., Zettel, H., Hrsg.); Naturhistorisches Museum Wien, Wien, 11 – 24<br />

SCHNITZLER, M. (1996): Der „Regenwald der Österreicher" in Costa Rica. In: Esquinas-<br />

Nationalpark: Der Regenwald der Österreicher in Costa Rica (Sehnal, P., Zettel, H., Hrsg.); Naturhistorisches<br />

Museum Wien, Wien, 7 – 10<br />

WEISSENHOFER, A., et al., (2001): An Introductory Field Guide to the flowering plants of the Corcovado-<br />

and Piedras Blancas national park („Regenwald der Österreicher"); OÖ <strong>La</strong>ndesmuseum Linz,<br />

Biologiezentrum, Johann-Wilhelm Kleinstraße<br />

181


Teil VII<br />

Kulinarische<br />

Köstlichkeiten<br />

182


Bernadette Binder<br />

Kulinarische Köstlichkeiten<br />

7.1 Allgemeiner Überblick<br />

Costa Rica ist ein Schmelztiegel an kulturellen Einflüssen, die auch in kulinarischen Belangen<br />

widergespiegelt werden. Zweifellos gehören, nach Meinung der Ticos, Reis und Bohnen zu jeder<br />

guten Mahlzeit, was sich für den Europäer sehr eintönig anhört. Tatsächlich bietet sich dem<br />

kulinarisch Interessierten eine ungeahnte Vielfalt an raffiniert gewürzten Köstlichkeiten, ein Umstand,<br />

der durch die kosmopolitische Gesellschaft der Ticos und Ticas erklärt werden kann. Jeder Gaumen<br />

kann hier etwas für seinen Geschmack finden. Wie eingangs erwähnt besteht die costaricanische<br />

Küche im Wesentlichen aus Reis, schwarzen und roten Bohnen, Mais, Gemüse, Fisch und Geflügel.<br />

Zwei Qualitätsstufen der von uns<br />

besuchten Reisfabrik<br />

Gemüsebuffet in <strong>La</strong> <strong>Gamba</strong>:<br />

(v.l.n.r.) Frittierte Brotfüchte,<br />

gekochter Maniok, gekochter Taro<br />

Fischverkäufer mit Hecht am Markt in<br />

Cartago<br />

Vor allem die Tatsache, dass Reis und Bohnen in Form von Gallo Pinto bereits früh morgens auf dem<br />

Speiseplan stehen, mag den Durchschnittseuropäer vielleicht verwundern, aber wenn man sich einmal<br />

daran gewöhnt hat, ist es vom Frühstückstisch fast nicht mehr wegzudenken. Gallo Pinto ist nicht nur<br />

ein typisch regionales Frühstücksgericht, sondern auch eines der Nationalgerichte von Costa Rica. Es<br />

ist üblich dazu Spiegeleier oder Rührei zu servieren. Mancherorts werden auch Maistortillas und<br />

Sauerrahm dazu gereicht. Auch die Kombination mit gebratenem Speck wird wärmstens empfohlen.<br />

Ein anderes Nationalgericht ist „Casado“, was soviel wie „verheiratet“ bedeutet. Auch hier handelt es<br />

sich um ein Reis-Bohnengericht, zu welchem außerdem noch gebratene Kochbananen, Salat, Gemüse<br />

und als kräftige Beilage Fleisch, Fisch oder Huhn serviert werden.<br />

Traditionell wird in Costa Rica verschiedenes Tropengemüse, wie Yams, Batate oder Maniok, serviert.<br />

Die Zubereitung ist genauso vielfältig, wie die der Kartoffel bei uns.<br />

Besonders erwähnenswert sind außerdem die gefüllten Teigtaschen, welche als Empanadas<br />

bezeichnet werden und die es in den unterschiedlichsten Variationen gibt (süße und pikante<br />

Füllungen).<br />

Gallo Pinto Gegrillter Barsch (Red Snapper) Casado mit Kochbanane<br />

Es lässt sich aber auch der Einfluss internationaler Küche beobachten, der sich durch die Zunahme an<br />

italienischen, chinesischen, mexikanischen und französischen Restaurants widerspiegelt. Auch<br />

japanisches Sushi erfreut sich immer größerer Beliebtheit. Natürlich konzentrieren sich diese Trends<br />

hauptsächlich auf den Großraum San José und einige Tourismusgebiete. Der ländliche Raum wurde<br />

von den kulinarischen Einflüssen der internationalen Gastronomie noch weitgehend verschont,<br />

183


Bernadette Binder<br />

Kulinarische Köstlichkeiten<br />

dennoch sind dort die traditionellen „Sodas“ von vorrangiger Bedeutung. Unter dem Begriff „Soda“<br />

versteht man kleine einheimische Restaurants, in denen landestypische, regionale Gerichte serviert<br />

werden.<br />

Auch eine zunehmende Nordamerikanisierung durch die verschiedenen Fast-Food-Ketten hat<br />

eingesetzt. So ist es nicht verwunderlich, dass man in San José einige McDonalds, Burger Kings,<br />

Pizza Huts und Taco Bells findet. Dieser Trend wirkt sich zunehmend auf das Essverhalten<br />

vornehmlich junger Konsumenten in Costa Rica aus, die es inzwischen vorziehen Hamburger anstatt<br />

Gallo Pinto oder Casado zu essen.<br />

In der Atlantikregion rund um Puerto Limón sind die karibischen Einflüsse allgegenwärtig. So<br />

werden dort viele Gerichte auf der Grundlage von Kokosmilch zubereitet. In den Küstengebieten wird<br />

zudem hauptsächlich Fisch gegessen.<br />

Als Dessert werden in Costa Rica saftige, süße Tropenfrüchte serviert. Außerdem gelten die Ticos<br />

und Ticas als Naschkatzen und lieben daher die süßen Verführungen des Gaumens wie Schokolade,<br />

Kuchen, Torten und Dulce de leche. Wörtlich übersetzt heißt „Dulce de leche“ nichts anderes als<br />

„Süßigkeiten aus Milch“. Mit "Karamel" jedenfalls ist es nur ungenau beschrieben. Milch, Wasser und<br />

viel, viel Zucker werden so lange erhitzt und eingedickt, bis eine äußerst süße, zähe braune Masse<br />

entsteht. Abgesehen von der bräunlichen Farbe könnte man die Creme auch mit gesüßter<br />

Kondensmilch aus der Tube vergleichen. Gerne wird diese Masse pur aufs Brot gestrichen, ähnlich<br />

wie Honig oder Nutella in Mitteleuropa.<br />

Geburtstagstorte, <strong>La</strong> Fortuna<br />

Natürliche „Zuckerl“ - Samen der<br />

Kakaofurcht mit süßer Pulpa<br />

Pancakes am Frühstückstisch<br />

Dulce – Zuckerrohrmelasse<br />

Kokosnussmilch als<br />

Erfrischungsgetränk in den Pausen<br />

Costaricanisches Bier<br />

Auch wenn Limonaden wie Coca Cola weit verbreitet sind, so werden „Refrescos Naturales“,<br />

Fruchtsäfte jeglicher Art auf der Grundlage von Wasser, Milch oder Joghurt, als gesunde Alternative<br />

sehr geschätzt. Im Limonadensortiment findet man auch einige exotische Sorten, wie beispielsweise<br />

Fanta-Traube. Auch in Costa Rica scheint der Trend hin zum „Wellnesswasser“ in verschiedenen<br />

184


Bernadette Binder<br />

Kulinarische Köstlichkeiten<br />

Geschmacksrichtungen angekommen zu sein. Ein gutes Beispiel ist das Produkt „Aqua Crystal“,<br />

welches in den Sorten Weintraube, Erdbeere und Pfirsich erhältlich ist, von der Firma Florida<br />

Bebidas.<br />

Costa Ricas Kaffee zählt zu den besten der Welt und wie bei den Engländern die Tea-Time, trinken<br />

die Ticos am Nachmittag ihren Kaffe mit viel Zucker und Milch. Es existiert allerdings keine so<br />

ausgeprägte Kaffeehauskultur wie in Europa.<br />

Alkoholische Getränke sind in Costa Rica sehr beliebt und das costaricanische Bier muss den<br />

internationalen Vergleich nicht scheuen. Imperial, Bavaria, Pilsen und Rock Ice werden in den<br />

Brauereien Costa Ricas ebenso hergestellt, wie international vertretene Marken, deren Herstellung<br />

durch eine entsprechende Lizenz ermöglicht wurden. So produziert die Firma Florida Ice & Farm Co.<br />

seit 1986 für Heineken.<br />

Auch üppig dekorierte Cocktails sind in Costa Rica sehr gefragt. Der aus Zuckerrohr gebrannte Guaro<br />

kurbelt nicht nur die Verdauung an, sondern lässt sich auch prima mit Fruchtsäften mixen und dient<br />

als Basis für so manchen Cocktail. Die costaricanischen Rumdestillen bieten genug Auswahl, auch für<br />

den verwöhntesten Gaumen.<br />

7.2 Rezepte zur Verwendung von tropischem Gemüse<br />

KOCHBANANE (MUSA X PARADISIACA)<br />

Kochbananen sind aus Kreuzungen zwischen Obstbananen und samenhältigen Bananen entstanden.<br />

Sie haben sehr lange (bis 40 cm) und dicke Früchte, sind kantiger als Obstbananen, haben eine grüne<br />

Schale und ein festes, nicht süßes, aber sehr stärkehaltiges Fruchtfleisch. Kochbananen werden<br />

üblicherweise nicht roh gegessen, sondern gekocht, gegrillt, frittiert oder gebraten. Sie können auch<br />

getrocknet oder zu Mehl gemahlen werden und werden zur Herstellung von Getränken (z.B. Bier)<br />

verwendet. Reife Kochbananen haben eine großteils schwarz verfärbte Schale, manchmal sogar mit<br />

kleineren oberflächlichen Schimmelstellen. Für ihre geschmacklichen Eigenschaften hat das aber<br />

keine negativen Auswirkungen.<br />

Patacones (frittierte Kochbanane):<br />

• 4 Kochbananen<br />

• ½ Liter Frittieröl für eine tiefe Pfanne<br />

(alternativ empfiehlt es sich eine Friteuse zu verwenden)<br />

• Salz<br />

Das Fett in einer tiefen Pfanne erhitzen. Die Kochbananen schälen und in 3 – 5 cm große Stücke<br />

schneiden. Die Stücke im Fett so lange anfrittieren, bis sie eine leichte bräunliche Farbe annehmen.<br />

Dann herausnehmen und auf ein großes Brett legen. Mit einem kleinen Brett die Bananenstücke<br />

platt drücken, damit sie nicht ankleben (am besten mit leichten Drehbewegungen!) Dann mit einem<br />

Messer vorsichtig vom Brettchen lösen und nochmals frittieren, bis sie knusperbraun sind.<br />

Abtropfen lassen, mit Salz bestreuen und genießen.<br />

Gebratene Kochbanane mit Honig<br />

• 4 Kochbananen<br />

• Pflanzenöl<br />

• Honig<br />

Pfanne mit etwas Öl erhitzen, Banane in schräge Scheiben schneiden und goldbraun braten. Im<br />

noch warmen Zustand mit Honig bestreichen. Eignet sich hervorragend als Vorspeise, Dessert oder<br />

auch als Beilage zu Reis.<br />

185


Bernadette Binder<br />

Kulinarische Köstlichkeiten<br />

MANIOK (MANIHOT ESCULENTA)<br />

Der zur Familie der Wolfsmilchgewächse (Euphorbiaceae) gehörende Maniok ist ein bis zu drei Meter<br />

hoher, buschiger Strauch, mit handförmig geteilten Blättern und grünlich-gelblichen Blüten. Die an<br />

der Sprossbasis durch sekundäres Dickenwachstum entstehenden zylindrischen oder spindelförmigen,<br />

nur kurze Zeit lagerfähigen, stärkereichen Knollen erreichen eine Länge von 30 – 50 cm, einen<br />

Durchmesser von 5 – 10 cm und ein Gewicht von 2 – 5 kg. Die Knollen haben eine raue bis glatte,<br />

dunkelbraun gefärbte Schale und ein weißlich oder gelblich gefärbtes Inneres.<br />

Man unterscheidet einerseits bitteren Maniok, der wegen seines hohen Linamarin-Gehalts (giftig)<br />

immer im Milchsaft gekocht werden muss und andererseits den "Aipim" genannten süßen Maniok,<br />

der das Linamarin nur in den äußeren Randschichten der Knolle enthält und daher nur geschält werden<br />

muss. Der Maniok stammt ursprünglich aus Brasilien und war bereits vor dem Eintreffen der<br />

europäischen Kolonisatoren in Südamerika, Mexiko und auf den Antillen verbreitet. Durch<br />

portugiesische Sklavenhändler wurde Maniok im <strong>La</strong>ufe des 16. Jahrhunderts nach Afrika, sowie später<br />

bis nach Indonesien verbreitet.<br />

Der Maniok enthält reichlich Eiweiß und Mineralstoffe wie Kalium, Kalzium und Eisen, sowie<br />

Vitamin C. Maniok kann nicht roh gegessen werden und wird nach dem Waschen und Schälen in<br />

Salzwasser gekocht und ähnlich den Kartoffeln zubereitet. In seinen Anbauländern wird er<br />

üblicherweise nach dem Kochen zu Brei zerstoßen, zu einem haltbaren Mehl "Farinha" oder zu<br />

reiner Stärke "Tapioka" weiterverarbeitet und zu Fladen gebacken.<br />

Frittierter Maniok (Portionen):<br />

• 2 kg Maniok, geschält und in mittelgroße<br />

Stücke geschnitten<br />

• Knoblauch, mehrere Zehen<br />

• 2 Stangen Sellerie, geschnitten<br />

• Salz<br />

• Pflanzenöl<br />

Maniok mit Knoblauch, Sellerie und Salz weichkochen. Anschließend den Maniok goldbraun<br />

frittieren und mit salz verfeinern. (Dippsauce: Olivenöl mit gehacktem Knoblauch und Petersilie)<br />

YAMS (DIOSCOREA BATATAS, KARTOFFELYAMS)<br />

Bei der am meisten angebauten Art erreichen die unterirdischen Knollen eine Länge von bis zu zwei<br />

Metern, ihr Geschmack ist süßlich und ähnelt Esskastanien und Kartoffeln. Sie haben eine<br />

dunkelbraune bis schwarze Haut, sind reich an Provitamin A sowie Kalium und wirken, roh gegessen,<br />

toxisch. Yamswurzeln ähneln geschmacklich und optisch den Süßkartoffeln, sind aber nicht mit ihnen<br />

verwandt. Yamswurzeln werden, üblicherweise gegart, wie Kartoffeln verzehrt, wofür die Wurzeln<br />

geschält und in Würfel geschnitten 10 – 20 Minuten in Salzwasser gekocht werden. Yamswurzel ist<br />

auch in dünne Scheiben geschnitten und geröstet oder frittiert sehr schmackhaft.<br />

SÜßKARTOFFEL (IPOMOEA BATATAS)<br />

Die zur Familie der Windengewächse (Convolvulaceae) gehörende Süßkartoffel ist eine einjährige,<br />

krautige, Windepflanze die an ihrem dahinkriechenden, bis zu drei Meter langen Spross Wurzeln<br />

entwickelt. Durch sekundäres Dickenwachstum entwickeln sich 10 – 20 cm lange und bis zu drei<br />

Kilogramm schweren, purpurroten über bräunlich oder gelblich bis weißlichen, von zahlreichen<br />

Milchröhren durchzogenen Knollen anschwellen. Sie haben eine dicke Schale und schmecken leicht<br />

mehlig, sind rötlich - bräunlich oder gelblich – weißlich gefärbt. Die wechselständigen Blätter sind<br />

kurz gestielt und mit gelappter Spreite versehen.<br />

Süßkartoffeln stammen ursprünglich aus Südamerika und wurden schon von den präkolumbianischen<br />

Inkakulturen angebaut. Im <strong>La</strong>ufe des 16. Jahrhunderts wurden die von den Indianern batate genannten<br />

Süßkartoffeln nach Europa gebracht, und von hier aus bis in den südostasiatischen Raum verbreitet.<br />

Heute werden Süßkartoffeln weltweit in tropischen und subtropischen Gebieten Amerikas, Afrikas<br />

und Asiens angebaut und zählen zu den wichtigsten Grundnahrungsmitteln der Menschheit.<br />

Süßkartoffeln werden wie Kartoffeln vor- und zubereitet. Sie eignen sich sehr gut zum Kochen,<br />

Backen und Pürieren, jedoch weniger zum Braten, da sie relativ schnell zerfallen. Aus den gekochten<br />

Knollen werden Mehl, Stärke und eine Art Sago, sowie alkoholische Getränke hergestellt. Zum<br />

Verzehr werden sie üblicherweise geschält, rundherum mit einer Gabel eingestochen, mit Öl<br />

eingerieben und in Folie gewickelt im Ofen gegart.<br />

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Bernadette Binder<br />

Kulinarische Köstlichkeiten<br />

7.3 Nationalgerichte und andere kulinarische Köstlichkeiten<br />

SUPPEN<br />

Pejibaye-Suppe:<br />

• 10 – 12 Pejibaye<br />

• 3 Tassen Hühnersuppe<br />

• 3 Tassen Milch<br />

• 1 Zwiebel, gehackt<br />

• Knoblauch, gehackt<br />

• 1 roter, grüner und gelber Paprika, gehackt<br />

• Salz und Pfeffer<br />

Pejibaye weichkochen (ca. 45 Minuten), abkühlen lassen und schälen. Anschließend mit der<br />

Hühnersuppe pürieren. Zwiebel, Knoblauch und Paprika sautieren. Anschließend die pürierten<br />

Pejibaye und Milch zugeben. Weitere 5 – 10 Minuten leicht kochen lassen.<br />

Sopa negra, Sopa de habichuelas negras – Schwarze Bohnensuppe (6 Portionen):<br />

• 500 g schwarze Bohnen, am Vortag<br />

einweichen<br />

• 1 Lorbeerblatt<br />

• ½ TL Kreuzkümmel, gemahlen<br />

• ½ TL Oregano<br />

• 1 TL Paprikapulver<br />

• ¼ Tasse Öl<br />

• 1 Zwiebel gehackt<br />

• 1 roter Paprika püriert<br />

• 1 grüner Paprika gehackt<br />

• 6 Knoblauchzehen zerdrückt<br />

• 1 Würfel Gemüsesuppe<br />

• ½ EL Zucker<br />

• 2 EL Essig<br />

• Salz, Pfeffer<br />

Bohnen im Einweichwasser mit Lorbeer, Kreuzkümmel, Oregano und Paprikapulver kochen. Eine<br />

Tasse Bohnen herausnehmen, pürieren und wieder zu den übrigen Bohnen geben. In einem Topf<br />

Zwiebel glasig dünsten und grüne Paprika, Brühwürfel, Zucker und Essig zugeben, einige Minuten<br />

kochen, die Bohnen mit der Flüssigkeit hinzufügen, mit Salz und Pfeffer abschmecken und solange<br />

kochen bis die Suppe etwas eindickt.<br />

FLEISCH- UND FISCHGERICHTE<br />

Casado (1 Portion):<br />

• ½ Tasse gekochter Reis<br />

• ½ Tasse gekochte rote oder schwarze Bohnen<br />

• ½ Tasse Picadillo (Zubereitung siehe „Gemüsegerichte“)<br />

• ½ Tasse „Himmlische“ Kochbanane (Zubereitung siehe „Süß schmeckende Gerichte“)<br />

• Salat<br />

• Fleisch nach Wahl: bistec (landestypische Bezeichnung für dünn geschnittenes, gegrilltes<br />

Rindfleisch, ist kein Beefsteak), Fisch oder Huhn (alternativ zum Fleisch kann auch Käse<br />

serviert werden)<br />

Ceviche (4 – 6 Portionen):<br />

• ½ kg Seebarschfilet, würfelig geschnitten<br />

• 2 Tassen Stangensellerie, fein gehackt<br />

• 3 Tassen Korianderblätter, fein gehackt<br />

• ½ Tasse Petersilie, fein gehackt<br />

• 1 große Zwiebel, fein gehackt<br />

• 1 roter Paprika, würfelig geschnitten<br />

• 6 – 8 Limetten, Saft<br />

• ½ Tasse Weißweinessig<br />

• 3 Lorbeerblätter<br />

• Pflanzenöl<br />

• Salz, Pfeffer<br />

Fisch in eine Glasschüssel geben, sämtliche Zutaten gut vermischen und darüber geben. Dabei ist<br />

darauf zu achten, dass der Fisch gut mit Flüssigkeit bedeckt ist. Um den Fisch zu marinieren, sollte<br />

man ihn über Nacht im Kühlschrank durchziehen lassen. Tags darauf kann er dann kalt, mit<br />

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Bernadette Binder<br />

Kulinarische Köstlichkeiten<br />

russischem Dressing, Tomatensoße oder Salsa serviert werden. Ergänzend empfiehlt sich dazu<br />

Salzgebäck („Soda-Kekse“), Avocados und Patacones.<br />

Chicharrones:<br />

• 1 kg Schweinebauch mit Schwarte<br />

• Salz<br />

• Öl zum Frittieren<br />

• Limetten<br />

Fleisch in mittelgroße Stücke schneiden, Schwarte einschneiden nicht vergessen. Fleisch<br />

anschließend kräftig salzen. Pfanne mit 1/8 Liter Wasser füllen und erhitzen. Fleisch mit der<br />

Schwarte nach oben in die Pfanne legen. Fleisch erst dann wenden, wenn das Wasser vollständig<br />

verdampft ist. Kein Öl oder Fett zugeben, sondern nur vorbräunen. Anschließend die Fleischstücke<br />

in eine Friteuse oder heißes Öl legen und bis zur Wunschbräunung frittieren. Vor dem Verzehr mit<br />

Limettensaft beträufeln.<br />

Empanadas mit Fleischfüllung (10 Portionen):<br />

• 167 g Faschiertes, gemischt<br />

• 167 g Faschiertes Rind<br />

• 100 g durchwachsener Speck<br />

• 100 g Zwiebel<br />

• 4 Eier<br />

• 35 g Oliven<br />

• 65 g Rosinen<br />

• 1 ½ TL Paprikapulver, edelsüß<br />

• 1 ½ TL Kreuzkümmel gemahlen<br />

• Für den Teig: 8 EL Öl, 34 g Hefe, 500 g<br />

Maismehl (kann durch Weizenmehl ersetzt<br />

werden), evtl. Chilischoten<br />

Der Speck und die Zwiebeln kleinwürfelig schneiden und anbraten, anschließend das Faschierte<br />

zugeben und weiter braten. Achtung, nicht verklumpen lassen! Eier hart kochen und zerkleinern.<br />

Rosinen in heißem Wasser aufquellen lassen. Oliven in feine Scheiben schneiden und gemeinsam<br />

mit den Rosinen und Eiern unter die Fleischmasse heben. Mit Paprika, Kreuzkümmel und eventuell<br />

etwas Salz abschmecken. Wer es schärfer mag, kann auch noch klein geschnittenen Chili zugeben.<br />

Für den Teig: Mehl und Hefe mit Öl und ¾ der Milch verkneten. Dann noch solange Milch<br />

zugeben bis der Teig geschmeidig wird, aber noch gleichzeitig fest erscheint. Anschließend den<br />

Teig an einem warmen Ort gehen lassen. Den Teig ausrollen und runde Stücke mit ca. 15 cm<br />

Durchmesser formen. Je 1 – 2 EL Fülle auf eine Hälfte geben und den Rand mit Ei bestreichen.<br />

Anschließend den Teig zu einer Tasche klappen und den Rand festdrücken. Je nach Belieben im<br />

Elektroherd bei 180 °C 20 Minuten backen oder in Fett frittieren.<br />

GEMÜSEGERICHTE<br />

Gallo Pinto (2 – 3 Portionen):<br />

• 1 ½ Tassen gekochte schwarze Bohnen<br />

• 2 Tassen gekochter weißer Reis<br />

• 1 Zwiebel<br />

• ½ roter Paprika<br />

• 3 Knoblauchzehen<br />

• frische Korianderblätter (kann auch durch<br />

Petersilie ersetzt werden)<br />

• 2 TL Worcestershire-Soße oder andere<br />

Gewürzsauce<br />

• Margarine<br />

Würfelig geschnittenen Zwiebel, Knoblauch und Paprika in Margarine anschwitzen, danach<br />

Bohnen, und bei Bedarf etwas Salz, hinzufügen. Mit etwas Flüssigkeit aufgießen, bei mittlerer<br />

Hitze leicht köcheln bis das Wasser verdampft ist. Abschließend Reis beimengen und mit<br />

Korianderblätter und Worcestershire-Soße abschmecken.<br />

Dieses traditionelle Gericht ist üblicherweise eine Frühstücksspeise, kann aber auch zu anderen<br />

Mahlzeiten serviert werden. Zumeist wird dazu Rührei oder Spiegelei und Brot gereicht. Dazu<br />

serviert man meistens auch Sauerrahm, um darin das Brot zu tunken. Auch gebratene Würstchen<br />

oder Speckstreifen bilden eine ideale Beilage für all jene, die es etwas deftiger mögen.<br />

Picadillo (4 – 6 Portionen):<br />

• 680 g Fisolen<br />

• 2 Karotten<br />

• 170 g Korianderblätter, gehackt<br />

• 1 Selleriestange<br />

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Bernadette Binder<br />

Kulinarische Köstlichkeiten<br />

• 1 Zwiebel, gehackt<br />

• 2 Knoblauchzehen, gehackt<br />

• ½ Paprika oder adäquate Menge Chili<br />

• Salz<br />

• Pflanzenöl<br />

Bohnen und Karotten würfelig schneiden. Die übrigen Zutaten in einer großen Pfanne in Pflanzenöl<br />

anschwitzen, Bohnen und Karotten zugeben und gemeinsam sautieren bis das Gemüse gar ist.<br />

Marinierte Chilis:<br />

• 6 Jalapeños (Chili)<br />

• ½ Zwiebel<br />

• 170 g Korianderblätter, gehackt<br />

• ¼ Tasse Essig<br />

• Saft von 5 Limetten<br />

• Salz<br />

Chilis nach Lust und <strong>La</strong>une schneiden oder auch ganz lassen (dann allerdings sollte man die<br />

Schoten mit Nadelstichen perforieren, damit die Flüssigkeit besser eindringen kann). Alle Zutaten<br />

gut miteinander mischen und in ein Einsiedeglas füllen. Vor dem Verzehr einige Tage gut<br />

durchziehen lassen.<br />

Escabeche (Eingelegtes Gemüse):<br />

• 4 Karotten, julienne geschnitten<br />

• 1 Karfiol, zerpflückt<br />

• 340 g Fisolen, klein geschnitten<br />

• 2 Zwiebel, in Ringe geschnitten<br />

• 4 Knoblauchzehen, zerdrückt<br />

• 4 Gewürznelken<br />

• 3 Lorbeerblätter<br />

• 4 Blätter Oregano<br />

• 1 ½ Tassen Essig<br />

• 2 Tassen Wasser<br />

Knoblauch in etwas Öl anbraten und mit ¼ Tasse Wasser aufgießen. Karotten zugeben und ca. fünf<br />

Minuten kochen. Karfiol und Fisolen hinzugeben und nach weiteren fünf Minuten Garzeit Essig,<br />

das restliche Wasser, Gemüse und Gewürze beimengen. Auf kleiner Stufe ca. eine Stunde köcheln<br />

lassen. Anschließend in Einsiedegläser füllen. Mindestens 24 Stunden durchziehen lassen.<br />

SÜSS SCHMECKENDE GERICHTE<br />

„Himmlische Kochbanane“ (8 – 10 Portionen):<br />

• 110 g Margarine<br />

• 340 g Zucker<br />

• 1 Msp. Zimt<br />

• 1 Prise Muskatnuss, gerieben<br />

• 1 Prise Gewürznelke, gerieben<br />

• Vanille<br />

• 1 Limette<br />

• 6 Kochbananen, in Scheiben geschnitten<br />

Margarine, 230 g Zucker, Zimt, Muskat, Nelke, Limettensaft, Vanille und Kochbananen in einer<br />

Frittierpfanne geben und herausbacken bis alles hell goldbraun ist. Danach Wasser hinzufügen bis<br />

die Kochbananen bedeckt sind und mit dem restlichen Zucker betreuen. Bei kleiner Hitze langsam<br />

einkochen bis das Wasser verdunstet ist und die Bananen karamellisiert sind.<br />

Süße Empanada:<br />

• 250 g Mehl<br />

• 1 Msp. Backpulver<br />

• 1 Prise Salz<br />

• 125 g Butter<br />

• 150 g Marillen aus der Dose<br />

• 100 g Zucker<br />

• 1 TL Zimt<br />

• 60 g Pinienkerne<br />

• 50 g Korinthen<br />

• 1 Ei<br />

Mehl, Backpulver, Salz Butter und 4 EL Wasser zu einem glatten Teig verkneten, ca. 45 Minuten<br />

rasten lassen. Das Marillenpüree mit Zimt und Zucker mischen und pürieren. Pinienkerne und<br />

Korinthen unter die Marillenmasse mischen. Teig ausrollen und ca. 10 cm große Kreise ausstecken.<br />

Fülle auf eine Teighälfte geben und den Rand mit Eiweiß bestreichen. Dann den Rand gut<br />

festdrücken. Die Teigtaschen mit Dotter bestreichen und im Ofen bei ca. 200°C goldbraun backen.<br />

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Bernadette Binder<br />

Fruchtsalsa:<br />

• ½ Tasse Orangensaft<br />

• 1 Tasse Papaya, geschält und geschnitten<br />

• 1 Tasse Ananas, geschält und geschnitten<br />

• 2 – 3 Chilis, Sorten nach persönlichem<br />

Geschmack auswählen<br />

Kulinarische Köstlichkeiten<br />

• ¼ Tasse roter Zwiebel, gehackt<br />

• 3 EL Olivenöl<br />

• Salz und Pfeffer<br />

Orangensaft in einen Topf geben und bei mittlerer Hitze, bis zu einer Menge von etwa zwei<br />

Esslöffel, reduzieren. Anschließend abkühlen lassen. Die anderen Zutaten in eine Rührschüssel<br />

füllen, den Orangensaft zugeben und gut verrühren.<br />

Ananas-Mango Salsa:<br />

• 1 Mango, geschält und gewürfelt<br />

• 350 g Ananas, geschält und gewürfelt<br />

• 1 rote Zwiebel, gehackt<br />

• 1 Bund Frühlingszwiebel, gehackt<br />

• 2 EL Limettensaft<br />

• 1 kl. Bund Korianderblätter<br />

Alle Zutaten im Mixer Pürieren und nach Belieben mit Salz und Pfeffer abschmecken.<br />

Gebackene Cherimoya-(4 Portionen):<br />

Zwei bis drei Früchte schälen, halbieren, Kerne vorsichtig entfernen und in dicke Scheiben<br />

schneiden (die Frucht zerfällt leicht). Mit etwas Puderzucker bestäuben, durch einen Backteig<br />

ziehen (wie für Eierkuchen), in heissem Öl schwimmend goldgelb backen, abtropfen lassen und<br />

mit Puderzucker bestäubt auftragen.<br />

Caipirinha-Creme (8 Portionen):<br />

• 6 Blatt Gelatine<br />

• 5 Limetten, unbehandelt<br />

• 4 kl. Eier<br />

• 300 g Zucker, braun<br />

• 100 ml Zuckerrohrschnaps<br />

• 500 g Vollmilchjoghurt<br />

• 400 g Schlagobers<br />

Schale von zwei Limetten abreiben, Schale einer Limette dünn abschälen, in Streifen schneiden<br />

und zum Garnieren beiseite stellen. Gelatine einweichen. Limettenschalenabrieb mit Eiern, Zucker<br />

und Schnaps über heißem Wasserbad dickschaumig rühren. Gelatine ausdrücken und in der<br />

Eiercreme auflösen. Saft von vier Limetten auspressen und mit Joghurt unter die Creme rühren.<br />

Obers steif schlagen und unterheben. Creme in passende Gläser füllen, mit einer Limettenscheibe,<br />

Limettenschalen und Zucker garnieren.<br />

Batido Exótico (4 Portionen):<br />

• 1 Tasse Papaya<br />

• 1 Tasse Mango<br />

• 2 Tassen Ananas<br />

• 2 Tassen Banane<br />

• 3 EL Limettensaft<br />

• 1 ½ Tassen Kokosmilch<br />

• 2 EL Zucker<br />

• Eiswürfel<br />

Papaya, Mango, Ananas und Bananen schälen und würfelig schneiden. Früchte und Limettensaft<br />

im Blender bis zu einer schaumigen Konsistenz mixen. Kokosmilch, Zucker und einige Eiswürfel<br />

hinzufügen. Nochmals mixen.<br />

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Bernadette Binder<br />

Kulinarische Köstlichkeiten<br />

7.4 Cocktails & Co.<br />

COLADAS UND CREMECOCKTAILS<br />

Piña Colada:<br />

• 5 cl brauner Rum<br />

• 5 cl Ananassaft<br />

• 2 cl Kokosnusscreme (Leche de coco;<br />

Sirup für Cocktails)<br />

• 1 cl Obers<br />

• gestoßenes Eis<br />

Kiwi Colada:<br />

• 5 cl weißer Rum<br />

• 5 cl Ananassaft<br />

• 2 – 3 cl Kokosnusscreme<br />

• 2 cl Kiwisirup<br />

• 1 cl Obers<br />

• ½ reife Kiwi, geschält<br />

• gestoßenes Eis<br />

Die Zutaten für die jeweilige Colada im Blender mit Eis mixen und in ein, mit gestoßenem Eis<br />

gefülltes Ballonglas abgießen. Piña Colada mit einem Stück Ananas und einer Cocktailkirsche<br />

garnieren. Kiwi Colada mit einer Kiwischeibe und einer Cocktailkirsche garnieren.<br />

Rum Eggnogg:<br />

• 5 cl weißer Rum<br />

• 10 cl Milch<br />

• 3 cl Obers<br />

• 1 cl Zuckersirup<br />

• 1 Ei<br />

• frisch geriebene Muskatnuss<br />

Die Zutaten im Blender aufmixen und in ein, mit 2 – 3 Eiswürfel gefülltes Longdrinkglas abgießen.<br />

Mit Muskatnuss servieren.<br />

STRONGS UND SÜß-SAURE COCKTAILS<br />

Mojito:<br />

• 5 cl weißer Rum<br />

• 1 cl Zuckersirup<br />

• Saft einer ½ Limette<br />

• 1 – 2 Minzezweige<br />

• Sodawasser<br />

• gestoßenes Eis<br />

Zuckersirup, Limettensaft und Minzeblätter in einem Tumbler geben und mit einem Stößel<br />

zerdrücken. Das gestoßene Eis ins Glas geben, und den Rum dazugießen. Mit Sodawasser<br />

aufgießen und mit einem Minzezweig garnieren.<br />

Banana Daiquiri:<br />

• 5 cl weißer Rum<br />

• 3 cl Limettensaft<br />

• 2 cl Zuckersirup<br />

• 1 cl Bananensirup<br />

• gestoßenes Eis<br />

Die Zutaten im Blender mit dem Eis mixen und in einer Cocktailschale servieren.<br />

Tropical Hurricane:<br />

• 4 cl brauner Rum<br />

• 2 cl weißer Rum<br />

• 3 cl Orangensaft<br />

• 2 cl Zitronensaft<br />

• 2 cl Ananassaft<br />

• 2 cl Maracujasaft<br />

• gestoßenes Eis<br />

Die Zutaten in den Shaker füllen und mit Eis schütteln. Danach in ein mit gestoßenem Eis<br />

gefülltem Ballonglas abgießen.<br />

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Bernadette Binder<br />

Literaturangaben<br />

Kulinarische Köstlichkeiten<br />

BIEDER, B., (2000): Exotische Früchte; Baselife, 1<br />

BLNACKE, R., (2000): Farbatlas Exotische Früchte; Ulmer, Stuttgart<br />

COTO, T., (2005): The best recipes: Costa Rica; Jadine, San José<br />

MÜLLER, B., (2005): Marco Polo: Costa Rica; MairDuMont, Köln<br />

N. N., (2003): Happy hour cocktails; Lingen, Köln<br />

VAN AKEN, N., (1995): The great exotic fruit book; Ten Speed Press, Berkeley<br />

ZAHL, P. P., (1998): Geheimnisse der karibischen Küche; Rotbuch, Berlin<br />

192


Impressum<br />

Autoren:<br />

Mario Auer, Ursula Bachlechner, Bernadette Binder, Ines Faber, Theresia Fastian, Walpurga Goebel,<br />

Birgit Jogl, Julia Kerschbaum, Christian Kolowratnik, Barbara Lukasch, Gina Phillip, Stefanie Pichler,<br />

Andrea Pichlmaier, Monika Praschberger, Barbara Rittmannsberger, Franziska Schrempf, Michaela<br />

Seiz, Joachim Simon, Roswitha Stieglmayer, Barbara Vobrovsky-Simon, Birgit Wondratsch, Elisabeth<br />

Wurglits<br />

Fotoquellen:<br />

Ursula Bachlechner, Bernadette Binder, Ines Faber, Theresia Fastian, Walpurga Goebel Birgit Jogl,<br />

Julia Kerschbaum, Christian Kolowratnik, Tatjana Koukal, Barbara Lukasch, Stefanie Pichler,<br />

Franziska Schrempf, Barbara Vobrovsky-Simon, Anton Weissenhofer, Bildersammlung des Instituts<br />

für Botanik<br />

Redaktion, Grafik und Design:<br />

Theresia Fastian, Barbara Vobrovsky-Simon<br />

Korrektur:<br />

Theresia Fastian, Walpurga Goebel, Barbara Vobrovsky-Simon, Anton Weissenhofer<br />

Beratung:<br />

Anton Weissenhofer<br />

Mit freundlicher Unterstützung und Hilfestellung der Mitarbeiter des Instituts für Botanik, Universität<br />

Wien, Rennweg 14, A 1030 Wien.<br />

Druck:<br />

Repa Copy Wien, Nussdorfer Str. 19, A 1090 Wien<br />

Copyright bei den Autoren<br />

Alle Angaben ohne Gewähr.<br />

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