Exkursionsbericht - Tropenstation | La Gamba
Exkursionsbericht - Tropenstation | La Gamba
Exkursionsbericht - Tropenstation | La Gamba
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Costa Rica<br />
18. – 31. Juli 2006<br />
Leitung:<br />
Mag. Dr. Anton Weissenhofer<br />
<strong>Exkursionsbericht</strong><br />
Exkursion für<br />
ErnährungswissenschafterInnen<br />
zur Vorlesung Humanökologie von<br />
Doz. Ao. Univ.-Prof. Dr. Bernd Lötsch
VORWORT<br />
Seit dem Bestehen der <strong>Tropenstation</strong> <strong>La</strong> <strong>Gamba</strong> im Jahre 1993, ist es ein<br />
Anliegen der Universität Wien, möglichst vielen StudentInnen die Vielfältigkeit<br />
und die Besonderheiten der Tropen zu zeigen.<br />
Aufgrund einer Initiative von Univ. Prof. Dr. Bernd Lötsch ist es gelungen, eine<br />
Lehrveranstaltung ins Leben zu rufen, die ErnährungswissenschafterInnen die<br />
Möglichkeit bietet, studienrelevante humanökologische Themen zu bearbeiten und<br />
die Problematik der Tropenländer anhand des Beispiellandes Costa Rica kennen zu<br />
lernen. Diese „Exkursion nach Costa Rica für Ernährungswissenschafter-<br />
Innen“ fand heuer bereits zum vierten Mal statt.<br />
Die Exkursion führte uns von der Hauptstadt San José Richtung Norden zum Vulkan Poás und weiter<br />
zum Vulkan Arenal, wo wir unterschiedlichste Ökosysteme und Sukzessionsstadien kennen lernten.<br />
Entlang der Pazifikküste ging es Richtung Süden, wo wir den bekannten Nationalpark Manuel Antonio<br />
besuchten und dann weiter in die noch unberührte Gegend um den Golfo Dulce. Der Regenwald<br />
der Österreicher und die <strong>Tropenstation</strong> <strong>La</strong> <strong>Gamba</strong> mit ihren zahleichen Umweltschutzprojekten<br />
stellten einen zentralen Punkt der Exkursion dar, ebenso wie das Kennenlernen tropischer Früchte,<br />
Anbaumethoden von Cash-Crops und die Problematik der <strong>La</strong>ndwirtschaft in den Tropen.<br />
Die Erlebnisse und die Begeisterung der StudentInnen für dieses <strong>La</strong>nd war so groß, dass man sich<br />
kurzum entschloss, einen <strong>Exkursionsbericht</strong> zu gestalten, der das <strong>La</strong>nd als ganzes vorstellen soll und<br />
den üblichen Rahmen eines Protokolls sprengt.<br />
Der vorliegende Bericht enthält Tagesprotokolle, die den Ablauf und das Gesehene der gesamten Exkursion<br />
chronologisch wiedergeben. Ein zweiter Teil stellt das <strong>La</strong>nd Costa Rica vor. Allgemeine Kapitel<br />
wie Geschichte, Politik, Geografie und Geologie geben eine gute Einführung in die <strong>La</strong>ndeskunde<br />
und ausgewählte biologische Themen zeigen die Vielfalt und Komplexität der tropischen Ökosysteme.<br />
Großer Dank gilt allen TeilnehmerInnen, die sich für das Gelingen des Skriptums eingesetzt haben.<br />
Ganz besonderer Dank gebührt den beiden Redakteurinnen Theresia Fastian und Barbara Vobrovsky-<br />
Simon, die zahlreiche Arbeitsstunden zur Realisierung dieses Bandes investierten.<br />
Dem Leser wünschen wir viel Freude damit.<br />
Pura vida!<br />
Anton Weissenhofer<br />
Costa Rica.<br />
Das Gefühl, wenn man das erste Mal mitten im Regenwald steht, umgeben von riesigen Bäumen und<br />
rundherum alles grün, ist unbeschreiblich. Ab und zu ist durch das dichte Blätterdach der Himmel zu<br />
sehen und bei jedem Schritt sind neue, unbekannte Pflanzen und Tiere zu entdecken. Abenteuer pur!<br />
Von der Möglichkeit nach Costa Rica zu fahren, erfuhren die meisten von uns wohl in der Vorlesung<br />
Humanökologie. Als wir uns dann, Mitte Dezember 2005, das erste Mal trafen, konnte sich aber wahrscheinlich<br />
keiner genau vorstellen, was uns erwarten würde. Gebannt lauschten wir dem Vortrag über<br />
das unbekannte <strong>La</strong>nd, das es zu entdecken galt. Groß war die Neugierde und viele Fragen wurden<br />
gestellt, die mit Geduld und Begeisterung von unserem Exkursionsleiter Mag. Dr. Anton Weissenhofer,<br />
beantwortet wurden.<br />
1
Bis wir aber endlich unsere Füße auf den Boden Costa Ricas stellen durften, verging noch ein halbes<br />
Jahr, welches wir nützten, uns besser kennen zu lernen. Voller Diskussionen über Gepäck und Reiseapotheke,<br />
Anzahl der mitzunehmenden Fotofilme, Kleidung, die besten Reiseführer, notwendigen<br />
Impfungen und die beste Art seinen Koffer zu packen, verbrachten wir unsere Treffen.<br />
Nach langem Flug und mit sehr großer Spannung in San José angekommen, begrüßte uns das <strong>La</strong>nd<br />
mit strömenden Regen. Auch in den nächsten zwei Wochen war der Regen unser ständiger Begleiter,<br />
was uns aber nicht daran hinderte tiefer in das <strong>La</strong>nd und seine Natur einzutauchen. So fuhren wir von<br />
San José aus zu den Vulkanen Poás und Irazú; und in den Norden, wo wir den Río Frío und den Nationalpark<br />
Arenal mit seinen Hängebrücken unsicher machten. Bevor es dann endlich zum Regenwald<br />
der Österreicher, hinunter in den Süden ging, erkundeten wir noch den Nationalpark Manuel Antonio,<br />
und genossen die warmen Buchten des Pazifiks.<br />
Doch auch in der <strong>Tropenstation</strong> hatten wir kaum Gelegenheit durchzuatmen. So durchquerten wir den<br />
Esquinas Nationalpark, machten eine Bootstour in die Mangroven, besuchten eine Reisfabrik und einen<br />
Früchtegarten. Einer der Höhepunkte war die Nachtwanderung durch den Regenwald um die <strong>Tropenstation</strong><br />
herum. Es blieb also kaum Zeit die vielen neuen Eindrücke auf uns wirken zu lassen, die<br />
fremde Kultur, die freundlichen Menschen, die bisher unbekannte Tier- und Pflanzenwelt, und vieles<br />
mehr.<br />
Mit diesem <strong>Exkursionsbericht</strong> versuchten wir unsere Eindrücke und das Erlebte festzuhalten.<br />
Der Bericht umfasst Tagesprotokolle, beginnend vom Betreten Costa Ricas bis hin zum Verlassen des<br />
<strong>La</strong>ndes, sowie Spezialteile, die sich vertiefend mit der costaricanischen Natur und Kultur beschäftigen<br />
und auseinandersetzen.<br />
Wir möchten uns hiermit speziell bei Mag. Dr. Anton Weissenhofer bedanken, der uns, mit seinem<br />
großen Fachwissen und seiner nahezu unerschöpflichen Geduld, das <strong>La</strong>nd und die Natur näher brachte,<br />
sowie bei Doz. Ao. Univ.-Prof Dr. Bernd Lötsch, der diese Exkursionen für ErnährungswissenschafterInnen<br />
ins Leben gerufen hat. Außerdem einen herzlichen Dank den MitarbeiterInnen der <strong>Tropenstation</strong><br />
<strong>La</strong> <strong>Gamba</strong> und allen anderen Personen, die uns dieses einmalige Erlebnis ermöglichten.<br />
Die Redaktion<br />
v.l.n.r. hinten: Besitzerin des Kräutergartens in <strong>La</strong> Fortuna, Mario Auer, Franziska Schrempf, Bernadette Binder, Monika Praschberger,<br />
Andrea Pichlmaier, Gina Phillip, Stefanie Pichler, Theresia Fastian, Julia Kerschbaum, Ines Faber, Christian Kolowratnik,<br />
Roswitha Stieglmayer, Barbara Vobrovsky-Simon, Joachim Simon<br />
v.l.n.r. vorne: Birgit Jogl, Ursula Bachlechner, Barbara Rittmannsberger, Birgit Wondratsch, Elisabeth Wurglits, Michaela Seiz,<br />
Tatjana Koukal, Walpurga Goebel, Barbara Lukasch<br />
2
Costa Rica 2006<br />
INHALTSVERZEICHNIS<br />
Inhaltsverzeichnis<br />
Seite<br />
Vorwort ..................................................................................................................................... 1<br />
TEIL I: REISEROUTE UND PROTOKOLLE<br />
Reiseroute.................................................................................................................................. 8<br />
Vulkan Irazú und Cartago ....................................................................................................................9<br />
Donnerstag, 20. 07. 2006<br />
Nationalpark Vulkan Poás, <strong>La</strong> Fortuna, Vulkan Arenal .................................................................11<br />
Freitag, 21. 07. 2006<br />
Fahrt nach Los Chiles, Bootsfahrt auf dem Río Frío........................................................................12<br />
Samstag, 22. 07. 2006<br />
Vulkan Arenal und Arenal-Hängebrücken .......................................................................................14<br />
Sonntag, 23. 07. 2006<br />
Kräutergarten und Manuel Antonio ..................................................................................................17<br />
Montag, 24. 07. 2006<br />
Nationalpark Manuel Antonio und Fahrt zum „Regenwald der Österreicher“ ............................19<br />
Dienstag, 25. 07.2006<br />
Wanderung im „Regenwald der Österreicher“, Besichtigung der <strong>Tropenstation</strong>.........................23<br />
Mittwoch, 26. 07. 2006<br />
Durchwanderung des Esquinas-Waldes zum Playa San Josésito....................................................25<br />
Donnerstag, 27. 07. 2006<br />
Golfito, Mangroventour, Strand von Zancudo, Golfo Dulce, Nachtwanderung ............................28<br />
Freitag, 28. 07. 2006<br />
Reisfabrik und Tropical Paradise Garden.........................................................................................31<br />
Samstag, 29. 07. 2006<br />
Besuch der Ortschaft „<strong>La</strong> <strong>Gamba</strong>“ ....................................................................................................32<br />
Sonntag, 30. 07. 2006<br />
Rückfahrt nach San José.....................................................................................................................33<br />
Montag, 31. 07. 2006<br />
Tag der Abreise, San José Stadtrundgang – Shopping – Heimflug.................................................36<br />
Dienstag, 01. 08. 2006<br />
TEIL II: LANDESKUNDE<br />
2.1 Geografie und Klima........................................................................................................ 39<br />
2.1.1 Geografie.......................................................................................................................................39<br />
2.1.2 Klima.............................................................................................................................................42<br />
3
Costa Rica 2006<br />
Inhaltsverzeichnis<br />
2.2 Vulkanismus...................................................................................................................... 48<br />
2.2.1 Allgemeine Einführung in die Vulkanologie ................................................................................48<br />
2.2.2 Vulkane und Menschen Weltweit .................................................................................................53<br />
2.2.3 Costa Rica – Entstehung der mittelamerikanischen <strong>La</strong>ndbrücke..................................................55<br />
2.2.4 Vulkane Costa Ricas .....................................................................................................................56<br />
2.3 Nationalparks in Costa Rica............................................................................................ 63<br />
2.3.1 Die Bedeutung von Nationalparks ................................................................................................63<br />
2.3.2 Historie der Nationalparks in Costa Rica......................................................................................63<br />
2.3.3 Kategorieeinteilung von Schutzzonen...........................................................................................63<br />
2.3.4 Die Finanzierung der Nationalparks..............................................................................................64<br />
2.3.5 Defizite bei der Umsetzung der Naturschutzpolitik ......................................................................65<br />
2.3.6 Von uns besuchte Nationalparks ...................................................................................................65<br />
TEIL III: GESCHICHTE UND POLITIK<br />
3.1 Geschichte ......................................................................................................................... 69<br />
3.1.1 Vom Ursprung der menschlichen Besiedelung.............................................................................69<br />
3.1.2 Neuzeit ..........................................................................................................................................69<br />
3.1.3 Zeittafel .........................................................................................................................................72<br />
3.2 Die Verfassung von 1949 und ihre Auswirkungen ........................................................ 75<br />
3.2.1 Einleitung ......................................................................................................................................75<br />
3.2.2 Historischer Rückblick..................................................................................................................76<br />
3.2.3 Die Verfassung von 1949..............................................................................................................77<br />
3.2.4 Resümee ........................................................................................................................................81<br />
TEIL IV: ÖKONOMIE UND LANDWIRTSCHAFT<br />
4.1 Ökonomie .......................................................................................................................... 83<br />
4.1.1 Basisdaten .....................................................................................................................................83<br />
4.1.2 Wirtschaftslage..............................................................................................................................83<br />
4.1.3 Schlussfolgerungen für die Zukunft..............................................................................................86<br />
4.2 <strong>La</strong>ndwirtschaft und Cash-Crops..................................................................................... 87<br />
4.2.1 Allgemeines zur <strong>La</strong>ndwirtschaft ...................................................................................................87<br />
4.2.2 Allgemeines zu den Cash-Crops ...................................................................................................87<br />
4.2.3 Die Cash-Crops Costa Ricas .........................................................................................................88<br />
4.2.4 Chiquita Brands International – United Fruit Company ...............................................................95<br />
TEIL V: BIOLOGISCHE ASPEKTE<br />
5.1 Pflanzliche Phänomene im tropischen Regenwald........................................................ 97<br />
5.1.1 Die tropischen Lebensräume.........................................................................................................97<br />
5.1.2 Regenwaldtypen............................................................................................................................98<br />
5.1.3 Struktur und Lebensformen tropischer Regenwälder....................................................................99<br />
5.1.4 Pionier- und Klimaxarten............................................................................................................106<br />
5.1.5 Besonderheiten tropischer Pflanzen ............................................................................................108<br />
4
Costa Rica 2006<br />
Inhaltsverzeichnis<br />
5.2 Tropische Früchte .......................................................................................................... 111<br />
5.2.1 Anacardiaceae: Sumachgewächse...............................................................................................111<br />
5.2.2 Annonaceae: Rahmapfelgewächse..............................................................................................112<br />
5.2.3 Arecaceae: Palmen ......................................................................................................................112<br />
5.2.4 Bromeliaceae: Bromeliengewächse ............................................................................................114<br />
5.2.5 Caricaceae: Melonenbaumgewächse...........................................................................................115<br />
5.2.6 Convolvulaceae: Windengewächse.............................................................................................115<br />
5.2.7 Euphorbiaceae: Wolfsmilchgewächse.........................................................................................116<br />
5.2.8 Fabaceae: Schmetterlingsgewächse ............................................................................................116<br />
5.2.9 <strong>La</strong>uraceae: Lorbeergewächse ......................................................................................................116<br />
5.2.10 Lecythidaceae: Deckeltopfbäume .............................................................................................117<br />
5.2.11 Malvaceae: Malvengewächse....................................................................................................118<br />
5.2.12 Mimosaceae: Mimosengewächse..............................................................................................118<br />
5.2.13 Moraceae: Maulbeergewächse ..................................................................................................119<br />
5.2.14 Musaceae: Bananengewächse ...................................................................................................119<br />
5.2.15 Myrtaceae: Myrthengewächse...................................................................................................120<br />
5.2.16 Oxalidaceae: Sauerkleegewächse..............................................................................................121<br />
5.2.17 Passifloraceae: Passionsblumengewächse.................................................................................122<br />
5.2.18 Poaceae: Süßgräser....................................................................................................................122<br />
5.2.19 Proteaceae: Proteusgewächse....................................................................................................123<br />
5.2.20 Rubiaceae: Krappgewächse.......................................................................................................124<br />
5.2.21 Rutaceae: Rautengewächse .......................................................................................................124<br />
5.2.22 Sapindaceae: Seifenblumengewächse .......................................................................................126<br />
5.2.23 Sapotaceae: Breiapfelgewächse ................................................................................................127<br />
5.2.24 Solanaceae: Nachtschattengewächse.........................................................................................127<br />
5.3 Tropische Kräuter und Gewürze .................................................................................. 128<br />
5.3.1 Apiaceae: Doldenblütler..............................................................................................................128<br />
5.3.2 Asteraceae: Korbblütler...............................................................................................................128<br />
5.3.3 Equisetaceae: Schachtelhalmgewächse.......................................................................................128<br />
5.3.4 <strong>La</strong>miaceae: Lippenblütler............................................................................................................129<br />
5.3.5 <strong>La</strong>uraceae: Lorbeergewächse ......................................................................................................129<br />
5.3.6 Liliaceae: Liliengewächse...........................................................................................................129<br />
5.3.7 Myristicaceae: Muskatnussgewächse..........................................................................................130<br />
5.3.8 Myrtaceae: Myrtengewächse.......................................................................................................130<br />
5.3.9 Piperaceae: Pfeffergewächse.......................................................................................................131<br />
5.3.10 Poaceae: Süßgräser....................................................................................................................131<br />
5.3.11 Zingiberaceae: Ingwergewächse ...............................................................................................132<br />
5.4 Reptilien und Amphibien............................................................................................... 134<br />
5.4.1 Einleitung ....................................................................................................................................134<br />
5.4.2 Ausgewählte Amphibien Costa Ricas .........................................................................................134<br />
5.4.3 Ausgewählte Reptilien Costa Ricas ............................................................................................137<br />
5.5 Vögel ................................................................................................................................ 146<br />
5.5.1 Apodiformes (Seglervögel).........................................................................................................146<br />
5.5.2 Passeriformes (Sperlingsvögel)...................................................................................................147<br />
5.5.3 Trogoniformes (Trogone)............................................................................................................149<br />
5.5.4 Falconiformes (Greifvögel).........................................................................................................149<br />
5.5.5 Pelecaniformes (Ruderfüßer) ......................................................................................................150<br />
5.5.6 Ciconiiformes (Schreitvögel) ......................................................................................................152<br />
5.5.7 Galliformes (Hühnervögel) .........................................................................................................155<br />
5.5.8 Charadriiformes (Regenpfeiferartige) .........................................................................................155<br />
5
Costa Rica 2006<br />
Inhaltsverzeichnis<br />
5.6 Säugetiere ........................................................................................................................ 157<br />
5.6.1 Primates (Affen)..........................................................................................................................157<br />
5.6.2 Rodentia (Nagetiere) ...................................................................................................................158<br />
5.6.3 Microchiroptera (Fledermäuse)...................................................................................................159<br />
5.6.4 Carnivora (Raubtiere)..................................................................................................................160<br />
5.6.5 Folivora (Faultiere) .....................................................................................................................162<br />
5.6.6 Wo man Säugetiere am besten findet..........................................................................................163<br />
5.7 Interaktionen zwischen Pflanzen und Tieren .............................................................. 165<br />
5.7.1 Einleitung ....................................................................................................................................165<br />
5.7.2 Bestäubung..................................................................................................................................165<br />
5.7.3 Samenverbreitung........................................................................................................................167<br />
5.7.4 Beziehung zwischen Ameisen und Pflanzen...............................................................................170<br />
5.7.5 Tarnung .......................................................................................................................................173<br />
TEIL VI: DAS PROJEKT „REGENWALD DER ÖSTERREICHER“<br />
6.1 Das Projekt „Regenwald der Österreicher“....................................................................................177<br />
6.2 Die <strong>Tropenstation</strong> „<strong>La</strong> <strong>Gamba</strong>“......................................................................................................178<br />
6.3 Die „Esquinas Rainforest Lodge“ ..................................................................................................180<br />
TEIL VII: KULINARISCHE KÖSTLICHKEITEN<br />
7.1 Allgemeiner Überblick...................................................................................................................183<br />
7.2 Rezepte zur Verwendung von tropischem Gemüse .......................................................................185<br />
7.3 Nationalgerichte und andere kulinarische Köstlichkeiten..............................................................187<br />
7.4 Cocktails & Co...............................................................................................................................191<br />
6
Teil I<br />
Reiseroute<br />
und<br />
Protokolle<br />
7
Costa Rica 2006<br />
Protokolle<br />
PROTOKOLLE<br />
Reiseroute<br />
8
Costa Rica 2006<br />
Vulkan Irazú und Cartago<br />
DONNERSTAG, 20. 07. 2006<br />
Protokolle<br />
(Barbara Rittmannsberger, Walpurga Goebel)<br />
Frühstück bereits ab 6:30 Uhr, da wegen der Zeitumstellung alle früh munter sind. Es gibt am Buffet:<br />
Gallo pinto (Reis mit schwarzen Bohnen) dazu Eierspeise, Würstchen, frische Früchte (Ananas,<br />
Papaya, Wassermelone und selbstverständlich Bananen) und allerlei ganz Gewöhnliches (Müsli, Brot,<br />
Marmelade, Käse, etc.).<br />
Um 8:00 Uhr ist Abfahrt mit dem Bus in Richtung des höchsten, aktiven Vulkan des <strong>La</strong>ndes (Vulkan<br />
Irazú 3.432 m).<br />
Um 8:10 Uhr machen wir einen Stopp bei dem ersten costaricanischen Supermarkt, den wir auf<br />
unserer Reise besuchen. Alle schauen sich das Sortiment an und entdecken unter den vielen fremden<br />
doch einige uns bekannte Marken (Pringles, Kellogs, Kinderschokolade, etc.), die meisten<br />
KollegInnen kaufen Trinkwasser.<br />
Auf der Weiterfahrt werden die Themen für den <strong>Exkursionsbericht</strong> verteilt und kurz besprochen.<br />
Der Weg führt uns über die Interamerikana (wichtigste Durchzugsstraße des <strong>La</strong>ndes; sie verläuft<br />
durch ganz Amerika d.h. von Alaska bis Feuerland, mit einer kurzen Unterbrechung in Panama) durch<br />
die ehemalige Hauptstadt von Costa Rica (Cartago), die wir jedoch erst später an diesem Tag besuchen<br />
wollen.<br />
Um 8:50 Uhr bleiben wir bei einem Aussichtspunkt stehen, von dem man einen wunderschönen<br />
Blick, zwischen den Wolken hindurch, auf Cartago hat. Neben dem für uns exotischen Kolibri,<br />
entdecken wir ein Hörnchen und eine ganz gewöhnliche Kuhherde.<br />
Kurz darauf folgt ein weiterer Stopp, bei dem wir eine, für diese Region typische, costaricanische<br />
Eiche, Quercus costaricensis (Fagaceae), sehen, auf der ein leuchtend oranger Hemiparasit<br />
(Psittacanthus schiedeanus, Loranthaceae) wächst. Dort posiert ein Kolibri für unsere gezückten<br />
Kameras.<br />
Um 10:40 Uhr erreichen wir den Nationalpark Vulkan Irazú. Der Name Irazú geht auf eine<br />
Indianersiedlung zurück – Izataru – was soviel bedeutet wie „donnernder und zitternder Berg“. Der<br />
Nationalpark wurde 1955 gegründet und ist damit der älteste von Costa Rica. Er umfasst ein Gebiet<br />
von 2.300 ha von primären Berg- und Nebelwäldern.<br />
Wir stürmen gleich zum Hauptkrater (1 km Durchmesser und 300 m Tiefe), da dieser gerade nicht<br />
vom Nebel bedeckt ist. Der Kratersee, welcher sich am Grund gebildet hat, ist von eindrucksvoller<br />
grün-gelblicher Farbe, die durch Mineralstoffe (Schwefel) und Algen verursacht wird. Der See wird<br />
von Regenwasser gespeist und ist nicht heiß.<br />
Auf Grund der Witterung (Wind, Kälte, sehr mineralhältiger Boden) gibt es nur spärlichen Bewuchs.<br />
Die Pflanzen haben Schwierigkeiten auf der Ebene zu wachsen und brauchen lange bis sie sich<br />
festsetzten können. Wenn sie dies allerdings einmal geschafft haben, können an diesem Fleck auch<br />
andere Pflanzen wachsen und es kann sich durch den organischen Abfall Erde bilden. Erstbesiedler<br />
sind oft Flechten. Sie können Säure ausscheiden und dadurch Nährstoffe aus dem Muttergestein<br />
herauslösen. Grundsätzlich wachsen Pflanzen hier eher niedrig, um die Wärme des Bodens<br />
auszunutzen und als Schutz vor dem Wind. Auf dem Hochplateau des Kraters befindet sich während<br />
der Regenzeit ein kleiner See, in dessen Randzonen Sauergras – Arten der Gattung Carex – wächst.<br />
Ganz typisch für vulkanischen Boden ist Gunnera insignis (Gunneraceae), welche eine Symbiose<br />
mit Blaualgen eingeht und dadurch auf diesen Böden wachsen kann. Die Costaricaner nennen diese<br />
Pflanze „sombrilla de pobre“, was soviel bedeutet wie „Regenschirm der Armen“. Des Weiteren<br />
entdecken wir eine Johanniskrautart Hypericum sp. (Hypericaceae), das Maiglöckchengewächs<br />
Maianthemum gigas (Convallariaceae) und verschiedene Sträucher. Anhand derer erklärt Anton uns<br />
das Mikroklima (d.h. es herrscht innerhalb des Strauchs ein völlig anderes Klima als außerhalb und es<br />
können sich daher auch andere Pflanzen ansiedeln). Ein Strauch mit ledrigen Blättern ist das<br />
9
Costa Rica 2006<br />
Protokolle<br />
Myrtengewächs Ugni myrtilloides (Myrtaceae); es finden sich auch Erikagewächse Vaccinium spp,<br />
Gaultheria sp. (Ericaceae) und Sauerampfer Rumex sp. (Polygonaceae).<br />
Um 11:05 Uhr machen wir unser erstes Gruppenfoto vor dem Kratersee.<br />
Um 12:20 Uhr rasten wir vor dem Souvenirgeschäft und Anton erzählt uns die Geschichte vom letzten<br />
großen Ausbruch des Vulkans am 13. März 1963, als sich zu dieser Zeit gerade der amerikanische<br />
Präsident John F. Kennedy in Costa Rica aufhielt. Damals wurde ein großer Teil des Valle Central mit<br />
Asche bedeckt.<br />
Um 12:50 Uhr verlassen wir den Vulkan und brechen Richtung Cartago auf.<br />
Um 13:30 Uhr kommen wir in Cartago an und stürmen gleich zur Markthalle, auf der Suche nach<br />
einem guten Mittagessen. Die Markthalle besteht aus vielen, verwirrenden Gängen, wo man nicht nur<br />
Lebensmittel aller Art bekommt, sondern auch Gebrauchsgegenstände des Alltags (Töpfe, Macheten,<br />
Hängematten, Schuhe, Hüte...). Dazwischen finden sich kleine „Sodas“ in denen man gut und günstig<br />
die einheimische Küche genießen kann. Für die Gruppe gibt es Casado – das ist ein traditionelles<br />
costaricanisches Gericht und bedeutet soviel wie „verheiratet“. Es besteht aus Reis, Bohnen,<br />
Kochbananen, gekochten Gemüse und Salat, dazu kann man zwischen Fleisch (die unterschiedlichsten<br />
Sorten und auf verschiedene Weisen zubereitet) Fisch oder manchmal auch Käse wählen. Zum<br />
Trinken gibt es Cas oder Tamarinde – beides sind sehr erfrischende Fruchtsäfte.<br />
Nach dem Essen erkunden wir den Markt und Anton macht uns mit den verschiedensten Frucht- und<br />
Gemüsearten der Gegend vertraut, einige davon werden auch verkostet:<br />
• Chayote – Sechium edule (Jacq.) Sw. (Cucurbitaceae)<br />
• Avocado – Persea americana P. Mill. (<strong>La</strong>uraceae)<br />
• Mango – Mangifera indica L. (Anacardiaceae)<br />
• Papaya – Carica papaya L. (Caricaceae)<br />
• Koriander – Coriandrum L. (Apiaceae)<br />
• Kokosnuss – Cocos nucifera L. (Arecaceae)<br />
• Zuckerrohr – Saccharum officinarum L. (Poaceae)<br />
• Rahmapfel – Annona squamosa (Annonaceae)<br />
• Stachelannone, Sauersack – Annona muricata (Annonaceae)<br />
• Rote Mombinpflaume – Spondias purpurea L. (Anacardiaceae)<br />
• Pfirsichpalme – Bactris gasipaes Kundt (Arecaceae)<br />
• Amazonas-Guave, Arazá – Eugenia stipitata McVaugh (Myrtaceae)<br />
• Rambutan – Nephelium lappaceum L. (Sapindaceae)<br />
• Tamarinde – Tamarindu indica (Mimosaceae)<br />
• Brotfruchtbaum – Artocarpus altilis (Moraceae)<br />
• Costaricanische Guave, Cas – Psidium friedrichsthalianum (Myrtaceae)<br />
• Guave, Gujavabaum – Psidium guajava (Myrtaceae)<br />
• Wasserapfel, Apfeljambuse – Syzygium malaccense (Myrtaceae)<br />
• Lulu-Frucht, Naranjilla – Solanum quitoense (Solanaceae)<br />
• Assaipalme, Palmherzen – Euterpe edulis und andere Arten (Areceae)<br />
Um 15:00 Uhr verlassen wir den Markt und machen eine kleine Stadterkundung. Zuerst kommen wir<br />
auf den „Parque Central“, wo sich die Ruine der alten Kirche befindet. Sie wurde bei einem Erdbeben<br />
1910 zerstört. Leider können wir die Ruine nur von außen besichtigen, da sie für die Öffentlichkeit<br />
nicht zugänglich ist. Wir nützen die ehrwürdigen Mauern gleich als Hintergrundbild für ein weiteres<br />
Gruppenfoto und marschieren dann weiter zum ehemaligen Regierungsgebäude, dem ältesten<br />
Gebäude der Stadt, das wir jedoch ebenfalls nur von außen bewundern können.<br />
Um 15:20 Uhr erreichen wir die Basilica de Nuestra Señora de Los Angeles, das wichtigste religiöse<br />
Zentrum des <strong>La</strong>ndes und einer der wichtigsten Pilgerstätte in Mittelamerika. Vor allem am 2. August,<br />
dem Jahrestag der Erscheinung, kommen Pilger aus allen <strong>La</strong>ndesteilen und auch aus Panama und<br />
Nicaragua zu dieser Weihstätte, einige demütig auf Knien rutschend. Die Basilika wurde 1926 erbaut<br />
und es rankt sich eine Legende um sie: An dieser Stelle, damals noch außerhalb der Stadt, hatte das<br />
Indianermädchen Juana Pereira im Jahre 1635 eine Marienfigur auf einem Stein gefunden. Nach der<br />
10
Costa Rica 2006<br />
Protokolle<br />
Überlieferung kehrte die Figur zweimal auf wundersame Weise an den gleichen Platz zurück, was als<br />
ein Zeichen Gottes gewertet wurde, hier eine Kirche zu erbauen.<br />
Von außen mag die Kirche nicht jedermanns Geschmack sein, aber das Innere ist mit Holz vertäfelt<br />
und wirklich sehenswert. Unterhalb der Basilika bewundern wir den besagten Stein und sehen auch<br />
kleine silberne Anhänger in Form von Menschen, einzelnen Körperteilen und Arbeitsutensilien, die<br />
den Pilgern für die Heiligenverehrung und Fürbitten zur rituellen Verfügung stehen.<br />
Um 16:45 Uhr verlassen wir Cartago und machen uns auf den Weg zurück nach San José, wieder über<br />
die Interamerikana.<br />
Wir kommen um 17:30 Uhr im Hotel an, beschließen noch gemeinsam durch die Stadt zu spazieren<br />
und in der Stadt zu Abend zu essen (18:30 Uhr, bei Manolo’s Churreria).<br />
Um 21:00 Uhr kommen wir müde und erschöpft von unserem ersten Tag in Costa Rica nach Hause<br />
und gehen schlafen.<br />
Nationalpark Vulkan Poás, <strong>La</strong> Fortuna, Vulkan Arenal<br />
FREITAG, 21. 07. 2006<br />
(Stefanie Pichler, Roswitha Stieglmayer)<br />
6.30 – 7.30 Uhr: Frühstück in San José, Hotel Fleur de Lys. Es gibt Gallo pinto, Rührei, Würstel in<br />
Tomatensoße, Obst (Ananas, Papaya, Wassermelone, Banane), Brot, Muffins, Käse, Kuchen, Müsli,<br />
Kaffee, Tee, Fruchtsäfte.<br />
7.45 Uhr: Abfahrt zum Vulkan Poás mit Zwischenstopp am Flughafen wegen dem verschollenen<br />
Koffer von Birgit, leider erfolglos.<br />
Verkostung von Guaba, (Inga edulis Mart., schwertförmige Frucht, „Zuckerl” der Ticos).<br />
Die Reiseroute führt uns durch die Provinz Alajuela (Valle Central, Schatzkammer des <strong>La</strong>ndes). Auf<br />
den fruchtbaren Böden in der Höhe von 1.000 m bis 1.700 m wachsen Kaffeesträucher, die der<br />
Hochebene Wohlstand und Reichtum brachten.<br />
10:00 – 10:30 Uhr: Zwischenstopp im „Café de la Casa” umgeben von Kaffeeplantagen. Angebaut<br />
werden hauptsächlich die Arten „Arabica” (Coffea arabica) und „Robusta” (Coffea canephora). Die<br />
„Robusta”-Bohne wird zu 5 % zu Kaffeemischungen beigefügt. Das Ursprungsland der Kaffeebohne<br />
ist Äthopien. Neue Anbauländer drücken den Marktpreis zusätzlich. Der Kaffeepreis wird jetzt in New<br />
York bestimmt, in einem Verbraucherland, nicht mehr in einem Produktionsland. Das führt dazu, dass<br />
der Preis in manchen Jahren so stark fällt, dass die Oligarchen die Ernte verfaulen lassen, da es nicht<br />
mehr rentabel genug ist die Kaffeebohnen zu ernten.<br />
Außerdem wird in der Region Farn- und Erdbeeranbau betrieben. Die Farne dienen hauptsächlich als<br />
Schnittpflanzen für den Export.<br />
11:00 Uhr Ankunft im Nationalpark Vulkan Poás.<br />
Wanderung zum Krater des Poás. Glücklicherweise verziehen sich bei unserer Ankunft die Wolken<br />
und ermöglichen uns einen herrlichen Blick auf den größten Vulkankrater (Durchmesser: 1,5 km;<br />
Tiefe: 300 m) des <strong>La</strong>ndes, 37 km nördlich von Alajuela und 2.704 m hoch. Letzter Ausbruch war<br />
1978, es steigt noch immer schwefeliger Rauch auf. Die Fumerolen waren deutlich zu hören und die<br />
gelben, schwefeligen Ablagerungen am Ufer des Vulkansees deutlich zu sehen. Durch den Schwefel<br />
ist das Wasser grüngelb gefärbt.<br />
Danach geht es durch den Nationalpark, abseits der „Autobahn” (Abkürzung über den Trampelweg)<br />
zum Nebenkrater <strong>La</strong>guna Botos. Hier findet auch die erste Begegnung mit Kolibris statt. Am<br />
Rückweg erfahren wir am eigenen Leib, warum der Regenwald „Regenwald” heißt und warum Anton<br />
bei der Vorbesprechung auf guten Regenschutz gepocht hatte! Teilweise nass bis auf die Knochen,<br />
11
Costa Rica 2006<br />
Protokolle<br />
versuchen wir uns beim Shop notdürftig zu trockenen, ehe wir uns auf den Weg über Valle Virgen<br />
nach <strong>La</strong> Fortuna (14:30 Uhr) machen.<br />
Beim Verlassen des Nationalparks ist unser erster Zwischenstopp bei einem kleinen Geschäft, das<br />
typische regionale Köstlichkeiten verkauft (Erdbeeren, Schokokaffeebohnen, Wein, Kaffeelikör,…).<br />
Nach kurzer Fahrt sind wir beim „Wasserfall des Friedens” (<strong>La</strong> Paz) angelangt, wo wir wieder einige<br />
Fotos schießen.<br />
Es folgt ein Besuch in einem sehr eigenwilligen kleinen „Museums-Imbiss-Häuschen”, namens <strong>La</strong><br />
Cichnona. Dort können wir Vogelspinnen und Kolibris aus nächster Nähe beobachten (außerdem<br />
Erdbeerfrösche und Leguane „made in China“…).<br />
16:00 Uhr Abfahrt nach <strong>La</strong> Fortuna<br />
18:25 Uhr Ankunft in der Stadt <strong>La</strong> Fortuna<br />
Während der Dämmerung fotografieren wir den Vulkan Arenal.<br />
19:05 Uhr krönender Abschluss des Tages! Wir fahren zu einem Aussichtspunkt und beobachten in<br />
der Dunkelheit die <strong>La</strong>vaerruptionen des Vulkans – ein sehr schönes und faszinierendes Erlebnis!<br />
20:00 Uhr Ankunft in der Lodge „<strong>La</strong> Catarata” (gefördertes Projekt vom WWF Kanada, das von<br />
Einheimischen geführt wird).<br />
20:30 Uhr Abendessen<br />
Es werden landestypische Spezialitäten aufgetischt: frittierter Maniok, Fisch, Putenfleisch, Huhn,<br />
Rindfleisch, Reis mit Palmherzen,…<br />
Heiterer Ausklang des Abends mit der Geburtstagsfeier für Birgit Wondratsch, wobei wir<br />
costaricanischen Rum und eine lustige Geburtstagstradition (Tortencreme ins Gesicht) kennenlernen.<br />
Fahrt nach Los Chiles, Bootsfahrt auf dem Río Frío<br />
SAMSTAG, 22. 07. 2006<br />
(Julia Kerschbaum, Elisabeth Wurglits)<br />
Zum Frühstück gibt es Palatschinken mit Ahornsirup, Früchte, Gallo pinto, Toastbrot, 3 Sorten<br />
Marmelade, Eierspeise, sehr guten Kaffee, Tee und Orangensaft.<br />
8:15 Uhr: Abfahrt vom Hotel nach Los Chiles. Auf dem Weg sehen wir Kühe, Maniok, Palmen und<br />
Pferde. Es gibt wenige Vögel, was auf den reichlichen Regen zurückzuführen ist. Wenn Blüten und<br />
Früchte durch die Nässe faulen, verschwindet die Nahrungsquelle der Vögel und sie wandern ab. Die<br />
großen Vögel die am Straßenrand auf Bäumen sitzen sind Neuweltgeier (Raben-, und Truthahngeier).<br />
Sie haben einem ausgeprägten Geruchssinn und sind mit den Störchen verwandt.<br />
Wir fahren an jungen Ananasplantagen und <strong>La</strong>gerstroemia speciosa vorbei, einen Baum mit rosa<br />
Blüten der aus Asien stammt. Es ist bewölkt und schwül.<br />
Der Bus stoppt an einem Geschäft und einer Brücke. Auf Antons Anraten hin, nehmen wir den<br />
Fotoapparat mit. Einige von uns gehen Wasser kaufen, die anderen gehen gleich zur Brücke, wo schon<br />
Leute stehen und hinuntersehen. In den Bäumen über dem Fluss sitzen massenhaft grüne Leguane<br />
(Iguana iguana) – „grüner" Leguan deshalb, weil die juvenile Form blitzgrün ist. Sie fressen die<br />
Blätter von verschiedensten Bäumen und werden wegen ihres guten Fleisches gezüchtet. Sie sind gute<br />
Futterverwerter und schon nach zwei Jahren schlachtreif. Der Geschmack wird – wie fast immer wenn<br />
der Geschmack unbeschreiblich ist – als hühnchenartig beschrieben.<br />
Wir fahren weiter und kosten im Bus ein Gelee aus Psidium guajava (Myrtaceae), der Guave, aber<br />
keinem schmeckt es so wirklich und es dreht im Bus mindestens drei Runden.<br />
12
Costa Rica 2006<br />
Protokolle<br />
Unser Weg führt uns durch die Ebene von San Carlos und wir sehen den Río San Juan. Hier formen<br />
kleine Bäche die <strong>La</strong>ndschaft, die daher hügelig ist. An der Straßenseite sitzt ein „Road Side Hawk"<br />
und Rafa, unser Buschauffeur, fährt für uns ein Stück zurück um den Greifvogel fotografieren zu<br />
können. Bei der Weiterfahrt säumen meterhohe rote Hibiskusbüsche den Weg. Orangenbäume sowie<br />
auch Zuckerrohr werden hier kultiviert.<br />
Oft sieht man die Rotlehmerde hervorschauen. Die Böden sind ausgewaschen, die Humusschicht ganz<br />
dünn oder nicht vorhanden, weil der klimabedingte, schnelle Stoffwechsel das nicht zulässt; der<br />
Nährstoffkreislauf ist kurz und <strong>La</strong>ub und Humus werden sofort wieder verbraucht. Einzig Eisen und<br />
Aluminiumoxide werden in den oberen Bodenschichten festgehalten und nicht ausgewaschen,<br />
wodurch es zu einer Anreicherung dieser Elemente kommen kann. Weil sich 90 % der Nährstoffe in<br />
den oberen 10 cm der Erdschicht befinden, sind hier vorrangig Flachwurzler und keine Tiefwurzler zu<br />
finden.<br />
Gut für die <strong>La</strong>ndwirtschaft sind Böden an Vulkanhängen und in Überschwemmungsgebieten von<br />
Flüssen. Es gibt Schwarz- und Weißwasserflüsse. Ein gutes Beispiel für einen Schwarzwasserfluss ist<br />
der „Río Negro". Er enthält keine Nährstoffe und sein Überschwemmungsgebiet bietet auch nichts für<br />
die <strong>La</strong>ndwirtschaft. Seine Farbe ist bedingt durch Huminsäuren. Es leben wenige Fische in ihm und<br />
auch wenig Gelsenlarven. (Ein Beispiel für einen Weißwasserfluss ist der Amazonas, wo das Wasser<br />
nährstoffreich ist.)<br />
Wir legen einen Stopp ein, denn zu unserer Rechten sitzen Brüllaffen (Alouatta palliata) in den<br />
Baumkronen. Sie leben gerne in lichteren Waldstellen, in Sekundärwäldern und besonders in<br />
Waldresten, entlang von Flüssen.<br />
In Costa Rica gibt es vier Affenarten: Totenkopfäffchen, Weißkopfkapuzineraffen, Brüllaffen und<br />
Spinnenäffchen. Diese Neuweltaffen, auch „Breitnasenaffen“ genannt – sind, mit Ausnahme des<br />
Menschen, die einzigen lebenden Primaten auf dem amerikanischen Kontinent. Die meisten sind<br />
Allesfresser, einzig die Brüllaffen sind rein vegetarisch was man gut an ihrem gedrungenen Körperbau<br />
erkennen kann. Brüllaffen treten in Gruppen bis zu 20 Mitgliedern auf, bei den Totenkopfäffchen sind<br />
es bis zu 100 Mitgliedern.<br />
Um 10:30 Uhr kommen wir in Los Chiles an. Wir gehen die letzten Schritte zum Río Frío zu Fuß, alle<br />
haben sich schon im Bus mit viel Gelsenschutzmittel eingerieben. Der Río Frío führt mehr Wasser als<br />
in der Trockenzeit und mit einem etwas mulmigem Gefühl, aber der Gewissheit dass es hier keine<br />
Krokodile gibt, steigen wir in das Boot ein.<br />
Wir sehen:<br />
• Kormorane (Phalacrocorax carbo), die auf einem Baumstamm sitzen und ihr Gefieder<br />
trocknen, denn sie können es aufgrund ihrer verkümmerten Pürzeldrüse nicht einfetten. Das<br />
ermöglicht ihnen bei der Jagd nach Fischen unter Wasser zu tauchen.<br />
• Guajave (Psidium guajava) (Myrtaceae), Baum mit weißen Blüten.<br />
• Eisvogel (Alcedo atthis)<br />
• Silberreiher (Casmerodius albus), der Schnabel wird je nach Jagdverhalten geformt.<br />
• Brüllaffen (Alouatta palliata)<br />
• Schlangenhalsvogel (Anhingidae), er spießt unter Wasser Fische auf, wirft sie in die Luft,<br />
dann erst frisst er sie.<br />
• Passerinitangar (Ramphocelus passerinii, Scarlet Rumped Tanager), schwarzer Vogel mit<br />
rotem Fleck am Rücken.<br />
• Fliegenschnäpper (Muscicapidae, Fly Catcher), ökologisch sehr wichtige Gruppe. Er gibt<br />
„Bem ti vi"-Rufe von sich (bedeutet „Hab dich schon gesehen“ auf Portugiesisch).<br />
• Pachira aquatica (Bombacaceae), dieser Baum hat große braune Früchte die 2 – 3 kg schwer<br />
sind. Die Samen, die darin enthalten sind, sind sehr fett, sie werden aber nicht genutzt.<br />
• Ein Termitenbau sitzt in einer Astgabel.<br />
• Guan (Chachalaca) – ein huhnähnlicher Vogel<br />
Es ist 11:30 Uhr, wir hören Brüllaffen und immer wieder riechen wir die Abgase unseres Bootes.<br />
Viele Pflanzen blühen in der Trockenzeit und die Früchte reifen dann in der Regenzeit, denn die<br />
Bestäuber sind eher in der Trockenzeit vorhanden.<br />
13
Costa Rica 2006<br />
Protokolle<br />
• Seidenreiher (Egretta garzetta) und Fliegenschnäpper, den wir beim Nestbau stören.<br />
• Flüchtig sehen wir einen Verwandten des Tukan in einem Baum: Collared Aracari.<br />
Ganz kurz überfahren wir die Grenze zu Nicaragua, welches das 7. ärmste <strong>La</strong>nd der Welt ist, und<br />
wenden dann.<br />
Auf der Rückfahrt um 12:00 Uhr biegen wir in einen Seitenarm ein um einen geeigneten Platz zu<br />
suchen und unser Lunch einnehmen zu können. Es gibt Curryreis mit Hühnerfleisch, Bohnensalat,<br />
weißen Salat der nach Koriander schmeckt und Tortilla-Chips. Beim Essen holen muss man schnell<br />
sein sonst holt man sich einen Sonnenbrand. Dann fahren wir zurück nach Los Chiles.<br />
Wir sehen ein Zweizehenfaultier (Bradypodidae, Choloepus didactylus) und warten (so wie das<br />
Faultier) geduldig darauf, dass die andere Touristengruppe sich aus dem Staub macht, sodass wir<br />
endlich Fotos schießen können. Faultiere haben Algen in ihrem Fell, darunter sogar Arten, die man<br />
sonst noch nirgends gefunden hat! Sie sind gute Kletterer und können auch schwimmen. Etwa alle 10<br />
Tage verlässt ein Faultier den Baum um seine Notdurft zu verrichten und den Baum zu wechseln. In<br />
dieser Zeit lebt es gefährlich weil es Räubern ausgesetzt ist.<br />
Fledermäuse (Chiroptera) sitzen an der regengeschützten Unterseite eines Baumstammes nahe dem<br />
Wasser. Unsereins hat es anfangs nur für schwarze Flecken gehalten!<br />
Bei der Rückfahrt beginnt es leicht zu regnen und um 13:30 Uhr endet unsere Bootsfahrt.<br />
Danach Weiterfahrt zu einem Thermalbad beim Vulkan Arenal.<br />
An der rechten Straßenseite entdecken wir beim Vorbeifahren eine Akipflaume (Blighia sapida,<br />
Seifenbaumgewächs), welche in Westafrika beheimatet ist. Die Frucht ist birnenförmig, hellrot bis<br />
gelborange. Wenn sie reif ist, öffnet sie sich in drei große Spalten und es kommen leuchtend-schwarze<br />
Samen zum Vorschein, umgeben von gelblichweißem Fruchtfleisch (Arillus), nur dieses ist essbar. In<br />
einem bestimmten Reifezustand wird das Fruchtfleisch zu Soßen verarbeitet oder eingelegt. Ihr Name<br />
ehrt William Bligh, einen Captain der HMS Bounty.<br />
Im Thermalbad gibt es eine kurze Einweisung wie wir uns zu verhalten haben: Mit dem kühlsten<br />
Becken (37 °C) beginnen, damit sich unser Körper daran gewöhnt und dann langsam steigern bis hin<br />
zum heißesten Becken (45 °C). Alle 15 min. ist Abkühlen an einer der zahlreichen Kaltduschen oder<br />
im Kaltbecken angesagt, damit die Körpertemperatur nicht zu hoch wird. Von unserer Gruppe haben<br />
es vier oder fünf bis in das heißeste Becken geschafft, allen voran Anton. Zum Schluss gab es dann<br />
noch günstige und gute Cocktails und eines der beliebten Gruppenfotos.<br />
Auf dem Heimweg haben wir noch das Glück <strong>La</strong>va am Vulkan austreten zu sehen. Im <strong>La</strong> Catarata<br />
angekommen fallen wir, nach einem ausgezeichneten Abendessen, todmüde ins Bett.<br />
Vulkan Arenal und Arenal-Hängebrücken<br />
SONNTAG, 23. 07. 2006<br />
(Barbara Vobrovsky-Simon)<br />
Frühstück ab 7 Uhr – es gibt Obst, Gallo pinto, Eierspeise und Palatschinken.<br />
Vor der Abfahrt zeigt Anton uns Cordia alliodora (span. <strong>La</strong>urel) – ein schnell wachsender Baum mit<br />
hellem Holz und dunklen Streifen, das für Möbel und als Feuerholz verwendet wird. Bei jeder<br />
Verzweigung bildet der Baum einen kleinen Endtrieb, die nächste Seitenknospe übernimmt den<br />
Haupttrieb (sympodialer Wuchs). In den Astgabeln sind Verdickungen mit Perforierungen ausgebildet,<br />
die von Atzteka-Ameisen aufgebissen werden und ihnen als Wohnung dienen.<br />
Die Blätter werden bei Lungenkrankheiten und die Samen bei Hautkrankheiten verabreicht.<br />
Abfahrt um 8:10 Uhr Richtung Arenal Nationalpark.<br />
14
Costa Rica 2006<br />
Protokolle<br />
Der Vulkan Arenal (1.638 m) ist einer der aktivsten Vulkane. Er wurde für inaktiv gehalten, bis er<br />
1968 ausbrach und 80 Tote zu beklagen waren. Der nächste Ausbruch folgte 1981, seitdem ist der<br />
Vulkan ständig aktiv, er stößt auch tagsüber Asche aus. Der letzte große Ausbruch war im Jahr 1992,<br />
im Juli 2000 ging eine Schlammlawine an der Nordseite ab.<br />
8:50 Uhr: Einfahrt mit dem Bus in den Nationalpark und kurze Pause an einem Aussichtspunkt um<br />
den Arenalsee zu bewundern. Dieser ist ein künstlicher Stausee, in dem die Ortschaft Arenal versenkt<br />
wurde. Südlich des Sees befindet sich die Cordillera von Tilaran, nördlich die Cordillera von<br />
Guanacaste.<br />
Immer wieder können wir die Vulkanaktivitäten des Arenals hören und Rauchwolken austreten sehen.<br />
Um 9:30 Uhr beginnt unser Rundgang im Nationalpark<br />
Wir sehen einige Pionierpflanzen, der Prozess der Sukzession ist gut sichtbar:<br />
• Gynerium sagitattum (Poaceae), Caña Brava (span.), „Wildes Rohr”, ähnlich dem<br />
Zuckerrohr.<br />
• Gleichenia sp. (Gleicheniaceae), Farn, Verbreitung durch Wind.<br />
• Piper sp. (Piperaceae), eine Holzpflanze mit asymmetrischen Blättern aus der Familie der<br />
Pfeffergewächse. Die Früchte werden hauptsächlich durch Vögel und Fledermäuse verbreitet.<br />
• Mimosa pudica (Mimosaceae), „Rühr mich nicht an”, hat eine Reizweiterleitung über<br />
Gelenke und als zusätzlichen Fraßschutz Stacheln und Dornen, die nach unten gebogen sind<br />
und auch als Halteorgane dienen (zur Erinnerung: Stachel aus der Epidermis, Dornen aus<br />
Organen, in diesem Fall Nebenblattdornen). Diese arme Pflanze hat mit uns kein leichtes<br />
Leben, sie wird mit Feuerzeugen verärgert und andauernd berührt, um ihren Mechanismus<br />
sichtbar zu machen.<br />
• Lycopodiella cernua (Lycopodiaceae), Baerlapp, bildet Ausläufertriebe (horizontal) und<br />
fertile Triebe (vertikal), sieht wie ein kleiner Weihnachtsbaum aus.<br />
• Cecropia sp. (Cecropiaceae), Ameisenbaum, ist ein sehr schnellwüchsiger Baum, dafür aber<br />
kurzlebig. Er hat nur geringes sekundäres Dickenwachstum. Sein Stamm ist hohl und dient<br />
Atzteka-Ameisen als Behausung. Diese beschützen den Baum und ernähren sich von den<br />
sogenannten „Müllerschen Körperchen“, die an der Basis der Blätter gebildet werden und<br />
Glykogen speichern. Ein Hüllblatt schützt das jeweils jüngste Blatt, fällt dieses ab hinterlässt<br />
es einen Ring, der am Stamm zeitlebens sichtbar ist (geringelter Stamm).<br />
• Andropogon bicornis (Poaceae) Süßgras, ein bis 1,8 m hohes Gras der Pioniervegetation.<br />
• Cissus sp. (Vitaceae) Weingewächs, Liane, gegenüber jedem Blatt ist eine Ranke<br />
ausgebildet. Hat ein schnelles Höhen-, jedoch geringes Dickenwachstum. Normalerweise eine<br />
Liane des Kronendachs, wächst im offenen Gelände am Boden (dies gilt für viele Lianen).<br />
Schädlinge des Weins: Reblaus – aus den USA eingeführt (resistente Weinsorte in Österreich<br />
ist der Uhudler); Die Blattkrankheit Mehltau muss flächendeckend durch Spritzmittel<br />
bekämpft werden.<br />
In der darauf folgenden Sukzessionsstufe sind bereits Bäume zu sehen, das Caña Brava wird<br />
allmählich verdrängt. Bald befinden wir uns im Sekundärwald und kurz darauf besteigen wir das<br />
<strong>La</strong>vafeld des Arenals von 1992, das in 650 Höhenmeter liegt. Es ist ein ziemlich abrupter<br />
Szenenwechsel, nur wenige Pflanzen und Tiere sind zu sehen.<br />
Wie Anton uns nach einer Raterunde erzählt, erfolgt die Besiedelung von <strong>La</strong>vafeldern in kleinen<br />
Schritten: Bei den Tieren sind Spinnen die ersten Pioniere, bei den Pflanzen handelt es sich um<br />
Flechten und Moose. Später siedeln sich Gräser und Orchideen an, die windverbreitete Samen<br />
besitzen.<br />
Wir verlassen das <strong>La</strong>vafeld und befinden uns wieder im Sekundärwald:<br />
• Termitennest, Termiten sind sehr lichtscheu und mit den Schaben verwandt. Symbiotische<br />
Bakterien im Darm ermöglichen diesen Tieren Zellulose zu verdauen.<br />
• Chamaedorea sp. (Arecaceae, Palme), Bergpalme, unreif sind die Früchte wie auch die sog.<br />
Rachillen (Äste auf denen sie sitzen) grün, zur Reife färben sich die Rachillen knallig orange<br />
und die Früchte selbst dunkelviolett (Kontrastfärbung).<br />
• Peperomia sp. (Piperaceae) Pfeffergewächs, das epiphytisch wächst und „Würstel” bildet.<br />
15
Costa Rica 2006<br />
Protokolle<br />
• Psidium guajave (Myrtaceae, Myrtengewächs), Guave, ist eine gelbe runde Frucht mit<br />
rotem Fruchtfleisch und vielen runden Samen und hat eine dicke Schale.<br />
• Columea sp. (Gesneriaceae, Gesneriengewächs), verwandt mit dem Usambara-Veilchen. Es<br />
hat rote Flecken auf der Blattunterseite und wird von Kolibris bestäubt.<br />
Um 12.00 Uhr machen wir eine halbe Stunde Mittagspause am Fluss und essen unsere Lunchpakete.<br />
Einige von uns sind voll mit Samen von Desmodium sp. (Mimosaceae, Mimosengewächse), einer<br />
klettenähnlichen Frucht.<br />
Dann fahren wir mit dem Bus weiter. Es geht über die Staumauer des Arenal-Stausees. der See dient<br />
der Bewässerung von Nassreisfeldern in der Provinz Guanacaste. Das Wasser wird unterirdisch von<br />
der Ost- and die Westseite der Cordillera geleitet und zu den Turbinen geschleust.<br />
13:20 Uhr: Ankunft bei den Arenal-Hängebrücken, zehn Minuten später geht es dann los:<br />
Wir bekommen auf der ersten Brücke eine kurze Einführung über das Klima in den verschiedenen<br />
Schichten (Strata) des Regenwaldes und blockieren auf diese Weise die Brücke für einige Zeit.<br />
Im unteren Teil herrscht ein ausgeglichenes Klima, Pflanzen haben vorwiegend große Blätter,<br />
während das Klima im oberen Teil heißer und trockener ist. Je weiter man in die Außenzone der<br />
Baumkrone kommt, umso lebensfeindlicher wird das Klima.<br />
• Calathea sp. (Marantaceae), um das Licht optimal zu nützen ist das Blatt an der Unterseite<br />
durch Anthocyane rot gefärbt. Eingedrungenes Licht geht durch das Parenchym durch und ein<br />
Teil wird durch die eingelagerten Anthocyane reflektiert. Dies ist eine Anpassung an das<br />
lichtarme Milieu.<br />
• Blattschneideameisen (Atta sp.) haben eine strenge Hierarchie und sind tag- oder nachtaktiv.<br />
Ihr Bau kann bis zu 6 m tief und 100 m² groß sein. Sie zerlegen die Blätter von außen nach<br />
innen mit System, zerkauen und fermentieren sie dann. Die Ameisen züchten einen Pilz<br />
darauf, der ihnen als Nahrung dient. Indigene verwendeten Wächterameisen, mit ihren großen<br />
Kaumuskeln, zum verschließen von offenen Wunden und als Nahrung (Eiweißlieferant).<br />
• Epiphylle sind Pflanzen (z.B. Lebermoose), die auf dem Blatt einer Pflanze wachsen. Dies ist<br />
nur dann möglich, wenn ein Blatt sehr lange lebt und nicht wie bei uns nur ein halbes Jahr<br />
vorhanden ist. Epiphylle sind häufig an sehr feuchten Stellen im Regenwald zu finden.<br />
• Melastomataceae (Schwarzmundgewächs), die Samen sind wassertropfenverbreitet. Die<br />
Früchte stehen vertikal zum Boden und ihre Kapseln öffnen sich, wenn Regen darauf fällt. Die<br />
Adern der Blätter verlaufen parallel.<br />
• Iriartea deltoidea (Arecaceae), große Palme mit Stelzwurzeln.<br />
• Carapa guianensis (Meliaceae), Mahagonibaum hat Brettwurzeln die drei Funktionen<br />
haben: Stabilität, Wurzelvergrößerung und Verbesserung der Sauerstoffversorgung durch viele<br />
Lentizellen in der Borke. Die Samen werden von den Yanomami (Indigene) zu Andiroba (Öl)<br />
für die Firma Bodyshop gepresst.<br />
• Ardisia sp. (Myrsinaceae), litter trapping plant, sammelt herabfallendes Material und macht<br />
sich ihren „eigenen Komposthaufen”. Niederschlagswasser wird beim Passieren durch den<br />
Kompost mit Nährstoffen angereichert.<br />
• Hyeronima alchorneoides (Euphorbiaceae), Pilon, ein Wolfsmilchgewächs, wird häufig zur<br />
Aufforstung verwendet.<br />
Um 16:10 Uhr sind wir wieder am Ausgangspunkt angelangt und machen eine wohlverdiente Pause.<br />
Der Arenal ist fast bis zum Gipfel zu sehen und es entstehen traumhafte Bilder.<br />
Auf der Heimfahrt entdecken wir eine Stelle am Gebirgsbach, wo wir uns, nach einigen Problemen<br />
beim Umziehen, in das, laut Anton 32 °C warme Wasser „stürzen“ und genüsslich herumplanschen.<br />
Nach erneutem mühsamem Umziehen, kommen wir schließlich wieder im <strong>La</strong> Catarata an.<br />
Um 19 Uhr kommen wir in der Unterkunft an, wo uns die Gastgeber schon zu einem netten und<br />
gemütlichen Grillabend erwarten.<br />
16
Costa Rica 2006<br />
Kräutergarten und Manuel Antonio<br />
MONTAG, 24. 07. 2006<br />
Protokolle<br />
(Michaela Seiz, Birgit Wondratsch)<br />
Frühstück ab 7 Uhr. Danach laden wir das Gepäck in den Bus, da wir heute nach Manuel Antonio<br />
weiterreisen.<br />
Abfahrt um 8:10 Uhr in Richtung Kräutergarten, wo wir auch schon fünf Minuten später ankommen.<br />
Während des Fußmarsches zeigt uns Anton einen Brotfruchtbaum (Artocarpus altilis), eine bis zu 20<br />
Meter hohe Nutzpflanze aus der Familie der Maulbeergewächse (Moraceae). Die grüne, bis zu zwei<br />
Kilogramm schwere Brotfrucht dient als Nahrungsmittel; ihr Geschmack ähnelt dem der Kastanie. Auf<br />
der anderen Seite der Straße sehen wir eine Papaya-Plantage. Die Papaya (Carica papaya) gehört zur<br />
Familie der Melonenbaumgewächse (Caricaceae). Die <strong>La</strong>ubblätter dienen als Fleischweichmacher,<br />
die beliebte süßliche Frucht kann bis zu 45 cm lang und 6 kg schwer werden.<br />
Um 8:30 Uhr kommen wir endgültig im Kräutergarten an und werden von der Besitzerin<br />
willkommen geheißen. Fachkundig erklärt sie uns Eigenschaften verschiedenster Kräuter, die in ihrem<br />
fünfeinhalb Hektar großen Garten vorzufinden sind.<br />
Hier eine Auswahl:<br />
• Mentha, „Minze“ (<strong>La</strong>miaceae), eine aromatische, viel genutzte krautige Pflanze.<br />
• Zingiber officinale, „Ingwer“ (Zingiberaceae), Zubereitungen aus dem Ingwerwurzelstock<br />
wirken entzündungshemmend, anregend auf die Magensaft-, Speichel- und Gallenbildung und<br />
steigern die Darmfunktion. Außerdem nutzt man das Rhizom als Gewürz.<br />
• Equisetum sp., „Schachtelhalme“, wirken reinigend auf Blut, Magen, Nieren und Blase. Die<br />
Halme werden bis zu sechs Meter lang.<br />
• Justicia tinctoria (Acanthaceae), wird gegen Haut- und Haarprobleme, der blaue Sud der<br />
gekochten Blätter zum Wäschefärben verwendet.<br />
• Kalanchoe pinnata (Crassulaceae), ihre Blätter wirken aufgewärmt entzündungshemmend<br />
im Bereich der Haut und der Ohren.<br />
• Stevia rebaudiana, „Süßkraut“ (Asteraceae), eine mehrjährige krautige Pflanze, die als<br />
natürlicher Süßstoff verwendet wird.<br />
• Mimosa pudica (Fabaceae), wirkt als Beruhigungsmittel.<br />
• Neurolaena lobata (Asteraceae), ist eine wichtige Heilpflanze, die in Costa Rica heimisch ist.<br />
Sie wird gegen Magenbeschwerden eingesetzt.<br />
• Urera baccifera (Urticaceae), die Blätter werden wie Spinat gekocht oder als Tee zubereitet<br />
und wirken reinigend auf Blut und Nieren.<br />
• Aloe vera (Asphodelaceae), die Mesenchymschicht ihrer rosettenförmig angeordneten Blätter<br />
dient als Flüssigkeitsspeicher und enthält ein Gel, welches wundheilend wirkt und auch in der<br />
Kosmetik Verwendung findet. Das aus dem Blattharz gewonnene „Aloin“ wirkt stark<br />
abführend.<br />
• Smilax cordifolia (Smilacaceae), wird gegen Blutarmut eingesetzt.<br />
• Quassia amara („Hombre grande“), die Rinde wird gegen Malaria, Krebs und zur Stärkung<br />
des Immunsystems verwendet.<br />
• Uncaria tomentosa, „Katzenkralle“ (Rubiacaea), enthält antileukämische Stoffe.<br />
• Buddleja americana (Buddlejaceae), wirkt blutreinigend und antiallergen und hilft bei<br />
Menstruationsbeschwerden.<br />
• Eucalyptus globulus (Myrtaceae), wird häufig zu ätherischem Öl verarbeitet und inhaliert,<br />
ursprüngliche Heimat ist Australien.<br />
• Elettaria cardamomum (Zingiberaceae), findet in der Küche als Gewürz Verwendung.<br />
• Ocimum basilicum (<strong>La</strong>miaceae), wird ebenfalls als Gewürz verwendet.<br />
• Curcuma domestica, „Gelbwurz“ (Zingiberaceae), dient als Färbepflanze und als Basis für<br />
Curry, wirkt außerdem anregend auf die Magensaftproduktion.<br />
• Citrus aurantium (Rutaceae), wird gegen Kopfschmerzen eingesetzt.<br />
• Pimenta diocia, „Jamaicapfeffer“ (Myrtaceae), hilft gegen Bluthochdruck.<br />
17
Costa Rica 2006<br />
Protokolle<br />
• Citrus limetta (Rutaceae), kommt gegen Hepatitis zum Einsatz.<br />
• Cymbopogon nardus, „Zitronengras“ (Poaceae), wirkt desinfizierend und hilft gegen<br />
Gelsenstiche.<br />
• Eryngium foetidum, „<strong>La</strong>nger Koriander“ (Apiaceae), findet in der Küche als Gewürz und<br />
zum Einkochen Verwendung.<br />
• Theobroma cacao, „Kakao“ (Malvaceae), die fünfzähligen Blüten stehen direkt am Stamm<br />
(man nennt dies Kauliflorie), die Früchte wiegen bis zu 500g, unter der harten Schale befinden<br />
sich 30 – 60 Samen, die Kakaobohnen, die von einem weißen süßlichen Fruchtfleisch (Pulpa)<br />
umgeben sind. Aus den Samen wird Kakaopulver und Kakaobutter zur Herstellung von<br />
Schokolade gewonnen. Die Früchte werden häufig vom Pilz Monilla befallen, durch Spritzen<br />
mit Kupfersulfat wird dem entgegengewirkt.<br />
• Averrhoa carambola, „Sternfrucht“ (Oxalidaceae), eine beliebte Frucht mit hohem<br />
Oxalsäuregehalt.<br />
• Piper nigrum, „Schwarzer Pfeffer“ (Piperaceae), eine Kletterpflanze, die zweimal jährlich<br />
geerntet werden kann. Man unterscheidet zwischen grünem, weißem und schwarzem Pfeffer.<br />
Grüner Pfeffer ist am wenigsten scharf, er wird aus unreifen, früh geernteten Früchten<br />
gewonnen. Schwarzer Pfeffer entsteht durch Trocknen der reifen Früchte, während weißer<br />
Pfeffer aus von der Schale befreiten, vollreifen Pfefferkörnern besteht und am schärfsten ist.<br />
• Cassia reticulata (Fabaceae), wirkt abführend und hilft bei Hitzeausschlag.<br />
• Cinnamomum verum, „Zimt“ (<strong>La</strong>uraceae), ist ein beliebtes Gewürz.<br />
• Morinda citrifolia (Rubiceae), aus den überreifen Früchten wird der Nonisaft gewonnen, dem<br />
viele Heilwirkungen zugesprochen werden.<br />
• Lippia graveolens, „Mexikanischer Oregano“ (Verbenaceae), findet als Gewürz<br />
Verwendung.<br />
Zu den weiteren Besonderheiten dieses Kräutergartens gehören sieben Kühe und sechs Kälber, die,<br />
abgesehen von einer sicheren Umzäunung, auch noch von sperrigen Holzdreiecken um ihren Hals<br />
daran gehindert werden, aus dem Weidegehege auszubrechen und die wertvollen Kräuter zu fressen.<br />
Weiters wird in einer speziellen Vorrichtung Kuhmist gesammelt, in der Regenwürmer zur<br />
Auflockerung der Erde gezüchtet werden. Der Kuhmist wird innerhalb von zwei Monaten zu Erde<br />
umgewandelt. Neuer Kuhmist wird hinzugefügt, welchen die Regenwürmer sofort besiedeln. Das<br />
dient dazu, die Regenwürmer aus der „fertigen“ Erde „wegzulocken“. Die entstandene Erde ist<br />
fruchtbar und kann verwendet werden.<br />
In luftdicht verschlossenen Behältern entsteht aus zwei Kübeln Kuhmist und sechs Kübeln Wasser<br />
durch Gär- und Fäulnisprozesse Biogas, das genügend Gas zum Kochen für die ganze Familie liefert.<br />
Nach Besichtigen des Gartens geht es zur wohlverdienten Rast mit Frucht- und Teeverkostung. Die<br />
Männer unserer Gruppe versuchen sich, unter einigem Blutverlust, im Schälen und Schneiden von<br />
Zuckerrohr, dessen süßer Saft aus den holzigen Stängeln gesaugt wird. Unter anderem kosten wir<br />
Maracuja, Kakaofrucht, trinken den Saft unreifer Kokosnüsse und probieren verschiedene Kräutertees.<br />
Um 11:00 Uhr brechen wir zu unserer Fahrt nach Manuel Antonio auf.<br />
Um 13:20 Uhr machen wir eine Rast in San Ramon, essen dort zu Mittag und kaufen Souvenirs.<br />
Mit musikalischer Untermalung aus dem CD-Player fahren wir um 14:00 Uhr weiter, machen um<br />
15:15 Uhr noch einen kurzen Halt in San Mateo.<br />
Um 16:00 Uhr bleiben wir an einer Brücke am Río Tarcoles stehen, überqueren diese zu Fuß und bei<br />
strömendem Regen, um Spitzmaulkrokodile zu sehen (Fotografieren war auf Grund des Regens ein<br />
leidvolles Unterfangen mit unbefriedigten Ergebnissen!).<br />
Durchnässt geht es weiter, bis wir um 17:00 Uhr Halt bei einem Aussichtsplatz machen. Von dort aus<br />
kann man die Küste und Braunpelikane beobachten.<br />
18
Costa Rica 2006<br />
Protokolle<br />
Neben abenteuerlichen Flussdurchquerungen mit dem Bus sehen wir:<br />
• Ölpalmenplantagen (Elaeis guineensis), die Ölpalme gehört zu den wirtschaftlich<br />
bedeutendsten Palmenarten und nimmt in der Weltölproduktion, nach Sojaöl, den zweiten<br />
Platz ein. Die Fruchtstände erreichen bis zu 50 kg und enthalten mehrere tausend Früchte. Es<br />
ist üblich, die Palmen durch spritzen von Pestiziden abzutöten, bevor sie zu groß und zu alt<br />
werden (die Ernte wird sonst erschwert und die Größe der Fruchtbündel nimmt im Alter<br />
wieder ab). Gleichzeitig werden neue Palmen angepflanzt, da sie erst nach drei Jahren Früchte<br />
tragen. Weil nicht alle Fruchtbündel gleichzeitig reifen, ist das ganze Jahr über Erntezeit.<br />
• Tectona grandis (<strong>La</strong>miaceae), Teakbäume, deren Holz wird wegen seiner Härte und<br />
Widerstandsfähigkeit gerne für Möbel und Fußböden verwendet. Das Holz nimmt nach<br />
mehreren Jahren eine charakteristische Färbung an, die so genannte Patina.<br />
Um 18:15 Uhr kommen wir schließlich in Manuel Antonio an und verbringen die nächsten zwei<br />
Stunden in einem Restaurant am Strand. Es hat ein wenig abgekühlt, aber das hält viele nicht davon<br />
ab, sich in der Dunkelheit in die warmen Fluten zu stürzen.<br />
Um 20:00 Uhr fahren wir zu einem wunderschönen Hotel, und wer vom Wasser noch nicht genug<br />
hatte, verbringt den restlichen Abend im Hotelpool.<br />
Nationalpark Manuel Antonio und Fahrt zum „Regenwald der<br />
Österreicher“<br />
DIENSTAG, 25. 07. 2006<br />
(Birgit Jogl, Ursula Bachlechner)<br />
Ab 7 Uhr gibt es Frühstück. Zur Auswahl stehen Gallo pinto, Eierspeise, Würstchen, Toast, Käse,<br />
frisches Obst, Tee, Kaffee, Muffins und ein undefinierbarer grüner Fruchtsaft.<br />
Pünktlich um 8 Uhr fahren wir mit dem Bus ab.<br />
Während der Fahrt macht uns Anton auf die Parzellierung der <strong>La</strong>ndfläche aufmerksam, die man<br />
entlang der Straße sehen kann. Grundstücke werden gekauft, Teile davon wieder weiterverkauft. Die<br />
Baugründe werden so immer kleiner und es kommt zu einer zu dichten Verbauung, wogegen die<br />
Baubehörde jedoch machtlos ist.<br />
Die Gegend um Manuel Antonio ist ein Übergangsgebiet zwischen dem trockenen Regenwald im<br />
Nordwesten und dem feuchten Regenwald im Südwesten, ein Schmelztiegel, der auch zur<br />
Vermischung der Arten führt.<br />
Wir erreichen den Nationalpark Manuel Antonio. Er wurde 1972 gegründet, umfasst mit seinen<br />
zahlreichen vorgelagerten Inseln eine Fläche von 683 ha <strong>La</strong>nd (Primär- und Sekundärwald) und<br />
55.000 ha Meer (dazu gehört auch ein schmales Korallenriff unweit der Küste). Der Park liegt an der<br />
Pazifikküste, 7 km südlich von Quepos, ist umgeben von Ölpalmen und zeichnet sich durch hohe<br />
Temperaturen und einen Jahresniederschlag von 3.875 mm aus. Um der Meeresverschmutzung und<br />
der Störung der Tierwelt etwas entgegen zu wirken, dürfen maximal 600 (Sa/So 800) Besucher<br />
gleichzeitig den Nationalpark besuchen.<br />
Der Eingang zum Park liegt am Ende des Playa Espadilla Norte. Um dorthin zu gelangen überqueren<br />
wir einen Wasserlauf, was – abhängig vom Wasserstand – trockenen Fußes möglich ist. Bei Flut muss<br />
ein kurzes Stück durch das Wasser gewatet werden, bei Bedarf stehen auch Boote bereit.<br />
Als wir zum ersten Strand im Nationalpark kommen, warnt uns Anton vor dem Hippomane<br />
mancinella (Euphorbiaceae), dem sog. Strandapfelbaum. Dieser Baum hat ca. 3 cm große, runde,<br />
grün-gelbe und sehr giftige Früchte. Die Früchte sind schwimmfähig, was der Ausbreitung der Samen<br />
über große Distanzen dient. In allen seinen Teilen enthält der Strandapfelbaum Milchsaft mit<br />
toxischen Tanninen (Alkaloide). Man sollte es vermeiden, sich unter einen solchen Baum zu setzen, da<br />
19
Costa Rica 2006<br />
Protokolle<br />
der ätzende Saft hinuntertropfen könnte. Bereits die Berührung der Rinde oder der Früchte kann die<br />
Haut reizen. Bei Verzehr der Früchte kann es zu inneren Verätzungen und Entzündungen kommen.<br />
Weiters sehen wir am Strand viele Einsiedlerkrebse (Coenobita sp., Coenobitidae), die, um sich vor<br />
Fressfeinden zu schützen, in Muscheln oder Schneckenhäuser einziehen. Sie besitzen selbst keinen<br />
Panzer. Die Behausungen müssen, abhängig vom Wachstum, immer wieder gegen größere getauscht<br />
werden. Die gefährlichste Phase im Leben eines Einsiedlerkrebses stellt der Muschel- bzw.<br />
Schneckenhauswechsel dar. Man findet am Strand kaum leere Schneckenhäuser – alle laufen davon,<br />
sobald man nach ihnen greifen möchte.<br />
Auch Strandläufer, (Calidris sp., Scolopacidae), die im flachen Wasser nach Schnecken suchen, und<br />
jede Menge Krabbenspuren sind zu sehen.<br />
Strandkrabben (Carcinus maenas, Brachyura) dienen der Meeressäuberung. Um die von Krabben<br />
gebohrten Löcher befinden sich deshalb zahlreiche kleine Kügelchen, die nach dem Filtrieren des<br />
Sandes, den die Tiere anschließend formen und ablegen, entstehen.<br />
Auf dem Pfad durch den Nationalpark begegnet uns ein Schwarzer Leguan (Ctenosaurus similis,<br />
Iguanidae), ein Tier, das gut an Trockengebiete angepasst ist. Der Schwarze Leguan besitzt einen<br />
Stachelschwanz, den er zur Revierverteidigung und während der Balzzeit zum Kämpfen einsetzt. Er<br />
ernährt sich rein vegetarisch (Blätter, Früchte). Der Schwarze Leguan gilt zwar ebenfalls als<br />
Delikatesse, ist jedoch nicht so beliebt wie der Grüne Leguan (Iguana iguana, Iguanidae).<br />
Danach entdecken wir eine Echse (Ameiva ameiva, Teiidae), die einen Skorpion (Centruroides<br />
margaritatus, Centruroides) erbeutet hat, und einen Ibis (Eudocimus albus, Threskiornithidae).<br />
Wir sehen den Baum Myrcianthes fragrans, der zu den Myrtengewächsen (Myrtaceae) gehört und<br />
die Eigenheit besitzt, seine Borke abzuschälen – eine erfolgreiche Taktik um Epiphyten fernzuhalten.<br />
Dieser Baum ist an die Trockenheit angepasst.<br />
Wenig später können wir ein Aguti (Dasyprocta punctata, Dasyproctidae), ein Nagetier, aus einiger<br />
Entfernung beobachten. Durch Betrachtung des Körperbaus des Tieres kann man Rückschlüsse auf<br />
sein Habitat ziehen. Das Aguti hat einen kleinen Kopf und einen dickes Hinterteil, was auf einen<br />
Lebensraum im dichten Waldesinneren hinweist. Mit seinem schmalen Kopf, der mit sensiblen<br />
Tasthaaren ausgestattet ist, schlägt es sich durch das Dickicht. Die aus Südamerika eingewanderten<br />
Agutis sind tagaktiv und Pflanzenfresser (Früchte, Nüsse, Blätter, Stängel, Wurzeln). Sie werden<br />
gejagt (obwohl Jagd in Costa Rica eigentlich verboten ist!), wobei 10 kg Fleisch ca. $ 100,-<br />
einbringen. Der Geschmack des Fleisches erinnert angeblich an Rattenfleisch. Agutis sind wichtige<br />
Samenverbreiter. Die Samen der Paranuss (Bertholletia excelsa), die zu den<br />
Topffruchtbaumgewächsen (Lecythidaceae) gehört, kann nur das Aguti aufbeißen und somit für<br />
deren Verbreitung sorgen.<br />
Bei der Geländeform im Nationalpark kann man beobachten, dass sich die Bäume am Geländestreifen,<br />
der sich direkt an den Strand anschließt, zum Licht und somit in den Strand hineinlehnen. Weiter in<br />
Richtung <strong>La</strong>ndesinneres fällt das Geländeniveau im Vergleich zum vorgelagerten Strand ab, und das<br />
Ökosystem verändert sich völlig. Dort gibt es Brackwasser und der Lebensraum ist durch<br />
Mangrovenbäume, Stachelpalmen und Gräser, Wasservögel, Schildkröten und Kaimane<br />
gekennzeichnet. Den oberen Teil des Kopfes eines Kaimans (Caiman crocodilus, Alligatoridae)<br />
können wir Minuten später durch das Fernglas beobachten, bevor er wieder ins Brackwasser abtaucht.<br />
Hoch oben in einer Baumkrone sehen wir einen Waschbären (Procyon lotor, Procyonidae).<br />
Waschbären sind ursprünglich über die <strong>La</strong>ndbrücke aus Nordamerika eingewandert.<br />
Am Playa Manuel Antonio können wir uns einen Strand- oder Seemandelbaum (Terminalia<br />
catappa) ansehen, der zur Familie der Combretaceae gehört. Dieser ist eine sogenannte „keystone<br />
species“ (Schlüsselart), weil er das Grundnahrungsmittel für Aras (Ara macao, Ara ambigua,<br />
Psittacidae) darstellt. Der Baum blüht und fruchtet ganzjährig. Die Früchte sind schwimmfähig.<br />
20
Costa Rica 2006<br />
Protokolle<br />
Diese Eigenschaft haben auch die Früchte der strandfestigenden Kokospalme (Cocos nucifera,<br />
Arecaceae), die Kokosnüsse. Durch die Schwimmfähigkeit und eine sehr lange Keimfähigkeit der<br />
Früchte sind die Kokospalmen an tropischen Stränden weltweit verbreitet. Die Kokosnüsse können<br />
auch mehrere Monate im Salzwasser schwimmen, ohne dabei Schaden zu nehmen.<br />
Am Ende des gemeinsamen Spazierganges besteht noch die Möglichkeit, einen 30-minütigen<br />
Rundweg über die <strong>La</strong>ndzunge Punta Catedral zu erkunden. Punta Catedral war ursprünglich eine Insel,<br />
die heute über eine natürlich entstandene <strong>La</strong>ndbrücke mit dem Festland verbunden ist. Auf dem Weg<br />
gibt es schöne Aussichtspunkte auf den Pazifik. Dabei begegnen wir Roten <strong>La</strong>ndkrabben<br />
(Gecarcinus quadratus, Gecarcinidae), Blattschneideameisen (Atta sp., Formacidae) und<br />
Weißkopf-Kapuzineräffchen (Cebus capucinus, Cebidae). Eines der Äffchen ist so frech und<br />
springt auf die Tasche einer Kollegin, aus der ein Stück von einem weißen Plastiksackerl<br />
herausschaut. Wahrscheinlich erhofft sich das Äffchen etwas Fressbares ergattern zu können. Wir<br />
erschrecken alle ziemlich und das Äffchen lässt sich nur mit Mühe wieder abschütteln. Als wir zu den<br />
Anderen an den Playa Espadilla Sur kommen, erzählen sie uns, dass ein Waschbär einer anderen<br />
Kollegin ihr Mittagessen vom Strand weggestohlen hat, während sie nur kurz auf der Toilette war.<br />
Zum Baden empfiehlt uns Anton zwei Strände, den etwas wilden Playa Espadilla Sur und den ruhigen<br />
Playa Manuel Antonio.<br />
Wir entscheiden uns für den Playa Manuel Antonio, wo uns ein Nasenbär (Nasua narica,<br />
Procyonidae) begegnet, und haben noch eine Stunde Zeit um zu schwimmen. Während des<br />
Schwimmens können wir Schreie von Brüllaffen (Alouatta palliata, Atelidae) hören, die sich<br />
anscheinend in den Bäumen der Punta Catedral aufhalten.<br />
Um 12:30 Uhr treffen wir uns beim Bus und starten unsere Fahrt in Richtung Regenwald der<br />
Österreicher. Da ein 35 km langes Straßenstück zwischen Manuel Antonio und Dominical<br />
unasphaltiert und in sehr schlechtem Zustand ist, bemühen wir uns rechtzeitig, d.h. bevor es zu regnen<br />
anfängt, abzufahren. Für die Strecke von Quepos nach <strong>La</strong> <strong>Gamba</strong> benötigen wir ungefähr viereinhalb<br />
Stunden.<br />
Entlang der Straße sehen wir aus einer Fabrik schwarzen Rauch aufsteigen. Es handelt sich um eine<br />
Palmölfabrik. Ein Fruchtstand der Afrikanischen Ölpalme (Elaeis guineensis, Arecaceae) kann aus<br />
3.000 – 6.000 Einzelfrüchten bestehen. Die Früchte haben einen harten fetthaltigen Kern, der von<br />
einem orangeroten, weichen Fruchtfleisch umgeben ist. Sie sind schnell verderblich (Enzym Lipase<br />
zersetzt das Fett) und müssen deshalb innerhalb von 24 Stunden verarbeitet werden. Die Samen sind<br />
lagerfähig. Das Fruchtfleisch (Ölgehalt 40 – 65 %) wird zuerst zu Fruchtmus und anschließend zu<br />
Palmöl gepresst. Aus dem Samen (Ölgehalt 46 – 53 %) wird Palmkernöl gewonnen. Die beiden Öle<br />
unterscheiden sich deutlich. Sie sind bei Zimmertemperatur fest. Mit Ölpalmenplantagen wird der<br />
höchste Ölertrag pro Anbaufläche erreicht. Die ganzjährig blühende und fruchtende afrikanische<br />
Ölpalme stammt ursprünglich aus Westafrika, kann bis zu 80 Jahre alt werden und trägt ab dem dritten<br />
Jahr die ersten Früchte. Die Amerikanische Ölpalme (Elaeis oleifera, Arecaceae) ist kleiner und ihr<br />
Ertrag geringer. Alte Ölpalmen werden „totgespritzt“. Sie vermodern, es entsteht Biomasse, und junge<br />
Pflanzen werden dazwischen gesetzt.<br />
Auf unserer Fahrt kommen wir an einer typischen Siedlung der United Fruit Company (U.F.C.)<br />
vorbei. In der Mitte befindet sich ein Fußballplatz und rundherum einstöckig, aus besten Hölzern<br />
gebaute Häuser.<br />
Die U.F.C., gegründet von Minor C. Keith, besaß Plantagen für Bananen, Kaffee und Kakao in Costa<br />
Rica. Die Bananen wurden ursprünglich vor allem an der Karibikseite Costa Ricas angebaut. In den<br />
30er Jahren breitete sich dort jedoch eine Pilzkrankheit (Panama disease) aus. Man versuchte der<br />
Krankheit geografisch auszuweichen und pflanzte neue Bananenplantagen in der Gegend um Manuel<br />
Antonio, wo heute Ölpalmen angebaut werden.<br />
Golfito war für die Exporte der U.F.C. der ideale Hafen, weil es an der Bucht des Golfo Dulce, und<br />
nicht am offenen Meer liegt und die Schiffe daher gut anlegen konnten. Die U.F.C. setzte sich für ein<br />
gutes Gesundheitswesen und auch für die Ausbildung der Kinder ein und errichtete Schulen und<br />
Kindergärten in Costa Rica.<br />
21
Costa Rica 2006<br />
Protokolle<br />
In den 1980er Jahren geriet sie durch den unsachgemäßen Umgang mit gefährlichen Chemikalien in<br />
den Plantagen in Verruf. Man führte die steigende Zahl an unfruchtbaren Männern und Frauen auf die<br />
gefährlichen Spritzpraktiken zurück.<br />
1986 taten sich die fünf Länder Honduras, Costa Rica, Panama, Ecuador und Kolumbien zusammen<br />
und wollten pro exportierte Kiste Bananen, eine Steuer von $ 1,- einheben, die dem jeweiligen <strong>La</strong>nd<br />
zugute kommen sollte. Costa Rica realisierte dies als einziges <strong>La</strong>nd. Die costaricanischen Bananen<br />
waren damit die teuersten am Weltmarkt.<br />
Nach Streiks der Arbeiter aufgrund der unmenschlichen Arbeitsbedingungen zog die U.F.C. 1989 aus<br />
Costa Rica ab. Viele Menschen wurden arbeitslos, und die große Abhängigkeit des <strong>La</strong>ndes von der<br />
U.F.C. kam zum Vorschein. Die Region um Golfito war davon am stärksten betroffen. Für diese<br />
Region gab es 1989 ein Projekt, das ursprünglich auf 10 Jahre angelegt war, aber noch heute besteht.<br />
Es wurde eine Freihandelszone (Deposito libro) eingerichtet, in der man 20 – 30 % billiger einkaufen<br />
kann. Man muss ein Formular ausfüllen, sich registrieren lassen und kann erst am nächsten Tag<br />
einkaufen (z.B. Spirituosen, Elektrogeräte,...). Damit wurden 2.599 Arbeitsplätze geschaffen. Auch die<br />
Hotels profitieren von der Freihandelszone, da die Einkäufer einmal übernachten müssen bevor sie<br />
einkaufen können.<br />
Ein Nachfolgeunternehmen der U.F.C. (Chiquita), besitzt heute an Costa Ricas Karibikküste wieder<br />
Bananenplantagen. Diese Bananen kommen unter der Marke „Max Havelaar“, die für sozial<br />
verträgliche Produkte (fair trade) steht, auf den Markt. Vor allem in der Schweiz ist diese Marke<br />
verbreitet.<br />
Am Straßenrand sehen wir Trockenkammern für Teakholz (Tectona grandis, Verbenaceae). Das für<br />
den Export bestimmte Holz wird zu 4 m langen und 2,5 bzw. 5 cm dicken Brettern geschnitten. 2 ha<br />
bringen $ 500.000,- ein.<br />
Anton erzählt uns, dass Costa Rica heute den Jahrestag der, durch eine Volksabstimmung am 25. Juli<br />
1821 bewirkten, Annexion der Provinz Guanacaste feiert, der durch zahlreiche Festlichkeiten im<br />
ganzen <strong>La</strong>nd begangen wird.<br />
Wir passieren das Städtchen Dominical, das bei Surfern sehr beliebt ist, weil es an einem sehr langen<br />
geraden Strand liegt und die Wellen parallel zum Strand hereinkommen. Die Straße ab Dominical ist<br />
wieder gut ausgebaut und asphaltiert. Bevor wir allerdings das letzte Stück der Fahrt auf uns nehmen,<br />
machen wir einen kurzen Stopp an einem Früchtestand am Straßenrand, um uns – nach der<br />
unangenehm lange andauernden holprigen Strecke – mit Kokosmilch und Rambutan was Gutes zu tun.<br />
Anschließend fahren wir über die zweitlängste Brücke Costa Ricas. Bis zum Bau der Brücke über den<br />
Río Tempisque war sie die längste Brücke des <strong>La</strong>ndes.<br />
In Palmar Norte machen wir einen kurzen Halt bei einem kleinen Park, wo eine alte Eisenbahn der<br />
United Fruit Company aufgestellt ist und sich einige zusammengetragene kreisrunde Monolithen<br />
befinden. Es ist nichts darüber bekannt, wie die Steine entstanden sind bzw. hergestellt wurden. Im<br />
Park gibt es einige schöne Bäume, z.B. den Kanonenkugelbaum (Couroupita guianensis), den<br />
<strong>La</strong>urel de India (Terminalia tomentosa, Combretaceae) und den Cuipo (Cavanillesia platanifolia,<br />
Bombacaceae). Sehr interessant sind die Blüten des zu den Topffruchtbaumgewächsen<br />
(Lecythidaceae) gehörenden Kanonenkugelbaums: der untere Ring der Staubblätter ist steril, der<br />
darüber liegende fertil. Dadurch entsteht eine Klappe, in die das bestäubende Insekt hinein muss.<br />
Dabei wird es in eine bestimmte Position gezwungen und somit ist die Bestäubung gesichert.<br />
Anton erzählt uns auf der Weiterfahrt zum ersten Mal von Milben (span. coloradillos), die im Gras<br />
leben und ein <strong>La</strong>rvenstadium in der Haut von Reptilien oder Säugetieren durchmachen. Dabei ernährt<br />
sich die <strong>La</strong>rve von Lymphflüssigkeit. Man kann sich diese Tiere zuziehen, indem man mit kurzen<br />
Hosen und Sandalen oder barfuss durch das Gras geht. Wenn man befallen wird, entwickeln sich<br />
kleine, stark juckende „Krater“ auf der Haut.<br />
Im Regenwald der Österreicher sind die höchsten Berge ca. 479 m hoch (Cerro Anguciana).<br />
Dahinter sieht man das Küstengebirge „<strong>La</strong> Costa Nera“, dessen höchster Punkt bei ca. 1.700 m liegt.<br />
Aufgrund von Wolkenstauungen erreicht der Jahresniederschlag dort bis zu 6.000 mm. Der<br />
Regenwald der Österreicher erstreckt sich über ein Gebiet von 151 km². Mit dem angrenzenden<br />
22
Costa Rica 2006<br />
Protokolle<br />
Forstreservat Golfito, dem Reservat Golfo Dulce und dem Corcovado Nationalpark ergibt sich eine<br />
Fläche von ca. 1.000 km².<br />
In der Ortschaft <strong>La</strong> <strong>Gamba</strong> wohnen ca. 70 Familien. Es gibt eine Ampel, eine Pulperia, ein<br />
Restaurant, eine Bäckerei, den Salon Communal und zwei Kirchen.<br />
Gegen 18 Uhr kommen wir in der <strong>Tropenstation</strong> <strong>La</strong> <strong>Gamba</strong> an. Die Zimmer werden verteilt und um<br />
19 Uhr gibt es Abendessen, wo anschließend unser zweites Geburtstagskind der Reise, Elisabeth<br />
Wurglits, gefeiert wird.<br />
Wanderung im „Regenwald der Österreicher", Besichtigung der<br />
<strong>Tropenstation</strong><br />
MITTWOCH, 26. 07. 2006<br />
(Elisabeth Wurglits)<br />
6:30 Uhr: Frühstück in der <strong>Tropenstation</strong> <strong>La</strong> <strong>Gamba</strong>, es gibt Gallo pinto, Bananen und Äpfel,<br />
Toastbrot, warmes Baguette, Avocado usw.<br />
8:15 Uhr: Wir starten mit der Wanderung zur Esquinas Lodge und dann weiter in den Wald. Um 9:00<br />
Uhr befinden wir uns in einem Schluchtwald. Die klimatischen Unterschiede sind innerhalb kurzer<br />
Distanzen zu spüren. Wir sehen unterschiedliche Arten von Aronstabgewächsen (Araceae).<br />
• Carludovica drudei (Cyclanthaceae), aus ihren Blättern werden faltbare Panamahüte<br />
hergestellt, weshalb diese Pflanze auch den Namen „Panamahutpflanze“ trägt. Deren Preis<br />
richtet sich nach Qualität und Alter der Blätter: je jünger die verwendeten Blätter, desto teurer<br />
der Panamahut. Die Samenpakete der Panamapflanze werden von Vögeln verbreitet. Auf dem<br />
Jungtrieb befindet sich Schleim, das untere Ende ist essbar, es entspricht dem Palmherz. Die<br />
Panamapflanze gibt es im Schluchtwald, jedoch nicht im Hangwald.<br />
Im Hangwald befinden sich auf einem Hektar nur wenige Individuen einer Art, dafür aber eine große<br />
Anzahl an Arten (Artenvielfalt auf Kosten der Individuenzahl) – 527 Individuen und über 130<br />
Baumarten.<br />
Auf unserer weiteren Wanderung sehen wir verschiedenste Pflanzen- und Tierarten, hier eine kleine<br />
Auswahl:<br />
• Goldameisen, leben auf Bäumen und sind räuberisch.<br />
• Costus (Costaceae), ist eine wichtige Unterwuchspflanze die vor allem an Lichtungen<br />
(„gaps") sehr häufig anzutreffen ist. Sie ist verwandt mit Bananen, und kann gut durch<br />
Gestrüpp nach oben wachsen, z.B. an gaps. Sie hat die Struktur einer Wendeltreppe.<br />
• Piper (Piperaceae), wir kosten ein Stück Wurzel das scharf schmeckt. Es wurde früher als<br />
Lokalanästhetikum verwendet, z.B. beim Zähneziehen.<br />
• Stabheuschrecke, sie kann bis zu 30 cm groß werden und ist aufgrund ihrer äußeren<br />
Erscheinung immer gut getarnt.<br />
• Ausgang eines Baus von Blattschneideameisen. Der Bau kann um die 6 m tief und ca. 100 m²<br />
groß werden und hat viele Ausgänge.<br />
• Philodendron (Araceae), sekundärer Hemiepiphyt, mit langen Luftwurzeln; wir bekommen<br />
den Hinweis von Anton, man solle die langen Luftwurzeln auch daheim nicht abschneiden.<br />
Aus den reißfesten Luftwurzeln der Aaronstabgewächse werden Körbe geflochten.<br />
• Die Erde ist rot gefärbt – die Farbe ergibt sich aus Eisen- und Aluminiumoxiden.<br />
• Asterogyne martiana (Arecaceae), Familie der Palmengewächse, Palme die zum Decken von<br />
Dächern verwendet wird. Sie sammelt abfallende Blätter die dann vermodern. Hier werden,<br />
anders als bei Bromelien, bei denen die Nährstoffaufnahme durch Haare erfolgt, Wurzeln<br />
ausgebildet.<br />
23
Costa Rica 2006<br />
Protokolle<br />
• Kleine Anolis-Echsen (Norops polylepis) laufen herum.<br />
• Wilde Papaya (Carica pennata), mit weißen Blüten und jungen Früchten. Die Papaya ist<br />
cauliflor (stammblütig).<br />
• Pentagonia wendlandii (Rubiaceae), ein sogenannter „Humussammler“, der einen<br />
Blatttrichter bildet und herabfallendes <strong>La</strong>ub einsammelt, das in den Blattachseln zu Humus<br />
wird, aus dem die Nährstoffe ausgebeutet werden.<br />
• Einheimische Muskatnuss (Virola koschnyi), aus der Familie der Myristicaceae. Same ist<br />
von einem roten, fleischigen Samenmantel umgeben. Beim Zerschneiden sehen wir das<br />
zergliederte (ruminate) Endosperm. Es ist eine typische Frucht für den Tukan. In Südamerika<br />
gibt es Arten mit stark halluzinogenen Inhaltsstoffen, die von Schamanen aufbereitet und<br />
geschnupft werden.<br />
• Micania guaco (Asteraceae), eine Liane, Blätter werden verwendet um ein Getränk gegen<br />
Schlangenbisse herzustellen.<br />
• Episcia lilacina (Gesneriaceae), ist mit dem Usambara-Veilchen verwandt. Es ist im<br />
Schluchtenwald zu finden, wo aufgrund des Gefälles Wasser gut abrinnen kann und es zu<br />
keiner Staunässe kommt.<br />
• Welfia regia (Arecaceae), Palme, bis zu 20 m hoch, glatter Stamm.<br />
Wir sehen einen toten Falter der von einem Pilz befallen ist! Wahrscheinlich wurde er schon befallen<br />
als er noch lebte. Der Pilz wandert ins Gehirn und verändert dort das Verhalten des Tieres zu seinen<br />
Gunsten. Anton erzählt von einer Wespe die den Fruchtkörper eines Pilzes an ihrem Hinterleib hatte.<br />
Um ca. 10:00 Uhr startet Anton einen Versuch: Um Prachtbienenmännchen anzulocken trägt er auf<br />
einem Stofftuch Cineol auf. Dieses riecht nach Eukalyptus und lockt die Bienen an, die nur darauf aus<br />
sind Parfüm zu sammeln. Prachtbienenmännchen treffen sich dann an einem Ort um gemeinsam ihr<br />
ganzes Parfüm zu versprühen und Weibchen anzulocken. Wie es ihnen gelingt diese flüchtigen<br />
Terpene in Täschchen an ihren Hinterbeinen (besitzen vergrößerte Tibia) zu Sammeln ist noch nicht<br />
vollständig geklärt. Die Prachtbienen schimmern metallischrot und grünlich.<br />
• Dieffenbachia oerstedii (Araceae) mit orangen Blüten.<br />
10:30 Uhr: Wir sehen wir eine Boa constrictor (Boidae), die geschätzte 2 m lang ist. Prinzipiell ist sie<br />
eine Würgeschlange, ihr Biss kann aber insofern gefährlich werden, da sich in ihrem Maul viele, teils<br />
gefährliche Keime befinden.<br />
• Carpotroche platyptera (Flacourtiaceae), kleiner Unterwuchsbaum, cauliflore Blüten. Die<br />
Frucht springt auf. Der Samenmantel ist orange.<br />
• Socratea exorrhiza (Arecaceae), Wanderpalme, ist bedornt und kann mit ihren Stelzwurzeln<br />
„wandern" und sich auch wieder aufrichten wenn sie umgefallen ist (was bei einem Gefälle<br />
sehr nützlich ist).<br />
• Peltogyne purpurea (Fabaceae-Caesalpinioideae), Purpurholzbaum, wächst nur auf<br />
Hängen und Kämmen, weil dort der Boden trockener ist. Das Splintholz ist weißlich, das<br />
wertvolle Kernholz rot-violett gefärbt. Auf diesem Purpurholzbaum sieht man dicke Lianen,<br />
ein Indikator für einen Primärwald.<br />
Es beginnt zu regnen, jeder packt einen Schirm aus und weiter geht es bergab auf dem aufgeweichten<br />
lehmigen Boden.<br />
• Terpentinbaum, Protium sp. (Burseraceae), seine verletzten Wurzeln haben eine rote Farbe.<br />
Der Terpentinbaum enthält viele Terpene die leicht entzündlich sind.<br />
Auf dem Weg sehen wir einen zu den Pfeilgiftfröschen gehörenden Raketenfrosch (Colostethus<br />
flotator), ansonsten sind wir damit beschäftigt auf den Boden zu sehen damit wir nicht stürzen. Unser<br />
Weg führt uns teilweise durch einen kleinen Bach, in welchem wir auf rutschigen Steinen das<br />
Gleichgewicht zu halten versuchen. Manche wünschen sich wir hätten doch die "Autobahn"<br />
genommen.<br />
24
Costa Rica 2006<br />
Protokolle<br />
12:15 Uhr: Ankunft in der Station. Nach einer kurzen kalten Dusche bekommen wir das Mittagessen.<br />
Es gibt Reis, Huhn, Gemüse und Obst.<br />
15:00 Uhr: Treffpunkt beim Essenshaus um einen Gang durch den botanischen Garten der Station zu<br />
machen. Es regnet leicht. Wir schieben einen Souvenirkauf ein, es gibt Kappen, T-Shirts, Literatur<br />
und vieles mehr. Einige von uns füllen ein Mitgliedschaftsformular aus und sind jetzt „Freunde der<br />
<strong>Tropenstation</strong> <strong>La</strong> <strong>Gamba</strong>". Es hört nicht auf zu regnen, wir starten unsere Gartentour trotzdem um<br />
15:45 Uhr.<br />
• Anattostrauch, Bixa orellana (Bixaceae), die Frucht enthält einen roten Farbstoff der<br />
traditionell zum Einfärben von Kleidung, Nahrung und auch Haut verwendet wird. Sie dient<br />
auch als Repellens. Der Name rührt von einem spanischen Conquistador her: Francisco de<br />
Orellana.<br />
• Helikonien, (Heliconiaceae), es gibt 14 Arten, die alle von Kolibris (Trochilidae) bestäubt<br />
werden. Sie können monatelang blühen, das ist typisch für vogelbestäubte Blüten. Die Blüten<br />
sitzen in rot bis orange-gelb gefärbten Hochblättern, die auch ein Flüssigkeitsgemisch<br />
enthalten. In dieser Flüssigkeit befindet sich eine schimmelhemmende Substanz, die von der<br />
Pflanze sezerniert wird.<br />
• Musa x paradisiaca (Musaceae), die Banane stammt ursprünglich aus S/O-Asien.<br />
• Nephelium lappaceum (Sapindaceae), Rambutan ist nahe mit der Litchipflaume verwandt.<br />
Das Pericarp ist mit roten Haaren besetzt.<br />
• Coix lacryma-jobi (Poaceae), „<strong>La</strong>crima Christi – Christustränen“, die Samen sind so hart dass<br />
man sie als Schmuckperlen verwendet. Sie sind erst nach Aufquellen in Wasser keimfähig.<br />
• Capsicum frutescens (Solanaceae), Chili, hat einen sehr hohen Anteil an Capsaicin.<br />
• Passerini-Tangar (Ramphocelus passerinii, Scarlet Rumped Tanager)<br />
Adaptive Radiation: Es gibt bestimmte Gruppen von Pflanzen oder Tieren die besonders viele Arten<br />
haben, z.B. gibt es 48 Kolibriarten oder 20.000 Orchideenarten und 60 Fliegenschnäpperarten. Ihnen<br />
gemeinsam ist ein besonderes Erfolgsrezept das sich bewährt. So ist z.B. die Jagdmethode des<br />
Fliegenschnäppers besonders energiesparend, der Kälteschlaf der Kolibris ebenso, und die Orchideen<br />
zeichnen sich durch eine besonders hohe Zahl an Samen aus. Durch den Evolutionszwang und die<br />
Spezialisierung entsteht dann diese besondere Form der Aufspaltung in sehr viele Arten.<br />
Der Regen wird uns zu viel und wir stellen uns unter. Um die Zeit besser zu nützten erzählt uns Anton<br />
über die Entstehung der <strong>Tropenstation</strong>.<br />
18:30 Uhr: Abendessen, es gibt Brotfrucht, Maniok, Nudeln mit Tomaten-Gemüsesauce.<br />
Durchwanderung des Esquinas-Waldes zum Playa San Josésito<br />
DONNERSTAG, 27. 07. 2006<br />
Frühstück ab 6:30 Uhr.<br />
Start der Wanderung 7:20 Uhr.<br />
(Gina Philipp, Christian Kolowratnik)<br />
Vorbei an einer Psychotria poeppigiana (Rubiaceae), die aufgrund ihres Aussehens auch als „Hot<br />
lips“ bezeichnet wird, und Affenleitern (Bauhinia sp., Fabaceae) startet unsere Durchwanderung des<br />
Regenwaldes, gleich hinter der <strong>Tropenstation</strong> <strong>La</strong> <strong>Gamba</strong>.<br />
Zahlreiche Tiere und Pflanzen säumen unseren Weg:<br />
• Brilliant forest frog (Rana warszewitschii), besitzt vier gelbe Punkte auf den Hinterbeinen.<br />
• Affenkamm, Apeiba tibourbou (Tiliaceae), Vorkommen entlang von Flüssen, Verbreitung<br />
durch Brüllaffen.<br />
25
Costa Rica 2006<br />
Protokolle<br />
• „Mayo“, Vochysia ferruginea (Vochysiaceae), verwandt mit Kreuzblümchengewächsen und<br />
hat gelbe Blüten Es wirft seine älteren Äste ab, was als „bota rama“ bezeichnet wird.<br />
• Biophytum dendroides (Oxalidaceae), mit allen Kennzeichen eines Baumes ausgestattet:<br />
Wurzeln, verholzter Stamm und Krone, gehört zu den kleinsten Bäumen der Welt, blüht weiß.<br />
• „Costaricanischer Muskatnussbaum“, Virola koschnyi (Myristaceae).<br />
• Stachelechse, Corytophanes cristatus, sitzt aufrecht auf Bäumen, besitzt einen harten<br />
Stachelkamm am Kopf, lange, spitze Zehen, die es ihr ermöglichen gut zu klettern, kann Farbe<br />
aufgrund einer Hautreaktion von grün auf braun verändern, gut getarnt.<br />
Wir kommen in das Río Bonito Tal (= „Schönes Tal“): Es gibt eine kleine Ansiedlung von<br />
Bauernhöfen, wo man begonnen hat die Afrikanische Ölpalme zu setzen. Das war für das<br />
Naturschutzgebiet nicht sinnvoll, eine Aufforstung wäre besser gewesen. Das Tal ist im Bereich der<br />
Ölpalmenplantagen zu einer biologischen Wüste geworden, da die für viele Pflanzen und Tiere<br />
notwendige ökologische <strong>La</strong>ndbrücke fehlt. Hinter dem Tal befindet sich das Küstengebiet.<br />
Es gibt eine Schule, die von Neuseeland finanziert und von ca. zehn Kindern besucht wird.<br />
• Guaba, Inga sp. (Mimosaceae), trägt machetenartige Früchte, hat Fiederblätter mit kleinen<br />
Drüsen, an denen Nektar sezerniert wird, wodurch Ameisen angelockt werden welche die<br />
Pflanze schützen.<br />
• Pfirsichpalme, Bactris gasipaes (Palmae), besitzt Stacheln, das Holz ist hart und schwarz mit<br />
hellen Leitbündeln, die Früchte sind stärkehaltig und werden gekocht gegessen.<br />
• Afrikanische Ölpalme, Elaeis guinensis (Arecaceae), der Fruchtstand ist im unreifen<br />
Zustand schwarz, wenn er reif ist orange.<br />
• Rühr mich nicht an, Mimosa pudica (Mimosaceae)<br />
• Eisvogel<br />
• Tucane<br />
• Mahagonibaum, Carapa guianensis (Meliaceae), eignet sich gut für Wiederaufforstungen,<br />
wächst am Rand von Flüssen sehr gut, ist als Möbel- und Bauholz verwendbar.<br />
• Cedrela odorata, (Meliaceae), schnellwüchsiger Baum mit gutem Holz.<br />
• Gras, Gynerium sagittatum (Poaceae), ist hier eine wichtige flussbegleitende Pflanze,<br />
verhindert Erosion.<br />
• Wandelröschen- <strong>La</strong>ntana camara (Verbenaceae)<br />
• Mangrovenschwalbe<br />
• Grundelfische<br />
• Barsche, maulbrütend<br />
• Kerosinbaum, Protium sp. (Burseraceae), der weiße Arillus ist essbar, vogelverbreitet<br />
• Bidens, „Zweizahn“<br />
• Blattschneideameisen<br />
• Ozelotspuren<br />
• Vismiabaccifera (Clusiaceae), wirkt gegen Warzen<br />
• Nackter Indianer, Indio desnudo, Bursea simaruba (Burseraceae), wird aufgrund seiner<br />
rötlichen Rinde auch „Baum der Touristen“ genannt (Sonnenbrand). Er ist während der<br />
Trockenzeit laublos, besitzt unter der roten Rinde Chlorophyll und kann so auch ohne Blätter<br />
assimilieren. Er findet sich entlang von Flüssen. Der Baum ist wirksam gegen Gastritis und<br />
blutreinigend. Sein Harz wurde früher als Weihrauchersatz verwendet, heute wird aus der<br />
Rinde ein Tee hergestellt.<br />
• Lindengewächs, Dicraspidia donell-smithii (Tiliaceae), besitzt in der Rinde lange Fasern, die<br />
Früchte sind essbar. Die Blätter sind asymmetrisch (ein reduzierter seitlicher Austrieb),es<br />
blüht gelb und besitzt extrem kleine Samen.<br />
• Peitschenschwanzechse, Ameiva festiva<br />
Wir gehen nun den Río Bonito entlang. Der Tieflandfluss Río Bonito hat Trinkwasserqualität. Er<br />
ändert sein Flussbett ständig und mündet in den Esquinas-Fluss.<br />
Was diese Strecke besonders reizvoll macht ist, dass wir bei unserer Wanderung den Ceprada<br />
Sardinell 18 Mal durchqueren müssen.<br />
26
Costa Rica 2006<br />
Protokolle<br />
• Warszewicia coccinea (Rubiaceae), Liane, besitzt rote Hochblätter<br />
• Glasflügler, durchsichtige Flügel<br />
• Road Side Hawk<br />
• Ameisennest im Baum<br />
• Kalebassenbaum (Crescentia alata), die Früchte werden für Gefäße verwendet. Die Blüten<br />
werden von Fledermäusen bestäubt.<br />
• Basalholzbaum, Ochroma pyramidale (Bombacaceae)<br />
Von 10.30 – 11.00 Uhr rasten wir in der Rangerstation und können unsere Wasservorräte auffüllen.<br />
• Anolisechse<br />
• Mantis (Gottesanbeterin)<br />
• Akacia allenii (Mimosaceae), kommt hier endemisch vor. Ameisen behausen diese Pflanze<br />
und werden von ihr mit Fett und Eiweiß verköstigt. Zucker wird durch Nektarien auf den<br />
Blättern produziert. Dafür reinigen die Ameisen die Akazie, sie könnte ohne die Symbiose mit<br />
ihnen nicht überleben.<br />
• Nasenbären<br />
• Morphusfalter, Morpho peleides (Schmetterling)<br />
• Kapokbaum, Ceiba pentandra (Bombacaceae), dieser Baum hat einen Durchmesser von ca.<br />
vier Metern, an seiner Basis durch die Brettwurzeln sogar acht Meter. Er bietet unter anderem<br />
eine Behausung für Fledermäuse. Das Alter ist nur schwer zu eruieren, jedoch schätzt Anton<br />
dieses auf 400 – 500 Jahre.<br />
• Limone<br />
• Renealmia sp. (Ingwergewächs)<br />
Vorm Abstieg legen wir von 12.30 – 13.00 Uhr eine kurze Rast ein.<br />
• Kuhmilchbaum, Brosimum utile (Moraceae), sein Milchsaft wird für die Käseherstellung<br />
und die Rinde für Dächer verwendet.<br />
• Nest von Stachellosen Bienen<br />
• Vanille, Vanilla sp. (Kletterorchidee)<br />
• Sandbüchsenbaum, Hura crepitanus (Euphorbiaceae), wenn die Frucht trocknet, platzt sie<br />
auf. Früher füllte man in die unreifen Früchte Sand ein und benutzte sie um Tinte zu trocknen.<br />
Heute wird Schmuck daraus gemacht.<br />
Beim Abstieg können wir den Übergang in einen Küstenwald beobachten. Durch den Salzeinfluss<br />
kommen hier andere Pflanzen als im Hinterland vor.<br />
Um 14:50 Uhr Ankunft am Playa San Josésito (Golfo Dulce). Einige nutzen die Zeit um noch ein<br />
bisschen im Wasser herumzutoben, die meisten allerdings lassen das Erlebte und die befriedigende<br />
Erschöpfung auf sich wirken.<br />
Zwei kleine Boote bringen uns um 15:20 Uhr, vorbei am Regenwald der Österreicher, zum Hafen in<br />
Golfito. Bei der Fahrt sehen wir noch graue Pelikane und schwarze Riesenkrabben. Auch das Haus<br />
von Prof. Michael Schnitzler können wir noch bewundern.<br />
Ankunft am kleinen Hafen in Golfito, der ca. 45 km von <strong>La</strong> <strong>Gamba</strong> entfernt ist, um 15:55 Uhr. Dort<br />
entledigen wir uns unserer teilweise triefend nassen und total verschmutzten Kleidung um Rafa den<br />
Bus nicht zu verschmutzen. Nach diesem anstrengenden Tag tat uns die frische trockene Kleidung<br />
besonders gut!<br />
Abendessen um 18 Uhr.<br />
27
Costa Rica 2006<br />
Golfito, Mangroventour, Strand von Zancudo, Golfo Dulce,<br />
Nachtwanderung<br />
FREITAG, 28. 07. 2006<br />
Frühstück in der <strong>Tropenstation</strong> <strong>La</strong> <strong>Gamba</strong> um 7:00 Uhr.<br />
Abfahrt nach Golfito um 8:00 Uhr.<br />
Protokolle<br />
(Monika Praschberger, Franziska Schrempf, Barbara Vobrovsky - Simon)<br />
Golfito war früher, zur Zeit der United Fruit Company (= U.F.C.), einer der wichtigsten Hafenstädte<br />
in Costa Rica. Daher entstanden viele Bars und auch Freudenhäuser, die von den Schiffsbesatzungen<br />
bis zur Abfahrt genutzt wurden.<br />
Rundfahrt mit dem Bus durch Golfito:<br />
Die Stadt besteht aus verschiedenen Zonen, welche auf die Zeit der U.F.C. zurückgehen.<br />
Zunächst fahren wir durch die Zone der Nachtbars und Freudenhäuser, danach durch die „Zona<br />
Americana“.<br />
In der dieser Zone wohnten die hohen Funktionäre der U.F.C., die Häuser wurden mit gutem Holz<br />
gebaut, haben hohe Räume und sind mit einem natürlichen Kühlungssystem ausgestattet, einem<br />
„offenen Dach“. Auch heute sind sie noch begehrt.<br />
Danach fahren wir an der freien Handelszone vorbei.<br />
Um hier einkaufen zu können, muss man ein Formular ausfüllen, auf welchem der Name und der<br />
Gegenstand, den man kaufen will, angegeben werden. Außerdem muss man in der Stadt übernachten<br />
und darf das Gewünschte erst am nächsten Tag erstehen. Trotz dieses Systems, nutzen viele die<br />
Handelszone um billiger einzukaufen. Vor allem Elektrogeräte werden gekauft, welche hier im<br />
feuchten Tropengebiet oft nicht länger als 2 Jahre funktionieren.<br />
Um 10:00 Uhr Abfahrt mit dem Boot in Richtung der Mangrovenwälder.<br />
Zuerst durch den Golf von Golfito, das Wasser ist hier sehr ruhig und die Bootsfahrt ist sehr<br />
angenehm. Danach im Golfo Dulce, südlich von Golfito. An jenem Strandabschnitt haben sich<br />
Obdachlose angesiedelt, welche hier mit dem Allernötigsten leben. Man könnte vom „Slum Golfitos“<br />
sprechen. Der Stadt ist dieser ein großer Dorn im Auge und sie plant dort ein Hotel mit Casino.<br />
Dadurch sollen die Obdachlosen verschwinden außerdem hofft man auf „reichen“ Tourismus.<br />
Blick auf den Regenwald der Österreicher, den Nationalpark Corcovado und sogar auf Panama.<br />
Vom Boot aus beobachten wir Fregattvögel, welche besonders gute Flieger sind. Sie jagen Möwen<br />
wenn diese von ihrer Futtersuche zurückkommen. Möwen werden so lange gejagt, bis sie ihr Futter<br />
den Fregattvögeln überlassen. So ersparen sich diese die Futtersuche. Momentan jagen sie aber eher<br />
Fische. Fregattvogel (Fregata), Fregatidae, sind nahe verwandt mit Pelikanen und Kormoranen.<br />
Als wir die Einfahrt in den Río Coto erreichen, um uns die Mangrovenwälder anzusehen, hat die Ebbe<br />
schon eingesetzt und dem Kapitän ist es zu riskant einzufahren. Nach langer und heftiger Diskussion<br />
entschließen wir uns am Strand zu warten und später in die Mangroven zu fahren.<br />
Aber auch die Anfahrt zum Strand ist dem Kapitän zu gefährlich und so gehen wir ca. 100 m vom<br />
Strand entfernt, mit Badesachen, mehr oder weniger freiwillig, von Bord.<br />
Bis 13:00 Uhr haben wir nun Zeit um das warme Wasser und den wunderschönen, menschenleeren<br />
Strand zu nutzen und zu genießen.<br />
Um 13:30 Uhr gibt es ein selbst mitgebrachtes Picknick unter Palmen in Nähe des Strandes bei einer<br />
gemütlichen Bar mit Musik und echtem Karibikcharme.<br />
28
Costa Rica 2006<br />
Protokolle<br />
Nach der Pause und etwas Beachvolleyball steigen wir um 14:45 Uhr wieder auf das Boot und machen<br />
uns nun tatsächlich auf den Weg zu den Mangroven.<br />
Die Mangrovenwälder des Río Coto sind ständiger mechanischer Belastung ausgeliefert: durch Ebbe<br />
und Flut, die hier alle 6 Stunden einsetzen und durch Erosion, da der Fluss immer Material mit sich<br />
führt.<br />
Die Mäander (die geschlängelte Fließform) des Flusses sind gekennzeichnet durch Prallhang und<br />
Gleithang. Am Prallhang ist die Belastung am größten und für die Rote Mangrove ist es hier fast<br />
unmöglich neue Bäume aufkommen zu lassen. Hier wird Material abgetragen, daher sind die Ufer<br />
steil. Am Gleithang entstehen Sandbänke durch die Ablagerung von Material und die Mangroven<br />
können <strong>La</strong>nd zurück gewinnen. Daher sieht man im vorderen Teil des Waldes kleinere Mangroven,<br />
welche nach hinten hin immer größer werden.<br />
Rhizophora mangle, Rhizophora racemosa (Rhizophoraceae)<br />
Rhizophora-Arten sind Bäume oder Sträucher der Gezeitenzone tropischer Küsten. Sie besitzen<br />
auffällige Stelzwurzeln. Die glatten, lederartigen Blätter sind ungeteilt, gegenständig und ganzrandig.<br />
Ihren wissenschaftlichen Namen verdanken sie den ausladenden, bogenförmigen Stelzwurzeln. Die<br />
eiförmige oder konische Frucht ist bräunlich oder grau-grün und lederartig hart. In der Regel<br />
entwickelt sich nur ein Same, der in der Frucht am Mutterbaum keimt (Viviparie). Die Primärwurzel<br />
stirbt schnell ab. Das Hypokotyl des Keimlings durchbricht das Perikarp, bleibt aber zunächst über die<br />
zu einer kragenförmigen Struktur umgebildeten Kotyledonen mit der Frucht verbunden. Der Keimling<br />
kann bei manchen Arten mehr als 50 cm Länge erreichen, bevor er abgeworfen wird. Die Keimlinge<br />
sind schwimmfähig und können über Monate im Meer driften, ohne die Fähigkeit zum Wurzeln zu<br />
verlieren.<br />
Zu der besonderen Anpassungsfähigkeit der Mangrovenbäume an ihren Lebensraum gehören<br />
einerseits ihre ausgeprägte Salztoleranz und andererseits die Fähigkeit zum Wurzeln in<br />
sauerstoffarmen und instabilen Sediment. Um mit dem hohen Salzgehalt fertig zu werden speichert die<br />
Pflanze es in ihren Blättern, diese verfärben sich im <strong>La</strong>uf der Zeit gelblich und fallen dann ab.<br />
Die Arten der Gattung Rhizophora gehören, zusammen mit den nicht näher verwandten Arten der<br />
Gattung Avicennia, zu den wichtigsten Mangrovenbäumen.<br />
Vor allem für die weit verbreitete Art R. mangle wird der Name „Rote Mangrove“ verwendet; er<br />
bezieht sich wahrscheinlich auf den rötlichen Bast und das bisweilen rotbraune Holz dieser Art.<br />
Am Río Coto kann man auch gut jene Linie erkennen, wo sich Salzwasser vom Meer und Süßwasser<br />
vom Fluss vermischen.<br />
Außerdem sehen wir noch:<br />
• Speziell angepasste Orchidee (Brassavola nodosa) mit weißen Blüten.<br />
• (Acrostichum aureum), ein salztoleranter Farn.<br />
• Größter Samen der 2-Keimblättrigen Pflanzen mit einer Größe von ca. 20 cm (Mora<br />
oleifera, Mimosaceae)<br />
• Rosa Löffler (A. ajaja), eine Vogelart aus der Familie der Ibise. Da er beim geringsten<br />
Geräusch sofort davonfliegt, können wir ihn nur aus der Ferne beobachten und die Wenigsten<br />
schaffen es ein Foto von ihm zu machen.<br />
• Blaureiherfamilie (little blue heron, Egretta caerulea).<br />
• Kahnschnabelreiher (Cochlearius cochlearius), gehört innerhalb der Unterfamilie der<br />
Nachtreiher (Nycticoracinae) zur Gattung der Kahnschnäbel (Cochlearius).<br />
• Mangrovenschwalben<br />
• Brachvögel<br />
• Weiße Ibise (Threskiornithidae), sind eine Vogelfamilie aus der Ordnung der Schreitvögel<br />
(Ciconiiformes). Die Familie umfasst 14 Gattungen und 34 Arten.<br />
• Olivgrüner Kormoran (Phalacrocorax auritus), als Kormorane (Phalacrocoracidae)<br />
bezeichnet man eine Vogelfamilie aus der Ordnung der Ruderfüßer (Pelecaniformes). Die<br />
Familie besteht nur aus der einzigen Gattung Phalacrocorax. Als „Kormoran" und „Scharbe"<br />
wurden ursprünglich nur die in Europa vorkommenden Arten Kormoran (Ph. carbo) und<br />
29
Costa Rica 2006<br />
Protokolle<br />
Krähenscharbe (Ph. aristotelis) bezeichnet. Als weitere Arten dieser Familie entdeckt wurden,<br />
wurden sie entweder ebenfalls als Kormoran bezeichnet – sofern schopflos – oder als Scharbe,<br />
wenn sie am Kopf einen Federschopf trugen.<br />
• Weisskopfkapuzieneraffen (Cebus capucinus), gemeinsam mit den Totenkopfaffen bilden<br />
sie die Familie der Kapuzinerartigen (Cebidae). Die Gattung wird in acht Arten unterteilt.<br />
Kapuzineraffen leben auf dem amerikanischen Kontinent, von Mittelamerika (Honduras) bis<br />
ins mittlere Südamerika (mittleres Brasilien, Paraguay). Auch dieses Tier ist allgemein sehr<br />
scheu, und verschwindet, als es uns erblickt, sofort wieder in den Schatten der schützenden<br />
Mangroven.<br />
• Totenkopfäffchen (Saimiri oerstedii), wir nähern uns mit dem Boot den Tieren, aber anstatt<br />
sich zu verstecken, kommen immer mehr von ihnen zu den äußeren Zweigen der Mangroven<br />
und betrachten uns, als wären wir die Affen und sie die Touristen.<br />
• Amerikanisches Spitzmaulkrokodil (Crocodylus acutus), schwimmt direkt an unserem Boot<br />
vorbei.<br />
Rückfahrt durch einen engen, künstlichen Kanal, der nur bei Flut befahrbar ist.<br />
Es beginnt zu regnen. Trotz der Überdachung des Bootes, müssen wir Regenschirme aufspannen und<br />
uns enger zueinander setzen um nicht vollständig nass zu werden. Die Wolken am Himmel bieten ein<br />
einzigartiges Schauspiel von hell und dunkel, Sonne und Schatten.<br />
Wir passieren die Vogelinsel „Isla Pajaro“, welche eine wichtige Brut- und Schlafstätte vieler<br />
Wasservogelarten ist.<br />
Um 17.10 Uhr sind wir dann auch schon am Hafen von Golfito angekommen und sitzen wieder im<br />
Bus, wo wir bei strömenden Regen die Heimfahrt antreten.<br />
Um 18:30 Uhr Ankunft in der <strong>Tropenstation</strong> <strong>La</strong> <strong>Gamba</strong>.<br />
19:00 Uhr Abendessen.<br />
20:15 Uhr Nachtexkursion durch den Regenwald der Österreicher.<br />
Ausgestattet mit Gummistiefeln, Taschenlampen und Fotoapparaten geht es los. Bei Nacht sieht man<br />
hier keine Sterne, denn leuchtet man gegen den Himmel ist nur das Blätterdach des Regenwaldes zu<br />
sehen. Eine ganz außergewöhnliche Erfahrung!<br />
Schon im „Garten“ der Station sehen wir<br />
• Glasfroschpärchen<br />
• Pfeilgiftfrosch<br />
• falsche <strong>La</strong>nzenotter<br />
Im Teich neben dem Weg zur Esquinas Lodge entdecken wir<br />
• Schnappschildkröte<br />
• Kaiman<br />
• Rotaugenfrosch<br />
Wir treffen ein paar Mitarbeiter der Lodge und der <strong>Tropenstation</strong>, die nach getaner Arbeit noch<br />
gemütlich beisammensitzen. Kurzentschlossen begleiten uns Luis und ein anderer Mitarbeiter bei<br />
unserer Entdeckungsreise und helfen uns beim „Aufstöbern“ versteckter nachtaktiver Lebewesen.<br />
Während wir neben und im Bachbett auf und ab gehen und einige feststellen müssen, dass ihre<br />
Gummistiefel nicht ganz so dicht sind, wie man im Allgemeinen davon ausgeht, sehen wir<br />
• Tarantel (Anton macht uns darauf aufmerksam dass diese Spinne springen kann)<br />
• echte <strong>La</strong>nzenotter, nach diesem Erlebnis kehren ca. 2/3 unserer Gruppe um, das war<br />
Abenteuer genug!<br />
• etliche Spinnen<br />
• Glasfroschmännchen auf der Blattunterseite eines Strauches, die das Gelege bewachen<br />
• Hundertfüßler<br />
30
Costa Rica 2006<br />
Protokolle<br />
• Tausendfüßler<br />
• Stabheuschrecken<br />
• eine nur selten in den Tropen vorkommende Schnecke mit Behausung<br />
• Eidechsen und Geckos<br />
• Prachtbiene, die sich in ein Blatt verbissen hat (Pilz im Gehirn) und wegen unserem<br />
Taschenlampenlicht vorübergehend zum Leben erwacht. Auf gut gemeinten Rat von Anton<br />
hin, verzichten wir für einige Minuten auf das Licht und warten, mit etwas mulmigen Gefühl,<br />
dass die Prachtbiene wieder zur Ruhe kommt und verschwindet.<br />
Gegen 22:30 Uhr kommen wir wieder in der <strong>Tropenstation</strong> an. Wir waren ganze zweieinhalb Stunden<br />
unterwegs, bei Tag ist dieselbe Strecke in einer halben Stunde zu schaffen.<br />
Reisfabrik und Tropical Paradise Garden<br />
SAMSTAG, 29. 07. 2006<br />
(Ines Faber)<br />
7:00 Uhr: Frühstück wie immer.<br />
8:00 Uhr: Abfahrt mit dem Bus.<br />
8:40 Uhr: Ankunft Reisfabrik „Arroceria el Ceibo“.<br />
Wir können bei der Reisabfüllung und Verpackung zusehen. Leider funktionieren einige der<br />
Maschinen nicht, aber der Besitzer und Anton bringen uns die Funktionsweise trotzdem nahe.<br />
Zuerst wird der Reis von gröberen Verunreinigungen (Gräser, grober Staub) getrennt. Dann wird er<br />
samt Schale in die Trocknungsanlage geschleust. Dort wird er ca. 12 h lang bei 60 °C immer wieder<br />
umgewälzt und auf 12 % Wassergehalt herabgetrocknet. Diese Trocknungsanlage wird ökonomisch<br />
mit den getrockneten Spelzen beheizt (früher verwendete man Diesel). Anschließend wird der Reis<br />
von den Spelzen getrennt, gereinigt und poliert. Das Silberhäutchen wird auch abgetrennt. Die dabei<br />
entstehenden Abfälle können als Tierfuttermittel und als Düngemittel verwendet werden (die Spelzen<br />
lockern den Erdboden auf).<br />
Jetzt werden noch die Reissorten nach der Qualität eingeteilt (50 – 95 % vollen Anteil an Korn).<br />
Die Produktionsmonate sind hauptsächlich Jänner und Juni, aber allgemein wird nur einmal pro Jahr<br />
geerntet, da bei häufigerer Ernte die Reispflanze anfälliger wird für Krankheiten und Schädlinge.<br />
9:40 Uhr: Ankunft im Tropical Paradise Garden<br />
Inhaber dieses Gartens ist Robert Beatham, welcher selbst auch für die United Fruit Company<br />
gearbeitet hat. Er heißt uns herzlich Willkommen.<br />
Robert erzählt uns (mit sehr schneller Geschwindigkeit auf Englisch!) die Geschichte der United Fruit<br />
Company mit ihren Anfängen um 1880 und welche Hindernisse auf dem Erfolgsweg überwunden<br />
werden mussten. Zum Beispiel wurden im Jahre 1985 die Exporttaxen für Bananenkisten eingeführt,<br />
jedoch manche Länder hielten an ihren eigenen Bedingungen fest. Costa Rica war dadurch im<br />
Vergleich benachteiligt.<br />
Es wurden viele verschiedene Früchte, Blätter und Heilpflanzen zur Ansicht und zum Angreifen<br />
vorbereitet, zu denen er uns kurze Geschichten, oft in Verbindung zur U.F.C. erzählt.<br />
Robert erwähnt besonders das gute Red Palm Oil, welches aus den Früchten der Ölpalme gewonnen<br />
wird, reich an Antioxidantien ist und sich somit lange hält. Zusätzlich weist es einen hohen Gehalt an<br />
Carotinoiden auf. Aus diesem Öl wird auch die von ihm gepriesene Palmölsuppe gemacht, welche wir<br />
später verkosten dürfen.<br />
Danach machen wir, gemeinsam mit Robert, einen Spaziergang durch den wunderschönen Garten und<br />
es wird uns, unter anderem, die umständliche und lebensgefährliche Ernte der Palmölfrüchte gezeigt.<br />
31
Costa Rica 2006<br />
Protokolle<br />
Nach einem weiteren Vortrag (und auch währenddessen!) verkosten wir etliche Speisen aus diversen<br />
Früchten und Blättern, die Roberts Schwiegertochter teilweise vor unseren Augen frisch zubereitet:<br />
• Azar-Saft: sehr bekömmlich; Cas-Saft: ähnlich wie Azar, nur etwas saurer<br />
• Empanadas: verschieden gefüllte Maisteigtaschen, in Palmöl herausgebacken<br />
• Yucca oder Maniok: frittiert, schmeckt ähnlich wie Kartoffel, nur etwas fasriger<br />
• Kakaosamen: die Pulpa rund um die Kakaobohnen ist weiß und süßlich<br />
• diverse Zitrusfrüchte (Kumquats, Limone, Orange, etc)<br />
• Palmölsuppe mit Reis und Brot<br />
Dann erzählt Robert uns noch einiges über die Heilpflanzen. Seine (bereits verstorbene) Frau habe<br />
sich auch sehr intensiv mit dem Gebiet beschäftigt und scheint ihm einiges von ihrem Wissen<br />
vermittelt zu haben. Er wurde zum Beispiel von seinem hohen Blutzucker befreit und erzählt auch<br />
etliches über krebshemmende Substanzen.<br />
12:30 Uhr: Ankunft in der <strong>Tropenstation</strong>, wo ein Mittagessen auf uns wartet, doch haben wir alle<br />
kaum Hunger aufgrund der ausgiebigen Verkostung im Tropical Paradise Garden.<br />
Bis 18:45 Uhr: Freier Nachmittag! Ein Teil der Gruppe reitet zu einem Aussichtspunkt, von dem aus<br />
man auf den Golfo Dulce blicken kann. Am Ziel angekommen, lassen der Regen und der Dunst leider<br />
keinen nennenswerten Blick auf den Golf zu.<br />
Die anderen KollegInnen recherchieren in Büchern für ihren <strong>Exkursionsbericht</strong> oder ruhen sich in den<br />
zahlreichen Hängematten einfach nur aus.<br />
18:45 Uhr: Abfahrt zur Fiesta nach <strong>La</strong> <strong>Gamba</strong> (Salon Communal), nichts ahnend welch gute<br />
Stimmung uns dort erwartet und wie lustig die Veranstaltung werden wird! – Open End<br />
Besuch der Ortschaft „<strong>La</strong> <strong>Gamba</strong>“<br />
SONNTAG, 30. 07. 2006<br />
(Mario Auer, Andrea Pichlmair)<br />
7:00 Uhr Frühstück in der <strong>Tropenstation</strong>.<br />
Um 8:00 Uhr Abfahrt mit dem Bus in die Ortschaft „<strong>La</strong> <strong>Gamba</strong>”.<br />
Wir besichtigen die kleine Ortschaft, die in den 50er Jahren entstanden ist, als die Interamerikana<br />
gebaut wurde. Heute leben hier etwa 70 Familien, das entspricht etwa 450 – 500 Personen.<br />
Für den Namen „<strong>La</strong> <strong>Gamba</strong>” gibt es zwei Übersetzungsmöglichkeiten:<br />
• Nach dem riesigen Kabokbaum mit seinen Brettwurzeln (Brettwurzel = la gamba). Angeblich sind<br />
hier früher viele dieser Bäume gestanden, die abgeholzt wurden. (am wahrscheinlichsten)<br />
• Nach den Shrimps (= las gambas).<br />
In der Ortschaft besuchen wir:<br />
• Ein Shampoo-Projekt „Aujeres visionarias”. Hier arbeiten 7 Frauen seit 8 Jahren. In einem<br />
Kräutergarten bauen sie Azul de Mata, Sabila und Tuna an. Sie machen alle Verarbeitungsschritte<br />
selbst, bis hin zum fertig abgefüllten Shampoo. Prinzipielle Zubereitung: Liquadora (zerkleinern)<br />
– mit Wasser aufgießen – kochen – Antioxidantien und Duftstoffe hinzufügen. Die Foundation<br />
Neotropica leistet Entwicklungshilfe und hat viele Projekte unterstützt, unter anderem dieses. So<br />
war es möglich eine Gesellschaft aufzubauen.<br />
• Den Salon Communal, wo einige Frauen selbst gemachten Schmuck verkaufen.<br />
• Die Aguti-Aufzucht beim Haus von Jose Angel. Agutis (Dasyprocta) sind nachtaktive Nagetiere.<br />
Sie bekommen nur etwa zwei Junge pro Jahr. Die Tragzeit beträgt 6 Monate. Sie sind Allesfresser,<br />
wichtige Fruchtverbreiter und werden etwa 10 – 20 Jahre alt. Jose Angel züchtet diese Tiere und<br />
verkauft sie. Er kann sie nicht frei lassen, sie würden gejagt werden. Es gibt noch kein geeignetes<br />
Gesetz dagegen, die Jäger werden aber immer weniger.<br />
• Die Bäckerei, wo wir Kekse und Cas kosten und uns ein bisschen umschauen.<br />
32
Costa Rica 2006<br />
Protokolle<br />
Mit dem Bus fahren wir ein kurzes Stück aus der Ortschaft hinaus und gehen dann zu einem Haus, das<br />
von der U.F.C. gebaut wurde und dort bis 1986 Bananen anbaute. 1994 sollten die Bananen von einer<br />
anderen Firma wieder gesetzt werden, doch die Firma brauchte Geld und daher nahmen die Bauern<br />
Hypotheken auf. Die Firma verschwand jedoch spurlos mit dem Geld. Den Bauern blieb nichts mehr,<br />
nicht einmal ihre eigenen Felder, Bananen wurden natürlich auch nicht angebaut. Anschließend kamen<br />
die <strong>La</strong>ndbesetzer (Präkaristas). Es gibt ein Gesetz, dass sie auf ein <strong>La</strong>nd Besitzansprüche haben, wenn<br />
sie darauf 3 Jahre leben ohne dass jemand Einspruch erhebt. Die Polizei sollte die <strong>La</strong>ndbesetzer<br />
vertreiben, doch irgendwann nahmen wütende Bürger die Sache selbst in die Hand und brannten das<br />
Haus, das in der Ebene stand nieder.<br />
11:00 Uhr baden bei einem verstecken Wasserfall, der sich auf dem Grundstück befindet, auf dem<br />
auch das ehemalige Haus der U.F.C. steht. Der Wasserfall hat das kälteste Wasser, in dem wir auf<br />
unserer Reise bis jetzt geplanscht haben – einer der Gründe (von den Nachwehen der Fiesta am<br />
Vorabend mal abgesehen), warum die meisten KollegInnen die Badezeit verkürzen bzw. sich gar nicht<br />
erst ins kalte Nass begeben wollen.<br />
12:30 Uhr Mittagessen.<br />
Freier Nachmittag. Wieder nutzen einige aus der Gruppe die Chance auf einen Ausritt um die Aussicht<br />
auf den Golfo Dulce zu genießen. Heute haben sie Glück – trotz Regen und Dunst kann man den<br />
Golfo Dulce ansatzweise erkennen!<br />
18:30 Uhr Abendessen in der <strong>Tropenstation</strong>.<br />
Rückfahrt nach San José<br />
MONTAG, 31. 07. 2006<br />
(Barbara Lukasch, Theresia Fastian)<br />
Frühstück ab 7:00 Uhr.<br />
Abfahrt um 8:00 Uhr Richtung San José – werden nach ca. 10 Minuten von Polizei aufgehalten –<br />
Passkontrolle! (Regelmäßige Kontrollen auf Grund von Drogenschmuggel über die nahe liegende<br />
Grenze zu Panama.)<br />
Während der Fahrt macht uns Anton auf verschiedenste Besonderheiten der Umgebung aufmerksam.<br />
Teakholzplantagen und Melina-Plantagen – Gmelina aborea (Verbenaceae) ist ein afrikanischer<br />
Baum der für die Möbel- und Palettenherstellung verwendet wird. Wegen seines schnellen Wachstums<br />
kann er schon nach 5 – 6 Jahren mit einem ca. 30 cm dicken Stamm „geerntet“ werden. Das weiche,<br />
eher weiße Holz dieser Pionierart ist auch termitenresistent, wahrscheinlich auf Grund der hohen<br />
Gerbstoffkonzentration.<br />
Toilettenpause um 9.50 Uhr in Rey Curre bei den Boruca - Indianern.<br />
Bei diesem halbstündigen Stopp haben wir auch die Möglichkeit selbstgemachte Kunstwerke dieses<br />
Stammes zu begutachten und zu kaufen (Rasseln, Tiere, Obstschalen, Haarspangen, Amulettes,<br />
Geldbörsen, Masken, etc. alles aus der Frucht des Kalebassenbaumes und Holz, vorzugsweise<br />
geschnitzt).<br />
Weiter geht die Fahrt durch ein Savannengebiet, das einerseits durch sehr trockenes Klima<br />
(Regenschatten der Cordilleren), andererseits durch anthropogenen Einfluss entstanden ist.<br />
Um ca. 10:15 Uhr machen wir wieder einen kurzen Fotostopp bei einer Ananasplantage in Buenos<br />
Aires.<br />
33
Costa Rica 2006<br />
Protokolle<br />
Die Ananas comosus (Bromeliaceae) kommt ursprünglich aus Brasilien und wird in solchen<br />
Trockengebieten Costa Ricas gerne angebaut. Die Frucht ist eine Sammelbeere, welche nach 18<br />
Monaten händisch, durch abbrechen, geerntet wird (Sollbruchstelle). Nach weiteren 18 Monaten kann<br />
man eine zweite Ernte an den Seitentrieben vornehmen. Da die Blätter der Ananaspflanze Stacheln<br />
besitzen, sind die Arbeiter gezwungen beim Ernten einen Lendenschurz zu tragen um Verletzungen zu<br />
vermeiden. Der Transport der Früchte vom Feld erfolgt mit Traktoren. Nach der 2. Ernte werden die<br />
Pflanzen totgespritzt, da sie ansonsten nur sehr langsam verrotten würden. Anschließend werden die<br />
abgestorbenen Pflanzen verbrannt. Aufgrund dieses technischen Mehraufwandes und zur<br />
Ernteerleichterung gibt es zwischen den Feldern im regelmäßigen Abstand Spritz- und Ernteausleger<br />
(breitere Wege), damit die Maschinen genügend Platz haben und rationell gearbeitet werden kann.<br />
In Costa Rica werden jährlich an die 150.000 Tonnen Ananas produziert (allerdings nicht<br />
ökologisch!). Verwendet werden die Sorten „Smooth cayen“ (für Konserven), „Queen“ und<br />
„Avacaxy“ (für Frischverzehr).<br />
Die Früchte sind reich an Inhaltsstoffen wie Provitamin A und Fruchtsäuren. Prometin wirkt<br />
verdauungsfördernd und macht Fleisch weich. Fruchtschalensaft der unreifen Ananas wurde früher<br />
auch als Abtreibungsmittel verwendet.<br />
Für den Welthandel ist die Ananas eine sehr wichtige Handelsfrucht, da sie neben dem Frischverzehr<br />
und der Konservierung auch zur Stofferzeugung herangezogen wird.<br />
Um 11:20 Uhr haben wir (trotz des Feiertages) die Möglichkeit, eine Zuckerrohr-Melassefabrik in<br />
San Ramon (Cartago) zu besichtigen. Allerdings muss Anton die Führung selbst machen, da die<br />
Arbeiter schon am Beginn der Siesta sind.<br />
Melassegewinnung: Zuerst wird Pflanzenrohmasse des Zuckerrohrs gewogen und zweimal gepresst.<br />
Der dabei austretende Saft wird zur Verarbeitung weitergeleitet und die entstandenen Hexel werden<br />
verbrannt. Der Saft kommt in einen Reinigungsbottich, wo Eiweiß ausgefällt wird. Durch Zugabe von<br />
verschleimter Rinde von Guazuma ulmifolia (Sterculiaceae) wird das Eiweiß abgetrennt und<br />
ausgeschöpft. Anschließend wird die gereinigte Flüssigkeit im Hochdruckkessel auf 80 °C erhitzt und<br />
mehrmals eingedickt. Wenn das Produkt eine braune Farbe und die gewünschte Geschmeidigkeit<br />
erreicht hat (ähnlich der Margarine), wird alles nochmals unter Zugabe von „manteca“ (Margarine)<br />
gerührt, in Gefäße portioniert und als sog. Dulce (Melasse) verpackt.<br />
Saccharum officinarum stammt ursprünglich aus Süd-Ostasien (Neuguinea). Weltweit werden<br />
62 Mio. t Zucker erzeugt. Das frische Rohr kann gekaut bzw. ausgepresst werden. Der Saft wird oft<br />
mit etwas Zitrone genossen. Grünmasse dient einerseits als Viehfutter, andererseits auch als Heizgut.<br />
Ernteabfälle werden für Papier- und Bauplattenherstellung verwendet.<br />
Die Heute angebauten Sorten sind alles Hybride mit 10 – 11 % Zuckergehalt. Die Ernte erfolgt nach 9<br />
Monaten. Die Gattung Saccharum hat 6 Arten, wovon 4 zum Zwecke der Zuckergewinnung kultiviert<br />
werden (können nicht allein in Natur vorkommen!).<br />
Die Provinz Cartago ist in Costa Rica das wichtigste Anbaugebiet für Zuckerrohr. Weltweit werden<br />
ca. 120 Mio. t Zuckerrohr geerntet, davon 3,5 Mio. t in Costa Rica. Der Zuckergewinn beträgt 1/3 der<br />
geernteten Pflanzenrohmasse. Costa Rica steht mit seiner Zuckerrohrerzeugung in Mittelamerika an<br />
dritter Stelle. Die weltweit führenden Länder im Zuckerrohranbau sind Cuba, Brasilien und Thailand.<br />
Weiter geht die Fahrt nach San José. Um ca. 13.20 Uhr machen wir, auf dem Weg zum Pass „Cerro de<br />
la muerte“, beim Restaurant <strong>La</strong> Georgina in der Ortschaft Villa Mills (3.100 m Seehöhe),<br />
Mittagspause. Ein Highlight des Restaurants ist die lange Fensterfront, an der man, während man sein<br />
köstliches Mahl einnimmt, Kolibris beim Trinken beobachten kann und einen schönen Fernblick über<br />
die uns umgebende Gebirgskette hat (soweit der Dunst es zulässt). Das Restaurant wurde 1947 an der<br />
Interamerikana errichtet und ist inzwischen schon sehr bekannt. Außerdem ist Villa Mills ein guter<br />
Ort, um den Quetzal - Vogel zu beobachten, welcher als heiliger Vogel der Mayas bekannt wurde und<br />
dessen lange Schwanzfedern als Kopfschmuck dem Mayakönig Montezuma dienten.<br />
Die Fahrt auf der Interamerikana führt uns auch vorbei am Paramo, eine baumlose Vegetation (über<br />
3.000 m) und Rohhumusböden. Vereinzelt ist noch ein Quercus copeyensis vorzufinden, eine<br />
Baumart, die bis 3.000 m hinauf gedeihen kann. Im Paramo werden bis zu 70 °C Temperaturunterschied<br />
gemessen! Die wichtigste Pflanze hier ist der Bambus, Chusquea subtesselata.<br />
34
Costa Rica 2006<br />
Protokolle<br />
Um uns die Vegetation aus der Nähe ansehen zu können machen wir einen kurzen Stopp und die<br />
hartgesottensten Kollegen wagen eine kurze Wanderung in den Paramo hinein:<br />
• Castillea irazuensis (Scrophulariaceae).<br />
• Hypericum irazuense (Clusiaceae), besitzt starke Verzweigungen und kann sich somit ein<br />
Mikroklima schaffen.<br />
• Calamogrostis (Poaceae), bis zu 1,5 m hoch.<br />
• Acaena cylindrostachia (Rosengewächs), starke Behaarung dient als Kälteschutz.<br />
• Chora pavonia (Blaualgenflechte), ist eine Pionierpflanze und entsteht durch Symbiose aus<br />
Alge und Pilz.<br />
• Lycopodium clavatum (Bärlapp).<br />
• Escallonia myrtillioide (Escalloniaceae), etagenartig aufgebauter Baum.<br />
• Valleriana pRíonophylla (Vallerianaceae), äußerst strenger Geruch.<br />
• Carex spp. (Cyperaceae).<br />
15:05 Uhr wiederum ein kurzer Stopp um eine kleine Wanderung im sog. Paramillo zu machen. Das<br />
Paramillo ist eigentlich ein Hochmoor mit typischen Paramopflanzen und in Costa Rica nur an<br />
wenigen Stellen anzutreffen. Die Wuchsformen sind ganz ähnlich wie im Paramo, nur ist hier wegen<br />
der Staunässe kein Baumwachstum möglich. Die wichtigste Pflanze im Hochmoor ist die Gattung<br />
Sphagnum, welche die Eigenschaft besitzt, mit Hilfe der Blättchen, Nährstoffe aus dem<br />
Niederschlagswasser zu entnehmen. Dadurch kommt es zu einer Ansäuerung des Unterbodens und zu<br />
einem unvollständigen Abbau der organischen Substanz (Torfbildung). Auf diese Art und Weise<br />
wachsen die Torfmoose immer weiter in die Höhe und bilden einen uhrglasförmigen Moorkörper.<br />
Hochmoore werden ausschließlich mit Nährstoffen aus dem Niederschlagswasser versorgt, wodurch<br />
nur Spezialisten an solchen Standorten gedeihen können. Vielfach werden Einrichtungen für eine<br />
zusätzliche Nährstoffaufnahme ausgebildet (z.B. sog. Insektenverdauenede Pflanzen wie Sonnentau<br />
oder Fettkraut). Moorbäche dienen der Entwässerung des Gebietes.<br />
• Puya dasylirioides (Bromeliaceae), ist eine Schopfrosettenpflanze, die bis zu 1,5m hoch wird<br />
und an ganz feuchten Stellen vorzufinden ist. Die Bestäubung erfolgt über Bienen und<br />
Kolibris. Die Rosettenform bietet einen guten Knospenschutz und hat eine Trichterfunktion,<br />
wobei Oligosaccharide eingelagert werden können, welche eine kleinere Eiskristallbildung in<br />
den Pflanzenzellen bewirken und somit eine Sprengung des Plasmalemmas bei Gefrieren<br />
verhindert wird (blaue Blüten).<br />
• Blechnum buchtieni (Blechnaceae), Farn der die Puya in höheren <strong>La</strong>gen ablöst (oft fließende<br />
Übergänge). Er kann bis zu 2 m hoch werden.<br />
• Moos, umwächst Pflanzen ganz und ist ein epiphytischer Strukturparasit, der nicht am Boden<br />
wachsen kann.<br />
• Senecio grandifolius (Asteraceae), kleine gelbe Blüten (sieht von weitem wie eine<br />
Schafgarbe aus, ist aber nicht im Entferntesten damit verwandt!).<br />
• Quercus copeyensis (Fagaceae), vereinzelt, bis zu 3.000 Höhenmetern vorkommende Eiche<br />
• Rubus sp. (Brombeere)<br />
• Pteridium sp (Farn)<br />
• Xyris sp. (Xyridaceae), schaut aus wie Gras, ist aber keines; gelbe Blüten<br />
Um 15:45 Uhr nochmals ein Fotostopp, um den dunstigen Ausblick auf die Cordillera de Talamanca<br />
und den, nur notdürftig abgesperrten, halb abgebrochenen Teil der Interamerikana, für die Nachwelt<br />
festzuhalten.<br />
Ankunft in San José um ca. 18:00 Uhr (Unterkunft wieder im Hotel „Fleur de Lys“).<br />
Treffpunkt in der Lobby um 19:00 Uhr – Aufbruch zum Abendessen in der Innenstadt von San José<br />
(Avenida Central, wiederum das Lokal „Manolo“).<br />
Anschließend gibt es noch ein gemütliches Zusammensitzen und Cocktailschlürfen an der Hotelbar für<br />
diejenigen, denen die anstrengende Busfahrt des langen Tages noch nicht ins Gesicht geschrieben<br />
steht. – Open End<br />
35
Costa Rica 2006<br />
Protokolle<br />
Tag der Abreise, San José Stadtrundgang – Shopping – Heimflug<br />
DIENSTAG, 01. 08. 2006<br />
ab 7:00 Uhr gibt es Frühstück: Gallo pinto, Obst etc. (das Übliche).<br />
8:30 Uhr (theoretisch zumindest) Aufbruch zum Stadtrundgang.<br />
(Bernadette Binder)<br />
Zu Fuß brechen wir auf um die Hauptstadt Costa Ricas, die wir am Beginn unserer Reise nur abends<br />
erkundet haben, auch bei Tag zu erleben. Vom Hotel aus geht es vorbei am Museo Nacional zum<br />
Museo del Jade, welches angeblich eines der schönsten Museen in San José ist.<br />
Museo National de Costa Rica<br />
Auf der Anhöhe der Straße „de Moras“ mit Blick über die Stadt liegt Costa Ricas Nationalmuseum in<br />
der ehemaligen Festung Bellavista, dem ehemaligen Hauptquartier der Armee, gelegen. An der Stelle,<br />
wo einst das Mutterhaus von Mauro Fernandéz, dem Reformer des costaricanischen<br />
Bildungssystems, stand, wurde 1917 das Hauptquartier Bellavista errichtet. Das Nationalmuseum<br />
wurde bereits im Jahre 1887 gegründet und befand sich früher im Gebäude der „Universidad de Santo<br />
Tomas“. Nach einigen Umzügen übersiedelte es 1950 in die Festung Bellavista, wo es sich noch heute<br />
befindet. Heute kann man im Nationalmuseum die Geschichte des <strong>La</strong>ndes Revue passieren lassen,<br />
nicht nur die militärischen Heldentaten sondern auch die Wendejahre Costa Ricas. Es beherbergt eine<br />
Ausstellung zur Geschichte des <strong>La</strong>ndes. Die Ausstellungsobjekte reichen von prähistorischen<br />
Fundstücken, unter anderem auch Steinkugeln, über koloniale Möbel und Kunst bis in die Gegenwart.<br />
9:00 – 10:05 Uhr Museo del Jade<br />
Das Jademuseum befindet sich im Gebäude des „Instituto Nacional des Seguros“ und umfasst eine<br />
Reihe von archäologisch wichtigen Stücken aus der präkolumbianischen Epoche. Bis vor kurzem<br />
befand es sich noch im 11. Stock des Gebäudes, wo es seit 1984 beheimatet war. Nun aber hat es<br />
ebenerdig einen eigenen Eingang bekommen. Das Museum hat sich zum Ziel gesetzt, das indianische<br />
Erbe von Costa Rica zu bewahren und zu erhalten. Ausgestellt werden Keramikkunstwerke,<br />
Goldschmiedekunst und Jadestücke, die aus mesoamerikanischen Gebieten, zum Großteil aus diversen<br />
Orten in Costa Rica, wie beispielsweise aus Guanacaste oder Nicoya stammen. Es kann nicht nur<br />
grüne Jade, sondern auch Jade in anderen Farbnuancen bewundert werden. Zusätzlich werden auch<br />
Skulpturen aus Vulkangestein gezeigt.<br />
10:20 Uhr Boxenstopp zum Bücherkauf<br />
Zum Glück gibt es ein umfangreiches Sortiment englischsprachiger Literatur bzw. Sachbücher aller<br />
Art, denn mit der spanischen Sprache stehen die meisten von uns bis dato noch auf dem Kriegsfuß.<br />
ca. 10:45 Uhr Teatro Nacional – Besichtigung (fotografieren ja, Blitz nein)<br />
Als Symbol europäischen Strebens der liberalen Kaffeepflanzergesellschaft wurde das Nationaltheater<br />
im ausgehenden19. Jh. durch die Besteuerung der Kaffeeproduktion errichtet. Direkt neben dem Plaza<br />
de la Cultura gelegen, im neoklassizistischen Stil erbaut, ist des Nationaltheater der Pariser Oper<br />
nachempfunden. Als 1890 die berühmte Opernsängerin Adelina Patti auf ihrer Tournee durch<br />
Zentralamerika mangels geeignetem Rahmen in Costa Rica nicht auftreten konnte, erhoben die<br />
darüber sehr betrübten Kaffeebarone kurzerhand eine Kaffeesteuer, wodurch der Bau des Teatro<br />
Nacional ermöglicht werden konnte. Maler und Dekorateure kamen, ebenso wie der verwendete<br />
Marmor, aus Italien. 1897 wurde das Nationaltheater mit einer Aufführung von Sängern der Pariser<br />
Oper feierlich eröffnet. Nicht zu unrecht ist das Theater auch heute noch der Stolz der Ticos. 1965<br />
wurde es aufgrund seiner architektonischen Schönheit zum Nationalmonument erklärt. Wertvolle<br />
Deckengemälde, ein aufwendiges Innendekor im Barockstil sowie eine exzellente Akustik schaffen<br />
eine geeignete Atmosphäre und einen stilvollen Rahmen für Aufführungen von Weltklasse. Dem<br />
Besucher wird mit Sicherheit ein unvergessliches Erlebnis bereitet. Links neben der Eingangshalle<br />
befindet sich ein stilvolles Café mit sehenswerten Deckengemälden, welches angeblich einer der<br />
schönsten Orte ist, um costaricanischen Kaffee zu genießen. Gelegentlich beherbergt es auch<br />
Kunstausstellungen, die einen Besuch noch interessanter gestalten. Der Blick auf das wohl bekannteste<br />
36
Costa Rica 2006<br />
Protokolle<br />
Deckengemälde des Theaters, Alegoria genannt, enthüllt einige Kuriositäten, denn dem italienischen<br />
Künster Aleardo Villa sind bei der Darstellung einiger Details sonderbare Fehler unterlaufen. So<br />
wachsen beispielsweise die Bananen verkehrt herum. Ebenfalls neu und einzigartig an der Darstellung<br />
ist, dass Hochlandkaffee an der Küste gedeiht. Die Alegoria zierte auch einen 5-Colones Geldschein,<br />
der allerdings nicht mehr im Umlauf ist.<br />
Vorbei geht es am Postgebäude zum Markt.<br />
Das Post- und Telegrafenamt wurde zwischen den Jahren 1914 und 1917 nach den Plänen von Luis<br />
Llach im elektizistischen Stil errichtet und zeigt deutliche französische Einflüsse. Es handelt sich um<br />
ein monumentales und sicher auch elegantes Gebäude mit seinen schönen eckigen Türmen und dem<br />
schmalen Eingangsbereich. Neben den eigentlichen Postschalterräumen beherbergt es auch ein<br />
Briefmarkenmuseum, in welchem dem Besucher die Geschichte und Entwicklung der Post näher<br />
gebracht wird.<br />
ca. 12:00 Uhr Mercado Central – auf zum Futternapf; danach Zeit zur freien Verfügung.<br />
Der Markt wurde um 1880 gegründet. Auf dem überdachten Areal des Mercado Central findet man so<br />
ziemlich alles – Gemüsehändler und Fleischer haben ihre Läden gleich neben Souvenirläden. Auch<br />
einige Speiselokale buhlen um die Gunst der Gäste.<br />
13:30 Uhr Verabschiedung von Elisabeth W., Walpurga G., Theresia F., Christian K. und Mario A.,<br />
die gemeinsam zu einem längeren Aufenthalt an der Karibikküste Costa Ricas aufbrechen.<br />
16:30 Uhr treffen die letzten Stadtbummler im Hotel Fleur de Lys ein.<br />
17:00 Uhr Abfahrt zum Flughafen und Verabschiedung von Anton, der wieder in die <strong>Tropenstation</strong><br />
zurückkehrt um wissensbegierigen StudentInnen bei ihren Forschungsarbeiten zur Seite zu stehen.<br />
20:50 Uhr Abflug in Richtung Heimat<br />
37
Teil II<br />
<strong>La</strong>ndeskunde<br />
38
Theresia Fastian, Barbara Vobrovsky-Simon<br />
Geografie und Klima<br />
2.1 GEOGRAFIE UND KLIMA<br />
2.1.1 Geografie<br />
BEVÖLKERUNG<br />
Es leben 4,3 Mio. Einwohner in Costa Rica, davon sind 96 % Weiße, 3 % Farbige und 0,7 % Indigene.<br />
LAGE<br />
Costa Rica liegt zwischen 82° 34’ und 85° 58’ westlicher Länge und 08° 02’ und 11° 15’ nördlicher<br />
Breite.<br />
Im Norden bildet der Río San Juan einen großen Teil der Grenze zu Nicaragua und im Süden und<br />
Südosten stößt das <strong>La</strong>nd an Panama. Im Osten ist Costa Rica von dem Atlantischen und im Westen<br />
von dem Pazifischen Ozean umgeben. Es ist Teil der zentralamerikanischen <strong>La</strong>ndbrücke und verbindet<br />
den nordamerikanischen mit dem südamerikanischen Kontinent.<br />
Isla del Coco<br />
Costa Rica mit der dazugehörigen Isla del Coco<br />
39
Theresia Fastian, Barbara Vobrovsky-Simon<br />
Geografie und Klima<br />
ERDGESCHICHTE<br />
Erdgeschichtlich ist Costa Rica ein junges <strong>La</strong>nd und unterliegt bis heute Veränderungen. In den letzten<br />
100 Jahren erschütterten das <strong>La</strong>nd 15 große Erdbeben, da es an der Bruchkante der Cocos-Platte und<br />
der Karibischen Platte liegt.<br />
Vor 100 Millionen Jahren bestand Costa Rica aus Inselketten, die sich durch eine gewaltsame Anhebung<br />
der Meeresböden und durch Anschwemmungen verbanden.<br />
Von den etwa 100 Vulkanen Costa Ricas sind ca. 10 aktiv und erkennbar.<br />
GLIEDERUNG<br />
Costa Rica hat eine Fläche von 51.100 km². Von Nordwest nach Südwest ist es 464 km lang, die engste<br />
Stelle in Nordöstlicher Richtung misst 119 km, die breiteste 250 km. Der höchste Punkt des <strong>La</strong>ndes<br />
ist der Cerro Chirripó mit 3.819 m (Cordillera de Talamanca).<br />
Es gibt vier Gebirgszüge die von Nordwest nach Südost verlaufen und sowohl eine klimatische, als<br />
auch eine geographische Trennung bilden.<br />
Tieflandbecken und Küstenebenen<br />
Hochlandbecken<br />
Hügel<br />
Berge<br />
Topographische Einteilung Costa Ricas<br />
Kordillerenketten vulkanischen Ursprungs:<br />
Die Cordillera de Guanacaste ist 180 km lang und bis zu 35 km breit und erstreckt sich von der<br />
Grenze zu Nicaragua bis zum Arenalsee. Sie fällt gleich steil zur Karibik- und zur Pazifikküste ab und<br />
hat Gipfel zwischen 1.400 und 2.000 m Höhe, dazu gehören der Vulkan Arenal, einer der aktivsten<br />
Vulkane Costa Ricas und der Vulkan Orosi (1.487 m), außerdem die Gipfel Ricón de la Vieja<br />
(1.896 m), Mirravalles (2.028 m) und Tenorio (1.916 m). Diese sind durch Quersenken miteinander<br />
verbunden.<br />
In der Cordillera de Guanacaste entspringen einige Flüsse, die in die gleichnamige Provinz fließen.<br />
z.B.: Río Tempisque; der 159 km lang ist und in den Pazifik mündet.<br />
Von Westen nach Osten verläuft eine Quersenke in welcher der Arenalsee (80 km²) liegt. Er ist Costa<br />
Ricas größter, aber künstlich angelegter, See. Gleich daneben befindet sich der Vulkan Arenal<br />
40
Theresia Fastian, Barbara Vobrovsky-Simon<br />
Geografie und Klima<br />
(1633 m). Gemeinsam bilden sie den Übergang zur Cordillera de Tilarán, auch sie besteht aus vulkanischem<br />
Gestein. Ihre Gipfel liegen bei 1.500 Höhenmetern.<br />
Im Südosten erfolgt dann der Übergang zur Cordillera Central. Diese Gebirgskette ist 80 km lang<br />
und verläuft in etwa parallel zu Cordillera de Tilarán und der Cordillera de Talamanca. Die Südwesthänge<br />
laufen in das Valle Central aus, die Nordosthänge ziehen steil zur Karibikküste. Die Vulkane<br />
des Valle Centrals sind die höchsten Costa Ricas.<br />
Im Norden des Gebirges liegen die Vulkane Poás (2.704 m – noch aktiv), Barva (2.906 m), Cerro<br />
Congo (2.014 m) und Cacho Negro (2.136 m). Im Süden befinden sich die Vulkane Irazú (3.432 m)<br />
und Turrialba (3.339 m).<br />
Das Valle Central liegt zwischen 600 und 1.500 m Höhe und erstreckt sich 70 km von West nach Ost<br />
und ca. 30 km von Nord nach Süd. Es besteht aus Tertiärgestein und Meeressedimenten. Das zentrale<br />
Hochland ist sehr fruchtbar und umfasst 3.300 km². In ihm befinden sich die Städte Cartago, Alajuela<br />
und die Hauptstadt San José. Es unterteilt sich in das Valle Occidental und das Valle Oriente. Richtung<br />
Westen fällt das Valle Central zur Pazifikküste ab, während es im Norden von der Cordillera<br />
Central umgeben wird.<br />
Die Cordillera de Talamanca ist Costa Ricas viertes Gebirge. Es handelt sich um ein tertiäres Bruchund<br />
Faltengebirge ohne vulkanische Aktivität. Es hat eine Breite von 50 – 100 km. Im Nordwesten<br />
wird es durch das Valle Central von der Cordillera de Tilarán getrennt, und verläuft im Südosten bis<br />
nach Panama. Die Osthänge sind sanft zur Karibikküste hin, während im Westen eine steile Abdachung<br />
existiert, die von einem Tal mit spitzovalem Grundriss unterbrochen wird (Valle de Coto Brus,<br />
115 km lang, 10 – 20 km breit).<br />
Der höchste Berg des <strong>La</strong>ndes (Cerro Chirripó 3.820 m) befindet sich in dieser Gebirgskette. Weiters<br />
die Gipfel Cerro Puibeta (2.435 m), Cerros Kámuk und Cuericí. Die Gipfelregionen waren früher vergletschert.<br />
Sie formen eine Wasserscheide zwischen den Küstenregionen.<br />
Pazifikseite – hügeliges Küstenvorland:<br />
Die Pazifikküste des <strong>La</strong>ndes ist 1.200 km lang und bietet eine abwechslungsreiche Küstenlandschaft.<br />
Der Unterschied zwischen Ebbe und Flut beträgt etwa drei Meter. Es fließen drei große Flüsse Richtung<br />
Pazifik: Río Térraba (196 km), Río Tárcoles (115 km) und Río Tempisque.<br />
Dieser Teil Costa Ricas ist morphografisch in drei Einheiten zu gliedern:<br />
• Im Norden in die Halbinsel Nicoya, die, von Nordwest nach Südost gemessen, 120 km lang<br />
ist, und Höhen von bis zu 1.018 m aufweist. Sie ist von einem Bergrücken durchzogen und<br />
besitzt kilometerlange feine Sandstrände. Der Río Tempisque ist eine sehr wichtige Wasserader,<br />
er bildet ein Becken und durchfließt das Gebiet von Nord nach Süd. Er mündet im Golf<br />
von Nicoya.<br />
• Die zentrale Küstenebene besteht aus den westlichen Ausläufern der Cordillera de Talamanca<br />
und erstreckt sich vom Tiefland des Río Tempisque bis zur Halbinsel Osa. Sie wird Richtung<br />
Süden immer schmaler.<br />
• Im Süden liegt die Cordillera Costanera (1.500 m) und die Halbinsel Osa, ein flaches Hügelland,<br />
das von Nordwest nach Südost verläuft und 55 km lang und 25 km breit ist. Die höchten<br />
Hügel erreichen 750 m. Der Golfo Dulce trennt Osa vom Festland.<br />
Ca. 500 km vor Costa Ricas Pazifikküste liegt die Vulkaninsel Isla del Coco. Sie besitzt eine ungeheure<br />
Artenvielfalt und wird oft als Klein-Galapagos bezeichnet.<br />
Karibikseite – Schwemmland Ebenen:<br />
Die Karibikseite des <strong>La</strong>ndes besteht aus Tieflandregionen, welche sich von Norden nach Nordosten<br />
und weiter nach Osten hin ziehen, und Höhen von 250 m erreichen. Die maximale Breite beträgt 120<br />
km und es besteht eine trichterförmige Verengung nach Südost. Im Gegensatz zur Pazifikküste ist die<br />
Karibikküste nur 212 km lang und besitzt eine Reihe natürlicher Häfen.<br />
Zum Atlantik fließen vier große Flüsse:<br />
• Río San Juan, 135 km lang<br />
• Río Pacuare, 134 km lang<br />
• Río San Carlos, 125 km lang<br />
• Río Reventazón, 110 km lang<br />
41
Theresia Fastian, Barbara Vobrovsky-Simon<br />
2.1.2 Klima<br />
Geografie und Klima<br />
Costa Rica wird der tropischen Klimazone zugeordnet, dennoch herrschen, durch die geografischen<br />
Extreme bedingt, unterschiedlichste regionale Klimaverhältnisse. Klimabestimmend sind vor allem die<br />
Höhenlage, die Niederschlagsmengen und die unterschiedlichen Winde der jeweiligen Regionen. Eine<br />
nicht ganz unerhebliche Rolle spielt auch die „Innertropischen Konvergenzzone ITC“, welche mit der<br />
direkten Sonneneinstrahlung wandert und somit zeitweise das Klima Costa Ricas mitbestimmt. Jahresoder<br />
Tagesmittel sagen relativ wenig aus, was eine allgemeine Klimabeschreibung nahezu unmöglich<br />
macht. Außerdem gibt es gravierende Unterschiede zwischen Atlantik- und Pazifikküste bezüglich der<br />
Niederschlagsart und -mengenverteilung.<br />
Generell werden Regen- und Trockenzeit, sowie thermische Höhenstufen mit entsprechenden Vegetationszonen<br />
und regionale Klimazonen unterschieden. Das ganze Jahr hindurch findet der Sonnenaufgang<br />
um 6.00 Uhr, der Sonnenuntergang um 18.00 Uhr statt, was durch die nahe <strong>La</strong>ge zum Äquator<br />
bestimmt wird (achter bis elfter nördlicher Breitengrad). Die tatsächlichen Sonneneinstrahlungszeiten<br />
sind von Region zu Region verschieden (siehe auch Tab. 1 unten).<br />
Des Weiteren gibt es einige „Wetterbesonderheiten“, auf welche wir im Anschluss des Kapitels kurz<br />
eingehen werden.<br />
TROPISCHE JAHRESZEITEN<br />
Die tropischen Jahreszeiten kann man nicht im Entferntesten mit unseren Mitteleuropäischen vergleichen,<br />
denn die Trocken- und Regenzeit werden, wie schon an der Bezeichnung erkennbar, von der<br />
Niederschlagsmenge bestimmt. Costa Rica zählt zu den zehn regenreichsten Ländern der Erde, was<br />
die teilweise heftigen Niederschläge in bestimmten Regionen bestätigen.<br />
Invierno (Regenzeit):<br />
Als „Invierno“ wird der tropische Winter bezeichnet, der von Mai bis November dauert, und in den<br />
Monaten September und Oktober seine Niederschlagshöhepunkte aufweist. In der Regenzeit erweisen<br />
sich die Vormittage oft als sonnenklar, ab Mittag ballen sich allerdings Regenwolken zusammen, die<br />
ihre Wassermengen kurz darauf als Platzregen (= aguacero) über dem <strong>La</strong>nd auslassen. Auch wenn der<br />
aguacero nur einige Stunden dauert, muss man mit Überschwemmungen und Erdrutschen rechnen,<br />
wovon aber immer nur kleinere Gebiete mit wenigen km² betroffen sind.<br />
Im Regenmonat Juli gibt es im Hochland eine kurze Trockenperiode, den verancillo de San Juan (=<br />
kleiner Sommer des Johannesfestes), was darauf zurückzuführen ist, dass die ITC ihren nördlichsten<br />
Stand erreicht hat (12. Breitengrad).<br />
Zu dieser Zeit kommt es über dem Karibischen Meer des öfteren zur Bildung von Hurrikans. Costa<br />
Rica ist bis heute, seit Wetteraufzeichnungen bestehen, mit dem direkten Kontakt von solchen tropischen<br />
Wirbelstürmen und den, damit verbundenen tragischen Verwüstungen, weitgehendst verschont<br />
geblieben, und wurde meist nur am Rande von abgeschwächteren Auswirkungen heimgesucht.<br />
Gefahr drohte erstmals im November 1969, als der Hurrikan „Martha“ die Küste in der Nähe der<br />
Grenze von Costa Rica zu Panama streifte. Die Ausläufer des Hurrikans „Gilbert“, im September<br />
1988, forderten offiziell sogar zwei Todesopfer durch Überschwemmungen und Erdrutsche. Zehn<br />
Jahre darauf, im November 1998, bedrohte „Mitch“, einer der bis dahin stärksten Hurrikans (280<br />
km/h Windgeschwindigkeit), die Staaten Zentralamerikas. Costa Rica litt auch hier nur unter den weitläufigen<br />
Auswirkungen, große Gebiete der Nachbarstaaten Honduras und Nicaragua wurden jedoch<br />
verwüstet und es gab über 20.000 Todesopfer zu beklagen (in Costa Rica gab es offiziell keine Todesopfer).<br />
Der letzte uns bekannte Hurrikan, der Costa Rica gefährlich nahe kam, war der Hurrikan<br />
„Stan“ im Oktober 2005. Auch hier wurde das <strong>La</strong>nd zum Glück nur durch erhöhten Niederschlag in<br />
den nördlicheren Regionen in Mitleidenschaft gezogen.<br />
Verano (Trockenzeit):<br />
Als „Verano“ wird der tropische Sommer bezeichnet, der von Dezember bis April dauert. Auch zu<br />
dieser Zeit wird die Aussicht von den Bergen im Hochland auf die Tiefebenen, oft durch Wolkenmassen,<br />
die vom Atlantik her kommen, vernebelt. Im Verano fällt allgemein zwar weniger Niederschlag<br />
als im Invierno, dennoch gibt es beträchtliche Unterschiede zwischen der Karibik- und Pazifikküste<br />
und zu der Region von Guanacaste, worauf wir im Punkt „Regionale Unterschiede“ näher eingehen<br />
möchten.<br />
42
Theresia Fastian, Barbara Vobrovsky-Simon<br />
Geografie und Klima<br />
Regionale Unterschiede<br />
Karibikküste: Dort gibt es das ganze Jahr über starke Regenfälle, nur die Monate September und<br />
Oktober sind etwas regenärmer. Sie gilt als eine der regenreichsten Zonen der Erde und weist im Invierno,<br />
durch tropische Tiefdruckgebiete bedingt, bis zu 20 Regentage pro Monat auf, was eine mittlere<br />
Niederschlagsmenge von 6.000 mm pro Jahr mit sich bringt. Dies entspricht der zehnfachen Niederschlagsmenge<br />
die durchschnittlich in Mitteleuropa aufgezeichnet wurde. In manchen geschützten Regenwaldregionen<br />
kann man sogar eine jährliche Niederschlagsmenge von 8.000 mm messen.<br />
Südliche Pazifikküste: Dort sind die Jahreszeiten etwas abgeschwächter, es gibt weniger reine Regentage,<br />
dafür aber mehr aguaceros, hauptsächlich im September und Oktober. An den Küsten herrschen<br />
lange und heiße Sonnenperioden, die im Invierno täglich von den aguaceros unterbrochen werden<br />
(verursacht durch Winde aus südwestlicher Richtung).<br />
Region von Guanacaste: In diesem Gebiet herrscht die längste Trockenzeit Costa Ricas, was sich<br />
auch in der gegensätzlichen Flora und Fauna zu den anderen Regionen des <strong>La</strong>ndes widerspiegelt.<br />
VEGETATIONSZONEN UND THERMISCHE HÖHENSTUFEN<br />
Man unterscheidet fünf Vegetationszonen, die von den unterschiedlichen Höhenstufen des <strong>La</strong>ndes<br />
abhängig sind. Je höher das Gebiet liegt, desto mehr ist nicht nur mit tageszeitlichen Temperaturschwankungen<br />
zu rechnen, sondern auch mit tieferen Temperaturen und der dementsprechenden Veränderung<br />
der Flora und Fauna.<br />
Tierra Caliente:<br />
So werden zwei Drittel des tropischen Tieflandes, bis zu 600 Höhenmetern, bezeichnet. In dieser<br />
„heißen Zone“ betragen die Durchschnittstemperaturen tagsüber an die 30 °C (und mehr in Trockenzeit)<br />
und in den Nächten gibt es keine große Abkühlung. Als mittlere Jahrestemperatur werden 24 °C<br />
angegeben, was das Vorherrschen von immergrünen tropischen Regenwäldern an der Karibik- und<br />
Pazifikküste, sowie Trocken- und Feuchtwäldern im Nordwesten des <strong>La</strong>ndes, ermöglicht.<br />
Tierra Calida:<br />
Diese „warmgemäßigte Zone“ ist ähnlich der Tierra Caliente, umfasst die Gebirgsabhänge bis zu<br />
1.500 m und bildet den Übergangsbereich zu prämontanen Feucht- und Regenwäldern.<br />
Tierra Templada:<br />
Dort herrscht Tageszeitenklima mit großen Schwankungen (frühlingshaftes Klima – kühle Nächte,<br />
hochsommerliche Temperaturen zu Mittag in wolkenloser Trockenzeit). Die mittlere Jahrestemperatur<br />
dieser Zone beträgt zwischen 14 und 18 °C, und sie umfasst Teile des zentralen und südlichen<br />
Hochlandes von 1.500 – 2.300 m mit ihren montanen Feucht- und Regenwäldern.<br />
In San José und der Region Alajuela herrscht das ganze Jahr über Primavera eterna (ewiger Frühling),<br />
wobei die Temperaturen in der Nacht nicht weniger als 15 °C, und am Tag nicht mehr als 26 °C<br />
annehmen.<br />
Tierra Fria:<br />
Das „kalte <strong>La</strong>nd“, mit Durchschnittstemperaturen von 10 – 14 °C, reicht von 2.300 – 3.000 m hinauf,<br />
und kommt vereinzelt in Gipfelzonen der Zentralkordillere und der Talamancakordillere vor.<br />
Tierra Helada:<br />
Im „eißigen <strong>La</strong>nd“, auch „Páramozone“ genannt, welches über 3.000 m liegt und die Gipfelregionen<br />
der höchsten Vulkane umfasst, können nachts die Temperaturen bis unter den Gefrierpunkt abfallen.<br />
(z.B.: Chirripó, Irazú, Pass des Cerro de la Muerte)<br />
43
Theresia Fastian, Barbara Vobrovsky-Simon<br />
Geografie und Klima<br />
REGIONALE KLIMAZONEN<br />
Innerhalb des <strong>La</strong>ndes werden auch regionale Klimazonen unterschieden. Die Einteilung erfolgt in<br />
Abhängigkeit von Tageshöchst- und -tiefsttemperaturen und monatlichen Niederschlagsmengen<br />
der jeweiligen Regionen, und veranschaulicht die vielfältigen Klimaunterschiede, die ja durch die<br />
einzigartige geographische <strong>La</strong>ge Costa Ricas hervorgerufen werden, sehr gut.<br />
Warm-trockene Klimazone<br />
Warm-feuchte Klimazone<br />
Milde Klimazone<br />
Kühl-feuchte Klimazone<br />
Kühl-trockene Klimazone<br />
Regionale Klimazonen Costa Ricas<br />
Warm-trockene Klimazone:<br />
Im Verano herrscht im Nordwesten des <strong>La</strong>ndes teilweise Dürre, die ab und zu durch kurze Regenschauer<br />
unterbrochen wird. Die Tagestemperaturen steigen regelmäßig über 35 °C. Das Río-<br />
Tempisque-Becken ist der trockenste Teil Costa Ricas. Es werden Niederschlagsmengen von ca. 450<br />
mm pro Jahr verzeichnet, was in der Flora und Fauna zum Ausdruck kommt.<br />
Über Guanacaste und dem nördlichen Nicoya wehen im Invierno starke Winde und in der Region der<br />
westlichen Kordilleren herrscht das ganze Jahr über Sonnenschein.<br />
Warm-feuchte Klimazone:<br />
In diesen Regionen herrscht ganzjähriger Regen, oft sintflutartig wie z.B. an der Karibikküste oder der<br />
Peninsula de Osa (mit jährlich bis zu 8.000 mm Niederschlag) an der südlichen Pazifikküste.<br />
Milde Klimazone:<br />
In dieser Klimazone, die einen ganzjährig frühlingshaften Charakter aufweist, befinden sich hauptsächlich<br />
höher gelegene Städte und Gebiete, wie z.B. die Zentrale Hochebene mit den Städten San<br />
José und Cartago, oder auch Monteverde.<br />
44
Theresia Fastian, Barbara Vobrovsky-Simon<br />
Geografie und Klima<br />
Kühl-feuchte Klimazone:<br />
Von diesem Klima, mit seinen teilweise schweren Regenfällen und niedrigen Temperaturen, sind vor<br />
allem die östlichen Berghänge der Kordilleren betroffen. Am Cerro Chirripó kann man des Öfteren<br />
Temperaturen unter dem Gefrierpunkt messen.<br />
Kühl-trockene Klimazone:<br />
Diese Klimazone wird durch Regenschatten beeinflusst, der durch geografische Bedingungen verursacht<br />
wird und den westlich liegenden Berghängen der Kordilleren somit weniger Niederschläge beschert<br />
als den Regionen der Ostseite.<br />
Heiß-feuchte Klimazone:<br />
Eine eigene Klimazone stellt die Isla del Coco dar, welche sich etwas abseits vor der Südwestküste des<br />
<strong>La</strong>ndes befindet. Dort herrschen das ganze Jahr über extreme Regenfälle und Gewitter. Durch diese<br />
klimatischen und geografischen Bedingungen findet man auf der Insel eine weltweit einzigartige Flora<br />
und Fauna.<br />
Vergleich einzelner Klimabedingungen ausgewählter Städte und Ortschaften der regionalen Klimazonen<br />
Costa Ricas:<br />
Klimazone Stadt, Ortschaft Jahreszeit °C<br />
Warmtrocken<br />
Warm-feucht<br />
Mild<br />
Kühl-trocken<br />
Liberia<br />
Puerto Limón<br />
<strong>La</strong> Fortuna<br />
Corcovado<br />
Golfito<br />
Quepos<br />
San José<br />
Monteverde<br />
Grecia<br />
Verano 9 Stunden 20 mm 21 – 36 °C<br />
Invierno 6 Stunden 200 mm 22 – 32 °C<br />
Verano 6 Stunden 300 mm 20 – 31 °C<br />
Invierno 5 Stunden 200 – 400 mm 22 – 31 °C<br />
Verano 5 Stunden 100 – 200 mm 20 – 21 °C<br />
Invierno 3 Stunden 400 – 500 mm 21 – 30 °C<br />
Verano 7 Stunden 150 – 300 mm 22 – 33 °C<br />
Invierno 3 Stunden 500 – 700 mm 22 – 32 °C<br />
Verano 7 Stunden 150 – 300 mm 22 – 33 °C<br />
Invierno 3 Stunden 500 – 700 mm 22 – 32 °C<br />
Verano 8 Stunden 70 – 170 mm 21 – 32 °C<br />
Invierno 4 Stunden 450 – 650 mm 21 – 31 °C<br />
Verano 5 – 8 Stunden 10 – 50 mm 15 – 26 °C<br />
Invierno 4 Stunden 200 – 300 mm 16 – 25 °C<br />
Verano 5 Stunden 100 – 160 mm 12 – 22 °C<br />
Invierno 3 Stunden 350 – 430 mm 14 – 21 °C<br />
Verano 8 Stunden 10 – 70 mm 17 – 31 °C<br />
Invierno 4 Stunden 200 – 300 mm 18 – 28 °C<br />
Zeichenerklärung:= mittlere tägliche Sonnenscheindauer; = mittlere monatliche Niederschlagsmenge; °C = mittlere tägliche Höchstund<br />
Tiefsttemperaturen<br />
45
Theresia Fastian, Barbara Vobrovsky-Simon<br />
Geografie und Klima<br />
EINFLUSSGRÖßEN UND ENTSTEHUNG TROPISCHER NIEDERSCHLÄGE<br />
„Innertropische Konvergenzzone“ (ITC):<br />
In der ITC treffen die beiden Passatwinde der Nord- und Südhalbkugel aufeinander. Da die ITC<br />
dem Sonnenhöchststand folgt, wandert sie im <strong>La</strong>ufe des Jahres zwischen dem südlichen 10. Längengrad<br />
(Februar) und dem nördlichen 12. Längengrad (August) hin und her. Dabei zieht sie natürlich<br />
auch über Teile der Kontinente, so auch über Costa Rica.<br />
Die im Ozean stärksten Verdunstungsgebiete liegen im Bereich der Passatwinde, welche die mit Wasserdampf<br />
angereicherte Luft in die ITC, und somit an die Küstenregionen bringen. Wenn die ITC<br />
über Costa Rica zieht, wird das <strong>La</strong>nd, und damit auch die feuchte Luft der Passatwinde, durch die<br />
direkte Sonneneinstrahlung so erhitzt, dass diese feucht-warme Luft aufsteigt, es zur Wolkenbildung<br />
kommt und zum nachfolgenden Abregnen dieser Wolkenmassen über dem <strong>La</strong>nd (hauptsächliche<br />
Beeinflussung der Regenzeit an der Pazifikküste).<br />
Nordost-Passat:<br />
Von Oktober bis März liegt Costa Rica im Einzugsbereich der Nordost-Passate, welche warme,<br />
feuchte Luft vom Karibischen Meer ins <strong>La</strong>ndesinnere tragen und an den Berghängen der Kordilleren<br />
hinauftreiben. Es kommt wiederum zu einem Abkühlen der Luftmassen und zur miteinhergehenden<br />
Wolkenbildung. Durch die enorme Höhe der Berggipfel kommt es jedoch nur an der Karibikküste zu<br />
einem Abregen dieser Wolken.<br />
Konvektion und tropische Tiefdruckgebiete:<br />
Intensive Kaltfronten vom Norden, die durch kalte Meeresströmungen des Atlantiks hervorgerufen<br />
werden, bringen die Warmluft des Tiefdruckgebietes über dem Meer zum Abkühlen. Es bilden sich<br />
Regenwolken, die sich anschließend über dem Festland auslassen und für die niederschlagsreichsten<br />
Tage der Regenzeit an der Karibikküste verantwortlich sind.<br />
„WETTERBESONDERHEITEN“ DES LANDES<br />
Temporales:<br />
Als „Temporales“ werden heftige Regenschauer bezeichnet, die am Morgen beginnen und oft bis zum<br />
Nachmittag anhalten. Es werden „Temporales del Atlantico“ und „Temporales del Pacifico“ unterschieden,<br />
da diese sich nicht nur durch ihren Erscheinungsort, sondern auch durch ihre Entstehung<br />
wesentlich voneinander unterscheiden. ( siehe auch Punkt 1.2.8)<br />
„aguacero de los cafetaleros“:<br />
Dieser Regen fällt zwischen 19. und 20. März, ist also noch im Verano, und bringt, wie der spanische<br />
Name schon bezeichnet, den Kaffee in die Blüte.<br />
„las lagrimas de Maria“:<br />
Die „Tränen der Hl. Maria“ fallen zwischen dem 8. und 12. Dezember.<br />
Papagayos:<br />
Die Papagayos sind lokale Winde, die von der Pazifikküste ins <strong>La</strong>ndesinnere blasen und Regen mit<br />
sich bringen.<br />
Nortes:<br />
Als „nortes“ werden jene lokalen Winde bezeichnet, die vom <strong>La</strong>ndesinneren Richtung Pazifikküste<br />
wehen und vor allem in der Region Guanacaste für trockene Zeiten sorgen.<br />
46
Theresia Fastian, Barbara Vobrovsky-Simon<br />
Literaturangaben<br />
Geografie und Klima<br />
BAKER, Ch. P., (2006/2007): Costa Rica; Dorling Kindersley Verlag GmbH, 38 – 39<br />
COEN, E., (1983): Climate. In: Costa Rican Natural History (Janzen, D. H., Hrsg.); 35 – 45<br />
FEYERABEND, J., (2001): Das Jahrtausend der Orkane: Hurrikane der Karibik; Piper Verlag GmbH,<br />
München, 101<br />
FLEISCHMANN, U., (2000): Dumont Reisetaschenbuch: Costa Rica; Dumont Buchverlag, Köln, 15<br />
– 17<br />
HALL, C., (1985): Costa Rica: a geographical interpretation in historical perspective; Westview Press,<br />
Boulder, Colo, 3 – 12<br />
HEYER, E., (1998): Witterung und Klima (Hupfer, P., Kuttler, W., Hrsg.); Verlag B. G. Teubner,<br />
Stuttgart, Leipzig, 156 – 157<br />
KIRST, D., (1995): Costa Rica; Reise Know-How Verlag Peter Rump GmbH, 14 – 15, 18 – 19<br />
NELLES, G., (1996): Costa Rica; Nelles Verlag GmbH, 15<br />
THOMAS, P., (1987): Reiseführer Costa Rica; Tucan Verlag<br />
WALCH, D., (2004): Phänomene der Erde: Wetter und Klima (Frater, H., Hrsg.); Springer Verlag,<br />
Berlin, Heidelberg, 123<br />
http://de.wikipedia.org/wiki/Hurrikan, 2006<br />
http://www.costa-rica.de, 2006<br />
47
Walpurga Goebel, Barbara Rittmannsberger<br />
Vulkanismus und Vulkane Costa Ricas<br />
2.2 VULKANISMUS<br />
2.2.1 Allgemeine Einführung in die Vulkanologie<br />
DEFINITION VULKAN<br />
Vulkane sind jene punktförmigen Spaltöffnungen in der Erdkruste, aus denen die vulkanischen und<br />
teilweise glutflüssigen Gesteinsprodukte (<strong>La</strong>va, Asche, ...) an die Oberfläche treten, dort erstarren und<br />
die Erdoberfläche an jener Stelle verändern.<br />
Das Wort Vulkan kommt von dem römischen Schmiedegott „Vulcanus“, der Legende nach hat dieser<br />
im Krater der Insel Vulcano gelebt. Man glaubte, dass das Grollen und Donnern des Berges durch das<br />
Hämmern des Schmiedes zustande kam. Vulcanus strafte die Menschen mit Feuer und Donner, wenn<br />
er wütend war.<br />
BEGRIFFSERKLÄRUNGEN<br />
• Magma (griechisch: geknetete Masse) besteht aus geschmolzenem Gestein, dazu sind Temperaturen<br />
von mindestens 750 °C erforderlich. Magma kommt in den oberen Teilen des Erdmantels<br />
und der tieferen Erdkruste vor. Man unterscheidet an der Erdoberfläche schnell abkühlende<br />
Magma, Vulkanite (Beispiel: Basalt) und im Erdinneren langsam abkühlende Magma, Plutonite<br />
(Beispiel: Granit). Die Abkühlungsgeschwindigkeit des Magmas ist somit für die Art<br />
der Gesteinsbildung verantwortlich.<br />
Da es ohne den Magmafluss aus dem Erdinneren keine vulkanischen Erscheinungen geben<br />
würde, kann man sagen, dass die Fließfähigkeit des Magmas eine der Ursache des Vulkanismus<br />
ist.<br />
• <strong>La</strong>va ist an die Erdoberfläche tretendes Magma und gehört damit zur Gruppe der Vulkanite.<br />
• Tephra (Pyroklastika) sind die festen Bestandteile, die bei einem Vulkanausbruch in die Atmosphäre<br />
gelangen.<br />
o Aschen sind die feinsten, festen Auswurfprodukte eines Ausbruchs (< 2 mm)<br />
o <strong>La</strong>pilli sind die nächst größeren Auswurfprodukte d.h. kleine Steinchen (2 – 64 mm)<br />
o Bomben sind bereits größere Steinchen (> 64 mm)<br />
• Geysire entstehen in Hohlräumen nahe einer Magmakammer, in der sich Grundwasser sammelt,<br />
welches in Folge erhitzt wird. Das Wasser erreicht dort über 100 °C. Aufgrund der darüber<br />
liegenden Wassersäule und des damit entstehenden Drucks, kocht es dennoch nicht.<br />
Wenn der Druck des oberen Wassers nicht mehr ausreicht, dann schießt das heiße Wasser als<br />
Fontäne mit hoher Geschwindigkeit heraus. Weltweit gibt es relativ wenig Geysire, da die<br />
Vorraussetzungen für diese nicht oft erfüllt werden. Beispiele für geysirreiche Gegenden: Yellowstone<br />
(500 aktiv), Island (26 aktiv), Neuseeland (51 aktiv).<br />
• Heiße Quellen basieren auf dem Prinzip von Geysiren mit dem Unterschied, dass die Wassertemperaturen<br />
in der Tiefe geringer sind und daher kein Dampfdruck entsteht. Deshalb haben<br />
heiße Quellen keine Fontänen.<br />
• Fumarolen sind vulkanische Exhalationen verschiedenartiger Gase und Dämpfe mit Temperaturen<br />
zwischen 200 °C und 800 °C. Teilweise sind sie stark schwefelhältig, dann werden sie<br />
Solfataren genannt und bilden (wie am Vulkan Poás) gelbliche Ablagerungen.<br />
KRATERTYPEN<br />
Die meisten Vulkane haben einen Krater solange sie aktiv sind. Wenn jedoch der Magmaspiegel im<br />
Schlot sinkt, fallen die Kraterwände aufgrund des fehlenden Innendrucks in sich zusammen. Durch<br />
den Abbruch der Kraterwände vergrößert sich die Öffnung und der Krater wird zur Caldera.<br />
48
Walpurga Goebel, Barbara Rittmannsberger<br />
Vulkanismus und Vulkane Costa Ricas<br />
Krater sind die Vulkanspitzen und haben einen Durchmesser von bis zu einem Kilometer.<br />
Caldera kommt aus dem Spanischen und bedeutet „Kessel“. Es sieht aus als hätte jemand dem Vulkan<br />
die „Spitze abgeschnitten“. Eine Caldera hat meist sehr steile Wände (bis 250 m hoch) und ihr<br />
Durchmesser beträgt immer über einen Kilometer (bis zu 20 km).<br />
VULKANTYPEN<br />
Vulkane können nach den verschiedensten Gesichtspunkten unterteilt werden:<br />
Unterteilung nach der äußeren Form:<br />
• Schicht-Vulkan (= Strato-Vulkan; lat. stratum = Schicht)<br />
ist der ideale symmetrische Typ von Vulkan (spitzkegelig).<br />
Wechselnde <strong>La</strong>gen Asche, pyroklastisches Material und<br />
<strong>La</strong>va bauen den Vulkan auf.<br />
Die Ursache dafür ist eine sehr zähflüssige Magma (hoher<br />
Kieselsäure-Gehalt und relativ kühl, d.h. 700 – 900 °C),<br />
welche durch den hohen Gasanteil explosionsartig ausgeworfen<br />
wird. Dies geschieht meist im Wechsel zwischen<br />
Lockermaterial (= Tephra) und <strong>La</strong>va. Bei Erkaltung führt<br />
dies zur charakteristischen Schichtung. Die Eruptionen sind<br />
Aufbau eines Schichtvulkanes<br />
bei diesem Vulkantyp gewaltig, d.h. die vulkanische Asche wird bis zu 40 km hoch in die Atmosphäre<br />
geschleudert. Schichtvulkane machen die Mehrzahl der Vulkane aus, ca. zwei Drittel<br />
befinden sich auf dem Festland. Sie kommen meist an Subduktionszonen (d.h. an Plattenrändern)<br />
vor, zum Beispiel entlang des pazifischen Feuerrings.<br />
Bekannte Vertreter: Mount Saint Helen (USA), Fujisan (Japan), Vesuv (Italien)<br />
In Costa Rica: Arenal, Poás, Irazú, Turrialba<br />
• Schild-Vulkane sind flach, so dass sie wie ein in der<br />
<strong>La</strong>ndschaft liegendes Schild aussehen. Ursache dafür<br />
ist eine extrem dünnflüssige, gasarme <strong>La</strong>va mit<br />
Temperaturen um 1.000 – 1.250 °C, die aus dem<br />
oberen Erdmantel stammt. Auf Grund der hohen<br />
Fließgeschwindigkeit haben Schildvulkane sehr flache,<br />
dafür umso weitläufigere Kegel (Böschungswinkel um<br />
5°). Sie können auch bis weit unter den Meeresspiegel<br />
Aufbau eines Schildvulkanes<br />
reichen. Im Gegensatz zu den Schichtvulkanen werden<br />
keine vulkanischen Lockermaterialien ausgeworfen, und es gibt nicht nur einen<br />
Hauptkrater, sondern auch viele Nebenkrater. Die Mengen an flüssiger <strong>La</strong>va können<br />
jedoch beachtlich sein und sich über große <strong>La</strong>ndstriche ausbreiten. Sie kommen innerhalb<br />
von Lithosphärenplatten über Hot-spots (Hawaii) und auch an auseinanderdriftenden<br />
Plattenrändern vor (Island). Die meisten Schildvulkane liegen jedoch am Meeresboden.<br />
Bekannte Vertreter: Mauna Loa (Hawaii), Olympus Mons (am Planeten Mars), Payún Matrú<br />
(Mendoza, Argentinien)<br />
In Costa Rica: In der Cordillera de Tilaran gibt es Vulkane, die der Form der Schildvulkane<br />
sehr Nahe kommen.<br />
• Schlacken- und Aschenkegel sind eine sehr kleine Art von Vulkanen, d.h. sie sind nur zehn<br />
bis einige hundert Meter hoch bei einem Maximaldurchmesser von wenigen hundert Metern.<br />
Beide entstehen, wenn in der Magma ein hoher Gasanteil vorherrscht.<br />
o Aschenkegel bestehen nur aus locker geschichtetem vulkanischen Aschen und <strong>La</strong>pilli, die<br />
nur durch die Gravitation zusammengehalten werden. Beispiel: Sunset crater (Arizona)<br />
o Schlackenkegel bestehen aus größeren <strong>La</strong>pilli, Bomben und Bimssteinbrocken. Die Bestandteile<br />
sind groß genug um den Kegel zusammenzuhalten. Der Schlackenkegel ist daher<br />
oft wesentlich steiler als der Aschenkegel. Beispiel: Stromboli (Italien)<br />
49
Walpurga Goebel, Barbara Rittmannsberger<br />
Vulkanismus und Vulkane Costa Ricas<br />
• Sonderstellung:<br />
o Supervulkane sind mit Abstand die größten Vulkane auf der Erde und verfügen über eine<br />
riesige Magmakammer. Daher hinterlassen sie im Falle eines Ausbruchs keinen Krater,<br />
sondern Calderen in extremer Größe. Die genaue Wirkung ist nicht vorhersehbar, aber es<br />
werden Flutwellen und Erdbeben vermutet, aber auch eine Klimakatastrophe ist zu befürchten.<br />
Als bekanntestes Beispiel ist hier der Yellowstone Nationalpark (USA) zu nennen.<br />
o Schwarze Raucher befinden sich auf dem Meeresboden und sehen wie Schlote aus, welche<br />
schwarzen Rauch ausstoßen. Dieser Rauch hat ca. 350 °C und besteht unter anderem<br />
aus Schwefel, Kupfer, Eisen, Zink und Nickel. Solche Schwarzen Raucher findet man beispielsweise<br />
im Roten Meer.<br />
Unterteilung nach der Art des Magmenzufuhrsystems:<br />
• Zentral-Vulkane sind eine spezielle Art von Vulkanen mit einem röhrenförmigen Förderschlot,<br />
welcher Magma aus dem Erdinneren an die Oberfläche befördert. In Folge dessen entstehen<br />
häufig Calderen. Die meisten Vulkane sind Zentral-Vulkane.<br />
bekannte Vertreter: Vesuv und Ätna (Italien), Askja und Snaefellsjökull (Island)<br />
• Spalten-Vulkane besitzen keinen zentralen Förderschlot, anstattdessen fließt die Magma aus<br />
einer länglichen Spalte. Dadurch entstehen häufig Bergrücken mit weitflächigen <strong>La</strong>vafeldern.<br />
Kommt besonders häufig in Island vor. Beispiel: Hekla (Island)<br />
Unterteilung nach Aktivität:<br />
Ist nicht immer ganz einfach und auch die Wissenschaft kann einen Vulkan nicht immer mit Sicherheit<br />
nach aktiv, schlafend oder erloschen einteilen. So ist die Yellowstone-Caldera ca. 2 Millionen Jahre alt<br />
und es gab seit 70.000 Jahren keinen Ausbruch mehr, und doch weiß man, dass dies einer der gefährlichsten<br />
und aktivsten Vulkane der Welt ist.<br />
• Aktive Vulkane dies ist ein sehr relativer Begriff, da die Lebensspanne eines Vulkans von<br />
wenigen Monaten bis zu Millionen Jahren variieren kann. Manche Vulkane sind jahrtausende<br />
lang mehrmals ausgebrochen, zeigen zur Zeit jedoch keine Aktivität. Andere sind über tausend<br />
Jahre lang nie ausgebrochen, zeigten in den letzten Jahrzehnten aber starke Aktivität.<br />
Beispiel: Arenal<br />
• Nicht aktive Vulkane (schlafende Vulkane) sind zur Zeit nicht aktiv, könnten das jedoch in<br />
Zukunft sein. Beispiel: Turrialba<br />
• Erloschene Vulkane sind Vulkane von denen die Wissenschaft annimmt, dass sie nicht mehr<br />
ausbrechen werden. Ob ein Vulkan erloschen oder nur inaktiv ist, ist jedoch nicht immer voraussehbar.<br />
Beispiel: Barva<br />
MAGMATYPEN<br />
Sind wichtig bei der Unterscheidung von Vulkanen, da sie ihr Ausbruchverhalten beschreiben und<br />
auch die Form des Vulkans klassifizieren. Es liegen jedoch nicht immer eindeutige Formen vor und<br />
auch Vulkane können sich im <strong>La</strong>ufe der Zeit verändern, d.h. es gibt häufig auch Mischformen.<br />
• Rote Vulkane werden so genannt, wenn wenig Siliziumdioxid und wenig Gas (weniger als<br />
52 %) in der Magma enthalten sind. Die <strong>La</strong>va ist mit 1.000 – 1.250 °C sehr heiß und dünnflüssig.<br />
Rote Vulkane bilden meist die Schildvulkane aus.<br />
• Graue Vulkane heißen so, weil im Magma viel Siliziumdioxid und Gas (mehr als 60 – 65 %)<br />
enthalten ist und die <strong>La</strong>va relativ zähflüssig ist. Sie bilden meist die Schichtvulkane aus. Die<br />
meisten Vulkane in Costa Rica werden zu den Grauen gezählt.<br />
50
Walpurga Goebel, Barbara Rittmannsberger<br />
Vulkanismus und Vulkane Costa Ricas<br />
AUSBRUCHSTYPEN<br />
Die Art des Ausbruchs hängt von der Zusammensetzung des Magmas, der Form des Vulkans, der Aktivität<br />
(häufig brechen erloschen geglaubte Vulkane wesentlich heftiger aus, da sich hier ein großer<br />
Druck aufstaut. Beispiel: Arenal), und noch anderen Umständen ab. Es ist somit verständlich, dass es<br />
nicht nur explosiv und effusiv ausbrechende Vulkane, sondern eine Menge Sonderformen (auch viele<br />
Mischtypen) gibt. Die vorherrschende Ausbruchsform in Costa Rica ist die Explosive.<br />
Einige Ausbruchsformen seien hier erwähnt:<br />
• Hawaiianisch: Es tritt dünnflüssige <strong>La</strong>va in großen Strömen und Fontänen aus. Die Ausbrüche<br />
verlaufen jedoch relativ ruhig und zählen zu den Nichtexplosiven.<br />
• Strombolianisch: Die Ausbrüche sind ebenfalls ruhig und nicht explosiv, da sie ständig vonstatten<br />
gehen. Die Vulkane schleudern ständig (sogar mehrmals stündlich möglich) <strong>La</strong>vabrocken,<br />
Gase und Asche in die Luft. Der Vulkan Arenal ist mit einer strombolianischen Ausbruchsform<br />
vergleichbar und das obwohl er eigentlich zu den explosiven Vulkanen gehört.<br />
• Pilianisch: Dieser Typ ist hochexplosiv, d.h. Aschen, Gase und <strong>La</strong>pilli werden hoch in die<br />
Atmosphäre geschleudert (über zwölf Kilometer). Der Krater des Vulkans Rincon de la Vieja<br />
ist durch einen pilianischen Ausbruch entstanden.<br />
• Vulkanianisch: Diese Ausbruchsform hat in der Vergangenheit immer wieder zu heftigen<br />
Ausbrüchen geführt, da die <strong>La</strong>va sehr dickflüssig ist und daher oft explosionsartig ausbricht.<br />
Zusätzlich werden häufig größere Bomben ausgeworfen.<br />
• Peleanisch: Dieser Vulkanausbruchstyp hat die dickflüssigste <strong>La</strong>va aller Ausbruchstypen. Eine<br />
Glutlawine, die aus einem Gemisch von <strong>La</strong>va, Asche und Gestein besteht, quillt über den<br />
Kraterrand und brennt auf ihrem Weg hinunter alles nieder. Aufgrund des hohen Gasdrucks,<br />
der in solchen Vulkanen herrscht, kommt es zusätzlich zu heftigen Explosionen.<br />
• Phreatomagmatisch: Bei Ausbrüchen dieser Art kommt die Magma in Kontakt mit Wasser,<br />
das löst eine Wasserdampfexplosion im Vulkan aus. Zu solchen Ausbrüchen kann es an <strong>La</strong>nd,<br />
unter Wasser oder auch im Eis kommen. Der Poás wird auf Grund seiner manchmal geysirartigen<br />
Fontänen hierzu gerechnet.<br />
PLATTENTEKTONIK<br />
Um die tektonischen Vorgänge unseres Planeten zu verstehen, ist es notwendig den schematischen<br />
Aufbau der Erde zu kennen. Die Plattentektonik ist die Theorie für die großräumigen Abläufe in der<br />
Lithosphäre, zu dieser gehören die Erdkruste (kontinentaler und ozeanischer Teil) und der feste Teil<br />
des oberen Erdmantels. Der mobile Teil des oberen Erdmantels gehört zu der unterhalb liegenden<br />
Asthenosphäre.<br />
Nach Theorie der Plattentektonik ist die Lithosphäre in sieben große und etliche kleine Platten auseinandergebrochen.<br />
Dabei handelt es sich um massive Gesteinskörper, deren Umrisse jedoch nicht mit<br />
den Kontinenten übereinstimmen. Letztere werden nur passiv mit den Platten mittransportiert. Die<br />
Plattentektonik beschreibt die Bewegungen dieser Platten (= Kontinentalverschiebung) und die daraus<br />
resultierenden Erscheinungen. Durch die Erkenntnis des Schalenbaus der Erde kann man sich die<br />
Konvektionsströme im Erdmantel erklären, wie die Lithosphärenplatten in bestimmte Richtungen<br />
bewegt werden und dabei miteinander reagieren. Diese Bewegungen sind nur möglich, weil die Asthenosphäre<br />
heiß und verformbar ist. Aus dem großen Druck dieser Kontinentalverschiebung resultieren<br />
Faltenbildungen (Gebirge) und Tiefseerinnen. Die relativen Bewegungen der Platten sind messbar<br />
und liegen zwischen 2 und 16 cm jährlich. So ist auch die Theorie der Plattentektonik entstanden.<br />
Alfred Wegener hat bereits 1915 festgestellt, dass die Kontinente wie Puzzelteile zusammenpassen.<br />
Zusätzlich wurden in Afrika und Südamerika die gleichen fossilen Funde einer Spezies entdeckt, was<br />
darauf schließen lässt, dass die beiden Kontinente ursprünglich einmal zusammengehangen sind. Heute<br />
ist dies wissenschaftlich bestätigt und dieser „Urkontinent“ wird als Pangäa bezeichnet.<br />
Diese großen Änderungen in der kontinentalen Kruste führen zu sekundären Phänomenen, wie Vulkanismus<br />
und Erdbeben (Beispiel großes Beben 1991 in Costa Rica), die ihrerseits wiederum Tsunamis<br />
auslösen können. Diese Phänomene treten insbesondere dort auf, wo die Platten aneinander stoßen.<br />
51
Walpurga Goebel, Barbara Rittmannsberger<br />
Vulkanismus und Vulkane Costa Ricas<br />
Es gibt verschiedene Arten von Plattengrenzen:<br />
• Divergierend: Die Platten bewegen sich voneinander weg. Eine solche Plattengrenze ist<br />
durch zentrale Grabenstruktur gekennzeichnet (Mittelozeanischer Rücken oder Tiefseerinnen<br />
genannt). Hier entstehen Vulkane der Spreizungszone.<br />
• Konvergierend: Die Platten kollidieren miteinander bzw. subduzieren. Zeichen dafür sind einerseits<br />
Hochgebirge („aufwölben“ der Platte) an Kontinentalrändern, und anderseits tiefe<br />
Gräben („abtauchen“ der Platten). Als sekundäres Phänomen treten hier Subduktionsvulkane<br />
auf.<br />
• Konservativ: Die Platten gleiten aneinander vorbei, was jedoch nicht kontinuierlich, sondern<br />
meist ruckartig erfolgt. Diese Bewegung äußert sich häufig in Form von Erdbeben.<br />
VORKOMMEN VON VULKANEN<br />
• Vulkane der Spreizungszone liegen beinahe alle auf dem Meeresboden, dort wo die tektonischen<br />
Platten der Erdkruste auseinanderdriften. Das aufsteigende Magma aus der Lithosphäre<br />
drängt die Platten jedes Jahr um einige Zentimeter auseinander (= “Sea-Floor-Spreading“).<br />
Durch gegenseitige Subduktion der Krustenplatten wächst der Atlantik und schrumpft der Pazifik<br />
im Gegenzug. Vulkane der Spreizungszone sind zumeist rote Vulkane oder Schildvulkane.<br />
• Vulkane der Subduktionszone treten dort auf wo Erdplatten aufeinander treffen und die Platte<br />
mit der höheren Dichte unter die andere geschoben wird. Die hinuntergeschobene Platte erhitzt<br />
und schmilzt schließlich. Die andere Platte wird dadurch angehoben. Durch das Schmelzen<br />
des oft siliziumdioxidreichen Gesteins bildet sich Magma, welche mit hohem Druck an<br />
die Erdoberfläche gelangt und somit die Grundlage für Vulkane bildet. Zu den Vulkanen der<br />
Subduktionszone zählen hauptsächlich graue Vulkane oder Schichtvulkane, diese bilden den<br />
sogenannten „Ring of Fire“, den pazifischen Feuerring. Entlang dieses Gebietes liegen 65 %<br />
der Vulkane, die innerhalb der letzten 10.000 Jahre aktiv waren.<br />
Der pazifische Feuerring – „Ring of Fire“<br />
52
Walpurga Goebel, Barbara Rittmannsberger<br />
Vulkanismus und Vulkane Costa Ricas<br />
• Intraplattenvulkanismus (z.B. Hot Spots, Plumes) erklärt die Entstehung von Vulkanen außerhalb<br />
von Subduktionszonen. Über „Hot Spots“ und „Plumes“ (werden teilweise auch synonym<br />
verwendet) gibt es die verschiedensten Theorien, es gilt jedoch noch keine als gesichert.<br />
Ein „Hot Spot“ ist eine ortsfeste Aufschmelzung des Erdmantels aus der ständig geschmolzenes<br />
Material aufsteigt. Durch das ständig aufsteigende Magma baut sich ein großer Druck auf,<br />
der solange steigt, bis die Erdkruste aufbricht, und es zu einem Vulkanausbruch kommt. Die<br />
Erdkrustenplatten „schwimmen“ über die „Hot Spots“ hinweg. So ist zum Beispiel die Inselgruppe<br />
Hawaii entstanden (perlschnurartig aneinander gereiht). Driftet die Platte weiter, entfernt<br />
sie sich vom „Hot Spot“ und wird damit inaktiv.<br />
Plumes versorgen Vulkane im Untergrund mit Magma. Sie verbleiben stationär im Erdmantel,<br />
während sich die Platte über den Versorgungskanal bewegt.<br />
2.2.2 Vulkane und Menschen weltweit<br />
GESCHICHTE<br />
Die Menschen scheinen schon seit Urzeiten die Nähe des Vulkans zu suchen. So haben Anthropologen<br />
Spuren in Tansania an einem Vulkan entdeckt, die über 3,7 Millionen Jahre alt sind. In der Nähe der<br />
Vulkane fanden die Urmenschen gute Bedingungen zum leben: einen fruchtbaren Boden, ausreichend<br />
Nahrung (Tiere und Pflanzen) und Rohmaterial für Werkzeuge und Waffen. Auch wenn verheerende<br />
Vulkanausbrüche die Menschen aus der Nähe der Vulkane vertrieben, kehrten doch die meisten zurück,<br />
sobald die sichtbare Gefahr vorbei war.<br />
So ist es nicht verwunderlich, dass sich auch zahlreiche Mythen und religiöse Vorstellungen um die<br />
„Feuerberge“ ranken. Sei es der schon erwähnte römische Gott Vulcano, die biblische Geschichte um<br />
Sodom und Gomorrha, der isländische Feuervogel, die hawaiianische Vulkangöttin Pele, oder das<br />
sagenumwobene Atlantis. Auf der ganzen Welt haben die Vulkane den Glauben der Menschen geprägt.<br />
VULKANAUSBRÜCHE<br />
Große Vulkanausbrüche haben wesentlich weitreichendere Folgen, als es auf den ersten Blick vielleicht<br />
scheint. So fallen nicht nur immer wieder viele Menschen einem Vulkanausbruch zum Opfer,<br />
sondern es kommen viele Überlebende der unmittelbaren Katastrophe durch deren Folgen um (Verlust<br />
von Hab und Gut, Hungersnöte durch Ernteverlust, etc.).<br />
Vulkanausbrüche werden durch den „VEI“ (volcanic explosivity index) definiert, dabei werden die<br />
Größe, die Heftigkeit, das Volumen und die Höhe der Eruptionswolke erfasst.<br />
EINIGE DER GRÖßTEN UND BEKANNTESTEN VULKANAUSBRÜCHE SIND HIER<br />
AUFGELISTET:<br />
• 79 n. Chr. Vesuv (Italien): Die Städte Pompeji und Herculaneum wurden völlig zerstört und<br />
ungefähr 25.000 Menschen starben.<br />
• 1815 Tambora (Indonesien): Dies war der heftigste Ausbruch, der bisher beobachtet wurde<br />
(50 km³ vulkanisches Material). Der Ausbruch und dessen Folgen forderten ca. 92.000 Menschenleben.<br />
• 1883 Krakatau (Indonesien): Es kamen ca. 30.000 Menschen um.<br />
• 1902 Mont Pelée (Martinique): Der Ausbruch forderte ca. 30.000 Menschenleben und die<br />
acht Kilometer entfernte Hafenstadt St. Pierre wurde zerstört.<br />
• 1912 Katmai (USA, Alaska): Dieser gilt als der schwerste Ausbruch im 20. Jahrhundert.<br />
• 1980 St. Helens (USA): Der Vulkan explodierte (der Kegel brach ein), trotz großer Evakuierungen<br />
starben 62 Menschen.<br />
• 1985 Nevado del Ruiz Armero (Kolumbien): Durch die Explosion wurden Eiskappen geschmolzen<br />
und Wasser- und Schlammmassen freigesetzt, die die Stadt Armero verwüsteten.<br />
Dabei kamen 31.000 Menschen ums Leben.<br />
• 1991 Pinatubo (Philippinen): Es wurden 7 km³ Asche ausgeworfen und 1.000 Menschen starben,<br />
trotz rechtzeitiger Evakuierung.<br />
53
Walpurga Goebel, Barbara Rittmannsberger<br />
Vulkanismus und Vulkane Costa Ricas<br />
Auch in Costa Rica kam es immer wieder zu Katastrophen nach Vulkanausbrüchen, diese werden<br />
jedoch in den nachfolgenden Kapiteln zu den einzelnen Vulkanen erwähnt.<br />
GEFAHRENZONEN<br />
Die Einteilung von Gefahrenzonen ist nicht leicht, da jeder Vulkan eine andere Ausbruchsform hat<br />
und somit andere Risiken birgt. Es gibt somit keine einheitlichen Kilometerangaben für die Gefahren<br />
bei einem Ausbruch. Zusätzlich gibt es unterschiedliche Einteilungen mit Ziffern, Buchstaben, etc.<br />
Eine ganz allgemeine Einteilung ist folgende:<br />
Die rote Zone nahe am Vulkan ist die Zone des Todes, pyroklastische Ströme würden alles zerstören.<br />
In der gelben Zone droht für die Menschen keine unmittelbare Lebensgefahr. Doch der Ascheregen<br />
würde den Menschen das Atmen erschweren. Hausdächer könnten durch die <strong>La</strong>st der Asche und <strong>La</strong>vabrocken<br />
einstürzen.<br />
In der blauen Zone kann sich die Asche mit Wasser vermischen und reißende Schlammlawinen auslösen.<br />
LANDWIRTSCHAFT<br />
Nach Vulkanausbrüchen verteilt sich die nährstoffreiche Asche, und durch den Regen werden die<br />
Vulkanaschen aufbereitet. So kann sich der Boden rasch wieder regenerieren, außerdem können die<br />
porösen Gesteinspartikel die Feuchtigkeit gut binden. Schon wenige Jahre nach einem Ausbruch gedeihen<br />
bereits die ursprünglichen Pflanzenkulturen wieder. Besonders in den tropischen und subtropischen<br />
Regionen kommt es zu einem raschen Pflanzenbewuchs nach einem Vulkanausbruch. Je trockener<br />
oder auch kälter das Klima ist, umso länger dauert es bis die Spuren eines Ausbruchs verschwinden.<br />
Je nach Klima werden die unterschiedlichsten Plantagen angebaut. Auf dem Ätna etwa, herrschen<br />
Orangen- und Zitronenplantagen vor, aber auch Wein wird angebaut („Etna Rosso“). Die vulkanischen<br />
Insel <strong>La</strong>nzerote (ebenso wie die Azoren) wird für Weinbau genutzt, die Weinstöcke werden<br />
einzeln vor Wind und Erosion geschützt gezogen. Bananenplantagen werden auch schon kurz nach<br />
einem Ausbruch (Bulldozer ebnet; für Bananen gute Bedingungen auf vulkanischem Boden) auf den<br />
Kanarischen Inseln gesetzt. In Asien, als Beispiel seien die Philippinen genannt, werden Tee- oder<br />
Reisplantagen an den Vulkanhängen gezüchtet.<br />
Viel schwieriger gestaltet sich die Wiederbesiedelung auf <strong>La</strong>vaströmen, die dauert meist mehrere<br />
Jahrhunderte. Am Grad der Besiedelung kann man daher oft das Alter dieser <strong>La</strong>vaströme abschätzen.<br />
TOURISMUS<br />
Bereits die alten Römer zog es immer wieder zu den heißen Thermalquellen, aber sie bevorzugten<br />
Quellen, die nicht in der Nähe der Vulkane lagen um den Gott „Vulcanus“ auf keinen Fall wütend zu<br />
machen.<br />
Im Mittelalter boomten die heißen<br />
Quellen regelrecht, da man entdeckte,<br />
dass sie eine lindernde Wirkung<br />
bei vielen Krankheiten durch ihre<br />
mineralischen Bestandteile hatten.<br />
Eine völlige andere Art von Vulkantourismus<br />
gab es rund um den Globus<br />
auch noch: den religiöser Art. In<br />
fast allen Kulturen hatten die Götter<br />
ihren Sitz auf den Vulkanbergen.<br />
Schon früh fanden viele naturwissenschaftlich<br />
Interessierte gefallen<br />
an Vulkanen, und bereisten sie auch<br />
(Beispiel: Alexander von Humboldt,<br />
Johann Wolfgang von Goethe,<br />
Charles Darwin). Ab dem zweiten<br />
Gruppenfoto am Vulkan Irazú (Aussichtspunkt auf den Krater Principal<br />
mit seinem giftgrünen Kratersee)<br />
Weltkrieg entwickelte sich ein Massentourismus hin zu vielen Vulkangebieten. Besonderes Interesse<br />
galt damals den Azoren, Indonesien, Kanarischen und Griechischen Inseln, wobei vorerst das angenehme<br />
Klima im Vordergrund stand. Die landschaftliche Schönheit der Vulkangebiete führte jedoch<br />
54
Walpurga Goebel, Barbara Rittmannsberger<br />
Vulkanismus und Vulkane Costa Ricas<br />
schon bald zu Schaffung von Nationalparks, die weltweite Bekanntheit erreichten. Auch in Costa<br />
Rica war der erste Nationalpark ein Vulkangebiet: der Irazú und seine Umgebung.<br />
Besonders durch das Fernsehen wurden vielen Menschen die Vulkane näher gebracht, und damit ihre<br />
Scheu vor den „donnernden Bergen“, die davor vor allem aus Katastrophen bekannt waren, abgebaut.<br />
Touristen wollen die Vulkane so nah wie möglich erleben, wodurch Kompromisse zwischen dem<br />
Schutz der <strong>La</strong>ndschaft, den Schutz der Reisenden und den wirtschaftlichen Interessen geschlossen<br />
werden. Gerade Hotelbesitzer bauen ihre Hotels zu nahe an die Vulkane, d.h. innerhalb der Gefahrenzone,<br />
wo eigentlich keine Häuser zugelassen sind. Am Fuße des Arenals stehen auch einige Hotels in<br />
der roten Gefahrenzone, um den Touristen den bestmöglichen Blick auf das <strong>La</strong>vaschauspiel zu bieten.<br />
Immer wieder kommt es auch zu Unfällen von Touristen, die in abgesperrte Gebiete gehen oder einfach<br />
in Krater absteigen (selbst wenn diese erloschen sind, gibt es doch einige Gefahren), da sie die<br />
Gefahren selbst nicht kennen und auch nicht einschätzen können.<br />
ANDERE NUTZUNGEN<br />
Schwefel wird für die verschiedensten Zwecke, unter oft gefährlichen Bedingungen, abgebaut (als<br />
Säuerungsmittel z.B. in Zuckerfabriken, Vulkanisierung von Kautschuk, als Basis für Farbstoffe und<br />
Arzneien). Auch andere Mineralien sind gefragt: Borsäure, Salmiak, Alunit, etc. Heute kann man<br />
viele dieser Stoffe schon technisch herstellen, aber früher war der gefährliche Abbau oft der einzige<br />
Weg. Bestimmte Vulkangesteine, wie Basalt, sind wichtige Baumaterialen. Des Weiteren finden<br />
folgende vulkanische Gesteine Verwendung: Bimsstein, Diamanten, etc.<br />
Die Erdwärme wird heute vielfach zur Wärmegewinnung und Energieerzeugung genutzt. Diese Form<br />
der „Alternativen Energie“ wird auch in Mittelamerika immer populärer. In Costa Rica dient als Beispiel<br />
der Vulkan Miravalles.<br />
VORHERSAGEN VON VULKANAUSBRÜCHEN<br />
Die Vorhersage von Eruptionen wird immer wichtiger, da die Bevölkerung in der Nähe von Vulkanen<br />
jährlich zunimmt. In Costa Rica hat das „Valle Central“ mit Abstand die größte Bevölkerungsdichte,<br />
trotz der Nähe zu einigen Vulkanen. Nicht nur die Bevölkerung an den fruchtbaren Vulkanhängen<br />
nimmt zu, sondern auch die Masse an Touristen, die besonders von den aktiven Vulkanen angezogen<br />
wird. In der unmittelbaren Umgebung des Vulkans ist die Sicherheit der „Vulkantouristen“, und damit<br />
die richtige Einschätzung der Gefahr, von großer Bedeutung.<br />
In den letzten Jahren hat sich die Zahl der Getöteten und Verletzten bei Vulkanausbrüchen weltweit<br />
deutlich verringert, die materiellen Schäden sind dagegen gestiegen.<br />
Alle Signale, die ein Vulkan in einer Ruhepause oder im Vorfeld einer Aktivität aussendet, werden<br />
heutzutage in seismischen Messnetzen genau erfasst. Es werden die austretenden Gase genau analysiert,<br />
der Wärmegradient erfasst, und auch die Gestalt des Vulkans (Vulkane verändern vor Explosionen<br />
häufig ihre Form) beobachtet. Auch Erdbeben können auf einen baldigen Vulkanausbruch hinweisen.<br />
Noch sind die Prognosen von Vulkanausbrüchen relativ unsicher, aber es werden laufend neue<br />
wissenschaftliche Erkenntnisse über Vulkane gewonnen.<br />
2.2.3 Costa Rica –<br />
Entstehung der mittelamerikanischen <strong>La</strong>ndbrücke<br />
Für den geologischen Bau Mittelamerikas sind komplizierte tektonische Vorgänge verantwortlich. So<br />
grenzen hier auf engem Raum viele, teilweise auch kleine Lithosphärenplatten (Cocos-, Karibische,<br />
Pazifische, Südamerikanische und Nordamerikanische Platte) aneinander. Neben Sedimentgestein<br />
spielen daher auch Vulkane und Erdbeben am Aufbau eine große Rolle. Aus diesem Grund ist Mittelamerika<br />
eine besonders instabile Region der Erdkruste. Am westlichen Rand liegt es auf der Karibischen<br />
Platte, und im östlichen Teil auf der Cocosplatte.<br />
Vor etwa 100 Millionen Jahren, im Meozän, begann sich die Karibische Platte unter den Rand der<br />
Cocosplatte zu schieben (Subduktion). Dadurch entstand dort zwischen Nord- und Südamerika <strong>La</strong>nd,<br />
welches einfach aus dem Meer gehoben wurde. Vorerst waren dies nur vereinzelte Inseln. Vor etwa<br />
drei Millionen Jahren wurden diese Inseln durch Anhebungen des Meeresbodens, vulkanische Tätig-<br />
55
Walpurga Goebel, Barbara Rittmannsberger<br />
Vulkanismus und Vulkane Costa Ricas<br />
keit und Erosionsvorgänge, miteinander verbunden. Damit wurde eine <strong>La</strong>ndbrücke gebildet, die seither<br />
die Verbindung zwischen Nord- und Südamerika darstellt.<br />
Mit der Subduktion der Karibischen Platte, und der folgenden Verwerfung, gingen wie an jedem Plattenrand<br />
Vulkanausbrüche und Erdbeben einher. Vulkanische Aktivitäten haben somit die <strong>La</strong>ndschaft<br />
Mittelamerikas geformt, welche mit hohen Gebirgsketten durchsetzt ist. Die meisten dieser „Berge“<br />
sind jedoch Vulkane, die zum Großteil erloschen sind. In den Kraterkesseln (Calderen) haben sich<br />
teilweise großflächige Seen gebildet, von denen einige, auf Grund ihrer chemischen Zusammensetzung,<br />
ein wunderschönes Farbenspiel bieten.<br />
Auf den ersten Blick lässt sich in Costa Rica eine natürliche Gliederung in drei geographische Gebiete<br />
von Nordosten nach Südwesten erkennen: das Karibische Tiefland an der atlantischen Seite, das hügelige<br />
Küstenvorland auf der pazifischen Seite, und dazwischen die Kordillerenkette mit vulkanischem<br />
Ursprung.<br />
Letztere wird im Allgemeinen in vier Teile gegliedert:<br />
• Cordillera de Guanacaste: Sie liegt im Norden und besteht aus einer Aneinanderreihung<br />
erdgeschichtlich junger Vulkankegel (Orosi, Rincón de la Vieja, Miravalles, Arenal).<br />
• Cordillera de Tilaran: Sie schließt an die Cordillera de Guanacaste an und ist ein relativ<br />
kleiner Gebirgszug. Sie bildet ein Bindeglied zur Cordillera Central. Die Berge sind meist bewaldet<br />
und erreichen Höhen bis etwa 1.300 m.<br />
• Cordillera Central: In der Mitte der Gebirgskette liegt die Cordillera Central, die sich zu einer<br />
hügeligen Hochebene der Meseta Central verbreitert, wo sich die bekanntesten Vulkane<br />
des <strong>La</strong>ndes befinden (Poás, Barva, Irazú, Turrialba). Sie erreichen Höhen von über 2.500 m.<br />
• Cordillera de Talamanca: Diese Cordillera liegt ganz im Süden und stellt das bisher am wenigsten<br />
erschlossene Gebirgsmassiv dar, das im 3.820 m hohen Chirripó gipfelt. Sie ist aus<br />
klastischen Gesteinen und Kalken, mit vulkanischen Einschlüssen, aufgebaut.<br />
2.2.4 Vulkane Costa Ricas<br />
In Mittelamerika gibt es über 50 aktive Vulkane, von denen ein Großteil im mittleren Tertiär entstanden<br />
ist und zum Typ der Subduktionsvulkane zählt. Alle Vulkane Mittelamerikas gehören, wie auch<br />
die meisten Vulkane Nord- und Südamerikas, zum Pazifischen Feuerring.<br />
In Costa Rica selbst gibt es etwa 90 inaktive Vulkane und 10 aktive Vulkane, die wie auf einer Schnur<br />
aufgereiht in Sichtweite zu ihrem jeweiligen Nachbarn liegen. Sie bestimmen die gesamte Geomorphologie<br />
des <strong>La</strong>ndes.<br />
Aktive Vulkane<br />
Vulkan Arenal Vulkan Poás, Kratersee Vulkan Irazú, Kratersee<br />
VULKAN ARENAL<br />
<strong>La</strong>ge:<br />
Der Vulkan Arenal liegt 16 km westlich der Stadt Fortuna. Der kegelförmiger Berg ist wohl der beliebteste<br />
Vulkan des <strong>La</strong>ndes, da er derzeit ständig aktiv ist. Der 1.643 m hohe Kegel des Vulkan Arenal<br />
überragt den kürzlich gegründeten Nationalpark, der insgesamt acht der zwölf costaricanischen<br />
Vegetationen umfasst. Zu dem 10.800 ha großen Park gehört, neben dem Vulkan Arenal auch noch<br />
56
Walpurga Goebel, Barbara Rittmannsberger<br />
Vulkanismus und Vulkane Costa Ricas<br />
der niedrigere Vulkan Chato (1.100 m), ein schlummernder Kegel mit einem erbsengrünen See im<br />
erloschenen Krater. Der Cerro Chato zeigt seit rund 3.500 Jahren keine Aktivität mehr. Zu dieser Zeit<br />
schob sich der Arenal gerade erst aus dem Boden und wuchs empor wie ein gigantischer Maulwurfshügel.<br />
Mit seinem fast völlig symmetrischen Kegel, gehört der Arenal zu der Gruppe der Stratovulkane<br />
und ist der jüngste Vulkan in Costa Rica. Die ältesten, bekannten Gesteine sind nur 2.900 Jahre alt.<br />
Durch die großen <strong>La</strong>vamengen, die der Vulkan ausstößt, verändert sich die exakte Höhe häufig.<br />
Es ist durchaus nachvollziehbar, dass Costa Ricas Ureinwohner den Berg als heilig verehrten.<br />
Krater:<br />
Vor dem großen Ausbruch 1968 zeigte der Vulkan lediglich hin und wieder eine schwache Rauchaktivität<br />
in seinem alten Krater. Durch die große Eruption bildeten sich drei neue Krater, was ein Indiz für<br />
den enormen Druck ist, der sich im <strong>La</strong>ufe der Jahre aufgestaut hatte.<br />
Ausbrüche:<br />
Bis zu seiner Erstbesteigung im Jahre 1937 glaubte man nicht an einen vulkanischen Ursprung des zu<br />
dieser Zeit etwa 1.633 m hohen Berges, der damals noch völlig überwachsen war. Die letzte große<br />
Eruption (seit bestehenden Aufzeichnungen) dürfte ungefähr um 1500 gewesen sein, da aus dieser Zeit<br />
<strong>La</strong>vaströme entdeckt und analysiert werden konnten.<br />
Doch die erste große Eruption im 20. Jahrhundert, am 29. Juni 1968 (siehe weiter unten: „Der Tag des<br />
Weltuntergangs“), bewies Gegenteiliges. Der Druck, der sich über 450 Jahre aufgebaut hatte, löste<br />
sich in einer gewaltigen Explosion, über fünfzehn Quadratkilometer wurden mit <strong>La</strong>va, Felsen und<br />
Asche bedeckt. Insgesamt gab es Spuren des Ausbruchs auf mehr als 232 km². Die Vegetation des<br />
Vulkans wurde vollkommen vernichtet und das Umfeld verwandelte sich in wenigen Minuten in eine<br />
Mondlandschaft, die noch heute sichtbar ist. Dabei wurden auch die Ortschaften Pueblo Nuevo und<br />
Tabacón völlig zerstört. 80 Menschen kamen damals ums Leben.<br />
Mit dieser ersten Explosion 1968, wurden drei neue Krater geformt. Einer von ihnen bekam den Namen<br />
Krater A und aus diesem strömte noch im September desselben Jahres zum ersten Mal <strong>La</strong>va.<br />
Die größten Risiken am Vulkan Arenal sind die pyroklastischen Ströme. Das sind Feststoff-Gas-<br />
Dispersionen, die sich sehr schnell ins Tal bewegen, und in deren Begleitung explosive vulkanische<br />
Eruptionen auftreten können.<br />
Bis heute blieb der Vulkan einer der aktivsten der Welt, regelmäßig fließt <strong>La</strong>va an den Hängen ins Tal<br />
und immer wieder wirft er glühende Gesteinsbrocken, deren Durchmesser bis zu 5,7 m betragen, auf<br />
ca. 300 m Höhe in die Atmosphäre. Es kann mehrmals täglich zu Eruptionen kommen, manchmal ist<br />
aber auch für einen ganzen Monat Ruhe. Bei gutem Wetter kann man tagsüber Rauchwolken vom<br />
Krater aufsteigen sehen, begleitet von einem weithin hörbaren Grollen. Besonders eindrucksvoll ist<br />
der Vulkan bei Dunkelheit, wenn die orangeglühende <strong>La</strong>va die Nacht erhellt.<br />
Seit 25 Jahren beobachten Seismologen des Smithonian Institute und der Universidad de Costa Rica<br />
(UCR) den Vulkan und registrieren jede Aktivität. Die ehemalige Beobachtungsstation an der Arenal<br />
Observatory Lodge ist heute den Touristen vorbehalten.<br />
„Der Tag des Weltuntergangs"<br />
Der Augezeuge Francisco Araya schildert der Ausbruch des Vulkans Arenal am 29. Juni 1968:<br />
„Am Morgen, an dem der Arenal ausbrach, blickte Angel Valerio aus dem Fenster seines Hauses auf<br />
einen wolkenlosen Himmel. Die perfekte Silhouette des Berges sperrte sich gegen das Licht der ersten<br />
Sonnenstrahlen des Tages, und an den Hängen des Vulkans erwachte das Leben. Wie viele andere<br />
Bewohner war er im Schatten des Vulkans geboren und kannte ihn als majestätischen und stillen Berg.<br />
Gegen 7.00 Uhr verließ er sein Haus um auf seiner Finca einige Kühe auszusuchen, die er an diesem<br />
Tag verkaufen wollte. Im Haus blieben seine Frau Christina und seine beiden Söhne zurück. Etwa eine<br />
Stunde später, als er mit einigen <strong>La</strong>ndarbeitern das Vieh einsammelte, begann die Erde zu zittern und<br />
sie hörten ein schreckliches Rumoren. Sie konnten kaum glauben was sie sahen: An der Flanke des<br />
Arenals öffnete sich ein gigantischer Schlund und schleuderte eine riesige Wolke aus giftigen Gasen<br />
und Glut in den sich verdunkelnden Himmel. Fast gleichzeitig setzte ein starker Niederschlag von<br />
Asche, Schlamm und Steinen ein. „Das Ende der Welt", dachte Angel. So schnell ihn sein Pferd tragen<br />
konnte ritt Angel nach Hause. Der Vulkan schleuderte indes unablässig <strong>La</strong>va in die Höhe. Die Asche<br />
kroch ihm in Augen und Mund, trotz seines Sombreros und eines Tuches, welches er sich zum Schutz<br />
vors Gesicht gebunden hatte. Schließlich erreichte er sein Haus; rief verängstigt nach seiner Familie.<br />
57
Walpurga Goebel, Barbara Rittmannsberger<br />
Vulkanismus und Vulkane Costa Ricas<br />
Doch es gab keine Antwort. Er rannte in die Küche, wo ihn ein schrecklicher Anblick erwartete. Seine<br />
Frau lag tot am Boden. Erschlagen von einem <strong>La</strong>vabrocken, der das Dach durchschlagen hatte. Von<br />
Verzweiflung ergriffen rannte Angel aus dem Haus um seine Söhne zu suchen. Doch schon nach wenigen<br />
Metern fand er sie. Mit verbrannten Kleidern lagen seine beiden Kinder vor ihm. Sie starben, als<br />
sie auf der Flucht das Haus verließen. Entsetzt war Angel sich jedoch bewusst, dass seine Tragödie<br />
kein Einzelschicksal war. Der Ort hatte Hunderte von Einwohnern, die versuchten vor der Eruption zu<br />
flüchten. Das Gebiet war ein Inferno aus glühenden Aschen und klagenden Menschen, die verstört<br />
umherirrten. Auf den Weiden starb das Vieh, es erstickte, verbrannte oder wurde erschlagen. Viele<br />
Menschen sammelten ihre Habseligkeiten ein und versuchten sich in Sicherheit zu bringen. Andere<br />
blieben, um nach ihren Verwandten und Nachbarn zu suchen. Die Schreckensbilder wiederholten sich<br />
in den Dörfern auf der Nordwestseite des Vulkans. Das Dorf Tabacón, wurde zerstört und unter A-<br />
schen begraben. Gegen 11.00 Uhr morgens schleuderte eine wesentlich heftigere Eruption tausende<br />
Tonnen von Asche über die gesamte Region. Die Sonne war nahezu verdunkelt. Die schwarzen Wolken<br />
dehnten sich aus und erreichten entfernt gelegene Gebiete im ganzen <strong>La</strong>nd. All diese Gebiete waren<br />
in wenigen Tagen unter einem Mantel von Staub und Asche gehüllt - an manchen Stellen bis zu<br />
einem halben Meter dick. An den Flanken des Vulkans schoben sich <strong>La</strong>vaströme hangabwärts und<br />
fraßen sich in Felder und Weideland. Flüsse, wie der Arenal und der Tabacón verwandelten sich in<br />
Schlammströme, die Häuser bedrohten und abgelegene Gehöfte von der Umwelt abschnitten. Das<br />
verschmutzte Wasser vernichtete die gesamten Fischbestände. Gegen Nachmittag erreichte die Lufttemperatur<br />
50° C."<br />
(http://www.vulkane.net/)<br />
Die letzten starken Eruptionen gab es am 8. Mai 1998. Es waren vorübergehende Evakuierungen einiger<br />
Hotels notwendig. Doch die Gefahr war schnell vorüber und niemand wurde verletzt. Auch 2003<br />
war der Arenal wieder stärker aktiv.<br />
VULKAN POÁS<br />
<strong>La</strong>ge:<br />
Der Parque Nacional Volcán Poás umfasst ein 5.600 ha großes Areal rund um den gleichnamigen<br />
Vulkankomplex Poás, dessen höchster Punkt auf 2.708 m liegt. Er befindet sich 30 km nördlich der<br />
Stadt Alajuela. Der Hauptkrater hat einen Durchmesser von 1,5 km und eine Tiefe von 300 m (bis zum<br />
Kratersee) und zählt damit zu den größten aktiven Vulkankratern der Erde. Der dampfende Kratersee<br />
misst etwa 350 m im Durchmesser und erreicht Temperaturen zwischen 30 °C und 80 °C. Die durchschnittliche<br />
Lufttemperatur am Vulkan Poás beträgt ungefähr 12 °C.<br />
Krater:<br />
Der Vulkan erhebt sich über die Überreste von zwei erodierten Calderen, die Äußere mit 7 km, die<br />
Innere mit 3 km Durchmesser. Die Gipfelregion besteht aus drei Kratern, die entlang einem Nord-Süd<br />
verlaufenden Bruchsystems orientiert sind. Der Südliche von zwei Kraterseen, genannt <strong>La</strong>guna Botos<br />
hat einen Durchmesser von 400 m und ist 14 m tief. Sein Wasser ist kalt, klar und trinkbar. Da die<br />
letzte Eruption bereits 7.500 Jahre zurückliegt, ist der Krater von dichtem montanem Regenwald bewachsen.<br />
Der See im Hauptkrater ist türkis-blau und von Fumarolen gesäumt, die noch wesentlich<br />
höhere Temperaturen als der Kratersee erreichen. Unter anderem durch die chemischen Austritte in<br />
der Uferregion ist das Wasser extrem sauer. Der Kratersee zählt zu den Sauersten weltweit. Schwefelkristalle<br />
lagern sich um die Austrittslöcher der Fumarolen ab. 90 – 95 °C heißer Wasserdampf, mit<br />
hoch konzentriertem Schwefeldioxyd und Chlorgas, zersetzt das Gestein und führt zu Erdrutschen in<br />
diesen Gebieten.<br />
Flora und Fauna:<br />
Im Bereich des Nationalparks unterscheidet man vier Vegetationstypen:<br />
• Niederer Höhenwald (arrayanes, z.B.: am Weg zum Hauptkrater): Zwergwuchs, Sträucher,<br />
und Bäume nicht über 3 m Höhe. Charakteristische Pflanzen: „sombrilla de probre“ (Gunnera<br />
insignis), Stechginster und Vaccinium poasanum, eine Pflanze, die mit den Heidelbeeren<br />
verwandt ist und nur hier vorkommt.<br />
58
Walpurga Goebel, Barbara Rittmannsberger<br />
Vulkanismus und Vulkane Costa Ricas<br />
• Kraterbereich: ohne Pflanzenbewuchs oder nur wenige z.T. verkrüppelte Pflanzen, die sich<br />
den extremen Lebensverhältnissen angepasst haben.<br />
• Krüppelwald: undurchdringlich, verkrüppelte Bäume.<br />
• Nebelwald: sehr feucht und dunkel, Bäume bis 20 m Höhe (vor allem Eichen, Zedern, Weiße<br />
Zypressen), zahlreiche epiphytisch wachsende Pflanzen wie Moose, Farne, Bromelien und<br />
Orchideen.<br />
Säugetiere sind wegen der Höhenlage eher selten. Das „Poashörnchen“ ist eines der bekanntesten Tiere,<br />
die im Park zu sehen sind. Im Gebiet des Nationalparks leben aber auch Kojoten, Opposums, Kaninchen,<br />
Stinktiere und einige Raubkatzen. Vögel hingegen sind sehr zahlreich, bisher hat man im<br />
Park 79 Arten gezählt. Neben verschiedenen Kolibri-Arten leben hier auch der sagenumwobene Quetzal,<br />
der Schwarzbauchguan und der <strong>La</strong>ucharassari (Grüner Tukan).<br />
Ausbrüche:<br />
Der Vulkan Poás ist bereits seit dem Pliozän (vor 11 Millionen Jahren) aktiv und die meist geysirartigen<br />
Eruptionen fanden immer im Kratersee statt.<br />
Der erste datierte Ausbruch fand 1828 statt. Miguel Alfaro berichtete, dass er Asche und etwas mit<br />
blauen Flammen beobachtet hatte. Die blaue Farbe kam womöglich durch die Verbrennung von Sulfur<br />
zustande.<br />
Seit 1834 werden die Ausbrüche des Vulkans wissenschaftlich registriert. 1860 wurden erstmals Temperaturmessungen<br />
am Kratersee unternommen (39,1 °C). In den folgenden Jahren, bis 1888, stieg die<br />
Temperatur auf 55,5 °C. Im selben Jahr wurden heftige Erdbeben registriert. In den Jahren 1889, 1903<br />
bis 1907, kam es immer wieder zu kleineren, geysirartigen Ausbrüchen mit 70 m hohen Fontainen.<br />
Die stärkste Eruption fand am 5. Januar 1910 statt, als der Vulkan eine fast 8 km hohe Aschensäule in<br />
den Himmel schleuderte. Schweres Material formte Einschlagkrater bis zu ein Meter Tiefe, und große<br />
Teile des Vulkans wurden mit Schlamm bedeckt. Im März desselben Jahres kam es noch zu Aktivitäten<br />
mit Gasausbrüchen.<br />
Die aktivste Zeit hatte der Vulkan Poás zwischen 1952 und 1955, als die Eruptionswolken teilweise<br />
wieder eine Höhe von 8 km erreicht haben sollen, aber ein heftiger Ausbruch blieb trotzdem aus. Zu<br />
dieser Zeit verschwand der heiße See im Hauptkrater plötzlich vollständig. Diese Zeit war auch<br />
gleichzeitig die letzte stärkere eruptive Phase, als neben weißglühendem Gesteinsmaterial und <strong>La</strong>va,<br />
auch große Aschewolken ausgestoßen wurden, die große Teile des Zentraltals mit Vulkanasche bedeckten.<br />
Mit der Gründung des Poás Volcáno National Park 1971, konnte die Vulkanaktivität dauernd beobachtet<br />
werden, und man kam zu detaillierteren Informationen. Von 1977 bis 1979 konnten mehrmals E-<br />
ruptionen beobachtet werden. Am 14. Februar 1978 zum Beispiel, gab es eine Eruption mit einer Höhe<br />
von ca. 2 km.<br />
Seit Januar 1981 konnte man Veränderungen im Vulkan Poás beobachten. Es wurden allerdings keine<br />
phreatischen Ausbrüche beobachtet. Es kam verstärkt zu Gasaustritten, was besonders der umliegenden<br />
Pflanzenwelt zu schaffen machte.<br />
Auch in der Zeit von 1987 bis 1990 hatte der Poás eine aktive Phase, in der es zu Gasausstößen von<br />
bis zu einem Kilometer kam, und die Kraterseetemperatur von 58 °C auf 70 °C anstieg.<br />
1989 verschwand der Kratersee wieder völlig und in dieser Phase bildeten sich flüssige Sulfur-Pools,<br />
die eine Temperatur von bis zu 120 °C erreichten.<br />
1990 verursachte die Aktivität des Vulkans eine „saure Umwelt“, welche die Vegetation in unmittelbarer<br />
Nähe vernichtete. Es kam auch zu beträchtlichen finanziellen Einbußen. Kaffee- und Erdbeerplantagen,<br />
welche an den Hängen des Vulkans angebaut wurden, sind auf Grund des niedrigem pH-<br />
Werts beeinträchtigt und schließlich vollkommen zerstört worden. Auch die Infrastruktur wurde beschädigt,<br />
da Säure die Bausubstanz stark angriff.<br />
Auch 1994 kam es wieder zu Veränderungen: Der Kratersee trocknete erneut komplett aus. Durch den<br />
Austritt von Gas und Asche, welche durch den Wind auch stark verbreitet wurden, musste der Nationalpark<br />
für Besucher gesperrt werden.<br />
In der Zeit von 1995 bis 1997 wurde wieder beobachtet, dass sich die Wassertemperatur im Kratersee<br />
stark verändert hat (von 26 °C auf bis zu 92 °C). Der letzte stärkere Ausbruch fand 1996 statt.<br />
59
Walpurga Goebel, Barbara Rittmannsberger<br />
Vulkanismus und Vulkane Costa Ricas<br />
VULKAN IRAZÚ<br />
<strong>La</strong>ge:<br />
Der mit 3.432 m höchste Vulkan Costa Ricas bekam seinen Namen von dem Wort „Izataru" das in der<br />
Indianersprache „grollender und zitternder Berg" bedeutet. Der Vulkan liegt 35 km nordöstlich der<br />
ehemaligen Hauptstadt Cartago. Er befindet sich im Nationalpark Vulkan Irazú, der eine Fläche von<br />
2.000 ha hat und am 30. Juli 1955 gegründet wurde. Er ist somit der älteste Nationalpark Costa Ricas.<br />
Krater:<br />
Der Stratovulkan breitet sich mit seinen 12 Nebengipfeln auf einer Fläche von 500 km 2 aus und ist<br />
damit der größte Vulkan des <strong>La</strong>ndes. Das Gebiet ist von großer hydrologischer Bedeutung: Zahlreiche<br />
Flüsse entspringen hier, die die grossen Flüsse des <strong>La</strong>ndes speisen, u.a. den Río Chirripó, Reventazón,<br />
Sarapiquí und den Río Grande de Tárcoles.<br />
Der Vulkan hat einen aktiven, kreisrunden Hauptkrater (cráter principal) mit einem Durchmesser von<br />
über einem Kilometer (= eigentlich eine Caldera) und einer Tiefe von etwa 300 m. Ein meist gelbgrüner<br />
See, aus welchem Schwefeldämpfe aufsteigen, liegt auf seinem Grund. Dieser See ist für seine<br />
immer wieder wechselnde Farbe bekannt. Nebenan liegt der ebenfalls runde, 100 m tiefe Krater Diego<br />
de la Haya, dessen Durchmesser über 600m beträgt. In ihm bildet sich bei Regen ebenfalls gelegentlich<br />
ein kleiner See. Südöstlich und Nordöstlich des Hauptkraters befinden sich ebenfalls noch 2 kleinere<br />
Krater. Der Nachbarkrater des Diego de la Haya hat einen Durchmesser von etwa 700 m und eine<br />
Tiefe von 100 m. Dieser ist schon lange erloschen und mit Vulkanasche überzogen. In der Regenzeit<br />
entsteht auch auf seinem Grund ein kleiner See. Die Temperatur am Vulkan schwankt zwischen – 5 °C<br />
und + 15 °C.<br />
Flora und Fauna:<br />
Im Umfeld der Krater hat sich die Vegetation völlig verändert und den extremen Lebensbedingungen<br />
angepasst. Der spärliche und verkümmerte Bewuchs besteht vorwiegend aus Myrten (Vaccinium consanguineum),<br />
einem Strauch mit ledrigen Blättern.<br />
Oberhalb von etwa 3.300 m findet man andine Vegetation vor, die man als páramo bezeichnet (páramo<br />
pluvial subalpino). Diese Vegetationsform trifft man sonst nur in den höchsten Regionen der Talamanca-Kordillere<br />
an. In den etwas niedrigeren Regionen des Parks gibt es Sekundärwälder und Reste<br />
von Primärwäldern. Die häufigsten Baumarten sind Miconia sp. (Melastomataceae), Quercus costaricana<br />
(Fabaceae) und Drymis granatensis (Winteraceae). Wie auf den meisten vulkanischen Gebieten<br />
in Mittelamerika findet sich auch hier Gunnera insignis (Gunneraceae), der „Regenschirm der Armen“<br />
(Spanisch: „sombrilla de probre“).<br />
Die Tierwelt ist wegen der extremen Bedingungen recht artenarm. An Säugetieren leben hier u.a.<br />
Bergkaninchen, Kojoten, Gürteltiere, Stachelschweine, <strong>La</strong>ngschwanz-Wiesel, Rothörnchen und Tigerkatzen.<br />
Zahlreicher sind die Vögel vertreten: u.a. Kolibris, der Junco volcanero (eine Scharrammer der<br />
Gattung Junco), der Eichelspecht, die Kleine Brauneule, der Jilguero (eine Trugdrossel-Art), die<br />
Schlichtdrossel und der Rote Kleiber.<br />
Ausbrüche:<br />
Der Vulkan weist eine lange Geschichte von Eruptionen und eruptiven Phasen auf. Seit dem Jahre<br />
1723 sind Ausbrüche dokumentiert. Eine besonders aktive Phase war in der Zeit von 1962 bis 1965.<br />
Der Vulkan ist nach wie vor aktiv und machte am 13. März 1963 Schlagzeilen. Zu diesem Zeitpunkt<br />
hielt sich gerade der amerikanische Präsident John F. Kennedy in Costa Rica auf, als es zu einem heftigen<br />
Ausbruch kam. Weite Teile des „Valle Central“ wurden mit Vulkanasche bedeckt. In höheren<br />
<strong>La</strong>gen bedeckte eine knöcheltiefe Schicht Vulkanschlamm den Boden, die zwar die Kaffeeernte vernichtete,<br />
letztlich aber den Boden sogar düngte, so dass der Ertrag in den nachfolgenden Jahren stieg.<br />
Heute gilt der Irazú als die „Speisekammer Costa Ricas“, da die fruchtbaren Hänge bis in große Höhen<br />
landwirtschaftlich genutzt werden. Unter anderem werden Zwiebel, Kartoffel und Salat hier angebaut.<br />
1996 brach der Vulkan zum letzten Mal heftig aus. Seither wirft der Vulkan nur manchmal kleinere<br />
Mengen von Asche und Schlacke aus. Gelegentlich sieht man auch Rauchwolken aufsteigen. Die E-<br />
ruptionen des Vulkan Irazú werden oft begleitet von Erdbeben und unterirdischen Grollen, wodurch es<br />
in der Umgebung immer wieder zu Schäden kommt. So wurde Cartagos alte Basilika, bei einem Beben<br />
1912, vollkommen zerstört.<br />
60
Walpurga Goebel, Barbara Rittmannsberger<br />
Vulkanismus und Vulkane Costa Ricas<br />
VULKAN TURRIALBA<br />
Der Vulkan Turrialba liegt nordöstlich von Cartago und hat eine Höhe von etwa 3.340 m. Er ist damit<br />
der zweithöchste Gipfel der Cordillera Central und teilt sich das Fundament mit dem Vulkan Irazú<br />
(Zwillingsvulkan). Er besitzt drei klar bestimmbare Krater: den zentralen Krater, den Cerro Tiendilla<br />
(2.791 m) und den Cerro Armando (2.750 m). Außerdem gibt es noch weitere Krater, die Gase und<br />
Schwefelwasserdämpfe freisetzen. Tropische Feuchtwälder und Vorgebirgs-Regenwald sind die hier<br />
vorherrschenden Waldarten, die Bäume bis zu einer Höhe von 40 m aufweisen – viele besitzen die<br />
außergewöhnlichen Brettwurzeln, die nur im Regenwald zu finden sind.<br />
Im 19. Jahrhundert war der Stratovulkan noch sehr aktiv. Ausbrüche sind aus den Jahren 1853, 1855,<br />
1864 – 1865 und 1866 bekannt. Seit dem letzten Ausbruch 1866 steigen nur hin und wieder Dampfund<br />
Gaswolken aus dem Hauptkrater, ein Zeichen des schlafenden Stadiums.<br />
VULKAN RINCON DE LA VIEJA<br />
Der Vulkan befindet sich im Nationalpark Rincón de la Vieja. Der Vulkankomplex Rincón de la Vieja<br />
zählt zu den schlafenden Vulkanen und hat eine Höhe von 1.916 m. Südöstlich des Hauptkraters befindet<br />
sich die <strong>La</strong>gune Jilgueros, mit einer kleinen Insel in der Mitte. Die höchste Erhebung des Rincón<br />
ist der Doppelgipfel Santa Maria. Der Vulkan hat einen 500 m großen Krater, der bei einer Plinianischen<br />
Eruption vor 3.500 Jahren entstanden, und seit langer Zeit erloschen ist. Hauptattraktion sind<br />
die heißen Quellen mit etwa 45 °C, welche sich in natürlichen Becken sammeln, sowie die blubbernden<br />
Schlammlöcher. Explosive Ausbrüche sind bereits aus den Jahren 1765, 1844, 1849 – 1863, 1912<br />
und 1922 bekannt. Von 1966 bis heute kam es immer wieder zu Aktivitäten. Die letzte war 1998, und<br />
auch für die Zukunft werden Ausbrüche erwartet.<br />
Rund um den Vulkan ist Trockenwald vorherrschend, der nicht so dicht wie Regenwald ist, wodurch<br />
sich Tiere, wie Affen, Nasenbären und Leguane, gut beobachten lassen.<br />
VULKANE MIRAVALLES UND TENORIO<br />
Die Vulkane Miravalles (2.028 m) und Tenorio (1.916 m) befinden sich nordöstlich der Interamericana.<br />
Sie liegen beide in der Cordillera de Guanacaste.<br />
Savannen an den unteren Westhängen, Bergregenwald in den mittleren und Nebelwald in den hohen<br />
<strong>La</strong>gen bestimmen das Bild der beiden Vulkane und bieten überdies vielen Tieren und Pflanzen einen<br />
einzigartigen Lebensraum.<br />
Der Vulkan Tenorio liegt in einem gleichnamigen 12.872 ha großen Nationalpark, und sein Krater ist<br />
mit Wasser gefüllt.<br />
Der Vulkan Miravalles liegt in einem geschützten Naturreservat. Schlammlöcher, dampfende Felsöffnungen<br />
und Schwefelquellen zeugen noch heute von der vulkanischen Aktivität vergangener Zeiten.<br />
Der Vulkan wird jedoch nicht nur für touristische Zwecke genützt, sondern 85 % der benötigten elektrischen<br />
und thermischen Energie Costa Ricas, werden hier mit Hilfe von Wasserkraftwerken, sowie<br />
geothermalen Anlagen, erzeugt.<br />
Nicht aktive Vulkane<br />
VULKAN BARVA<br />
Der Vulkan Barva liegt auf 2.906 m Höhe im westlichen Teil des Nationalparks Braulio Carrillo. Der<br />
Vulkankomplex gilt als seit über tausend Jahre erloschen, da an seinem Kraterrand über 2.000 Jahre<br />
alte Bäume stehen. Die kleinen Kratertrichter füllten sich mittlerweile mit Wasser. Zwei davon, die<br />
<strong>La</strong>guna Barva und die <strong>La</strong>guna El Copey, kann man heute besichtigen.<br />
Die Vegetation rund um den Krater ist ähnlich wie am Vulkan Poás. Die Vulkanhänge sind von dichtem<br />
Nebenwald überzogen.<br />
An der Südflanke wurden mehrere <strong>La</strong>vaströme entdeckt. Der bekannteste, der „Los Angeles“ Strom,<br />
reicht sogar bis Nahe an die Stadt Heredia. Die letzte gesicherte pilianische Eruption fand im Holozän<br />
statt, da <strong>La</strong>vaströme aus dieser Zeit analysiert werden konnten. Es wurde auch von kleinen Ausbrüchen<br />
um 1760 und 1867 berichtet, für die es jedoch noch keine wissenschaftlichen Beweise gibt.<br />
61
Walpurga Goebel, Barbara Rittmannsberger<br />
Literaturangaben<br />
Vulkanismus und Vulkane Costa Ricas<br />
BAKER, C., (2005): Der National Geographic Traveler Costa Rica; Mair’s Geographischer Verlag,<br />
Hamburg, 91, 84, 114-120<br />
BARQUERO HERNANDEZ, J., (1998): Volcán Poás; San José<br />
BARQUERO HERNANDEZ, J., (2001): Volcán Arenal; San José<br />
HESS, H., (2006): Taschenatlas: Vulkane und Erdbeben; Klett-Perthes Verlag, Gotha, 8 – 42, 156 –<br />
161, 238 – 249<br />
JANZEN, D. H., (1983): Costa Rican Natural History, 47 – 61<br />
JAUPART, C., (2000): Vulkane; Lübbe Verlag, Bergisch Gladberg, 6 – 120<br />
KIRST, D., (2005): Das Reise Know-How Costa Rica (Rump, P., Hrsg.); Reise Know-How Verlag,<br />
Bielefeld, 92 – 96, 245 – 246, 257 – 259, 273 – 275, 289, 360 – 374, 400 – 401, 411 – 416<br />
MIRANDA, C., PENLAND, P., (2004): Lonely Planet Costa Rica; Lonley Planet Publication, 211 –<br />
213, 140 – 141, 129 – 131, 190 – 193<br />
RIERGERT, J., LIESS, S., (2003): Die Feuerspucker; Rowohlt Taschenbuch Verlag, Hamburg, 13 –<br />
66<br />
SCHICK, R., (1997): Erdbeben und Vulkane; Beck-Verlag, München, 7 – 13, 69 – 110<br />
http://de.wikipedia.org<br />
http://www.amadeus.co.cr/Amadeusdata/Seiten_D/A_Z/Geo.html<br />
http://www.costaricaguide.info/de/home/besuch/info/textsvulkane.htm<br />
http://www.costaricareisen.com/naturpur/vulkane.htm<br />
http://www.costaricareisen.de/<br />
http://www.mineralienatlas.de<br />
http://www.santoweb.de<br />
http://www.vulkane.net/<br />
62
Christian Kolowratnik<br />
Nationalparks in Costa Rica<br />
2.3 NATIONALPARKS IN COSTA RICA<br />
2.3.1 Die Bedeutung von Nationalparks<br />
Der erste Impuls für die Schaffung von Schutzgebieten erfolgte 1872 in den USA mit der Gründung<br />
des Yellowstone Nationalparks. Das Motiv hierfür war, die Naturreichtümer vor demographischer<br />
Expansion zu schützen, und als Freizeiterholung seiner Besucher zur Verfügung zu stellen. Die damals<br />
geschaffenen Kriterien dienten weltweit als Modell für die Etablierung von Schutzgebieten, obwohl<br />
die Entwicklung sehr langsam vorangeht.<br />
Im <strong>La</strong>ufe der Zeit entwickelten sich unterschiedliche Arten von Nationalparks, da auch verschiedene<br />
Funktionen zu erfüllen waren. So zum Beispiel war in Mittelamerika ein vorrangiges Ziel die Erhaltung<br />
der Artenvielfalt, die durch die starke Abholzung gefährdet war.<br />
Im Allgemeinen lassen sich jedoch folgende gemeinsame Hauptkriterien anführen:<br />
• Die Erhaltung der biologischen Artenvielfalt und ihrer Lebensräume.<br />
• Die Verminderung der Zerstörung natürlicher Ressourcen, dessen biologischer und sozialer<br />
Wert bisher nicht anerkannt wurden.<br />
• Die Kultur und Lebensform der indigenen Bevölkerung zu garantieren.<br />
• Die Gebiete als Erholungsraum für die Bevölkerung zu erhalten.<br />
2.3.2 Historie der Nationalparks in Costa Rica<br />
Die ersten Bestrebungen zum Schutz einzelner Gebiete gab es bereits im 19. Jahrhundert, jedoch<br />
wurde erst 1945 – daher noch vor der Verfassung von 1949, welche in Costa Rica ein wesentliches<br />
Umdenken einleitete – das erste Gesetz für Schutzzonen erlassen. Damals wurden die Eichenwälder<br />
entlang der Interamericana südlich von Cartago sowie der Umkreis von zwei Kilometern um jeden<br />
vulkanischen Krater zu Schutzgebieten erklärt. Und konkretisierte sich mit der Gründung des „absoluten<br />
Naturreservats Cabo Blanco“ im Jahr 1963. Durch fehlende Verwaltung und Kontrolle gingen<br />
diese Absichtserklärungen ins Leere. Erst 1977 wurde die staatliche Nationalparkbehörde (SPN) ins<br />
Leben gerufen, durch welche die gesetzlich geschaffenen Vorgaben durchgeführt werden konnten.<br />
Besondere Anerkennung rief der 1982 ins Leben gerufene bilaterale Nationalpark „<strong>La</strong> Amistad“ zwischen<br />
Panama und Costa Rica hervor. 1992 wurde der grenzüberschreitende Nationalpark „Si-a-Paz“<br />
mit Nicaragua ins Leben gerufen<br />
Diese Bekenntnisse zum Umweltschutz sowie die politische Stabilität bewirkten, dass mehrere<br />
Umweltschutzorganisationen mit Costa Rica im Bereich der Schuldumwandlungsprogramme kooperierten<br />
und auch Büros in Costa Rica eröffneten.<br />
1992 wurde Costa Rica der „Francisco-Assisi Preis“ für die Erhaltung der Umwelt zuerkannt.<br />
1993 wurden die Schutzgebiete in Nationalparks, biologische Reservate, Naturschutzrefugien, Forstreservate,<br />
Schutzzonen und ein Nationalmonument unterteilt. Diese Schutzgebiete machten damals<br />
22,6 % der <strong>La</strong>ndesfläche aus, und sind zu 65 % bewaldet.<br />
Anfang der 90er Jahre unterzeichnete Costa Rica mit den Niederlanden ein Abkommen über die Dauer<br />
von 10 Jahren zur Etablierung der nachhaltigen Entwicklung.<br />
1994 wurde die SINAC (Sistema Nacional de Areas de Conservacion) gegründet, welche die vorher<br />
auf drei Organisationen aufgeteilte (Nationalparkbehörde, Forstdirektion und Direktion für wildlebende<br />
Tiere und Pflanzen) Nationalparkverwaltung unter einer Organisation zusammenfasste<br />
Bis 2006 wurden etwa 27 % der Fläche Costa Ricas unter Schutz gestellt, das sind in etwa<br />
1.400.000 ha.<br />
2.3.3 Kategorieeinteilung von Schutzzonen<br />
NATIONALPARK<br />
Unterstehen dem allgemeinen Naturschutz, sind jedoch für den Tourismus und Studienzwecke offen.<br />
63
Christian Kolowratnik<br />
Nationalparks in Costa Rica<br />
Einrichtungen für Erholungs-, Schulungs- und Forschungszwecke sind hier erlaubt, ebenso wie eingeschränktes<br />
Fischen. Verboten ist Jagen und der Betrieb von Hotels.<br />
BIOLOGISCHE RESERVATE<br />
Diese unterscheiden sich von den Nationalparks dadurch, dass sie nur für wissenschaftliche Zwecke<br />
nutzbar sind, und ansonsten in ihrer Unbelassenheit bleiben sollen. Dadurch sind Fischen, Jagen und<br />
das Sammeln verboten.<br />
FORSTRESERVATE / RESSOURCENRESERVATE<br />
Diese Gebiete sind in der Regel groß und schwer zu erreichen. Sie sind für eine spätere Verwendung<br />
geschützt. Um Druck von außen zu reduzieren ist das Jagen verboten und die Nutzung für Erholungszwecke<br />
streng geregelt. <strong>La</strong>ndschaftsentwicklung ist streng verboten und nur nach Ausnahmefällen und<br />
einer Studie über die Auswirkung auf die Natur gestattet.<br />
WILDRESERVATE<br />
Diese dienen zum Schutz einer bestimmten Tierart, und können auch private Grundstücke enthalten.<br />
Normalerweise haben diese Gebiete keinen wissenschaftlichen oder touristischen Wert, können aber<br />
dafür genutzt werden, solange die geschützte Tierart nicht gefährdet wird.<br />
NATIONALE MONUMENTE<br />
Werden hier der Vollständigkeit halber genannt, da diese auch von der „Servicio de Parques Nacionales“<br />
verwaltet werden.<br />
2.3.4 Die Finanzierung der Nationalparks<br />
DEBT FOR NATURE SWAPS<br />
Ursprünglich wurden die Nationalparks aus dem Forst- und Nationalparkfonds der Republik finanziert,<br />
jedoch wirkte sich die Wirtschaftskrise der 80er Jahre negativ auf das System aus, so bekam die<br />
SPN 1985 nur noch 31 % des Budgets von 1981 zugeteilt. Das Wachstum des Systems konnte nur<br />
durch den Eingriff ausländischer Umweltorganisationen bewerkstelligt werden. Hierbei sei vor allem<br />
die „Debt for Nature Swaps“(DFNS) erwähnt.<br />
DFNS bedeutet, dass Umweltorganisationen Auslandsschulden zu einem höchstmöglichen Abschlag<br />
von den Gläubigerbanken aufkaufen, und tauscht diese mit den jeweiligen Regierungen gegen Umweltinvestitionen.<br />
Dies hat für beide Seiten Vorteile: Das Schuldnerland spart durch die einheimische<br />
Währung oder die Möglichkeit neuer Kredite im Inland wertvolle Devisen, wohingegen die dazu bereitgestellten<br />
Mittel einheimischen Natur- und Umweltschutzorganisationen zufließen.<br />
Die Gläubigerbank reduziert das Risiko der Geldentwertung oder der Uneinbringbarkeit der Schulden,<br />
und das Industrieland vom Schutz globaler Ressourcen und der Entlastung des Entwicklungshilfe-<br />
Budgets.So wurde zum Beispiel ein Großteil des Nationalparks Guanacaste durch einen vom WWF<br />
initiierten DFNS errichtet.<br />
UMWELTORIENTIERTER BILATERALER SCHULDENERLASS<br />
Ein Musterbeispiel für einen umweltorientierten bilateralen Schuldenerlass erließ der US-Kongreß im<br />
Jahr 1990. Es wurden damals 13 Mrd. US$ als Regierungskredit für <strong>La</strong>teinamerika und die Karibik<br />
erlassen, wobei die USA auf die Zinsen verzichteten. Dadurch konnten die Gläubigerländer sich rein<br />
auf die Schuldentilgung konzentrieren. Im Gegenzug dazu verpflichteten sie sich die gesparten Zinsen<br />
in der jeweiligen <strong>La</strong>ndeswährung für Umweltfonds zu verwenden.<br />
PRIVATE FINANZIERUNGEN<br />
Hierunter fallen Investitionen privater Personen und Umweltorganisationen. Unter anderem zählt hierzu<br />
das Projekt in <strong>La</strong> <strong>Gamba</strong>, wo österreichische Spender Regenwald freigekauft hatten, und den staatlichen<br />
Behörden übertrugen.<br />
64
Christian Kolowratnik<br />
2.3.5 Defizite bei der Umsetzung der Naturschutzpolitik<br />
Nationalparks in Costa Rica<br />
Obwohl der Staat Costa Rica sehr um den Schutz seiner biologischen Ressourcen bemüht ist, kann von<br />
einer effizienten Durchsetzung der Naturschutzpolitik leider nicht gesprochen werden. Hier liegt es<br />
aber weniger am Fehlen der finanziellen Mittel als vielmehr an Defiziten im Bereich der Kontrolle und<br />
Vollziehung. Folgende Probleme sind als besonders gewichtig zu bewerten:<br />
• Die Vielfalt der Gesetze und Institutionen, die mit deren Applikationen beauftragt sind.<br />
• Die Größe und Form der Schutzzonen sind in häufigen Fällen nicht optimal, um den Schutz<br />
der Artenvielfalt zu gewährleisten. Außerdem wirken oft die Interessen von Tierschützern,<br />
Bananenkonzernen und Kleinbauern entgegen.<br />
• Durch die Unterteilung in drei Verwaltungsbehörden, wurde die Nutzung der verfügbaren<br />
Ressourcen nicht effizienter. Abgesehen davon, dass diese einem einzigen Ministerium unterstellt<br />
sind, fehlt es an jeglicher Koordination.<br />
• Die unterschiedliche finanzielle und damit personelle Versorgung der verschiedenen Institiutionen.<br />
So hatte 1990 ein Beamter der DGF 7.000 ha Wald zu verwalten, während es bei der<br />
SPN nur 865 ha waren. Dadurch war es der DGF laut eigenen Angaben nicht möglich die fortschreitende<br />
Entwaldung in den Forstreservaten Golfo Dulce und Los Santos zu verhindern.<br />
• Das Management der geschützten Zonen erfolgt ohne Bürgerbeteiligung.<br />
• Die voranschreitende Umweltzerstörung außerhalb der Schutzgebiete.<br />
• Der Siedlungsdruck der landlosen Bauern.<br />
• Die Parks Cahuita (zu 36 %) und Manuel Antonio (zu 51 %) sind noch zum Teil in Privatbesitz,<br />
da durch den Tourismusboom die Bodenpreise sprunghaft angestiegen sind, und es dem<br />
Staat nicht möglich war, die Eigentümer zu entschädigen. Das Problem ist jedoch, dass hier<br />
nur der Eigentümer die Resourcen nutzen kann.<br />
• Schutzgebiete wurden häufig ohne soziale Studie der betroffenen Bevölkerung geplant, und<br />
errichtet, ohne diese zu informieren. Daher ist es nur verständlich, dass viel dieser Menschen<br />
sich nicht mit den Schutzmaßnahmen identifizieren.<br />
2.3.6 Von uns besuchte Nationalparks<br />
PIEDRAS BLANCAS NATIONALPARK<br />
Dieser zwischen Golfito und <strong>La</strong> <strong>Gamba</strong> gelegene Nationalpark wurde 1991 ein Teil des Corcovado-<br />
Nationalpark gegründet, und wurde 1999 zu einem eigenständigen Nationalpark ernannt. Das Problem,<br />
das hier von Anfang an herrschte, war der Besitzanspruch von Privaten, der bereits vor 1991 bestand.<br />
Dadurch wurden die Ressourcen trotz der Ernennung zum Nationalpark weiterhin ausgebeutet.<br />
Der Österreicher Michael Schnitzler erkannte das Problem, und sammelte in Österreich Spendengelder,<br />
um diese Grundstücke freizukaufen (bis 2005 waren dies 33,7 km² bzw. € 2.000.000,-).<br />
Das Projekt „Regenwald der Österreicher“ betreibt die Esquinas Rainforest Lodge, ein Hotel für<br />
Ökotourismus, und die biologische Forschungsstation.<br />
Diese beiden Bilder wurden bei unserer achtstündigen Durchwanderung des Esquinas Regenwaldes aufgenommen.<br />
Links: Aussicht auf das Río Bonito Tal mit einer Ölpalmenplantage; Rechts: teilweise trockenes Flussbett des Río Bonito<br />
65
Christian Kolowratnik<br />
Nationalparks in Costa Rica<br />
NATIONALPARK LA AMISTAD<br />
Dieser Nationalpark wurde im März 1979 gegründet und zeichnet sich dadurch aus, dass er staatenübergreifend<br />
sowohl auf costaricanischem als auch auf panamaischem Territorium ist, wobei der<br />
Hauptteil auf der Seite Costa Ricas liegt und eine Fläche von 192.000 ha einnimmt. Der Park wird<br />
auch „internationaler Friedenspark“ genannt und wurde mittlerweile von der UNO ins Weltkulturerbe<br />
aufgenommen (Costa Ricas Teil 1983, der von Panama 1990)<br />
NATIONALPARK ARENAL<br />
Der 40 km² große Nationalpark hat große Primärwaldbestände, und als Hauptatraktion den Vulkan<br />
Arenal (1.633 m über dem Meeresspiegel), welcher zwei Krater besitzt, wovon einer aktiv ist, und bis<br />
zu 7,5 m große Gesteinbrocken bis zu 300 m hoch schleudert. Der letzte große Ausbruch des Arenal<br />
war im Jahr 1968.<br />
Am Fuße des Vulkans liegt der Arenalsee, welcher der größte Binnensee des <strong>La</strong>ndes ist, und die Ortschaft<br />
<strong>La</strong> Fortuna. Der Arenalsee wurde zwecks Energiegewinnung künstlich aufgestaut.<br />
Blick auf den Regenwald am Arenal,<br />
im Hintergrund der Arenalsee<br />
Im Schatten des Regenwaldes – vor<br />
uns der rauchende Vulkan Arenal<br />
Wanderung über 18 Hängebrücken durch<br />
die Baumkronen des Nationalparks<br />
NATIONALPARK VULKAN POÁS<br />
Der Vulkan Poas ist 2.708 m hoch, und beherbergt in seinem Krater einen Schwefelsäuresee, welcher<br />
eine Temperatur von 40 bis 70 °C , und mit einem pH von weniger als 1 der sauerste Kratersee der<br />
Erde ist. Durch die eventuell aufsteigenden Schwefelgase, kann es kurzfristig notwendig sein, den<br />
Park für Besucher zu schließen. Er bricht etwa im Abstand von 40 Jahren aus. So im Jahr 1950 und<br />
abgesehen von einer „kurzen <strong>La</strong>vaschauer“ erst wieder im Jahr 1994. Sonstige Aktivitäten sind meist<br />
nur geysirartige Eruptionen.<br />
Kratersee der nördlichen Caldera<br />
am Vulkan Poás<br />
Schleichweg durch den Nebelwald im<br />
Nationalpark Poás<br />
Kratersee „<strong>La</strong>guna Botos“ der<br />
südlicheren Caldera am Poás<br />
NATIONALPARK VULKAN IRAZÚ<br />
Der nördlich von Carthago gelegene Irazú ist mit 3.432 m der höchste Vulkan Costa Ricas, so dass<br />
man wenn man Glück hat, einen guten Überblick über die Meseta Central erhält und von hier sowohl<br />
den Atlantischen als auch den Pazifischen Ozean sehen kann. Der Nationalpark Irazú ist der älteste<br />
Nationalpark Costa Ricas. Er besitzt 4 Kraterlöcher, von denen jedoch der Hauptkrater nicht mehr<br />
66
Christian Kolowratnik<br />
Nationalparks in Costa Rica<br />
aktiv ist. Die letzten Ausbrüche des Irazú waren eine Ausbruchsphase, welche von 1963 bis 1965<br />
dauerte, und dann wieder im Dezember 1994. Der Name besteht aus zwei zusammengesetzten indianischen<br />
Wörtern „ara“ (Punkt) und „tzu“ (Donner).<br />
Kraterlandschaft am Irazú mit<br />
andiner Vegetation (páramo)<br />
Hauptkrater „Principál“ des Vulkans<br />
Irazú<br />
Nebenkrater „Diego de la Haja“ des<br />
Vulkans Irazú<br />
NATIONALPARK MANUEL ANTONIO<br />
Der südlich von Quepos gelegene Nationalpark Manuel Antonio ist für seine Fläche der touristisch am<br />
stärksten genutzte Nationalpark Costa Ricas. Er beinhaltet knapp 7 km² <strong>La</strong>ndfläche sowie 550 km²<br />
Seefläche. Bekannt ist dieser Nationalpark für seine Vielfalt an nicht menschenscheuen Tieren. Neben<br />
über 350 verschiedenen Pflanzenarten gibt es dort 109 verschiedene Säugetierarten. Nahezu alle Reptilien<br />
der Costa-Rica-Pazifikküste sind dort anzutreffen. Der Park beinhaltet mehrere öffentliche<br />
Strände, mit einer Vielfalt unterschiedlichster Fischarten.<br />
Ostseite des Nationalparks Manuel<br />
Antonio<br />
Westseite des Nationalparks Manuel<br />
Antonio<br />
Einer der zahlreichen Einsiedlerkrebse<br />
entlang des Nationalparks<br />
Literaturangaben<br />
FRANKE, J., (1993): Costa Rica National Parks and Preserves; The Mountaineers Washington<br />
PRIELER, I., (1997): Die Umweltpolitik Costa Ricas; Diplomarbeit an der Universität Wien<br />
http://centralamerica.com/cr/parks/<br />
http://centralamerica.com/cr/parks/mopiedrasblancas.htm<br />
http://www.laparios.com/artikel/artikel5.htm<br />
67
Teil III<br />
Geschichte<br />
und<br />
Politik<br />
68
Monika Praschberger<br />
Geschichte<br />
3.1 GESCHICHTE<br />
3.1.1 Vom Ursprung der menschlichen Besiedelung<br />
Die Wurzeln der menschlichen Kolonisation Amerikas liegen in Asien: Jägerstämme folgten vor etwa<br />
40.000 Jahren ihrem Wild über die Beringstraße nach Alaska. Von dort breiteten sie sich allmählich<br />
bis nach Südamerika aus. Der erste Nachweis menschlicher Ansiedelung ist ein geschichtlicher<br />
Fund auf der Halbinsel Nicoya.<br />
Die Ureinwohner Costa Ricas lebten als Jäger und Sammler. Die neolitische Revolution begann mit<br />
der Kultivierung von Maniok und Mais. Insgesamt war die Dichte der Besiedelung sehr spärlich, bei<br />
der Ankunft der Spanier lebten nicht mehr als 30.000 Menschen auf der Fläche des heutigen Staates<br />
Costa Rica.<br />
3.1.2 Neuzeit<br />
ENTDECKUNG UND EROBERUNG (16. JH.)<br />
Am 18. September 1502 landete Christoph Kolumbus auf der Insel Uvita (Puerto Limón). Von hier<br />
aus startete er seine Expeditionen entlang der Küste. Er benannte die Umgebung Costa Rica y Castillo<br />
de Oro (reiche Küste und Goldene Burg) und obgleich sich seine Hoffnungen nicht erfüllten, blieb<br />
der Name „Costa Rica“ bestehen.<br />
17 Jahre später starteten Hernán Ponce de León und Juan de Castañeda von Panama zu einer Erkundungsfahrt,<br />
wo sie den Golf von Dulce und den Golf von Nicoya erreichten, ohne jedoch einen Fuß<br />
auf das <strong>La</strong>nd zu setzen. 1522 kam Kapitän Gil González Dávila von Panama über <strong>La</strong>nd, bis an den<br />
Golf von Nicoya. Danach zog er über <strong>La</strong>nd Richtung Nicaragua, wo es zu Kämpfen mit der Bevölkerung<br />
kam und er gezwungen war wieder nach Süden abzuziehen.<br />
Die erste spanische Siedlung wurde 1524 auf Befehl von Francisco Fernández de Córdoba gegründet.<br />
Das freundschaftliche Verhältnis zu der Urbevölkerung währte durch die Besatzermentalität der Spanier<br />
nicht lange, was mit der Zerstörung der Besatzersiedlung durch die Indios endete.<br />
1540 wurde Costa Rica der Audiencia de Guatemala zugehörig und wurde damit von Guatemala aus<br />
verwaltet. Das <strong>La</strong>ndesinnere wurde erst in den 60er Jahren kolonialisiert, da aufständische Indianer<br />
ein Problem darstellten. Der Verwalter Nicaraguas Juan Vásquez de Coronado erreichte 1562 das Valle<br />
Central und konnte durch seine Verhandlungen mit der Urbevölkerung dort Fuß fassen. 2 Jahre<br />
später (1563) gründete er die Stadt Cartago die bis 1823 die Hauptstadt Costa Ricas sein sollte.<br />
1575 wurden die Grenzen Costa Ricas durch den spanischen König Felipe II festgelegt. (im Süden bis<br />
Panama; den Norden schlossen die heutige Provinz Guanacaste und die Halbinsel Nicoya noch nicht<br />
ein)<br />
HEGENOMIE DER SPANIER (17./18.JH.)<br />
Wie in allen <strong>La</strong>ndteilen des spanischen Kolonialreiches kristallisierte sich auch in Costa Rica das System<br />
der Encomienda. (Großgrundbesitzer – Versklavung der Bevölkerung) In vielen blutigen Ausschreitungen<br />
leisteten die Indios im 16., 17. und 18. Jahrhundert erbitterten Widerstand gegen die<br />
grauenhafte Kolonisation der Spanier. Die Population der Indios schrumpfte, während der ersten 100<br />
Jahre spanischer Herrschaft, bis auf die Hälfte.<br />
Die Entwicklung Costa Ricas ging sehr schleppend voran, da keine nennenswerten Bodenschätze gefunden<br />
und ausgebeutet werden konnten. Auch die weite Entfernung zur Verwaltungshauptstadt Santiago<br />
de los Caballeros (Antigua Guatemala) trug das ihrige bei. Die Städte die im 18. Jahrhundert gegründet<br />
wurden, waren am Anfang nur kleine Dörfer mit einer Kirche im Zentrum. Ende des 18. Jahrhunderts<br />
war nur ein sehr kleiner Teil des <strong>La</strong>ndes nutzbar gemacht worden, die Erträge waren gering<br />
und die Bevölkerung dadurch entsprechend arm. Costa Rica wurde somit uninteressant und entwickelte<br />
sich zu einer Randprovinz der Audiencia Guatemala. Erst Anfang des 19. Jahrhunderts, durch die<br />
Einführung der Kaffeepflanze aus Kuba und deren Pflanzung, wurde ein wirtschaftlicher Aufschwung<br />
des <strong>La</strong>ndes erzielt.<br />
69
Monika Praschberger<br />
Geschichte<br />
DIE UNABHÄNGIGKEIT COSTA RICAS (1821 – 1835)<br />
Am 15. September 1821 wurde die Unabhängigkeit Costa Ricas von Spanien durch das Generalkapitanat<br />
Guatemala erklärt. Durch die schlechte Verkehrsverbindung kam die Nachricht von der Loslösung<br />
Spaniens erst einen Monat später in Cartago an.<br />
Zuerst wurde eine Übergangsregierung gebildet, die aber nicht lange wehrte. In Folge kam es zu einem<br />
Bürgerkrieg. 1823 ereigneten sich Kämpfe an den Hängen des Irazú-Massives bei Cartago. Die<br />
Republikaner gingen aus diesen Kämpfen als Sieger hervor, doch der Zerfall des Iturbiden-Reiches<br />
machte diesen Bürgerkrieg im Endeffekt überflüssig.<br />
Am 1. Juli 1823 gründete Costa Rica mit den Staaten Guatemala, Honduras, El Salvador und Nicaragua<br />
die Zentralamerikanische Föderation. Juan Mora Fernández wurde der erste Präsident Costa<br />
Ricas (1824 – 1833 Regierungsperiode). Schon 1825 wurde eine neue Verfassung geschaffen; 1838<br />
zerfiel die Föderation und Costa Rica musste einen Teil der Schuldenlast dieser Institution übernehmen.<br />
DIE REGIERUNGSZEIT BRAULIO CARRILLOS (1835 – 1842)<br />
Nach dem Rücktritt des Präsidenten José Rafael de Gallegos, wurde 1835 Braulio Carrillos Colina zu<br />
dessen Nachfolger bestimmt. Durch etwaige Reformen (Steuer auf landwirtschaftlichen Besitz, Abschaffung<br />
von Feiertagen…) wurde er sehr unbeliebt. Dies führte im September 1835 zu einem bewaffneten<br />
Aufstand der Städte Cartago, Heredia und Alajuela (Guerra de la Liga – Krieg des Städtebundes).<br />
San José wurde nominell zur Hauptstadt erklärt. Nach Ende seiner Präsidentschaft (1837)<br />
gab Colina sein Amt ab, jedoch putschte er sich im nachfolgenden Jahr erneut an die Macht, erklärte<br />
sich als Präsident auf Lebzeiten und regierte mit diktatorischen Mitteln. 1842 wurde Braulio Carrillos<br />
in El Salvador von einem persönlichen Feind erschossen. Francisco Morazán Quesada (früherer Präsident<br />
der Föderation) wurde als Übergangspräsident gewählt. Durch seine Bemühungen für das Wiederaufleben<br />
der Förderation, und die dadurch entstandenen steuerlichen Belastungen der Bürger, stieß<br />
er auf heftige Gegenwehr. Am 15. September 1842 wurde Francisco Morazán Quesada gefangen genommen<br />
und in San José hingerichtet.<br />
AUSRUFUNG DER REPUBLIK (1843 – 1849)<br />
1843 wurde eine konservative Verfassung ausgerufen die erneut Kämpfe und einen Regierungswechsel<br />
brachte. 1847 triumphierten die Liberalen und wählten José Castro Madriz zum Präsidenten.<br />
Am 30. August 1848 wurde das <strong>La</strong>nd zur selbstständigen Republik ausgerufen und nennt sich seither<br />
Repúplica de Costa Rica. Die Verfassung verkündete wichtige demokratische Rechte und ersetzte die<br />
Armee durch eine Miliz. Erst 1850 erkannte Spanien die Unabhängigkeit Costa Ricas formell an.<br />
REGIERUNG RAFAEL MORA (1849 – 1859)<br />
Nach den Rücktritt des 1847 gewählten Präsidenten José Castro Madriz wurde der Geschäftsmann<br />
Rafael Mora Porras gewählt. Trotz zahlreicher politischer Gegner wurde Mora dreimal für sechs Jahre<br />
zum Präsidenten gewählt.<br />
Der US-Abenteurer William Walker wollte die Herrschaft an sich reißen und die Versklavung wieder<br />
einführen. 1856 gelang es ihm, sich die Macht Nicaraguas anzueignen, und erklärte Costa Rica den<br />
Krieg, wodurch es zur Schlacht von Santa Rosa (20. März 1856) kam. Die Eindringlinge wurden<br />
innerhalb kürzester Zeit (viertel Stunde) zurückgeschlagen.<br />
Am 11. April 1856 griff Walker nochmals an. Seine Truppen wurden bis zum Nicaraguasee zurückgedrängt,<br />
wo sie sich in einem Gebäude verschanzten welches von Juan Santamaría in Brand gesetzt<br />
wurde. Bei dem Einsatz verlor Santamaría das Leben und wird seither als Nationalheld verehrt. Nach<br />
weiteren Kampfhandlungen Walkers auf nicaraguanischem Territorium, reichte er am 1.Mai 1857<br />
endgültig die Kapitulation ein.<br />
Präsident Mora wurde 1859 durch die Kaffeearistokratie gestürzt. 1860 versuchte er sich mit der Hilfe<br />
von El Salvador einen Präsidentenplatz zu sichern, scheiterte daran und wurde gefangen genommen<br />
und hingerichtet.<br />
Jesús Jimémez Zamora regierte von 1863 – 1866 und 1868 – 1870. Er führte die Schulpflicht ein<br />
und trieb auch den Straßenbau von Cartago nach Limón voran.<br />
Durch den Erfolg der Kaffeepflanzungen stellte sich ein wirtschaftlicher Aufschwung ein. Krankenhäuser,<br />
Schulen und Häfen wurden ausgebaut.<br />
70
Monika Praschberger<br />
Geschichte<br />
DIE „BANANENREPUBLIK“ (1870 – 1900)<br />
1870 kam General Tomás Guardia Gutiérrez an die Macht und regierte bis zu seinem Tode im Juli<br />
1882. Trotz seinen diktatorischen Mitteln regierte er als liberaler und gerechter Politiker, dessen neue<br />
Verfassung die Förderung des Bildungswesens darstellte und die Abschaffung der Todesstrafe vorsah.<br />
Durch ihn wurde die Kaffeearistokratie zerschlagen und somit ebnete er den Weg in die Demokratie.<br />
1871 kam der US-Amerikaner Minor Cooper Keith nach Costa Rica um eine Eisenbahnlinie von San<br />
José nach Puerto Limón zu bauen. Erst 1890 wurde diese Strecke fertig gestellt. Keith bekam währenddessen<br />
als Gegenleistung ungenutztes <strong>La</strong>nd entlang der Bahnstrecke und ein Nutzungsrecht für<br />
die noch nicht fertig gestellte Bahntrasse. Diese Flächen wurden zum Anbau von Bananen genutzt.<br />
1884 verband sich Keith mit der Bosten Fruit Company. Die aus diesem Zusammenschluss 1889 gegründete<br />
United Fruit Company pachtete und kaufte weiter <strong>La</strong>nd hinzu, wodurch sie ihre Monopolstellung<br />
im Bananenhandel verbessern konnte.<br />
Der wirtschaftliche Aufschwung veränderte die soziale Struktur des <strong>La</strong>ndes. Durch die Entstehung<br />
von Großplantagen mussten die nun landlos gewordenen Kleinbauern auf den Plantagen arbeiten, was<br />
eine enorme Abhängigkeit brachte. Die Exportwirtschaft festigte sich durch die steigenden Kaffeeund<br />
Bananenausfuhren und somit wurde Costa Rica mehr und mehr zur Bananenrepublik.<br />
WELTWIRTSCHAFTSKRISE 1929 – 1933<br />
Mit dem Beginn der Weltwirtschaftskrise 1929 – 1933 sanken der Preis für Kaffee und die Nachfrage<br />
nach Bananen weltweit. Es kam daraufhin zu sozialen und wirtschaftlichen Spannungen. Parteien und<br />
Gewerkschaften entstanden. Aufgrund von Massenstreiks und Aufständen der Plantagenarbeiter,<br />
wurden ein gesetzlicher Mindestlohn sowie ein Sozialversicherungssystem eingeführt.<br />
BÜRGERKRIEG 1948<br />
Aufgrund angeblich gefälschter Präsidentschaftswahlen brach im Februar 1948 der Bürgerkrieg aus.<br />
Der Führer dieser Bewegung war José Mariá Figueres Ferrer dem sich die Bauern und Arbeiter der<br />
Region anschlossen. Die amtierende Regierung holte sich Unterstützung aus Nicaragua und wollte den<br />
„Krieg der nationalen Befreiung“ niederschlagen – dies gelang ihnen aber nicht. Nach Ende des Bürgerkrieges<br />
übernahm Figueres Ferrer die provisorische Regierung.<br />
Denkmal an den Bürgerkrieg von 1948, der 2.000<br />
Menschenleben forderte; San José<br />
1948 – 1958<br />
José Mariá Figueres Ferrer wurde am 19. April 1948 Präsident. Von ihm wurden die Gleichberechtigung<br />
der Schwarzafrikaner und das allgemeine Wahlrecht – auch für Frauen und Schwarzafrikener<br />
– eingeführt. Am 8. Mai 1948 rief er die Zweite Republik aus und ein Jahr später wurde die neue<br />
Verfassung verabschiedet, die noch heute in Kraft ist. Das stehende Heer wurde abgeschafft und<br />
durch Polizeitruppen ersetzt. Figueres Ferrer übergab 1949 die Macht an Otilio Ulate Blanco. Dieser<br />
71
Monika Praschberger<br />
Geschichte<br />
benützte das freigelegte Verteidigungsbudget um ein neues Bildungssystem zu schaffen. Seine Aufgabe<br />
bestand auch darin neuartige Industriezweige zu schaffen um die Abhängigkeit vom unsicheren<br />
Bananen- und Kaffeeexport zu verringern. Am 14. Oktober 1951 wurde Costa Rica Mitbegründer der<br />
Organisation Zentralamerikanischer Staaten (ODECA).<br />
NACH 1958<br />
Nach einigen Präsidentenwechsel und stetig steigender Staats- und Auslandsschulden, gelang es erst<br />
1990 dem konservativen Rechtsanwalt Rafael Angel Calderón Fournier die Inflationsrate von 25 %<br />
auf knappe 10 % zu senken. Am 1. Februar 1993 gründeten die mittelamerikanischen Staaten ein<br />
zentralamerikanisches Integrationssystem, das als gemeinsame Ziele die Einheit Mittelamerikas<br />
und die Schaffung einer Region des Friedens, der Demokratie und des Fortschritts vorsah.<br />
Die Wahl 1994 gewann der erst 39-jährige José Mariá Figueres der zur Partei der nationalen Befreiung<br />
zählte. Im Mittelpunkt seiner Bemühungen sollte der Kampf gegen die Korruption und gegen die Armut<br />
stehen, wobei nach wie vor 20 % der Bevölkerung unter der Armutsgrenze leben. Außenpolitisch<br />
hält Costa Rica engen Kontakt zu den USA, von denen das <strong>La</strong>nd durch Auslandsbeteiligungen in<br />
einer Höhe von 75 % wirtschaftlich abhängig ist.<br />
Von 1998 bis 2002 war Miguél Ángel Rodríguez Echeverría Präsident, der am 8. Mai 2002 von Abel<br />
Pacheco de la Espriella abgelöst. Nach nur einer Amtsperiode wurde, der vorher als Kinderarzt tätige,<br />
Abel Pacheco von Óscar Arias Sánchez abgelöst, der noch heute sein Amt stellt. Óscar Arias<br />
Sánchez wurde 1987 mit dem Friedensnobelpreis zur Sicherung des Friedens in Mittelamerika<br />
ausgezeichnet und war schon einmal, im Jahre 1986, der jüngste Präsident Costa Ricas.<br />
3.1.3 Zeittafel<br />
1502<br />
1519<br />
Christoph Kolumbus landet auf seiner 4. Reise auf der Isla Uvita vor der heutigen<br />
Stadt Puerto Limón<br />
Expeditionen zum Golf von Nicoya unter Juan de Castañeda und Hernán Ponce de<br />
León<br />
1521 Weitere Expeditionen an der Pazifikküste unter Gil González Dávila.<br />
1524<br />
Gründung der ersten spanischen Siedlung Bruselas, die jedoch 1526 von Ureinwohnern<br />
zerstört wurde.<br />
1540 Trennung von Panamá und Eingliederung in die Audiencia de Guatemala.<br />
1561 Juán de Cavallón erobert das zentrale Hochland Valle Central.<br />
1563 Juán Vázquez de Coronado gründet die Stadt Cartago, die bis 1823 die Hauptstadt ist.<br />
1575 Grenzfestlegung der Provinz Costa Rica durch den spanischen König Felipe II.<br />
1821<br />
1823<br />
Am 15. September Unabhängigkeitserklärung des Generalkapitanat Guatemalas (zu<br />
dem auch Costa Rica gehört) von Spanien.<br />
Schlacht von Ochomogo: Monarchisten und Republikaner kämpfen um die weitere<br />
politische Zugehörigkeit des <strong>La</strong>ndes an Spanien und die politische Selbstständigkeit.<br />
Die Republikaner gewinnen und Costa Rica tritt der Zentralamerikanischen Föderation<br />
bei.<br />
1835 Guerra de la Liga: San José gewinnt und wird Hauptstadt.<br />
1835<br />
1838<br />
Braulio Carrillo Colina wird Präsident und führt liberale Reformmaßnahmen und<br />
Steuerreformen ein.<br />
Costa Rica tritt aus der Zentralamerikanischen Föderation aus und erklärt seine staatliche<br />
Souveränität.<br />
1841 Braulio Carrillo entlässt die Regierung und ernennt sich zum Präsident auf Lebenszeit.<br />
1848<br />
Ausrufung der Republik unter Präsident Juan Rafael Mora Porras. Die Verfassung von<br />
1848 verkündete wichtige demokratische Rechte und ersetzte die Armee durch eine<br />
Miliz.<br />
72
Monika Praschberger<br />
Geschichte<br />
1850 Anerkennung der Unabhängigkeit durch Spanien.<br />
1856<br />
Schlacht von Santa Rosa und Rivas, bei der der nordamerikanische Aggressor William<br />
Walker und seine Filibustertruppe bei seinem Versuch Costa Rica zu erobern erfolgreich<br />
geschlagen wird. Juan Santamaría wird zum Volkshelden erklärt.<br />
1869 Einführung der allgemeinen Schulpflicht.<br />
1871<br />
Der costaricanische Staat beauftragt den Amerikaner Minor Cooper Keith mit dem<br />
Bau einer Eisenbahnlinie vom Valle Central an die Atlantikküste um den Kaffee zu<br />
exportieren. Minor Keith beginnt in diesen Jahren mit dem Anbau von Bananen und<br />
gründet die ersten großen Bananenplantagen.<br />
1890 Fertigstellung der Eisenbahnlinie nach Puerto Limón.<br />
1899<br />
Gründung der United Fruit Company, die eine Monopolstellung im Bananenanbau in<br />
ganz Zentralamerika einnimmt und in den kommenden Jahrzehnten stark die Politik<br />
des <strong>La</strong>ndes bestimmt. Ansiedelung von 1.000 Arbeitern aus Jamaika.<br />
1914 Präsident Gonzáles Flores will die Steuergesetze zugunsten der Armen ändern.<br />
1917 Nach einem Militärputsch unter Frederico Tinoca beginnt eine 2-jährige Diktatur.<br />
1929<br />
1900 – 1930<br />
1931<br />
1934<br />
1936 – 1940<br />
1940 – 1944<br />
1948<br />
1949<br />
Infolge der Weltwirtschaftskrise stürzen die Weltmarktpreise für Kaffee und Bananen,<br />
was zu Arbeitslosigkeit und sozialen Spannungen führt.<br />
Abwechselnde Herrschaft der beiden Parteiführer Cleto González Vïquez und Ricardo<br />
Jiménez, mit starker Bindung an die großbürgerlichen Kreise der Exportlandwirtschaft.<br />
Eine Revolte des unterlegenen Präsidentschaftskandidaten Manuel Castro Quesada<br />
wird niedergeschlagen; Konsolidierung der verfassungsmäßigen Herrschaft.<br />
Streik von rund 10.000 Arbeitern gegen die ausbeuterischen Arbeitsbedingungen der<br />
United Fruit Company.<br />
Präsidentschaft des Antikommunisten León Cortés, der offene Sympathie für den<br />
Faschismus zeigt.<br />
Unter Präsident Rafael Calderón Guardia (fortgesetzt unter der Regierung von Teodoro<br />
Picado 1944 – 1948) kommt es zu einem Pakt zwischen Regierung, katholischer<br />
Kirche und Kommunistischer Partei, die damit wieder in die nationale Politik integriert<br />
wird. Soziale Reformpolitik – Einführung des Sozialversicherungssystems.<br />
Nach der Annullierung der Wahlen, in denen der Kandidat der zentristischen Opposition<br />
Otilio Ulate siegreich war, kommt es zum Bürgerkrieg, den die Opposition, geführt<br />
von José Mariá Figueres Ferrer, gegen das Regierungslager (dem auch die Kommunistische<br />
Partei angehört) führt. Figueres Ferrer übernimmt die provisorische Regierung.<br />
Abschaffung der Armee.<br />
Figueres Ferrer übergibt Otilio Ulate, der kurz zuvor den (sozialdemokratisch ausgerichteten)<br />
Partido de Liberación Nacional (PLN) gegründet hat, die Regierungsgeschäfte.<br />
Ulate beginnt ein Bildungsprogramm, führt die Mehrwertsteuer ein und verbessert<br />
das Gesundheitswesen.<br />
1953 Figueres Ferrer wird zum Präsidenten gewählt; Beginn seiner Reformpolitik.<br />
1958 Der Konservative Mario Echandi Jiménez wird Präsident.<br />
1962 – 1970 Präsidentschaften der PLN-Politiker Francisco Orlich und José Trejos.<br />
1970 – 1974 Figueres Ferrer wird erneut Präsident; er setzt die Reformpolitik fort.<br />
1974 Präsidentschaft von Daniel Oduber (PLN)<br />
1978<br />
1982<br />
Der Konservative Rodrigo Carazo wird Präsident. Zunächst Unterstützung der Sandinistischen<br />
Regierung Nicaraguas, danach Annäherung an die US-Position.<br />
Inmitten einer schweren Wirtschaftskrise Übernahme der Präsidentschaft durch den<br />
Sozialdemokraten Luis Monge Alvarez (PLN), der 1983 die ewige Neutralität Costa<br />
Ricas erklärt. Umschuldungsabkommen 1985 und 1986.<br />
73
Monika Praschberger<br />
Geschichte<br />
1986 – 1990<br />
1990<br />
1994<br />
Unter der Präsidentschaft von Oscar Arias Sánchez (PLN) aktive Außenpolitik (Friedensplan<br />
für Zentralamerika und Verleihung des Friedensnobelpreises 1987); neue<br />
wirtschaftspolitische Impulse.<br />
Amtsantritt des christlich-sozialen Präsidenten Rafael Angel Calderón. Versuch, das<br />
enorme Haushaltsdefizit in den Griff zu bekommen.<br />
Der PLN-Kandidat José María Figueres wird zum neuen Präsidenten gewählt. Figueres<br />
verspricht, die wirtschaftliche Stabilisierungspolitik seines Vorgängers durch eine<br />
aktivere Sozialpolitik zu ergänzen.<br />
1998 Miguél Ángel Rodríguez Echeverría wird zum Präsidenten gewählt.<br />
2002 Abel Pacheco de la Espriella löst den vorherigen Präsidenten ab.<br />
2006<br />
Óscar Arias Sánchez ist nun amtierender Präsident, der Aufgrund seiner Bemühungen<br />
zur Festigung des Friedens in Mittelamerika 1987 mit den Friedensnobelpreis ausgezeichnet<br />
wurde.<br />
Literaturangaben<br />
KIRST D., (1995): Reise Know How: Costa Rica; Reise Know How Verlag Bielefeld<br />
http://de.wikipedia.org/wiki/Hauptseite<br />
http://www.costarica.at<br />
74
Christian Kolowratnik<br />
Verfassung von 1949 und ihre Auswirkungen<br />
3.2 DIE VERFASSUNG VON 1949 UND IHRE<br />
AUSWIRKUNGEN<br />
ODER:<br />
DIE KONSOLIDIERUNG EINER UNRUHIGEN REGION<br />
3.2.1 Einleitung<br />
Noble patria tu hermosa bandera<br />
Expresión de tu vida nos da:<br />
Bajo el límpido azul de tu cielo<br />
Blanca y pura descansa la paz.<br />
En la lucha tenaz de fecunda labor<br />
Que enrojece del hombre la faz,<br />
Conquistaron tus hijos, labriegos sencillos,<br />
Eterno prestigio, estima y honor,<br />
eterno prestigio, estima y honor.<br />
¡Salve oh tierra gentil!<br />
¡Salve oh madre de amor!<br />
Cuando alguno pretenda tu gloria manchar,<br />
Verás a tu pueblo, valiente y viril<br />
<strong>La</strong> tosca herramienta en arma trocar.<br />
¡Salve patria! tu pródigo suelo<br />
Dulce abrigo y sustento nos da;<br />
Bajo el límpido azul de tu cielo<br />
¡Vivan siempre el trabajo y la paz!<br />
So der Text der Nationalhymne Costa Ricas, ein <strong>La</strong>nd das häufig als die Schweiz Südamerikas definiert<br />
wird. Begründet wird dies damit, dass Costa Rica für seine Region hohe Standards an Sicherheit<br />
und Lebensqualität aufweisen kann. (Im Verhältnis: das Durchschnitteinkommen in Costa Rica beträgt<br />
4.300 US-Dollar, während sein Nachbar Nicaragua auf lediglich 845 US-Dollar kommt.) Auch weist<br />
Costa Rica mit 4,2 % die niedrigste Analphabetenrate Südamerikas auf. Wenn man nach Gründen für<br />
diese Stabilität sucht, ist sicherlich die Verfassung von 1949, welche heute nach wie vor Gültigkeit<br />
besitzt, einer der wichtigsten Punkte.<br />
Als im Jahr 1900 José María Zeledón Brenes den Text der obigen Nationalhymne schrieb wahr kaum<br />
vorzustellen, wie sehr er mit den letzten Zeilen – damals zum Teil mehr ein frommer Wunsch als Tatsache<br />
– Recht behalten sollte:<br />
„Heil Dir, Mutterland! Dein fruchtreicher Boden, bietet uns süßen Schutz und Unterhalt;<br />
Unter dem strahlenden Blau deinen Himmels mögen die Arbeit und der Friede stets leben!“<br />
Das obige Staatswappen zeigt die drei wichtigsten Vulkane des <strong>La</strong>ndes und ihre fruchtbaren Hänge<br />
mit den Regenwäldern, sowie die beiden Ozeane, wobei der Sonnenaufgang den Atlantik kennzeichnet.<br />
Die Schiffe stehen für den Handelsverkehr über See und tragen die Nationalflagge. Die Sterne<br />
stehen für die sieben Provinzen Costa Ricas und das blaue Banner weist auf die geografische Zugehörigkeit<br />
zu Zentralamerika hin.<br />
Zum Verständnis des <strong>La</strong>ndes und der Verfassung wird zu Beginn des Kapitels ein kurzer historischer<br />
Rückblick gegeben. (Genauere Daten und geschichtliche Geschehnisse können Sie im Punkt 2 „Geschichte“<br />
dieses Bandes nachschlagen.)<br />
75
Christian Kolowratnik<br />
3.2.2 Historischer Rückblick<br />
Verfassung von 1949 und ihre Auswirkungen<br />
(Unvollständig im Sinne einer Fokussierung zum Verständnis der Verfassung von 1949)<br />
Costa Ricas Vergangenheit war alles andere als stabil. Bereits in der Gründungsphase der<br />
„1. Republik“ waren Streit und Bürgerkriege vorprogrammiert. Costa Rica ging nicht aufgrund einer<br />
eigenständigen Entscheidung in die Unabhängigkeit, sondern vielmehr durch den Einfluss Guatemalas,<br />
welches sich am 15. September 1821, stellvertretend für sämtliche zentralamerikanischen Provinzen,<br />
von Spanien für unabhängig erklärte. Mit dieser Entwicklung begannen in Costa Rica nationale Richtungsstreitereien.<br />
Zum einen die konservativen „monarchistischen“ Bewegungen um Cartago und Herédia,<br />
welche bestrebt waren, einen Anschluss an das mexikanische Kaiserreich herbeizuführen und die<br />
liberale „republikanische“ Bewegung hauptsächlich um San José und Alajuela. Schlussendlich folgte<br />
auf diesen Konflikt 1823 die Schlacht von Ochomongo, welche nach wenigen Stunden mit der Einnahme<br />
Cartagos endete. Die Folge dieser Auseinandersetzung war die Verlegung der Hauptstadt von Cartago<br />
nach San José.<br />
Der zweite Bürgerkrieg fand im Jahr 1838 statt, nachdem der Interimspräsident Braulio Carrillo bei<br />
den regulären Präsidentschaftswahlen des Jahres 1837 unterlag und das Militär zu seinen Gunsten putschte.<br />
Dies war in der Geschichte Costa Ricas das erste Mal, dass ein Präsident durch das Militär ohne<br />
verfassungsmäßige Grundlage ins Amt gesetzt wurde.<br />
Carrillo blieb bis ins Jahr 1842 selbsternannter Diktator von Costa Rica, bis ihn Francisco Morazàn der<br />
vormalige Präsident der mittelamerikanischen Union mit Hilfe des costaricanischen Generals Villasenor<br />
stürzte. Obwohl Morazàn zuerst als Befreier der Diktatur gefeiert wurde, wurde er bereits nach einem<br />
halben Jahr Amtszeit zusammen mit Villasenor exekutiert. Morazàn hatte einen Großteil der Steuereinnahmen<br />
zum Aufbau der Armee verwendet, um die mittelamerikanische Union wieder herzustellen.<br />
Nun folgte eine Zeit der Ruhe und Konsolidierung, die Wirtschaft des <strong>La</strong>ndes wuchs aufgrund des Kaffeeanbaus,<br />
sorgte aber auch für neuen Zündstoff. Diesmal zwischen Kleinbauern und Großgrundbesitzern.<br />
Als nun Präsident Juan Rafael Mora die Gründung einer Nationalbank bekannt gab, welche die<br />
Stellung der Großgrundbesitzer – die bisherigen Kreditgeber – untergraben hätte, wurde dieser gefangen<br />
genommen und exekutiert. Dies war der erste direkte Eingriff der „Kaffeearistokratie“ auf den Regierungsapparat<br />
des <strong>La</strong>ndes. Durch die Häufung solcher Ereignisse wuchs die Kluft zwischen den<br />
Großgrundbesitzern und der einfachen Bevölkerung beträchtlich.<br />
1870 putschte General Tomas Guardia und errichtete bis zu seinem Tod in Jahr 1882 wiederum eine<br />
Diktatur. Er verwies jene Mitglieder reicher Familien des <strong>La</strong>ndes, welche immer wieder zu Umstürzen<br />
anstifteten, was den Einfluss der Kaffeearistokratie schließlich schwächte und dem Staat eine gewisse<br />
Unabhängigkeit ermöglichte. Guardia berief eine verfassungsgebende Versammlung ein, die eine Konstitution<br />
erarbeitete, die 1871 in Kraft trat, und mit Ausnahme kurzer Unterbrechungen bis 1948 Bestand<br />
hatte. Teile hiervon gelten in der Verfassung von 1949 bis heute. Nach dem Tod Guardias, wurde<br />
die Militärdiktatur bis 1890 weitergeführt. In dieser Zeit begann auch die finanzielle Abhängigkeit Costa<br />
Ricas vom Ausland, vor allem durch Einführung von Plantagen unter Initiative der United Fruit<br />
Company. Dadurch flossen große Kapitalmengen ins Ausland ab, und es kam zur Verschuldung des<br />
<strong>La</strong>ndes durch den Eisenbahnbau unter Guardia.<br />
Im darauf folgenden Wahlkampf beteiligten sich nun erstmals mehr als nur die elitären Zirkel des <strong>La</strong>ndes.<br />
Die Politik wurde auch für den kleinen Mann interessant, dadurch bildeten sich erstmals Parteien.<br />
Obgleich das <strong>La</strong>nd nun eine Basis durch die Verfassung hatte, kam es immer wieder zu gewaltsamen<br />
Zwischenfällen und Wahlbetrug. Weiters wurde die Stabilität des <strong>La</strong>ndes durch die beiden Weltkriege<br />
stark beeinflusst. Costa Rica war in diese zwar nicht direkt involviert, jedoch musste es seine europäischen<br />
Absatzmärkte einbüßen, was die exportorientierte Wirtschaft schwer traf.<br />
Schlussendlich eskalierte die Situation, als bei der Präsidentenwahl im Jahr 1947 ein Teil der Stimmzettel<br />
aus ungeklärten Gründen verbrannte. Der „Pacto del Caribe“ welcher sich die Zielsetzung gab, die<br />
diktatorischen Regime der Region zu bekämpfen, nutzte den Moment der Unzufriedenheit in der Bevölkerung<br />
und der Schwäche des Militärs und beschloss unter der Leitung von Figueres Ferrer, welcher<br />
seit 1942 in Mexiko im Exil war, seinen „cruzada democratica“ in Costa Rica zu beginnen. Am<br />
10.März 1948 begann der sechswöchige Bürgerkrieg, welcher 2.000 Menschenleben forderte.<br />
76
Christian Kolowratnik<br />
Verfassung von 1949 und ihre Auswirkungen<br />
Figueres Ferrer musste erkennen, dass dem costaricanischen Volk mehr am eigenen <strong>La</strong>nd lag, als an der<br />
Befreiung der Region, jedoch ermöglichte sein Sieg dem <strong>La</strong>nd eine demokratische Verschnaufpause,<br />
und die Gunst der Stunde wurde genutzt um die Verfassung vom 7. November 1949 zu erstellen, welche<br />
heute noch gültig, und sicherlich auch wichtig für die heutige Stabilität der Region ist. In dieser<br />
Verfassung ist auch die Furcht der Verantwortlichen zu erkennen, dass wieder Unrechtmäßigkeiten<br />
auftreten könnten (z.B. der Ausschluss zur Wiederwahl auf Lebenszeit nach der Präsidentschaft)<br />
3.2.3 Die Verfassung von 1949<br />
Die Verfassung von 1949 umfasst 18 teils große Kapitel (capítulos) und kurze Abschnitte (títulos).<br />
Daraus werden hier kurz die für die Entwicklung der Demokratie wichtigen Teile vorgestellt:<br />
DIE DEMOKRATIE<br />
<strong>La</strong> Republica (Título I):<br />
Artikel 1 des ersten Abschnitts bezeichnet Costa Rica als eine freie und unabhängige und demokratische<br />
Republik, die weiteren Artikel befassen sich mit der nationalen Souveränität.<br />
Wichtig ist Artikel 9, welcher die Einteilung der Gewalt in eine Legislative, Exekutive und Judikative<br />
teilt. Die jeweiligen Institutionen werden in den entsprechenden Kapiteln gesondert behandelt. Nicht<br />
genannt wird hier die Wahlkontrolle, die inoffiziell aufgrund ihrer Macht und Immunität die 4. Macht<br />
genannt wird.<br />
Artikel 12 als Letzter des Kapitels verbietet die Armee als ständige Institution und überträgt es den<br />
Polizeieinheiten für den Erhalt der öffentlichen Sicherheit zu sorgen. Militäreinheiten dürfen nur im<br />
Fall einer kontinentalen Übereinkunft oder zur nationalen Verteidigung organisiert werden. Auf jeden<br />
Fall müssen die Einheiten dann einer zivilen Behörde unterstellt werden.<br />
Warum diese weltweit einzigartige Entscheidung getroffen wurde, lässt mehrere Vermutungen offen.<br />
Zum einen hat das Militär in Costa Rica nie eine wichtige Rolle gespielt und hatte dadurch nicht die<br />
starke Lobby hinter sich, die in anderen Staaten der Region bestand. Zum anderen war natürlich der<br />
Faktor der ständigen Bedrohung der Demokratie. Schon mehrmals wurde in Costa Rica durch das Militär<br />
geputscht und so hätte es eine ständige Risikoquelle dargestellt. Ein weiterer wichtiger Faktor war,<br />
dass die Armee weit unter jedem vernünftigen Standard war, und dadurch eine Aufrüstung immense<br />
Geldmengen gekostet hätte. Durch seinen Verzicht auf eine stehende Armee konnte Costa Rica Gelder<br />
in Sozialprojekte umleiten, und dadurch langfristig die heute bestehenden Sozialstandards erreichen.<br />
DIE GEWALTENTEILUNG<br />
Die Legislative (Titulo IX):<br />
Kapitel 1 legt die Organisationsstruktur des Kongresses fest, indem es dem Volk die legislative Gewalt<br />
durch Wahlen überträgt. Der Kongress ist ein Einkammern-Parlament, welches seit der Verfassungsänderung<br />
von 1961 insgesamt 57 Abgeordnete hat. Die Abgeordneten werden auf eine Dauer von vier<br />
Jahren gewählt, und können danach für die Dauer einer Legislaturperiode nicht wieder gewählt werden.<br />
Das passive Wahlrecht besteht mit der Vollendung des 21. Lebensjahres. Nicht zur Kandidatur zugelassen<br />
sind der Präsident, seine Stellvertreter, Mitglieder des Obersten Gerichtshofes, der Wahlaufsicht,<br />
den Sicherheitskräften sowie der nahen Angehörigen von Inhabern der Wahlämter.<br />
Artikel 2 regelt die Befugnisse der Legislative. Dazu gehören:<br />
• die Verabschiedung, Aufhebung und verbindliche Interpretation der Gesetze<br />
• die Ernennung der Richter des obersten Gerichtshofes<br />
• die Billigung oder Missbilligung von internationalen Abkommen, Verträgen und Konkordaten<br />
• die Entscheidung über die Genehmigung von ausländischen Streitkräften auf Staatsgebiet<br />
• die Ermächtigung der Exekutive den nationalen Verteidigungsfall auszurufen und Frieden zu<br />
schließen<br />
• die Ausrufung des Notstandes und die Außerkraftsetzung der in der Verfassung enthaltenen Individualrechte<br />
77
Christian Kolowratnik<br />
Verfassung von 1949 und ihre Auswirkungen<br />
• die Festsetzung von Staatsetat und Steuern<br />
• die Ernennung des Präsidenten des staatlichen Rechnungshofes<br />
• Aufhebung von Immunitäten<br />
• die Verfügungsgewalt über fundamentale Ressourcen (Energiequellen,…)<br />
• die Einrichtung von Untersuchungsausschüssen<br />
• die Bewilligung von Amnestien<br />
Artikel 3 regelt das Einbringen von Gesetzen. Die Exekutive kann gegen beschlossene Gesetze ein<br />
Veto einlegen, welches die Legislative jedoch mittels eines Beharrungsbeschlusses mit einer Zweidrittelmehrheit<br />
trotzdem durchsetzen kann.<br />
Über die Verfassungsfähigkeit der Gesetze wacht ein Verfassungsgerichtshof.<br />
Die Exekutive (Titulo X):<br />
Artikel 1 erklärt, dass die exekutive Macht im Namen des Volkes durch den Präsidenten und seine<br />
Minister ausgeübt wird. Das passive Wahlrecht zum Präsidenten erhält jeder gebürtige Costa Ricaner,<br />
der das 30. Lebensjahr vollendet hat. Ausgeschlossen von der Wahl zum Präsidenten oder Vizepräsidenten<br />
ist, wer das Amt bereits einmal innehatte, in naher Verwandtschaft zum amtierenden Präsidenten<br />
steht, oder in den 12 Monaten vor der Wahl Regierungsminister war. Auch ausgeschlossen sind Mitglieder<br />
wichtiger Einrichtungen wie der Wahlaufsicht und des Obersten Gerichtshofes.<br />
Die Präsidentschaftswahlen finden alle 4 Jahre am ersten Sonntag im Februar statt. Zusammen mit dem<br />
Präsidenten werden zwei Vizepräsidenten gewählt, die den Präsidenten gemeinsam vertreten können.<br />
Sollte keiner der Kandidaten eine 40 %ige Mehrheit erlangen, hat eine Stichwahl zwischen den beiden<br />
stimmenstärksten Kandidaten stattzufinden. Bei Stimmengleichheit übernimmt der ältere Kandidat.<br />
Kapitel 3 regelt den Aufgabenbereich des Präsidenten.<br />
Er ist befugt:<br />
• Minister einzusetzen und abzuberufen<br />
• die Nation in offiziellen Angelegenheiten zu vertreten<br />
• das Oberkommando über die staatlichen Sicherheitskräfte zu führen<br />
Er ist verpflichtet:<br />
• zu einem jährlichen Rechenschaftsbericht gegenüber dem Kongress<br />
• den Kongress um Erlaubnis zu bitten, sollte er länger als 10 Tage Zentralamerika und Panama<br />
verlassen<br />
Zu den Zuständigkeiten der Minister zählen:<br />
• die Einstellung und Entlassung der Sicherheitskräfte und der Beschäftigten des öffentlichen<br />
Dienstes<br />
• die Verkündigung und Ausführung der Gesetze<br />
• die Erstellung von Gesetzesinitiativen und der Ausübung des Vetorechtes<br />
• der Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung<br />
• die Beaufsichtigung der Verwaltung<br />
• die Verkündigung und Durchführung der von der Legislative beschlossenen Abkommen und<br />
Verträge<br />
• die Koordination der internationalen Beziehungen<br />
• der Empfang von internationalen Staatsoberhäuptern und Diplomaten<br />
• die Einberufung der ordentlichen und außerordentlichen Sitzungen des Kongresses<br />
• die Verfügung über die Sicherheitskräfte<br />
Für Minister gelten dieselben Ausschlusskriterien wie für den Präsidenten und sie sind ebenso dem<br />
Kongress Rechenschaft pflichtig.<br />
78
Christian Kolowratnik<br />
Verfassung von 1949 und ihre Auswirkungen<br />
Die Judikative (Titulo XI):<br />
Die judikative Gewalt (der Oberste Gerichtshof, und die ihm unterstellten Gerichte) sind ausschließlich<br />
der Verfassung und dem Gesetz unterstellt.<br />
Der Oberste Gerichtshof besteht aus 17 vom Kongress auf 8 Jahre bestimmte Richter im Alter von<br />
mindestens 35 Jahren. Im Gegensatz zu anderen Ämtern sind die Richter wieder wählbar. Vom Amt<br />
ausgeschlossen sind Verwandte der Obersten Richter, sowie Angehörige der Exekutive oder Legislative.<br />
Bei Gesetzesvorhaben, welche die die Tätigkeit der Judikative betreffen, kann der Oberste Gerichtshof<br />
ein Veto einlegen, gegen welches der Kongress sich nur mit einer Zweidrittelmehrheit durchsetzen<br />
kann.<br />
Der Oberste Gerichtshof besitzt in Costa Rica aufgrund seiner Arbeit ein hohes Ansehen, leider ist dessen<br />
Integrität nicht auf alle ihm unterstellten Gerichte übertragbar, deren Richter nicht selten käuflich<br />
sind.<br />
Die Wahlaufsicht (Titulo VIII):<br />
Das „Tribunal Supremo de Eleciones“(TSE) wird oft als vierte Macht im Staate genannt, da diese<br />
keiner der anderen Mächte unterstellt ist und bei den Wahlen fast absolute Entscheidungsgewalt (im<br />
Rahmen der Verfassung) hat.<br />
Das TSE setzt sich aus 3 vom Obersten Gerichtshof auf sechs Jahre gewählten Mitgliedern und sechs<br />
Stellvertretern zusammen und wird in der Vor- und Nachbereitungsphase der Wahlen um zwei Mitglieder<br />
erweitert. Beim „Obersten Wahlgerichtshof“ handelt es sich um eine „spezifisch costaricanische<br />
Institution“, die als Reaktion auf die früher üblichen Eingriffe in das Wahlrecht entstand und mit ungewöhnlich<br />
weitgehenden Befugnissen ausgestattet ist.<br />
Zu seinen Kompetenzen zählen:<br />
• die Ausschreibung öffentlicher Wahlen<br />
• die verbindliche Interpretation von verfassungsrechtlichen Vorschriften<br />
• die Entscheidung über Wahleinsprüche und Anfechtungsklagen<br />
• die Auswahl der Mittel zur Gewährleistung freier und korrekter Wahlen; Im Bedarfsfall kann<br />
auf die Sicherheitskräfte zurückgegriffen werden.<br />
• die Stimmauszählung und die Bekanntgabe des Wahlausganges<br />
Außer bei Amtsmissbrauch kann gegen die Entscheidungen des TSE kein Rechtsmittel in Anspruch<br />
genommen werden.<br />
Nach Meinung von Manuel Rojas Bolanas hat gerade das ausgeklügelte System des TSE das heute<br />
vertretene Demokratiebewusstsein der Costaricaner gefördert.<br />
RECHTE UND PFLICHTEN DER BÜRGER<br />
Individuelle Rechte und Garantien (Titulo IV,V und VIII):<br />
In diesem Abschnitt werden die Menschen für frei erklärt und die Sklaverei verboten, außerdem wird<br />
die Unverletzlichkeit des menschlichen Lebens betont.<br />
Weitere garantierte Rechte:<br />
• Reisefreiheit im In- und Ausland. Dadurch war es schwarzfärbigen Costaricanern erstmals<br />
möglich in die Hauptstadt San José zu reisen.<br />
• die Unverletzlichkeit der Wohnung<br />
• dem Recht auf Eigentum, mit Ausnahmeregelungen; So sind Enteignungen im Allgemeininteresse<br />
oder die Verhinderung von privaten Monopolen möglich.<br />
• Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit<br />
• Asylrecht für politisch Verfolgte<br />
• Verbot der zwangsweisen Exilierung von Costaricanern<br />
• Meinungs- und Pressefreiheit (mit der Auflage politische und religiöse Interessen nicht zu mischen)<br />
Die Sicherung der Freiheitsrechte erfolgt durch:<br />
• die Gleichheit vor dem Gesetz<br />
79
Christian Kolowratnik<br />
Verfassung von 1949 und ihre Auswirkungen<br />
• das Rückwirkungsverbot von Gesetzen<br />
• die Befreiung von der Belastungspflicht gegenüber sich selbst und nahen Angehörigen<br />
• das Verbot der Schuldhaft<br />
• das Verbot der lebenslänglichen Freiheitsstrafe<br />
• der Konfiszierung von Eigentum<br />
• dem Verbot von Folter und entwürdigenden Behandlungsmethoden und der Ungültigkeit so<br />
erzwungener Geständnisse<br />
• dem Recht auf einen Haftprüfungstermin und der Verfassungsbeschwerde<br />
Soziale Rechte und Garantien (Titulo V):<br />
In Artikel 50 verpflichtet sich hier der Staat für das bestmögliche Wohlergehen seiner Bürger, durch<br />
eine angemessene Verteilung des Reichtums.<br />
In diesem Kapitel sind geregelt:<br />
• die Regelungen zu Familien- und Mutterschutz<br />
• die Gleichstellung von ehelichen und unehelichen Kindern<br />
• die Erklärung der Arbeit als individuelles Recht und einer sozialen Pflicht; Das impliziert freie<br />
Wahl des Arbeitsplatzes, und einen garantierten Mindestlohn. Jedoch verpflichtet es auch den<br />
Staat Arbeitsplätze zu schaffen, und die Versorgung der „unfreiwillig Arbeitslosen".<br />
• die Freiheit Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände zu gründen<br />
• das Streikrecht<br />
• das Recht auf Entschädigung, bei unrechtmäßiger Entlassung; Das Problem ist hier jedoch, dass<br />
kein besonderer Schutz für Betriebsräte und führende Gewerkschaftsmitglieder gegeben ist.<br />
Dadurch ist es für Firmen relativ leicht, sich von unliebsamen Mitarbeitern zu trennen.<br />
Die Verpflichtung des Staates:<br />
• zur Förderung des sozialen Wohnbaus<br />
• zu gerechten Verteilung der landwirtschaftlichen Pachtverträge<br />
• zum besonderen Schutz von Frauen, Kindern und „unfreiwillig Arbeitslosen<br />
• dem Sozialversicherungssystem<br />
Zum Schluss des Abschnitts wird noch erklärt, dass diese Rechte unabdingbar sind, und dass sie keine<br />
weiteren aus dem christlichen Prinzip abstammenden Rechte ausschließen, sondern vielmehr eine Politik<br />
der nationalen Integrität fördern sollen.<br />
Politische Rechte und Pflichten (Titulo VIII):<br />
Aufgrund historisch gewachsener Befürchtungen enthält dieses Kapitel sehr genaue Regelungen bezüglich<br />
Wahlrecht und Wahlsystem um Wahlbetrügereien zu verhindern.<br />
Im Kapitel 1, welches auch die Staatsbürgerschaft definiert, wird die Wahrnehmung der politischen<br />
Recht und Pflichten beiden Geschlechtern mit der Vollendung des 18. Lebensjahres zugestanden. Das<br />
Wahlrecht welches persönlich und geheim umzusetzen ist, wird sowohl als Bürgerrecht aber auch als<br />
explizite Pflicht bestimmt. Bei Verletzung der Wahlpflicht können Geldstrafen, als auch im Wiederholungsfall<br />
Haftstrafen verhängt werden.<br />
Die Garantie der Wahlkostenerstattung (ab mindestens 5 % der Wählerstimmen) ermöglichte der Demokratie<br />
in Costa Rica eine gewisse Unabhängigkeit der verschiedenen Interessensgruppierungen, da<br />
die Parteien leichter kalkulieren konnten ohne auf Förderungen von Interessensgemeinschaften angewiesen<br />
zu sein.<br />
Die Verfassung räumt allen Bürgern die Möglichkeit ein, sich in Parteien zu organisieren, mit der einzigen<br />
Beschränkung, dass Parteien, die „aufgrund ihrer ideologischen Programme, der Art und Weise<br />
ihrer Betätigung oder ihrer internationalen Verbindungen darauf abzielen, die Fundamente der demokratischen<br />
Ordnung Costa Ricas zu zerstören oder die nationale Souveränität bedrohen“ verboten sind.<br />
Im dritten und letzten Kapitel wird die Leitung und Überwachung der Wahlen, dem unabhängigen<br />
„Tribunal Supremo de Electiones“, also der Wahlaufsicht behandelt und festgelegt. Deren Aufgaben<br />
und Pflichten wurden bereits bei der Gewaltenteilung besprochen.<br />
80
Christian Kolowratnik<br />
3.2.4 Resümee<br />
Verfassung von 1949 und ihre Auswirkungen<br />
Costa Rica ist ein <strong>La</strong>nd mit Charme, aber auch mit großer politischer Stabilität. Woher kommt das?<br />
Ausschlaggebend war sicherlich der Bürgerkrieg des Jahres 1948, woraus nach einer Kosilidierungsphase<br />
die Verfassung von 1949 entstand. Wodurch war es nun aber möglich aus einem „Stück<br />
Papier“ wie es auch in vielen anderen Staaten existiert, und trotzdem zu Umbrüchen kam, ein stabiles<br />
<strong>La</strong>nd aufzubauen?<br />
Die Tatsache, dass in Costa Rica die Armee abgeschafft wurde, war die Basis vieler Putsche, aber auch<br />
oft die „Legitimation“ von Diktatoren um im Amt zu bleiben. Durch den Verzicht auf die Armee wurde<br />
somit ein politischer Unsicherheitsfaktor eliminiert. Zum anderen wurde dadurch Geld für soziale Belange<br />
frei. Sicherlich ist hier auch die Unterstützung durch die USA zu nennen, die die „Paradedemokratie“<br />
in <strong>La</strong>teinamerika unterstützen.<br />
Weiters unterstreicht die Verfassung von 1949 die Bürgerrechte und Pflichten. Dies förderte die Identifizierung<br />
der Bürger mit dem Staat und der Demokratie.<br />
Auch die für mitteleuropäische Verhältnisse übertriebene Form der Kontrolle und Gegenkontrolle ist<br />
wichtig gewesen. So besteht in Costa Rica mit der Wahlaufsicht eine autonome Behörde, die indirekt<br />
über den Kongress bestimmt wird (Kongress bestimmt die Richter des Obersten Gerichtshof, diese<br />
bestimmen die Wahlaufsicht), und somit komplett unabhängig von der Exekutive durchgeführt werden<br />
kann. Zum Vergleich: In Österreich ernennt der Bundeskanzler den Innenminister, der das Innenministerium<br />
leitet, welches die Wahlen organisiert, und die Ergebnisse bekannt gibt.<br />
In Costa Rica wurde dadurch verhindert, dass sich zuviel Macht in den Händen einer Person sammelt,<br />
bzw. durch die Wahlaufsicht, dass die Exekutive die Wahlen durch die ihr gegebenen Möglichkeiten<br />
manipuliert.<br />
Literaturangaben<br />
HEINTZ A., (1998): Costa Rica Interne Aspekte der Entwicklung einer Demokratie in <strong>La</strong>teinamerika;<br />
Vervuert Verlag, Frankfurt am Main<br />
KRUMWIEDE H.W.; WALSMANN P., (1992): Politisches Lexikon <strong>La</strong>teinamerika; C. H. Becksche<br />
Verlagsbuchhandlung München, 88 – 98<br />
http://www.uni-muenster.de/CeLA/publik/Ah/ArbHeft85.pdf, 2006<br />
81
Teil IV<br />
Ökonomie<br />
und<br />
<strong>La</strong>ndwirtschaft<br />
82
Joachim Simon<br />
Ökonomie<br />
4.1 ÖKONOMIE<br />
4.1.1 Basisdaten<br />
Fläche: 51.900 km 2<br />
Einwohner: 4,3 Mio. (2004)<br />
Bevölkerungsdichte: 85 Einw./km 2<br />
Bevölkerungswachstum: 1,4 % p.a.<br />
Analphabetenrate:<br />
ca. 4 % (für 2006 geschätzt)<br />
Andere Schätzungen: 5 % (2003, bfai), 4,2 % (2006, Wikipedia),<br />
4,2 % (2005, UNESCO), 4,4 % (2002, UNO)<br />
Geschäftssprachen:<br />
Lebende Sprachen:<br />
Spanisch; (Englisch)<br />
Spanisch; Boruca; Bribri; Cabecar, Costa Rican; Sign <strong>La</strong>nguages;<br />
Limon Creole English; Maleku Jaika; Plautdietsch; Teribe<br />
Telefonanschlüsse: 316 (je 1.000 Einwohner; 2004)<br />
Mobiltelefone: 217 (je 1.000 Einwohner; 2004)<br />
Internetnutzer: 280 (je 1.000 Einwohner; 2005)<br />
Währung:<br />
Bezeichnung: Colon (C)<br />
Wechselkurs: April 2006: 1US$ = 527,020 C; 1 Euro = 638,147 C<br />
Jahresdurchschnitt 2005: 1US$ = 479,170 C; 1 Euro = 592,701 C<br />
Jahresdurchschnitt 2004: 1US$ = 438,750 C; 1 Euro = 547,136 C<br />
4.1.2 Wirtschaftslage<br />
Bruttoinlandsprodukt (BIP;nom.) 2003 2004 2005 Prog. 2006<br />
Mrd. C 6.982 8.127 9.469 10.830<br />
Mrd. US$ 17,5 18,5 19,8 20,5<br />
BIP je Einwohner (US$) 4.195 4.362 4.573 4.646<br />
Inflationsrate (%) 9,4 11,5 13,6 13,1<br />
Arbeitslosigkeit (%) 6,7 6,5 6,6 x<br />
Staatsverschuldung (% des BIP) 57,5 54 53,2 51<br />
KURZCHARAKTERISTIK<br />
Costa Rica ist eine exportorientierte Marktwirtschaft, die sich dem Welthandel immer mehr öffnet.<br />
Schwerpunkte sind in dem vorwiegenden Agrarstaat Leicht- und Agroindustrie, die Lohnfertigung im<br />
Elektronik- und Textilbereich, der Tourismus, sowie in letzter Zeit die Einrichtung von Call Centers.<br />
(Unter Agroindustrie versteht man die industrielle Großproduktion von landwirtschaftlichen Produkten).<br />
Im Agrarsektor und in der Industrie hat Costa Rica einen hohen Produktionsstandard erreicht. Den<br />
ISO Normen der 9.000er und der 14.000er Serie werden auch zunehmend von mittelständischen Unternehmen<br />
entsprochen. Aufholbedarf liegt jedoch bei den Kleinbetrieben, die teilweise noch nach<br />
alten Strukturen organisiert sind.<br />
Die Rolle des Staates am Wirtschaftsgeschehen ist in Costa Rica nicht unerheblich, da dieser auf 50 %<br />
der Ökonomie direkten oder indirekten Einfluss hat.<br />
Costa Rica gehört zu den Nationen <strong>La</strong>tein Amerikas mit den geringsten sozialen Spannungen. Dies<br />
ist auf ein Prokopfeinkommen von 4.573 US$ pro Jahr (2005) zurückzuführen. Man bezeichnet das<br />
<strong>La</strong>nd auch als die „Schweiz Mittelamerikas“.<br />
83
Joachim Simon<br />
Ökonomie<br />
Die Lebensmittelverarbeitung sorgt innerhalb der Ackerbauindustrie für Wachstum. Dadurch stieg der<br />
Beschäftigungsanteil in den letzten Jahren in diesem Bereich um 10 %.<br />
Hauptexportprodukte (2005):<br />
1. Computerchips: 800,0 Mio. US$<br />
2. Textilien: 527,8 Mio. US$<br />
3. Bananen: 475,4 Mio. US$<br />
4. med. Zubehör: 400,0 Mio. US$<br />
5. Ananas: 325,5 Mio. US$<br />
6. Kaffee: 230,6 Mio. US$<br />
7. Medikamente: 229,0 Mio. US$<br />
Hauptimportwaren:<br />
• Rohstoffe<br />
• Konsumgüter<br />
• Kapitalgüter<br />
Wichtigste Handelspartner für Exporte:<br />
USA 44,1 %, Niederlande 5,2 %, Guatemala 4,4 %, Nicaragua 4 %, Malaysia 2,6 %<br />
Wichtigste Handelspartner für Importe:<br />
USA 45,9 %, Japan 5,9 %, Mexico 5,1 %, Venezuela 4 %, Kolumbien 3,4 %<br />
VOLKSWIRTSCHAFTLICHE FAKTOREN<br />
Der Dienstleistungssektor hat eine große Bedeutung in der Volkswirtschaft. Die Tourismusbranche<br />
legte von 2004 auf 2005 um ca. 15 % zu. Das Fremdenverkehrswesen ist auch ein bedeutender Arbeitgeber,<br />
mit etwa 365.664 direkt oder indirekt Beschäftigten.<br />
Trotz einer Steuerquote von nur 14 % ist der Staat nach wie vor mit 14,2 % der größte Arbeitgeber.<br />
Ebenso gehört er zu den größten Unternehmern des <strong>La</strong>ndes. Tätigkeitsbereiche finden sich in der<br />
Elektrizität, Telekommunikation, Mineralölindustrie und im Versicherungswesen, ebenso in den gut<br />
ausgebauten staatlichen Gesundheits- und Bankensystemen.<br />
WIRTSCHAFTSKLIMA<br />
Der Staat ist um Reformen bemüht, um die Investitionen zu steigern.<br />
Daher ist das Ziel der Regierung die Ratifizierung des Freihandelsabkommens der zentralamerikanischen<br />
Staaten mit der Dominikanischen Republik und den USA (Dominican Republic – Central<br />
American Free Trade Agreement, DR-CAFTA) voranzutreiben. Mit diesem Vertrag soll der bereits<br />
bestehende Zugang zum US-amerikanischen Markt gesichert werden. Dies hat aber die schrittweise<br />
Privatisierung von staatlichen Unternehmen zu folge (Aufbrechen der staatlichen Monopole).<br />
Zwischen Costa Rica und anderen Staaten sind zahlreiche Freihandelsabkommen in Kraft (Mexico,<br />
Chile, Kanada, u.a.).<br />
Ebenso ist Costa Rica Mitglied des GATT (General Agreement on Tariffs and Trade), der MCCA<br />
(Mercado Comun Centroamericano) und der WTO (World Trade Organisation).<br />
WÄHRUNGSPOLITIK<br />
Bisher wird das System der „Miniabwertung“ praktiziert. Das heißt, dass jeweils ein Jahr im Voraus<br />
festgelegt wird, um wieviel Prozent der Colon gegenüber dem US$ abgewertet werden wird.<br />
(Zurzeit ist der Colon sehr stark an den US$ gebunden.) 2005 betrug die Abwertung 8,6 % und wurde<br />
für 2006 mit 6,6 % festgelegt. Der Wechselkurs des Dollars zum Colon stellt für jeden Marktteilnehmer<br />
eine feste Größe dar. Man steht bereits kurz davor eine Änderung einzuführen: Das System des<br />
„freien Floatens“. Das heißt der Markt wird dann den Wechselkurs zwischen Colon und US$<br />
bestimmen. Dieser Wechsel soll aber langsam geschehen, damit sich der Markt den neuen Gegebenheiten<br />
anpassen kann.<br />
84
Joachim Simon<br />
Ökonomie<br />
AUSSENWIRTSCHAFTSPOLITIK<br />
Auch die neue Regierung setzt auf Außenwirtschaftspolitik. Ziel ist die Erschließung neuer Märkte<br />
und Werbung für den Industriestandort Costa Rica. Die costaricanischen Kammern gründeten die<br />
Agentur CINDE (Coalicion de Iniciativas para el Desarrollo) um potentielle Investoren zu beraten und<br />
zu unterstützen.<br />
Hindernisse bei der Ansiedelung von ausländischen Unternehmen sieht CINDE in der aufwendigen<br />
Bürokratie. Das Zollrecht, Einwanderungsbestimmungen, und umweltrechtliche Genehmigungen sind<br />
einer Reform zu unterziehen.<br />
ÖSTERREICHISCHE BEZIEHUNGEN ZU COSTA RICA<br />
Allgemein:<br />
Costa Rica, traditionell der wichtigste Außenhandelspartner Österreichs in dieser Region, wurde 2005<br />
von Panama überholt.<br />
Export:<br />
Besondere Chancen für österreichische Exporteure finden sich in pharmazeutischen Rohstoffen und<br />
Fertigprodukten, medizinischer Ausrüstungen und Geräten, Zulieferungen für die Leicht- und Agroindustrie,<br />
im Elektrizitätssektor, in Hebe- und Fördervorrichtungen, Straßenfahrzeugen und Metallverarbeitungsmaschinen.<br />
Import:<br />
Wichtige österreichische Importwaren sind Bananen, Früchte allgemein, Kaffee, Maschinenbauerzeugnisse<br />
(Schaltungen, Büromaschinen), Fertigwaren (Teile für Filmkameras und Mess-, Prüf- und<br />
Analyseinstrumente), bearbeitete Waren (Textil, Garne) und Rohstoffe (z.B. Bauxit).<br />
Außenhandel mit Österreich: (in Mio. €uro)<br />
2003 2004 Prog. 2005<br />
österreichische Ausfuhren 7,5 37,4 7,0<br />
Veränderung gegenüber Vorjahr -22,8 % +397,4 % -82,0 %<br />
österreichische Einfuhren 31,6 34,2 35,7<br />
Veränderung gegenüber Vorjahr +3,7 % +8,0 % +4,0 %<br />
Handelsbilanzsaldo -24,1 +3,2 -28,7<br />
Abkommen mit Österreich:<br />
Sichtvermerksabkommen (14. September 1968)<br />
Regierungsabkommen über den Betrieb von Amateurfunkstellen (17. Oktober 1969)<br />
ENERGIEWIRTSCHAFT<br />
Costa Rica produziert momentan 1.900 MW und der Stromverbrauch steigt jährlich um 5 %. Bis<br />
2015 muss in Costa Rica rund 70 % mehr investiert werden als in der jetzigen Budgetierung geplant<br />
ist, um eine Energieknappheit zu vermeiden. Es steht nach Angaben der ICE (costaricanisches Institut<br />
für Elektrizität) kurzfristig keine Energiekrise ins Haus, aber um sich davor zu schützen, dürfen wichtige<br />
Anschlussinvestitionen nicht versäumt werden. Geplant sind jährlich 173 Mio. US$, die aber lt.<br />
ICE auf mindestens 300 Mio. US$ pro Jahr bis 2015 erhöht werden müssen.<br />
2006 wurden 4 neue Kraftwerke (<strong>La</strong> Joya, General, Los Negros und Canalete) in Betrieb genommen,<br />
was eine Produktionssteigerung von 120 MW pro Jahr ergab. Im Jahr 2007 soll zusätzlich noch das<br />
neue Wärmekraftwerk Garabito Strom liefern. <strong>La</strong>ut den letzten Berichten wird das aber vor 2008 nicht<br />
der Fall sein. Die dadurch entstehende Lücke muss anders geschlossen werden.<br />
Die Kapazitäten der nationalen Raffinerien müssen ebenfalls aufgestockt werden. Können die Finanzen<br />
für alle diese Projekte nicht aufgebracht werden, muss privates Kapital zum Einsatz kommen. Es<br />
entstehen dadurch für ausländische Investoren große Chancen und Möglichkeiten.<br />
85
Joachim Simon<br />
Ökonomie<br />
PATENTRECHT<br />
Die AWO (Außenwirtschaft Österreich) empfiehlt Produkte und Marken vor der Einfuhr nach Costa<br />
Rica registrieren zu lassen. Bei nicht registrierter Produkte und Marken ist die Gefahr sehr groß, dass<br />
unseriöse lokale Firmen die Marke ihrerseits sofort registrieren lassen.<br />
SICHERHEIT<br />
Nach wie vor gehört Costa Rica zu den sichersten Ländern <strong>La</strong>teinamerikas.<br />
Es wird aber von den Außenämtern allgemein auf ein erhöhtes Sicherheitsrisiko hingewiesen. Im <strong>La</strong>ufe<br />
der letzten Jahre hat sich die Sicherheitslage verschlechtert. Hauptsächlich in den Städten und den<br />
Nationalparks kommt es immer wieder zu Überfällen und zu Diebstählen. Nach Einbruch der Dunkelheit<br />
ist Vorsicht geboten.<br />
4.1.3 Schlussfolgerung für die Zukunft<br />
Ausländische Investoren profitieren von einer stabilen Wirtschaftspolitik, guten Zukunftsaussichten<br />
des Marktes und einem hohen Bildungsgrad der Bevölkerung.<br />
In den letzten Jahren hat Costa Rica zur Erweiterung der bestehenden Infrastruktur nichts beigetragen.<br />
Die Flughäfen müssen ausgebaut werden, um den immer stärker werdenden Tourismus Herr zu werden.<br />
Ebenso muss in den Ausbau der Häfen investiert werden, um in erster Linie das Wachstum und<br />
die Steigerung der Exporte zu gewährleisten und eine Attraktivität für Kreuzschifffahrten zu erlangen.<br />
Für das <strong>La</strong>nd ist es enorm wichtig bis Ende 2006 das DR-CAFTA-Abkommen mit den USA zu ratifizieren.<br />
Nur so wird Costa Rica im Stande sein, weiter ausländische Investoren anzuziehen. Diese bauen<br />
vor allem auf zollfreie Exporte ihrer Waren in die USA. Einige Investoren haben sich schon in<br />
anderen zentralamerikanischen Staaten angesiedelt, in denen das DR-CAFTA-Abkommen bereits<br />
ratifiziert ist.<br />
Literaturangaben<br />
AUSSENWIRTSCHAFT ÖSTERREICH (2005): Bereichsländerreport Zentralamerika; 1<br />
AWO (2006): Wirtschaftsprofil Zentralmerika. Gesamtjahr 2005<br />
bfai BUNDESAGENTUR FÜR AUSSENWIRTSCHAFT (2005): Wirtschaftsentwicklung Costa Rica<br />
bfai BUNDESAGENTUR FÜR AUSSENWIRTSCHAFT (2006): Costa Rica erhöht Investitionen in<br />
Energiesektor<br />
bfai BUNDESAGENTUR FÜR AUSSENWIRTSCHAFT (2006): Wirtschaftsdaten kompakt Costa<br />
Rica<br />
www.ethnologue.com<br />
86
Ines Faber, Franziska Schrempf<br />
<strong>La</strong>ndwirtschaft und Cash-Crops<br />
4.2 LANDWIRTSCHAFT UND CASH-CROPS<br />
4.2.1 Allgemeines zur <strong>La</strong>ndwirtschaft<br />
Die starke Gliederung Costa Ricas in ökologisch verschiedene Regionen mit unterschiedlichen Temperatur-,<br />
Niederschlags-, und Bodenbedingungen, ermöglicht den Anbau von Kulturpflanzen aus<br />
den Tropen, den Subtropen und den gemäßigten Breiten. Somit besitzt Costa Rica eine enorme<br />
Vielfalt an genutzten Kulturarten.<br />
Rund 40 Prozent der Fläche Costa Ricas werden landwirtschaftlich genutzt. Der größte Teil besteht<br />
aus kleinen und mittleren Betrieben, die vornehmlich für den Eigenbedarf produzieren. Daneben gibt<br />
es wenige große Betriebe, die aber die meiste Fläche besitzen: Ein Viertel der landwirtschaftlichen<br />
Nutzfläche gehört Betrieben, die größer als 1.000 Hektar sind. Hauptanbauprodukte für den Export<br />
sind Bananen aus dem tropischen Tiefland, und Kaffee, der im Hochland angebaut wird. Die amerikanische<br />
United Fruit Company betreibt an der Atlantikküste und seit 1927 auch an der Pazifikküste<br />
Costa Ricas große Bananenplantagen. Sie hat die Häfen Quepos und Golfito für den Export der Bananen<br />
anlegen lassen. Kakao, Zuckerrohr und Ananas sind weitere Exportartikel. Rinderzucht findet<br />
hauptsächlich im Savannengebiet im Nordwesten des <strong>La</strong>ndes statt.<br />
Im Gebiet des Regenwaldes ist der Boden nicht sehr fruchtbar. Es bildet sich keine Humusschicht,<br />
außer in seltenen Fällen beim Bergregenwald. Daher sind die Bäume im Regenwald Flachwurzler und<br />
aus demselben Grund entstehen auch die Probleme nach der Abholzung des Waldes, denn dann<br />
kommt kein organisches Material von „oben“ und es muss auf Kunstdüngung umgestiegen werden.<br />
Die schnelle Auswaschung der Böden durch den Regen ist noch ein zusätzliches Problem.<br />
Jedoch auch geeignet für die <strong>La</strong>ndwirtschaft sind die fruchtbaren Böden an Vulkanhängen und entlang<br />
von Flüssen, welche durch diese immer wieder überschwemmt werden und somit viel wertvolle<br />
anorganische Substanz beinhalten.<br />
Die Küstengegend ist, heiß und stark bewaldet. Hier werden Bananen, Kakao und Zuckerrohr kultiviert.<br />
Im Bereich der Kordilleren und im Schatten des Vulkans Irazù liegt das „Valle central“. Die Böden<br />
sind vulkanischer Abstammung und es herrscht das ganze Jahr über ein mildes, frühlingshaftes<br />
Klima. Dort, im Herzen des <strong>La</strong>ndes, befindet sich das Hauptanbaugebiet für Kaffee und viele andere<br />
landwirtschaftliche Produkte.<br />
4.2.2 Allgemeines zu den Cash-Crops<br />
BEGRIFFSERKLÄRUNG UND GESCHICHTE<br />
Cash-Crops bedeutet übersetzt soviel wie „Geld-Früchte“ und ist ein Fremdwort aus dem Bereich der<br />
Geografie und bezeichnet Agrarprodukte, die für den Export bestimmt sind und meist in Monokulturen<br />
angebaut werden.<br />
Sie werden vor allem in den Entwicklungsländern Mittel- und Südamerikas, sowie Afrikas angebaut<br />
und dienen nicht der Selbstversorgung des <strong>La</strong>ndes. Früher machten Cash-Crops-Güter nur einen kleinen<br />
Teil der Produktion eines Agrarbetriebes aus, sodass die Selbstversorgung immer noch gesichert<br />
war. Heute kann der umfangreiche Export von Agrarprodukten dazu führen, dass die Bevölkerung<br />
des <strong>La</strong>ndes Hunger leiden muss.<br />
Die wichtigsten Produkte in tropischen und subtropischen Gebieten sind Kaffee, Tee, Kakao, Zuckerrohr,<br />
Bananen, Zitrusfrüchte, Ananas und Baumwolle. Da die Produkte meist über sehr weite Strecken<br />
transportiert werden, ist der Markt für Cash-Crops global, sodass sich die Produzenten oft im Preis<br />
gegenseitig unterbieten. Dazu kommt, dass oftmals solche Produkte gegen subventionierte Güter konkurrieren<br />
müssen.<br />
Typisch für Cash-Crops ist der Anbau in Plantagen mit billigen Arbeitskräften und oft auch mit<br />
mechanischen Geräten.<br />
87
Ines Faber, Franziska Schrempf<br />
<strong>La</strong>ndwirtschaft und Cash-Crops<br />
Als „Plantage“ wird ein landwirtschaftlicher Großbetrieb bezeichnet, der sich auf die Erzeugung eines<br />
einzigen Produktes für den Weltmarkt spezialisiert hat und die Produkte in Monokulturen anbaut.<br />
MONOKULTUREN MIT IHREN VOR- UND NACHTEILEN<br />
Vorteile:<br />
Nachteile:<br />
• zunächst billige Produktion<br />
• wenige spezielle, sehr effektive Maschinen mit hoher Kapazität<br />
• günstige Einkaufspreise für Saatgut, Dünger, Pflanzenschutzmittel (oft Mengenrabatte)<br />
• höhere und schnellere Gewinne<br />
• in Anbauländern oft lockere Umweltpolitik, bzw. Umweltschutzvorschriften<br />
• Ausbreitung von spezialisierten Schädlingen und Krankheitserregern<br />
• höherer Pflanzenschutzmittelverbrauch<br />
• Abnutzung der Erde führt zu Mineralmangel (Mangelböden), bis hin zur Totalzerstörung<br />
des Bodens wie z.B. der Humusschicht in den Tropen<br />
• Zerstörung von Biotopen und Lebensräumen der natürlichen Fressfeinde der Schädlinge<br />
• Grundwasserverschmutzung durch Überdüngung und übertriebenen Pflanzenschutzmitteleinsatz<br />
• gesundheitliche Risiken für Arbeiter und Tiere<br />
Zwiebelanbau an den fruchtbaren<br />
Hängen des Irazú<br />
Ananasplantage<br />
Kaffeeplantage<br />
4.2.3 Die Cash-Crops Costa Ricas<br />
Während des 19. Jahrhunderts war Costa Rica ein ziemlich armes <strong>La</strong>nd und die Wirtschaft war von<br />
existenzieller <strong>La</strong>ndwirtschaft geprägt. Nach der Einführung des Kaffeeanbaus begann langsam auch<br />
der Export von Kaffee und danach von Bananen.<br />
Heute sind Bananen (9 %) und Kaffee (6 %) die zwei wichtigsten Exportgüter von Costa Rica, gefolgt<br />
von Fleisch und Zucker (Lonely Planet, Oktober 2002).<br />
Der größte Abnehmer der Exportgüter Costa Ricas sind die USA, gefolgt von Europa, wo besonders<br />
Deutschland eine große Rolle spielt.<br />
Bei unserem Spezialthema möchten wir auf folgende Cash-Crops eingehen:<br />
• Bananen (Musa sp.)<br />
• Kaffee (Coffea sp.)<br />
• Zuckerrohr (Saccharum officinarum)<br />
• Ananas (Ananas sp.)<br />
• Kakao (Theobroma cacao L.)<br />
• Ölpalme (Elaeis guineensi)<br />
• Reis (Oryza sativa)<br />
88
Ines Faber, Franziska Schrempf<br />
BANANEN (MUSA SP.) – HAUPTEXPORTGUT<br />
Bananen (Musa) sind eine Gattung der Familie der Bananengewächse (Musaceae)<br />
innerhalb der einkeimblättrigen Pflanzen. Die Gattung umfasst rund<br />
100 Arten. Einige Arten bilden essbare Früchte, von denen diejenigen der<br />
Musa paradisiaca zum Teil für die Nahrungsmittelproduktion angebaut<br />
werden.<br />
Wegen ihrer üblicherweise gekrümmten Form wird die Banane auch<br />
Krummfrucht genannt. Die Früchte gehören botanisch gesehen zu den Beeren<br />
und können je nach Art und Sorte stark in Größe und Farbe variieren.<br />
In Europa wird hauptsächlich die Dessertbanane (Musa paradisiaca sapientum)<br />
zum Kauf angeboten. In den Herkunftsländern spielt die Kochbanane<br />
(Musa paradisiaca normalis) als Nahrungsquelle eine große Rolle.<br />
Sie wird gekocht, gebacken oder gegrillt.<br />
<strong>La</strong>ndwirtschaft und Cash-Crops<br />
Bananen<br />
(Musa paradisiaca sapientum)<br />
Herkunft:<br />
Die Banane stammt ursprünglich aus der südostasiatischen Inselwelt. Zunächst wurde sie in Afrika<br />
kultiviert und später kam sie mit den Spaniern von den Kanarischen Inseln nach Amerika. 1520 gründeten<br />
portugiesische Siedler die ersten Plantagen in der Karibik und in Mittelamerika. Im 19. Jahrhundert<br />
begann man dann auch in Costa Rica Bananen auf Plantagen anzubauen.<br />
Geschichte, Anbau, Krankheiten, Zukunftsaussichten:<br />
Die Hauptsorte für den Export war bis in die 1960er Jahre die „Gros Michel“. Die Früchte waren größer<br />
und geschmacksvoller als die heutigen Bananen. Durch die Panama-Krankheit wurde der Anbau<br />
dieser Sorte dermaßen erschwert, dass sie heute kaum noch für den Export kultiviert wird.<br />
„Gros Michel“ wurde durch „Cavendish“ ersetzt. Sie ist leichter industriell verwertbar und durch<br />
niedrigere Wuchshöhe der Stauden, beständiger gegenüber Stürmen. Da sie dichter stehend gepflanzt<br />
werden konnten, verdoppelten sich mit ihrem Anbau die Ernteerträge.<br />
Auch schien sie robuster gegenüber einigen Pilzarten zu sein, jedoch ist seit den 1990er Jahren eine<br />
spezielle Art der Panama-Krankheit bekannt, die auch diese Bananensorte angreift. Außerdem werden<br />
die Stauden in der Karibik und in Mittelamerika vom Pilz namens „Black Sigatoka“ angegriffen.<br />
Bis jetzt konnte er noch mit Pflanzenschutzmitteln bekämpft werden, jedoch entwickelt der Pilz inzwischen<br />
auch schon Resistenzen und ist in manchen Anbaugebieten schon so hartnäckig geworden, dass<br />
die Hälfte der Ernte durch den Befall unbrauchbar wurde. Alternativen oder Heilung war bis 2005<br />
noch nicht bekannt.<br />
Auch das Einkreuzen von Resistenzgenen in die Sorte „Cavendish“ war bisher nicht möglich. Ein<br />
Einkreuzen ist generell bei den meisten Bananensorten nicht möglich, denn seit die Banane in Kultur<br />
genommen wurde, sind die meisten Bananensorten steril geworden, d.h. die Früchte werden ohne Bestäubung<br />
und Befruchtung gebildet. Werden keine Samen gebildet, so ist auch keine generative Vermehrung<br />
möglich, also auch keine Kreuzung. Die meisten Bananensorten sind Klone, das heißt sie<br />
werden rein vegetativ vermehrt. Aus diesem Grund wird intensiv an der Entwicklung genveränderter<br />
Bananensorten geforscht.<br />
Man schätzt, dass in 10 bis 20 Jahren auch die „Cavendish“ nicht mehr in Monokulturen angebaut<br />
werden kann.<br />
Bananenexport in Costa Rica:<br />
Der Bananenanbau in ausgedehnten Plantagen befindet sich traditionell an der Karibikküste um den<br />
Hafen Puerto Limón, aber auch an der Pazifikküste um die Hafenstadt Golfito.<br />
1960 betrug der Bananenexport in Costa Rica noch 41 % und sank dann innerhalb von 20 Jahren auf<br />
ca. 15 %, und wieder weitere 20 Jahre später auf unter 4 %. Obwohl die Bananenexportrate sank, wurden<br />
immer mehr Bananen angebaut und exportiert. Der Grund für den prozentualen Abfall liegt in der<br />
Industrialisierung des <strong>La</strong>ndes, welche neue Exportgüter brachte.<br />
Dennoch ist Costa Rica der zweitgrößte Bananenexporteur der Welt. In der Produktion von Bananen<br />
liegt Costa Rica weltweit auf Platz sieben, mit 2,7 Millionen Tonnen Bananen. (Die Zahlen beziehen<br />
sich auf die Produktion im Jahr 2001.)<br />
89
Ines Faber, Franziska Schrempf<br />
<strong>La</strong>ndwirtschaft und Cash-Crops<br />
Umweltproblematik durch Bananenplantagen:<br />
Die wohl größte Umweltbelastung durch Bananenplantagen lastet auf den Wäldern, die für diese Plantagen<br />
gerodet werden. Mit den Bäumen verschwinden auch die Tiere, die in diesem Lebensraum heimisch<br />
sind. Hinzu kommt, dass der Boden einer monokulturell genutzten Bananenplantage meist nach<br />
20 Jahren ausgelaugt ist und nicht mehr genutzt werden kann.<br />
Abgesehen von der Rodung der Wälder stellt der Einsatz von Pestiziden eine große Gefahr für die<br />
Umwelt dar. Eine Bananenplantage wird bis zu 40 mal pro Jahr im Tiefflug überflogen und mit Pestiziden<br />
besprüht. Die hochgiftigen Chemikalien schützen vor Schädlings- und Pilzbefall, jedoch bilden<br />
sich nach einiger Zeit meist Resistenzen gegen die eingesetzten Chemikalien. Die Gifte gelangen in<br />
die natürlichen Flussläufe, in den Boden, in die Nahrungskette der Menschen und ins Meer. Auch sind<br />
die Menschen, die auf den Plantagen arbeiten, gefährdet. Sie arbeiten ohne Schutzkleidung und haben<br />
nur geringes Wissen darüber, wie diese Gifte auf sie wirken.<br />
Des Weiteren ist noch zu erwähnen, dass auf Bananenplantagen blaue Plastiksäcke eingesetzt werden,<br />
welche innen mit Pestiziden behandelt wurden. Sie werden über die reifenden Früchte gestülpt,<br />
um sie zusätzlich vor Schädlings- und Pilzbefall zu schützen. Zurück bleibt ein riesiger Berg an Plastikmüll,<br />
der als Sondermüll entsorgt werden muss.<br />
KAFFEE (COFFEA SP.)<br />
Kurzer historischer Überblick:<br />
Vor 1840 hat Costa Rica geringe Kapitalerträge aus dem Handel mit Kakao, Tabak und Edelmetallen<br />
geschöpft und ging somit über in den Kaffeeanbau. Zuerst war der Kaffeeanbau in der Hand der kolonialen<br />
Führungsschicht, doch dann wurde er auch von bäuerlichen Betrieben übernommen. Der Erfolg<br />
und der Bevölkerungswachstum führten zu einer Ausdehnung der Kaffeebepflanzungen. 1840 kamen<br />
die Europäer ins <strong>La</strong>nd und kümmerten sich um die Vermarktung und Verarbeitung von Kaffee. 1850<br />
machte die Kaffeeausfuhr bereits 90 % der Exporte Costa Ricas aus. Mit ausländischer finanzieller<br />
Hilfe wurde die Infrastruktur verbessert, und Anfang des 20. Jahrhunderts blühte die Exportwirtschaft<br />
aufgrund der steigenden Nachfrage an Bananen und Kaffee wie nie zuvor. Die weltweite Depression<br />
der 1930er Jahre zeigte dem Agrarexportmodell Costa Ricas, wie abhängig es vom Bananen- und Kaffeeexport<br />
und wie schwach ihr Industrie- und Dienstleistungssektor entwickelt war. Denn auch in jeder<br />
Rezession geht die Nachfrage nach Exportgütern wie Kaffee, Schokolade und Zucker zurück, weil<br />
die Verbraucher auf entbehrliche Nahrungsmittel verzichten, zugunsten von billigen Grundnahrungsmitteln.<br />
Daher ist die Entwicklung Costa Ricas sehr eng mit dieser Kulturpflanze verbunden! Kaffee<br />
wächst auf den fruchtbaren Böden zwischen 1.500 m und 2.000 m Seehöhe, Hauptanbaugebiet ist das<br />
Meseta Central. Der Großteil der Anbauflächen ist im Besitz von wenigen Familien. Diese besitzen<br />
nicht nur die Felder, sie kontrollieren auch die gesamte Kaffeeproduktion, -verarbeitung und -<br />
vermarktung und haben somit einen großen politischen und ökonomischen Einfluss. Die Kleinbetriebe<br />
sind sehr abhängig von den Preisen am Weltmarkt und werden dadurch auch oft in große Armut getrieben.<br />
Letztendlich müssen sie dann Grund und Boden an Großbetriebe verkaufen.<br />
Hauptferienzeit fällt in Costa Rica zusammen mit der Haupterntezeit des Kaffees. Nicht zufällig –<br />
einerseits ist für den Kaffeeanbau eine abgegrenzte Trockenzeit wichtig und andererseits können die<br />
Kaffeebesitzer Schüler und Frauen als Tagelöhner bzw. als billige Arbeitskräfte anheuern.<br />
Bemerkenswert ist auch, dass die Kaffeekulturen oft im Schatten von Bäumen angelegt sind. Wenn<br />
der Kaffee unter schattenspendenden Leguminosenbäumen angezüchtet wird, dann wird durch diese<br />
Bäume der Boden mit Stickstoff angereichert und somit der Arbeitskraftaufwand für die Düngung<br />
vermindert.<br />
Die reifen Kaffeefrüchte können gepflückt oder in Wochenabständen vom Boden aufgesammelt werden.<br />
Durch verschiedene Schäl- und Polierverfahren werden die Früchte vom Samen getrennt. Viele<br />
der grünen Samen werden exportiert und erst im Verbraucherland geröstet und verarbeitet.<br />
90
Ines Faber, Franziska Schrempf<br />
<strong>La</strong>ndwirtschaft und Cash-Crops<br />
Links: Kaffeestrauch Coffea arabica<br />
mit unreifen Kaffeebohnen<br />
Rechts: Logo der Kaffeerösterei<br />
„Café de la Casa“ in der Provinz<br />
Alajuela<br />
Café Britt:<br />
Das Unternehmen Café Britt war der erste Kaffeeröster in Costa Rica, der den guten, für das <strong>La</strong>nd<br />
typischen Kaffee auch für den Export röstete, da ja der beste Kaffee immer gleich roh exportiert<br />
wurde. Café Britt wurde 1985 von Steven Aronson, dem jetzigen Präsidenten des Unternehmens, gegründet.<br />
Der Hauptsitz befindet sich in der Nähe von Barva, in der Zentralregion. Fast jedes Hotel,<br />
noble Restaurant und Souvenirgeschäft führt die Produkte. Mittlerweile hat das Unternehmen nicht<br />
nur innerhalb von Costa Rica erfolgreiche Geschäfte, auch international gehört es zur Führung in der<br />
speziellen Kaffeeindustrie und hat auch schon einige Auszeichnungen bekommen. Es wird auf der<br />
Homepage von Café Britt angepriesen, dass das Unternehmen auch Rücksicht auf die Umwelt und auf<br />
den „fair-trade“- Handel nimmt.<br />
ZUCKERROHR (SACCHARUM OFFICINARUM)<br />
Zuckerrohr (Saccharum officinarum) ist eine Pflanze aus der Familie<br />
der Süßgräser (Poaceae) und wird dort der Unterfamilie Panicoideae<br />
mit 3.270 weiteren Arten zugeordnet.<br />
Vom Aussehen her ähnelt es dem Bambus oder Mais. Die Halme<br />
können einen Durchmesser von bis zu 5 cm und eine Höhe von bis<br />
zu 4 m erreichen.<br />
Geerntetes Zuckerrohr zur<br />
Dulce-Erzeugung<br />
Geschichte:<br />
Man vermutet den Ursprung des uns heute bekannten Zuckerrohrs auf Neuguinea, wo man 1928 eine<br />
nahe verwandte Wildpflanze, das Gras Saccharum robustum, entdeckte.<br />
Bis zur Züchtung der Zuckerrübe aus der Runkelrübe, war das Zuckerrohr die einzige bekannte Pflanze<br />
woraus Zucker gewonnen werden konnte. Im Mittelmeergebiet war das Zuckerrohr schon während<br />
der Römerzeit bekannt, es erfuhr eine weitere Verbreitung durch die Mauren und Araber, und reiste<br />
mit der entstehenden Plantagenwirtschaft der Spanier nach Südamerika. Die Portugiesen brachten es<br />
in die Bucht von Benin, auf die Kanaren, in die Karibik und nach Mittelamerika.<br />
Der Zuckerrohranbau in der sogenannten Neuen Welt hatte die Verschleppung von Schwarzafrikanern<br />
zur Folge, welche als Sklaven auf den Plantagen arbeiteten. Auch kam es zur Ausrottung ganzer<br />
Volksgruppen in Mittelamerika.<br />
Heute wird Zuckerrohr weltweit angebaut und stellt ca. 55 % der Zuckerproduktion dar.<br />
Anbau, Ernte, Weiterverarbeitung:<br />
Der Anbau beginnt mit dem Auslegen von Sprossstücken vom ca. acht Monate alten, nicht ausgereiften<br />
Rohr, unter Beigabe von Fungiziden und Insektiziden. Je nach Klimabedingungen vergehen<br />
neun Monate bis zwei Jahre bis zur Ernte. Der Zuckergehalt von Zuckerrohr liegt bei ca. 15 %. Durchschnittlich<br />
werden 120 Tonnen Rohr / ha / Jahr geerntet. Dies entspricht einem Ertrag von 14 Tonnen<br />
Zucker pro Jahr. (Zahlen vom Jahr 1993, Costa Rica)<br />
In vielen Ländern ist die Ernte noch Handarbeit und eine wichtige saisonale Einkommensquelle für<br />
Kleinbauern. Die Arbeitsbedingungen auf den Zuckerrohrfeldern sind teilweise katastrophal. Oft werden<br />
Kinder und Frauen als Arbeitskräfte eingesetzt, obendrein ist die Bezahlung in den Regionen des<br />
Zuckerrohranbaus sehr schlecht, gerade so viel, um die Familie zu erhalten. Die Tagesleistung liegt<br />
bei guten Arbeitern bei zirka 8 – 10 Tonnen täglich. Dies hat zur Folge, dass der Rohrzucker extrem<br />
günstig angeboten werden kann.<br />
91
Ines Faber, Franziska Schrempf<br />
<strong>La</strong>ndwirtschaft und Cash-Crops<br />
Das Rohr wird knapp oberhalb des Bodens mit einem schweren Messer (Machete) abgeschlagen. Der<br />
grüne Teil wird entfernt und der Rest in die Fabrik zur Weiterverarbeitung transportiert. In der Fabrik<br />
wird das Rohr zerkleinert, gepresst und zu Zucker verarbeitet.<br />
In den Tropen wird Zuckerrohr jedoch auch von Kleinbauern angebaut, um das Rohr zu kauen, selber<br />
Saft zu pressen oder Rohrzucker für den Hausgebrauch herzustellen.<br />
Zu erwähnen ist auch, dass aus einem Nebenprodukt der Zuckerherstellung, der Melasse, durch Gärung<br />
und Destillation Rum hergestellt werden kann.<br />
ANANAS (ANANAS SP.)<br />
Die Ananas (Ananas, ananá ist vom Ursprung Guarani, dies ist eine Sprache, die in Paraguay, im<br />
nördl. Argentinien, Teilen Boliviens und im südl. Brasilien gesprochen wird) ist eine Pflanzengattung<br />
aus der Familie der Bromeliengewächse (Bromeliaceae).<br />
Die Pflanze wird etwa einen Meter hoch, ist kurzstämmig und, im Gegensatz zu anderen Bromeliengewächsen,<br />
eine Bodenfrucht. Sie blüht nur einmal und ist eine Sammelfrucht aus Beeren. Unter der<br />
Oberfläche dieser sechseckigen Beeren, die jeweils von einer Blüte hervorgebracht wurden, liegt ein<br />
Same. Bei den gezüchteten Sorten sind nur mehr wenige bis keine Samen enthalten. Aus dem dicken<br />
fleischigen Stamm entwickelt sich eine Blattrosette von 30 – 50 steifen grünen Blättern. Diese leitet<br />
das Regenwasser in die Pflanzenmitte und dient zur Wasserspeicherung. Die ursprünglichen Ananassorten<br />
haben stachelbesetzte Blätter, welche als Fraßschutz vor Tieren diente. Bei der modernen<br />
Kulturpflanze hat man durch Selektion Sorten entwickelt, welche nahezu glatte Blätter haben.<br />
Etwa 15 – 22 Monaten nach der Anpflanzung entwickelt sich aus der Mitte der Blattrosette ein 10 – 15<br />
cm langer Blütenstand mit hunderten purpurroten Einzelblüten. Diese vereinigen sich später zu einer<br />
fleischigen Gesamt- oder Sammelfrucht.<br />
Nach ca. fünf bis sechs Monaten bildet sich die Frucht aus. Sie ist mit Bürzel im Durchschnitt 30 cm<br />
hoch und kann in Ausnahmefällen bis zu 10 Kilo schwer werden. Die bei uns erhältlichen Ananas<br />
wiegen jedoch nur ein bis zwei Kilo.<br />
Im reifen Zustand, ist die Rinde der Frucht hellbraun-rot, ihr Fruchtfleisch ist gelb-rötlich. Die<br />
Fruchtmitte der Frucht ist leicht verholzt und ist im Regelfall nicht essbar.<br />
Geschichte:<br />
Man nimmt an, dass die Ananasstaude ursprünglich aus Brasilien stammt. Von Indianern wurde sie<br />
nach Zentralamerika gebracht und kultiviert. Sie ist eine tropische Frucht, die Christoph Kolumbus<br />
1493 auf Guadeloupe für sich, seine Mannschaft und für Europa entdeckte. In Europa wurde sie ab<br />
1690 in Orangerien angebaut.<br />
Heute ist die bekannteste Art die gewöhnliche Ananas (Ananas comosus (L.) Merr.), die aus dem<br />
tropischen Amerika stammt und dann auch in Asien, Afrika und Südeuropa kultiviert wurde.<br />
Anbau, Ernte:<br />
Die Ananas wird regelmäßig vegetativ vermehrt. Verwendet werden dabei die Kopfkronen von Altpflanzen<br />
oder Wurzelschösslinge. Bei dem plantagenartigen Anbau werden Schösslinge (sie werden<br />
den alten Blattachsen entnommen) bevorzugt, weil sich das Wachstum besser kontrollieren lässt. Es<br />
müssen nicht zwangsläufig neue Schösslinge sein, man kann auch Altpflanzen auf zwei bis drei Seitensprosse<br />
zurückschneiden. Die Ananaspflanze gestattet einen mehrfachen Erntezyklus, wobei jedoch<br />
die Früchte im <strong>La</strong>ufe der Zeit kleiner und krankheitsanfälliger werden.<br />
Die Ernte erfolgt meist händisch mit Hilfe von Maschinen. Die Ananasfelder sind so angelegt, dass<br />
die Maschinen mit ihren Auslegern ohne Probleme durchfahren können. Auf den Auslegern sitzen die<br />
Arbeiter, welche mit Schutzkleidung und speziellen Handschuhen, die Früchte abernten. Die Arbeit ist<br />
anstrengend, oft bis zu 16 Stunden am Tag und schlecht bezahlt, trotzdem ist die Arbeit auf den Plantagen<br />
für viele die einzige Chance zu überleben.<br />
Ananasexport in Costa Rica:<br />
Seit der Bananenpreis in den 1990iger Jahren stark ins schwanken kam, setzten die Fruchtproduzenten<br />
auch in Mittelamerika auf den Anbau von Ananas. Im Januar dieses Jahres (2006) lag der Ananasexport<br />
Costa Ricas um 67,7 % höher als im Jahr zuvor.<br />
92
Ines Faber, Franziska Schrempf<br />
<strong>La</strong>ndwirtschaft und Cash-Crops<br />
In der nördlichen Karibikregion gedeiht die Frucht besonders gut. Dadurch haben viele Bananenplantagen<br />
umgestellt auf Ananasanbau.<br />
Umweltproblematik durch Ananasplantagen:<br />
Durch die Plantagen entstehen große Probleme für Anwohner, Arbeiter und die Umwelt. Die Natur<br />
leidet in Costa Rica unter den exzessiven Anbaumethoden. Die Böden werden, wie auch bei den Bananenplantagen,<br />
ausgelaugt, überdüngt und schließlich unbrauchbar. Es werden auch hier Unmengen<br />
von Pestiziden eingesetzt, welche den dort ansässigen Menschen und Tieren Schaden zufügen. Das<br />
Wasser ist meist mit schädlichen Substanzen versetzt, welches von den Kindern, wie auch Erwachsenen<br />
getrunken wird. Dies führt zu Hautreizungen, Darmerkrankungen und Kopfschmerzen.<br />
Hinzu kommt, dass immer wieder neue Anbauflächen geschafft werden, wobei erneut Regenwald<br />
gerodet wird und somit verschwinden auch die Tiere und Pflanzen.<br />
KAKAO (THEOBROMA CACAO L.)<br />
Der Kakaobaum (Theobroma cacao L.) gehört zur Unterfamilie der<br />
Byttnerioideae aus der Familie der Malvaceae (Malvengewächse).<br />
Die Unterfamilie der Byttnerioideae unterteilt sich in mehrere Gattungen,<br />
darunter die Gattung Theobroma. Diese lässt sich wiederum<br />
in 22 Arten unterteilen. Eine Art dient uns zur Erzeugung von Kakao,<br />
die Art Theobroma cacao L. Durch Züchtung entstanden verschiedene<br />
Sorten dieser Art. Die Wichtigsten Sorten für die Kakaoerzeugung<br />
sind Criollo, Forastero und Trinitario.<br />
Kakaofrucht (Theobroma cacao L.),<br />
<strong>La</strong> Fortuna<br />
Der Kakaobaum ist ein langer, dünnstämmiger Unterholzbaum, der<br />
im Schatten größerer tropischen Bäume steht. Bei jungen Pflanzen<br />
dienen oft Bananenpflanzen als Schattenspender. Bei älteren Bäumen<br />
werden auch Ölpalmen, Teak- und Mahagonibäume, sowie auch Erythrina speziell als Schattenspender<br />
gepflanzt.<br />
Der Baum kann 10 bis 15 Meter hoch werden, jedoch werden die Bäume auf den Kakaoplantagen auf<br />
ca. zwei bis vier Meter gestutzt. Der Baum hat große, glatte, schwertartige Blätter, welche das ganze<br />
Jahr grün sind. Pro Jahr bildet der Baum drei- bis viermal neue Blätter. Direkt an dem nur etwa 20 cm<br />
dicken Stamm und den größeren Ästen sitzen die Blüten, welche nach 2 – 3 Jahren das erste mal gebildet<br />
werden. Der Baum blüht das ganze Jahr über und kann somit das ganze Jahr Früchte produzieren.<br />
Die größte Anzahl Blüten erreicht er im Alter von zehn bis zwölf Jahren und kann dann bis zu<br />
100.000 Blüten pro Jahr produzieren. (http://www.theobroma-cacao.de/pflanze/pflanze.htm)<br />
Die Bestäubung der Blüten erfolgt ausschließlich durch Insekten wie zum Beispiel Mücken, die im<br />
warmen, feuchten Unterholz leben. Auf Plantagen wird die Blüte teilweise auch künstlich befruchtet.<br />
Die unreife Frucht hat eine grüne Farbe, die reife je nach Kakaosorte eine gelbe, gelbrote oder rot- bis<br />
rotbraune Farbe. Die Früchte sitzen direkt am Stamm, werden ca. 15 – 25 cm lang und 7 – 10 cm breit.<br />
Sie enthält fünf Reihen mit bohnenförmigen Samen, die in ein helles, süßliches Fruchtmus eingebettet<br />
sind.<br />
Geschichte:<br />
Die Geschichte des Kakaobaumes beginnt in Mittelamerika. Die Azteken kannten die Pflanze seit<br />
dem 14. Jahrhundert, wo sie als heilig galt und als Geschenk des Gottes Quetzalcoatl betrachtet und<br />
verehrt wurde. Die aus der Frucht gewonnenen Bohnen wurden allerdings nicht nur als Opfergabe<br />
verwendet, sondern auch als Zahlungsmittel und zur Zubereitung eines herb-würzigen Getränks, das<br />
jedoch mit unserem heutigen Kakao nicht viel gemeinsam hatte.<br />
Anbau, Ernte:<br />
Der Kakaobaum wird auch plantagenartig angebaut, jedoch gibt es hier keine schweren Umweltprobleme.<br />
Bei der Ernte werden die reifen Früchte – wie schon vor 500 Jahren – von Hand mit scharfen Messern<br />
abgeschlagen. An den Sammelplätzen öffnen die Erntearbeiter die Früchte mit einem geschickten<br />
Schlag ihrer Macheten und lösen, die von weißem, süßem Fruchtfleisch umgebenen Samen aus der<br />
Schale heraus. Um aus den noch unansehnlichen Samenkernen hochwertigen Rohkakao entstehen zu<br />
93
Ines Faber, Franziska Schrempf<br />
<strong>La</strong>ndwirtschaft und Cash-Crops<br />
lassen, werden sie einem Gärprozess unterzogen. Dazu werden die Samen mit dem Fruchtfleisch in<br />
Kästen gefüllt oder werden auf Bananenblättern ausgebreitet und abgedeckt. Schon nach kurzer Zeit<br />
setzt der Gärprozess, auch Fermentation genannt, ein. Die herben Gerbstoffe oxidieren, das feuchte<br />
Fruchtfleisch löst sich auf und fließt ab. Die Kerne färben sich dunkel und das typische Kakaoaroma<br />
entsteht. In fünf bis zehn Tagen ist die Fermentation abgeschlossen. Danach werden die Bohnen in der<br />
Sonne getrocknet und schließlich für den Transport abgepackt.<br />
Kakaoexport in Costa Rica:<br />
Pro Jahr trägt jeder Baum etwa 20 – 30 Früchte, in guten Jahren sogar bis zu 50 Früchte. In Costa Rica<br />
werden pro Jahr ca. 4.500 Tonnen (2004/2005) Kakao produziert. Meist wird der Kakao dann zur<br />
Weiterverarbeitung nach Europa exportiert.<br />
ÖLPALME (ELAEIS GUINEENSI)<br />
Die Ölpalme gehört zu den wirtschaftlich bedeutensten Palmenarten. Ursprünglich stammt sie aus Afrika,<br />
aber heute wird sie in Südostasien und im tropischen Mittelamerika kultiviert. Eine einzige Palme<br />
produziert Fruchtstände mit bis zu mehreren tausend Früchten. Geerntet werden die Fruchtstände<br />
mit einer langen Bambusstange, an deren Ende ein sichelförmiges Messer befestigt ist. Die Sichel wird<br />
dabei um den Stiel des Fruchtstandes gelegt und mit einem kräftigen Ruck nach unten gezogen. Das<br />
kann auch sehr gefährlich sein für die Erntearbeiter, denn die schweren Fruchtstände bzw. eventuell<br />
mitgeschnittene Palmenblätter fallen aus bis zu 30 m Höhe herab. Wenn die Ölpalmen für die Ernte zu<br />
wenig ertragreich sind, dann werden die Felder totgespritzt. Jedoch gleichzeitig werden zwischen den<br />
„Leichen“ junge neue Palmen gepflanzt.<br />
Um den optimalen Ernteertrag zu erreichen, benötigt die Ölpalme gewisse klimatische Bedingungen.<br />
Mit einer durchschnittlichen Temperatur von 26 °C und einem nährstoffreichen Boden sind die Bedingungen<br />
für eine ganzjährige Fruchtstandentwicklung gegeben. Nach der Ernte müssen die Ölfrüchte<br />
innerhalb von 24 Stunden zur Fabrik gebracht und verarbeitet werden, da sie sonst ranzig werden.<br />
Aus dem Fruchtfleisch wird das Palmöl gemacht, aus den Samen das Palmkernöl. Palmöl nimmt in<br />
der weltweiten Produktion den zweiten Platz ein (nach Sojaöl). Es wird zur Herstellung von Seifen,<br />
Kosmetika, Waschmittel, Kerzen, Margarine und auch als traditionelles Küchenfett verwendet. Rotes<br />
(unraffiniertes) Palmöl ist reich an Carotinoiden und Vitamin E und eignet sich gut zum Erhitzen, da<br />
kaum mehrfach ungesättigte Fettsäuren enthalten sind.<br />
In Costa Rica wird die Ölpalme großflächig als Monokultur, vor allem in der Küstengegend angebaut.<br />
Wie alle in großem Maßstab angebauten landwirtschaftlichen Produkte, verursachen auch Palmenplantagen<br />
ökologische Probleme. Die zum Ölpalmenanbau benötigen großen Flächen werden oft unter<br />
Zerstörung von Regenwald angelegt.<br />
Geerntete Ölpalmenfrüchte bereit zur<br />
Verarbeitung vor Fabrik<br />
Ölpalmenplantage, totgespritzte alte<br />
Pflanzen, dazwischen neu gesetzte<br />
kleine Ölpalmen<br />
Links: Händische Ernte von Ölpalmenfrüchten,<br />
Tropical Garden<br />
Palmolive:<br />
Ein in diesem Zusammenhang wichtiger Konzern ist Palmolive. Colgate-Palmolive ist ein mulinationales<br />
Unternehmen mit Stammsitz in New York.<br />
94
Ines Faber, Franziska Schrempf<br />
<strong>La</strong>ndwirtschaft und Cash-Crops<br />
1864 stellte die Firma B.J. Johson Soap Company eine Seife aus Palmöl und Olivenöl her. Das Produkt<br />
wurde so populär, dass die Firma danach benannt wurde – Palmolive.<br />
REIS (ORYZA SATIVA)<br />
Reis gehört in Costa Rica nicht direkt zu den Cash Crops, er wird meist für den Eigenbedarf kultiviert.<br />
Der Reis kommt ursprünglich aus Südostasien und wurde dort schon 5.000 v. Chr. angebaut. Über<br />
Jahrtausende ernteten die Menschen händisch durch Abschneiden der Rispen. Die dabei entstehende<br />
Selektion führte zur Entstehung tausender Reissorten, die unter den vielfältigen ökologischen Bedingungen<br />
weltweit und eben auch in den Tropen und Subtropen angebaut werden können. Für den Großteil<br />
der Weltbevölkerung ist Reis das wichtigste Grundnahrungsmittel.<br />
Es gibt Nassreis und Trockenreis. Nassreis hat den Vorteil, dass der Unkrautwuchs durch das Wasser<br />
gehemmt wird. Außerdem sind die Erträge wesentlich höher als beim Streusaatverfahren.<br />
Der angebaute Reis in Costa Rica ist zu 90 % Trockenreis. Die Hauptanbaugebiete liegen in den Provinzen<br />
Guanacaste und Puntarenas. Reis ist neben Bohnen und Mais das wichtigste Grundnahrungsmittel<br />
des <strong>La</strong>ndes und wird daher nicht nur von Großbetrieben, sondern auch von kleinbäuerlichen<br />
Subsistenzbetrieben bewirtschaftet.<br />
Die Reispflanze ist jedoch eine arbeitsintensive Kultur mit hohen Kosten für Düngung und Saatbettreinigung,<br />
sodass am Ende nach Abzug aller Ausgaben der Gewinn gering ist.<br />
Reis nach dem Abtrennen der Streu<br />
(rechts)<br />
Arbeiter in der Reisfabrik beim<br />
Befüllen der Verpackungen<br />
Schlichten der Reispackungen in versandfertige<br />
Großeinheiten<br />
4.2.4 Chiquita Brands International – United Fruit Company<br />
Chiquita Brands International ist nach eigenen Angaben einer der größten Bananenproduzenten der<br />
Welt. Chiquita vermarktet auch verschiedene andere Obst- und Gemüsesorten und ist in über 60<br />
Ländern aktiv.<br />
Das Unternehmen wurde am 30. März 1899 in Boston unter dem Namen „United Fruit Company“<br />
(UFC) gegründet. Die Firma entstand aus dem Zusammenschluss der Firmen Boston Fruit und der<br />
Tropical Trading and Transport Company. Boston Fruit hatte damals eine der längsten<br />
Eisenbahnstrecken in Costa Rica gebaut (Banana Train).<br />
Das Unternehmen wurde groß durch den Verkauf von tropischen Früchten in Europa und den USA.<br />
Neben der berühmten Marke Chiquita verkaufte Chiquita Brands Int. auch Bananen unter dem Namen<br />
Chiquita Jr., Consul, Amigo, Frupac, Chico sowie Bananos.<br />
Im Juni 1970 schloss sich die U.F.C. mit der AMK Corporation zusammen und wurde zur United<br />
Brands Company. Im August 1984 übernahm Carl H. Lindner Jr. die Kontrolle über den Konzern<br />
und benannte sie in Chiquita Brand International um.<br />
Außerdem revolutionierte die United Fruit Company die Handelsschifffahrt, indem es die Entwicklung<br />
von gekühlten Transportschiffen vorantrieb. Ende der 1930er Jahre verfügte die U.F.C. über die größte<br />
private Schiffsflotte der Welt.<br />
Die Firma wird oft als typisches Beispiel dafür gesehen, wie multinationale Firmen in die Innen- und<br />
Außenpolitik ärmerer Länder eingreifen und sie manipulieren.<br />
Die UFC besaß große <strong>La</strong>ndflächen in Mittelamerika. Viele sahen sie deshalb als die eigentliche Macht<br />
in diesen Ländern an, da United Fruit durch seine Wirtschaftskraft die Geschicke der kleinen Staaten<br />
95
Ines Faber, Franziska Schrempf<br />
<strong>La</strong>ndwirtschaft und Cash-Crops<br />
dominierte. Die Firma hat nachweislich mehrmals Regierungen in Mittelamerika gestürzt oder stürzen<br />
lassen, die eine Politik betrieben, welche nicht im Interesse des Fruchtmultis war.<br />
Auch heute ist der politische Einfluss noch sehr groß. Die Plantagen von Chiquita befinden sich heute<br />
noch hauptsächlich in Kolumbien, Costa Rica, Guatemala, Honduras und Panama. In all diesen<br />
Ländern gehören Bananen zu den wichtigsten Exportgütern, wodurch Chiquita einfach Druck auf die<br />
jeweiligen Regierungen ausüben kann. Ein Rückzug aus diesen Ländern würde zu einem<br />
wirtschaftlichen Fiasko führen.<br />
Literaturangaben<br />
BAKE, Ch. P., (2000): Der National Geographic Traveler Costa Rica; National Geographics Society,<br />
Washington, D.C.<br />
JANZEN, D. H., (1983): Costa Rican Natural History; University of Chicago Press<br />
RACHOWIECKI, R., (2002): Costa Rica: Special section on Costa Rican wildlife; Lonely Planet Publications<br />
Pty. Ltd.<br />
http://bethge.freepage.de/ananasdt.htm, 2006<br />
http://de.wikipedia.org, 2006<br />
http://www.banafair.de/publ/cuadernos/cuad3/schmutzig.htm, 2006<br />
http://www.cafebritt.com, 2006<br />
http://www.heise.de/tp/r4/artikel/22/22441/1.html, 2006<br />
http://www.infozentrum-schoko.de/schobro.pdf#search=%22Kakaoernte%22, 2006<br />
http://www.theobroma-cacao.de/pflanze/pflanze.htm, 2006<br />
96
Teil V<br />
Biologische<br />
Aspekte<br />
96
Ursula Bachlechner, Birgit Jogl<br />
Pflanzliche Phänomene im tropischen Regenwald<br />
5.1 PFLANZLICHE PHÄNOMENE IM TROPI-<br />
SCHEN REGENWALD<br />
5.1.1 Die tropischen Lebensräume<br />
Die Pflanzen der Tropen haben deutlich andere Lebensbedingungen als die der gemäßigten Breiten.<br />
Durch nahezu konstante Temperaturen und Tageslängen wird mit der entsprechenden Wasserversorgung<br />
ein ganzjähriges Pflanzenwachstum möglich. Eine ausschlaggebende Bedeutung kommt auch<br />
den Bodenverhältnissen zu. Tropische Böden sind durch eine schon Hunderttausende bis Millionen<br />
von Jahren andauernde intensive Verwitterung gekennzeichnet, wodurch nährstoffbindende Tonminerale<br />
bereits zerstört, und Nährstoffe durch die Niederschläge ausgewaschen wurden. Die Folge davon<br />
ist der typische rote Tropenboden, der durch Austrocknung zu steinhartem <strong>La</strong>terit wird. Das ständige<br />
Recycling abgestorbener Pflanzenteile, die verrotten und deren Nährstoffe nicht in den Boden gelangen<br />
sondern sofort von Pilzen aufgenommen und den Pflanzen zugeführt werden, ermöglicht den üppigen<br />
Pflanzenwuchs.<br />
Aufbau des immergrünen tropischen Regenwaldes<br />
„Der extreme Regenwald besteht fast ausschließlich aus Bäumen, wenn man nur die im Boden wurzelnden<br />
Pflanzen berücksichtigt. Kräuter und Stauden kommen fast nur als Epiphyten in Betracht und<br />
auch dort nur in viel kleinerer Arten- und Individuenzahl als die Bäume. …Eine auffällige Häufung<br />
von Palmen im Tropenwald“ belegt „nicht seinen Urwaldcharakter, wie viele glauben, sondern im<br />
Gegenteil, ...seinen sekundären Charakter: Hier waren alte Pflanzungen verlassen worden!“<br />
(www.payer.de)<br />
97
Ursula Bachlechner, Birgit Jogl<br />
5.1.2 Regenwaldtypen<br />
Pflanzliche Phänomene im tropischen Regenwald<br />
Der tropische Regenwald stellt keinesfalls einen einheitlichen Lebensraum dar. Unterschiede ergeben<br />
sich je nach Boden und Relief, sowie durch die verschiedenen geographischen <strong>La</strong>gen und vor allem<br />
aufgrund verschiedener Niederschlagsmengen und -verteilung.<br />
Der immerfeuchte Regenwald mit mehr als 2000 mm Niederschlag pro Jahr ist extrem artenreich.<br />
Die meisten Pflanzen sind im Boden wurzelnde Baumarten. Aufgrund der fehlenden Jahreszeiten finden<br />
sich blühende, fruchtende oder neu austreibende Bäume über das ganze Jahr verteilt. Durch Mangel<br />
an Licht im Bodenbereich ist Unterwuchs nur spärlich vorhanden.<br />
Der saisonale Regenwald zeichnet sich durch kaum weniger Niederschlag und einer Trockenzeit von<br />
ungefähr einem Monat aus. Da hier zeitweise mehr Sonnenlicht bis zum Waldboden gelangen kann<br />
steigt auch die Anzahl an krautigen Pflanzen.<br />
In Bergwäldern fallen die Niederschlagsmengen meist noch höher aus. Da überschüssiges Wasser<br />
leicht abfließen kann entwickelt sich keine das Wachstum hemmende Staunässe. Je höher der Wald<br />
liegt, desto geringer sind die Temperaturen. Daraus folgt die Kondensation der Luftfeuchtigkeit, wodurch<br />
sich Wolken, Nebel und Tau bilden. Die dort lebenden Bäume weisen geringere Höhen auf.<br />
Epiphyten, Moose und Farne, darunter die an Palmen erinnernden Baumfarne, treten gehäuft auf.<br />
Weite Gebiete der Tropen, vor allem die im Einflussbereich der Monsun- und Passatwinde stehenden,<br />
weisen einen deutlichen Wechsel zwischen einer Regen- und einer zwei bis fünf Monate anhaltenden<br />
Trockenzeit auf. Diese wechselfeuchten Wälder bestehen aus einem Mischwald aus immergrünen<br />
und laubabwerfenden Bäumen. Sie beherbergen zwar weniger Arten als der immerfeuchte Regenwald,<br />
erscheinen aber, durch die Anpassung von Wachstum, Blühen und Fruchten an die im Jahresverlauf<br />
unterschiedlichen Gegebenheiten, vielfältiger. Der lichtere Wald ermöglicht eine stärkere Ausprägung<br />
des Unterwuchses, sodass in trockenen <strong>La</strong>gen nahezu geschlossene Flächen von Gräsern und<br />
Kräutern, und in feuchteren <strong>La</strong>gen Sträucher und großblättrige Hochstauden in Erscheinung treten.<br />
Der wechselfeuchte Wald bietet auch gute Lebensbedingungen für Lianen. Epiphyten besiedeln hier<br />
bereits in geringeren Höhen die Stämme ihrer Wirte.<br />
In Trockenwäldern, in denen über vier bis sieben Monate etwa 500 – 2000 mm Niederschlag fallen,<br />
jedoch fünf bis acht Monate extreme Dürre herrscht, kommen kaum immergrüne Pflanzen vor. Der<br />
Wald ist trockenkahl, regengrün und zumeist nur wenige Meter hoch. Selbst in der Regenzeit, in der<br />
die Bäume schattenspendende Kronen ausbilden, erreicht noch ausreichend Licht den Waldboden, um<br />
die Ausbildung von Gräsern und Kräutern zu ermöglichen. Sträucher mit hartlaubigen Blättern und<br />
Sukkulenten (Kakteen und ähnliche dickfleischige Pflanzen) sind fähig die Trockenzeit im grünen<br />
Zustand zu überstehen, da sie in ihren Blättern und Stängeln genügend Wasser speichern können.<br />
Die Mangrove stellt eine Waldformation dar, die an allen tropischen Weichbodenküsten anzutreffen<br />
ist, wo das Meerwasser warm genug und die Küste flach und windgeschützt ist. Die Stelz- und Atemwurzeln<br />
ermöglichen es der Pflanze auf dem weichen und sauerstoffarmen Schlick zu wachsen. Die<br />
Wurzeln ragen zunächst senkrecht aus dem Schlick nach oben, bilden entweder Höcker oder Kniewurzeln<br />
aus und wachsen wieder in den Schlick hinein. Bei niedrigem Wasserspiegel, wenn die Wurzeln<br />
freiliegen, nehmen sie durch zahlreiche Poren Sauerstoff aus der Luft auf, um während Hochwasserzeiten<br />
davon zu zehren. Die Vielzahl der Wurzeln begünstigt die Ablagerung von weiterem Schlick,<br />
sodass der Mangrovengürtel zum Schutz vor Erosion der Küstengebiete beiträgt und sich meerwärts<br />
langsam ausdehnt. Die Erscheinung des Lebendgebärens (Viviparie) ist ebenfalls eine Anpassung an<br />
den Schlick. Unter Viviparie versteht man das Auskeimen des einzigen Samens jeder Frucht bereits<br />
auf der Mutterpflanze, der anschließend zu einem 20 – 40 cm, selten auch bis zu einem ein Meter langen<br />
Gebilde heranwächst. Nachdem der ausgekeimte Samen in den Schlick gefallen und stecken<br />
geblieben ist, kann er an dieser Stelle weiterwachsen. Weitaus häufiger wird er jedoch durch die Gezeiten<br />
verdriftet, irgendwo angeschwemmt und verankert sich dort. Mangrovenwälder sind wesentlich<br />
artenärmer als andere tropische Lebensräume und hauptsächlich durch eine Pflanzenfamilie, die Rhizophoraceae,<br />
geprägt. Mangrovenpflanzen können durch spezielle physiologische Anpassungen im<br />
Salzwasser gedeihen. Sie sind fast durchwegs Gehölze, die sich in Abhängigkeit vom Standort als<br />
Strauch oder Baum entwickeln. Weitere in Mangrovenwäldern vorkommende Arten sind die Mora<br />
98
Ursula Bachlechner, Birgit Jogl<br />
Pflanzliche Phänomene im tropischen Regenwald<br />
oleifera (costarican. alconoque, Fabaceae), die von allen dikotylen Pflanzen den größten Samen ausbildet,<br />
und das Teegewächs Pelliciera rhizophorae (Theaceae). Die Pflanzen der Mangroven stellen<br />
einen wichtigen Lebensraum und Brutgebiet für zahlreiche Tierarten dar.<br />
Mangrovenwald (mit Rhizophora mangle)<br />
„Mangrovenbaby“ (Viviparie<br />
von Rhizophora mangle)<br />
Mora oleifera (Fabaceae), größter Same<br />
der dicotylen Pflanzen<br />
5.1.3 Struktur und Lebensformen tropischer Regenwälder<br />
STOCKWERKMODELL<br />
Das im Folgenden beschriebene, auf unterschiedlichen Baumhöhen begründete Stockwerkmodell, ist<br />
ein künstliches System und gerade im Regenwald ist der Stockwerkscharakter aufgrund der Baumdiversität<br />
und der unterschiedlichen Baumhöhen oft recht verschwommen. Dennoch ist es sehr hilfreich<br />
bei der Beschreibung tropischer Ökosysteme.<br />
Bäume<br />
Für Bäume ist neben der Ausbildung eines Holzkörpers eine deutlich erkennbare Unterscheidung<br />
zwischen Stamm und Krone charakteristisch.<br />
Urwaldriesen:<br />
Übersteher oder Emergenten bilden kein geschlossenes Kronendach aus. Dabei handelt es sich um<br />
vereinzelt stehende, sehr hohe Bäume, die zwischen 50 und 70 m erreichen können. Diese Urwaldriesen<br />
überragen das nahezu geschlossene Blätterdach und verzweigen sich erst oberhalb der Kronen der<br />
übrigen Bäume.<br />
Vertreter dieser Baumschicht stellen der Kanonenkugelbaum (Couroupita guianensis, Lecythidaceae),<br />
dessen Name auf seine hartschaligen, bis zu 20 cm großen, runden Früchte zurückzuführen ist,<br />
der Kapokbaum (Ceiba pentandra, Bombacaceae) und der Mahagonibaum (Swietenia mahagoni,<br />
Meliaceae), ein wichtiger Holzlieferant, dar.<br />
Zur Verankerung und zur verbesserten Sauerstoffaufnahme bilden die letzten beiden Arten mächtige<br />
Brettwurzeln aus. Diese Wurzeln, die in einigen Waldformationen sehr auffällig sind, lassen sich in<br />
Abhängigkeit von Arten oder Familien in Form, Größe und Dicke voneinander unterscheiden. Sie sind<br />
vor allem bei großen Bäumen, wie bei Vertretern der Familie der Bombacaceae, besonders ausgeprägt.<br />
Aufgrund der großen Niederschlagsmengen in den immerfeuchten Regenwäldern, der sich daraus<br />
ergebenden schlechten Durchlüftung des Bodens und des oberflächlichen Nährstoffkreislaufs, haben<br />
die meisten Bäume ein relativ flaches Wurzelwerk, das zur sicheren Verankerung manchmal nicht<br />
ausreichend ist. Brettwurzeln können bei diesen Gegebenheiten zur Verteilung, der durch Winddruck<br />
entstehenden Zugkräfte auf möglichst viele oberflächliche Wurzeln, dienen. Häufig zeigen Bäume in<br />
Hanglage, welche eine asymmetrisch entwickelte oder erheblich mit Epiphyten bewachsene Baumkrone<br />
tragen, diese Besonderheit.<br />
99
Ursula Bachlechner, Birgit Jogl<br />
Pflanzliche Phänomene im tropischen Regenwald<br />
Kanonenkugelbaum<br />
(Couroupita guianensis)<br />
Kapokbaum (Ceiba pentandra)<br />
Brettwurzeln<br />
Bäume der mittleren Höhenschicht:<br />
Diese Schicht stellt den Lebensraum von gut zwei Drittel aller Tier- und Pflanzenarten dar. Durch die<br />
15 – 40 m hohen Bäume kommt es häufig zur Ausbildung eines dichten <strong>La</strong>ubdachs.<br />
Verglichen mit den gemäßigten Breiten befinden sich in den Tropen nicht nur wesentlich mehr Baumarten,<br />
sondern auch eine viel größere Anzahl an Wuchsformen und Blütenvariationen.<br />
„Es handelt sich bei der enormen Mannigfaltigkeit der tropischen Baumformen kaum um ‚Anpassung<br />
an die Tropen’..., sondern vielmehr um eine Polymorphie (Vielgestaltigkeit), die dadurch ermöglicht<br />
wird, dass die günstige Umwelt sehr viel mehr ...Gestalten ‚erlaubt’ als die kalten Regionen.“<br />
(www.payer.de)<br />
Vertreter dieser Baumschicht sind die Muskatnuss-Arten Virola koschnyi und Virola sebifera aus<br />
der Familie der Myristiaceae, der bis zu 20 m hohe „Nackte Indianer“ (Bursera simaruba), dessen<br />
Name auf die sich schälende Rinde und dessen Farbe zurückzuführen ist, und der Terpentinbaum<br />
(Protium ravenii), die beide in die Familie der Burseraceae einzuordnen sind.<br />
Ebenfalls in die selbe Höhenschicht sind der Kuhmilchbaum (Brosimum utile, costarican. vaco) und<br />
der Brotnussbaum (Brosimum alicastrum, costarican. ojoche) aus der Familie der Moracae, die<br />
Wasserkastanie (Pachira aquatica, Bombacaceae), der Sandbüchsenbaum (Hura crepitans,<br />
Euphorbiaceae), Jacaranda copaia (costarican. gallinazo, Bignoniaceae), sowie der Ohrenfruchtbaum<br />
(Enterolobium cyclocarpum, costarican. guanacaste, Mimosaceae), der Nationalbaum Costa<br />
Ricas, zu zählen.<br />
Nackter Indianer (Bursera simaruba) Terpentinbaum (Protium ravenii) Aufgeschnittene Ohrenfrucht<br />
(Enterolobium cyclocarpum)<br />
Klein- und Kleinstbäume:<br />
Bäume, die im Bereich der unteren 10 m des tropischen Regenwaldes wachsen, haben dort eine annähernd<br />
konstante relative Luftfeuchte von 97 – 100 %.<br />
Typische Vertreter dieser Höhenschicht sind die 3 – 6 m hohe Carica cauliflora (Caricaceae), der 5 –<br />
10 m hohe Sternfruchtbaum (Averrhoa carambola, Oxalidaceae), der Kakaobaum (Theobroma<br />
cacao, Sterculiaceae) und Carpotroche platyptera (Flacourtiaceae). Alle vier Arten sind Beispiele<br />
100
Ursula Bachlechner, Birgit Jogl<br />
Pflanzliche Phänomene im tropischen Regenwald<br />
für die vor allem in den immerfeuchten Regenwäldern auftretende Kauliflorie (Stammblütigkeit). Bei<br />
diesem Phänomen befinden sich die Blüten und Früchte direkt am Stamm, an starken Ästen oder an<br />
gedrungenen, daraus hervorgehenden Kurztrieben. Beim Kerzenbaum (Parmentiera cerifera,<br />
Bignoniaceae) dient die Stammblütigkeit als Erleichterung der Ortung und des Anflugs für die ihn<br />
bestäubenden Fledermäuse. Aus demselben Grund sind auch lang gestreckte Blütenstandsachsen, an<br />
denen die Blüten aus der Krone herausgehoben werden oder unten aus ihr heraushängen, entwickelt.<br />
Ein weiterer Kleinbaum ist der einige Zentimeter bis über einen Meter erreichende Biophytum<br />
dendroides (Oxalidaceae), der seine Fiederblätter nach Reizung, z.B. Berührung innerhalb kurzer Zeit<br />
zusammenklappen kann.<br />
Kauliflorie beim Kakaobaum<br />
(Theobroma cacao)<br />
Biophytum dendroides<br />
(Oxalidaceae)<br />
Unterwuchs<br />
Nur ca. ein Prozent des Sonnenlichts gelangt bis zum Boden, wodurch dieser auch wesentlich geringer<br />
bewachsen ist als in unseren heimischen Wäldern. Die Bodenzone ist nahezu windstill und dämmrig.<br />
Die Schwankungen von Luftfeuchtigkeit, Windgeschwindigkeit und Temperatur sind, verglichen mit<br />
höher gelegenen Schichten, gering. Bodenlebende Pflanzen haben sich den dortigen Gegebenheiten<br />
entsprechend entwickelt.<br />
Eine Vielzahl der Pflanzen, die sich im tropischen Unterwuchs ansiedeln, zeichnen sich durch große,<br />
relativ zarte Blätter aus, die eine maximale Lichtabsorption ermöglichen.<br />
Kleinbäume und Sträucher:<br />
Sträucher sind zwar wie die Bäume verholzt, jedoch durch vom Boden an beginnende Verzweigungen<br />
gekennzeichnet. In den Tropen findet man häufig Klein- und Kleinstbäume.<br />
In den feuchten Tropen wird der Großteil des Lebensraumes von Bäumen eingenommen, weshalb sich<br />
Sträucher unter natürlichen Gegebenheiten hauptsächlich im Schatten des Waldes oder im Sekundärwuchs<br />
ansiedeln. Dabei unterscheiden sich diese Sträucher deutlich in der Ausprägung ihrer Merkmale.<br />
Im Wald stehende Exemplare konzentrieren sich auf die Ausbildung eines intensiven Blütenduftes<br />
zur Anlockung ihrer Bestäuber und entwickeln zumeist kleine unscheinbare Blüten oder sie bilden<br />
auffallend helle Farben aus, um auch bei geringer Lichtintensität wahrgenommen zu werden. Sträucher<br />
im Sekundärwuchs entwickeln im Gegensatz dazu sehr auffällige Blüten, um trotz hoher Konkurrenz<br />
einer enormen Vielfalt an Pflanzen, im Kampf um Lebensraum, Licht und Bestäuber, eine Überlebenschance<br />
zu haben.<br />
Beispiele für Pflanzen, die im tropischen Regenwald als Sträucher und Kleinbäume auftreten, sind die<br />
Hot lips (Psychotria poeppigiana) aus der Familie der Rubiaceae, das Wandelröschen (<strong>La</strong>ntana<br />
camara, Verbenaceae) und die Guave (Psidium guajava, Myrtaceae).<br />
Ebenfalls zu den Sträuchern zählt die auf mechanische und thermische Reize reagierende Mimose<br />
(Mimosa pudica, Mimosaceae). Die Reizung führt über eine elektrische Signalweiterleitung zum<br />
Zusammenbruch des Innendrucks in den Blattgelenken, wodurch eine Bewegung verursacht wird. Der<br />
Annattostrauch (Bixa orellana, Bixaceae), aus dessen fleischiger Samenschale sich ein leuchtend<br />
roter Farbstoff gewinnen lässt, wächst ebenfalls meist strauchig. Der Farbstoff findet breite Anwendung<br />
bei der Herstellung von Lippenstiften und Seifen, vor allem aber in Lebensmitteln wie Käse und<br />
Margarine.<br />
101
Ursula Bachlechner, Birgit Jogl<br />
Pflanzliche Phänomene im tropischen Regenwald<br />
Hot lips (Psychotria poeppigiana) Mimose (Mimosa pudica) Annattostrauch (Bixa orellana)<br />
Kräuter und Stauden:<br />
Kräuter und Stauden verfügen über keinen Holzkörper, auch wenn einige ihrer Vertreter recht hoch<br />
werden können.<br />
Die Ausbreitung krautiger Pflanzen ist in den feuchten Tropen unter natürlichen Gegebenheiten, im<br />
Vergleich zur Ausprägung im gemäßigten Klima, eher als gering einzustufen. Stauden und vor allem<br />
Kräuter werden entweder in schattige Bereiche oder auf gestörte Standorte abgedrängt. Die große Anzahl<br />
prächtig blühender Stauden ist nicht zuletzt auch auf menschliche Eingriffe in die Natur zurückzuführen.<br />
Bedeutende Vertreter dieser pflanzlichen Lebensformen sind die kräftigen Hochstauden vieler Ingwer-<br />
(Zingiberaceae) und Bananengewächse (Musaceae), die meist an Waldlichtungen oder im freien<br />
Gelände wachsen. Die bis zu sieben Meter hohe, aus Ostasien stammende Bananenstaude besitzt<br />
waagrecht wachsende Kriechsprosse und wird durch steife, ineinander verschachtelte Blattscheiden<br />
gebildet. Sie hat somit keinen verholzten Stamm. Beim, in feuchten Bergregenwäldern (z.B. Vulkan<br />
Irazú) auftretenden, einen Durchmesser von bis zu zwei Metern erreichenden Sonnenschirm der Armen<br />
(Gunnera insignis, costarican. sombrilla de pobre, Gunneraceae) handelt es sich ebenfalls um<br />
eine Staude. Seine Symbiose mit einem Cyanobakterium aus der Gattung Nostoc, das im Blattgrund<br />
der Pflanze lebt, ist ebenfalls charakteristisch. Die Cyanobakterien fixieren Stickstoff und werden im<br />
Gegenzug von der Pflanze ernährt.<br />
Krautige Pflanzen im tiefen Regenwald haben häufig auffallend gefärbte oder skulpturierte Blätter.<br />
Sich in den Blättern befindende rote Farbstoffe unterstützen die Pflanze bei der Gewinnung von Energie,<br />
indem sie das bis in die unteren Schichten gelangende, energiereiche blaue Licht ausnützen. Das<br />
eigentlich die Photosynthese antreibende rote Licht wurde bereits durch das Chlorophyll im Kronendach<br />
ausgefiltert. Die Funktion der starken Skulpturierung der Blätter liegt in der Verbesserung der<br />
Verdunstung, die für den Nährstofftransport in der Pflanze sorgt. Dieser Effekt ist jedoch in der feuchten<br />
Waldbodenluft nur sehr gering.<br />
Bei der Panamahutpflanze (Carludovica drudei, Cyclanthaceae), aus deren jungen Trieben die Rohfasern<br />
zur Herstellung der Panamahüte verwendet werden, und bei der Goldenen Hummerschere<br />
(Heliconia latispatha, Heliconiaceae) handelt es sich um relativ große Kräuter. Auch der Fackel-<br />
Ingwer (Nicolaia elatior, Zingiberaceae), Dieffenbachia sp. (Araceae) sowie Calathea crotalifera<br />
syn. insignis und die Pfeilwurz (Maranta arundinacea) aus der Familie der Marantaceae zählen zu<br />
dieser Pflanzengruppe. Ebenfalls zu den Kräutern gehören die Kostwurz (Costus comosus, Costaceae)<br />
und die mit dem Usambaraveilchen verwandte Episcia lilacina (Gesneriaceae).<br />
Kostwurz<br />
(Costus comosus)<br />
Panamahut-pflanze<br />
(Carludovica drudei)<br />
Goldene Hummerschere<br />
(Heliconia latispatha)<br />
Fackel-Ingwer<br />
(Nicolaia elatior)<br />
102
Ursula Bachlechner, Birgit Jogl<br />
Pflanzliche Phänomene im tropischen Regenwald<br />
KLETTERPFLANZEN<br />
Kletternde Pflanzen kommen in den tropischen Regenwäldern in großer Anzahl vor und zeigen die<br />
unterschiedlichsten Ausprägungen.<br />
Um eine ausreichende Lichtversorgung zu gewährleisten bedienen sich kletternde Pflanzen verschiedener<br />
Methoden.<br />
Als Wurzelklimmer werden Kletterpflanzen bezeichnet, die Haftwurzeln als Kletterhilfe entwickeln<br />
oder Klammerwurzeln ausbilden. Haftwurzeln sind Adventivwurzeln, die das Festhalten an der Rinde<br />
der Trägerpflanze ermöglichen. Klammerwurzeln umschlingen wie Gurte die Stämme der Trägerpflanzen.<br />
Ein bekannter Wurzelklimmer im tropischen Regenwald ist die kletternde Orchidee Vanille<br />
(Vanilla planifolia, Orchidaceae).<br />
Die Windenpflanzen wickeln ihren Spross um ihre Stütze, vergleichbar mit den uns bekannten Stangenbohnen.<br />
Sie beginnen ihr Leben als krautige Pflanzen mit langen Internodien. Bereits nach der<br />
Entwicklung des zweiten Internodiums kommt es zu einer kreisenden Nutationsbewegung. Wird dabei<br />
eine Stütze berührt (Thigmonastie), windet sich die Pflanze herum, und die Schlinge verholzt allmählich.<br />
Zur Ausprägung von Ranken, fadenförmigen, berührungsempfindlichen Pflanzenorganen, wie auch<br />
bei der Erbse zu beobachten, sind die Rankenklimmer befähigt. Die Ranken, zu Kletterorganen umgewandelte<br />
Sprosse, Blätter bzw. Wurzeln, kreisen und bleiben so lange in gestrecktem Zustand, bis<br />
sie eine geeignete Stütze aufgespürt haben. Anschließend sorgen sie durch mehrfaches Einrollen für<br />
elastischen Halt.<br />
Spreizklimmer zeichnen sich durch ihre weit spreizenden Zweige oder Äste, häufig auch Dornen oder<br />
Kletthaare aus, die sie für das Durchwachsen des Geästs anderer Pflanzen benötigen.<br />
Verholzte Kletterpflanzen werden als Lianen bezeichnet. Im Unterschied zu Hemiepiphyten wurzeln<br />
Lianen schon zu Beginn ihrer Entwicklung im Boden.<br />
Durch die Ausbildung zugfester und biegeelastischer Stämme können sie bei starkem Wind den Bewegungen<br />
ihrer Stütze folgen. Daher prägen selbst die dicksten holzigen Lianen nie einen so regelmäßigen<br />
Holzkörper wie Bäume aus. Eigenartig geformte Stämme, wie sie bei der Affenleiter (Bauhinia<br />
guianensis, Fabaceae) zu betrachten sind, entstehen durch nur an gewissen Stellen vollzogenes<br />
Wachstum und Holzbildung.<br />
Lianen wachsen unter natürlichen Gegebenheiten zumeist eher einzeln. Sie beginnen ihr Wachstum<br />
meist in Lücken, gelangen dann mit dem sich entwickelnden Wald in die Höhe und bilden dort ihre<br />
Krone aus. Das Wechseln von einem Baum zum anderen findet mit Hilfe der Zweige im Kronenbereich<br />
statt. Um frei zwischen langlebigen Bäumen zu hängen, müssen Lianen vor dem Absterben der<br />
in Waldlücken verbreiteten kurzlebigen Pionierhölzer auf langlebige Pflanzen klettern. Lianen benötigen<br />
aufgrund ihrer zum Teil enormen Gesamtlänge eine äußerst wirkungsvolle Wasserleitung, um<br />
auch die Krone am Ende noch ausreichend versorgen zu können.<br />
Weitere Beispiele für im Regenwald Costa Ricas vorkommende Lianen sind Cissus biformifolia (Vitaceae)<br />
und die Passionsblume (Passiflora vitifolia, Passifloraceae).<br />
Passionsblume<br />
(Passiflora vitifolia)<br />
Lianen<br />
Affenleiter<br />
(Bauhinia guianensis)<br />
103
Ursula Bachlechner, Birgit Jogl<br />
Pflanzliche Phänomene im tropischen Regenwald<br />
EPIPHYTEN, HEMIEPIPHYTEN, EPIPHYLLE<br />
Als Epiphyten (griech. epi = auf, über; phyton = Pflanze) bezeichnet man Pflanzen, deren Wachstum<br />
auf anderen lebenden oder abgestorbenen Pflanzen stattfindet. Sie sind nicht zu den Parasiten zu<br />
zählen, da sie ihrer Wirtspflanze weder Wasser noch Nährstoffe rauben, sondern diese lediglich als<br />
Lebensraum benutzen. Indem sie Wasser und Nährstoffe auffangen, bevor sie die Wurzeln des Wirts<br />
erreichen und indem sie die Äste des Wirts mit ihrem Gewicht belasten und mit seinen Blättern um<br />
Raum und Licht konkurrieren, schädigen sie ihren Wirt jedoch indirekt. Ein Prachtexemplar für den<br />
Bewuchs mit Epiphyten stellt der Regenbaum (Pithecellobium saman, Mimosaceae) dar.<br />
Trotz der Möglichkeit ohne viel Aufwand in besser mit Licht versorgte Regionen zu gelangen, hat die<br />
epiphytische Lebensweise auch einige Nachteile. Aufgrund ihrer meist stark exponierten <strong>La</strong>ge müssen<br />
die Epiphyten, anders als die Pflanzen des Waldbodens, jeglichen Witterungsbedingungen der Tropen<br />
standhalten, ob starken Regenfällen, brennender Hitze, Wind oder der nächtlichen Abkühlung. Weiters<br />
kann Aufsitzerpflanzen die Wasserversorgung Probleme bescheren, denn verglichen mit dem Boden<br />
kann die Rinde der Wirtspflanzen kaum Wasser speichern. Die Ausprägung von Wasser speicherndem<br />
Gewebe in ihren Blättern und Sprossen, bzw. die Entwicklung von Zisternen, hilft ihnen, die zeitweise<br />
extreme Dürre zu überstehen. Nährstoffe beziehen die Epiphyten sowohl aus in Astgabeln gesammelten<br />
Humusmengen, als auch aus Regenwasser.<br />
Die Wasseraufnahme selbst erfolgt bei Epiphyten über Wurzeln, die meist zu Luftwurzeln mit spezialisierten,<br />
wasseraufsaugenden Außenschichten entwickelt sind. Viele Bromelien bilden Rosetten aus<br />
eng stehenden, steifen Blättern aus, die dem Auffangen von Wasser, herabfallenden Pflanzenteilen<br />
und toten Insekten dienen. Der Inhalt dieses trichterförmigen Behältnisses wird im Anschluss zersetzt.<br />
Eine Besonderheit bei den Bromelien stellen die auf den Blättern befindlichen Saugschuppen zur Aufnahme<br />
der gelösten Nährstoffe dar. Beispiele hierfür sind Vertreter der Gattung Aechmea und das<br />
Louisianamoos (Tillandsia usneoides, Bromeliaceae), dessen Wurzeln reduziert sind und das stärkste<br />
Anpassungen an die epiphytische Lebensweise zeigt. Es existiert durch das Wasser der Luftfeuchtigkeit<br />
und die Aufnahme herangewehter Nährstoffe.<br />
Epiphytische Pflanzen<br />
Oben links: Baum mit Epiphytenbewuchs<br />
Oben Mitte: Lousianamoos (Tillandsia usneoides)<br />
Oben rechts: Cattleya skinneri (Orchidaceae)<br />
Unten links: Werauhia ororiensis (Bromeliaceae)<br />
Unten rechts: Tillandsia caput-medusae (Bromeliaceae)<br />
Epiphytische Vertreter der Pflanzenfamilie der Orchidaceaen besitzen entweder speichernde Sprossknollen<br />
(Bulben), wie die Pflanzen der Gattung Cattleya, oder Luftwurzeln mit denen Wasser aufgenommen<br />
werden kann, wie bei der Gattung Phalaenopsis spp.<br />
104
Ursula Bachlechner, Birgit Jogl<br />
Pflanzliche Phänomene im tropischen Regenwald<br />
Weitere häufig anzutreffende Epiphyten aus der Familie der Bromeliaceae sind Werauhia ororiensis,<br />
Vriesea incurva und Tillandsia caput-medusae. Auch bei Cattleya skinneri (Orchidaceae), der Nationalblume<br />
Costa Ricas, handelt es sich um eine Aufsitzerpflanze.<br />
Wichtige Epiphytengruppen stellen neben den Orchideen und Bromelien auch die Aronstabgewächse,<br />
Farne, Moose, Flechten und Algen dar. In den Tropen bilden Epiphyten oft hoch organisierte Pflanzengemeinschaften.<br />
Pflanzen mit überwiegend epiphytischer Lebensweise können bei entsprechenden Konkurrenz- und<br />
Lichtverhältnissen auch auf dem Waldboden wachsen, wie sich auch gewöhnlich bodenlebende Kräuter<br />
auf Pflanzen mit ausreichenden Humusansammlungen ausbilden können.<br />
Die Hemiepiphyten lassen sich in zwei Kategorien einteilen. Dazu zählen einerseits Pflanzen, die ihr<br />
Wachstum als Epiphyten beginnen und erst im <strong>La</strong>ufe der Zeit durch die Ausbildung langer Wurzeln<br />
Bodenkontakt herstellen. Die Verbindung zum Boden verhilft diesen Hemiepiphyten zu einer gesteigerten<br />
Wasser- und Mineralstoffaufnahme. Die Pflanze wächst daraufhin als Liane weiter. Im Gegensatz<br />
dazu sind Feigen (Ficus sp., Moraceae) und Klusien (Clusia sp., Clusiaceae) zwar ebenfalls<br />
epiphytische Sträucher, die Luftwurzeln Richtung Boden schicken, sobald diese jedoch den Boden<br />
erreicht haben, können sie sich innerhalb eines Jahres um das Vierzigfache vergrößern und ihren Wirt<br />
vernichten.<br />
Eine spezielle Form von Aufsitzerpflanzen stellen die Epiphylle (griech. epi = auf; phyllon = Blatt)<br />
dar. Dabei handelt es sich sowohl um Moose, Flechten, Algen sowie Cyanobakterien und Pilze, aber<br />
auch um Farne und Blütenpflanzen (kleine Vertreter der Bromeliaceae, Orchidaceae, Piperaceae),<br />
die in besonders feuchten Bereichen des Waldes auf alten Blättern gedeihen, ohne diese zu schädigen.<br />
Sie bilden ausgewogene Pflanzengesellschaften auf langlebigen Lederblättern, die bis zu 10 Jahre alt<br />
werden können. Nachteile für die Wirtspflanze entstehen insofern, als dass deren Photosynthese durch<br />
die Abschattung behindert wird. Zu den Halbparasiten gehören lediglich die Epiphylle, deren Rhizoiden<br />
in das Trägerblatt eindringen und von dort Wasser und Nährsalze aufnehmen. Die verschiedenen<br />
taxonomischen Arten von Epiphyllen besiedeln aufgrund ihrer Lebensstrategie unterschiedliche<br />
Standorte. Lebermoose (Hepaticae, Lejeuneaceae) treten vorwiegend in feuchten, kühlen Schluchten<br />
auf, während Flechten meist an trockenen sonnenexponierten Stellen wachsen.<br />
Blatt mit Epiphylle<br />
Voyria tenella (Gentianaceae)<br />
Links: Netzartige Umspannung durch eine Würgefeige (Ficus sp.)<br />
SAPROPHYTEN<br />
Saprophyten (altgriech. sapros = faul, verfault; phyton = Pflanze) bzw. Saprobier sind Organismen, die<br />
sich heterotroph von totem organischen Material ernähren. Sie erfüllen zusammen mit den Mikroorganismen<br />
und Bodeninsekten die wesentliche Rolle bei der Zersetzung von <strong>La</strong>ub, Bäumen oder Tieren.<br />
Saprophyten spielen nicht nur beim Abbau von toten Organismen eine Rolle, sondern auch bei der<br />
Anreicherung von Mineralstoffen im Boden. Diese Bodenaufbereitung ermöglicht vielen Pflanzen die<br />
Deckung ihres Nährstoffbedarfs.<br />
Beispiele für Pflanzen mit saprotropher Lebensweise sind Vertreter der Familie der Gentianaceae wie<br />
z.B. Voyria sp.<br />
105
Ursula Bachlechner, Birgit Jogl<br />
Pflanzliche Phänomene im tropischen Regenwald<br />
Saprotroph leben auch die meisten Pilze, viele Bakterien, Würmer (z. B. Ringelwürmer), Termiten,<br />
Insektenlarven (z.B. die <strong>La</strong>rven verschiedener Schwebfliegen) und Käfer. Während Mikroorganismen<br />
tote organische Substanz häufig mit Hilfe nach außen abgegebener Enzyme abbauen, wodurch Fäulnis<br />
oder Verwesung ausgelöst wird, ernähren sich größere Saprobier auch von den Mikroorganismen<br />
selbst. Die wichtigsten Lebensräume saprotropher Organismen sind die <strong>La</strong>ub- und Streuschichten der<br />
Wälder, die Humusschicht der Böden, und die oberen Sedimentschichten der Gewässer.<br />
5.1.4 Pionier- und Klimaxarten<br />
Die Sukzession, der Übergang von einem Sekundärwald aus Pionieren zu einem Primärwald mit Klimaxarten,<br />
stellt ein weiteres Phänomen des tropischen Regenwalds dar.<br />
Lichtliebende Pionierarten, die im geschlossenen Wald nicht vorkommen, sind in durch Windwurf,<br />
Blitzschlag, Pilzbefall, Insektenfraß oder Absterben alter Bäume entstehenden Lücken, viel konkurrenzfähiger<br />
als die langsam wachsenden Sämlinge der Waldbäume. Aufgrund der hohen Menge an<br />
Sonnenenergie, auf die die Sämlinge von Pionierarten angewiesen sind, werden diese Arten auch als<br />
lichtbedürftig („Lichtpflanzen“) oder schattenintolerant bezeichnet. Sie keimen nach Bildung der Bestandslücke<br />
und wachsen rasch in die Höhe, wie beispielsweise die Pionierbäume mit leichtem Holz,<br />
etwa der Balsabaum (Ochroma pyramidale syn. Ochroma lagopus, Bombacaceae) oder der Ameisenbaum<br />
(Cecropia sp., Cecropiaceae). Ein Sekundärwald wächst heran, der niedriger und artenärmer<br />
ist als der Regenwald, jedoch eine größere Vielfalt an Lebensformen und Blattgestalten zeigt.<br />
Gräser, wie Bambus, Kräuter, Hochstauden, Sträucher und Schlingpflanzen wuchern und entwickeln<br />
sich zu einem undurchdringlichen Gestrüpp. Die erreichbaren Maximalhöhen von Pionierarten sind<br />
sehr verschieden, wobei die größeren meist auch langlebiger sind. Die Besiedelung durch höher wachsende<br />
Arten, wie Cecropia sp. und Ochroma pyramidale findet zur gleichen Zeit wie die Entwicklung<br />
der niedrigeren Pflanzen, wie Trema micrantha (Ulmaceae), Cedrela odorata (span. cedar, Meliaceae)<br />
oder Senna reticulata syn. Cassia reticulata (Fabaceae) statt. Zu Beginn sind die kleineren<br />
Arten vorherrschend, nach deren Absterben dann die langlebigeren Pionierarten. Aufgrund ihres<br />
schnellen Wachstums produzieren sie große Mengen an Holz geringer Dichte. In Konkurrenz zu anderen<br />
Arten bilden sie charakteristische locker verzweigte Kronen aus, die viel Raum einnehmen. Da<br />
ihre Fortpflanzung relativ frühzeitig innerhalb des Lebenszyklus der Pflanzen einsetzt und sie sich<br />
durch eine regelmäßige hohe Produktion kleiner, leicht zu verbreitender Samen auszeichnen, breiten<br />
sie sich schnell auf lichten Standorten aus. Im <strong>La</strong>ufe weniger Jahre wird der Sekundärwald sehr dicht,<br />
was den Sämlingen der Hochwaldarten (Klimaxarten), sofern die Samen in ausreichender Menge<br />
dorthin gelangen, ein Aufkommen ermöglicht. Im Hinblick auf ihre Sämlinge werden sie darum als<br />
schattentolerant oder schattenertragend („Schattenpflanzen“) bezeichnet. Klimaxarten zeichnen sich<br />
durch ein langsameres Wachstum und die Ausbildung von festem Holz und dichten Kronen aus. In<br />
Anpassung an die geringe photosynthetisch aktive Strahlung brauchen die Samen ausreichende Reserven,<br />
um ein Wurzelsystem und die ersten photosynthetischen Organe ausbilden zu können. Die Samen<br />
werden, verglichen mit den Pionierarten, seltener und später produziert und sind in geringerer Anzahl<br />
vorhanden. Da die Keimung im Schatten der Baumschicht stattfinden kann, ist ihre Regeneration oft<br />
nur im primären Regenwald möglich.<br />
Primärwald Sekundärwald Ameisenbaum<br />
(Cecropia sp.)<br />
Balsabaum<br />
(Ochroma pyramidale)<br />
106
Ursula Bachlechner, Birgit Jogl<br />
Pflanzliche Phänomene im tropischen Regenwald<br />
Die folgende Tabelle fasst die wichtigsten Eigenschaften von Pionier- und Klimaxarten in tropischen<br />
Regenwäldern zusammen:<br />
Eigenschaften Pionierarten Klimaxarten<br />
Andere gebräuchliche lichtbedürftig,<br />
schattenertragend,<br />
Bezeichnungen (schatten-) intolerant,<br />
(schatten-) tolerant,<br />
Keimung<br />
Sämlinge<br />
Samen<br />
sekundär<br />
nur in Bestandslücken, die den<br />
Himmel freigeben und teilweise<br />
volles Sonnenlicht erhalten<br />
können im Schatten unter der<br />
Baumschicht nicht überleben;<br />
sind dort nie zu finden<br />
klein,<br />
in reicher Anzahl mehr oder<br />
weniger kontinuierlich produziert;<br />
bilden sich schon bei jungen<br />
Pflanzen<br />
Samenbank im Boden viele Arten wenige Arten<br />
Verbreitung der Samen durch Wind oder Tiere, häufig<br />
über beachtliche Entfernungen<br />
Keimruhe<br />
Wachstumsrate<br />
fähig zur Keimruhe („orthodox“),<br />
gewöhnlich in großer Zahl als<br />
Samenbank im Waldboden<br />
hohe Rate von Kohlenstofffixierung,<br />
Blattproduktion und<br />
relativem Wachstum<br />
primär<br />
in der Regel unter der Baumschicht<br />
überleben unter der Baumschicht<br />
und bilden dort eine<br />
„Sämlingsbank“<br />
häufig groß,<br />
nicht in großen Mengen und<br />
oft nur einmal im Jahr oder<br />
seltener produziert;<br />
bilden sich nur bei Bäumen,<br />
die (fast) ausgewachsen sind<br />
auf verschiedene Art und Weise,<br />
darunter durch Schwerkraft,<br />
oft nur über kurze Distanzen<br />
oft ohne Fähigkeit zur Keimruhe<br />
(„widerspenstig“), selten<br />
als Samenbank im Boden<br />
alle Raten niedriger<br />
Kompensationspunkt hoch niedrig<br />
Höhenwachstum schnell häufig langsam<br />
Verzweigung gering,<br />
wenige Ordnungen<br />
häufig reichlich mit mehreren<br />
Ordnungen<br />
Periodizität des Wachstums unbestimmt (sylleptisch),<br />
keine schlafenden Knospen<br />
bestimmt (proleptisch),<br />
mit schlafenden Knospen<br />
Blattlebensdauer kurz,<br />
nur eine Generation vorhanden,<br />
das heißt hohe Turnover-<br />
Rate<br />
lang,<br />
manchmal über mehrere Generationen,<br />
das heißt niedrige<br />
Turnover-Rate<br />
Fressfeinde<br />
Holz<br />
Blätter können gefressen werden,<br />
weich, wenig chemische<br />
Abwehrstoffe<br />
in der Regel hell,<br />
geringe Dichte,<br />
nicht verkieselt<br />
Blätter manchmal widerstandsfähiger<br />
wegen mechanischer<br />
Stabilität oder toxischer Chemikalien<br />
Unterschiedlich: hell bis sehr<br />
dunkel,<br />
geringe bis hohe Dichte,<br />
manchmal verkieselt<br />
Ökologische Bandbreite groß manchmal schmal<br />
Bestandsdiagramm negativ positiv<br />
Lebensdauer oft kurz manchmal sehr lang<br />
(WHITMORE, 1993)<br />
107
Ursula Bachlechner, Birgit Jogl<br />
5.1.5 Besonderheiten tropischer Pflanzen<br />
Pflanzliche Phänomene im tropischen Regenwald<br />
PHÄNOLOGIE<br />
Durch das Ausbleiben der kalten Wintermonate wird eine Verteilung der Blütezeiten der einzelnen<br />
Arten über das ganze Jahr verteilt ermöglicht. Blüten mit höheren Nektarmengen dienen dadurch auch<br />
größeren, langlebigeren Tieren, wie Vögeln und Fledermäusen, als sichere Nahrungsquelle. Da sich in<br />
den Tropen die einzelnen Individuen einer Pflanzenart oft weit voneinander entfernt befinden, bieten<br />
kräftige Tiere, die als Bestäuber größere Distanzen überwinden können, wiederum Vorteile für die<br />
Pflanzen.<br />
Vögel werden aufgrund ihres meist schlecht ausgebildeten Geruchsorgans durch Farbeffekte angelockt.<br />
Vogelblüten sind daher in der Regel rot-orange, geruchlos und produzieren große Nektarmengen,<br />
von denen sich die meist langschnabeligen Kolibris ernähren. Ein Beispiel hierfür ist der Korallenbaum<br />
(Erythrina costaricensis, costarican. poró), aus der Familie der Fabaceae.<br />
Fledermausblüten sind unscheinbar gefärbt, groß und derb, wodurch es den Tieren ermöglicht wird,<br />
sich anzukrallen. Die einen dumpf süßlichen Geruch ausströmenden Blüten öffnen sich oft nur nachts.<br />
Sie besitzen meist große Pollen- und Nektarmengen. Inga spectabilis (Mimosaceae; costaric. guaba<br />
machete), die durch sehr lange Staubfäden gekennzeichnet ist, welche weit aus der Blütenkrone hinausragen,<br />
ist eine von Fledermäusen bestäubte Pflanze.<br />
WACHSTUMSRHYTHMIK<br />
Verschiedene Charakteristika tropischer Bäume, wie die Ausbildung von nur einem oder wenigen<br />
Vegetationspunkten (Punkte, die aus embryonalen d.h. teilungsfähigen und undifferenzierten Zellen<br />
bestehen, von denen das primäre Wachstum der Sprossachse ausgeht) und dicke, wasserspeichernde<br />
Stämme und Blätter sowie weit ausladende, flache Kronen hätten in den gemäßigten Breiten durch<br />
Frost und Schneelast erhebliche Probleme. Eine Ruhephase wird in tropischen Regenwäldern entweder<br />
durch Trockenheit bewirkt, ist also von der Niederschlagsmenge abhängig, oder wird von der<br />
Pflanze selbst gesteuert, wie es in immerfeuchten Waldgebieten der Fall ist.<br />
BLÄTTER<br />
Zu den Pflanzenarten die Blätter besitzen, welche die in den Tropen vorherrschende ganzrandige Form<br />
aufweisen, die häufig in eine Träufelspitze ausläuft, gehören beispielsweise die verschiedenen Ficusarten<br />
(Moraceae), wie der aus Südostasien stammende Gummibaum (Ficus elastica) und die Birkenfeige<br />
(Ficus benjamina).<br />
Das Phänomen der Träufelspitze, die das Ablaufen des Niederschlags erleichtern soll, ist besonders<br />
deutlich bei der Pappelfeige (Ficus religiosa) ausgeprägt, wo sie sogar zu einer Regenrinne gekielt<br />
ist.<br />
Eine weitere Besonderheit ist die an die Trockenheit angepasste xeromorphe Blattstruktur der Gummibaumblätter.<br />
Eine dicke, verdunstungsvermindernde Wachsschicht sorgt für die perfekte Anpassung<br />
der Blätter des <strong>La</strong>ubdachs, die der starken Sonneneinstrahlung direkt ausgesetzt sind. Während der<br />
Mittagszeit herrscht in diesen Höhen extreme Trockenheit.<br />
Nadelbäume sind in den Tropen relativ selten. Man findet sie meist in Bergwäldern. Charakteristisch<br />
sind die blattartig verbreiterten Nadeln, wie sie auch die, oft in Gärten wachsenden, Araukarien aufweisen.<br />
LAUBAUSSCHÜTTUNG<br />
Die <strong>La</strong>ubbäume der Tropen unterscheiden sich in einigen Merkmalen von denen der gemäßigten Breiten.<br />
Dazu zählt einerseits die <strong>La</strong>ubausschüttung, bei der durch das schnelle Blattwachstum während<br />
der Knospenentfaltung die Versorgung mit Festigungselementen (Blattadern) und Chlorophyll nicht<br />
standhält und ganze Zweige samt Blättern zunächst blass rötlich bis bräunlich gefärbt, schlaff herunter<br />
hängen. Erst einige Tage später richten sich die Blätter auf und ergrünen. Die <strong>La</strong>ubausschüttung stellt<br />
vermutlich einen Schutz der jungen Blätter vor starken tropischen Regenschauern dar und tritt beispielsweise<br />
bei der Birkenfeige (Ficus benjamina, Moraceae) auf.<br />
108
Ursula Bachlechner, Birgit Jogl<br />
Pflanzliche Phänomene im tropischen Regenwald<br />
Eine Rotfärbung der <strong>La</strong>ubblätter ist nicht (nur) vor dem Blattfall zu beobachten, sondern ist auch ein<br />
charakteristisches Merkmal junger, gerade ausgetriebener Blätter.<br />
Eine weitere Besonderheit stellt der über das ganze Jahr verteilte <strong>La</strong>ubabwurf dar. Der Grund dafür<br />
liegt im, während des ganzen Jahres gleichmäßig warmen Klima. Es gibt keinen durch Temperatur<br />
und Tageslänge hervorgerufenen synchronisierten <strong>La</strong>ubabwurf. Die verschiedenen Baumarten verlieren<br />
zu unterschiedlichen Zeiten ihr <strong>La</strong>ub und sogar einzelne Bäume weisen gleichzeitig belaubte und<br />
unbelaubte Abschnitte auf. Da der Belaubungszustand das Holzwachstum reguliert, kommt es nicht<br />
zur Ausbildung geschlossener, ringförmiger Zuwachszonen, sondern es bilden sich entsprechend der<br />
Knospenentfaltung der einzelnen Baumteile unregelmäßige Zuwachszonen aus. Diese Vorgänge und<br />
das Fehlen eines Jahreszeitenklimas, sind die Gründe dafür, dass im Holz tropischer Bäume keine<br />
deutlich erkennbaren Jahresringe ausgebildet sind.<br />
STELZWURZELN<br />
Stelzwurzeln kommen vor allem bei Bäumen in Sumpfwäldern vor. Schraubenbäume und einige Palmen,<br />
wie die wandernde Palme (Socratea exorrhiza, Arecaceae) sowie die Arten der Mangroven<br />
und einige andere Bäume, zeigen ebenfalls diese Wurzelanpassung.<br />
Besonderheiten tropischer Pflanzen<br />
Oben links: Inga (Inga vera)<br />
Oben Mitte: Träufelspitze bei der Pappelfeige<br />
(Ficus religiosa)<br />
Oben rechts: Xeromorphe Blattstruktur beim<br />
Gummibaum (Ficus elastica)<br />
Unten links: <strong>La</strong>ubausschüttung<br />
Unten rechts: wandernde Palme (Socratea exorrhiza)<br />
Literaturangaben<br />
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109
Ursula Bachlechner, Birgit Jogl<br />
Pflanzliche Phänomene im tropischen Regenwald<br />
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110
Stefanie Pichler, Roswitha Stieglmayer<br />
Tropische Früchte, Kräuter und Gewürze<br />
5.2 TROPISCHE FRÜCHTE<br />
5.2.1 Anacardiaceae: Sumachgewächse<br />
MANGOBAUM (MANGIFERA INDICA)<br />
Name: indian mango (E), manga (S), mangue (F), mangot (F)<br />
Früchte: Je nach Sorte 10 – 20 cm große, aromatisch duftende Steinfrüchte, die von April bis Juli an<br />
langen Fruchtstielen an den Astenden hängen. Reife Früchte variieren stark in der Form, sowie in der<br />
Färbung, die von gelb oder orange bis nach rot und rotgrün reicht. Das Fruchtfleisch ist im<br />
Allgemeinen pfirsichähnlich und mehr oder weniger stark von Fasern durchsetzt. Der Geschmack des<br />
Fruchtfleisches, das sehr reich an Vitamin C und vor allem an Vitamin A ist, wird durch den Gehalt an<br />
Terpenen beeinflusst.<br />
Verbreitung: Ursprünglich stammt M. indica aus der indisch-burmesischen Region. Heute ist die Art<br />
in den gesamten Tropen weit verbreitet und wird sehr häufig angepflanzt.<br />
Nutzwert: Der Mangobaum wird in den Tropen als Schatten- und Obstbaum sehr geschätzt und<br />
häufig in Privatgärten angepflanzt. Es wird gesagt, dass der Baum, der heute zu den populärsten<br />
tropischen Fruchtbäumen gehört, bereits seit mehr als 4.000 Jahren kultiviert wird.<br />
Die Früchte, die viel Vitamin A enthalten, werden entweder frisch verzehrt oder zu Marmeladen,<br />
Säften, Konservenobst oder Chutney verarbeitet. Der hohe Pektingehalt ist bei der Herstellung von<br />
Marmeladen förderlich. Unreife Früchte verzehrt man mit Salz und Limettensaft als Gemüse.<br />
Auf Curacao und Trinidad werden getrocknete Mangoblätter als Heilmittel gegen Durchfall und<br />
Fieber auf Märkten verkauft.<br />
Allgemeines: Innerhalb der Gattung, die aus etwa 300 Arten besteht, hat nur M. indica eine große<br />
kommerzielle Bedeutung. Vom Mangobaum existieren zahlreiche Sorten, die sich in Reifezeit,<br />
Fruchtgröße, Druckfestigkeit, Geschmack und Gehalt an Fasern unterscheiden. Wie andere Vertreter<br />
der Sumachgewächse auch, enthält der Mangobaum in Blättern, Blüten und Fruchtschale ein Gift, das<br />
bei vielen Personen allergische Reaktionen hervorruft.<br />
ROTE MOMBINPFLAUME (SPONDIAS PURPUREA L.)<br />
Markt von Cartago<br />
Name: hog plum (E), spanish plum (E), ciruela (S), jocote (S)<br />
Früchte: Die Steinfrüchte der Roten Mombinpflaume sind eiförmig oder elliptisch, kurz gestielt, oft<br />
schwach längsgefurcht, bis zu 4,5 x 3,5 cm groß und 20 – 30 g schwer. Ihre glatte, glänzende, dünne,<br />
feste Schale wird zur Reife zunächst orange oder gelb, zuletzt kräftig rot oder violett. Das saftigmehlige,<br />
etwas fasrige, weiche Fruchtfleisch ist orangegelb bis gelb, bis 8 mm dick und von süßem<br />
oder saurem, aromatischem Geschmack, oft etwas adstringierend. Es haftet an einem ovalen,<br />
netzförmig runzeligen Steinkern von bis zu 3,5 x 2 cm Größe, dessen harte, holzige, gelblichbraune<br />
Schale etwa sieben Längsnähte aufweist und bis zu fünf kleine Kerne umschließt.<br />
Verbreitung: die Art ist von Südmexiko und den Karibischen Inseln bis Peru und Brasilien<br />
beheimatet; die Bäume werden dort sehr häufig angebaut, aber auch in Süd- und Südostasien, vor<br />
allem auf den Philippinen, sowie in Zentralafrika kultiviert.<br />
Die in großen Mengen auf den Märkten gehandelten Früchte werden in der Regel reif gepflückt,<br />
nachdem sie sich gelb oder rot gefärbt haben. Sie sind nur kurze Zeit lagerfähig.<br />
111
Stefanie Pichler, Roswitha Stieglmayer<br />
Tropische Früchte, Kräuter und Gewürze<br />
Nutzwert: Die reifen, an den Vitaminen B und C reichen Früchte werden frisch als Obst gegessen, mit<br />
Zucker gekocht als Dessert serviert oder zu Gelee und Sirup verarbeitet. Der Saft dient zur Herstellung<br />
von Wein und Essig. Die jungen, eiweißreichen Blätter können als Gemüse zubereitet werden. In<br />
großen Mengen verzehrt, können die Früchte Darmbeschwerden verursachen. Der Rindensud hilft<br />
gegen Durchfall und Blähungen. Der Baum wird gern als lebender Zaun gepflanzt.<br />
5.2.2 Annonaceae: Rahmapfelgewächse<br />
RAHMAPFEL, SCHUPPENANNONE (ANNONA SQUAMOSA)<br />
Name: ajate (S), anona blanca (S), chirimoya (S)<br />
Früchte: Kugelig, bis zu 9 cm Durchmesser, graugrün mit eiförmigen Schuppen. Fruchtfleisch<br />
aromatisch duftend, cremeweiß, sehr saftig, süß und fruchtig schmeckend. Samen oval, schwarz und<br />
etwa 1,3 cm lang.<br />
Verbreitung: Die Schuppenannone ist im tropischen Amerika heimisch. Als Obstgehölz ist sie auch<br />
in den Tropen der Alten Welt häufig anzutreffen. Sie wurde dort bereits vor 1590 von den Spaniern<br />
und Portugiesen eingeführt.<br />
Nutzwert: Die Früchte werden frisch als Obst oder in Obstsalaten gegessen. Darüber hinaus werden<br />
aus dem aromatisch süßen Fruchtfleisch Erfrischungsgetränke, Speiseeis und Milchshakes zubereitet.<br />
STACHELANNONE, SAUERSACK (ANNONA MURICATA)<br />
Name: soursop (E), guanábana (S), guanaba (S), catoche (S), anone (F)<br />
Früchte: Aus den Fruchtblättern entstehen einzelne große Beeren, die mit der Blütenachse zu einer<br />
großen Sammelfrucht mit einem weichen, aromatischen, cremefarbenen Fruchtfleisch verwachsen.<br />
Die Samen sind giftig. Die Früchte werden bis zu 40 cm lang und 4 kg schwer. Die äußere Fruchtwand<br />
ist mit zahlreichen weichen Stacheln besetzt. Das Fruchtfleisch hat ein leicht säuerliches, sehr<br />
fruchtiges Aroma.<br />
Verbreitung: Die Art ist in Zentralamerika, der Karibik und in Südamerika heimisch. Heute ist die<br />
Stachelannone als beliebter Fruchtbaum in den gesamten Tropen verbreitet.<br />
Nutzwert: A. muricata ist als Obstbaum in vielen tropischen Gärten zu finden. Die Früchte, die relativ<br />
viel Vitamin B und C enthalten, werden entweder frisch verzehrt oder dienen zur Herstellung von<br />
Fruchtsäften, Speiseeis oder für die Zubereitung von Desserts. In verschiedenen Ländern werden sie<br />
zu Konserven verarbeitet. Aus den reifen Früchten kann man sehr wohlschmeckende Süßigkeiten<br />
zubereiten. Auf den Philippinen werden unreife Früchte als Gemüse gegessen. Sie schmecken ähnlich<br />
wie geröstete Maiskolben.<br />
Auf vielen Karibikinseln wie Curaço, St. Thomas, Barbados und Kuba, wird aus den Blättern ein Tee<br />
bereitet, der wie bei uns als Schwarztee oder Kaffee genossen wird. Die Früchte sind sehr<br />
druckempfindlich und werden daher für den Export unreif geerntet.<br />
5.2.3 Arecaceae: Palmen<br />
AFRIKANISCHE ÖLPALME (ELAEIS GUINEENSI)<br />
Namen: oilpalm (E), palma de aceite (S), palmier à huile (F),<br />
Früchte: Asymmetrische, 3 – 4 cm große, fleischige Steinfrüchte. Die Außenschale ist violett,<br />
schwarz, orange oder rot gefärbt. Die Früchte sind zu großen, bis zu 30 kg schweren Fruchtständen<br />
zusammengefasst, die aus 2.000 – 4.000 Einzelfrüchten bestehen.<br />
Verbreitung: Die Ölpalme ist im tropischen Afrika beheimatet. Als Kulturpflanze ist sie in den<br />
gesamten feuchten Tropen verbreitet.<br />
Nutzwert: Das Fruchtfleisch und die Samen enthalten bis zu 55 % rotorange gefärbtes Öl. Das Palmöl<br />
wird durch Pressen gewonnen und nach dem Raffinieren und Bleichen vorwiegend zu Margarine und<br />
Kochfett verarbeitet. Das Fett entspricht in seiner Zusammensetzung dem Kokosöl und wird wie<br />
dieses verwendet. Der eiweißreiche Presskuchen und der Palmkernschrot werden als Viehfutter<br />
genutzt.<br />
Allgemeines: Nach nur vier bis fünf Jahren beginnen die Ölpalmen Früchte zu tragen. Bei den<br />
ertragreichen Hybridsorten können bis zu 6 t pro Hektar geerntet werden. Die Palmen werden etwa 30<br />
112
Stefanie Pichler, Roswitha Stieglmayer<br />
Tropische Früchte, Kräuter und Gewürze<br />
Jahre beerntet, danach werden sie für eine einfache Ernte zu hoch. Man erntet die Fruchtstände mit<br />
langen Bambusstangen, an denen Messer befestigt sind.<br />
Hauptproduzenten von Palmöl sind Malaysia, Indonesien und Nigeria. Neuerdings wird die Ölpalme<br />
auch verstärkt in Mittel- und Südamerika angepflanzt. Wichtige Exportländer sind dort Brasilien,<br />
Kolumbien, Mexiko und Costa Rica.<br />
Es gibt auch eine einheimische Ölpalme (Elaeis oleifera), die früher genutzt wurde, heute aber an<br />
Bedeutung verloren hat.<br />
ASSAIPALME, PALMHERZEN (EUTERPE EDULIS UND ANDERE ARTEN)<br />
Namen: assai palm (E), palmito (S)<br />
Früchte: Schwarzviolette Beeren.<br />
Verbreitung: Die Assaipalme stammt aus dem südlichen Brasilien und nördlichen Argentinien.<br />
Nutzwert: Der von den Blattbasen umschlossene, weiße Vegetationskegel wird als exquisites,<br />
kalorienarmes Gemüse gegessen. Die zarten und sehr schmackhaften Palmherzen verwendet man roh<br />
in Salaten oder gewürfelt und gekocht als Beilage zu Fleischgerichten. Sie werden industriell zu<br />
Dosenkonserven verarbeitet oder in Gläsern eingemacht.<br />
Aus den Früchten der Assaipalme stellt man in Brasilien ein Erfrischungsgetränk her.<br />
Allgemeines: Die Palmherzen bestehen aus dem Vegetationskegel, dem darunterliegenden Mark und<br />
den noch nicht entwickelten Blattanlagen. Sie können bis zu 1 m lang und 10 cm dick werden. Der<br />
jeweilige Trieb stirbt nach Entnahme des Palmherzen ab. Bei einstämmigen Palmen stirbt die ganze<br />
Pflanze ab. Durch intensive Ernte an Wildstandorten waren einige Palmenarten bereits vom<br />
Aussterben bedroht. Heute stammen die Palmherzen fast ausschließlich aus Plantagen. Wirtschaftlich<br />
bedeutend sind vor allem Bactris gasipaes (Pfirsichpalme) und E. oleracea (Kohlpalme). Aber auch<br />
von anderen Gattungen wie Cocos, Sabal oder Roystonea sind die Palmherzen essbar.<br />
Produktionsländer sind Brasilien, Ecuador, Kolumbien und verschiedene Länder Mittelamerikas.<br />
KOKOSPALME (COCOS NUCIFERA)<br />
Namen: coconut palm (E), pipa (S), coco (S), noix de coco (F)<br />
Früchte: Die wohlbekannten Kokosnüsse sind botanisch gesehen Steinfrüchte. Jede Frucht besteht<br />
aus einer glatten äußeren Fruchtwand, dem Exokarp. Nach innen folgt das faserige Mesokarp, das der<br />
Frucht als Schwimmkörper dient. Die innere Fruchtwand, das Endokarp, ist stark verholzt und bildet<br />
die Außenschale der Kokosnüsse, wie sie in Mitteleuropa gehandelt werden. Die Früchte erreichen<br />
einen Durchmesser von etwa 12 – 25 cm und eine Länge von 20 – 30 cm. Die Färbung der<br />
Kokosnüsse reicht, je nach Varietät und Reifegrad, von leuchtend gelb über grün bis rotbraun. Von<br />
den Blüten bis zur Fruchtreife vergehen etwa 12 – 15 Monate. Pro Jahr kann eine einzelne Palme bis<br />
zu 100 Früchte hervorbringen.<br />
Verbreitung: Die genaue Herkunft der Kokospalme ist unsicher. Wahrscheinlich stammt sie<br />
ursprünglich aus Südostasien. Durch die lange Keimfähigkeit in Verbindung mit der<br />
Schwimmfähigkeit der Früchte ist sie an tropischen Stränden weltweit verbreitet.<br />
Nutzwert: Die Kokospalme zählt zu den ältesten Nutzpflanzen der Menschheit und weist viele<br />
Nutzungsmöglichkeiten auf. Das getrocknete ölhaltige Fruchtfleisch, welches zu 60 – 70 % der<br />
Trockenmasse aus Fett besteht, wird als Kopra bezeichnet und dient als Ausgangsprodukt für die<br />
Margarine- und Seifenherstellung. Aus den ungeöffneten Blütenständen wird der sogenannte „Toddy“<br />
oder „Tuwak“ gewonnen. Dieser zuckerhältige Saft wird zur Herstellung von Palmwein benutzt, und<br />
kann zu Arrak destilliert werden. Aus dem nicht ausgereiften Fruchtfleisch lässt sich eine Milch<br />
gewinnen, die für die Zubereitung verschiedener Gerichte und Getränke (Pina Colada) verwendet<br />
wird.<br />
Lässt man die Kokosnuss keimen, so bildet sich im Inneren der Frucht eine weiße, schaumige, süßlich<br />
schmeckende Masse, die entweder roh oder geröstet gegessen wird. Junge Schösslinge kann man wie<br />
Sellerie essen.<br />
Die Fasern des Mesokarps dienen zum Weben von Matten und Teppichen. Das Holz der Palme wird<br />
häufig als Bauholz verwendet. Unreife Kokosnüsse werden in den Tropen mit einem Messer<br />
aufgeschlagen und das Kokoswasser als erfrischendes Getränke („agua de coco“, „pipa“) angeboten.<br />
In der ungeöffneten Frucht ist das Kokoswasser bis zu acht Monate haltbar, ohne zu verderben. Es ist<br />
so rein, dass es Kriegsverletzten als Infusion direkt in den Blutkreislauf gegeben wurde.<br />
113
Stefanie Pichler, Roswitha Stieglmayer<br />
Tropische Früchte, Kräuter und Gewürze<br />
Allgemeines: Die Gattung besteht nur aus der einen Art. Die größten Anbaugebiete der Kokospalme<br />
befinden sich auf den Philippinen und in Indonesien.<br />
PFIRSICHPALME (BACTRIS GASIPAES)<br />
Namen: peach palm (E), chontaduro (S), pejibaye (S), pijiguao (S)<br />
Früchte: Eiförmige, bis zu 3 cm große gelbe, orange oder rote einsamige Steinfrüchte.<br />
Verbreitung: Die Art ist im tropischen Mittel- und Südamerika beheimatet.<br />
Nutzwert: Die Früchte, die einen angenehmen mehlig-nussigen Geschmack haben, sind essbar. Sie<br />
enthalten 30 – 40 % Stärke und werden gekocht oder geröstet gegessen Vorgekocht können sie danach<br />
frittiert und mit Mayonnaise oder einer Soße serviert werden. Getrocknete Früchte werden häufig zu<br />
Mehl vermahlen. Es gibt viele Varietäten, darunter auch Züchtungen, die samenlose Früchte<br />
hervorbringen. Das Holz ist sehr hart und wird zum Hausbau benutzt. Aus den Samen, die ebenfalls<br />
eßbar sind, wird das Mancanill-Fett gewonnen. Die Früchte werden gepresst und liefern ein<br />
hochwertiges Speisöl. In jüngster Zeit wird die Pfirsichpalme in Plantagen für die Produktion von<br />
Palmenherzen angepflanzt. Besonders in der Ernährung der indianischen Bevölkerung spielt die<br />
Frucht der Pfirsichpalme eine wichtige Rolle.<br />
Stachelannone, Sauersack<br />
(Annona muricata)<br />
Sammelfrucht der Afrikan. Ölpalme<br />
(Elaeis guineensis)<br />
Frucht der Pfirsichpalme<br />
(Bactris gasipaes)<br />
5.2.4 Bromeliaceae: Bromeliengewächse<br />
ANANAS (ANANAS COMOSUS)<br />
Name: pineapple (E), piña (S)<br />
Frucht: Aus dem Blütenkopf entwickelt sich eine große, 10 – 30 cm lange und bis zu 20 cm breite,<br />
länglich ovale Beere. Die äußere Fruchtwand ist ledrig und besteht aus einem sechseckigen Muster.<br />
Die Farbe der reifen Frucht reicht von gelb, über braunrot, bis hin zu dunkelgrün. Oberhalb der Frucht<br />
befindet sich eine kleine Blattrosette. Das Fruchtfleisch ist weißlich oder gelb gefärbt und hat ein<br />
angenehmes süßsäuerliches Aroma.<br />
Verbreitung: Die Heimat liegt wahrscheinlich in Brasilien. Bei der Ankunft von Kolumbus in<br />
Mittelamerika wurde die Ananas dort schon kultiviert. Heute wird die Ananas als wichtige<br />
Nutzpflanze in den gesamten Tropen in Plantagen angebaut.<br />
Nutzwert: Die Ananas ist eine der bedeutendsten tropischen Früchte für den Welthandel. Die Früchte<br />
werden vor allem frisch als Obst gegessen. Bereits seit Ende des 19. Jahrhunderts werden sie auch in<br />
großem Umfang zu Konserven verarbeitet. Darüber hinaus stellt man aus ihnen Marmeladen, Soßen,<br />
Speiseeis, Saft, Wein oder Essig her. Ananasfrüchte werden in vielen Gerichten und Speisen wie<br />
Pizza, Toast Hawaii und Kuchen verwendet. In vielen Gebieten Asiens benutzt man die Früchte für<br />
die Zubereitung von Curries und Fleischgerichten. In Afrika isst man junge Triebe als Salat. Die<br />
Früchte, die nach Europa exportiert werden, erntet man vor der Reife. Die reife Frucht enthält das<br />
eiweißspaltende Enzym Bromelain, welches als Weichmacher für Fleisch verwendet wird. In<br />
Guatemala werden die jungen Sprosse als Gemüse gegessen. Der Saft der unreifen Frucht wirkt stark<br />
abtreibend und wurde von mehreren Indianstämmen als Abtreibungsmittel angewandt. Das Enzym<br />
Bromelain wird in der modernen Medizin als Mittel gegen Entzündungen und Ödeme verwendet. Auf<br />
den Philippinen und in Thailand werden aus Blattfasern feine Stoffe gewoben.<br />
114
Stefanie Pichler, Roswitha Stieglmayer<br />
Tropische Früchte, Kräuter und Gewürze<br />
Allgemeines: Die ersten Ananasfrüchte wurden von Kolumbus nach Europa gebracht und breiteten<br />
sich von da schnell über die gesamten Tropen aus. Haupterzeugungsländer sind heute Thailand, die<br />
Philippinen, Brasilien und Indien. Pro Jahr werden etwa 370.000 t exportiert. Der größte Teil der<br />
produzierten Menge wird in den jeweiligen Ländern frisch verzehrt. Von der Ananas existieren viele<br />
Kulturformen, die sich durch unterschiedlichen Geschmack und Verwendungszweck auszeichnen. Die<br />
wichtigsten Sortengruppen sind „Smooth Cayenne“ für die Konservenindustrie, „Queen“ mit kleinen<br />
schmackhaften Früchten für den Frischverzehr, sowie „Abacaxi“ mit einem süßen, aromatischen<br />
Fruchtfleisch.<br />
5.2.5 Caricaceae: Melonenbaumgewächse<br />
PAPAYA, MELONENBAUM (CARICA PAPAYA)<br />
Namen: tree melon (E), fruta bomba (S), papayer (F)<br />
Früchte: Unterschiedlich große, bis zu mehrere Kilo schwere, länglich-ovale, an Melonen erinnernde<br />
Beeren. Das Fruchtfleisch ist gelblich bis orange oder rot gefärbt und enthält im Inneren der<br />
Fruchthöhlung zahlreiche grünschwarze, scharf schmeckende Samen.<br />
Verbreitung: Heimisch in Mittelamerika und den karibischen Inseln. Die Papaya wurde wegen ihrer<br />
zahlreichen nützlichen Eigenschaften schon zur vorkolumbianischen Zeit kultiviert. Früh gelangte der<br />
Baum als Obstpflanze nach Afrika und Asien. Heute ist er weltweit in den Tropen verbreitet.<br />
Nutzwert: Besonders beliebt ist die reife Papaya, die reich an den Vitaminen A, B und C ist, als<br />
Frischobst. Zur Intensivierung des Aromas wird das Fruchtfleisch häufig mit Limettensaft beträufelt.<br />
Der Geschmack der Papaya variiert je nach Sorte stark. Wegen des weichen Fruchtfleisches ist die<br />
Frucht nur bedingt haltbar. Aus den Früchten lassen sich hervorragend Obstsalate herstellen. Sie<br />
können aber auch zu Konserven, Marmeladen, Eiscremen, Eingelegtem oder Gelees verarbeitet<br />
werden. Papayasaft und –nektar wird aus den geschälten Früchten gewonnen.<br />
Im unreifen Zustand kann die Papaya als Gemüse gekocht, wie Kürbis gegessen werden. In<br />
Südostasien isst man die jungen Blätter wie Spinat. Die grüne Frucht enthält im Milchsaft das<br />
eiweißspaltende Enzym Papain. Das Papain einiger Sorten kann bis zu 35mal sein Eigengewicht an<br />
Fleisch verdauen und wird daher als Wurmmittel und bei Verdauungsstörungen eingesetzt. In der<br />
Industrie benutzt man das Papain zum Gerben von Leder und zur Herstellung nicht einlaufender<br />
Wolle.<br />
5.2.6 Convolvulaceae: Windengewächse<br />
BATATE, SÜßKARTOFFEL (IPOMOEA BATATAS)<br />
Namen: sweet potato (E), batate (S), camote (S), patate douce (F)<br />
Verbreitung: Die Art ist ursprünglich in den Gebirgen des nördlichen Südamerikas sowie in<br />
Mittelamerika beheimatet. Bereits in vorkolumbianischer Zeit gelangte die Art in die pazifische<br />
Region. Heute ist die Art in den Tropen und Subtropen als Kulturpflanze weit verbreitet.<br />
Nutzwert: Die Batate produziert eine stärkehaltige Wurzelknolle mit hohem Nährwert. In vielen<br />
Regionen sind die Knollen ein sehr wichtiges Grundnahrungsmittel. Sie werden darüber hinaus zu<br />
Chips, Nudeln und Mehl verarbeiten. Man unterscheidet mehr als 1.000 Sorten, die sich durch Form,<br />
Farbe, Größe und Geschmack unterscheiden. Das Innere der Knolle kann weiß, gelb, orange, violett<br />
oder rötlich gefärbt sein. Die Süßkartoffeln können wie normale Kartoffeln angebaut und geerntet<br />
werden. Außer den Knollen werden auch die Blätter als eiweißreiches Gemüse gegessen.<br />
Allgemeines: Die Weltproduktion der Batate beträgt mehr als 150 Mio. Tonnen. Haupterzeugerländer<br />
sind China, Vietnam und Indonesien. Die Kulturdauer der meisten Speisesorten beträgt fünf Monate.<br />
Die Knollen enthalten bis zu 30 % Stärke und etwa 10 % Zucker. Der süßliche Geschmack kommt<br />
dadurch zustande, dass durch das Kochen ein Teil der Stärke in Maltose umgewandelt wird.<br />
Rotfleischige Sorten enthalten viel Beta-Karotin. Die Süßkartoffeln sind nach der Ernte etwa zwei<br />
Monate lagerfähig. Abfälle der Pflanze werden als Viehfutter verwendet.<br />
115
Stefanie Pichler, Roswitha Stieglmayer<br />
5.2.7 Euphorbiaceae: Wolfsmilchgewächse<br />
MANIOK, KASSAVE, TAPIOKA (MANIHOT ESCULENTA)<br />
Tropische Früchte, Kräuter und Gewürze<br />
Namen: manioc (E, F), casaba (S), cassava (S), mandioca (S), yuca (S), yuca dulce (S)<br />
Verbreitung: Die Art ist ursprünglich in Brasilien beheimatet. Bereits in vorkolumbianischer Zeit war<br />
die Maniokpflanze vom südlichen Mexiko bis nach Brasilien und Bolivien verbreitet. Als wichtige<br />
Kulturpflanze ist Maniok heute weltweit in den Tropen anzutreffen.<br />
Nutzwert: Maniok ist eine der wichtigsten Nahrungsmittelpflanzen der Welt. Die stärkehaltigen<br />
Wurzelknollen, die bis zu 30 % der Trockensubstanz an Stärke enthalten, können ein Gewicht von bis<br />
zu 5 kg erreichen. Die Früchte werden gekocht und dann gebraten, gemahlen oder zur Gewinnung von<br />
Stärke weiterverarbeitet. Aus dem befeuchteten und mit Hitze behandelten Mehl entsteht das<br />
sagoähnliche Tapioka. Der Milchsaft kann gekocht und dann zum Würzen von Soßen verwendet<br />
werden.<br />
Allgemeines: Die Knollen enthalten wie alle Pflanzenteile das bitterschmeckende Glukosid<br />
Linamarin, aus dem Blausäure freigesetzt werden kann. Durch Erhitzen wird dieses Gift zerstört.<br />
Unter den Weltnahrungspflanzen nimmt Maniok die sechste Stelle ein. Hauptproduktionsländer sind<br />
Brasilien, Thailand und Indonesien. Exportiert wird vor allem die Maniokstärke. Maniok ist besonders<br />
für die feuchten Tropen eine sehr wertvolle Pflanze, da sie sehr anspruchslos und einfach zu<br />
kultivieren ist und auch auf ausgelaugten Böden noch gedeiht. Die Knollen können über Monate im<br />
Boden verbleiben, ohne zu verderben.<br />
In Südamerika wird Maniok als „yuca“ bezeichnet. Die Pflanze steht jedoch in keiner<br />
verwandtschaftlichen Beziehung zur Yuccapalme (Yucca elephantipes).<br />
5.2.8 Fabaceae: Schmetterlingsgewächse<br />
GUABA, AFFENSCHWANZ-INGA (INGA EDULIS)<br />
Namen: icecream-beans (E), guaba (S), caite (S)<br />
Frucht: Die hängenden Fruchte der Affenschwanz-Inga sind bis zu mehr als 1 m lange und etwa 4 cm<br />
breite, zylindrische, tief längsgefurchte, oft gedrehte und gebogene, fein samtig behaarte, matte<br />
braungrüne Hülsen. Ihre Schale ist hart ledrig und etwa 2mm dick. Im Inneren finden sich langbohnenförmige<br />
Samen mit glänzend rotbrauner Schale, die bis 5,5 x 2,5 x 1,2 cm messen, von einer<br />
weißen, festen Haut umgeben und in eine weiße, saftig-schwammige, süße, aromatische Pulpe<br />
eingebettet sind.<br />
Verbreitung: Der Bau wird im gesamten feucht-tropischen Amerika bis in Höhen von 1800 m<br />
kultiviert.<br />
Nutzwert: Essbarer Teil der Frucht ist die süße Pulpa, die meist roh verzehrt wird und einen sehr<br />
erfrischenden Geschmack hat. Die Affenschwanz-Inga wird, ebenso wie andere kultivierte Inga-Arten,<br />
vor allem als Schattenbaum an Straßen, in Hausgärten und in Kaffeeplantagen angebaut.<br />
Verwandte Arten: Ähnliche essbare Hülsen tragen die wesentlich kleineren Bäume der I. ingoides<br />
(L.C.Rich). Willd.; daneben werden als Nahrungsmittel vor allem die flachen, nicht gefurchten Hülsen<br />
der I. feuillei DC. geschätzt.<br />
5.2.9 <strong>La</strong>uraceae: Lorbeergewächse<br />
AVOACADOBAUM (PERSEA AMERICANA)<br />
Namen: avocado pear (E), aguacate (S) avocatier (F)<br />
Früchte: Aus den zahlreichen Blüten entstehen nur wenige birnenförmige Beeren. Frucht je nach<br />
Sorte bis maximal 20 cm lang und etwa 10 cm breit. Die Farbe der Früchte variiert von dunkelgrün bis<br />
schwarzviolett. Jede Frucht enthält einen großen kugeligen Samen. Das gelblichgrüne Fruchtfleisch ist<br />
wegen des hohen Fettgehaltes cremig. Die Früchte einiger Kultursorten erreichen ein Gewicht von bis<br />
zu 1 kg.<br />
Verbreitung: Die ursprüngliche Heimat des Avocadobaumes liegt wahrscheinlich in Mittelamerika.<br />
Heute ist die Art als Nutzpflanze in den gesamten Tropen verbreitet.<br />
Nutzwert: Als Lieferant der Avocadofrüchte, ist der Avocadobaum ein wichtiges Nutzgehölz. Die<br />
Früchte werden roh verzehrt und zu Salaten und anderen Gerichten verarbeitet. Meistens wird das<br />
116
Stefanie Pichler, Roswitha Stieglmayer<br />
Tropische Früchte, Kräuter und Gewürze<br />
Fruchtfleisch mit Limonensaft beträufelt, gesalzen und ausgelöffelt. In Mexiko und Guatemala wird<br />
das Fruchtfleisch püriert und mit Knoblauch, Zwiebeln und Gewürzen abgeschmeckt und als<br />
„guacamole“ serviert. Aus dem Fruchtfleisch stellt man auch Milchshakes und Eiscremen her. Das<br />
sehr hochwertige Öl, welches aus den Früchten gewonnen wird, benutzt man zur Produktion von<br />
Kosmetika und Haarpflegemitteln sowie als Speisöl. Die Frucht ist sehr reich an Proteinen, Vitaminen<br />
und an ungesättigten Fettsäuren. Der Fettgehalt des Fruchtfleisches kann bis zu 30 % betragen.<br />
Allgemeines: Die Avocado gehört zu den sehr alten Kulturpflanzen der Menschheit. Funde beweisen,<br />
dass sie bereits ab 7.500 vor Christus kultiviert wurde. Der Name der Frucht geht auf das aztekische<br />
Wort „auacatl“ zurück.<br />
Die Gattung Persea besteht aus mehr als 150 Arten. Wirtschaftlich von Bedeutung ist ausschließlich<br />
P. americana. Haupterzeugungsländer sind Mexiko, die USA, Brasilien und die Dominikanische<br />
Republik. Die Avocados, die auf den europäischen Markt gelangen, stammen hauptsächlich aus Israel<br />
und Südafrika.<br />
Bei den Avocadobäumen gibt es zwei blütenbiologische Varianten, die sich durch den Zeitpunkt der<br />
Fruchtbarkeit unterscheiden. Um die Bestäubung zu ermöglichen, müssen beide Typen immer<br />
zusammen angepflanzt werden.<br />
Maniok (Manihot esculenta)<br />
Avocado (Persea Americana)<br />
Papaya (Carica papaya)<br />
5.2.10 Lecythidaceae: Deckeltopfbäume<br />
PARANUSSBAUM (BERTHOLLETIA EXCELSA)<br />
Name: brazil nut (E), castaña (S)<br />
Früchte: 10 – 20 cm große, kugelige oder abgeflachte, holzige Kapselfrüchte, die bis zu 2 kg schwer<br />
werden können. Im Inneren befinden sich 12 – 24 dreikantige Samen, die von einer sehr harten Schale<br />
umgeben sind.<br />
Verbreitung: Der Paranussbaum ist in Südamerika im Tiefland des Amazonas und Orinoko heimisch.<br />
Er wächst dort an Standorten, die nie vom Fluss überschwemmt werden („terra firme“).<br />
Nutzwert: Die als Nüsse bezeichneten Samen sind sehr wohlschmeckend und haben einen hohen<br />
Handelswert. Sie enthalten 65 % Fett, 17 % Eiweiß und 9 % Kohlenhydrate. Aus den Samen wird ein<br />
sehr hochwertiges Speiseöl gewonnen. Das Öl wird in der Kosmetikindustrie bei der Herstellung von<br />
Seife verwendet.<br />
Allgemeines: Die Früchte, die 15 Monate zum Reifen benötigen, werden fast ausschließlich von wild<br />
wachsenden Bäumen gesammelt. Wegen der komplizierten Bestäubungsbiologie durch eine bestimmte<br />
Bienenart und der langen Kulturdauer bis zum Ertrag (10 bis 25 Jahre), wird der Baum nur selten in<br />
Plantagen angepflanzt. Hauptproduzent von Paranüssen ist Brasilien, von wo jährlich rund 40.000 t<br />
exportiert werden. Der Paranussbaum liefert ein gutes Beispiel für die ökologische Nutzung des<br />
tropischen Tieflandregenwaldes. Ein Baum produziert pro Jahr etwa 300 Früchte, die 30 – 50 kg<br />
Samen liefern. Die abgefallenen Früchte werden eingesammelt. Die Arbeit ist nicht ungefährlich, da<br />
die herabfallenden, bis zu 2 kg schweren Früchte die Sammler leicht töten können.<br />
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Stefanie Pichler, Roswitha Stieglmayer<br />
5.2.11 Malvaceae: Malvengewächse<br />
KAKAOBAUM (THEOBROMA CACAO)<br />
Tropische Früchte, Kräuter und Gewürze<br />
Namen: chocolate tree (E) cacao dulce (S), cacao (S, F)<br />
Früchte: Elliptisch bis eiförmig, 15 – 30 cm lang und bis 10 cm breit. Die Frucht kann bei Vollreife<br />
rot, gelb, violett oder braun gefärbt sein. Im Inneren enthält sie ein weißes, süßes, verschleimendes<br />
Fruchtfleisch (Pulpa), in das 30 – 60 braune Samen eingebettet sind.<br />
Verbreitung: Heimisch vom südlichen Mexiko bis ins nördliche Südamerika.<br />
Nutzwert: Aus den Samen wird der Kakao hergestellt, der bereits bei den Azteken, Inkas und Mayas<br />
ein beliebtes Getränk war. Nach dem Fermentieren und Rösten wurde der Kakao, der als das „Getränk<br />
der Götter“ bezeichnet wird, mit Honig und Vanille gewürzt getrunken. Der letzte Aztekenkönig<br />
Montezuma soll täglich 50 Tassen Kakao getrunken haben. Im Reich der Azteken wurden die<br />
Kakaosamen als Geld benutzt. 1000 Bohnen entsprachen zur damaligen Zeit etwa drei Golddukaten.<br />
Die Samen werden zu Kakaopulver, Kakaobutter und Schokolade verarbeitet. Die Kakaobutter wird<br />
auch in der Kosmetikindustrie und für die Herstellung von Arzneimitteln (Salbengrundlage, Zäpfchen)<br />
verwendet.<br />
Das Fruchtfleisch kann als Obst gegessen oder zu Erfrischungsgetränken und Süßspeisen verarbeitet<br />
werden.<br />
Allgemeines: Die Gattung ist mit 22 Arten im tropischen Amerika verbreitet. Das Wort Kakao leitet<br />
sich vom Indianerwort cachoatl ab. Der von Carl von Linné eingeführte Gattungsname Theobroma<br />
bedeutet Götterspeise. Die ersten Kakaofrüchte wurden 1528 von Cortés nach Europa gebracht.<br />
Nach der Ernte werden die Samen aus der Frucht entfernt und in Haufen bei 47 °C fermentiert. Die<br />
Fermentation ist für die Entwicklung des Kakaogeschmackes von entscheidender Bedeutung. Danach<br />
werden die Samen gewaschen, getrocknet und gemahlen. Dabei wird etwa die Hälfte des Fettes als<br />
Kakaobutter abgepresst. Diese wird vor allem zu Schokolade weiterverarbeitet.<br />
Rund 80 % der Weltproduktion stammen heute aus Afrika. In Mittelamerika wird neben T. cacao auch<br />
T. bicolor kultiviert, der sich von der beschriebenen Art durch die netzartig strukturierte Oberfläche<br />
der Früchte unterscheidet.<br />
5.2.12 Mimosaceae: Mimosengewächse<br />
TAMARINDE (TAMARINDUS INDICA)<br />
Namen: tamarindo (S), tamarinde (F), tamarinier des indes (F), ambli (Ind.), chinch (Ind.)<br />
Frucht: Längliche, gewellte Hülsen, 7 – 20 cm lang, mit brüchiger Fruchtwand, außen hellbraun bis<br />
rotbraun gefärbt. Die ovalen, harten Samen sind in ein dunkelbraunes, säuerlich aromatisch<br />
schmeckendes Fruchtfleisch eingebettet.<br />
Verbreitung: Die ursprüngliche Heimat des Tamarindenbaumes ist das tropische Ostafrika und das<br />
westliche Asien. Heute ist der Baum in den gesamten Tropen verbreitet.<br />
Nutzwert: Die Früchte werden als Obst gegessen. Aus den unreifen Früchten bereitet man Chutneys.<br />
In anderen Gebieten werden die unreifen Früchte als Gemüse gekocht. Das Fruchtfleisch der reifen<br />
Früchte wird zusammen mit Zucker zu Süßigkeiten verarbeitet. Ferner verwendet man es für die<br />
Zubereitung von Sirup, Speiseeis und als Zusatz für Soßen (Worcestershire-Soße) und<br />
Erfrischungsgetränke. Zusammen mit anderen Gewürzen nimmt man es zum Würzen von Suppen. In<br />
der Karibik wird das reife Fruchtfleisch oft mit Holzasche vermischt und so gegessen. Die Holländer<br />
nennen dieses Gemisch “Kake pushi” (Katzenexkrement). In Asien werden die Samen geröstet und als<br />
Kaffee-Ersatz verwendet. Das reife Fruchtfleisch wird in der Hausmedizin als mildes Abführmittel<br />
benutzt. Ferner wird es bei Husten und Entzündungen im Rachenraum verabreicht. Das Holz des<br />
Tamarindenbaumes ist sehr hart und wird als Bauholz und für die Herstellung von Werkzeuggriffen<br />
benutzt. Wegen seiner großen Wärmeentfaltung eignet sich das Holz sehr gut als Brennholz.<br />
Allgemeines: Das reife Fruchtfleisch ist reich an Tartarsäure, die wahrscheinlich für die abführende<br />
Wirkung des Fruchtfleisches verantwortlich ist. Die Samen enthalten geleeartiges Pektin und werden<br />
industriell verwertet.<br />
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Stefanie Pichler, Roswitha Stieglmayer<br />
5.2.13 Moraceae: Maulbeergewächse<br />
BROTFRUCHTBAUM (ARTOCARPUS ALTILIS)<br />
Tropische Früchte, Kräuter und Gewürze<br />
Namen: breadfruit (E), fruta de pan (S)<br />
Früchte: Grüne Sammelfrüchte, 25 – 30 cm lang und etwa 1 kg schwer, raue Oberfläche. Das<br />
Fruchtfleisch ist weiß und bei der Reife mehlig weich. Samen kastanienartig, in Kulturformen<br />
normalerweise weggezüchtet.<br />
Verbreitung: Die Heimat des Brotfruchtbaumes liegt in Polynesien und auf den Sunda-Inseln. Als<br />
Frucht- und Ziergehölz ist A. altilis in allen Gebieten der warmen Tropen anzutreffen.<br />
Nutzwert: Die Brotfrucht wird reif als Obst und unreif als Gemüse gegessen. Das Fruchtfleisch wird<br />
gekocht, frittiert oder gebacken. In der südpazifischen Region werden Scheiben der Brotfrucht in<br />
Erdöfen geröstet. In Malaysia werden sie in Sirup gebacken. In Polynesien werden die Früchte in<br />
Erdöfen gebacken und bis zu einem Monat aufbewahrt. Durch Gärung entsteht ein Art Käse, der als<br />
“poi” bezeichnet wird. Reife Früchte werden getrocknet und zu Mehl vermahlen oder zu Chips<br />
verarbeitet. Die Samen, die ein kartoffelähnliches Aroma haben, kann man auf verschiedenste Weise<br />
kochen, rösten oder frittieren. In Westafrika stellt man aus ihnen einen Brei her.<br />
Das gelbliche Holz benutzt man für die Herstellung von Möbeln und im Bootsbau. Auf Hawaii werden<br />
die traditionellen Trommeln, die bei Hula-Tänzen benutzt werden, aus Stammabschnitten angefertigt.<br />
Allgemeines: Der Brotfruchtbaum wurde 1793 in Jamaika eingeführt. Vier Jahre zuvor wurde Kapitän<br />
Bligh beauftragt, 1.000 Brotfruchtbäume vom malaiischen Archipel nach Mittelamerika zu bringen.<br />
Die Früchte sollten zur Ernährung der Sklaven dienen. Berühmt geworden ist diese Reise durch die<br />
Meuterei auf dem Schiff Bounty: Kapitän Bligh verwendete das Trinkwasser um die Bäumchen damit<br />
zu gießen und sicher ans Ziel zu bringen. Jedoch musste er dadurch die Wasserration der Besatzung<br />
kürzen, wofür diese natürlich kein Verständnis zeigte und meuterte.<br />
Vom Brotfruchtbaum existieren samenlose Varianten, die oft einen anderen Namen tragen. Ein Baum<br />
produziert pro Jahr etwa 40 kg reife Früchte.<br />
BROTNUSSBAUM (BROSIMUM ALICASTRUM)<br />
Name: breadnut (E), osh (E), apomo (S), mojote (S)<br />
Früchte: Kugelige, fleischige Beeren mit bis zu 2,5 cm Durchmesser. Bei Vollreife verfärbt sich die<br />
Frucht von Braun zu Grüngelb oder Orange. Jede Frucht enthält einen 1 – 1,5 cm großen kugeligen<br />
Samen.<br />
Verbreitung: Heimisch von südlichen Mexiko bis nach Venezuela und Ecuador. Der Brotnussbaum<br />
ist auch in Kuba und Jamaika beheimatet.<br />
Nutzwert: Der Samen der reifen Frucht ist stärkehaltig und wird im Verbreitungsgebiet gekocht oder<br />
geröstet mit Honig gegessen. Zu Mehl gemahlen dienen die Samen zum Strecken von Maismehl. Die<br />
Blätter verwendet man als Viehfutter. Wie bei anderen Brosimum-Arten wird auch bei B. alicastrum<br />
der Milchsaft als pflanzliche Milch genutzt. Die Milch, die man aus dem angeschnittenen Stamm oder<br />
aus ausgepressten Schösslingen gewinnt, erzielt auf Märkten in Guatemala hohe Preise. Sie wird als<br />
Heilmittel bei Magenproblemen und bei Asthma eingenommen. Die nahe verwandte Art B. utile<br />
(Kuhmilchbaum) liefert große Mengen Milchsaft, der wie Kuhmilch getrunken werden kann. Alle<br />
Brosimum-Arten liefern ein hochwertiges Holz, das zur Herstellung von Möbeln verwendet wird.<br />
Allgemeines: Die Gattung besteht aus 13 Arten und gehört zu der großen Familie der<br />
Maulbeergewächse. Weitere wichtige Nutzpflanzen der Familie sind die Essfeige (Ficus carica), die<br />
Brotfrucht (Artocarpus sp.), der Hopfen (Humulus lupulus) sowie der Canabishanf (Cannabis sativa).<br />
Der <strong>La</strong>tex einiger Feigenarten wurde früher zur Kautschukherstellung genutzt. Die<br />
Kautschukproduktion aus Feigen hat jedoch nie den Stellwert des Kautschukbaumes (Hevea<br />
brasiliensis) erreicht.<br />
5.2.14 Musaceae: Bananengewächse<br />
BANANE (MUSA-ARTEN)<br />
Namen: banana (E), banana (S), bananier (F)<br />
Früchte: Aus jeder Blüte entwickelt sich eine längliche, gekrümmte Beerenfrucht, 5 – 30 cm lang und<br />
bis zu 7 cm breit. Die äußere, fleischige und glatte Fruchtwand ist gewöhnlich gelb oder auch rot. Die<br />
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Stefanie Pichler, Roswitha Stieglmayer<br />
Tropische Früchte, Kräuter und Gewürze<br />
Frucht enthält ein mehliges Fruchtfleisch (Pulpa), in welches die kleinen braunen Samen eingebettet<br />
sind. Bei Kulturbananen sind die Früchte samenlos.<br />
Verbreitung: Die Gattung Musa stammt aus den asiatischen Tropen von Indien über den malaiischen<br />
Archipel bis nach Neuguinea, Australien und Samoa. Heute wird sie weltweit in den Tropen als<br />
Nutzpflanze kultiviert.<br />
Nutzwert: Abgesehen von Frischverzehr und der Verwendung in Obstsalaten werden Bananen auf<br />
verschiedenste Weisen genutzt. Sie können gebacken und gebraten werden oder zusammen mit<br />
Limettensaft und Zucker zu einem Gelee verkocht werden. Im Polynesien wird Bananenbrei mit<br />
Kokosmilch und Limettenblättern als aromatisches Getränk serviert. Die reifen Früchte wickelt man in<br />
Helikonienblätter ein und lässt sie in Erdlöchern fermentieren. Das „Masi“ genannte Produkt diente<br />
früher in Notzeiten als Nahrungsmittelreserve. Getrocknete Bananen können zu Mehl vermahlen oder<br />
als Bananenfeigen gegessen werden.<br />
In Afrika stellt man aus Bananen nach Vergärung Bier und Wein her.<br />
Allgemeines: Die Gattung besteht aus etwa 60 Arten. Von der Banane existieren zahlreiche<br />
Kulturformen. Alle Obst- und Mehlbananen gehen auf M. acuminata und M. balbisiana zurück. Die<br />
Banane gelangte bereits im ersten Jahrtausend vor Christus nach Afrika und um 1500 nach Amerika.<br />
Bananen stellen einen sehr wichtigen Beitrag zur Welternährung dar. Die größten Produzenten sind<br />
Brasilien, Ecuador und Mexiko. Bei uns gelangen fast ausschließlich Obstbananen in den Handel.<br />
Häufig gehandelte Sorten sind zum Beispiel „Giant Cavendisch“ oder „Gros Michel“. Die Bananen<br />
werden unreif geerntet, bei 12 – 14 °C transportiert und im Zielland mit Ethylen zur Reife gebracht.<br />
Aus der Textilbanane (M. textillis) wir der sogenannte Manilahanf hergestellt.<br />
KOCHBANANE, MEHLBANANE (MUSA ACUMINATA X M. BALBISIANA)<br />
Namen: plantain (E), starchy banana (E), platano (S)<br />
Früchte: Gebogene oder gerade, bei Reife gelbe oder braune Beerenfrüchte. Bei den Kulturformen<br />
werden keine Samen ausgebildet. Die Kochbananen können kurz, kantig und dick oder lang und<br />
gerade geformt sein.<br />
Verbreitung: Die Kochbanane stammt aus Südostasien.<br />
Nutzwert: Koch- und Mehlbananen werden gekocht als Gemüse, gebraten oder frittiert gegessen.<br />
Unreife Früchte werden im Allgemeinen in Scheiben geschnitten und wie Kartoffeln frittiert und als<br />
Beilage serviert. Man verwendet sie in Suppen und verarbeitet sie zu Chips, Flocken und Mehl. Das<br />
Mehl wird vor allem für die Zubereitung von Schonkost verwendet. In reifem Zustand werden sie<br />
häufig frittiert und mit Honig und Sahne als Süßspeise gegessen. In Afrika wird aus den Mehlbananen<br />
ein Bier hergestellt.<br />
Allgemeines: Die Kochbanane hat auf dem Weltmarkt eine viel geringere Bedeutung als die<br />
Dessertbanane. Sie ist außerhalb der Tropen als Nahrungsmittel kaum bekannt. Sie unterscheidet sich<br />
von der Dessertbanane durch den höheren Gehalt an Stärke (30 %). Hauptproduzenten von<br />
Kochbananen sind Uganda, Kolumbien und Ruanda.<br />
5.2.15 Myrtaceae: Myrtengewächse<br />
AMAZONAS-GUAVE, ARAZÁ (EUGENIA STIPITATA)<br />
Namen: arazá (S), guayaba del amayonas (S), pichi (S)<br />
Früchte: Aromatisch, kugelig, etwa apfelgroß, bei Reife gelb. Das Fruchtfleisch ist sehr weich, saftig<br />
und schmeckt fruchtig-säuerlich.<br />
Verbreitung: Die Amazonas-Guave ist in Bolivien, Brasilien und Peru heimisch.<br />
Nutzwert: Die Früchte mit dem säuerlichen Aroma sind sehr gut für die Zubereitung von Fruchtsäften<br />
geeignet. Die Frucht ist sehr empfindlich gegenüber Druck, und deshalb für den Transport über<br />
längere Strecken ungeeignet. Nach Erhitzen verliert das Fruchtfleisch das intensive Aroma<br />
vollständig.<br />
Allgemeines: In Costa Rica und in Peru wird sie in Plantagen kultiviert. Peru exportiert ein<br />
Konzentrat des Fruchtfleisches nach Europa und in die USA.<br />
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Stefanie Pichler, Roswitha Stieglmayer<br />
Tropische Früchte, Kräuter und Gewürze<br />
COSTARIKANISCHE GUAVE, CAS (PSIDIUM FRIEDRICHSTHALIANUM)<br />
Namen: Costa Rican guava (E), arrayán (S), cas (S), guayaba agria (S)<br />
Früchte: Kugelig, grün oder grüngelb, etwa 3 – 5 cm groß. Fruchtfleisch weiß, sehr aromatisch mit<br />
zahlreichen kleinen, harten Samen.<br />
Verbreitung: Die costaricanische Guave ist von Nicaragua bis nach Panama beheimatet. Als<br />
Nutzpflanze wird der Baum jedoch in der gesamten mittelamerikanischen Region angepflanzt.<br />
Nutzwert: Die reifen Früchte sind hervorragend für die Zubereitung von Erfischungsgetränken<br />
geeignet. Dazu werden die Früchte mit Zucker und Wasser oder Milch gemixt und kalt serviert. Das<br />
Fruchtfleisch wird industriell für die Produktion von Eiscremes, Marmeladen und<br />
Erfrischungsgetränken verwendet.<br />
Allgemeines: Die delikate Frucht ist bislang fast ausschließlich in Costa Rica und Nicaragua<br />
erhältlich.<br />
GUAVE, GUJAVABAUM (PSIDIUM GUAJVA)<br />
Namen: guayaba (S), guayava (S), guayaba perulera (S)<br />
Früchte: Fleischige, etwa 10 cm Durchmesser erreichende Beeren, die sich bei Reife von grün nach<br />
gelb verfärben. In das rosa- oder gelbfarbene, mehlige Fruchtfleisch sind viele kleine, harte Samen<br />
eingebettet.<br />
Verbreitung: Heimisch von Mexico bis Ecuador und Brasilien. Heute in den gesamten Tropen und in<br />
den Subtropen als Obstbaum angepflanzt und zum Teil bereits verwildert.<br />
Nutzwert: P. guajava hat als Obstgehölz wichtige überregionale Bedeutung. Die Früchte, die reich an<br />
Vitamin A, B und C sowie Eisen und Calcium sind, werden bevorzugt zu Marmeladen, Speiseeis,<br />
Gelees und Fruchtsäften verarbeitet. Darüber hinaus dienen die Früchte zur Herstellung von Wein und<br />
Likör. Auf den Antillen werden die halbierten Früchte mit Schale zu einem Sirup verkocht.<br />
Guavenpaste wird von verschiedenen Ländern für die Herstellung von Speiseeis oder Joghurt<br />
exportiert. Die Früchte für den Handel stammen sowohl von Wildbäumen als auch aus Plantagen. Als<br />
Obst können die Früchte auch frisch verzehrt werten. Ein Extrakt der Blätter wird in der Volksmedizin<br />
bei Verdauungsstörungen und zur Stillung von Blutungen verabreicht.<br />
WASSERAPFEL, APFELJAMBUSE (SYZYGIUM MALACCENSE)<br />
Namen: Malay apple (E), manzana de agua (S), jambosier rouge (F)<br />
Früchte: Birnenförmig, etwa 8 – 12 cm lang. Außen sind die Früchte rosa und innen weiß gefärbt.<br />
Das Fruchtfleisch ist schwammig und duftet leicht nach Rosenblüten. Die saftige Frucht schmeckt<br />
süßlich, hat aber nur wenig Aroma. Die Früchte reifen vor allem während der Regenzeit in den<br />
Monaten Juni und Juli.<br />
Verbreitung: Die Art ist in Südostasien heimisch. Als Nutzpflanze wird der Baum in den gesamten<br />
feuchten Tropen angepflanzt.<br />
Nutzwert: Die Früchte der Apfeljambuse werden frisch gegessen oder zu Konserven verarbeitet.<br />
Leicht unreife Früchte benutzt man für die Zubereitung von Gelees, Pickles und Soßen. Auf Puerto<br />
Rico wird aus den Früchten ein roter und weißer Wein hergestellt. Dazu wird der Saft mit Zucker und<br />
Hefe versetzt und sechs bis zwölf Monate in Fässern gelagert. In Indonesien werden die Blüten und<br />
die jungen Blätter als Gemüse gegessen. Zur Reifezeit werden die Früchte oft auf Obstmärkten<br />
angeboten.<br />
5.2.16 Oxalidaceae: Sauerkleegewächse<br />
KARAMBOLE, STERNFRUCHT (AVERRHOA CARAMBOLA)<br />
Name: carambola (S), pepino de indias (S), carambolier (F)<br />
Früchte: Bis 12 cm lang, eiförmig, gelb, stark gerippt.<br />
Verbreitung: Die Heimat der Karambole liegt in Südostasien. Als Zier- und Obstgehölz ist die Art in<br />
vielen tropischen Ländern verbreitet.<br />
Nutzwert: Die Früchte, die reich an Kalium und Vitamin A sind, werden entweder frisch gegessen<br />
oder zu Säften, Marmeladen und Obstsalaten verarbeitet. Die im Querschnitt sternförmigen<br />
Fruchtscheiben werden zum Garnieren von Salaten, Desserts und Cocktails benutzt. In verschiedenen<br />
Ländern kocht man die Karambole zusammen mit Äpfeln, Zucker und Gewürznelken als Kompott. In<br />
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Stefanie Pichler, Roswitha Stieglmayer<br />
Tropische Früchte, Kräuter und Gewürze<br />
vielen Ländern wie China, Indonesien und Australien bereitet man die Karambole als Gemüse zu.<br />
Gekochte unreife Früchte serviert man oft als Beilage zu Fischgerichten und <strong>La</strong>ngusten. Zusammen<br />
mit Meerrettich, Sellerie, Essig und Gewürzen lässt sich ein schmackhaftes Relish zubereiten. Die<br />
Früchte senken den Blutzuckerspiegel und werden daher bei Diabetes eingesetzt. Den Saft kann man<br />
zum Säubern von Metall und zum Entfernen von Flecken verwenden.<br />
5.2.17 Passifloraceae: Passionsblumengewächse<br />
MARACUJA (PASSIFLORA EDULIS)<br />
Namen: passionfruit (E), granadilla (S), grenadille (F)<br />
Früchte: Hühnereigroße, ovale oder kugelige Beerenfrüchte. Fruchtschale fest, je nach Varietät gelb<br />
oder purpur gefärbt. Diese umgibt ein Saftbläschengewebe (Pulpa) mit zahlreichen Samen, welches<br />
sehr saftig ist und einen sehr aromatischen sauren oder süßsäuerlichen Geschmack hat. Die Pflanzen<br />
produzieren das ganze Jahr über Früchte.<br />
Verbreitung: Die Maracuja ist in Paraguay, dem nördlichen Argentinien und im südlichen Brasilien<br />
heimisch. Sie wird heute weltweit in den Subtropen und Tropen angebaut.<br />
Nutzwert: Man unterscheidet die beiden Varianten P. edulis var. flavicarpa und var. edulis. Erstere,<br />
die man auch als Purpur-Granadilla bezeichnet, wird überwiegend frisch gegessen. Die zweite<br />
Variante, die man als Gelbe Granadilla bezeichnet, hat größere, aromatischere und deutlich saurere<br />
Früchte. Dies benutzt man vor allem für Fruchtsäfte. Die Samen können mitgegessen werden. Der<br />
Maracujasaft ergibt gemischt mit Orangen- und Ananassaft ein hervorragendes Erfischungsgetränk.<br />
Mit Zucker zu einem Sirup verkocht dienen die Früchte für die Zubereitung von Fruchtsuppen, Soßen,<br />
Eiscreme und Desserts. In Costa Rica wird aus den Früchten ein Wein („parchita seca“) hergestellt.<br />
Viele Passiflora-Arten enthalten das Glykosid Passiflorin, welches eine sedative (beruhigende)<br />
Wirkung hat.<br />
Die Gelbe Granadilla ist durch den hohen Gehalt an Zitronensäure saurer als die purpurne Varietät.<br />
Die vitaminreichen Früchte enthalten überdurchschnittlich viel Niacin und Riboflavin.<br />
Costarikanische Guave, Cas<br />
(Psidium friedrichsthalianum)<br />
Wasserapfel, Apfeljambuse<br />
(Syzygium malaccense)<br />
Maracuja (Passiflora edulis)<br />
5.2.18 Poaceae: Süssgräser<br />
MAIS (ZEA MAYS)<br />
Namen: corn (E), maiz (S), elote (S), maïs (F)<br />
Früchte: Maiskolben mit zahlreichen parallelen Reihen von Samen, die erst weich sind und später<br />
aushärten. Die Färbung der Samen reicht von gelb, rosa, bläulich über rot bis hin zu violett.<br />
Verbreitung: Die genaue Herkunft des Mais ist nicht mehr nachvollziehbar. Die Heimat liegt jedoch<br />
wahrscheinlich in Mexiko, anderen Quellen zufolge im westlichen Südamerika. Heute ist der Mais als<br />
wichtige Kulturpflanze weltweit verbreitet.<br />
Nutzwert: Der Mais gehört, neben dem Weizen, der Kartoffel und dem Reis, zu den bedeutendsten<br />
Stärkelieferanten für die Weltbevölkerung. Er wird zu Maismehl oder zu einem hochwertigen Speiseöl<br />
verarbeitet. In Mittel- und Südamerika werden oft gekochte oder geröstete unreife Maiskolben als<br />
„elote“ oder „milho“ angeboten. Aus Maismehl stellt man die bekannten Maisfladen („tortillas“) her.<br />
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Stefanie Pichler, Roswitha Stieglmayer<br />
Tropische Früchte, Kräuter und Gewürze<br />
Aus vielen Maissorten werden entweder schwach alkoholische Getränke, wie zum Beispiel „chicha“,<br />
oder auch hochprozentiger Alkohol hergestellt.<br />
Allgemeines: Z. mays gehört zu den ältesten Kulturpflanzen der Menschheit. In Mittelamerika wird<br />
seit mehr als 8.000 Jahren Mais in zahllosen Sorten angebaut. Der Mais ist in seinem Fortbestand als<br />
domestizierte Art völlig auf den Menschen angewiesen, da Wildarten nicht mehr existieren. Eine nahe<br />
verwandte Wildform des Mais ist das sogenannte Teosinte, ein Gras, das in Teilen Mexikos, Honduras<br />
und Guatemalas wächst. Zu präkolumbianscher Zeit war der Mais die wichtigste Nahrungspflanze und<br />
Grundlage für die Hochkulturen der Inkas, Mayas und Azteken. Durch jahrtausendelange Selektion<br />
sind viele Varietäten des Mais entstanden. Es gibt heute Sorten, die in 444 m Meereshöhe am<br />
Titicacasee wachsen und andere, die im feuchten tropischen Klima auf Meeresniveau gedeihen.<br />
Durch Kolumbus gelangte der Mais zu Beginn des 16. Jahrhunderts nach Europa.<br />
REIS (ORYZA SATIVA)<br />
Namen: rice (E), arroz (S), riz (F)<br />
Früchte: Die Samen ähneln in der Form den Grassamen. Die beiden wichtigsten Arten sind Indica<br />
und Japonica. Indica-Sorten sind überwiegend tropisch verbreitet und haben lange, schmale Körner,<br />
während Japonica-Sorten ausschließlich in den Subtropen angepflanzt werden. Diese zeichnen sich<br />
durch eine geringere Wuchshöhe und ovale bis runde Samen aus.<br />
Verbreitung: O. sativa stammt wahrscheinlich aus dem tropischen Südostasien. O. glaberrima ist im<br />
tropischen Westafrika beheimatet.<br />
Nutzwert: Der Reis ist eine der wichtigsten Nahrungsmittelpflanzen. Für mehr als die Hälfte der<br />
Weltbevölkerung gehört der Reis zur täglichen Ernährung. Das Reiskorn besteht bis zu 80 % aus<br />
Stärke.<br />
Aus den Reismühlen anfallenden Abfällen werden Öl, Wachs und ein eiweißreiches Futtermehl<br />
gewonnen. Die Schalen werden für Bauplatten sowie als Polier- und Brennmaterial genutzt.<br />
Allgemeines: Der Reis ist eine uralte Kulturpflanze, die weltweit in den Tropen mit verschiedenen<br />
Arten beheimatet ist. Die ältesten Reisfunde werden auf etwa 2.300 Jahre vor Christus datiert und<br />
stammen aus Indien. Im <strong>La</strong>uf der jahrtausendelangen Domestikation sind unzählige Reissorten<br />
entstanden, die den unterschiedlichsten Ansprüchen gerecht werden. Der Reis zeichnet sich dadurch<br />
aus, dass er im Gegensatz zu anderen Nahrungsmittelpflanzen auch in flach mit Wasser bedeckten<br />
Böden gedeiht. Man unterscheidet in der Kultur vor allem den Nass- und den Trockenreis. Letzterer<br />
kann auch in überfluteten Böden gedeihen, benötigt jedoch keine ständige Überflutung. Der Nassreis<br />
ist optimal für den Anbau in Überschwemmungsgebieten, wie zum Beispiel in Flussdeltas, geeignet.<br />
Ein erheblicher Teil der Welternte wird auf Trockenland produziert. Die Erträge des Trockenreises<br />
liegen etwas unter denen des Nassreises.<br />
Über 90 % der Weltproduktion stammen aus Asien. Die größten Reisproduzenten sind China, Indien,<br />
Indonesien und Bangladesch. Auf dem amerikanischen Kontinent sind die USA und Brasilien die<br />
Hauptproduzenten.<br />
5.2.19 Proteaceae: Proteusgewächse<br />
MACADAMIANUSS (MACADAMIA INTEGRIFOLIA)<br />
Name: Australia nut (E), macademia nut (E), macadamia (S)<br />
Früchte: Kugelige, 1,5 – 2,5 cm große Balgfrüchte. Die zunächst grüne, glatte Fruchtschale, die sich<br />
bei Reife braun verfärbt, umschließt einen einzelnen, weißen oder cremefarbenen Samen<br />
(Macadamianuss).<br />
Verbreitung: Heimisch in Ostaustralien. Die Macadamianuss wird in zahlreichen subtropischen und<br />
tropischen Ländern angebaut.<br />
Nutzwert: Die Samen werden als sehr hochwertige Nüsse verkauft. Sie werden maschinell geschält,<br />
in Pflanzenöl geröstet, gesalzen und verpackt. Man kann die Samen auch roh essen. Lokal wird aus<br />
ihnen ein Öl gepresst, welches für Salat verwendet wird. Früher wurde aus den Kernen ein Getränk<br />
hergestellt, das als Mandelkaffee angeboten wurde.<br />
Allgemeines: Der Ölgehalt der Macadamianüsse beträgt etwa 70 – 75 %. Sie sind reich an einfach<br />
ungesättigten Fettsäuren. 100 g Nüsse haben einen Energiegehalt von etwa 700 kcal.<br />
Ein Großteil der Nüsse stammt aus Australien. Neuerdings gibt es neue Plantagen im Süden der USA,<br />
Mittelamerika und Zimbabwe.<br />
123
Stefanie Pichler, Roswitha Stieglmayer<br />
Tropische Früchte, Kräuter und Gewürze<br />
Die Gattung besteht aus zehn Arten. In Australien wird auch M. tetraphylla als Nutzpflanze angebaut.<br />
Die Früchte benötigen etwa 6 – 7 Monate bis zur Reife. Man sammelt sie vom Boden auf und lässt sie<br />
dann sechs Wochen trocknen, bevor sie weiterverarbeitet werden.<br />
5.2.20 Rubiaceae: Krappgewächse<br />
KAFFEESTRAUCH (COFFEA ARABICA)<br />
Namen: coffee (E), café (S, F)<br />
Früchte: Rund oder oval, bei Reife dunkelrot gefärbte Steinfrüchte (Kaffeekirschen). Die äußere<br />
ledrige Fruchtwand umschließt ein saftiges Fruchtfleisch, in das ein oder meist zwei einseitig<br />
abgeflachte Samen (Kaffeebohnen) eingebettet sind.<br />
Verbreitung: Die Heimat von C. arabica liegt im östlichen Afrika.<br />
Nutzwert: Aus den Kaffeebohnen, die 1 – 3 % Koffein enthalten, wird der Kaffee hergestellt.<br />
Gepflückt werden nur die vollreifen Früchte. Ein geübter Pflücker kann etwa 50 kg Früchte pro Tag<br />
ernten. Danach wird das Fruchtfleisch entfernt. Dies geschieht entweder durch Trockenen (15 – 25<br />
Tage) und anschließendem Entfernen der äußeren Fruchtschichten oder durch das sogenannte „Nasse<br />
Verfahren“. Dabei wird das Fruchtfleisch maschinell von den Samen getrennt. Danach müssen die<br />
Kaffeebohnen noch von der Pergamenthaut, die die Samen umgibt, befreit werden. Anschließend<br />
gelangt der grüne Kaffee als Rohkaffee in den Export. Für die Entwicklung des Kaffeearomas muss<br />
der Rohkaffee bei 200 – 250 °C geröstet werden.<br />
Allgemeines: Etwa drei Viertel (74 %) der weltweiten Kaffeeproduktion stammen von C. arabica<br />
(Arabica-Kaffee). Hauptproduzenten von Kaffee sind Brasilien, Kolumbien, die Elfenbeinküste und<br />
Indonesien. Der Kaffee gelangte gegen Ende des 16. Jahrhunderts nach Westeuropa. Heute werden<br />
jährlich mehr als 6 Mio. t Kaffee produziert.<br />
5.2.21 Rutaceae: Rautengewächse<br />
BITTERORANGE (CITRUS AURANTIUM)<br />
Namen: sour orange (E), najanja amarga (S), khatta (Ind.)<br />
Früchte: Kugelige oder ovale, 7 – 9 cm große, orangefarbene Zitrusfrucht. Die Schale ist dick und<br />
unregelmäßig geformt. Die Frucht schmeckt sehr bitter. Das Fruchtfleisch ist in 10 – 12 Segmente<br />
unterteilt und schmeckt sauer.<br />
Verbreitung: Die Bitterorange ist in Südostasien heimisch. Sie wird seit etwa 1.000 Jahren in Italien<br />
kultiviert.<br />
Nutzwert: Die Früchte sind sehr sauer und werden nur selten als Obst gegessen. In Mexiko isst man<br />
die Früchte jedoch mit Salz und scharfer Chilipaste. In Spanien benutzt man den Saft zum Würzen von<br />
Fischgerichten. In Ägypten wird aus dem fermentierten Saft ein Wein hergestellt. Aus dem<br />
Fruchtfleisch und Schalenstücken lässt sich eine sehr schmackhafte Marmelade bereiten. Die<br />
Bitterorange ist für diesen Zweck die am besten geeignete Zitrusfrucht. Aus der Fruchtschale wird ein<br />
aromatisches Öl gewonnen, welches als Aromatikum für Speiseeis, Süßigkeiten, Backwaren,<br />
Erfrischungsgetränke und Kaugummi verwendet wird. Das Öl ist ein wichtiger Bestandteil bitterer<br />
Liköre wie z.B. Curaçao. Aus den Blüten wird ebenfalls ein Öl (Neroliöl) gewonnen, welches<br />
unverzichtbarer Rohstoff in der Parfümindustrie (Eau de Cologne) ist. Aus den Blättern wird das<br />
Petitgrainöl gewonnen, welches in Nahrungsmitteln zum Verstärken des Fruchtgeschmackes<br />
verwendet wird.<br />
In der Volksmedizin wird der Saft zum Desinfizieren von Wunden benutzt.<br />
Allgemeines: Der Baum ist von Arabern im 9. Jh. nach Europa gebracht worden. Mit den<br />
Konquisatoren gelangt er im 16. Jh. nach Amerika.<br />
GRAPEFRUIT (CITRUS X PARADISI)<br />
Namen: toronja (S)<br />
Früchte: kugelige oder leicht abgeflachte, gelbe Beerenfrüchte. Die Schale ist relativ dünn. Das<br />
blassgelbe, rosafarbene oder rote und sehr saftige Fruchtfleisch, welches in 11 – 14 Segmente<br />
gegliedert ist, besteht aus zahlreichen Saftschläuchen. Der Geschmack der reifen Frucht ist<br />
süßsäuerlich mit leicht bitterem Nachgeschmack.<br />
124
Stefanie Pichler, Roswitha Stieglmayer<br />
Tropische Früchte, Kräuter und Gewürze<br />
Verbreitung: Die Kreuzung C x paradisi ist auf den Westindischen Inseln entstanden. Sie wird heute<br />
in vielen Ländern der warmen Tropen als Obstgehölz angebaut.<br />
Nutzwert: Die Früchte, die reich an Vitamin A und C sind, werden vornehmlich frisch verzehrt. Sie<br />
werden durchgeschnitten, mit etwas Zucker bestreuet und segmentweise ausgelöffelt. Die Segmente<br />
werden häufig in Obstsalaten verwendet. In Australien bereitet man aus der Frucht eine Marmelade zu.<br />
Die weiße Schicht, die das Fruchtfleisch umgibt, enthält Naringin. Dieser Stoff wird als bitterer<br />
Aromastoff für Getränke, Bitterschokolade und Speiseeis verwendet. Ferner wird daraus ein Süßstoff<br />
hergestellt, der etwa 1.500-mal süßer ist als Zucker.<br />
Allgemeines: Die Grapefruit wurde zuerst 1750 von Griffith Hughes auf Barbados beschrieben. In den<br />
letzten 75 Jahren hat die Bedeutung der Frucht extrem zugenommen und zählt heute zu einer der<br />
wichtigsten Tropfenfrüchte.<br />
Häufig wird die Grapefruit mit der Pampelmuse (C. maxima) verwechselt, von der sie abstammt. Die<br />
grünlichgelb gefärbte Pampelmuse, die aus Südostasien stammt, ist jedoch deutlich größer (10 – 30<br />
cm), und hat eine viel dickere Schale.<br />
KUMQUAT (FORTUNELLA MARGARITA)<br />
Namen: laranja de ouro (S), kin kuit (Ind.), chu tsu (Ind.)<br />
Früchte: Ovale oder runde Zitrusfrüchte, 2 – 4 cm lang, mit gelborange oder orangefarbener, glatter,<br />
süßlich schmeckender Fruchtschale. Das Fruchtfleisch ist in 3 – 6 Segmente gegliedert; saftig,<br />
aromatisch duftend, säuerlich.<br />
Verbreitung: Die Kumquat stammt aus dem südlichen China.<br />
Nutzwert: Die angenehm fruchtig schmeckenden Früchte werden frisch mit der Schale gegessen.<br />
Ganze Früchte können in Sirup eingelegt werden. Taiwan und China exportieren Kumquats in Dosen.<br />
Auf Märkten werden oft kandierte Kumquats verkauft. Die Früchte eignen sich hervorragend für die<br />
Zubereitung von Marmeladen. Als Pickles kocht man sie zusammen mit Sirup, Essig, Gewürznelken,<br />
Zimt und Zucker. Kumquatsoße bereitet man aus zerhackten Früchten zu, die mit Honig, Orangensaft,<br />
Salz und Butter gekocht werden.<br />
Allgemeines: Hauptproduzenten von Kumquats sind China, Japan, Brasilien, die USA und Israel. Die<br />
Gattung besteht aus sechs Arten, die alle in Ostasien heimisch sind.<br />
LIMETTENBAUM, MEXIKANISCHE LIMETTE (CITRUS AURANTIIFOLIA)<br />
Namen: lemon (E), Mexican lime (E), citron (S), lima (S), limon (S), limon criollo (S)<br />
Früchte: Runde, bis 6 cm Durchmesser erreichende Beerenfrüchte. Schale glatt oder leicht rau mit<br />
Öldrüsen. Bei Reife verfärbt sich die Frucht von grün nach gelb. Das Fruchtfleisch ist blassgrün und<br />
schmeckt säuerlich und sehr aromatisch.<br />
Verbreitung: Die Art ist wahrscheinlich in Südostasien beheimatet. Heute ist der Limonenbaum in<br />
den gesamten Tropen weit verbreitet und oft verwildert.<br />
Nutzwert: Die Früchte haben eine Vielzahl von Verwendungsmöglichkeiten. Sie werden unreif, vor<br />
allem zum Würzen von Speisen und Getränken, verwendet. Aus Limetten werden Gelees,<br />
Marmeladen und Süßspeisen hergestellt. In Indien werden sie als Pickles eingelegt. Mit Limettensaft<br />
wird in Süd- und Mittelamerika Fisch mariniert. Dieses Gericht wird als „ceviche“ bezeichnet. Dazu<br />
wird der Fisch zu Würfeln geschnitten und für mehrere Stunden zusammen mit Zwiebeln,<br />
Korianderblättern und Gewürzen im Limettensaft mariniert. Der Saft, der große Mengen Vitamin C<br />
(30 – 50 mg / 100 g) enthält, wird in der Volksmedizin als Mittel gegen Durchfall und zur<br />
Blutreinigung sowie bei Leberbeschwerden benutzt. Aus der Fruchtschale gewinnt man durch<br />
Destillation Limettenöl. Dieses wird als Aromastoffe für Speiseeis, Konfekt und andere Lebensmittel<br />
industriell verwertet.<br />
Allgemeines: Die Hauptanbaugebiete der Limette befinden sich in Mexiko und auf den karibischen<br />
Inseln. Zitrusfrüchte gehören zu den ältesten Obstarten, die in China bereits vor mehr als 2000 Jahren<br />
kultiviert wurden. Neben der Limette sind vor allem die Orange (C. sinensies), die Zitrone (C. limon)<br />
und die Mandarine (C. reticulata) von großer wirtschaftlicher Bedeutung.<br />
125
Stefanie Pichler, Roswitha Stieglmayer<br />
5.2.22 Sapindaceae: Seifenbaumgewächse<br />
AKEE, AKIPFLAUME (BLIGHIA SAPIDA)<br />
Tropische Früchte, Kräuter und Gewürze<br />
Namen: vegetable brain (E), akee de Africa (S), fruta de huevo (S), abre fricasse (F)<br />
Früchte: Birnenförmig mit drei Ausbuchtungen, 7 – 8 cm Durchmesser. Die Frucht verfärbt sich bei<br />
Reife von rosa nach gelb. Bei Reife platzt sie mit drei Klappen auf und präsentiert drei glänzende,<br />
schwarze Samen, die an einem fleischigen, blassgelben Arillus haften.<br />
Verbreitung: Die Art ist in Westafrika heimisch. Als Zier- und Obstpflanze ist die Akipflaume in<br />
vielen tropischen Ländern verbreitet. Besonders häufig ist der Baum in Jamaika, wo er die<br />
Nationalfrucht ist.<br />
Nutzwert: Der Arillus der reifen, geöffneten Früchte ist essbar und ein weit verbreitetes Obst.<br />
Allerdings ist der Zeitpunkt der Ernte wichtig. Unreife oder zu früh geerntete Früchte, sowie die<br />
Samen, sind stark giftig. Jedes Jahr kommt es zu mehreren fatalen Vergiftungsfällen. Die Früchte<br />
werden als Konserven exportiert. Die schmackhaften Fürchte serviert man in Jamaika auch als<br />
Gemüsebeilage zusammen mit Zwiebeln und Tomaten zu Fisch. In Salzwasser gekocht schmeckt der<br />
Arillus ähnlich wie Rührei.<br />
In Afrika benutzt man die unreifen Früchte als Fischgift.<br />
Allgemeines: Die Gattung Blighia ist nach dem englischen Seemann Kapitän Bligh, besagter Kapitän,<br />
der die Meuterei auf der Bounty heraufbeschwor, benannt.<br />
Eine verwandte Art ist die Litchi (Litchi chinensis), die aus dem südlichen China stammt und wegen<br />
ihrer schmackhaften, süßsauren Früchte bekannt ist.<br />
Zu der gleichen Familie gehört Paullinia cupana, aus der das Guaraná hergestellt wird. Dieses<br />
Getränk wirkt wegen seines Koffeingehaltes sehr anregend und ist in Brasilien ein verbreitetes<br />
Erfrischungsgetränk.<br />
RAMBUTAN (NEPHELIUM LAPPACEUM)<br />
Namen: rass butan (E), rambutan (S), Mamón chino (S)<br />
Frucht: Die runden bis ovalen Rambutan-Früchte wachsen in bis zu 25 m langen, hängenden,<br />
verzweigten Fruchtständen. Die Einzelfrüchte sind sehr kurz und dick gestielt, bis 7 x 5 cm groß, erst<br />
grün, dann gelb und orange, zur Reife kräftig rot bis schwärzlich rot und 15 – 100 g schwer. Ihre etwa<br />
2 mm dicken, derben, kahlen, leicht zu lösenden Schalen sind dicht mit abstehenden, bis zu 2 cm<br />
langen, dünnen, an der Spitze meist leicht hakigen, weichen Stacheln besetzt, die der Frucht ihren<br />
Namen verleihen (malaiisch / indonesisch „rambut” = Haare). Unter der Schale findet sich der essbare,<br />
glasig-weiße, manchmal leicht rötliche, saftige Samenmantel, der von angenehm süßsaurem,<br />
aromatischem Geschmack und fester, kirschähnlicher Konsistenz ist. Fest an dem Fruchtfleisch haftet<br />
ein länglicher, ovaler, etwa 3 x 1,2 cm großer Same mit bräunlicher oder weißlicher Schale. Dicht<br />
neben der voll entwickelten Schale sitzen oft 1 – 2 verkümmerte, winzige Früchte.<br />
Verbreitung: Die Art ist in den Tieflandregenwäldern der Malaiischen Halbinsel heimisch und wird<br />
in Südostasien weithin kultiviert. In geringerem Umfang wird auch in Indien, auf Sri <strong>La</strong>nka und den<br />
Philippinen, in Nordaustralien, Ostafrika und in Mittel- und Südamerika angebaut.<br />
Nutzwert: Rambutan zählt zu dem beliebtesten Obst Südostasiens. Seine Früchte werden<br />
überwiegend aus der Hand gegessen. Die ungenießbare Schale lässt sich leicht entfernen, wenn sie mit<br />
einem Messer aufgeschlitzt wird. Sie haftet nicht an dem essbaren und sehr schmackhaften<br />
Fruchtfleisch. Geschälte und entkernte Früchte werden mit Zucker gekocht als Dessert gegessen oder<br />
zu Marmelade und Gelee verarbeitet. Die Samen haben ein bitter-nussiges Aroma und sind roh<br />
schwach giftig; auf den Philippinen werden sie geröstet verzehrt. Der Wurzelsud wird zum Senken<br />
von Fieber verwendet, Breiumschläge aus den Blättern zur Behandlung von Kopfschmerzen. Aus den<br />
Samen wird Talg für die Herstellung von Seife und Kerzen gewonnen.<br />
126
Stefanie Pichler, Roswitha Stieglmayer<br />
Tropische Früchte, Kräuter und Gewürze<br />
Akipflaume (Blighia sapida)<br />
Links: Rambutan<br />
(Nephelium lappaceum)<br />
Roberts Fruitgarden; Roberts<br />
Schwiegertochter beim Zubereiten<br />
verschiedenster tropischer Gemüse- und<br />
Obstsorten die anschließend genüsslich<br />
von uns verspeist wurden.<br />
5.2.23 Sapotaceae: Breiapfelgewächse<br />
GROßE SAPOTE (POUTERIA SAPOTA)<br />
Namen: mammee apple (E), marmelade fruit (E), chacal (S), zapote (S), grand sapotillier (F)<br />
Früchte: Die runde, ovale bis zugespitzt eiförmige, einsamige Beere ist bis zu 20 cm lang und 8 cm<br />
breit. Ihre 1,5 mm dicke, derbe Schale ähnelt Wildleder; sie ist rau und von brauner Farbe, zur<br />
Vollreife mit leichter Rottönung. Das Fruchtfleisch weist reif eine kräftige orangerote Färbung auf. Es<br />
ist sehr saftig, von weicher, breiig-faseriger Konsistenz, fruchtigem Geruch und sehr süßem<br />
Geschmack. Der karamellfarbige, bis 10 x 3 cm große Samen hat eine harte, holzige, glatte, stark<br />
glänzende, kastanienbraune Schale und einen für die Breiapfelgewächse charakteristischen breiten,<br />
leicht rauen, hell bräunlichen Längssteifen (Hilum). Der kurze, kräftige Stiel sitzt mit einer etwa 1,2<br />
cm breiten, runden Scheibe an der Frucht. Er ist wie die Fruchtschale braun und rau.<br />
Verbreitung: Der Baum ist im feucht-tropischen Tiefland vom südlichen Mexiko bis Nicaragua<br />
beheimatet. Er wird auch auf den Karibischen Inseln und in Südamerika kultiviert und seltener in<br />
Südostasien, vor allem auf den Philippinen, angebaut.<br />
Nutzwert: Die Große Sapote ist ein in Mittelamerika und auf den Karibischen Inseln hoch geschätztes<br />
Obst. Das reife, weiche Fleisch vollreifer Früchte wird aus der Schale gelöffelt. Es kann zur<br />
Herstellung von Marmelade oder püriert mit Wasser oder Milch als Saft getrunken und in Süßspeisen<br />
verarbeiten werden. Auch der Kern des Samens ist essbar. Er wird, gekocht, geröstet und mit Kakao<br />
gemischt, bei der Schokoladenherstellung verwendet oder gemahlen als Zutat in Konfekt gegeben.<br />
Unreife Früchte enthalten viel Gerbsäure, sind stark adstringierend und ungenießbar.<br />
5.2.24 Solanaceae: Nachtschattengewächse<br />
LULU-FRUCHT, NARANJILLA (SOLANUM QUITOENSE)<br />
Namen: naranjilla (S, E), lulo (S)<br />
Früchte: Kugelige, etwa 5 cm große, orange gefärbte Beerenfrüchte. Die Frucht ist mit feinen<br />
braunen Haaren besetzt. Bei Früchten, die auf den Märkten angeboten werden, sind die Haare meist<br />
entfernt worden.<br />
Verbreitung: Die Naranjilla ist in den Anden Kolumbiens und Ecuadors heimisch. Als Nutzpflanze<br />
ist die Art in verschiedenen Ländern Mittel- und Südamerikas verbreitet.<br />
Nutzwert: Die sehr aromatischen und etwas säuerlich schmeckenden Früchte sind hervorragend für<br />
die Zubereitung von Fruchtsäften und Marmeladen geeignet. Die Schale der Frucht muss zuvor<br />
entfernt werden, da sie leicht giftig ist. Der Fruchtsaft kann nicht lange aufbewahrt werden, da er sich<br />
bei Kontakt mit der Luft rasch braun verfärbt. Die Früchte werden für Eiscreme, Soßen und Kompott<br />
verwendet. In Kolumbien wird aus den Früchten ein Wein hergestellt.<br />
127
Stefanie Pichler, Roswitha Stieglmayer<br />
Tropische Früchte, Kräuter und Gewürze<br />
5.3 TROPISCHE KRÄUTER UND GEWÜRZE<br />
5.3.1 Apiaceae: Doldenblütler<br />
CULANTRO (ERYNGIUM FOETIDUM)<br />
Namen: fit weed (E), spirit weed (E), cilantro (S), culantro (S), azier la fièvre (F)<br />
Blätter: In grundständiger Rosette, Blattspreite lanzettlich oder spatelförmig, dünn, glänzend.<br />
Verbreitung: Die Art kommt vom südlichen Mexiko bis Bolivien und Brasilien vor. In Florida und in<br />
den Tropen Asiens und Afrikas wurde E. foetidum eingeführt und ist dort oft verwildert.<br />
Nutzwert: Die Blätter werden in der Region frisch als Gewürz verwendet, vor allem zum Würzen von<br />
Fischgerichten, Salaten, Suppen und Eintöpfen. Die Blätter haben einen sehr intensiven<br />
charakteristischen, herben Geschmack. In der Volksmedizin werden Auszüge aus der Pflanze zur<br />
Anregung des Appetits und gegen Erkältungen angewendet.<br />
Allgemeines: Die Blätter von E. foetidum, die im Geschmack Korianderblättern ähneln, haben einen<br />
hohen Gehalt an Calcium, Eisen und Riboflavin.<br />
Neben dem Culantro werden auch die Blätter des Korianders (C. sativum) zum Würzen von Speisen<br />
verwendet. Die Samen, die reich an ätherischen Ölen sind, werden unreif geerntet und in der Sonne<br />
getrocknet.<br />
5.3.2 Asteraceae: Korbblütler<br />
SAFLOR (CARTHAMUS TINCTORIUS)<br />
Namen: safflower (E), càrtamo (S), alazor (S), carthame (F)<br />
Blüten: In endständigen orangeroten oder gelben Köpfchen, die aus zahlreichen, dicht gedrängt<br />
stehenden Einzelblüten bestehen und den Eindruck einer einzelnen Blüte hervorrufen.<br />
Verbreitung: Der Saflor stammt aus Vorderasien. Er wird dort seit dem Altertum angebaut. Erst ab<br />
1948 ist der Saflor zu wirtschaftlicher Bedeutung angelangt.<br />
Nutzwert: Ursprünglich wurden die Blüten zum Färben von Speisen und Stoffen benutzt. Saflor wird<br />
heute noch im Mittelmeergebiet und in Indien als „Wilder Safran“ verwendet. Vorübergehend wurde<br />
das aus den Samen gewonnene Öl für die Herstellung von Farben verwendet. Es trocknet schnell und<br />
dunkelt nicht nach. Heute wird das Öl überwiegend als Speiseöl genutzt. Die gerösteten Samen<br />
werden als Nüsse gegessen. Die jungen Triebe isst man gedünstet als Gemüse. Stachellose Sorten<br />
dienen als Viehfutter.<br />
Allgemeines: Das Öl der Samen, die etwa 30 – 48 % Öl enthalten, besteht zu 73 % aus Linolsäure.<br />
Als die gesundheitliche Bedeutung der Linolsäure bekannt wurde, stieg die Produktionsmenge von<br />
Safloröl sprunghaft an. Hauptproduzenten sind Mexiko und Indien. Die Gesamtproduktion aller<br />
Länder beträgt etwa 900.000 t. Die Produktionsflächen werden ständig ausgebaut. Neuerdings wird<br />
der Saflor auch in Spanien und Australien kultiviert. Die Pflanze benötigt für ein optimales Wachstum<br />
ein mediterranes Klima. Der relativ hohe Preis für das Safloröl resultiert aus den geringen Erträgen<br />
von nur etwa 600 kg pro Hektar Anbaufläche.<br />
5.3.3 Equisetaceae: Schachtelhalmgewächse<br />
SCHACHTELHALM (EQUISETUM ARVENSE)<br />
Namen: Zinnkraut, Ackerschachtelhalm<br />
Die Pflanze ist an Wegrändern, Dämmen, auf Wiesen und in Feuchtgebieten zu finden. Nur die ab Mai<br />
austreibenden grünen Stängel sind heilkräftig. Von ihnen werden die oberen zwei Drittel von Juni bis<br />
Oktober gepflückt. Der Schachtelhalm wirkt entwässernd. Die Pflanze wird auch in der Homöopathie<br />
verwendet.<br />
Inhaltsstoffe: Fast 8 % Kieselsäure, mineralische Bestandteile<br />
Anwendungen: Als Teeaufguss kommt der Schachtelhalm als Durchspülungstherapie bei<br />
Nierenentzündungen und Nierengrieß zur Anwendung. Bewährt hat sich auch der Einsatz bei<br />
128
Stefanie Pichler, Roswitha Stieglmayer<br />
Tropische Früchte, Kräuter und Gewürze<br />
rheumatischen Beschwerden und bei chronischem Husten. Als Wickel aufgelegt, zeigt die Pflanze<br />
unterstützende Wirkung bei der Wundheilung.<br />
5.3.4 <strong>La</strong>miaceae: Lippenblütler<br />
PFEFFERMINZE (MENTHA PIPERITA)<br />
Namen: mint (E)<br />
Die Pfefferminze ist eine Kreuzung aus grüner Minze und Wasserminze. Sie wird seit etwa 1780 in<br />
Deutschland kultiviert und gilt als eines der bewährtesten Heilmittel der Volksmedizin. Die Pflanze<br />
wird bis zu 80 cm hoch. Sie hat fast kahle, glänzende Stängel und gestielte Blätter. Die rötlich<br />
lilafarbenen Blüten stehen sehr dicht in ährenförmigen Blütenständen. Heilkräftig sind die<br />
Pfefferminzblätter. Die Heilpflanze wird auch in der Homöopathie (vor allem Erkältungskrankheiten)<br />
verwendet.<br />
Inhaltsstoffe: Ätherisches Öl (vor allem Menthol), Gerbstoffe (u.a. Rosmarinsäure), Flavonoide<br />
Anwendung: Die Pfefferminze besitzt eine krampflösende, entblähende und magenfreundliche<br />
Wirkung, und hilft deshalb bei krampfartigen Beschwerden im Bereich des Magen-Darm-Trakts (z.B.<br />
Blähungen), sowie bei Leber- und Gallenblasenerkrankungen.<br />
5.3.5 <strong>La</strong>uraceae: Lorbeergewächse<br />
CEYLONZIMT, ECHTER ZIMT (CINNAMOMUM ZEYLANICUM)<br />
Namen: cinnamon (E), canela (S), canelle (F)<br />
Verbreitung: Der Ceylonzimt stammt aus Sri <strong>La</strong>nka. Er wird heute in vielen tropischen Ländern<br />
angebaut.<br />
Nutzwert: Als Gewürz wird die geschälte und getrocknete Rinde des Stammes und der Zweige<br />
verwendet. Dazu nimmt man die Rinde von 6 – 8-jährigen Bäumen und deren ein- bis zweijährigen<br />
Stockausschlägen. Nach dem Trocknen rollt sich die Rinde zu engen Röhren auf. Zimt wird als<br />
vielseitiges Gewürz für Süßspeisen, Backwaren, Suppen und Getränken verwendet. Es ist eine<br />
wichtige Zutat für Curry-Gewürzmischungen und wird als Aromatikum in der Likör- und<br />
Parfümherstellung genutzt. Zimt ist in Form von Rindenstücken oder gemahlen erhältlich. Als<br />
Qualtitätsmerkmal gilt, dass die dünnsten Rindenstücke das feinste Aroma haben.<br />
Die unreifen und getrockneten Früchte werden ebenfalls als Gewürz („flores cassiae“) gehandelt.<br />
Allgemeines: Als Gewürz wird die Rinde von verschiedenen Cinnamomum-Arten genutzt. Der<br />
Ceylonzimt wird in sogenannten Zimtgärten, wie in Mitteleuropa die Korbweiden, angebaut. Im<br />
Welthandel hat der Chinesische Zimt (C. aromaticum) die größte Bedeutung. Er ist durch den höheren<br />
Gehalt an ätherischen Ölen im Aroma kräftiger als der Ceylonzimt. Das Gleiche gilt auch für den<br />
Padan- oder Brumazimt (C. burmannii) und den Saigonzimt (C. loureirii). In Europa wird der feine<br />
Geschmack des Ceylonzimts am meisten geschätzt.<br />
Der Zimt hat als Gewürz eine sehr lange Geschichte. In China soll er bereits im 3. Jahrtausend vor<br />
Christus bekannt gewesen sein. Das Zimtöl, welches aus dem Chinesischen Zimt gewonnen wird, war<br />
Bestandteil des Weihrauches, der in Tempeln verbrannt wurde. Es wurde auch zur Salbung des Hohen<br />
Priesters Aaron und seiner Söhne verwendet.<br />
5.3.6 Liliaceae: Liliengewächse<br />
ALOE VERA (A. VERA)<br />
Namen: Aloe vera<br />
Verwendete Teile: Bittersaft und Gel.<br />
Wirkstoffe: Bittersaft (Drogenbezeichung Aloe): Anthrachinon-Glykoside und freie Anthrachinone,<br />
Harze. Gel: Glucomannan, ein dem Guarmehl und Johanissbrotmehl ähnelndes Polysaccarid;<br />
angeblich auch Sterine; organische Säuren, Enzyme, antibiotische Substanzen, Aminosäuren,<br />
Saponine, Mineralstoffe.<br />
Anwendung: Die Aloe liefert zwei verschiedene Heilmittel: Der Saft wird gewonnen, indem man die<br />
Blätter unten abschneidet und den herausfließenden Saft auffängt. Das Gel wird extrahiert, indem man<br />
129
Stefanie Pichler, Roswitha Stieglmayer<br />
Tropische Früchte, Kräuter und Gewürze<br />
die ganzen Blätter zerquetscht. Der Saft ist ein stark wirksames Abführmittel und eignet sich kaum für<br />
medizinische Zwecke.<br />
Das Gel aber ist eine der bemerkenswertesten Heilsubstanzen, die man kennt. Lokal angewendet,<br />
fördert es die Regeneration der Haut und kann direkt auf Verbrennungen, auf Schnittverletzungen und<br />
Wunden gestrichen werden. Das käufliche Gel ist wegen der für die Extraktion benutzten scharfen<br />
Lösungsmittel oft unzuverlässig. Aloe lässt sich jedoch leicht als Zimmerpflanze halten.<br />
5.3.7 Myristicaceae: Muskatnussgewächse<br />
MUSKATNUSS (MYRISTICA FRAGRANS)<br />
Namen: nutmeg (E), nuez moscada (S), noix de muscade (F)<br />
Früchte: Einsamige, etwa aprikosengroße, gelbe, weichfilzige Beeren. Das derbe Fruchtfleisch öffnet<br />
sich zur Reife mit einem Längsriss und zeigt einen braunen Samen, der von einer glänzenden Schale<br />
und einem tiefroten, geschlitzten Samenmantel (Arillus) umgeben ist. Der Same wird<br />
fälschlicherweise als Nuss bezeichnet.<br />
Nutzwert: Die Samen sind ein bedeutendes Gewürz. In den Handel gelangen die von Samenschale<br />
und Samenmantel befreiten Samen. Sie werden vor dem Verkauf vier bis acht Wochen getrocknet und<br />
dann gekalkt. Die getrockneten Samenmäntel werden als Mazis bezeichnet. Man verwendet es als<br />
Gewürz für Nudelgerichte, Gemüse, Salat, Suppen und Backwaren (Lebkuchen). Durch Destillation<br />
erhält man aus den Samen das Muskatnussöl, welches in der Parfümindustrie verwendet wird. Das<br />
Fruchtfleisch wird in Südostasien zu Konfitüre verarbeitet oder süßsauer eingelegt.<br />
Allgemeines: Die Samen enthalten das ätherische Öl Myristicin, welches hauptsächlich für den<br />
einzigartigen Geschmack verantwortlich ist. In größeren Mengen genossen haben Muskatnüsse eine<br />
halluzinogene Wirkung und sind toxisch.<br />
Als Muskatnüsse werden die Samen von verschiedenen Myristica-Arten gehandelt. Aus Neuguinea<br />
stammt die Papua-Muskatnuss (M. argentea), die vor allem auf Celebes angebaut wird. Sie ist relativ<br />
weich und fettreich. Auf den Molukken wird M. succedanea (Halmahera-Muskatnuss) mit kleinen,<br />
aber sehr aromatischen Samen, kultiviert.<br />
Hauptanbaugebiet von Muskatnüssen sind Indonesien, Indien und die Westindischen Inseln.<br />
5.3.8 Myrtaceae: Myrtengewächse<br />
EUKALYPTUS (EUCALYPTUS GLOBULUS)<br />
Namen: blue gum (E), gum tree (E), eucalipto (S), ocalito (S)<br />
Blätter: Junge Blätter gegenständig, ungestielt, eiförmig. Blattspreite silbriggrau, 7 – 15 cm lang und<br />
bis zu 5 cm breit. Blätter an ausgewachsenen Bäumen wechselständig, lanzettlich, bis zu 30 cm lang<br />
und 5 cm breit.<br />
Verbreitung: Die Art ist in der Verbreitung auf Australien und Tasmanien beschränkt. Heute wird der<br />
Eukalyptus in den gesamten Tropen angepflanzt und ist vielerorts verwildert.<br />
Nutzwert: In erster Linie wird die Art als Holzlieferant genutzt. Der Baum ist sehr schnell wachsend<br />
und liefert gerade, lange Stämme. Das Holz ist hart und eignet sich sehr gut für Pfähle, Möbel und den<br />
Schiffsbau. Die Blätter enthalten, wie alle Pflanzenteile, ätherische Öle. Dieses Öl besteht bis zu 80 %<br />
aus Eucalyptol, welches eine antibiotische Wirkung hat. Aus diesem Grund wird es bei<br />
Atemwegserkrankungen und als Antiseptikum verwendet.<br />
Allgemeines: Die Gattung Eucalyptus besteht aus mehr als 500 Arten, die bis auf zwei Ausnahmen,<br />
alle aus Australien stammen. Fast alle Arten liefern dauerhafte und harte Hölzer. Die ätherischen Öle<br />
werden von der Kosmetik- und Pharmaindustrie für die Herstellung verschiedener Produkte<br />
verwendet. Eukalyptusbäume gehören zu den höchsten Bäumen der Welt. E. regnans kann bis zu 115<br />
m Höhe erreichen. Die Anpflanzung von E. globulus in vielen tropischen Ländern liefert zwar schnell<br />
viel Holz, bringt jedoch auch ökologische Probleme mit sich. Die Bäume verbrauchen sehr viel<br />
Wasser und verhindern dadurch in ihrem Bereich jeglichen anderen Bewuchs.<br />
130
Stefanie Pichler, Roswitha Stieglmayer<br />
5.3.9 Piperaceae: Pfeffergewächse<br />
PFEFFER (PIPER NIGRUM)<br />
Tropische Früchte, Kräuter und Gewürze<br />
Namen: pepper (E), pimienta (S), poivre (F)<br />
Früchte: Einsamige Steinfrüchte, die je nach Reifegrad grün oder rot gefärbt sind.<br />
Verbreitung: Der Pfeffer stammt aus dem südwestlichen Indien (Malabarküste).<br />
Nutzwert: Der Pfeffer ist eines der wirtschaftlich wichtigsten Gewürze. Er wird zum Würzen der<br />
verschiedensten Speisen verwendet. Pfefferkörner, die einen brennend scharfen Geschmack haben,<br />
werden ganz, geschrotet oder gemahlen angeboten. Grüner, unreifer Pfeffer wird viel in pikanten<br />
Soßen für Fleischgerichte benutzt. Grüner Pfeffer muss sofort nach der Ernte in Salzlake oder Öl<br />
aufbewahrt werden, da er sonst durch Oxidationsprozesse schnell braun wird. Schwarzer Pfeffer sind<br />
unreif geerntete Früchte, die durch den Trocknungsprozess eine schwarze Färbung und eine<br />
schrumpelige Oberfläche erhalten. Weißer Pfeffer wird aus reifen Früchten gewonnen, bei denen das<br />
Fruchtfleisch maschinell entfernt wird. Weißer Pfeffer ist im Allgemeinen aromatischer als Schwarzer<br />
Pfeffer.<br />
Allgemeines: Für den scharfen Geschmack des Pfeffers ist neben Aromastoffen das Säureamid<br />
Piperin verantwortlich, welches im Pfeffer zu 5 – 10 % enthalten ist. Die Weltproduktion an Pfeffer<br />
beträgt mehr als 200.000 t. Hauptexportländer sind Indonesien, Malaysia und Indien.<br />
Aloe vera geschält<br />
Viola sp. (Verwandte der Muskatnuss)<br />
5.3.10 Poaceae: Süssgräser<br />
LIMONENGRAS, SEREH (CYMBOPOGAN CITRATUS)<br />
Rechts: Pfeffer<br />
(Piper nigrum)<br />
Namen: fever gras (E), lemongras (E), citronella (S), hierba de limon (S)<br />
Verbreitung: Der Ursprung der Art ist unbekannt. Wahrscheinlich liegt die Heimat des<br />
Limonengrases im tropischen Amerika.<br />
Nutzwert: Die frischen Blätter werden für die Zubereitung eines aromatischen Tees verwendet. Für<br />
die Zubereitung des Tees genügen bereits wenige Blätter. Kalt wird der Tee als erfrischendes Getränk<br />
an heißen Tagen genossen. Darüber hinaus benutzt man die Blätter zum Würzen von Speisen. In<br />
Südostasien dienen die Blätter als Suppengewürz. Das ätherische Öl wird für Süßigkeiten, Eiscremes<br />
und in der Getränkeindustrie als Aromamittel verwendet. Ferner dient es zum Parfümieren von Seifen<br />
und Kosmetika. Getrocknet und gemahlen ist das Limonengras als Serehpulver im Handel. Es wird als<br />
Bestandteil von Gewürzmischungen verwendet. Die Pflanze hat als Naturheilmittel große Bedeutung.<br />
Der aus den Blättern bereitete Tee wird als fiebersenkendes und erkältungsmilderndes Mittel<br />
getrunken.<br />
Allgemeines: Die Blätter enthalten neben verschiedenen ätherischen Ölen vor allem 70 – 80 % Citral,<br />
welches vornehmlich für den zitronenartigen Geschmack verantwortlich ist. Aus dem Citral wird der<br />
künstliche Veilchenduftstoff gewonnen.<br />
131
Stefanie Pichler, Roswitha Stieglmayer<br />
5.3.11 Zingiberaceae: Ingwergewächse<br />
INGWER (ZINGIBER OFFICINALE)<br />
Tropische Früchte, Kräuter und Gewürze<br />
Namen: ginger (E), gengibre (S), gingembre (F)<br />
Verbreitung: Z. officinale ist in Indien heimisch. Als wichtige Arznei- und Würzpflanze wird die Art<br />
in den gesamten Tropen angepflanzt.<br />
Nutzwert: Von der Pflanze wird vor allem das Rhizom genutzt, welches als Ingwer in den Handel<br />
gelangt. Das Rhizom hat einen sehr scharfen, brennenden Geschmack, der auf den Gehalt von<br />
Zingeron und Gingerol zurückzuführen ist. Je nach Art der Vorbehandlung unterscheidet man weißen<br />
und schwarzen Ingwer. Man verwendet ihn roh als Gemüse und zum Würzen von Speisen. Ferner<br />
wird er zu Sirup verarbeitet und dient frisch oder getrocknet und gemahlen als Bestandteil von<br />
Chutneys und Curries. Man benutzt Ingwer zum Aromatisieren von Getränken wie Ginger Ale oder<br />
Ginger Beer. Ingwer wird frisch, als Pulver, kandiert oder als Extrakt (Resinoid) gehandelt. Die<br />
Rhizome werden häufig auf Kräutermärkten als Heilmittel verkauft. Zerdrückt und auf die Haut<br />
gerieben, oder als Tee getrunken, soll der Ingwer bei Husten und Erkältungskrankheiten lindernd<br />
wirken. Ferner wendet man Ingwer zur Behandlung von Zahn- und Magenschmerzen an.<br />
Allgemeines: Die Gattung Zingiber besteht aus 85 Arten, die alle im tropischen Asien und Australien<br />
beheimatet sind. Hauptproduzenten von Ingwer sind China und Indien, die zusammen etwa 16.000 t<br />
jährlich exportieren.<br />
KARDAMOM (ELETTERIA CARDAMOMUM)<br />
Namen: cardamom (E), cardamome (F)<br />
Früchte: Länglich-ovale, 15 – 20 mm große, dreifächrige Kapseln, die bei Reife mit drei Klappen<br />
aufspringen.<br />
Verbreitung: Heimisch in Südindien und auf Sri <strong>La</strong>nka. Kardamom wird heute in vielen tropischen<br />
Ländern angebaut.<br />
Nutzwert: Kardamom wird als ganze Frucht gehandelt. Die Samen, die das eigentliche Gewürz<br />
darstellen, verbleiben bis zur Verwendung in der Kapsel. Sie haben einen aromatischen Geruch und<br />
schmecken süßlich, kräftig würzig und brennend. Man verwendet Kardamom vor allem als Küchenund<br />
Kuchengewürz in der Weihnachtsbäckerei (Pfefferkuchen). Ferner wird es für die Zubereitung<br />
von Soßen, Marinaden, Obstspeisen und für die Herstellung von Wurst- und Fleischwaren benutzt.<br />
Das Gewürz ist ein wichtiger Bestandteil von Curry-Gewürzmischungen. In den arabischen Ländern<br />
wird es zum Würzen des Kardamom-Kaffees („Ghawa“) verwendet.<br />
Allgemeines: Kardamom ist eines der feinsten und nach Safran und Vanille eines der teuersten<br />
Gewürze. Im Handel unterscheidet man den Malabar-Kardamom und den Myore-Karadamom.<br />
Hauptproduzenten sind Indien, Guatemala und Sri <strong>La</strong>nka. Etwa 80 % der Welternte stammen aus den<br />
südindischen Staaten Goorg, Madras, Merala und Mysore.<br />
Kardamomfrüchte werden kurz vor der Reife geerntet und dann getrocknet.<br />
KURKUMA, GELBWURZ (CURCUMA LONGA)<br />
Namen: turmeric (E), curcuma (S, F)<br />
Verbreitung: Die Gelbwurzel stammt aus Südostasien. Sie wird heute weltweit in den Tropen, vor<br />
allem aber in Indien angebaut.<br />
Nutzwert: Das Rhizom wird getrocknet und gemahlen als Gewürz und Färbemittel benutzt. Es hat<br />
einen aromatischen, würzigen, ingwerartigen oder leicht brennend-bitteren Geschmack und ist<br />
leuchtend gelb bis orangerot gefärbt. Man verwendet es vor allem für Curry-Gewürzmischungen, in<br />
denen es ein wesentlicher Bestandteil ist. In England benötigt man Kurkuma zur Herstellung der<br />
Worcestershire-Soße. In vielen Ländern wird das Gewürz zum Färben von Lebensmitteln, wie Soßen<br />
oder Reis, verwendet. Früher benutzte man die Gelbwurzel auch zum Färben von Stoffen.<br />
Allgemeines: Das Kurkuma ist ein sehr wichtiges Gewürz. Allein in Indien werden jährlich etwas<br />
120.000 t produziert. Weitere Produktionsländer sind Guatemala, Thailand und Sri <strong>La</strong>nka. Man<br />
unterscheidet verschiedene Handelssorten, die als Chinesische, Indische, Javanische und Westindische<br />
Kurkuma bezeichnet werden. Die Rhizome enthalten bis zu 5 % ätherisches Öl, das vor allem aus<br />
Turmeron und Zingiberen besteht. Die intensive Färbewirkung beruht auf dem Farbstoff Curcumin.<br />
132
Stefanie Pichler, Roswitha Stieglmayer<br />
Tropische Früchte, Kräuter und Gewürze<br />
In Malaysia und auf Java wird auch die verwandte Art C. mangga angebaut. Die Rhizome dieser Art<br />
haben ein mangoähnliches Aroma und werden als Gewürz genutzt. Aus Indien stammt C. amada,<br />
welches überwiegend als Gewürz zum Einlegen von Gemüse (Pickles) verwendet wird.<br />
Die Pflanzen werden durch Rhizomstücke vermehrt und können ungefähr zehn Monate nach der<br />
Pflanzung geerntet werden.<br />
Literaturangaben<br />
BLANCKE, R., (2000): Farbatlas Exotische Früchte: Obst und Gemüse der Tropen und Subtropen;<br />
Verlag Eugen Ulmer GmbH & Co KG, Stuttgart<br />
EIDEN, A., et. al, (1999): Praxisbuch der Naturheilkunde: Natürlich Gesund von A bis Z; Südwest<br />
Verlag GmbH, München<br />
MOBEY, R., McINTYRE, M., (1989): Das neue BLV Buch der Kräuter; Gesundheit, Ernährung,<br />
Schönheit, BLV Verlagsgesellschaft, München, 16, 55, 70, 82, 141, 143, 191, 206, 278<br />
133
Barbara Lukasch, Gina Philipp<br />
Reptilien und Amphibien<br />
5.4 REPTILIEN UND AMPHIBIEN<br />
5.4.1 Einleitung<br />
Die Reptilien- und Amphibienarten Costa Ricas zählen zu den bestuntersuchten Mittelamerikas. Es<br />
wurden bis jetzt etwa 222 Reptilienarten und 174 Amphibienarten gefunden. Der Artenreichtum ergibt<br />
sich auch aus der geographischen <strong>La</strong>ge des <strong>La</strong>ndes, da es sehr heterogen ist und viele verschiedene<br />
Lebensräume besitzt. Diese reichen von Flachlandküstengebieten bis hin zu Bergregenwäldern. Ein<br />
weiterer Grund für den Reichtum an Amphibien und Reptilien in Costa Rica lässt sich aus der Vermischung<br />
und dem Zusammentreffen von Tierarten aus Nord- und Südamerika erklären.<br />
5.4.2 Ausgewählte Amphibien Costa Ricas<br />
ALLGEMEINES ÜBER AMPHIBIEN<br />
Die Amphibien, auch Lurche genannt, gehören stammesgeschichtlich einer sehr alten Gruppe von<br />
Wirbeltieren an, die den Sprung vom rein aquatischen Leben im Wasser in ein Leben an <strong>La</strong>nd vollzogen<br />
hat. Demnach wird angenommen, dass die Amphibien die Basis aller anderen heute vorkommenden<br />
höheren Wirbeltiere an <strong>La</strong>nd darstellen. Amphibien kommen auf allen Kontinenten vor, von den<br />
kalt-gemäßigten bis zu den tropischen Zonen. Doch ihre Abhängigkeit von Süßwasser begrenzt ihren<br />
Lebensraum. Auch Trockengebiete und kalte Hochgebirge sind nicht geeignet für die meisten Arten.<br />
Die Schleichenlurche (Blindwühlen) sind auf die Tropen Afrikas, Asiens und Amerikas beschränkt.<br />
Salamander und Molche sind mit einigen Ausnahmen vor allem holarktisch verbreitet und Froschlurche<br />
kommen in fast allen Erdteilen und auf vielen Inseln vor. Der Schwerpunkt der Artenvielfalt<br />
befindet sich in den subtropischen und tropischen Zonen, besonders hoch ist die Biodiversität in den<br />
Tropenwäldern <strong>La</strong>teinamerikas.<br />
Im Moment sind weltweit rund 6.000 Amphibienarten bekannt. Es werden aber auch immer noch<br />
neue, bisher nicht beschriebene Arten entdeckt. Man kann die Amphibien in drei Ordnungen und 48<br />
Familien unterteilen. Die Ordnung der Schwanzlurche oder Molche (Urodela, Caudata) umfasst 9%<br />
der Amphibienarten, die Schleichenlurche oder Blindwühlen (Gymnophiona) umfassen 3% der Arten<br />
und die Froschlurche (Anura, Ecaudata) kommen auf 88% der Amphibienarten.<br />
Amphibien besitzen zwei Gliedmaßenpaare, die gleich- oder unterschiedlich lang sind, in einigen Fällen<br />
können sie aber auch zurückgebildet sein (z.B. bei Schleichenlurchen). An jeder Hand befinden<br />
sich in der Regel vier Finger, an den Füßen je fünf Zehen. Je nach Körperbau bewegen sich Amphibien<br />
an <strong>La</strong>nd kletternd, springend, schreitend oder kriechend, im Wasser schwimmend und tauchend.<br />
Der Schädel von Amphibien ist eher flach und der Knochenbau ist oft reduziert. Vor allem bei den<br />
Froschlurchen fehlen deshalb unter anderem echte Rippen. Während Froschlurche um die acht Rückenwirbel<br />
besitzen, sind es bei den Schwanzlurchen, die eher eidechsenartig aussehen, zwischen 30<br />
und 100 Rückenwirbel.<br />
Die Zähne der Tiere, falls welche vorhanden sind, befinden sich in den Kiefernknochen und im<br />
Mundhöhlendach. Sie sind klein und wurzellos und erneuern sich ständig. Amphibien können zwischen<br />
weniger als einem Zentimeter (bei manchen Froscharten) und über anderthalb Meter (bei Riesensalamandern)<br />
groß sein.<br />
Ihre Haut ist dünn, nackt und verhornt, sie kann feucht und glatt oder trocken und warzig sein. In der<br />
Unterhaut befinden sich Schleim- und Giftdrüsen, aber auch Pigmentzellen. Die Haut ist sehr wichtig<br />
für die Atmung der Tiere, für den Schutz vor Infektionen und Feinden sowie für den Wasserhaushalt,<br />
da Amphibien nicht trinken, sondern durch die Haut Wasser aufnehmen. Dieses Wasser wird dann in<br />
Lymphsäcken unter der Haut und in der Harnblase gespeichert. Durch die Wand der Harnblase kann<br />
es dem Organismus später zugeführt werden. Amphibien sind wechselwarm und haben demnach keine<br />
konstante Körpertemperatur, ihre Temperatur passt sich einfach der Umgebungswärme an.<br />
Bei vielen Arten sind die Augen gut entwickelt, da sie wichtig für den Beutefang sind. Bewegungen<br />
werden deshalb besser erkannt als ruhende Objekte.<br />
134
Barbara Lukasch, Gina Philipp<br />
Reptilien und Amphibien<br />
Amphibien sind mit wenigen Ausnahmen in mindestens einem Lebenszyklus, der Fortpflanzung,<br />
sehr eng ans Wasser gebunden. Die Eier, die <strong>La</strong>ich genannt werden, sind von gallertartigen Hüllen<br />
umgeben und werden in Gewässern abgelegt. Nur dort kann die <strong>La</strong>rvenentwicklung erfolgen, da die<br />
Eier an <strong>La</strong>nd austrocknen würden und die <strong>La</strong>rven an <strong>La</strong>nd nicht überleben könnten. Erst die erwachsenen<br />
Tiere, die diese <strong>La</strong>rvenentwicklung hinter sich gebracht haben, können das Wasser verlassen<br />
und an <strong>La</strong>nd gehen, sie halten sich aber oft in der Nähe von Gewässern auf. Als <strong>La</strong>rven besitzen die<br />
Kaulquappen noch Kiemen, als erwachsene Tiere werden einfache Lungen ausgebildet. Dieser Vorgang<br />
nennt sich Metamorphose, ist hormongesteuert und tritt erst nach einiger Zeit ein. Danach kann<br />
das Tier das Wasser verlassen. Auch die Haut verändert sich, um an <strong>La</strong>nd dem Wasserverlust entgegenzuwirken.<br />
Es kommt zu einer Verknöcherung der knorpeligen Substanz und auch die Extremitäten<br />
werden ausgebildet. Der Schwanz der <strong>La</strong>rven bildet sich am Ende der Metamorphose bei Froschlurchen<br />
zurück, bei Schwanzlurchen bleibt er erhalten, an den Augen entwickeln sich Lider.<br />
Die meisten Amphibien sind nachtaktiv, um sich vor Fressfeinden zu schützen und um so wenig<br />
Wasserverluste durch die Haut zu haben wie möglich. Die lebende Beute wird normalerweise im<br />
Ganzen aufgenommen und verschluckt. Insekten, Gliedertiere, Mollusken und Spinnen werden bevorzugt<br />
gefressen, auch Kannibalismus ist nicht selten. Viele Arten verfügen über eine im vorderen<br />
Mundbereich verwachsene, hervorschnellbare, klebrige Zunge, mit der sie ihre Beute fangen können.<br />
Lurche selbst bilden aber auch eine sehr wichtige Nahrungsgrundlage vieler anderer Tiere. Der <strong>La</strong>ich<br />
und die <strong>La</strong>rven im Wasser werden von Insektenlarven, Fischen, Wasservögeln, aber auch von anderen<br />
Amphibien gefressen. Die ausgewachsenen Tiere sind die Nahrung vieler Säugetiere, Vögel und Reptilien.<br />
Darum müssen die Amphibien für eine sehr große Nachkommenschaft sorgen, da nur sehr wenige<br />
der produzierten Eier und <strong>La</strong>rven überleben. Oft vertrauen sie auf ihre Tarnung oder flüchten, da<br />
sie, bis auf wenige Ausnahmen, über keine sehr effektiven Verteidigungsmaßnahmen verfügen.<br />
FRÖSCHE<br />
Bei Froschlurchen ist das auffälligste Merkmal das Fehlen eines Schwanzes. Ihr Körperbau ist eher<br />
oval und gedrungen und ihr Kopf ist abgeflacht und kurz. Ein Hals ist nicht zu erkennen und der Mund<br />
ist breit. Sie haben auch keinen Gehörgang ausgebildet wie Säugetiere, sondern ihr Trommelfell liegt<br />
direkt auf der Außenhaut und ist als runder Fleck hinter den Augen erkennt.<br />
Kaulquappen besitzen innere Kiemen, mit denen sie unter Wasser atmen können. Ihr Körper ist kugelig<br />
und sie haben einen Ruderschwanz, mit dem sie schwimmen können. Ihre Vorderbeine sind bis<br />
kurz vor der Metamorphose in einer Hauttasche versteckt, die Hinterbeine sind aber bereits in der<br />
Hälfte der Entwicklung der Kaulquappe sichtbar. Der Schwanz bildet sich bei der Metamorphose zurück.<br />
Vor allem männliche Froschlurche können mittels Schallblasen, ihren Lungen und ihrem Kehlkopf<br />
Geräusche erzeugen, die sie zum Anlocken von Weibchen oder zur Revierverteidigung einsetzen.<br />
Diese <strong>La</strong>utäußerungen sind artspezifisch und können sehr laut sein.<br />
Froschlurchen ist nicht angeboren was sie fressen können und was nicht, sie lernen es auch nicht von<br />
erwachsenen Tieren. Alles was sich bewegt und klein genug ist, wird angesprungen und gefressen.<br />
Was nicht schmeckt oder etwa durch einen Stich Schmerzen verursacht, wird wieder ausgewürgt und<br />
das nächste Mal in Ruhe gelassen. Bei Fröschen gibt es unterschiedliche Jagdstrategien. Während<br />
Kaulquappen vorwiegend Vegetarier sind, ernähren sich die ausgewachsenen und umgewandelten<br />
Frösche ausschließlich von tierischer Nahrung wie Insekten, Würmern oder Schnecken. Braun- und<br />
Grünfrösche können dank ihrer langen Hinterbeine sehr weit springen, um Insekten mit ihrer langen,<br />
klebrigen Zunge zu fangen. Da die Frösche keine Muskeln zum Schlucken besitzen, pressen sie ihre<br />
Augen nach innen und befördern die Nahrung so in den Magen, oft nehmen sie auch ihre Hände zur<br />
Hilfe. Bei Würmern schleichen sie sich an und stoßen mit dem Mund zu, wobei sie oft mehrere Versuche<br />
benötigen. Bei größeren Würmern brauchen Frösche oft bis zu einer Viertelstunde, bis der Wurm<br />
im Magen ist.<br />
Kröten fressen eher Insekten, die am Boden leben und an die sie sich näher heranschleichen können.<br />
Dies beeinflusst auch den Körperbau, da bei Fröschen die Augen nach oben gerichtet sind, bei Kröten<br />
dagegen zum Boden.<br />
135
Barbara Lukasch, Gina Philipp<br />
Reptilien und Amphibien<br />
Rotaugenfrosch (Agalychnis callydrias)<br />
Der Rotaugenfrosch, dessen Bilder fast überall auf der ganzen Welt bekannt sind, ist der wohl berühmteste<br />
Frosch Costa Ricas. Er kommt in den Regenwäldern Mittelamerikas vor und gehört zur<br />
Familie der <strong>La</strong>ubfrösche. Man kann ihn an der hellgrünen Körperfärbung, den gelben und blauen<br />
Streifen an den Flanken und den blau gefärbten Innenseiten der Oberschenkel erkennen. Er ist in etwa<br />
5-8 cm groß. Mithilfe von Haftscheiben an den Füßen können die Tiere ausgezeichnet klettern, das ist<br />
auch sehr wichtig, da die Eiablage auf Bäumen stattfindet, deren Äste sich über einem Gewässer befinden.<br />
Das Weibchen nimmt bei der Paarung das für die Eiablage wichtige Wasser aus dem Teich<br />
auf und klettert auf den Baum, wo es einen Teil der Eier auf einem Blatt ablegt. Danach kehrt es, noch<br />
immer mit dem Männchen auf dem Rücken, ins Gewässer zurück und nimmt erneut Wasser auf um<br />
anschließend weitere Eier auf dem Baum abzulegen. Wenn die Kaulquappen dann nach ca. 5 Tagen<br />
schlüpfen, lassen sie sich sofort ins Wasser fallen.<br />
Brillianter Waldfrosch (Rana warschewitschii)<br />
Diese Froschart ist die einzige Art in Costa Rica, die zur Gattung der Rana, der Echten Frösche,<br />
gehört und sie besitzt auch die typische Körperform dieser Gattung. Die Tiere werden 35 bis 65 mm<br />
groß und entsprechend ihrer grün-braunen, unauffälligen Färbung hält sich diese Art meistens in Bodennähe<br />
und in der Nähe von Gewässern auf. Sie besitzt einen dunkleren braunen Streifen in Augenhöhe,<br />
der längs den Körper entlanggeht, auffällig gelbe Punkte auf der Oberseite des Schenkels und<br />
einen rötlichen Unterleib. Diese knalligen Farben kann man nur sehen, wenn der Frosch gerade wegspringt,<br />
was wahrscheinlich den Zweck erfüllt, Fressfeinde kurz zu erschrecken, um dann unverletzt<br />
entkommen zu können. Die Kaulquappen dieser Froschart sind besonders groß. Sie erreichen eine<br />
totale Länge von 115 mm und sind damit nicht nur länger als alle anderen Kaulquappen in Costa Rica,<br />
sondern auch um einiges länger als die ausgewachsenen Frösche.<br />
Fleischmanns Glasfrosch (Hyalinobatrachium fleischmanni)<br />
Diese Froschart ist die am stärksten verbreitete Glasfroschart auf dem amerikanischen Kontinent. Sie<br />
kommt in einer Seehöhe von 60 bis 1.460 m vor und ist in Mexiko, Zentralamerika, Kolumbien und<br />
Venezuela besonders häufig zu finden. Männliche Tiere sind etwa 19 – 28 mm groß. Sie sind hellgrün<br />
gefärbt und haben viele blassgelbe Punkte, die auf ihrem Körper verteilt sind. Sie besitzen eine transparente<br />
Haut, die es einem erlaubt, die inneren Organe zu erkennen und sie haben einen weißen<br />
Bauch. Die Farbe der Iris ist golden.<br />
Weibchen, aber vor allem auch Männchen, sind dafür bekannt, nachts auf den gelegten Eiern zu sitzen<br />
und diese zu bewachen und tagsüber neben den Eiern zu schlafen. Bündel von 18 – 30 Eiern werden<br />
vom Weibchen an den Unterseiten von Blättern befestigt, die sich direkt über Wasserlacken befinden.<br />
Doch trotzdem werden 80 % der Eier durch die verschiedensten Faktoren zerstört. Zum Beispiel legen<br />
Fruchtfliegen oft ihre Eier auf die Eier der Frösche und die Fliegenmaden, die dann schlüpfen, fressen<br />
die Froscheier und –embryonen auf. Die Männchen verteidigen ihr Revier, das entlang von Flüssen<br />
liegt, gegen andere Männchen oft mit körperlicher Gewalt. Die Kaulquappen sind lang und dünn,<br />
mit dorsal platzierten Augen. Sie erscheinen hellrot, was auf das Blut zurückzuführen ist, das man<br />
durch die Haut sehen kann.<br />
Bromelienfrosch (Hyla ebraccata)<br />
Diese Froschart ist weit verbreitet und kommt vom südlichen Mexiko bis in den Norden Kolumbiens<br />
vor. Seine Grundfarbe ist ein mittleres Braun und auf seinem Rücken ist diese umrahmt von einem<br />
mehr oder weniger ausgeprägten goldgelben Viereck, das auch in manchen Fällen den ganzen Rücken<br />
bedecken kann. Die Weibchen können eine Größe von 30 – 35 mm erreichen und die Männchen sind<br />
23 – 27 mm groß. Die Männchen haben noch zusätzlich eine gelblich gefärbte Kehle und die Seiten<br />
und Zehen dieses Frosches sind bei beiden Geschlechtern ebenfalls gelb gefärbt. Während der Regensaison<br />
versammeln sich die Männchen mehrere Male um Teiche und <strong>La</strong>ken und Quaken zusammen in<br />
lauten Chören, um Weibchen anzulocken.<br />
Raurücken-Baumsteiger (Dendrobates granuliferus)<br />
Die Baumsteiger gehören zur Familie der Dendrobatidae und zur Gattung der Dendrobates. Im<br />
deutschsprachigen Raum wird der Baumsteiger auch als Pfeilgiftfrosch bezeichnet. Es gibt 41 Baum-<br />
136
Barbara Lukasch, Gina Philipp<br />
Reptilien und Amphibien<br />
steigerarten, die leuchtende Körperfarben haben und giftige Ausscheidungen über die Haut absondern.<br />
Sie kommen vor allem in den Tropen vor, von Nicaragua bis Bolivien, hauptsächlich in Flachlandregenwäldern<br />
in höchstens 150 m über dem Meeresspiegel.<br />
Der Rücken der Raurücken-Baumsteiger ist rau und grob gekörnt. Sie haben eine orangerote bis rote<br />
Farbe und die Beine sind grün bis türkis. Die Frösche werden 18 – 25 mm groß und haben eine besondere<br />
Art der Brutpflege. Die Weibchen legen die Kaulquappen in kleinen Wasserlacken ab und kommen<br />
alle paar Tage wieder zurück und füttern sie mit unbefruchteten Eiern.<br />
Abb. 8.2: Brillianter Waldfrosch<br />
(Rana warschewitschii)<br />
Abb. 8.3: Rotaugenfrosch<br />
(Agalychnis callydrias)<br />
Abb. 8.5: Glasfroschmännchen beim<br />
Bewachen des Geleges<br />
(Hyalinobatrachium fleischmanni)<br />
5.4.3 Ausgewählte Reptilien Costa Ricas<br />
ALLGEMEINES ÜBER REPTILIEN<br />
Die Reptilien, auch Kriechtiere genannt, bilden den Übergang zwischen niederen und höheren Wirbeltieren.<br />
Sie stammen, genauso wie die Vögel, entwicklungsgeschichtlich von amphibischen <strong>La</strong>ndwirbeltieren<br />
ab. Erstmals sind Reptilien vor etwa 300 Mio. Jahren aufgetreten. Die erste Aufspaltung<br />
fand sehr früh in uneigentliche Reptilien und eigentliche Reptilien statt. Heute gibt es vier Ordnungen,<br />
in die man die Reptilien einteilen kann, die Schnabelköpfe, die Schuppenkriechtiere, die Schildkröten<br />
und die Krokodile. Das größte Unterscheidungsmerkmal zwischen Amphibien und Reptilien<br />
ist, dass Reptilien unabhängiger vom Lebensraum Wasser sind. Außerdem besitzen Amphibien keine<br />
harte Kalkschale (Amnion) um ihre Eier und so müssen sie ihre Eier im Gegensatz zu den Reptilien in<br />
Gewässern ablegen, damit diese nicht austrocknen. Auch eine Metamorphose von einem <strong>La</strong>rven- in<br />
das Adultstadium entfällt bei den Reptilien.<br />
Reptilien haben drüsenlose und von Hornschuppen oder einem Panzer umgebene Haut, die sie vor<br />
Austrocknung und Verletzungen schützt. Da die Haut der Reptilien nicht mitwächst, häuten sich diese<br />
Tiere von Zeit zu Zeit. Bei Eidechsen löst sich die Haut meist in kleinen Stücken vom Körper ab,<br />
Schlangen streifen ihre Haut in einem Stück ab und bei Schildkröten bildet sich der Panzer von unten<br />
her neu, die alten Panzerplatten lösen sich dann schließlich ab. Generell sind Reptilien lungenatmende<br />
<strong>La</strong>ndwirbeltiere, doch einige Arten sind wieder zu Wasserbewohnern geworden oder verbringen<br />
einen Teil ihres Lebens im Wasser. Doch die Eiablage erfolgt bei allen Arten an <strong>La</strong>nd. Reptilien sind<br />
wechselwarme Tiere, das bedeutet, dass ihre Körpertemperatur von der Umgebungstemperatur abhängig<br />
ist. Sie regeln ihre Körpertemperatur durch gezieltes Aufsuchen von Sonnenplätzen, weichen<br />
jedoch bei zu hohen Temperaturen in den Schatten aus. Die optimalen Sonnenplätze wärmen sich<br />
schnell und stark auf, wie etwa trockenes Holz, Felsen oder trockenes Gras. Da sie nicht so schnell<br />
austrocknen können, sind Reptilien im Gegensatz zu den Amphibien hauptsächlich tagaktiv. Zum<br />
Überwintern in kälteren Regionen werden passende Verstecke wie Erdlöcher oder Felsspalten aufgesucht.<br />
Während der Winterruhe ist der Stoffwechsel des Tieres auf ein Minimum reduziert.<br />
Die Verbreitung der meisten Reptilienarten ist auf klimatisch begünstigte <strong>La</strong>gen beschränkt, da sie<br />
sonnige, warme Lebensräume bevorzugen. Wichtig für einen geeigneten Reptilienlebensraum sind<br />
verschiedene, miteinander vernetzte Elemente wie windgeschützte Sonnenplätze, Versteckmöglichkeiten,<br />
Paarungs- und Eiablageplätze, Jagdreviere und Überwinterungsquartiere.<br />
137
Barbara Lukasch, Gina Philipp<br />
Reptilien und Amphibien<br />
Nach ihren Lebensraumansprüchen können die Reptilien in drei Gruppen unterschieden werden:<br />
• Die Generalisten sind anspruchslos und sehr weit verbreitet. Sie brauchen nahrungsreiche<br />
Areale und mehrere Stunden Sonne pro Tag, die den Boden erwärmt. Sie meiden geschlossene,<br />
schattige Waldgebiete und unter ihnen finden sich einige Schlangen- und Eidechsenarten.<br />
• Die wasserliebenden Reptilien sind an offene Gewässer gebunden (z.B. die Schnappschildkröte).<br />
Zusätzlich benötigen sie ungestörte Sonnenplätze, vorzugsweise direkt an der Wasserkante.<br />
• Arten der offenen bis halboffenen Trockenstandorte (z.B. der Asiatische Hausgecko) sind<br />
besonders wärmeliebend.<br />
Die meisten Reptilienarten legen Eier, doch einige Arten sind als Anpassung an kühlere klimatische<br />
Bedingungen auch lebendgebärend. Die Entwicklung der Eier erfolgt in diesen Fällen im Mutterleib<br />
und die Jungen schlüpfen dann während der Geburt. Doch normalerweise werden die gelegten Eier in<br />
Erdlöchern oder in verrottendem Substrat abgelegt. Durch die Sonne werden die Eier gewärmt und<br />
„ausgebrütet". Manche Schlangen bilden Paarungsgemeinschaften (ein Schlangenkönig mit Gefolge),<br />
bei den Eidechsen schließen sich Tiere in der Regel für eine Saison zu festen Paaren zusammen.<br />
Die Befruchtung erfolgt ausschließlich im Körper der Weibchen. Viele Reptilienarten beanspruchen<br />
eigene Reviere und kämpfen auch darum. Während Kämpfe unter Schlangen eher durch Imponiergehabe<br />
bestimmt werden, gibt es bei Eidechsen durchaus öfter verletzte Tiere. Bei Gefahr können Eidechsen<br />
ihren Schwanz abwerfen und können so entkommen, während der noch zuckende Schwanz den<br />
Verfolger ablenkt. Dieser wächst aber wieder nach, obwohl er nicht mehr ganz so groß wird.<br />
SCHLANGEN<br />
Schlangen gehören zur Gruppe der „Eigentlichen Schuppenkriechtiere“, auch Squamata genannt.<br />
Ihre Beine sind vollständig zurückgebildet, der Unterkiefer bezahnt und der lang gestreckte Körper ist<br />
mit einem flexiblen Panzer aus Hornschuppen, die dachziegelartig angeordnet sind, bedeckt. Im Zuge<br />
der Häutung streift sich die alte Hornschicht meist im Ganzen ab.<br />
Die meisten Schlangen, aber vor allem die nachtaktiven, lokalisieren sowohl Nahrung als auch die<br />
Partner über Chemorezeption, weswegen der olfaktorischen Wahrnehmung am meisten Bedeutung<br />
zugeschrieben werden kann. Neben der Geruchswahrnehmung über die Nasenlöcher besitzen Schlangen,<br />
wie auch einige andere Wirbeltiere, das Jacobson-Organ, welches auch als Vomeronasales Organ<br />
bezeichnet wird. Dabei handelt es sich um kleine Einbuchtungen (0,2 – 2mm) auf beiden Seiten<br />
der Nasenscheidenwand. Das Wahrnehmen mit diesem Organ wird Flehmen genannt, worunter man<br />
das gezielte – und am geöffneten Maul und der Haltung erkennbare – Wittern nach spezifischen Gerüchen<br />
versteht. So öffnen z.B. Katzen das Maul ein wenig und strecken die Zungenspitze heraus. Beim<br />
Einatmen werden dann Geruchsstoffe am Gaumen entlang geleitet und können sowohl gerochen wie<br />
auch geschmeckt werden. Schlangen nehmen mit Hilfe der gespaltenen Zunge Duftpartikel aus der<br />
Umgebung auf und befördern sie zum Riechorgan. Auf diese Weise spüren sie ihre Beute auf, finden<br />
Überwinterungsquartiere und Paarungspartner.<br />
Dafür ist die auditive Wahrnehmung reduziert. Schlangen besitzen keine Ohren und für Geräusche, die<br />
durch die Luft übertragen werden, sind sie taub. Eine Klapperschlange hört also das Rasseln einer<br />
anderen nicht und genauso wenig hört eine Kobra die Flöte eines Schlangenbeschwörers. Über ihre<br />
Kieferknochen können sie aber schon geringste Erschütterungen des Untergrundes wahrnehmen, wenn<br />
sie ihren Kopf auf den Boden legen.<br />
Der Gesichtssinn wiederum ist bei den meisten Schlangen sehr gut ausgebildet. Lediglich einige grabende<br />
Schlangen sind praktisch blind.<br />
Auch ohne Beine können sich Schlangen rasch fortbewegen, was durch vier recht unterschiedliche<br />
Methoden erfolgt. Am häufigsten kriechen sie wellenförmig, was als Schlängeln bezeichnet wird.<br />
Hierbei stößt sich die Schlange an der Hinterseite jeder Kurve oder Wellenbewegung vom Untergrund<br />
ab und gleitet geschmeidig vorwärts. Eine zweite Form, die als raupenartige Fortbewegung beschrieben<br />
werden kann, wird nur von Schlangen mit schwererem Körperbau verwendet. Dabei wird<br />
die Haut auf der Unterseite durch starke Muskeln vor und zurückbewegt, und die breiten Bauchschilder<br />
greifen in den Untergrund und bewegen dadurch die Schlange vorwärts. Diese Fortbewegungs-<br />
138
Barbara Lukasch, Gina Philipp<br />
Reptilien und Amphibien<br />
form gab Anlass zu der irrtümlichen Behauptung, Schlangen würden „auf ihren Rippen laufen”; tatsächlich<br />
aber bewegen sich die Rippen bei keiner der vier Formen der Fortbewegung vorwärts und<br />
rückwärts. Das Seitenwinden ist die Fortbewegungsmethode einiger Wüsten-Schlangen. Hierbei rollt<br />
die Schlange ihren Körper in einer schlingenartigen Bewegung seitwärts am Boden entlang. Die vierte<br />
Methode ist eine ziehharmonikaartige Fortbewegung, wobei der Körper abwechselnd ausgestreckt<br />
und zusammengezogen wird, während sich die Schlange von einem Verankerungspunkt zum nächsten<br />
bewegt. Diese Art der Fortbewegung dient den Blindschlangen zum Überqueren glatter Oberflächen<br />
und zum Klettern, aber auch zum Wandern innerhalb unterirdischer Wohnröhren. Die häufigste der<br />
vier Fortbewegungsformen und zugleich diejenige, bei der sämtliche Schlangen die höchste Geschwindigkeit<br />
erreichen können, ist das Schlängeln. Die höchste nachgewiesene Geschwindigkeit<br />
einer Schlange liegt bei ungefähr 13 Kilometern pro Stunde. Beim Klettern können alle Methoden,<br />
außer das Seitenwinden, eingesetzt werden.<br />
Das Schwimmen erfolgt ausschließlich durch Schlängeln. Einigen Arten schreibt man die Fähigkeit<br />
zu, fliegen zu können. Doch sie können sich lediglich aus recht hohen Bäumen fallen lassen oder herabstürzen<br />
und unverletzt zu Boden fallen oder teilweise gleiten.<br />
Sämtliche Schlangen sind Fleischfresser und ernähren sich von einer Vielzahl von Tieren. Abhängig<br />
von der eigenen Körpergröße handelt es sich dabei um Insekten, Spinnen und Schnecken, bis hin zu<br />
Fröschen, Mäusen, Ratten und größeren Säugetieren. Dabei können sie dank der Flexibilität ihres<br />
Skeletts und Schuppenpanzers häufig Tiere verschlingen, die dicker oder schwerer als ihr eigener<br />
Körper sind. Viele Schlangenarten, vor allem solche aus der weltweit verbreiteten Familie der Natter,<br />
sind allerdings in ihrer Ernährung stark spezialisiert. So ernähren sich Eierschlangen ausschließlich<br />
von Vogeleiern. Schneckennattern verzehren Schnecken, die sie aus ihren Gehäusen ziehen können.<br />
Wassernattern erbeuten Fische, und Kletternattern Fledermäuse. Eine Reihe von Schlangen frisst ausschließlich<br />
andere Schlangen, andere wiederum ernähren sich auch von Aas. Die meisten Nattern<br />
verschlingen ihre Beutetiere bei lebendigem Leib.<br />
Giftschlangen, zu denen vor allem die Familien der Grubenottern, Vipern, Giftnattern und Seeschlangen<br />
gehören, töten durch das Injizieren ihres Giftes. Dabei „fesseln” einige das Opfer zunächst durch<br />
rasches Umschlingen, bevor sie zubeißen. Andere beißen zu, lassen die Beute entkommen, verfolgen<br />
sie mit Hilfe ihrer Sinnesorgane und verschlingen dann das gelähmte oder sterbende Tier. Einige<br />
Schlangen, besonders Boas, Pythons und Königsnattern, erdrosseln ihre Beutetiere, indem sie eine<br />
Körperschlinge um sie herum winden. Die südamerikanische Riesenschlange Anakonda ertränkt häufig<br />
die umschlungenen Tiere.<br />
Durch ihre räuberische Lebensweise spielen Schlangen eine bedeutende Rolle bei der Erhaltung des<br />
natürlichen Gleichgewichts, insbesondere hinsichtlich der Kontrolle von Nagetieren, die zumeist eine<br />
sehr hohe Fortpflanzungsrate aufweisen. Wie viele Amphibien und die meisten anderen Reptilien<br />
nehmen Schlangen den Großteil ihrer Nahrung in den Phasen zwischen der Fortpflanzungszeit und der<br />
Winter- bzw. Sommerruhe auf (soweit eine solche eingelegt wird) und zehren anschließend von diesen<br />
Reserven. Auch die Fähigkeit zur Fortpflanzung hängt oft vom Ernährungszustand des Tieres ab und<br />
auch davon, ob die den Stoffwechsel schonende Ruhephase lang genug war.<br />
Natürliche Feinde der Schlangen sind vor allem Raubtiere, Krokodile und einige Greifvögel, wie der<br />
Schlangenadler. Wegen ihrer Giftzähne oder der beachtlichen Körpergröße sind einige Arten für<br />
Fressfeinde aber nur schwer zu erbeuten. Viele Schlangen sind dank eines verschiedenartig gefärbten<br />
Schuppenpanzers an Untergrund oder Lichtverhältnisse ihres Lebensraums angepasst und somit gut<br />
getarnt. Korallenschlangen warnen Angreifer durch auffällige Schreckfarben vor ihrem Gift, wovon<br />
auch einige ungiftige Arten profitieren. Manche Schlangen, wie die Ringelnatter, stellen sich bei Bedrohung<br />
tot. Dabei erschlafft ihr gesamter Körper, die Tiere drehen sich auf den Rücken und bleiben<br />
bewegungslos liegen. Oft strecken sie die Zunge heraus, und gelegentlich wird sogar ein wenig mit<br />
Blut vermischter Speichel abgesondert, um die Täuschung perfekt zu machen.<br />
In Costa Rica gibt es 135 Schlangenarten, davon sind nur 18 Arten giftig.<br />
Tropische Klapperschlange (Crotalus durissus)<br />
Die tropische Klapperschlange ist die giftigste aller Klapperschlangen. Sie besitzt ein hoch wirksames,<br />
gewebezerstörendes Eiweiß (Protease). So enden unbehandelt nahezu 75 % aller Bissunfälle<br />
tödlich. Es gibt ein wirksames Gegenserum, das jedoch bei einem Angriffsbiss innerhalb von wenigen<br />
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Barbara Lukasch, Gina Philipp<br />
Reptilien und Amphibien<br />
Stunden zur Anwendung kommen muss. Die tropische Klapperschlange ist in Costa Rica nur in der<br />
Provinz Guanacaste zu finden. Am Schwanzende befindet sich ein "Rasselorgan". Dieses besteht aus<br />
hohlen Horngliedern, die ineinander übergreifen. Bei jeder Häutung kommt es zur Bildung eines weiteren<br />
Horngliedes, so dass ältere Schlangen über mehr Hornglieder verfügen als jüngere. Trifft man als<br />
Mensch auf das Tier, so bleibt es in der Regel ruhig liegen und flüchtet bei einer Annäherung nicht.<br />
Jedoch warnt die Schlange den Eindringling mit Hilfe ihres Rasselorgans auf unüberhörbarer Weise.<br />
Man sollte sich vorsichtig und rückwärts laufend von der Schlange entfernen. Bleibt man aber auch<br />
dann nicht auf Abstand, ist ein Zubeißen zu erwarten. Junge Schlangen besitzen noch kein oder nur ein<br />
Rasselorgan mit wenigen Horngliedern. Daher wird ihr Warnsignal oft auf Grund seines hohen Tons<br />
und der geringen <strong>La</strong>utstärke überhört. Vom Boden aus stößt die Schlange ca. bis Kniehöhe zu, so dass<br />
hohes Schuhwerk einen gewissen Schutz bieten kann.<br />
Buschmeister (<strong>La</strong>chesis melanocephala)<br />
Diese Schlange ist die größte und giftigste Schlange Costa Ricas, von der es sogar heißt, sie würde<br />
auf Menschenjagd gehen – dieses Gerücht stimmt natürlich nicht.<br />
Diese Tiere sind nachtaktiv und verbringen den Tag über in verlassenen Säugetierbauten oder ähnlichen<br />
Verstecken. Tagsüber verteidigen sich die Tiere bei einer Begegnung mit dem Menschen kaum,<br />
in der Nacht sind sie aber leicht zu einem Biss zu reizen. Das Abwehrverhalten kennzeichnet sich<br />
durch eine vibrierende Schwanzspitze und einem aufgeblähten Hals. Buschmeister, die an der pazifischen<br />
Küste von Costa Rica beheimatet sind, sollen zu jeder Zeit leicht zu reizen sein. Pro Jahr werden<br />
aber nur 2 Bisse durch die Buschmeister registriert, doch trotz schneller medizinischer Versorgung<br />
liegt die Mortalität bei 75 %.<br />
<strong>La</strong>nzenotter (Bothrops asper)<br />
Sie ist mit fast 75 % aller Schlangenbisse in Costa Rica für die meisten Todesfälle in Mittelamerika<br />
verantwortlich. Dies zum Einen, weil sie sehr zahlreich vertreten ist (sie ist lebendgebärend und<br />
bringt über 50 Junge zur Welt) und zum Anderen, weil die Schlange über ein ausgesprochen starkes<br />
Gift verfügt. Sie gehört zur Familie der Vipern, lebt in Gruben und schlägt blitzartig zu. Sie verteidigt<br />
ihr Revier, ist äußerst reizbar und tötet ihre Beute mit ihren langen Giftzähnen. Jährlich verursacht<br />
sie an die 20 Todesfälle.<br />
Schlanknatter (Leptophis ahaetulla)<br />
Diese schlanke, grün gefärbte Schlange, die eine sehr gute Kletterkünstlerin ist, hält sich vorwiegend<br />
auf Bäumen auf. Dabei bleibt sie aber nicht nur in der Baumkrone, sondern bewegt sich in allen<br />
Baumetagen. Sie frisst vorwiegend Baumfrösche, Vögel und verschiedene Echsen. Ihr Speichel ist<br />
schwach giftig und bei Gefahr reißt sie den Mund weit auf und hofft darauf, dass diese Drohgebärde<br />
ihre Feinde abschreckt, da sie nur sehr selten zubeißt. Vor allem in feuchten Wäldern des Tieflandes<br />
und von Mexiko bis Nordargentinien ist die Schlanknatter zu finden. Diese Schlange kann höchstens<br />
2,2 m lang werden.<br />
Königsboa (Boa constrictor constrictor)<br />
Die Königsboa gehört zu den urtümlichsten Schlangenarten, da sie noch rudimentäre Reste von Hinterbeinen<br />
und Beckengürteln, sowie paarige Lungen besitzt. Sie kann bis zu 4 m lang und 35 kg<br />
schwer werden. Auch bei dieser Schlangenart sind die männlichen Tiere etwas kleiner und die Weibchen<br />
bringen ihre Jungen lebend zur Welt. Sowohl die rotbraunen, gelb gerandeten, rautenförmigen<br />
Sattelflecken, die im Inneren ein helles Zentrum besitzen, wie auch der oftmals aufffällig rot gefärbte<br />
Schwanz, sind typisch für diese Schlange. Sie kommt vom Norden Mexikos bis nach Argentinien vor,<br />
und ist sowohl im Buschland, wie auch im Regenwald oder sogar in Halbwüsten anzutreffen. Meist ist<br />
die Boa friedfertig und nur dämmerungs- und nachtaktiv. Unter Tags versteckt sie sich in Höhlen<br />
oder in anderen Unterschlupfen. Obwohl die Jungtiere gut klettern können, halten sich ältere Tiere<br />
aufgrund ihres Gewichtes meist in Bodennähe auf. Die Nahrung besteht aus Säugetieren, die bis zu<br />
einer Größe von kleinen Wildschweinen gehen kann, aus Vögeln und Reptilien. Nach einem blitzschnellen<br />
Angriff werden die Beutetiere umschlungen und mit dem kräftigen, muskulösen Körper<br />
erwürgt und als Ganzes verschluckt. Doch selbst ausgewachsene Schlangen sind für Menschen, abgesehen<br />
von kleinen Kindern, ungefährlich.<br />
140
Barbara Lukasch, Gina Philipp<br />
Reptilien und Amphibien<br />
<strong>La</strong>nzenotter (Bothrops asper) Katzenaugennatter (Leptodeira septen) Königsboa (Boa constrictor constrictor)<br />
Tropische Klapperschlange<br />
(Crotalus durissus)<br />
Schlanknatter (Leptophis ahaetulla)<br />
SCHILDKRÖTEN<br />
Schildkröten gehören zur Ordnung der Testudines, auch Chelonia genannt, die sich in die zwei Unterordnungen<br />
der Halsberger und Halswender unterteilt. Diese unterscheiden sich nach der Art, wie<br />
die Schildkröten den Kopf in den Panzer zurückziehen. Während Halsberger ihrenKopf teleskopartig<br />
unter den Panzer ziehen, verbergen ihn Halswender durch eine Seitwärtswendung. Der Panzer, der<br />
aus verhorntem bzw. knöchernem Material besteht, ist starr. Die obere Hälfte des Panzers, unter den<br />
die Schildkröte mehr oder weniger vollständig Kopf, Beine und Schwanz zurückziehen kann, wird als<br />
Carapax (Rückenpanzer) bezeichnet. Die flache untere Hälfte nennt man Plastron (Bauchpanzer).<br />
Dieser zweigeteilte Panzer ist mit Wirbelsäule und Rippen verbunden. Struktur und Größe von Carapax<br />
und Plastron können zwischen den einzelnen Arten entsprechend ihres Verhaltens und Lebensgewohnheiten<br />
stark abgewandelt sein. Typischerweise besteht der Panzer aus zwei Schichten: einer<br />
inneren, knöchernen Schicht und einer äußeren Schicht mit Hornschildern oder einer ledrigen Haut.<br />
Und auch wenn der Panzer hart erscheint und bei einigen Arten recht dick sein kann, so ist er erstaunlich<br />
empfindsam, da zwischen den Hornschildern und den knöchernen Platten viele Nerven verlaufen.<br />
Schildkröten haben im Kiefer keine Zähne sondern Hornscheiden. Sie leben an <strong>La</strong>nd, im Meer oder<br />
im Süßwasser. Ihre Eier, meist 5 – 20 (Meeresschildkröten legen bis zu 200), werden an <strong>La</strong>nd im Boden<br />
verscharrt und durch die Bodenwärme ausgebrütet.<br />
Zwar können nur wenige Arten als reine Fleisch- oder Pflanzenfresser bezeichnet werden, doch bevorzugen<br />
einige landlebende Arten pflanzliche Nahrung, wogegen die im Wasser lebenden meist<br />
Fleischfresser sind. Zum Auffinden der Nahrung dienen Gesichtssinn und Geruchssinn.<br />
Meeresschildkröten<br />
In Costa Rica gibt es fünf Arten von Meeresschildkröten. Die Echte und die Unechte Karrettschildkröte,<br />
die Bastardschildkröte, die Lederschildkröte und die Grüne Meeresschildkröte. Sie<br />
legen ihre Eier an mehreren Stränden auf der Pazifik- und Atlantikseite ab. So kriechen 100.000 und<br />
mehr Bastardschildkröten dafür an <strong>La</strong>nd und graben ihre Nester. Dieses Ereignis wird „arribada“ (Ankunft)<br />
genannt. Eine befruchtete weibliche Schildkröte wartet bis zum Einbruch der Dunkelheit bevor<br />
sie sich auf den Weg zum Legeplatz macht. Wird sie durch Lärm oder helles Licht gestört, unterbricht<br />
sie ihr Vorhaben und kehrt ins Wasser zurück. Mit den Hinterflossen hebt sie ein vasenförmiges Nest<br />
aus, das bis zu einem Meter tief ist. In dieses legt sie ihre mit einem pilztötenden Schleim überzogenen<br />
Eier. Danach bedeckt sie die Stelle mit Sand, klatscht ihn fest und kehrt ins Meer zurück. Eine umstrit-<br />
141
Barbara Lukasch, Gina Philipp<br />
Reptilien und Amphibien<br />
tene Regel erlaubt den Bewohnern von Ostional im Naturschutzgebiet Ostional innerhalb der ersten 36<br />
Stunden nach einer arribada so viele Schildkröteneier der echten Karrettschildkröten zu sammeln wie<br />
sie wollen.<br />
In unberührten Nestern, die nicht Nasenbären, Hunden, Waschbären oder Menschen zum Opfer fielen,<br />
schlüpfen die Schildkrötenjungen nach zwei Monaten und bahnen sich durch die dicke Sandschicht<br />
einen Weg nach oben. Auf ihrem Weg ins Wasser können sie noch Krebsen oder Vögeln zum Opfer<br />
fallen. Im Meer warten auch schon Haie und andere Raubfische auf sie. Lediglich 3 % überleben und<br />
legen große Strecken im Ozean zurück.<br />
Es wird vermutet, dass magnetische Eisenkristalle im Gehirn der Schildkröten, als eine Art innerer<br />
Kompass dienen. Nach 15 – 30 Jahren sind sie geschlechtsreif und kehren an den Strand, an dem sie<br />
geboren wurden zurück um sich dort zu paaren und zu vermehren.<br />
Schnappschildkröte (Chelydra serpentina)<br />
Die Gemeine Schnappschildkröte besitzt einen langen Hals und einen gutbeweglichen Kopf, weswegen<br />
ihre Reichweite nicht zu unterschätzen ist.<br />
Sie ist ein sehr aktiver Jäger und frisst alles, was sie überwältigen kann, zum größten Teil Schnecken,<br />
Muscheln, Fische und kleinere Schildkröten, aber auch Wasservögel. Nicht nur junge Enten und Gänse<br />
werden von ihr unter Wasser gerissen, sondern sie beißt sich auch in ausgewachsenen Tieren fest,<br />
die so durch Entkräftung langsam unter Wasser gezogen werden und ertrinken.<br />
KROKODILE<br />
Zur Ordnung der Krokodile (Crocodilia) zählen die Alligatoren (einschließlich der Kaimane), die<br />
Echten Krokodile und die Gaviale. Krokodile sind die nächsten lebenden Verwandten der Vögel und<br />
bilden mit diesen die letzten Überlebenden der Archosaurier, zu denen auch die ausgestorbenen Dinosaurier<br />
gehörten. Alle heute lebenden Krokodile leben in Flüssen und Seen der Tropen und Subtropen.<br />
Nur das Salzwasserkrokodil kann auch im Meer leben und kommt häufig an den Küsten verschiedener<br />
Inseln vor.<br />
Durch seitliche Schlängelbewegung ihres seitlich abgeflachten Ruderschwanzes können sie sich<br />
schwimmend ausgezeichnet fortbewegen. Zur Tarnung tauchen sie fast vollständig unter und lassen<br />
sich treiben. Oft sind nur die vorstehenden Nasenlöcher sowie Augen und Teile des Rückens sichtbar.<br />
Das Wasser verlassen Krokodile vor allem, um sich zu sonnen oder um Eier abzulegen. Sie gehören zu<br />
den wechselwarmen Tieren, weshalb ihre Körpertemperatur von der Umgebung abhängig ist. Um<br />
ungünstige Jahres- oder Tageszeiten zu überdauern, graben sich Krokodile in Schlamm ein. In warmen<br />
Regionen legen sie während Trockenperioden eine Ruhepause ein, in kühleren Regionen verfallen sie<br />
im Winter in einen Ruhezustand.<br />
An <strong>La</strong>nd bewegen sie sich meist auf dem Bauch kriechend fort, aber sie können dort auch hochbeinig<br />
laufen. Ihr Hautknochenpanzer wird von verknöcherten Hornplatten gebildet. Meist besitzen die<br />
Tiere etwa 60 bis 80 Zähne, die in tiefen Höhlungen der Kieferknochen sitzen und bei geschlossenem<br />
Maul fest miteinander verzahnt sind.<br />
Sie ernähren sich von Krebstieren, Fischen, Amphibien, Reptilien, Vögeln und Säugetieren bis zur<br />
Größe von Büffeln, Flusspferden und Löwen. Jungtiere erbeuten auch Insekten und Würmer. Größere<br />
Beute, die sie z.B. an Wasserstellen durch plötzliches Hervorschnellen ergreifen, ziehen Krokodile<br />
unter Wasser und reißen durch schnelle Drehungen ihres Körpers große Stücke heraus. Größere Exemplare<br />
mancher Arten können auch dem Menschen gefährlich werden. Bei den Echten Krokodilen<br />
ragt bei geschlossenem Maul auf jeder Seite der vierte Unterkieferzahn hervor. Im Gegensatz dazu<br />
sind diese Zähne bei den Alligatoren nicht sichtbar. Die Zähne dienen dazu, die Beute zu ergreifen und<br />
festzuhalten, zum Kauen sind sie nicht geeignet. An Ober- und Unterkiefer haben Krokodile Drucksensoren,<br />
mit denen sie die von potentiellen Beutetieren an der Wasseroberfläche verursachten Wellen<br />
wahrnehmen können. Im Gegensatz zu anderen Reptilien haben Krokodile einen äußeren Gehörgang,<br />
der unter Wasser durch Hautfalten verschlossen ist. Mit ca. 10 Jahren sind Krokodile geschlechtsreif.<br />
Die Weibchen vergraben ihre 20 bis 100 gänseeigroßen Eier im Sand, Schlamm oder in einem Nisthügel<br />
aus Pflanzen. Danach verlassen sie das Gelege und lassen die Eier durch die Wärme der Sonne<br />
oder Wärmeproduktion faulender Pflanzen ausbrüten. Manche Arten bewachen das Gelege während<br />
der gesamten Brutdauer.<br />
142
Barbara Lukasch, Gina Philipp<br />
Reptilien und Amphibien<br />
Spitzmaulkrokodil, Amerikanisches Krokodil (Crocodylus acutus)<br />
Das Spitzmaulkrokodil gehört zu den größten Krokodilarten der Erde. Ältere Individuen können eine<br />
Gesamtlänge von bis zu sieben Metern erreichen. Tiere dieser Größen- und Altersklasse gibt es allerdings<br />
in freier Wildbahn kaum mehr, da das Spitzmaulkrokodil im 20. Jahrhundert massiver Bejagung<br />
durch den Menschen ausgesetzt war und besonders die großen Tiere eine begehrte Beute waren. Die<br />
meisten Spitzmaulkrokodile messen heute weniger als vier Meter. Äußere Merkmale des erwachsenen<br />
Spitzmaulkrokodils sind neben seiner verhältnismäßig langen, schmalen Schnauze eine beulenförmige<br />
Schädelaufwölbung vor den Augen und eine relativ kleine Anzahl und unregelmäßige Anordnung<br />
der großen Hornschilder im Nacken. Es bewohnt vorzugsweise Flussmündungen, wie wir es am<br />
Rio Tarcoles gesehen haben. Jedes Jahr vor der Paarungszeit besetzen die geschlechtsreifen Männchen<br />
klar begrenzte Territorien und vertreiben daraus sämtliche Geschlechtsgenossen. Den Weibchen hingegen<br />
gewähren sie freien Zutritt.<br />
Die paarungswilligen Weibchen suchen sich jene Männchen mit möglichst guten Nistplätzen aus. Somit<br />
können sich die größten und stärksten Männchen mit mehreren Weibchen paaren und zahlreiche<br />
Nachkommen zeugen, während die jüngeren und schwächeren Männchen ihr Erbgut erst weiterzugeben<br />
vermögen, wenn sie weiter gewachsen sind oder wenn sie in Gebiete auswandern, wo der<br />
Konkurrenzkampf weniger groß ist. Somit führt die Territorialität der Spitzmaulkrokodil-Männchen<br />
neben Erhaltung der starken Art auch zu einer Ausweitung des Verbreitungsgebiets.<br />
Die Eiablage erfolgt in Gewässernähe in einem Nest im Boden, das die ganze Zeit über vom Weibchen<br />
vor etwaigen Nestplünderern bewacht wird. Naht der Zeitpunkt des Schlüpfens, legt das Weibchen<br />
seinen Kopf auf den Boden und lauscht, ob es die quäkenden Rufe der Jungen vernimmt, die sie<br />
während des Schlüpfens äußern. Sobald dies der Fall ist, gräbt das Weibchen mit seinen Vorderbeinen<br />
das Gelege frei, denn die Kleinen können sich nicht allein ans Tageslicht hocharbeiten. Manchmal<br />
hilft es in der Folge einigen Jungen beim Schlüpfen, indem es deren Eier sanft zwischen Zunge und<br />
Gaumen hin und her rollt, bis die Eierschale zerspringt.<br />
Brillenkaiman (Caiman crocodilus)<br />
Aufgrund seines markanten Knochenwulsts vor seinen Augen wird<br />
dieser in Costa Rica lebende Kaiman auch als Brillenkaiman bezeichnet<br />
und ist von Krokodilen gut unterscheidbar. Er lebt in vielen<br />
Süßgewässern und verlässt das Wasser selten. Wird er in der Trockenheit<br />
dazu gezwungen, vergräbt er sich im Schlamm. Tagsüber<br />
treibt er an der Wasseroberfläche und wird erst nachts aktiver.<br />
Kaimane ernähren sich von Insekten, Muscheln, Weichtieren, Amphibien<br />
und Fischen und stellen für den Menschen keine große Bedrohung<br />
dar. Dennoch kann ein Biss von diesem extrem aggressiven<br />
Tier sehr schmerzhaft sein und zum Verlust eines oder mehrerer<br />
Finger führen.<br />
Brillenkaiman in der Esquinas<br />
Rainforest Lodge in <strong>La</strong> <strong>Gamba</strong><br />
LEGUANE<br />
Leguane sind Eidechsen, die hauptsächlich, mit über 700 Arten, auf dem amerikanischen Kontinent<br />
vorkommen. Vereinzelt gibt es noch einige Arten auf Madagaskar und den ozeanischen Inseln. Die<br />
meisten Leguane sind 10 – 30 cm lang, es gibt aber auch bedeutend größere Vertreter mit über zwei<br />
Metern, wie etwa den Grünen Leguan.<br />
Grüner Leguan (Iguana iguana)<br />
Der Grüne Leguan ist, wie gesagt, mit einer Gesamtlänge von bis zu zwei Metern einer der größten<br />
Leguane. Weibchen erreichen oft aber nur eine Gesamtlänge von 0,9 – 1,1 m. Er kommt vorwiegend<br />
in Mittel- und Südamerika vor und bewohnt im allgemeinen Regenwälder, lebt jedoch auch in lichteren<br />
Wäldern. Wichtig sind hohe Temperaturen, genügend Bäume, viel Grünfutter und ausreichend<br />
Wasser.<br />
Die Farbe des Grünen Leguans kann von grasgrün bis türkisblau variieren, Jungtiere sind leuchtend<br />
blattgrün, auch von der Farbmusterung kann es Unterschiede geben. Unterhalb des Trommelfelles<br />
besitzt der Grüne Leguan auffällige große Spiegelschuppen. Die Kammschuppen auf dem Rücken<br />
sind bei den Männchen meist länger, aber es ist kein sicherer Geschlechtsunterschied. Leguane tragen<br />
143
Barbara Lukasch, Gina Philipp<br />
Reptilien und Amphibien<br />
drei kleine Höckerchen auf der Nase. Charakteristisch sind der Rückenkamm und die Kehlwamme,<br />
die von den Männchen zum Imponieren genutzt wird. Beide Merkmale sind beim Männchen weitaus<br />
deutlicher als bei den Weibchen. <strong>La</strong>nge Krallen an den Füßen helfen beim Klettern, der lange, peitschenförmige<br />
Schwanz weißt eine schwarze Bänderung auf. Er dient zum Schwimmen, aber auch als<br />
Verteidigung.<br />
Der Grüne Leguan ernährt sich streng vegetarisch, hauptsächlich durch Blätter, manchmal ergänzt er<br />
seinen Speiseplan auch durch Früchte. Männchen sind stark revierbildend und dulden keine anderen<br />
Männchen in ihrem Bereich. Grüne Leguane leben oft als Einzelgänger oder in Kleingruppen. Die<br />
Männchen imponieren den Weibchen durch einen hochgestreckten Körper mit aufgestellter Kehlwamme,<br />
dabei nicken sie und schütteln den Kopf. Nur selten kommt es zu Kämpfen zwischen zwei<br />
Männchen, da sich durch das gegenseitige Imponiergehabe meist eines verscheuchen lässt. Wenn<br />
sich aber keines zurückzieht, wird angegriffen und es kann zu Verletzungen kommen.<br />
Falls eine Gefahr durch einen Fressfeind droht, lassen sich die Leguane von den Baumkronen, auf<br />
denen sie sich oft sonnen, ins Wasser fallen und schwimmen schnell davon.<br />
Junger Grüner Leguan<br />
Weibchen der Grünen Leguane beim<br />
Sonnenbaden<br />
Leguan-Männchen mit typischer<br />
Kehlwamme<br />
Helmleguan (Cortytophanes cristatus)<br />
Diese Leguanart, die auch unter dem Namen Waldchamäleon bekannt ist, kommt vom Süden Mexikos<br />
bis hin zum nordöstlichen Kolumbien in den tropischen Regenwäldern<br />
Amerikas vor und hält sich vorwiegend in Büschen oder auf niedrigeren<br />
Bäumen auf. Sie wird bis zu 34 cm lang und hat einen dünnen, seitlich<br />
verdichteten Körper mit langen Extremitäten, einem langen Schwanz und<br />
den typischen Leguanfüßen. Der Helmleguan besitzt einen sehr hohen Hinterkopfkamm,<br />
gefolgt von einem niedrigen Kamm, der über den ganzen<br />
Rücken verläuft. Männliche Tiere unterscheiden sich von weiblichen durch<br />
einen höheren Hinterkopfkamm. Das Aussehen der Schuppen variiert von<br />
gekörnten bis gerauten Schuppen. Wenn das Tier sich bedroht fühlt, kann<br />
es seinen Hinterkopfkamm noch zusätzlich vergrößern. Diese Eidechsen<br />
verlassen sich sehr stark auf ihre Tarnung und sitzen bei Gefahr absolut<br />
still da, da sie bis zu einem gewissen Grad die Farbe ihres Untergrundes<br />
annehmen können. Die Farbe dieser Tiere kann von braun, grün, über oliv<br />
zu grau variieren, mit helleren und dunkleren Musterungen.<br />
GECKOS<br />
Helmleguan im Esquinas<br />
Regenwald bei <strong>La</strong> <strong>Gamba</strong><br />
Geckos bevölkern schon seit ca. 50 Millionen Jahren die Erde und haben sich beinahe weltweit ausgebreitet.<br />
Da sie eine hohe Anpassungsfähigkeit haben, haben sie sich die verschiedensten Lebensräume<br />
erobert. Sie kommen heute in den gemäßigten Zonen, in den Wüsten und den Tropen vor. Aufgrund<br />
ihrer großen Verbreitung gibt es heute 97 Gattungen mit über 1.081 Arten, die man in fünf Unterfamilien<br />
einteilen kann, abhängig von Abstammung und Gestalt. Eine weitere Unterteilung bezieht<br />
sich auf die Zehen der Geckos. <strong>La</strong>mellengeckos können nämlich durch Adhäsion kopfüber an Scheiben<br />
laufen, da die <strong>La</strong>mellen an ihren Füßen, die mit Billionen feinster Härchen besetzt sind, Atombindungen<br />
mit dem Untergrund eingehen. Krallengeckos hingegen können das nicht. Faltengeckos sind<br />
sogar zum Segelflug befähigt. Es gibt bei den Geckos heute insgesamt 6 Unterteilungen allein bei der<br />
Klassifikation der Füße.<br />
144
Barbara Lukasch, Gina Philipp<br />
Reptilien und Amphibien<br />
Geckos sind kleine bis mittelgroße Echsen, die zwischen 4 und 40 cm groß sind. Die meisten Geckos<br />
sind dämmerungs- oder nachtaktiv, haben dementsprechend eine unauffällige Färbung und eine<br />
Spaltpupille, mit der sie nachts gut sehen können. Diese Insektenfressenden Tiere sind sehr flink und<br />
scheu, obwohl einige Arten sich oft in der Nähe von Menschen aufhalten. Manche Arten, so wie der<br />
Taggecko, sonnen sich gerne auf Steinen oder Hauswänden. Taggeckos sind im Gegensatz zu ihren<br />
nachtaktiven Verwandten auffälliger gefärbt und besitzen eine runde Pupille.<br />
Asiatischer Hausgecko (Hemidactylus frenatus)<br />
Diese Geckoart kommt ursprünglich aus Südostasien. Sie wurde aber nach Mexiko, Somalia, Madagaskar,<br />
Mauritius, Südafrika, Nord-Australien, den Ozeanischen Inseln und Costa Rica eingeschleppt.<br />
Sie hat eine sehr hohe Verbreitung und ist in vielen Teilen der Erde heimisch geworden, von halbfeuchten<br />
bis trockenen Gebieten. Zu finden ist sie vor allem an Felsen, Steinhaufen, Palmen und auch<br />
in der Nähe von Häusern. Sie wird 12 – 15 cm groß, ihre Färbung ist gelblichbraun bis graubraun,<br />
doch in der Nacht, wo sie am aktivsten wird, sieht ihre Färbung hell und zeichnungslos aus. An den<br />
Zehen befinden sich Haftlamellen, mit denen sie senkrecht auf Häuserwände oder Bäume klettern<br />
kann. Die Männchen besitzen im Gegensatz zu den Weibchen Femoralporen an der Unterseite der<br />
Oberschenkel, die man als dunkle Punkte erkennen kann und die als Unterscheidungsmerkmal zwischen<br />
Männchen und Weibchen dienen. Ihr Körper ist mit vielen Körnchenschuppen bedeckt und auf<br />
ihrem Rücken sind einige Höcker-Schuppen zu finden. Auf ihrem Schwanz verlaufen sechs Längsreihen<br />
von kegelförmigen Schuppen.<br />
Literaturangaben<br />
BLAB, J., VOGEL, H., (1989): Amphibien und Reptilien: Kennzeichen, Biologie, Gefährdung; München,<br />
BLV, 143<br />
HABER, H., (2006): Costa Rica. Apa Guide; <strong>La</strong>ngenscheidt KG, Berlin und München, 203, 240 – 241<br />
HUBER, W., WEISSENHOFER, A.: The amphibians and reptiles of the Golfo Dulce Region Costa<br />
Rica; Rema-Print, Vienna, 46 – 62<br />
SAVAGE, J. M., (2002): The amphibians and reptiles of Costa Rica; The University of Chicago Press,<br />
535 – 779<br />
http://de.wikipedia.org/wiki/Amphibien<br />
http://de.wikipedia.org/wiki/Reptilien<br />
http://www.costarica-dreams.de/kultur/schildkroeten.htm<br />
http://planet-wissen.de<br />
http://www.regenwaldreisen.ch/regenwaldbewohner/amerikansiche%20lanzenotter.htm<br />
http://www.travelcostarica.de/flora-fauna.html<br />
145
Andrea Pichlmair<br />
Vögel<br />
5.5 VÖGEL<br />
Costa Rica ist vielleicht das einzige <strong>La</strong>nd, in dem so viele Vogelarten auf so kleinem Raum leben.<br />
Insgesamt beherbergt dieses <strong>La</strong>nd mehr als 830 Arten. Dazu kommen mehr als 200 Zugvogelarten, die<br />
jedes Jahr aus anderen Ländern nach Costa Rica kommen.<br />
Die Vögel bewohnen die verschiedensten Lebensräume wie zum Beispiel die zwei unterschiedlichen<br />
Küsten am Atlantik und Pazifik, die Mangroven, die Flüsse oder die Wälder im Hoch- und Tiefland.<br />
Einige Spezies sind nur zu bestimmten Jahreszeiten in Costa Rica anzutreffen, weil sie sich auf dem<br />
Durchzug befinden. Im folgenden Beitrag werden die häufigsten Gruppen und Arten beschrieben.<br />
5.5.1 Apodiformes (Seglervögel)<br />
Mitglieder dieser Ordnung teilen sich die Fähigkeit ihre Flügel vom Gelenk an zu rotieren, um Kraft<br />
sowohl mit dem Flügelaufschlag, als auch mit dem Flügelabschlag, zu gewinnen. Die Flügel bleiben<br />
dabei vollständig ausgestreckt.<br />
Die Vögel, die zu dieser Ordnung gehören, können weder gehen noch hüpfen.<br />
TROCHILIDAE: KOLIBRIS<br />
Die Familie der Kolibris ist die zweitgrößte und zweifellos die bekannteste Vogelfamilie der neuen<br />
Welt. Sie leben ausschließlich in Amerika. Hier kommen sie von Alaska bis Feuerland vor. Zu ihr<br />
gehören 330 Arten. Etwa 130 aller Arten leben in Äquatornähe.<br />
Kolibris brüten in hochgelegenen Gegenden und überwintern in wärmeren Regionen. Diese Vögel<br />
sind auffallend wegen ihrer kleinen Größe von maximal 20 cm, ihren schillernden Farben, ihrer Art<br />
und Weise zu fliegen und ihrer Kampfeslust. Sie sind auf die Nektaraufnahme spezialisiert. Nektar<br />
ist hoch konzentriert und eine wichtige Energiequelle. Insekten stellen für diese Vögel die<br />
Hauptproteinquelle dar. Der Energieverbrauch ist im Verhältnis zu ihrer Größe extrem hoch. Um<br />
Energie zu sparen, beispielsweise in kalten Nächten, ist es den Tieren möglich ihre Körpertemperatur<br />
unter die aktive Grenze zu senken. Dafür wird auch die Pulsfrequenz herabgesenkt. Diese Fähigkeit ist<br />
auch während des Schlafens extrem wichtig, da die Tiere sonst wegen ihres extrem hohen<br />
Stoffwechsel verhungern würden. Normalerweise schlägt das Herz der Kolibris 400 – 500 mal pro<br />
Minute. Die Atemfrequenz liegt bei bis zu 250 Atemzügen pro Minute.<br />
Kolibris fliegen mit bis zu 80 Flügelschlägen pro Sekunde. Es ist ihnen nicht nur möglich vorwärts,<br />
sondern auch seitwärts und rückwärts zu fliegen. Ihre Fähigkeit, dass sie in der Luft stehen bleiben<br />
können, ist wichtig für die Nektaraufnahme.<br />
Das Nest wird von den Weibchen aus Spinnweben, Pflanzenwolle, Flechten und Moos gebaut. Es<br />
befindet sich in niedriger Höhe im Gebüsch oder auf Bäumen. Das Weibchen legt 2 weiße Eier. Die<br />
Brutzeit beträgt 15 – 19 Tage und nur selten länger. Die Jungen bleiben für 20 – 26 Tage im Nest.<br />
Hier werden sie von der Mutter bis zu 140 mal pro Tag gefüttert.<br />
Zu den natürlichen Feinden der Kolibris zählen Schlangen, Raubvögel und Raubkatzen.<br />
Grünscheitelbrillant, Green-Crowned Brilliant (Heliodoxa jacula)<br />
Dieser 13 cm große und 9,5 g schwere Kolibri kommt in Höhenlagen von 700 – 2.000 m südlich der<br />
Cordillera de Guanacaste bis nach Panama vor. Er hält sich bevorzugt in feuchten Wäldern auf. Fast<br />
der gesamte Körper ist metallisch grün befiedert. Das Gefieder an den Schenkeln ist weiß. Der<br />
Schnabel ist schwarz. Über und unter den Augen befinden sich schmale weiße Streifen.<br />
Purpurdegenflügel, Violet Sabrewing (Campylopterus hemileucurus)<br />
Dieser Kolibri ist 15 cm groß. Die Männchen wiegen 11,5 g und die Weibchen 9,5 g. Sie wohnen in<br />
Höhenlagen von 1.500 - 2.400 m. Das Gefieder der Männchen ist überwiegend glänzend violett<br />
gefärbt. Der untere Rücken und der Schwanz sind dunkelgrün. Der Schnabel ist lang, schwarz und<br />
nach unten gebogen. Die Weibchen sind am Rücken hellgrün gefärbt. Der Bauch ist weiß, die Kehle<br />
ist grau und bei beiden Geschlechtern sind die äußeren drei Schwanzfedern weiß.<br />
146
Andrea Pichlmair<br />
Vögel<br />
Purpurkehlnymphe, Purple-Throated Moutain-Gem (<strong>La</strong>mpornis (castaneoventris) calolaema)<br />
Diese Kolibris sind 10,5 g groß. Die Männchen wiegen 6 g,<br />
die Weibchen nur 4,8 g. Sie bevorzugen Höhenlagen<br />
oberhalb von 800 m.<br />
Der Kopf und der Rücken der Männchen sind grünlich<br />
gefärbt. Die Kehle ist violett. Der Bauch ist dunkelbraun<br />
befiedert. Hinter den Augen befinden sich weiße Streifen.<br />
Auch die Weibchen tragen weiße Streifen hinter den Augen.<br />
Die Bauchseite ist hellbraun gefärbt. Der Rücken und die<br />
Flügel sind grün befiedert. Der Schwanz und der Schnabel<br />
sind schwarz.<br />
5.5.2 Passeriformes (Sperlingsvögel)<br />
60 % aller Vogelarten gehören zu dieser Ordnung. Diese Ordnung kann in zwei große Gruppen<br />
unterteilt werden: die Gruppe der “echten” Singvögel mit einem komplexen Syrinx, zu der etwa 80 %<br />
dieser Ordnung gehören, und die Gruppe der Vögel mit einem einfacher gebauten Syrinx.<br />
TYRANNIDAE: FLIEGENSCHNÄPPER<br />
Purpurkehlnymphe (links) und<br />
Grünscheitelbrillant (rechts)<br />
Die Familie der Fliegenschnäpper umfasst ungefähr 384 Arten und ist somit die größte Vogelfamilie<br />
der westlichen Hemisphäre.<br />
Die Fliegenschnäpper erreichen eine Größe von bis zu 30 cm. Das Gefieder ist oliv, grau oder braun<br />
gefärbt. Viele Arten haben eine gelbe Bauchseite. Der Schnabel ist breit und flach. Er ist ideal um<br />
Insekten zu fangen. Die Geschlechter sind sehr ähnlich. Auch die Jungen unterscheiden sich nur<br />
minimal von den Eltern.<br />
Die Männchen helfen fast immer beim Nestbau, die Eier werden aber fast immer von den Weibchen<br />
ausgebrütet, die auch die Aufzucht der Jungen übernehmen. Die Nester sind immer an die Umgebung<br />
angepasst, und deshalb sehr unterschiedlich. Meistens befinden sie sich jedoch in Bäumen. Nur selten<br />
werden Nester am Boden gebaut. Die Fliegenschnäpper legen 2 – 6 Eier, je nach Art. Die Brutzeit<br />
beträgt 12 – 23 Tage. Nach 14 – 28 Tagen verlassen die Jungen das Nest.<br />
Gelbbauch-Spateltyrann, Common Tody-Flycatcher (Todirostrum cinereum)<br />
Der Gelbbauch-Spateltyrann ist zwar nur 9,5 cm groß und 6,5 g schwer, aber an seiner leuchtend<br />
gelben Vorderseite schon von weitem zu erkennen. Er hat einen großen schwarzen Kopf mit einem<br />
langen, geraden, flachen Schnabel. Sein Gefieder ist überwiegend dunkelgrau oder olivegrün gefärbt.<br />
Der Vogel hält sich an schattigen Plätzen wie zum Beispiel in Büschen, im Sekundärwald und in<br />
Mangroven auf. Er ernährt sich hauptsächlich von kleinen Insekten.<br />
Kopfbindentyrann, White-Ringed Flycatcher (Coryphotriccus albovittatus)<br />
Der Kopfbindentyrann erreicht eine Größe von 16 cm und ein Gewicht von 24 g. Wie die meisten<br />
Vertreter dieser Familie trägt auch er ein gelbes Gefieder an der Bauchseite. Sein schwarzer Schnabel<br />
ist länger als der seiner Verwandten. Die Flügel, sowie der Kopf, sind bräunlich gefärbt. Den Namen<br />
erhielt dieser Vogel wegen dem breiten, weißen Streifen über den Augen, der sich bis in den Nacken<br />
zieht.<br />
Diese Vögel leben in Gruppen von 2 – 5 Tieren in Bäumen, die an Wasserstraßen grenzen. Als Nest<br />
verwenden sie alte Spechtlöcher, in die sie zwei cremefarbene Eier legen.<br />
Panamatyrann, Panama Flycatcher (Myiarchus panamensis)<br />
Der 19 cm große und 32 g schwere Panamatyrann ist vor allem im Mangrovenbereich an der<br />
Pazifikküste weit verbreitet.<br />
Der Kopf und der Nacken dieser Vögel ist matt oliv gefärbt. Das Gesicht, die Kehle, die Brust und die<br />
Flügel sind grau gefärbt. Die Bauchseite ist gelb befiedert. Die Beine und der Schnabel sind schwarz.<br />
Als Nest wird ein Loch im Baum in einer Höhe von 4 – 12 m verwendet.<br />
Die Vögel ernähren sich von Beeren und von von Insekten, die sie über der Wasseroberfläche fangen.<br />
147
Andrea Pichlmair<br />
Vögel<br />
HIRUNDINIDAE: SCHWALBEN<br />
Zu dieser Familie gehören ca. 80 Arten. Die Schwalben sind außer in den Polargebieten überall<br />
beheimatet. Sie haben lange Flügel, einen kurzen, flachen Schnabel und kurze Beine. Meistens sind<br />
sie dunkel gefärbt. Die Weibchen sind meistens schlanker.<br />
Schwalben ernähren sich hauptsächlich von Insekten, die sie im Flug fangen.<br />
Das Nest aus Gras und Schlamm wird von beiden Geschlechtern gebaut. Die 3 – 7 Eier werden von<br />
beiden Geschlechtern ausgebrütet und gefüttert. Die Brutzeit beträgt 13 – 19 Tage. Nach 18 – 28<br />
Tagen verlassen die Jungen das Nest.<br />
Mangrovenschwalbe, Mangrove Swallow (Tachycineta albilinea)<br />
Die Mangrovenschwalbe ist ca. 13 cm groß und wiegt 14 g. Ihr Gefieder ist stahlgrün gefärbt. Die<br />
Farbe geht mit dem Alter mehr ins Blaue über. Das Gefieder der Weibchen ist matter. Die Brust ist<br />
weiß gefärbt. Der Schnabel und die Füße sind schwarz.<br />
Die Mangrovenschwalbe kommt bevorzugt an weiten, stillen Wasserflächen, wie Flüssen, Seen,<br />
Salzseen, und manchmal auch im Sumpfland vor. Sie fliegen über die Wasseroberfläche und jagen<br />
dort nach Insekten. Das Nest wird hauptsächlich aus Gras, in einer Höhe von maximal 2 m, gebaut. Es<br />
ist immer unmittelbar in Wassernähe. Diese Vögel legen 3 – 5 weiße Eier.<br />
THRAUPIDAE: TANGARE<br />
Zu der Familie der Tangare gehören etwa 230 Arten. Sie sind vor allem in den Tropen und Subtropen<br />
der westlichen Hemisphäre beheimatet. Sie leben vor allem in den feuchten Wäldern bis zu einer<br />
maximalen Seehöhe von 1.200 m.<br />
Sie erreichen eine Größe von bis zu 30 cm. Die Tangare haben einen kurzen, dicken Schnabel. Sie<br />
ernähren sich hauptsächlich von Früchten und Samen, aber auch von Insekten. Ihr Gefieder ist<br />
schwarz, weiß, braun, grau oder oliv gefärbt. Die Geschlechter sehen sich sehr ähnlich.<br />
Die meisten Tangare bauen ihre Nester in den Bäumen, nur einige nutzen kleine Höhlen oder bauen<br />
sie auf dem Boden. Oft helfen die Männchen beim Nestbau, doch die 2 – 3 Eier werden vom<br />
Weibchen alleine ausgebrütet. Die Brutzeit beträgt 12 – 18 Tage. Die Jungen werden von beiden<br />
Eltern gefüttert. Nach 11 – 24 Tagen verlassen sie das Nest.<br />
Passerinitangar, Scarlet-Rumped Tanager (Ramphocelus passerinii)<br />
Die 16 cm großen und 31 g schweren Passerinitangare sind vor allem im karibischen Tiefland, sowie<br />
an der südlichen Pazifikküste heimisch. Diese Vögel sind bis in Höhenlagen von 1.200 m anzutreffen.<br />
Sie halten sich vor allem im Sekundärwald, im Gebüsch oder in Gärten auf.<br />
Die Männchen tragen fast überall samtschwarzes Gefieder. Der untere Abschnitt des Rückens ist<br />
jedoch scharlachrot gefärbt. Der dicke Schnabel ist silbrigglänzend mit schwarzem Ende. Die Beine<br />
sind schwarz.<br />
Die Weibchen der karibischen Rasse haben einen braungrauen Kopf. Der Rücken ist olivgrün, der<br />
Bauch ist blasser und leuchtender gefärbt. Die Flügel sind dunkel, der Schnabel ist grau. Bei den<br />
Weibchen der pazifischen Rasse sind die Kehle und der Bauch orange gefärbt ist.<br />
Das Nest wird aus trockenen Blättern gebaut, die mit fasrigem Material zusammengebunden<br />
werden. Es befindet sich meist in einer Höhe von 0,3 – 6 m. Die Weibchen legen zwei<br />
blassblaue oder graue Eier.<br />
Kopfbindentyrann<br />
(Coryphotriccus albovittatus)<br />
Mangrovenschwalbe<br />
(Tachycineta albilinea)<br />
Passerinitangar<br />
(Ramphocelus passerinii)<br />
148
Andrea Pichlmair<br />
5.5.3 Trogoniformes (Trogone)<br />
Vögel<br />
TROGONIDAE: TROGONS<br />
Quetzal, Resplendent Quetzal (Pharomachrus mocinno)<br />
Dieser Vogel erreicht eine Größe von 36 cm und ein Gewicht von 210 g. Die Männchen können noch<br />
einen 64 cm langen Schwanz tragen. Die Vögel sind prachtvoll gefärbt. Der Bauch ist leuchtend rot<br />
befiedert. Die Brust ist grün-blau gefärbt. Der Schnabel der Männchen ist elfenbeinfarben. Die<br />
Weibchen sind grün befiedert.<br />
Der Quetzal kommt in Höhenlagen über 1.200 m vor. Sie bewohnen die feuchten Wälder.<br />
Das Weibchen legt zwei blassblaue Eier in ein Baumloch.<br />
5.5.4 Falconiformes (Greifvögel)<br />
Das größte Merkmal der Vögel dieser Ordnung ist ihr stark hakenförmiger Schnabel.<br />
CATHARTIDAE: NEUWELTGEIER<br />
Es sind sieben Arten von Neuweltgeiern bekannt. Sie erreichen ein Gewicht von bis zu 12 kg und eine<br />
Flügelspannweite von 3 m. Das Gefieder ist meistens schwarz gefärbt. Sie haben einen kahlen Kopf,<br />
der rot, gelb oder schwarz gefärbt sein kann. Sie gleiten durch die Lüfte auf der Suche nach Aas,<br />
ihrem Hauptnahrungsmittel. Manchmal töten sie kleine lebende Tiere oder essen Früchte.<br />
Die Neuweltgeier bauen keine Nester, sondern legen 1 – 2 weißen Eier auf den Boden, in Höhlen<br />
oder in irgendeinen anderen geschützten Platz. Beide Elternteile brüten, suchen Futter und ziehen die<br />
Jungen auf. Die Brutzeit beträgt 32 – 58 Tage. Nach 10 – 25 Tagen können die Jungen fliegen.<br />
Truthahngeier, Turkey Vulture (Cathartes Aura)<br />
Die 76 cm großen und 1,4 kg schweren Truthahngeier sind schwarz gefärbt. Sie sind an ihrem<br />
nackten, roten Kopf leicht zu erkennen. Bis in Höhenlagen von 2.000 m sind diese Vögel überall<br />
anzutreffen. Sie ernähren sich hauptsächlich von Aas. Sie sind entweder allein oder in Gruppen von<br />
bis zu fünf Vögeln unterwegs.<br />
Rabengeier, Black Vulture (Coragyps atratus)<br />
Die Rabengeier sind komplett schwarz gefärbt. Sie sind 64 cm groß, wiegen 1,8 kg und sind<br />
hauptsächlich in Stadtnähe, aber auch in offenen <strong>La</strong>ndschaften zu finden. Sie ernähren sich<br />
hauptsächlich von Früchten und frisch geschlüpften Meeresschildkröten.<br />
Königsgeier, King Vulture (Sarcoramphus papa)<br />
Dieser 81 cm große und 3,5 kg schwere Vogel ist schwarz gefärbt und dem Rabengeier sehr ähnlich.<br />
Er lebt hauptsächlich in lichtem Wald, manchmal in sehr großen Höhen.<br />
ACCIPITRIDAE: FALKEN, ADLER<br />
Die meisten der 205 Arten, die zu dieser Familie gehören, sind großartige Flieger. Alle Arten haben<br />
starke Beine mit scharfen Krallen. Ihr Gefieder ist meistens grau, braun, schwarz und weiß. Die<br />
Weibchen sind größer als die Männchen, haben jedoch meistens dieselbe Farbe. Normalerweise jagen<br />
diese Vögel in eigenen Jagdrevieren, die sie paarweise verteidigen.<br />
Das Nest aus Stöcken und Blättern wird von beiden Geschlechtern gebaut. Das Weibchen brütet die<br />
1 – 6 weißen Eier aus. Die Brutzeit beträgt 28 – 49 Tage. Nach 28 – 120 Tagen können die Jungen<br />
fliegen. Die Jungen bleiben normalerweise bei den Eltern bis sie genügend Erfahrung beim Jagen<br />
haben.<br />
Wegebussard, Roadside Hawk (Buteo magnirostris)<br />
Das Gefieder dieses Greifvogels ist überwiegend grau, die Bauchseite ist hellbraun und weiß, die<br />
Flügel sind dunkelbraun, Beine und Schnabel sind gelb gefärbt. Er ist 290 g schwer und 38 cm groß.<br />
149
Andrea Pichlmair<br />
Vögel<br />
Er kommt hauptsächlich an der südlichen Pazifikküste an Lichtungen, breiten Straßen und Feldern<br />
vor. Er ernährt sich hauptsächlich von Insekten oder kleinen Säugetieren und Reptilien, die er mit<br />
seinem scharfen, hakenförmigen Schnabel jagt.<br />
Rabengeier<br />
(Coragyps atratus)<br />
„Schnecken-Milan“ (Rostrhamnus sociabilis)<br />
Wegebussard<br />
(Buteo magnirostris)<br />
5.5.5 Pelecaniformes (Ruderfüßer)<br />
Die Vögel dieser Ordnung sind die einzigen, bei denen alle vier Zehen mit einer Schwimmhaut<br />
verbunden sind.<br />
PELECANIDAE: PELIKANE<br />
Pelikane sind große Vögel mit kurzen Beinen, großen Flügel, langem Nacken und großem,<br />
geradem Schnabel mit einem großen Beutel. Das Gefieder ist weiß, grau oder braun. Die<br />
Geschlechter sehen gleich aus, obwohl die Männchen meistens größer sind. Die Farbe des Gesichts,<br />
des Schnabels, des Beutels und der Augen verändert sich während des Brutzyklus. Pelikane brüten in<br />
Kolonien und fliegen oft in V-Formationen. Sie fressen hauptsächlich Fisch, den sie beim<br />
Schwimmen fangen. Sie tauchen nicht unter, sondern fahren nur mit dem Schnabel ins Wasser. Dieser<br />
ist perforiert, sodass das Wasser abrinnen kann und sie es nicht mit dem Fisch mitschlucken müssen.<br />
Beide Geschlechter helfen beim Nestbau, beim Brüten der 1 – 4 weißen Eier und beim Füttern der<br />
Jungen.<br />
American White Pelican (Pelecanus erythrorhynchos)<br />
Diese 125 cm großen Seevögel erreichen ein Gewicht von 7 kg. Ihr Gefieder ist schwarz, ihr Schnabel<br />
ist gelb gefärbt. Ihre natürlichen Lebensräume sind Süßwasser-<strong>La</strong>gunen, Sumpfland und manchmal<br />
auch ruhige Buchten an der Pazifikküste.<br />
Braunpelikan, Brown Pelican (Pelecanus occidentalis)<br />
Diese Seevögel wiegen 3 kg und werden 109 cm groß. Sie sind großartige Segelflieger und<br />
Sturztaucher. Sie gleiten über der Wasseroberfläche dahin und stürzen dann plötzlich ins Wasser um<br />
Fische zu fangen. Ihr Körper ist braungrau, der Kopf weiß, die Füße schwarz und der Schnabel ist<br />
bräunlich gefärbt. Sie sind hauptsächlich an der Pazifikküste zu finden.<br />
PHALACROCORACIDAE: KORMORANE<br />
Die Familie der Kormorane beherbergt 28 Arten mittelgroßer bis großer Wasservögel. Sie haben<br />
kurze Beine, einen langen Hals und einen länglichen Körper. Der Schnabel ist zylinderartig mit<br />
einem Haken am Ende. Das Gefieder ist meistens schwarz, nur wenige Exemplare sind grau. Diese<br />
Wasservögel leben sowohl an den Küstengewässern, als auch an den Gewässern im <strong>La</strong>ndesinneren,<br />
wo sie nach Fischen jagen. Das Gefieder ist nicht wasserabweisen und muss deshalb nach dem<br />
Tauchen getrocknet werden. Beide Geschlechter helfen beim Nestbau, beim Brüten der 2 – 4<br />
150
Andrea Pichlmair<br />
Vögel<br />
blaugrünen Eier und beim Aufziehen der Jungen, die nach 5 – 8 Wochen das Nest verlassen.<br />
Olivaceous Cormorant (Phalacrocorax olivaceus)<br />
Dieser Vogel ist der einzige Kormoran, der nur in Costa Rica vorkommt. Er erreicht eine Größe von<br />
66 cm und ein Gewicht von 1,1 kg. Er ist vor allem in der Nähe von flachen klaren Gewässern zu<br />
finden, wie zum Beispiel an Flüssen, Seen, an offenen Sumpflandschaften und Salzseen. Hier jagen sie<br />
in Gruppen nach Fischen. Sie sind ausgezeichnete Taucher.<br />
Er trägt überwiegend schwarzes Gefieder. Der Kopf und der Hals sind braun gefärbt. Der Schnabel ist<br />
grau bis schwarz, die Füße sind ebenfalls schwarz. Das Nest ist eine kompakte Fläche aus Stöcken und<br />
wird in einer Höhe von 9 – 30 m in die Baumkronen gebaut. Die Weibchen legen 3 – 4 Eier.<br />
ANHINGIDAE: ANHINGAS<br />
Die Familie der Anhingas besteht aus vier Arten. Ihre nähesten Verwandten sind die Kormorane. Sie<br />
sind durch den langen schlangenartigen Hals und den spitzen länglichen Schnabel erkennbar. Die<br />
Beine sind kurz. Zwischen den Zehen tragen sie Schwimmhäute. Ihr Körper ist ca. 90 cm lang und<br />
dunkel gefärbt. Nur der Hals, die Brust und der Kopf sind hell befiedert. Diese Wasservögel findet<br />
man vor allem im Tiefland der Küstenebenen, wie zum Beispiel rund um den Nationalpark Caño<br />
Negro. Sie ernähren sich ausschließlich von Fischen, die sie mit ihrem Schnabel unter Wasser<br />
aufspießen und sind deshalb nur am Wasser zu finden. Das Gefieder ist nicht eingefettet und muss<br />
deshalb nach jedem Tauchgang getrocknet werden. Aus diesem Grund sieht man die Vögel oft mit<br />
ausgebreiteten Flügeln auf Ästen sitzen.<br />
Sie legen 3 – 5 Eier, in Nester aus Stöcken welche mit Moos oder Gras ausgelegt und in Baumkronen<br />
oder Büsche gebaut werden. Die Brutzeit beträgt ca. vier Wochen. Nach fünf Wochen verlassen die<br />
Jungen das Nest und nach zwei Wochen können sie fliegen.<br />
Amerikanischer Schlangenhalsvogel, Anhinga (Anhinga anhinga)<br />
Der Schlangenhalsvogel erreicht eine Größe von 86 cm und ein Gewicht von 1,2 kg. Er hat einen<br />
extrem langen und dünnen Hals und einen kleinen Kopf. Der Schnabel ist lang, scharf und spitz. Die<br />
Flügel sind groß. Der Körper ist überwiegend schwarz befiedert und teilweise grau, weiß und braun<br />
gefleckt.<br />
Der Schlangenhalsvogel lebt vorzugsweise an Seen, Flüssen, <strong>La</strong>gunen und in den Mangroven. Hier<br />
schwimmt er schlangenartig im Wasser und jagt nach Fischen. Er ernährt sich aber auch von Insekten,<br />
jungen Kaimanen und kleinen Schildkröten.<br />
Das Nest, eine Fläche aus Stöcken, ist mit Blättern ausgelegt und befindet sich etwa 6 m über dem<br />
Boden. Die Weibchen legen 3 – 5 blaugrüne Eier.<br />
Braunpelikan (Pelecanus<br />
occidentalis), Golfo Dulce<br />
Neotropischer Kormoran<br />
(Phalacrocorax brasilianus)<br />
Amerik. Schlangenhalsvogel<br />
(Anhinga anhinga)<br />
FREGATIDAE: FREGATTVÖGEL<br />
Zur dieser Familie gehören fünf Arten. Die Fregattvögel sind große Seevögel mit extrem langen<br />
Flügeln, kurzen Beinen und Füßen und einem langen hakenförmigen Schnabel.<br />
Ihr Gefieder ist überwiegend schwarz, mit einem weißen Bauch. Der rote Bereich an der Kehle der<br />
Weibchen kann zu einem großen roten Ballon aufgeblasen werden, um sich den Männchen zur Schau<br />
zu stellen. Ansonsten sehen die Weibchen den Männchen sehr ähnlich, sind jedoch erheblich größer.<br />
151
Andrea Pichlmair<br />
Vögel<br />
Fregattvögel sind großartige Künstler der Lüfte. Sie sind Räuber und ernähren sich hauptsächlich<br />
von dem was sie knapp unter der Wasseroberfläche des Ozeans finden können: Fische, Quallen, etc.<br />
Manchmal stehlen sie aber auch den Fang anderer Artgenossen, wenn diese ihn irrtümlich ausspeien.<br />
Das Nest besteht aus Stöcken und befindet sich an der Spitze von Büschen oder Bäumen. Es wird vom<br />
Männchen mit dem Material gebaut, das das Weibchen bringt. Beide Geschlechter brüten das einzelne<br />
weiße Ei aus und füttern das Junge, das nackt schlüpft. Nach 6 – 8 Wochen schlüpft das Junge. Nach<br />
weiteren fünf Wochen kann es fliegen. Es bleibt aber mindestens noch ein Jahr bei der Mutter.<br />
Magnificent Frigatebird (Fregata magnificens)<br />
Dieser Fregattvogel erreicht eine Größe von 91 cm und ein Gewicht von 1,2 kg. Er ist vor allem an<br />
den Küstengewässern heimisch. Hier jagen sie nach Fischen und Schildkröten.<br />
Die Männchen sind überwiegend schwarz befiedert. Die Flügel sind eher braun gefärbt. Der Schnabel<br />
ist grau. Die Kehle ist pink.<br />
Die Kehle und der Kopf der Weibchen sind schwarz. Ihr Bauch ist weiß befiedert. Die Flügel sind<br />
blassbraun gefärbt. Das Nest ist eine Fläche aus Ästen.<br />
Great Frigatebird (Fregata minor)<br />
Mit einer Größe von 89 cm und einem Gewicht von 1 kg ist der „Great Frigatebird” etwas kleiner als<br />
der “Magnificent Frigatebird”. Das Gefieder ist aber sehr ähnlich gefärbt.<br />
Die Fregattvögel zweier unterschiedlicher Arten sind sich gegenüber meistens aggressiv.<br />
5.5.6 Ciconiiformes (Schreitvögel)<br />
Die Hauptmerkmale der Vögel dieser Ordnung sind ihre langen Beine und ihr langer Hals.<br />
Meistens waten diese Vögel durch das Wasser auf der Suche nach Nahrung.<br />
ARDEIDAE: REIHER<br />
Das besondere Kennzeichen der 58 Arten von Reihern ist ihr langer Hals, den sie nach vorne schnellen<br />
lassen können, um mit ihrem speerförmigen Schnabel Insekten, Wirbeltiere oder wirbellose Tiere zu<br />
schnappen oder aufzuspießen. Sie fliegen meistens mit angezogenem Hals.<br />
Diese Vögel leben im Sumpfland, an Küsten und an Flüssen.<br />
Ihr Gefieder kann weiß, grau, blau, braun oder purpur gefärbt sein. Die Farbe des Schnabels, der<br />
Beine und des Gesichts verändert sich regelmäßig. Die beiden Geschlechter sehen sich sehr ähnlich.<br />
Die Männchen sind jedoch meistens größer. Die meisten Reiher leben in Kolonien.<br />
Das Nest aus Stöcken wird meistens vom Weibchen gebaut. Die Brut der blauen oder weißen Eier,<br />
sowie die Aufzucht der Jungen, wird von beiden Eltern übernommen. Nach 16 - 30 Tagen schlüpfen<br />
die Jungen und verlassen das Nest nach 35 – 50 Tagen.<br />
Kuhreiher, Cattle Egret (Bubulcus ibis)<br />
Die 51 cm großen und 350 g schweren Kuhreiher sind meistens auf Weideflächen, Wiesen und großen<br />
Lichtungen zu finden. Sie halten sich in der Nähe von Pferden oder Kuhherden auf, wo sie nach<br />
Insekten jagen.<br />
Ihr gesamter Körper ist weiß gefärbt. Der Schnabel ist gelb und die Beine sind schwarz. Diese Vögel<br />
haben im Gegensatz zu den anderen Reihern einen relativ kurzen Hals. Ursprünlich stammt der<br />
Kuhreiher aus Afrika, wurde aber in den 1950er Jahren nach Südamerika verschleppt und breitet sich<br />
nun in ganz Südamerika bis Argentinien und Richtung Norden bis nach Nordamerika aus.<br />
Kahnschnabelreiher, Boat-Billed Heron (Cochlearius cochlearius)<br />
Die Kahnschnabelreiher erreichen eine Größe von 51 cm und ein Gewicht von 600 g. Sie sind sehr<br />
leicht an ihrem großen Kopf, den großen dunklen Augen und dem mächtigen schuhförmigen Schnabel<br />
erkennbar. Diese Vögel tragen einen schwarzen Federschopf, der am Hinterkopf herabhängt. Das<br />
Gefieder an der Stirn und an der Kehle ist weiß gefärbt. Das Gesicht ist schwarz, der Bauch ist<br />
blassrosa und die Flügel sind aschgrau gefärbt.<br />
Die Kahnschnabelreiher leben hauptsächlich an bewaldeten Flussläufen, in Mangroven oder an<br />
Flussmündungen. In der Nacht jagen sie nach Fischen.<br />
152
Andrea Pichlmair<br />
Vögel<br />
Sie brüten in kleinen Kolonien. Die Nester bestehen aus Stöcken und werden in einer Höhe von 1 – 5<br />
m gebaut.<br />
Blaureiher, Little Blue Heron (Egretta caerulea)<br />
Der Blaureiher ist mit 61 cm Körpergröße und 325 g Körpergewicht ein mittelgroßer Vertreter dieser<br />
Familie. Das Gefieder ist an Körper und Flügel dunkel graublau, an Kopf und Nacken ist es<br />
dunkelbraun gefärbt. Der Schnabel ist hauptsächlich grau und nur an der Spitze schwarz. Die Beine<br />
sind graugrün gefärbt. Während der Brutzeit geht die Gesichtsfarbe in blau über.<br />
Der Blaureiher ist hauptsächlich in <strong>La</strong>gunen, an Salzseen, Flüssen und im Sumpfland anzutreffen.<br />
Das Nest wird aus Stöcken in den Mangroven, in einer Höhe von 2 – 4 m gebaut. Darin legen die<br />
Blaureiher 2 – 4 blaugrüne Eier.<br />
Seidenreiher, Snowy Egret (Egretta thula)<br />
Der gänzlich weiß gefärbte Seidenreiher erreicht eine Größe von 61 cm und ein Gewicht von 375 g.<br />
Nur der Schnabel und die Beine sind schwarz, die Füße sind gelb.<br />
Die Seidenreiher halten sich vor allem in der Nähe von Sumpfland, Flussmündungen, <strong>La</strong>gunen und<br />
Salzseen bis in Höhenlagen von 700 m auf.<br />
Das Nest aus Stöcken befindet sich in der Nähe von Gewässern, in einer Höhe von 2 – 4 m, in das 3 –<br />
4 blaugrüne Eier gelegt werden.<br />
Silberreiher, Great Egret (Casmerdius albus)<br />
Mit einer Größe von 101 cm und einem Gewicht von 950 g ist der Silberreiher der größte Vertreter<br />
seiner Familie. Von allen Reihern besitzt er den längsten Hals. Er ist komplett weiß befiedert. Die<br />
Beine sind lang und schwarz. Der Schnabel ist gelb gefärbt.<br />
Er hält sich hauptsächlich in der Nähe von Flüssen und Sumpfland auf. Seine Hauptnahrungsquelle<br />
sind Fische und Frösche.<br />
Die 2 – 3 blaugrünen Eier werden in ein Nest aus dünnen Zweigen gelegt.<br />
THRESKIORNITHIDAE: IBIS, LÖFFLER<br />
Die Familie der Ibise und Löffler umfasst 33 Arten. Sie sind vor allem in den tropischen Breiten<br />
heimisch. Die Arten dieser Familie haben kürzere Beine und Hälse als die meisten Reiher. Ihr<br />
Gefieder ist meistens weiß, braun oder schwarz gefärbt, manchmal aber auch rosa oder rot. Die<br />
Schnäbel der Ibise sind gebogen, die der Löffler sind an der Spitze abgeflacht. Alle Mitglieder dieser<br />
Familie können sehr gut fliegen.<br />
Ibise und Löffler ernähren sich hauptsächlich von Fisch, Insekten und manchmal auch von Gemüse.<br />
Sie sind Bewohner des Sumpflandes oder der Küste. Manche Vögel leben aber auch im Wald.<br />
Beide Geschlechter beteiligen sich am Nestbau, am Ausbrüten der 2 – 5 weiß bis blauen Eier, und an<br />
der Aufzucht der Jungen. Das Nest besteht aus Stöcken oder Gras und befindet sich in den Bäumen,<br />
am Boden oder am Riff. Die Brutzeit beträgt 21 – 29 Tage. Nach 30 – 50 Tagen können die Jungen<br />
fliegen.<br />
Green Ibis (Mesembrinibis cayennensis)<br />
Dieser Vertreter erreicht eine Größe von 56 cm und ein Gewicht von 650 g. Er hat einen schweren<br />
Körper und weite Flügel. Der Schnabel ist eher klein und schmächtig. Das Gefieder ist schillernd<br />
grünschwarz gefärbt, mit einem leichten grünen Glanz, der aus dem unterem Gefieder hervordringt.<br />
Am Hinterhaupt trägt dieser Ibis einen zotteligen Kamm. Das Gesicht ist dunkelgrau, mit einem<br />
grünen Farbton über den Augen. Das Kinn ist eher pink und die Kehle ist matt blaugrau gefärbt. Der<br />
Schnabel ist blassgrün mit gelber Spitze.<br />
Er lebt vorzugsweise an bewaldeten Sümpfen und schlammigen Wegen im Wald. Beim Waten durch<br />
das Wasser durchsucht er den Schlamm mit dem Schnabel nach Futter. Er ist sesshaft und vor allem<br />
im karibischen Tiefland anzutreffen. Auch in der Gegend um den Río Frío und in Sümpfen an der<br />
Küste nördlich und südlich von Limón ist er heimisch und weit verbreitet.<br />
153
Andrea Pichlmair<br />
Vögel<br />
Schneesichler, White Ibis (Eudocimus albus)<br />
Der Schneesichler ist 63 cm groß und wiegt 700 g. Er ist ein sesshafter Vertreter dieser Familie und<br />
kommt vor allem am Golfo de Nicoya, im Tempisquebecken und im Gebiet um den Río Frío vor.<br />
Saisonal ist er sowohl in der Gegend um den Río Frío als auch an der südlichen Pazifikküste<br />
anzutreffen.<br />
Sein Schnabel ist eher schmal. Es ist der einzige Ibis, der ein fast gänzlich weißes Federkleid trägt.<br />
Nur die Flügelspitzen sind schwarz gefärbt. Das Gesicht ist unbefiedert. Der Schnabel und die Beine<br />
sind rot. Er kommt bevorzugt an Süßwasser und Salzwasserseen vor. Er hält sich überall dort auf, wo<br />
er weichen Schlamm finden kann, den er nach Nahrung durchsucht. Der Schneesichler ist ein<br />
geselliger Vogel, der in Gruppen nach Nahrung sucht. Die Schneesichler lassen sich auf Bäumen<br />
nieder. Am Schlafplatz, der sich meistens in den Mangroven befindet, versammeln sich die Tiere.<br />
Das Nest ist eine Plattform aus Zweigen und wird mit Blättern ausgelegt. Es befindet sich meistens in<br />
den Mangroven, in einer Höhe von 1 – 5 m.<br />
Glossy Ibis (Plegadis falcinellus)<br />
Dieser 85 cm große und 500 g schwere Ibis hat einen langen, dunklen, schmächtigen Schnabel. Das<br />
Gefieder ist überwiegend dunkel und glänzend, kastanienbraun gefärbt. Die Flügel sind schwarz mit<br />
einem metallisch grünen Glanz. Der Kopf und der Hals sind weiß gefärbt. Das Gesicht ist<br />
überwiegend grau. Die Beine sind schwarz.<br />
Dieser Vertreter sucht entweder alleine oder in einer kleinen Gruppe nach Nahrung. Um diese zu<br />
finden, durchsucht er den weichen Schlamm im seichten Wasser. Er hält sich vorwiegend im Sumpf,<br />
am Seerand und an überflutetem Weideland auf. Das Nest wird aus Halmen 2 – 5 m über dem Boden<br />
gebaut. Dieser Vogel kommt bevorzugt in der Gegend um Guanacaste vor, aber auch in der Gegend<br />
um den Río Frío.<br />
Rosa Löffler, Roseate Spoonbill (Ajaja ajaja)<br />
Dieser 81 cm große und 1,4 kg schwere Vertreter ist vor allem im Tempisquebecken, am Río Frío und<br />
in der Gegend des Golfo de Nicoya heimisch.<br />
Charakteristisch ist sein spatelförmiger Schnabel. Er ist der einzige rosarote Vogel in dieser Gegend.<br />
Sein Kopf ist unbefiedert und eher grün. Der übrige Körper ist rosa befiedert. Der Schnabel ist auch<br />
eher grün, die Beine sind rot. Er ist ein sehr geselliger Vogel, der sich in Gruppen zum schlafen<br />
niederlässt. Auch gejagt und gebrütet wird in Gruppen. Er hält sich hauptsächlich in der Nähe von<br />
Süßwasser oder Salzwasser auf. Hier taucht er mit dem Schnabel oder mit dem ganzen Kopf unter. Er<br />
kehrt mit dem offenen Schnabel über den Grund. Mit den Füßen wühlt er den Schlamm auf und<br />
scheucht so Fische, Krustentiere und Insekten auf. Wenn er etwas berührt, schnappt er mit dem<br />
Schnabel zu. Das Nest wird aus Stöcken gebaut und befindet sich etwa 1,2 – 5 m über dem Boden in<br />
den Mangroven.<br />
Kahnschnabelreiher<br />
(Cochlearius cochlearius)<br />
Silberreiher<br />
(Casmerdius albus)<br />
Rosa Löffler<br />
(Ajaja ajaja)<br />
154
Andrea Pichlmair<br />
5.5.7 Galliformes (Hühnervögel)<br />
Vögel<br />
CRACIDAE: CHACHALACAS<br />
Die 44 Arten dieser Familie sind bevorzugt in den wärmeren Regionen Amerikas heimisch. Die<br />
meisten leben in feuchten Wäldern oder in den Wäldern der trockenen Regionen. Die Chachalacas<br />
vermeiden dichte Wälder und bevorzugen lichtere Vegetation. Einige wenige Arten kommen auch in<br />
großen Höhen in den Bergen vor.<br />
Ihr Gefieder ist überwiegend grau, braun, rotbraun, olivgrün, weiß oder schwarz. Nur die<br />
unbefiederten Stellen sind leuchtend gefärbt. Beide Geschlechter sind sehr ähnlich gefärbt. Die<br />
Männchen sind fast immer größer als die Weibchen.<br />
Diese Vögel ernähren sich hauptsächlich von Früchten und Blättern, die sie entweder von den Bäumen<br />
rupfen oder die schon zu Boden gefallen sind.<br />
Die Nester sind primitiv aus Stöcken und Blättern gebaut. Nur selten befinden sie sich am Boden. Die<br />
Weibchen legen 2 – 4 weiße Eier, dessen Schale rau ist. Die Brutzeit beträgt 22 – 34 Tage. Bald<br />
danach verlassen die Küken das Nest und hüpfen durch das Gebüsch, wo sie vom Schnabel der Eltern<br />
gefüttert werden.<br />
Mit der raschen Zerstörung der Wälder werden diese prächtigen Vögel immer seltener.<br />
Plain Chachalaca (Ortalis vetula)<br />
Der 56 cm große und 650 g schwere Chachalaca hat einen kleinen Kopf und einen langen Hals. Die<br />
Kehle ist nackt und leuchtend rot. Der Kopf und der Hals sind grau befiedert. Der Körper und die<br />
Flügel sind matt olivbraun. Die Füße sind schwarz gefärbt.<br />
Dieser Hühnerartige Vogel bevorzugt trockene und feuchte Wälder, vor allem wenn dort Gebüsch<br />
oder Savanne vorhanden ist. Er ist sesshaft und kommt vor allem im Gebirge der Península de Nicoya<br />
vor. Er ist sehr gesellig und deshalb meistens in Gruppen von bis zu 15 Vögeln zu finden.<br />
Das Nest wird aus Pflanzenfasern gebaut und mit Blättern ausgelegt.<br />
Graukopfguan, Gray-Headed Chachalaca (Ortalis cinereiceps)<br />
Der Graukopfguan wiegt 55 g und erreicht eine Größe von 51 cm. Er ist ein sesshafter Vogel und<br />
kommt vorwiegend im Tiefland der Pazifikküste und der Karibikküste vor. Er bevorzugt Dickicht, das<br />
vereinzelt mit Bäumen durchsetzt ist. Oft ist er auch im Gebüsch entlang von Flüssen zu finden.<br />
Der Graukopfguan ist ein geselliger Vogel, der meist in Gruppen von 12 und mehr Tieren vorkommt.<br />
Sein Kopf und sein Hals sind dunkelgrau gefärbt. Die nackten Stellen an seiner Kehle sind rot. Der<br />
Körper ist überwiegend dunkelbraun befiedert, der Bauch ist weiß. Der Schnabel und die Beine sind<br />
grau.<br />
5.5.8 Charadriiformes (Regenpfeiferartige)<br />
Diese Ordnung, zu der viele Wasservögel gehören, kann in zwei große Gruppen unterteilt werden: die<br />
Küstenvögel im weiteren Sinne, mit langen Hälsen, Schnäbeln und Beinen und ohne Schwimmhäute<br />
an den Füßen und die Gruppe der Wasservögel, die drei Zehen mit Schwimmhäuten und kürzere<br />
Schnäbel und Hälse besitzen.<br />
JACANIDAE: JACANAS<br />
Die acht Arten der Jacana kommen vor allem in den tropischen und subtropischen Gebieten beider<br />
Halbkugeln vor. Das bemerkenswerteste Merkmal dieser Vögel ist die außergewöhnliche Länge ihrer<br />
Zehen und Zehennägel, die es ihnen ermöglichen ihr Gewicht auf den treibenden Pflanzen so zu<br />
verteilen, dass sie darauf gehen können. Sie bewohnen das Sumpfland, überflutete Weideflächen,<br />
<strong>La</strong>gunen und den Rand verschiedenster Süßwasserseen.<br />
Ihr Gefieder ist hauptsächlich rotbraun oder schwarz. Die Erwachsenen beider Geschlechter sind<br />
gleich gefärbt, aber die Weibchen sind größer. Sie ernähren sich von Tieren und Pflanzen, die sie<br />
sammeln während sie über das Wasser gehen.<br />
Mindestens zwei Arten, so auch das Gelbstirn-Blatthühnchen, sind polyandrisch. Während der<br />
Brutzeit verteidigt das Weibchen das Territorium, in dem außer ihr noch 2 – 4 Männchen leben. Das<br />
155
Andrea Pichlmair<br />
Vögel<br />
Nest wird meistens vom Männchen alleine aus Wasserpflanzen gebaut. Das Weibchen legt<br />
normalerweise vier Eier. Das Männchen brütet die Eier aus und bringt sie in Sicherheit falls der<br />
Wasserspiegel steigt und das Nest zu überfluten droht.<br />
Die Brutzeit beträgt 22 – 24 Tage. Die Küken werden vom Vater beschützt und aufgezogen. Das<br />
Weibchen hilft ihm dabei.<br />
Gelbstirn-Blatthühnchen, Northern Jacana (Jacana spinosa)<br />
Das Gelbstirn-Blatthühnchen erreicht eine Größe von 23 cm und<br />
ein Gewicht von 95 g. Es ist sehr schlank und hat lange Zehen. Die<br />
Flügel sind rund mit einem scharfen Sporn am Gelenk. Der Kopf,<br />
der Hals und die Brust sind schwarz befiedert. Der Körper ist<br />
kastanienbraun gefärbt. Der Schnabel ist gelb, die Beine sind<br />
grünlich.<br />
Es bewohnt Teiche, Sumpfland und überflutetes Weideland. Das<br />
Nest wird aus allem möglichen Pflanzenmaterial gebaut. Das<br />
Weibchen legt vier braune Eier.<br />
Das Gelbstirn-Blatthühnchen ist sesshaft und bewohnt die<br />
Gegenden um Guanacaste und den Río Frío.<br />
Gelbstirn-Blatthühnchen<br />
(Jacana spinosa)<br />
Wattled Jacana (Jacana jacana)<br />
Dieser Jacana ist dem Gelbstirn-Blatthühnchen in Gestalt und Größe sehr ähnlich. Er ist 23 cm groß<br />
und wiegt 95 g. Der Kopf, der Hals und der Körper sind überwiegend schwarz gefärbt und mehr oder<br />
weniger purpur glänzend. Der Kehllappen und die Basis des Schnabels sind rot gefärbt. Der restliche<br />
Schnabel ist gelb. Die Beine sind grau.<br />
Literaturangaben<br />
STILES, F. G., SKUTCH, A. F.: A guide to the birds of Costa Rica<br />
www.fotoreiseberichte.de<br />
www.google.com<br />
www.wikipedia.org<br />
156
Julia Kerschbaum, Elisabeth Wurglits<br />
Säugetiere<br />
5.6 SÄUGETIERE<br />
5.6.1 Primates (Affen)<br />
FAMILIE ATELIDAE: KLAMMERSCHWANZAFFEN<br />
Brüllaffen (Alouatta palliata)<br />
Der Brüllaffe hat ein nahezu schwarzes Fell, breite Schultern, einen gedrungenen Körperbau und<br />
seine Körpergröße beläuft sich auf 56 bis 92 cm. Die Tiere ernähren sich rein vegetarisch, sind<br />
tagaktiv und leben vorzugsweise in den Baumkronen in Gruppen von 10 bis 18 Individuen, seltener<br />
sind Gruppen bis zu 45 Individuen zu finden. Sie bewegen sich langsam und sind oft sehr unauffällig.<br />
Ihre Anwesenheit kann man oft durch die stark riechenden Exkremente am Boden bemerken. Öfter<br />
treffen sie damit Menschen auf den Kopf. Sie haben nur kleine Reviere und können daher auch in<br />
kleineren Waldabschnitten gut leben. Der Brüllaffe ist jener Affe den man in Parks am häufigsten<br />
sieht.<br />
CEBIDAE: KAPUZINERARTIGE<br />
Mittelamerikanisches Totenkopfäffchen (Saimiri oerstedii)<br />
Das mittelamerikanische Totenkopfäffchen kommt nur in Costa Rica und Panama an der Pazifikseite<br />
vor, wobei in Restwaldstücken die Populationsgröße oft nur klein ist. Die 25 bis 35 cm großen Tiere<br />
haben eine orange-goldene Farbe und ihr Kopf ist typisch maskenähnlich gezeichnet.<br />
Bemerkenswert ist, dass das Verhältnis Gehirnmasse zu Körpermasse 1:17 beträgt. Das bedeutet dass<br />
Totenkopfäffchen in Relation zu allen anderen Primaten das größte Gehirn besitzen. Beim Menschen<br />
vergleichsweise beläuft sich das Verhältnis Gehirnmasse zu Körpermasse auf 1:35. Weibliche<br />
Totenkopfäffchen besitzen einen Pseudo-Penis den sie, ähnlich wie Männchen, zur Schau stellen um<br />
ihre Dominanz über kleinere Äffchen zu zeigen.<br />
Weißkopfkapuzineraffen (Cebus capuchinus)<br />
Die tagaktiven, in Gruppen von 2 bis 24 Tieren lebenden Tiere können eine Körpergröße von 43 cm<br />
erreichen. Sie leben in Bäumen und ernähren sich von Früchten und Insekten. Ihr markantes Aussehen<br />
ist geprägt von einem rosa Gesicht das weiß behaart ist, das restliche Fell ist schwarz. Sie kämpfen um<br />
Reviere, was für die Gruppe der Kapuzineraffen untypisch ist. Ihr Lebensraum ist sehr ausgedehnt und<br />
schließt auch unruhige Wälder mit ein. Es handelt sich um sehr lebhafte und polygame Affen, welche<br />
die meiste Zeit mit Futtersuche verbringen.<br />
Mittelamerikanisches Spinnenäffchen (Ateles geoffroyi)<br />
Die 40 bis 60 cm großen braunen bis rötlichen Tiere leben in den obersten Schichten der Bäume in<br />
Gruppen von 1 bis 35 Tieren und sind tagaktiv. Ihre Nahrung besteht aus reifen Früchten, Blättern<br />
und Blüten, aber auch aus Insekten, Spinnen und Vogeleiern. Oft liegen sie regungslos in den Wipfeln<br />
und sind auch schwer zu entdecken. Alle ein bis vier Jahre bekommt ein Weibchen ein Junges.<br />
Brüllaffe (Alouatta palliata) im Nationalpark<br />
Cahuita<br />
Totenkopfäffchen (Saimiri oerstedii) in den<br />
Mangroven, Pazifikküste<br />
157
Julia Kerschbaum, Elisabeth Wurglits<br />
5.6.2 Rodentia (Nagetiere)<br />
Säugetiere<br />
AGOUTIDAE: PACAS<br />
Agouti paca<br />
Das Paca ist ein etwa 50 bis 70 cm großes, haselnuss- bis dunkelbraunes Nagetier mit weißen Flecken,<br />
die auch in Streifen übergehen können. Es ist charakterisiert durch kleine Ohren, einem<br />
Stummelschwanz, einer weißen Körper- und Halsunterseite und durch seinen schweren (etwa 6 – 14<br />
kg) schweineähnlichen Körperbau. Pacas laufen geräuschvoll und schwer durch das <strong>La</strong>ub. Sie sind<br />
nachtaktiv und ernähren sich von herabgefallenen Früchten und Wurzeln, wobei sie als<br />
Samenverbreiter im Regenwald eine wichtige Rolle spielen. Meist findet man sie in der Nähe von<br />
Wasser.<br />
Sie leben monogam als Paare in einem eigenen Revier, ihrer Futtersuche gehen sie aber allein nach.<br />
Tagsüber schlafen sie in kleinen Höhlen, die je über einen Haupteingang und mehrere versteckte<br />
Nebeneingänge verfügen die mit <strong>La</strong>ub verstopft werden.<br />
Das Verbreitungsgebiet ist Zentral- bis Südamerika. Wegen ihres kalbähnlichen zarten Fleisches sind<br />
sie für den Menschen sehr begehrt und werden deshalb gerne gejagt. Das ist der Hauptgrund warum<br />
die Tiere in manchen Gegenden schon verschwunden sind. Dort wo sie nicht gejagt werden, kann man<br />
sie oft und leicht entdecken. Aufgrund ihres großen Verbreitungsgebietes ist es aber unwahrscheinlich,<br />
dass sie ausgerottet werden. Zucht- und Auswilderungsprojekte gibt es bereits, wobei diese noch<br />
ausgeweitet werden sollten.<br />
DASYPROCTIDAE: AGUTIS<br />
Mittelamerikanisches Aguti (Dasyprocta punctata)<br />
Das Aguti hat eine Körpergröße von 50 bis 70 cm. Die tagaktiven und bodenlebenden Tiere ernähren<br />
sich vorwiegend vegetarisch von Samen, Früchten und Keimblättern von Jungpflanzen, Pilzen, Blüten,<br />
Blättern aber auch Insekten. Sie leben allein oder seltener als Paar.<br />
Die Tiere bevorzugen primäre Wälder mit dichtem Unterwuchs. Obwohl sie bejagt werden sind sie<br />
dennoch recht zahm und können auch gut in stark besuchten Naturreservaten beobachtet werden.<br />
Neugeborene leben in eigenen Höhlen, die vom Muttertier nicht betreten werden. Die Jungen werden<br />
von der Mutter herausgerufen und dann betreut. Agutis vergraben Samen für schlechte Zeiten und sind<br />
daher wichtige Samenverbreiter.<br />
SCIURUS: HÖRNCHEN<br />
Poás-Hörnchen (Syntheosciurus poasensis)<br />
Das etwa 25 cm große dunkelgrau-gelbe Hörnchen lebt endemisch am Vulkan Poás in Costa Rica.<br />
Bunthörnchen (Sciurus variegatoides)<br />
Die Körpergröße beträgt 20 bis 30 cm und der lange buschige Schwanz kann Körperlänge erreichen.<br />
Die Fellfarbe variiert von Brauntönen über weiß und gelb. Die Tiere sind weit verbreitet, werden<br />
wegen ihres Fleisches gejagt und können sich gut an unruhige Gegenden anpassen.<br />
Rotschwanzhörnchen (Sciurus granatensis)<br />
Die Rotschwanzhörnchen werden bis zu etwa 24 cm groß, sind tagaktiv, leben auf Bäumen und sind<br />
Einzelgänger. Ihre Nahrung setzt sich aus großen harten Nüssen von Palmen und anderen Bäumen,<br />
sowie auch aus Pilzen zusammen. Rotschwanzhörnchen bewegen sich in allen Kronenschichten auf<br />
der Suche nach Nahrung.<br />
Sie nisten in kleinen Baumhöhlen oder in Nestern aus Blättern, schlafen aber nicht immer in Nestern.<br />
Weibchen verteidigen ihre Territorien gegen andere Weibchen, die Männchen hingegen kennen so<br />
etwas wie Territorien nicht. Rotschwanzhörnchen sind weit verbreitet und passen sich auch gerne an<br />
unruhigere Gegenden an.<br />
158
Julia Kerschbaum, Elisabeth Wurglits<br />
Säugetiere<br />
Mittelamerikanisches Berghörnchen (Syntheosciurus brochus)<br />
Dieses Hörnchen kann 15 bis 18,5 cm groß werden. Aufgrund einiger Besonderheiten des Schädelbaus<br />
und der Zähne trennt man das Berghörnchen von den Eichhörnchen (Sciurus) ab und ordnet es der<br />
eigenen Gattung Syntheosciurus zu. Anders als Eichhörnchen geht das Berghörnchen Paarbindungen<br />
ein und ist sehr gesellig.<br />
Agouti paca, Gehege in <strong>La</strong> <strong>Gamba</strong><br />
Poás-Hörnchen<br />
(Syntheosciurus poasensis)<br />
Saccopteryx bilineata, Haupthaus<br />
in der <strong>Tropenstation</strong><br />
5.6.3 Microchiroptera (Fledermäuse)<br />
EMBALLONURIDAE: GLATTNASEN-FREISCHWÄNZE<br />
Sackflüge- oder Zweistreifenfledermaus (Saccopteryx)<br />
Die Tiere sind in der Regel kleine, spezialisierte Insektenfresser mit einer langen Schwanzflughaut<br />
und einem kurzen Schwanz. Viele haben Flügelbeutel, welche sozial als Geruchmarkierungsorgane<br />
genutzt werden. Meist hängen sie nicht von der Decke sondern frei von vertikalen Strukturen, jedoch<br />
mit dem Daumen kontakthaltend zum Substrat, meistens ein Baum, eine Höhlenwand oder die Wand<br />
eines Gebäudes. Die Gattung der Emballonuridae weist vier Fledermausarten auf, von denen hier nur<br />
eine besprochen wird.<br />
Saccopteryx bilineata:<br />
Das hintere Fell ist schwarz, das vordere heller, fast grau. Sie besitzen einen großen, sehr gut<br />
entwickelten Flügelbeutel, der bei Weibchen weniger offensichtlich ist. Die Unterarmlänge beträgt bei<br />
Männchen 41 bis 47 mm, bei Weibchen 44 bis 49 mm.<br />
Ihr Verbreitungsgebiet liegt zwischen Mexiko und Brasilien. In Costa Rica kommen sie vom Pazifik<br />
bis hin zur Karibik vor. Sie wurden aber auch schon in San Vito und im Central Valley entdeckt.<br />
In der <strong>Tropenstation</strong> hatten wir das Glück, dass ein Exemplar dieser Art es sich im Haupthaus<br />
gemütlich machte.<br />
PHYLLOSTOMIDAE: BLATTNASEN<br />
Vampirfledermäuse (Desmodontinea)<br />
Die Vampirfledermäuse stellen eine Unterfamilie der Blattnasen dar und sind leicht an ihrer<br />
vergrößerten Nasenauflage, anstatt eines Nasenblattes und an ihren, in hohem Grade veränderten,<br />
oberen Schneide- und Hundezähnen zu erkennen. Sie sind mittelgroß und besitzen einen länglichen<br />
Daumen, mit dem sie, durch eine spezielle Flügelmuskulatur und Skelettstruktur, fähig sind zu laufen<br />
und auf dem Boden zu springen wenn sie ihr Opfer attackieren.<br />
Zwei der drei Arten ernähren sich von Vögeln und nur eine Art ernährt sich von Säugetieren. Meist<br />
hängen sie in hohlen Bäumen oder Höhlen. Sie sind ausschließlich nachtaktiv.<br />
Gemeiner Vampir (Desmodus rotundus):<br />
Der Gemeine Vampir besitzt sehr lange Daumen, keinen Schwanz und nur eine kleine unbehaarte<br />
Schwanzflughaut.<br />
Größere Populationen dieser Art findet man in Costa Rica vor allem dort, wo Nutzvieh angesiedelt<br />
159
Julia Kerschbaum, Elisabeth Wurglits<br />
Säugetiere<br />
wurde, jedoch nicht über einer Höhe von 1.200 m.<br />
Sie landen nicht direkt auf ihren Opfern, sondern in deren Nähe und krabbeln oder hüpfen dann in die<br />
Richtung der Beute. Die kräftigen Hinterbeine und der lange Daumen stellen Anpassungen an diese<br />
Fortbewegungsweise dar.<br />
Zunächst suchen sich die Fledermäuse eine geeignete Stelle an ihrem Opfer. Ihre Bewegungen sind<br />
scheu und vorsichtig. Die unter Fledermäusen seltene Fähigkeit zu hüpfen dient dem schnellen<br />
Ausweichen für den Fall, dass sie entdeckt und vom Opfer mit Tritten oder Schwanzschlägen<br />
verscheucht werden. Vampire kämpfen nicht mit ihren Beutetieren, ihr Biss erfolgt in der Regel<br />
unbemerkt und oft wacht das schlafende Tier nicht einmal auf. Als Bissstelle bevorzugen sie nicht von<br />
Haaren oder Federn bedeckte Körperteile. Zunächst wird die Wunde abgeleckt. Der Speichel der<br />
Vampire enthält ein Betäubungsmittel. Anschließend werden eventuell vorhandene Haare oder Federn<br />
mit den Zähnen abrasiert. Mit den scharfen Schneidflächen der Eck- und Schneidezähne beißen sie ein<br />
Stück der Haut heraus. Die so entstehende Wunde ist rund drei bis zehn Millimeter breit und einen bis<br />
fünf Millimeter tief. Mit der Zunge schlecken sie das ausfließende Blut auf und pumpen es durch die<br />
Rillen an der Unterseite der Zunge in den Mund. Ein Gerinnungshemmer sorgt dafür, dass das<br />
austretende Blut nicht gerinnt. Der gesamte Vorgang kann bis zu zwei Stunden dauern, die eigentliche<br />
Nahrungsaufnahme bis zu 30 Minuten. Dabei nehmen die Tiere rund 20 bis 30 Milliliter Blut auf, eine<br />
Menge, die das Gewicht nahezu verdoppelt. Dadurch fällt es ihnen häufig recht schwer, sich wieder in<br />
die Luft zu erheben. Nach der Mahlzeit begeben sie sich zurück an ihren Schlafplatz, um zu verdauen.<br />
Der Blutverlust stellt für die Opfer weniger ein Problem dar, viel größer sind die Gefahren einer<br />
Infektion, insbesondere Tollwut.<br />
Der Gemeine Vampir hat seinen Namen von der Sagengestalt und nicht umgekehrt.<br />
Diese Art ist durch den Menschen gefährdet, da sie enorme Schäden verursacht. Höhlen werden<br />
gesprengt und ausgeräuchert, andere Methoden sind langsam wirkende Gifte.<br />
Die zwei anderen Vampirfledermausarten sind in Costa Rica nur sehr selten.<br />
5.6.4 Carnivora (Raubtiere)<br />
FELIDAE: KATZEN<br />
Ozelot (Felis pardalis; Leopardus pardalis)<br />
Die Körpergröße beträgt 55 bis 100 cm und das Fell ist gelb gefärbt, mit schwarzen Punkten. Der<br />
Schwanz ist kürzer als die Hinterbeine. Ozelots sind sowohl tag- als auch nachtaktiv. Nachts<br />
benützen sie gerne Trampelwege, die von Menschen angelegt wurden, während sie sich tagsüber im<br />
Gebüsch verstecken. Als reine Fleischfresser ernähren sie sich von Nagetieren, Vögeln und auch<br />
Eidechsen. Sie leben auf dem Boden und klettern nur selten auf Bäume, etwa um einen Bach zu<br />
überqueren oder zu rasten. Ozelots sind die am häufigsten gesichteten Katzen und oft kann man auch<br />
ihre Abdrücke am Boden erkennen. Wo sie nicht gejagt werden, leben sie auch gerne in offenen<br />
Wäldern in der Nähe von Dörfern.<br />
Puma (Felis concolor; Puma concolor)<br />
Obwohl mit durchschnittlich 130 cm eine der größten Katzen ist der Puma mit den Großkatzen nicht<br />
näher verwandt und wird daher zu den Kleinkatzen gezählt. Die Fellfarbe ist häufig gelblich bis<br />
silbergrau, jedoch sehr variabel. Der Schweif wird zur Spitze hin dunkler. Die Tiere sind tag- und<br />
auch nachtaktiv und fressen zumeist mittelgroße bis große Säugetiere wie Agutis, Pacas und Wild,<br />
aber auch kleinere Tiere wie Schlangen und Ratten. Pumas findet man im ganzen Regenwald, wo sie<br />
trockenen Boden bevorzugen. Weil sie so scheu sind, sieht man sie selbst dort nur selten, wo sie<br />
relativ häufig vorkommen.<br />
Oft reißen Pumas Weidetiere an Stellen wo man ihren Lebensraum in Weiden umgewandelt hat und<br />
natürliche Beute selten geworden ist. Es sind nur wenige Fälle von Angriffen auf den Menschen<br />
bekannt, obwohl Pumas Menschen manchmal aus reiner Neugier folgen. Pumas sind die Katzen mit<br />
der größten Anpassungsfähigkeit und man findet sie in vielen verschiedenen Klimazonen.<br />
160
Julia Kerschbaum, Elisabeth Wurglits<br />
Säugetiere<br />
Jaguar (Panthera onca)<br />
Der Jaguar ist im Durchschnitt 150 cm groß, kann aber bis zu 180 cm groß werden und ist damit die<br />
größte Katze des amerikanischen Doppelkontinents. Die Oberseite des Fells ist gelbbraun gefärbt mit<br />
den typischen Ringflecken, während die Unterseite heller gefärbt und schwarz gepunktet ist. Der<br />
Körper ist mit zwischen 70 kg (Weibchen) und 110 kg (Männchen) sehr schwer und auf Kraft und<br />
nicht auf Schnelligkeit ausgerichtet.<br />
Im Allgemeinen sind Jaguare in offenen Gebieten größer als Jaguare in Regenwäldern. Sie sind nachtund<br />
tagaktiv, leben auf dem Boden und allein.<br />
Sie fressen hauptsächlich größere Säugetiere wie Pekaris und Wild, aber auch Schildkröten, Kaimane<br />
und auch Vögel und Fische, wobei sie zu allen Tages- und Nachtzeiten jagen und dazu gerne von<br />
Menschen angelegte Pfade benutzen.<br />
Sie bevorzugen Habitate in der Nähe von Wasser. Große Tatzenabdrücke entlang von Flüssen sind<br />
daher normalerweise von Jaguaren. An entlegenen Orten wo sie nicht gejagt werden, kann man sie oft<br />
in der Morgensonne am Wasser liegend auffinden. Jaguare reißen Nutztiere wenn ihre natürliche<br />
Umgebung zerstört wurde und ihre Beutetiere durch z.B. Rinder ersetzt wurden. Sie sind sehr<br />
menschenscheu und flüchten sofort, dementsprechend selten sind Angriffe auf den Menschen.<br />
Trotzdem sind sie potentiell gefährlich und es empfiehlt sich im Allgemeinen nicht vor großen Katzen<br />
wegzulaufen, weil sie das zur Jagd animieren könnte. Angriff ist hier die beste Verteidigung: der<br />
Katze ins Gesicht schauen, auf sie zugehen und Lärm machen.<br />
Obwohl es schwer ist den Bestand zu dokumentieren, kann angenommen werden, dass sie in ihren<br />
Ursprungsländern selten geworden oder teilweise schon ausgerottet sind. Die größten Bedrohungen<br />
ergeben sich durch die Beliebtheit ihrer Felle, sowie durch den Rückgang ihrer natürlichen<br />
Wohnräume durch Waldrodungen und durch den rückläufigen Bestand ihrer Beutetiere.<br />
PROCYONIDAE: KLEINBÄREN<br />
Nasenbären (Nasua)<br />
Nasenbären sind für ihre lange bewegliche Nase bekannt, weiters besitzen sie kleine fast im Fell<br />
verborgene Ohren und einen langen buschigen Schwanz, der fast immer senkrecht getragen wird.<br />
Weibchen und Jungtiere leben in Gruppen, während Männchen Einzelgänger sind. Man findet sie<br />
sowohl in tropischen Regenwäldern als auch in Wüsten, am häufigsten sind sie allerdings in Wäldern<br />
zu finden. Sie sind Allesfresser, bevorzugen jedoch fleischige Nahrung. Anders als viele Kleinbären<br />
sind sie tagaktiv.<br />
Weißrüssel-Nasenbär (Nasua narica):<br />
Er weist die typische verlängerte, bewegliche Schnauze auf, die auf einem langgestreckten Kopf sitzt.<br />
Das Fell dieses Tieres ist meist graubraun gefärbt, typisch sind weiße Flecken an der Schnauze, an den<br />
Wangen, an der Kehle und am Bauch. Die Füße sind dunkler, fast schwarz. Der lange Schwanz ist<br />
geringelt, allerdings ist das Muster schwächer ausgeprägt als beim Südamerikanischen Nasenbären.<br />
Der Weißrüssel-Nasenbär findet sich am häufigsten in Wäldern, bewohnt dabei aber unterschiedliche<br />
Habitate von tropischen Regenwäldern, bis hin zu Gebirgswäldern. Er lebt sowohl auf den Bäumen als<br />
auch am Boden. Wenn er sich am Boden fortbewegt, hält er den Schwanz senkrecht nach oben, in den<br />
Bäumen dient er vorwiegend der Balance. Erwachsene Männchen sind manchmal nachtaktiv, in der<br />
Regel sind die Tiere im Gegensatz zu den meisten Kleinbären jedoch tagaktiv. Weibchen und<br />
Jungtiere leben in Gruppen, während Männchen Einzelgänger sind.<br />
Er ernährt sich vorwiegend von Insekten. Daneben gehören auch Spinnen, Skorpione, Krabben und<br />
kleine Wirbeltiere zu seiner Nahrung, auch Früchte und anderes Pflanzenmaterial werden verzehrt.<br />
Das Weibchen bringt zwei bis sieben Junge zur Welt. Zur Geburt errichtet es ein Blätternest in den<br />
Bäumen und zieht sich aus der Gruppe zurück. Die Jungen sind anfangs blind und mit dunkelgrauem<br />
Flaum bedeckt. Sie werden mit vier Monaten entwöhnt, sind mit 15 Monaten ausgewachsen und<br />
erreichen mit rund zwei Jahren die Geschlechtsreife.<br />
Zu den natürlichen Feinden zählen Katzen, Greifvögel und Riesenschlangen. Von Menschen wird er<br />
fast nicht gejagt, da er keine Schäden an Plantagen anrichtet und sein Fell wertlos ist.<br />
Waschbären (Procyon)<br />
Waschbären sind gekennzeichnet durch einen breiten Kopf mit spitzer Schnauze, abgerundeten<br />
Ohren und durch ihre kompakte Gestalt. Alle Arten besitzen eine schwarze, maskenartige Zeichnung<br />
161
Julia Kerschbaum, Elisabeth Wurglits<br />
Säugetiere<br />
im Gesicht, die von weißem Fell umrandet wird. Sie leben auf dem gesamten amerikanischen<br />
Kontinent, meist in Wäldern in der Nähe von Gewässern. Ihr Name kommt von dem Glauben, dass sie<br />
ihre Nahrung waschen, in Wirklichkeit tasten sie im Wasser jedoch danach.<br />
Krabbenwaschbär (Procyron cancrivorus):<br />
Er ähnelt dem Nordamerikanischen Waschbären, hat aber ein kürzeres graubraun gefärbtes Fell. Sein<br />
Schwanz ist geringelt. Er ist hauptsächlich in Südamerika beheimatet, sein Verbreitungsgebiet reicht<br />
von Costa Rica bis Uruguay.<br />
Er ist vorwiegend nachtaktiv und schläft tagsüber in Baumhöhlen. Er gilt als Einzelgänger, aber<br />
manchmal teilen sich mehrere Weibchen ein Territorium. Sein Tastsinn ist ausgezeichnet entwickelt.<br />
Er ist ein Allesfresser, jedoch stärker auf Krabben, Frösche, Krebse und Fische spezialisiert als seine<br />
Verwandten. Das Weibchen bringt meist 2 bis 5 Junge zu Welt. Die Jungen sind Nesthocker und ihre<br />
Augen öffnen sich erst nach ca. drei Wochen. Nach 2 bis 4 Monaten sind sie entwöhnt und mit einem<br />
Jahr geschlechtsreif.<br />
Wegen seines Fells und seines Fleisches wird der Krabbenwaschbär gerne gejagt. Er ist zwar seltener<br />
als sein nordamerikanischer Verwandter, dürfte jedoch weit verbreitet sein und nicht zu den<br />
gefährdeten Arten zählen.<br />
Nordamerikanischer Waschbär (Procyon lotor):<br />
Er ist der am weitesten verbreitete und am besten erforschte Vertreter seiner Art. Ursprünglich kam er<br />
von Kanada bis Panama vor, mittlerweile ist er auch in Europa heimisch.<br />
Weißrüssel-Nasenbär (Nasua narica),<br />
Nationalpark Manuel Antonio<br />
Nordamerikanischer Waschbär (Procyon lotor),<br />
Nationalpark Manuel Antonio<br />
5.6.5 Folivora (Faultiere)<br />
Systematik:<br />
Faultiere (Folivora)<br />
Mylodontidae †<br />
Megatheri<br />
Megatheroidea<br />
Bradypodidae<br />
Dreifinger-Faultiere<br />
Megalonychidae<br />
Zweifinger-Faultiere<br />
Megatheriidae †<br />
Zu den ausgestorbenen Megatheriidae zählen bodenlebende Arten die ein Gewicht von mehreren<br />
Tonnen erreichen konnten, wie z. B. das Riesenfaultier Megatherium.<br />
162
Julia Kerschbaum, Elisabeth Wurglits<br />
Säugetiere<br />
BRADYPODIDAE: DREIFINGER-FAULTIERE<br />
Die Tiere erreichen eine Kopfrumpflänge von 40 bis 70 cm und ein Gewicht von drei bis fünf<br />
Kilogramm. Die Füße von Faultieren haben keine freien Zehen, aber dafür zwei oder drei zu Haken<br />
geformte Klauen die es ihnen ermöglichen passiv im Baum zu hängen. Sie haben lange Glieder, einen<br />
kurzen Körper und einen zwei bis neun Zentimeter langen Stummelschwanz. Bemerkenswert ist dass<br />
sie neun Halswirbel besitzen und somit ihren Kopf um 270 Grad drehen können. Die meisten<br />
Säugetiere haben nur 7 Halswirbel.<br />
Das Fell ist meist graubraun gefärbt, vom Bauch abwärts gescheitelt und schimmert grün aufgrund<br />
von darin lebenden Algen und Cyanobakterien. Die Nahrung besteht aus Blättern, die sie mittels<br />
bakterieller Fermentation in mehreren Mägen verdauen.<br />
Sie bevorzugen Bäume die der Sonne ausgesetzt sind weil sie sich gerne sonnen. Auf dem Boden sind<br />
sie hilflos und können kaum gehen, aber sie können schwimmen um Flüsse zu überqueren. Zur<br />
Defäkation (etwa alle 7 Tage) steigen sie den Baum herab und graben dazu mit ihrem<br />
Stummelschwanz ein Loch.<br />
MEGALONYCHIDAE: ZWEIFINGER-FAULTIERE<br />
Diese 54 bis 75 cm großen und durchschnittlich 6 kg schweren Tiere besitzen an den Vorderfüßen<br />
zwei, an den Hinterfüßen jedoch drei Zehen. Sie haben im Gegensatz zu den Dreifinger-Faultieren nur<br />
6 oder 7 Halswirbel. Das Hoffmann-Zweifingerfaultier (Choloepus hoffmanni), das ein Gebiet von<br />
Mittelamerika bis Brasilien bewohnt, hat sechs Halswirbel.<br />
Was die Nahrung anbelangt sind Zweifinger-Faultiere weniger wählerisch als Dreifinger-Faultiere<br />
und fressen auch Früchte und Knospen, sowie Insekten und andere kleine Tiere.<br />
Zweifinger-Faultier (Choloepus hoffmanni)<br />
beim Fressen am Río Frio<br />
Dreifinger-Faultier, auf dem am Rande der Straße<br />
zum Río Frio, das erfolgreich seinen Kopf vor uns<br />
versteckte<br />
5.6.6 Wo man Säugetiere am besten findet<br />
Früh am Morgen oder am Abend ist die beste Zeit um Säugetiere zu beobachten.<br />
Die meisten neotropischen Säugetiere sind nachtaktiv. Mit Hilfe von Stirn- oder Taschenlampen kann<br />
man die Augen der Tiere im Dunkeln reflektieren sehen.<br />
Manche Säugetiere kann man mit Geräuschen anlocken. Außerdem kann man für den Menschen nicht<br />
hörbare <strong>La</strong>ute hörbar machen, z.B. Fledermauslaute mittels Fledermausdetektoren.<br />
Am häufigsten sieht man Säugetiere, wenn man alleine in den Wald geht. Es hat sich herausgestellt,<br />
dass die Farbe der Kleidung eine untergeordnete Rolle spielt, denn die meisten Säugetiere sind<br />
farbenblind. Bei ihnen sind eher der Geruchssinn und das Gehör gut ausgebildet.<br />
Säugetiere die sich eher in den Baumkronen aufhalten, kann man gut entlang von Wasserwegen auch<br />
in Bodennähe beobachten. Viele neotropische Säugetiere sind Fruchtfresser und so kann es sich eher<br />
auszahlen ein paar Stunden unter einem Baum zu sitzen, als durch die Gegend zu streifen.<br />
Agutis und Pacas werden durch die <strong>La</strong>ute von herabfallenden Früchten angelockt.<br />
Affen und Eichhörnchen z. B. kann man tagsüber in blühenden Bäumen finden weil sie teilweise<br />
Nektar oder blütenbestäubende Insekten fressen. Überhaupt kann man Affen, Faultiere, Eichhörnchen<br />
und Otter auch tagsüber beobachten.<br />
163
Julia Kerschbaum, Elisabeth Wurglits<br />
Säugetiere<br />
Wasserquellen sind gute Beobachtungsorte, besonders während der Trockenzeit. Auch Müllplätze sind<br />
Orte, die Säugetiere magisch anziehen. Möchte man Säugetiere durch Futter anlocken, sollte man<br />
tagelang haufenweise Früchte oder Körner (für Nagetiere) ausbringen, nicht zu wenig weil das Futter<br />
ansonsten sehr schnell durch Ameisen abtransportiert wird.<br />
Noch eine gute Möglichkeit um Säugetiere zu beobachten, ist ihre Schlafplätze aufzusuchen, z.B. bei<br />
Fledermäusen.<br />
Literaturangaben<br />
EMMONS, L. H., FEER, F., (1990): Neotropical Rainforest Mammals. A Field Guide (The University<br />
of Chicago Press), Chicago Press, Chicago and London<br />
NOWAK, R. M., (1994): Walker’s Bats of the World<br />
http://centralamerica.com/cr/moon/momammal.htm, 27.09.2006<br />
http://de.wikipedia.org/wiki/Faultiere<br />
http://de.wikipedia.org/wiki/Kleinkatzen<br />
http://de.wikipedia.org/wiki/Krabbenwaschbär<br />
http://de.wikipedia.org/wiki/Saimiri<br />
http://de.wikipedia.org/wiki/Syntheosciurus_brochus<br />
http://de.wikipedia.org/wiki/Systematik<br />
http://de.wikipedia.org/wiki/Waschbär<br />
http://earthtrends.wri.org/pdf_library/country_profiles/bio_cou_188.pdf#search=%22mammals%20co<br />
sta%20rica%22, 27.09.2006<br />
http://www.costaricainternetdirectory.com/vpoas.htm, 29.09.2006<br />
164
Michaela Seiz, Birgit Wondratsch<br />
Interaktionen zwischen Pflanzen und Tieren<br />
5.7 INTERAKTIONEN ZWISCHEN PFLANZEN<br />
UND TIEREN<br />
5.7.1 Einleitung<br />
Die Beziehung zwischen Tieren und Pflanzen ist von großer Vielfalt. Da das Tier nicht fähig ist,<br />
Sonnenlicht in Energie umzuwandeln, ist es auf die Pflanze angewiesen. Der Nutzen der Tiere für die<br />
Pflanzen ist erst auf den zweiten Blick erkennbar, der bekannteste ist die Bestäubung durch Insekten<br />
oder Vögel. Auch Samenverbreitung durch größere Tiere ermöglicht erst das Überleben zahlreicher<br />
Pflanzenarten.<br />
Die Wechselbeziehung zwischen Lebewesen zweier Arten, die für beide vorteilhaft ist, nennt man<br />
Mutualismus. Nicht symbiontische Mutualismen zwischen Pflanzen und Tieren umfassen drei<br />
wichtige Kategorien:<br />
• Bestäubung: Befruchtung der Eizelle durch Pollen anderer Pflanzen. Im Gegenzug dienen<br />
Pollen und Nektar als Nahrung für Insekten.<br />
• Samenverbreitung: Samen werden für günstiges Wachstum von der Mutterpflanze wegtransportiert,<br />
Früchte oder auch Samen selbst dienen als Nahrung und somit Belohnung für die<br />
Tiere.<br />
• Schutz (durch Ameisen): Pflanzen werden von Ameisen vor Fressfeinden und Konkurrenzpflanzen<br />
geschützt, im Gegenzug erhalten diese Nahrung und Wohnraum.<br />
Schon die Ursprünge der Pflanzenwelt liegen wahrscheinlich in einer Symbiose: man vermutet, dass<br />
sich Mitochondrien und Chloroplasten dadurch entwickelt haben, dass Einzeller photosyntheseaktive<br />
Bakterien inkorporiert, aber nicht verdaut haben und sich deren Fähigkeit, Photosynthese zu betreiben,<br />
zu Nutze gemacht haben.<br />
Im <strong>La</strong>ufe der Evolution hat diese Wechselbeziehung zu speziellen Anpassungen geführt – Insekten<br />
und Säugetiere sind verdauungsphysiologisch an den, von der Pflanze bereitgestellten, Nektar und<br />
Pollen angepasst, der von der Pflanze zur Anlockung derselben speziell hergestellt wird. Hier zeigt<br />
sich das Darwinsche Prinzip, dass nicht der Stärkste überlebt, sondern der am besten Angepasste. Die<br />
Beziehung ist sowohl für die Pflanze als auch für das Tier von Vorteil, während beide ihre Eigeninteressen<br />
verfolgen.<br />
Die Arten von Beziehungen, die sich zwischen zwei Organismen aufbauen können, kann man allgemein<br />
in vier Kategorien gliedern: Konkurrenz (um Wohnraum, Nahrung, Licht), Parasitismus und<br />
Fraß (hierzu zählt auch die Räuber-Beute Beziehung), Symbiose und außerdem noch die so genannte<br />
Tischgenossenschaft (Kommensalismus, ein Organismus lebt von den Abfällen des anderen).<br />
Von solchen allgemeinen Wechselbeziehungen ausgehend haben sich, speziell in den Tropen, hoch<br />
spezialisierte Symbiosen entwickelt, in denen die Partner füreinander nicht nur von Vorteil, sondern<br />
sogar lebensnotwendig sind. Sie sind beinahe als ein Organismus zu betrachten.<br />
Diese faszinierenden Formen des Zusammenlebens wollen wir an Hand einiger Beispiele von der einfachen<br />
Bestäubung, über spezialisierte Samenverbreitung, bis hin zu tropischen Wundergeschöpfen,<br />
wie den Ameisenpflanzen, näher beleuchten.<br />
5.7.2 Bestäubung<br />
FUNKTION UND MECHANISMUS<br />
Die Bestäubung ist die Übertragung von Pollen, für die Befruchtung der Eizelle in den empfänglichen<br />
Teilen der Pflanze. Die Selbstbestäubung ist relativ selten, und die meisten Pflanzen sind für die Bestäubung<br />
auf Insekten, Vögel oder Fledermäuse angewiesen. Um diese Tiere anzulocken, hat die<br />
Pflanze vielfältige Methoden entwickelt: Bereitstellung von Nektar und/oder Pollen als Nahrung<br />
oder Düfte für einige Bienen (zum Beispiel die Männchen der Prachtbiene, die zur Anlockung ihrer<br />
Weibchen „Parfum“ einsetzen). Interessant ist, wie sehr das Angebot der Pflanzen auf die Insekten<br />
165
Michaela Seiz, Birgit Wondratsch<br />
Interaktionen zwischen Pflanzen und Tieren<br />
oder Tiere eingestellt ist, die vorwiegend ihre Pollen übertragen. Während fledermausbestäubte Blüten<br />
sehr groß, säuerlich riechend, oft gelblich-grau oder blassgrün und mit reichlich schleimigem Nektar<br />
ausgestattet sind, locken vogelbestäubte Pflanzen durch prächtige Farben, oft rot und zeichnen sich<br />
durch Geruchlosigkeit und häufig hängende, röhrenförmige Blüten aus. Bienen und Schmetterlinge<br />
werden von süßlichem Duft angezogen. Pflanzen, die von Aas- oder Dungfliegen bestäubt werden,<br />
sind von unangenehmem Geruch, bräunlicher oder grünlicher Farbe und stellen aminosäurehältigen<br />
Nektar zur Verfügung. Ebenfalls variiert die Zuckerkonzentration im Nektar je nach Favorisierung des<br />
Bestäubers.<br />
Tiere können sich bei der Bestäubung auf gewisse Pflanzen spezialisieren: besuchen sie nur die Blüten<br />
einer bestimmten Pflanze, bezeichnet man sie als monolektische Bestäuber. Bestäuber mehrerer<br />
Pflanzen werden als oligolektisch und Bestäuber vieler Pflanzen als polylektisch bezeichnet. Diese<br />
Begriffe können sowohl auf die Pflanzenfamilie, als auch auf die Gattung und die Art angewandt werden.<br />
Monolektische Bestäuber sind in der Minderheit, weil die Blühperioden der meisten Pflanzen<br />
nicht lange genug dauern, um eine lebenslange Versorgung zu garantieren. Auch kann die Konkurrenz<br />
um eine einzige Pflanze zu hoch sein.<br />
Da viele der Pollen gefressen, an <strong>La</strong>rven verfüttert oder einfach abgestreift werden, muss die Pflanze<br />
diese in großer Anzahl herstellen. Auch ist die Pollenproduktion davon abhängig, ob die Pflanze sich<br />
selbst befruchten kann. Kann sie dies, ist die Anzahl an produzierten Pollen pro Samenanlage wesentlich<br />
geringer als bei Pflanzen, die auf Fremdbestäubung angewiesen sind.<br />
HELIKONIEN UND KOLIBRIS<br />
Die über 300 bekannten Kolibriarten der Familie Trochilidae besiedeln ausschließlich den amerikanischen<br />
Kontinent, hauptsächlich die tropischen und subtropischen Gebiete nördlich und südlich des<br />
Äquators. Die Größe dieser Nektarfresser variiert stark. Mit sechs Zentimeter Länge, inklusive<br />
Schnabel und Schwanzfedern und zwei Gramm Gewicht, ist die so genannte „Bienenelfe“ die kleinste<br />
bekannte Vogelart; die größte Kolibriart – der Riesenkolibri – misst etwa 25 cm und wiegt 20 g.<br />
Der Flügelschlag der Kolibris hat schon viele Wissenschafter und <strong>La</strong>ien fasziniert: bis zu 80 Mal pro<br />
Sekunde schlagen die Vögel mit ihren Flügeln in Form einer liegenden Acht. Die Flügel werden in<br />
einem Winkel von 180° bewegt, was den Kolibris ermöglicht, auch vor einer Blüte in der Luft zu „stehen“<br />
und rückwärts zu fliegen, was im Vogelreich einzigartig ist.<br />
Da die Sauerstoffzufuhr auf Grund des hohen Energiestoffwechsels stark erhöht ist, ist das Herz in<br />
Relation vergrößert und schlägt bis zu 1.260 Mal pro Minute. Ihren enormen Energiebedarf decken sie<br />
mit zuckerhältigem Nektar. In der Nacht können sie ihre Körpertemperatur um bis zu 20 °C und ihre<br />
Herzfrequenz auf ein Minimum senken, ansonsten würden sie verhungern.<br />
Das oft bewunderte metallisch schimmernde Gefieder – das der Männchen ist oft bunter als das der<br />
Weibchen – besitzen nur die Arten der Unterfamilie Trochilinae (auf Deutsch die „Eigentlichen<br />
Kolibris“). Die wenigen Arten der so genannten Eremiten (Phaethornithinae) haben ein erdfarbenes<br />
Gefieder, keinen Geschlechtsdimorphismus und eine schwarz-weiße Gesichtsmaske. Die wichtigsten<br />
Unterschiede der beiden Unterfamilien liegen in der Ernährungsweise und der Form des Schnabels.<br />
Die Eremiten ernähren sich überwiegend insektivor, während sich die „Eigentlichen Kolibris“ durch<br />
Nektarivorie auszeichnen. Der Schnabel der Eremiten ist lang und deutlich gekrümmt, um einerseits<br />
den Besuch von Blüten mit langer, gebogener Kronröhre (wie die der Heliconia), als auch die Erbeutung<br />
bodenbewohnender Insekten zu gewährleisten. Die „Eigentlichen Kolibris“ besitzen meist mittellange,<br />
relativ gerade oder schwach gekrümmte Schnäbel, was auf deren primär nektarivore Ernährung<br />
hinweist. Jedoch fangen auch sie im Flug Insekten, um ihren Eiweißbedarf zu decken, den sie für die<br />
Fortpflanzung benötigen. Die Merkmale des Schnabels – vor allem Länge und Krümmung – variieren<br />
aber auch von Art zu Art, da jede an einen anderen Blütentyp angepasst ist und somit ihre eigene<br />
ökologische Nische besetzt.<br />
Kolibribestäubte Blüten sind wie bei allen vogelbestäubten Blüten meist rot, orange oder gelb.<br />
Sie sind geruchlos, da Kolibris der Geruchssinn fehlt und weisen auf Grund der Fähigkeit der Kolibris,<br />
in der Luft zu „stehen“, keine <strong>La</strong>ndeflächen auf. Die Blüten sind außerdem fast immer röhrenförmig<br />
und lang und somit perfekt an die Schnäbel und die langen Zungen der Kolibris angepasst.<br />
Eine typische kolibribestäubte Pflanze ist die im tropischen Amerika beheimatete Helikonie (der<br />
Familie Heliconiaceae), die mit der Banane eng verwandt ist. Der Name rührt vom griechischen Berg<br />
Helicon, dem Sitz der Musen, her, vermutlich wegen der attraktiven Blütenstände. Die Blüten sind<br />
zygomorph und dreizählig, die Blütenstände hängend oder aufrecht.<br />
166
Michaela Seiz, Birgit Wondratsch<br />
Interaktionen zwischen Pflanzen und Tieren<br />
Die Arten der Gattung Heliconia kann man nach der Art der Kolibris einteilen, die sie bestäubt. Helikonien<br />
werden vor allem von den Eremiten aufgesucht, jedoch gibt es auch Arten, die von trochilinen<br />
Kolibris bestäubt werden.<br />
Eremit-bestäubte Helikonien haben ihr Habitat, wie auch die genannten Kolibris, im Wald. Die Gattung<br />
Eutoxeres sp. hat sich mit ihrem extrem gekrümmten Schnabel ausschließlich auf Helikonien<br />
spezialisiert.<br />
Eremiten sind nicht territorial, sondern fliegen täglich ihre Route, bei der sie immer mehr oder weniger<br />
gezielt bestimmte Pflanzen aufsuchen („trap lining“). Dies fördert die Kreuzbestäubung. Um zu<br />
gewährleisten, dass die Kolibris eine angeflogene Helikonie erneut aufsuchen, blühen immer nur wenige<br />
Blüten pro Tag, mit wenig wässrigem Nektar, nacheinander das ganze Jahr über.<br />
Anders bei den trochilin-bestäubten Helikonien: diese blühen mit vielen Blüten, die reichlich Nektar<br />
enthalten, nur während der frühen bis mittleren Regenzeit. Sie wachsen in großen, oft monoklonalen<br />
Ständen am Waldrand oder in offenen Habitaten. Die trochilinen Kolibris zeigen ein territoriales Verhalten<br />
und verteidigen ihr Revier gegenüber anderen Vögeln und Insekten.<br />
Einige wenige Helikonien-Arten haben grüne oder weiße, in der Nacht blühende Blüten und werden<br />
von Fledermäusen bestäubt, doch sind alle in Costa Rica vorkommende Arten kolibribestäubt.<br />
Goldene Hummerschere<br />
(Heliconia latispatha)<br />
Kolibribeobachtungsstation:<br />
links ein Purpurdegenflügel (Campylopterus hemileucurus),<br />
rechts ein Grünscheitelbrillant (Heliodoxa jacula)<br />
5.7.3 Samenverbreitung<br />
FUNKTION UND MECHANISMUS<br />
Die Samenverbreitung durch Tiere hat sich wahrscheinlich noch vor der Bestäubung durch Tiere entwickelt.<br />
Man fand 200 Millionen Jahre alte Fossilien fleischiger Samen, die dem Verzehr durch einfache<br />
Reptilien angepasst waren. Seit Ende der Kreidezeit ist dieser Mutualismus vertreten.<br />
In den tropischen Regenwäldern erreicht diese Beziehung zwischen Pflanzen und Tieren ihren Höhepunkt:<br />
über 90 % der Bäume und fast alle Sträucher locken mit ihren Früchten und Samen Tiere zur<br />
Verbreitung derselben an. Der Same der Pflanze ist eine ausgereifte Samenanlage, der aus dem ursprünglichen<br />
Endosperm, dem Embryo und den Membranen gebildet wird. Embryo und Endosperm<br />
sind von der schützenden Samenschale umgeben. Die Frucht ist der reife Fruchtknoten mit einem oder<br />
mehreren Samen.<br />
Früchte haben primär den Zweck, die Samen verbreitenden Tiere anzulocken und sie mit Nahrung zu<br />
belohnen, auch der Same selbst dient teilweise als Nahrung, was nicht immer zum Vorteil der Pflanze<br />
ist. Sehr widerstandsfähige Samen oder solche, die nicht verdaut werden können, werden in einiger<br />
Entfernung, der von der Mutterpflanze, wieder ausgeschieden und können dort gedeihen.<br />
Die drei wichtigen Aufgaben der Frucht der Bedecktsamer sind Verbreitung, Schutz und Ernährung<br />
der pflanzlichen Embryonen. Im Aufbau der Frucht besteht, genauso wie im Aufbau der Blüte, ein<br />
Grundschema. Zur Anlockung der Wirbeltiere dient oft der fleischige Auswuchs, der Samenmantel<br />
(Arillus, eine so genannte Scheinfrucht). Ameisen werden mittels Elaiosomen angelockt, worauf wir<br />
später genauer eingehen werden.<br />
Ohne Verbreitung der Samen würden sich diese unter der Mutterpflanze ansammeln. Dort fallen sie<br />
Insekten, herbivoren Säugetieren oder Krankheitserregern zum Opfer. Viele Pflanzen wären, ohne<br />
dieses Zusammenspiel mit den Tieren, vom Aussterben bedroht.<br />
167
Michaela Seiz, Birgit Wondratsch<br />
Interaktionen zwischen Pflanzen und Tieren<br />
Samenverbreitung bringt der Mutterpflanze drei Vorteile:<br />
• Die Elternpflanze kann sich auf noch nicht besiedelten Gebieten neu ausbreiten (Kolonisation)<br />
• Samen und Keimlinge vermeiden die dichteabhängige Sterberate in der Nähe der Mutterpflanze<br />
(Ausweichen)<br />
• Besetzen bestimmter Mikrohabitate, die für die Ansiedlung entscheidend sind (gerichtete<br />
Ausbreitung)<br />
Verbreitungssysteme sind ein Zusammenspiel von Farben, Formen, Düften und Nährwerten, die an<br />
die Tiere angepasst sind, die die Samen und Früchte entweder horten, verzehren und ausscheiden, oder<br />
an ihrem Fell oder Federkleid transportieren.<br />
Die Form des Samens hängt von der Art seiner Verbreitung ab; so besitzen z.B. windverbreitete<br />
Samen flügelähnliche Strukturen. Von Wirbeltieren verbreitete Samen besitzen einen fleischigen,<br />
nahrhaften Auswuchs des Samenmantels, das Fruchtfleisch, das oft reich an Zucker, Stärke oder Fett<br />
ist.<br />
Tiere transportieren die Samen oft bis zu mehrere tausend Meter weit weg von der Mutterpflanze.<br />
Wie die Mechanismen der Blüte zur Anlockung bestäubender Tiere, weisen auch die Samen und<br />
Früchte charakteristische Merkmale zur Anlockung der sie verbreitenden Tiere auf.<br />
Mechanismen der Samenverbreitung<br />
• Zoochorie, die Ausbreitung durch Tiere: Epichorie (durch Anhaftung; durch Kletthafter,<br />
Adhäsionshafter und Klebehafter); Endochorie (Verdauungsausbreitung; Tiere fressen den<br />
Samen, scheiden die nicht verdaulichen Teile wieder aus); Myrmekochorie (Ausbreitung<br />
durch Ameisen); Ornithochorie (Ausbreitung durch Vögel) und Dysochorie (Zufallsausbreitung,<br />
Verstecksausbreitung, Bearbeitungsausbreitung und Ausbreitung während des Nestbaus)<br />
• Animochorie, die Ausbreitung durch Wind, welche die ursprünglichste Form der Ausbreitung<br />
ist: Meteorochorie (Ausbreitung durch Flieger), Chamaechorie (Ausbreitung durch Bodenroller)<br />
• Semachorie, Tier- und Windstreuung: Samen können nicht fliegen, sie werden durch die von<br />
Wind und Tieren verursachten Bewegungen ausgestreut<br />
• Hydrochorie, Verbreitung durch Wasser: Nautochorie (Schwimmausbreitung), Bythisosochorie<br />
(Ausbreitung durch Strömung fließender Gewässer), Ombrochorie (Ausbreitung durch<br />
Regentropfen: Regenschwemmlinge, Regenballisten)<br />
• Hemerochorie: Ethelochorie (Ausbreitung durch Saatgut), Speirochorie (Ausbreitung als<br />
Saatgutbegleiter), Agochorie (Ausbreitung durch unbeabsichtigten Transport)<br />
• Autochorie, Selbstausbreitung: Ballochorie (Ausbreitung durch Schleudermechanismen:<br />
Saftdruckstreuer und Austrocknungsstreuer); Herpechorie (Ausbreitung durch Eigenbewegung<br />
der Diasporen); Barochorie (Ausbreitung durch Schwerkraft); Blastochorie (Ausbreitung<br />
durch Selbstableger)<br />
(Quelle: http://org.wikipedia.de)<br />
Gerade im Regenwald spielt die Zoochorie eine gewichtige Rolle.<br />
Welche Tiere verbreiten welche Arten von Samen?<br />
• Hortende Säugetiere: bevorzugen geschlossene dickwandige Nüsse, die lange überleben, als<br />
„Belohnung“ dient der Same selbst<br />
• Hortende Vögel: wie bei den hortenden Säugetieren; die Samen dürfen nicht zu groß sein, da<br />
der Vogel sie sonst nicht fressen/transportieren kann<br />
• Baumbewohnende Säugetiere: oft Sammel- oder Öffnungsfrüchte, Samen mit Samenmantel<br />
oder Steinfrüchte, Belohnung ist das protein-, zucker- oder stärkereiche Fruchtfleisch<br />
• Fledermäuse: häufig verschiedene, meist hängende Früchte, Belohnung ist das Fruchtfleisch<br />
• Terrestrische Säugetiere: wie bei Fledermäusen; bevorzugen geschlossene Nüsse, Schoten<br />
oder Kapseln, fett- und stärkereiches Fruchtfleisch als Belohnung<br />
• Frugivore (Frucht fressende) Vögel: große Steinfrüchte oder Samen mit Samenmantel,<br />
Fruchtfleisch als Belohnung<br />
168
Michaela Seiz, Birgit Wondratsch<br />
Interaktionen zwischen Pflanzen und Tieren<br />
• Teilweise frugivore Vögel: kleine oder mittelgroße Steinfrüchte, Samen mit Samenmantel<br />
oder Beeren, zucker- oder stärkereiches Fruchtfleisch als Belohnung<br />
• Tiere mit Federn oder Fell: verbreiten Samen mit Widerhaken, Haken oder klebrigen<br />
Haaren; das Tier erhält von der Pflanze nichts als Gegenleistung<br />
• Ameisen: tragen Samen < 3 mm in ihr Nest, erhalten Elaiosomen als Belohnung<br />
Die Samenverbreitung durch hortende Tiere ist nur dann erfolgreich, wenn diese Samen verlieren oder<br />
vergessen, was häufig vorkommt, da sie die Tiere in vielen verschiedenen Verstecken horten.<br />
Samen, die zur Verbreitung von Tieren gefressen und wieder ausgeschieden werden, sind sehr hoch<br />
entwickelt und äußerst widerstandsfähig. Sie müssen Kauwerkzeugen und komplizierten Verdauungssystemen<br />
standhalten.<br />
Im Gegensatz zu den Früchten in den gemäßigten Zonen können tropische Früchte äußerst fettreich<br />
sein, z.B. Muskatnussgewächse oder Misteln. Tiere, die sich normalerweise von Insekten ernähren,<br />
werden durch die stark fett- oder proteinhaltigen Samen angelockt, da diese leichter verfügbar sind<br />
und einen hohen Nährwert bieten.<br />
Durch Vögel vertragene Anhaftungssamen können über sehr große Distanzen an andere Orte gelangen.<br />
Sherwin Carlquist, ein Biogeograf, stellte 1974 fest, dass die Samenverbreitung durch Vögel einen<br />
großen Teil der Biodiversität tropischer Pazifikinseln ausmacht.<br />
Große Säugetiere verbreiten Samen meist nur durch Fressen und wieder Ausscheiden, wobei Pflanzen<br />
mit kleineren Früchten mehr Chancen haben, da sie sowohl von kleinen als auch von großen Tieren<br />
gefressen werden, während große Früchte meist nur für große Tiere von Interesse sind.<br />
Das Verhältnis Aufwand / Belohnung bestimmt, ob ein Tier sich die Mühe macht, an eine bestimmte<br />
Frucht zu gelangen. Sie muss leicht erreichbar und von hohem Nährwert sein, um für die Tiere attraktiv<br />
zu wirken.<br />
Auch zwischen Früchten und Tieren gibt es starke Spezialisierungen: eine Frucht kann für eine Tierart<br />
Hauptnahrungsbestandteil sein.<br />
Wirbeltiere können die Samen über große Entfernungen transportieren und verwerten, neben Fruchtfleisch<br />
und Samenbestandteilen, häufig auch Kapseln und Hülsen. Nur die giftigsten und härtesten<br />
Früchte und Samen werden nicht gefressen, was für manche Pflanze von Nachteil ist, z.B. für die extrem<br />
harten Nüsse des Paranussbaums, worauf wir im folgenden Beispiel näher eingehen wollen.<br />
AGUTI UND PARANUSSBAUM<br />
Der in den Regenwäldern Südamerikas heimische Paranussbaum (Bertholletia excelsa) gehört zur<br />
Familie der Topffruchtbaumgewächse (Lecythidaceae) und kann bis zu 60 m hoch werden. Sein Alter<br />
kann 500 Jahre erreichen und wie bei den meisten langlebigen Pflanzen braucht es einige Jahre, bis er<br />
Blüten und Früchte trägt. Die Samen befinden sich in einer harten Kapselfrucht und können bis zu<br />
drei Kilogramm schwer werden. Sie sind stark eiweiß- und fetthältig, außerdem reich an Mineralstoffen.<br />
Die Paranuss wird in der Nahrungsmittelindustrie genutzt und stellt eine wichtige Einnahmequelle<br />
der Einheimischen im Amazonasgebiet dar, jedoch konnte der Baum nie kultiviert werden. Da die<br />
Nüsse nicht aus kontrolliertem Anbau gewonnen werden können, stammen sie immer aus Wildsammlungen.<br />
Der hohe, dünne Stamm macht Hinaufklettern unmöglich, so können nur die reifen Samen<br />
gesammelt werden, die hinunterfallen. Werden alle Früchte eingesammelt, können keine neuen Bäume<br />
nachwachsen, hauptsächlich wurde jedoch die Anzahl der Paranussbäume in den letzten Jahrzehnten<br />
durch Holzschlag stark reduziert. Zwar liefert der Paranussbaum auch wertvolles Edelholz, aber mit<br />
seinen bis zu 8.000 Nüssen pro Baum stellt er als Nahrungslieferant eine wertvollere Ressource dar.<br />
Mittlerweile wurde der Baum auf die rote Liste gefährdeter Arten der IUCN gesetzt.<br />
Wenn die Kapseln des Paranussbaums zu Boden fallen, springen sie nicht wie viele andere Schließfrüchte<br />
auf. Neben den Menschen ist nur ein Lebewesen fähig, die extrem harte Schale zu öffnen: das<br />
Aguti (Dasyprocta). Agutis (Foto siehe „Säugetiere“) sind Verwandte der Meerschweinchen; sie<br />
haben einen schlanken Körper mit dünnen, langen Beinen, sind an laufende Fortbewegung angepasst<br />
und einzelgängerisch. Der Körperbau einiger Arten hat sich in Abstimmung auf das Leben im dichten<br />
Regenwald entwickelt. Agutis können auf den Hinterbeinen sitzen und mit ihren Vorderpfoten Nüsse<br />
oder Samen festhalten, was es ihnen ermöglicht, lange an einer Stelle zu kauen. So können sie auch<br />
die Paranuss knacken, die sie bis zu 400 m vom Baum wegtragen, um sie teilweise oder ganz geöffnet<br />
169
Michaela Seiz, Birgit Wondratsch<br />
Interaktionen zwischen Pflanzen und Tieren<br />
eingraben, um Vorräte für schlechtere Zeiten zu schaffen. Sie legen viele Vorratslager mit wenigen<br />
Samen an, da diese nun auch für andere Tiere zur Beute werden, wie z.B. für Pecari-Schweine.<br />
Agutis verfügen zwar über ein hervorragendes Gedächtnis, aber dennoch vergessen sie einige der zahlreichen<br />
Verstecke und so können die Samen keimen.<br />
Somit sind Agutis der einzige natürliche Samenverbreiter des Paranussbaums. Leider gehört das Aguti<br />
selbst zu den gefährdeten Tierarten und ist ebenfalls auf der roten Liste der IUCN. Es ist begehrte<br />
Beute für Jaguare, Coyoten oder Ozelots; auch Menschen machen Jagd auf den Nager. Das zarte<br />
Fleisch gilt als Delikatesse, auch wenn die Jagd auf das Aguti inzwischen verboten ist.<br />
Das Überleben des Paranussbaums hängt übrigens nicht nur von diesem einen Mutualismus ab. Nicht<br />
nur die Samen können nur von einem einzigen Tier verbreitet werden, auch die Bestäubung ist nur von<br />
einem einzigen Insekt durchführbar: der großen weiblichen Orchideenbiene (Euglossa). Ihre Zunge<br />
ist lang genug, um in die großen Blüten zu gelangen, zudem legen sie große Distanzen zurück und<br />
erreichen so andere Paranussbäume, die oft in einiger Entfernung zueinander stehen. Die Bienen benötigen<br />
noch andere Nahrungsquellen, da die Paranuss nicht das ganze Jahr über blüht. Euglossa leben<br />
solitär und können nicht vergesellschaftet werden – ein Grund, warum man sie nicht auf Plantagen<br />
züchten und die Paranuss nicht kultiviert werden kann. Darüber hinaus benötigen die Männchen dieser<br />
Spezies Düfte einer bestimmten Orchideenart, um die Weibchen anzulocken – diese wären in einer<br />
künstlichen Paranussmonokultur natürlich nicht zu finden. Die Männchen benötigen die Orchideen,<br />
um Weibchen anzulocken, die Paranuss benötigt die Weibchen zu ihrer Bestäubung. Das komplizierte<br />
Zusammenspiel dieser vielen Organismen erschwert es der Paranuss, sich auszubreiten und ihren<br />
Fortbestand zu sichern.<br />
5.7.4 Beziehungen zwischen Ameisen und Pflanzen<br />
ENTDECKUNG, FUNKTION UND MECHANISMUS<br />
Zwischen tausenden Arten von Ameisen und Pflanzen gibt es Beziehungen, meist parasitischer Natur.<br />
Neben Parasitismus existieren auch Formen, in denen sich Pflanze und Ameise weder nutzen noch<br />
schaden und solche, in denen sie hoch entwickelte Symbiosen eingehen.<br />
Diese findet man bei den so genannten Myrmekophyten (Ameisenpflanzen), die den Ameisen nicht<br />
nur Nahrung, sondern auch Wohnraum bieten und im Gegenzug von diesen gegen Fressfeinde und<br />
sogar Konkurrenzpflanzen verteidigt werden.<br />
Schutz durch Ameisen ist weltweit verbreitet, aber nicht jede Beziehung zwischen Ameisen und<br />
Pflanzen gestattet die Bezeichnung „Ameisenpflanze“. Vielfach wohnen Ameisen in durch Fäulnis<br />
ausgehöhlten Bäumen, dies ist nicht mit Myrmecophytismus gleichzusetzen.<br />
Janzens (geb. 1939) Untersuchungen der Acacia ergaben eindeutige Hinweise auf eine Coevolution.<br />
Coevolution bedeutet, dass zwei Organismen sich in Abstimmung aufeinander entwickelt haben. Eine<br />
Gegentheorie besagt, dass die Anpassungen der Pflanze unabhängig von der Ameise entstanden sind<br />
und erst später von diesen genutzt wurden.<br />
Die aggressive Verteidigung der Pflanzen durch die Ameisen ist nach Barbara Bentley (1976) eine<br />
Anpassung des Verhaltens – auch Fleisch fressende Ameisen beschützen eine Pflanze, wenn Zuckerwasser<br />
auf ihr versprüht wurde. Die Ameisen nutzen die Pflanze darüber hinaus zur Anlockung anderer<br />
Insekten, um diese zu fressen.<br />
Die sich zersetzenden Ameisenleichen düngen die Pflanze; organischer Abfall, den die Ameisen anhäufen,<br />
enthält oft Stickstoff und Phosphor, welche ebenfalls als Dünger dienen.<br />
Als Bestäuber spielt die Ameise eine eher geringe Rolle – in den Blüten hinterlassen sie häufig Zerstörungen,<br />
weswegen die extrafloralen Nektarien unter anderem als Ablenkung entwickelt wurden. Auch<br />
dienen klebrige Zonen um die Blüte deren Schutz. Auf der glatten Körperoberfläche der Ameisen<br />
bleiben die Pollen kaum haften, die Ameise putzt sich häufig und scheidet antibakterielle Substanzen<br />
aus, die den Pollen schaden. Da die Ameise zu Fuß nur geringe Entfernungen zurücklegt, bleibt die<br />
genetisch günstige Fremdbestäubung oft aus.<br />
Die Ameisen tragen Samen in ihr Nest. Auf dem Weg gehen viele davon verloren, wodurch die Ameisen<br />
eine Rolle als Samenverbreiter spielen (Myrmekochorie). Da der Same der Ameise als Nahrung<br />
dient und dadurch viele der wertvollen Samen verloren gehen, hat die Pflanze Samenanhängsel entwickelt,<br />
die Elaiosomen (Ameisenbrot). Der Same selbst wird hier nicht mehr gefressen, sondern nur<br />
die ölreichen Anhängsel.<br />
170
Michaela Seiz, Birgit Wondratsch<br />
Interaktionen zwischen Pflanzen und Tieren<br />
In seinem Buch „The Naturalist in Nicaragua“ hat Thomas Belt festgestellt, dass die ausgeprägtesten<br />
Formen des Mutualismus in den Tropen zu finden sind.<br />
Die gegenseitige Abhängigkeit geht in einigen Fällen so weit, dass beide Partner getrennt voneinander<br />
nicht mehr lebensfähig sind. Wir wollen diesen Fall an Hand von zwei Beispielen erläutern.<br />
ACACIA SP. UND PSEUDOMYRMEX SP.<br />
Die zu der Familie der Fabaceae gehörige Gattung Acacia umfasst mehr als 700 Arten. Besonders<br />
verbreitet ist sie in den Tropen und Subtropen, wo sie häufig an gestörten Standorten wie Flussufern,<br />
Viehweiden oder auf gerodeten Flächen zu finden ist. Die Blätter sind paarig gefiedert und die zu<br />
Köpfchen, Trauben oder Ähren vereinigten, winzigen Blüten verfügen über auffällige Staubgefäße.<br />
Sie verbreiten oft einen starken Duft, der Bienen anlockt.<br />
Der Naturforscher Thomas Belt (1832 – 1878) stellte bereits 1874 fest, dass bestimmte Akazienarten<br />
regelmäßig von Ameisen bevölkert werden.<br />
Acacia-Arten benötigen volles Sonnenlicht und wachsen besonders schnell. Interessant für uns sind<br />
Arten, deren Nebenblätter (Stipeln) zu mehreren Zentimeter langen, stark angeschwollenen, an Büffelhörner<br />
erinnernden Hohldornen umgewandelt sind. In ihnen wohnen und brüten häufig Ameisen,<br />
speziell Pseudomyrmex ferroginea, die nach Janzen in mindestens fünf Spezies der Acacia (A. chiapensis,<br />
A. collinsii, A. cornigera, A. hindsii, A. sphaerocephala) zu finden sind. Diese Wohnräume in<br />
Ameisenpflanzen werden Domatien genannt.<br />
Die jungen Akazien werden durch eine Königin besiedelt. Sie beißt unterhalb der Spitze des jungen,<br />
noch nicht verholzten Dorns ein Eingangsloch, entfernt das Hohlraummaterial und legt 15 – 20 Eier.<br />
Im Hohlraum des Dorns ist sie geschützt, während die erste Brut schlüpft und die Arbeiterpopulation<br />
sich mit rapider Geschwindigkeit vermehrt. Bei schlechter Witterung verschließt eine Arbeiterin das<br />
Eingangsloch mit dem Kopf. Die Brutzeit dieser Spezies ist relativ kurz, und die Anzahl der Ameisen<br />
steigt innerhalb von zwei Jahren auf bis zu 1.100 an. Auch mehrere benachbarte Pflanzen können von<br />
einem großen Volk bewohnt werden. Seltener bewohnen auch zwei verschiedene Kolonien einen<br />
Baum, jedoch in verschiedenen Domatien.<br />
Abgesehen vom Wohnraum bietet die Acacia ihren Bewohnern auch Nahrung. So scheiden zahlreiche<br />
extraflorale Nektarien (Nektarien auf den Blättern, den Sprossachsen oder den Deckblättern) auf der<br />
Mittelrippe der Fiederblätter Nektar aus, der das Grundnahrungsmittel der Ameisen darstellt. Spezielle<br />
gelbgefärbte proteinreiche Fortsätze an der Spitze der Blattfiedern – nach ihrem Entdecker „Belt’sche<br />
Körperchen“ benannt – dienen der Ernährung der Brut.<br />
<strong>La</strong>nge Zeit war man sich nicht sicher, ob nun die Pflanze im Gegenzug Nutzen aus ihren Bewohnern<br />
zieht. Es gab zwei Theorien: Die von Belt begründete Meinung, dass die Ameisen die Pflanze gegen<br />
ihre natürlichen Feinde verteidigen und ihr somit nutzen, stand im Gegensatz zu der, durch Skwarra<br />
und Wheeler vertretenen Meinung, dass nur die Ameisen von dieser Gemeinschaft profitieren. Mit<br />
Belts Studien der Ameisenakazien begannen die ersten ernsthaften Nachforschungen über Myrmekophyten.<br />
Die Tatsache, dass im <strong>La</strong>ufe der Evolution Hohldornen, Belt’sche Körperchen und extraflorale<br />
Nektarien als Vorrichtungen zum Wohlergehen der Ameisen entwickelt wurden, untermauerte<br />
Belts These.<br />
Erst Janzen wies in einem Feldversuch nach, dass hier tatsächlich ein Mutualismus vorliegt. Er entfernte<br />
die Ameisen durch Sprühen mit Parathion und Entfernen der Dornen oder ganzer bewohnter<br />
Äste, so dass kein Schutz mehr durch sie gewährleistet war. Nun wurde die Akazie von pflanzen- fressenden<br />
Insekten und Säugetieren beschädigt, von konkurrierenden Pflanzen überwachsen und beschattet<br />
und Käferlarven zerstörten die Sprösslinge. Vergleichsbäume, die von den Pseudomyrmex<br />
bewohnt wurden, erwiesen sich als wesentlich langlebiger. Belt bezeichnete die Ameisen als die<br />
Armee der Acacia – aggressiv wehren sie erfolgreich Fressfeinde ab, attackieren junge Triebe und<br />
Blätter von Schlingpflanzen, bis diese absterben, und kappen sogar Zweige benachbarter Gewächse in<br />
einem Radius von bis zu 40 cm um die Baumkrone. Bis zu einem Viertel der Ameisenpopulation<br />
patrouilliert Tag und Nacht an der Pflanzenoberfläche und säubert und verteidigt diese. Da brennbares<br />
Pflanzenmaterial in der Nähe der Akazie fehlt, wird sie sogar von Buschfeuern weniger stark beschädigt.<br />
Man ist gut beraten, nicht unbedacht an einer Akazie anzustreifen und den Zorn ihrer Bewohner<br />
auf sich zu ziehen, da ihre Bisse sehr schmerzhaft sein können. Sie reagieren schon bei dem geringsten<br />
Hinweis auf einen Störenfried.<br />
Auch in der Trockenzeit behalten Ameisenakazien das ganze Jahr über ihr <strong>La</strong>ub, wodurch die dauerhafte<br />
Bindung der Ameisen gewährleistet ist.<br />
171
Michaela Seiz, Birgit Wondratsch<br />
Interaktionen zwischen Pflanzen und Tieren<br />
Neben den Akazienarten, für die die Beziehung zum Ameisenpartner lebensnotwendig ist, gibt es auch<br />
solche, die zwar gelegentlich von verschiedenen Ameisenarten besiedelt werden, aber darüber hinaus<br />
chemische Abwehrstoffe gegen Fressfeinde entwickelt haben. Diese Arten produzieren zwar ebenfalls<br />
Nektar, erhöhen die Produktion jedoch um ein Vielfaches, wenn ihre Blätter angefressen werden. So<br />
werden Pseudomyrmex angelockt, die die neue Futterquelle verteidigen.<br />
Akazie mit ihren Bewohnern<br />
(Pseudomyrmex-Ameisen)<br />
Cecropia Futterkörperchen<br />
CECROPIA SP. UND AZTECA SP.<br />
Cecropia-Pflanze<br />
Die häufig an Flussufern oder auf Waldlichtungen zu findende Cecropia – auch Ameisenbaum genannt<br />
– ist mit über 100 Arten in Mittelamerika vertreten und gehört zur Familie der Cecropiaceae.<br />
Ihre Beziehung zu den Azteca-Ameisen ist von ähnlicher gegenseitiger Abhängigkeit geprägt wie die<br />
der Acacia und Pseudomyrmex.<br />
Die 10 – 20 m hohen schnellwüchsigen Bäume sind leicht an der hellen Blattunterseite und den handförmig<br />
geteilten großen Blättern erkennbar. Die Internodien am schlanken Stamm sind stark ausgeprägt.<br />
Wenn Ameisenbäume von größeren Bäumen beschattet werden, werden sie von ihrem Standort<br />
verdrängt. Janzen fand auch hier bei mindestens 70 Cecropia-Arten sichere Hinweise auf einen Mutualismus.<br />
Die Besonderheit der Cecropia liegt in ihrem hohlen Stamm, der an den Blattknoten durch Querwände<br />
in Kammern unterteilt wird. Mindestens zehn Arten beherbergen die Ameisen in diesem Hohlstamm,<br />
weswegen man sie zu den primären Myrmekophyten zählt.<br />
Vertiefungen im Stamm, die so genannten Prostomata, spielen eine Rolle bei der Besiedelung durch<br />
die junge Königin, die sich durch sie einen Eingang in den Stamm nagt. Diese besonders dünnwandige<br />
Stelle findet sich in jedem Internodium. Die Querwände im Inneren des Stamms werden mit dem Anwachsen<br />
der Kolonie durchgenagt, die sich so schließlich über die gesamte Pflanze ausbreitet.<br />
Auch die Cecropia produziert spezielle Futterkörper zur Ernährung der Ameisen. Die eiförmigen<br />
Müller’schen Körperchen besitzen glykogenreiche Plastiden, was eine Seltenheit in der Pflanzenwelt<br />
darstellt, da in der Pflanze Energie sonst als Stärke gespeichert wird. Sie werden im Inneren spezieller,<br />
an den Blattstielansätzen befindlicher Haarpolster, den so genannten Trichilien, gebildet, aus denen sie<br />
im Reifezustand von den Ameisen herausgezogen werden. Jedes Trichilium bildet pro Tag etwa zehn<br />
dieser Körperchen und braucht nach dem Absammeln etwa 20 – 25 Tage zur Neuproduktion. Die Produktion<br />
steigt mit der Nachfrage. Bei den in Gewächshäusern gehaltenen und somit nicht von Ameisen<br />
besiedelten Cecropia-Arten, werden die Müller’schen Körperchen ebenfalls produziert. Die Produktion<br />
der Körperchen ist somit genetisch in der Pflanze festgelegt und nicht direkt durch die Ameise<br />
hervorgerufen.<br />
Weiters werden lipidreiche „Perlkörper“ auf der Blattfläche und am Blattstiel hergestellt, jedoch nur<br />
auf jüngeren Blättern. Verschiedene Beobachtungen haben ergeben, dass die Ameisen kaum Notiz von<br />
ihnen nehmen bzw. die Perlkörner zwar gefressen werden, aber keinen wichtigen Bestandteil der Nahrung<br />
darstellen. Wie auch bei der Akazie verteidigt die Ameise die Cecropia gegen Fressfeinde und<br />
pflanzliche Konkurrenz, und nagt zum Beispiel die an den von der Cecropia bevorzugten offenen<br />
Standorten häufig vorkommenden zahlreichen Lianen ab. Auch die Besiedelung von Epiphyten wird<br />
verhindert.<br />
Gegenüber Käfern ist der Schutz der Ameise effektiv, während sie gegen Zikaden oder Fliegen wenig<br />
ausrichten kann. Auch verteidigt die Ameise die Pflanze in der Trockenzeit heftiger als in den Regenmonaten.<br />
172
Michaela Seiz, Birgit Wondratsch<br />
Interaktionen zwischen Pflanzen und Tieren<br />
In der Cecropia findet eine interessante Symbiose statt. Neben den Nektarien und den Futterkörpern<br />
bezieht die Ameise Energie aus einer weiteren Nahrungsquelle: Schildläuse, die sie im Inneren des<br />
Hohlstamms „halten“. Schildläuse besitzen die Fähigkeit, den stark zuckerhaltigen Assimilationssaft<br />
aus den Leitbahnen (Phloem) der Pflanze zu saugen. Sie verwerten die Aminosäuren und scheiden den<br />
Zuckersaft als Kot, den Honigtau, ab. Dieser dient vor allem der Ernährung der jungen Ameisen.<br />
5.7.5 Tarnung<br />
FUNKTION UND TARNUNGSARTEN<br />
Um sich vor Fressfeinden zu schützen oder auch um besser jagen zu können, bedienen sich Tiere einer<br />
meist visuellen Tarnung. Tiere bewerkstelligen dies auf unterschiedlichste Arten, welche sind:<br />
• Somatolyse: Darunter bezeichnet man die Anpassung an die Struktur und Färbung der Umgebung,<br />
sodass die Tiere quasi unsichtbar werden. Beispiele dafür wären der Tiger, das Zebra<br />
oder der Eisbär.<br />
• Mimese: Diese ist nicht scharf abzugrenzen von der Somatolyse. Tiere mit Tarnung, die in<br />
diese Gruppe fallen, ahmen meist unbelebte Gegenstände ihrer Umgebung nach, wie etwa<br />
Steine, Äste oder Blätter. Stabschrecken ähneln mit ihrem Körperbau einem Ast, während<br />
Gespenstschrecken an ein Blatt erinnern.<br />
• Mimikry: Manche Tierarten ahmen Tiere nach, die mit ihren Warnfarben Räubern ihre Ungenießbarkeit<br />
oder sogar Giftigkeit signalisieren, obwohl sie selbst nicht giftig sind. Einige<br />
Schlangenarten und Schmetterlingsraupen hoffen, so getarnt, von Fressfeinden verschont zu<br />
werden.<br />
• Gegenschattierung: Da Vögel und Fische in einem dreidimensionalen Habitat leben und<br />
somit von oben, als auch von unten angegriffen werden können, müssen sie sich ebenfalls<br />
tarnen. Die Unterseite ist hell gefärbt, da ja bekanntlich die Sonne von oben scheint; die Oberseite<br />
ist dunkel, wie der Untergrund.<br />
• Farbänderung: Unabhängig voneinander entwickelt besitzen manche Tierarten die Fähigkeit,<br />
ihre Farbe zu ändern, um sich an den wechselnden Untergrund anzupassen. Das bekannteste<br />
Beispiel wäre das Chamäleon, aber auch Rochen und andere Plattfische können ihre Farbe<br />
wechseln. Ebenfalls hierzu zählt der Schneehase, der sein Fell nach Jahresverlauf wechselt:<br />
sein Sommerfell ist grau-braun, im Winter ist es weiß.<br />
• Industriemelanismus: Da die einst helle Birkenrinde auf Grund der Luftverschmutzung der<br />
Industriebetriebe mit Ruß geschwärzt wurde, waren die hellen Birkenspanner (eine Schmetterlingsart)<br />
nicht mehr gut gegen den dunklen Untergrund getarnt und fielen Fressfeinden zum<br />
Opfer. Die ursprünglich seltenen dunklen Artgenossen hatten somit einen Überlebensvorteil<br />
und setzten sich genetisch durch.<br />
Einige Tierarten können sich jedoch nicht selbst tarnen, sondern brauchen „Gehilfen“ – ein Beispiel<br />
wäre das Faultier.<br />
FAULTIERE UND ALGEN<br />
Seit seiner Entdeckung im 16. Jahrhundert galt das Faultier als träge, hässlich und wertlos. Erst als<br />
Wissenschaftler in der Mitte des 20. Jahrhunderts das Tier näher erforschten, konnte seine <strong>La</strong>ngsamkeit<br />
endlich nicht nur mit einfacher Faulheit erklärt werden.<br />
Das Faultier der Unterordnung Folivora ist ein wahrer Energiesparer. Es lebt kopfüber hängend in<br />
Bäumen – damit das Regenwasser besser abfließen kann hat es seinen Scheitel am Bauch – und ernährt<br />
sich fast ausschließlich von Blättern, einer nährstoffarmen Kost. Um sich die mühsam erworbene<br />
Energie zu bewahren, bewegt es sich so wenig wie möglich. Anders als bei anderen Säugetieren, bei<br />
denen die Verdauung meist nur einige Stunden dauert, braucht die aufgenommene Nahrung beim<br />
Faultier oft mehr als eine Woche, um den Verdauungstrakt zu passieren, damit eine maximale Absorption<br />
gewährleistet werden kann. Auch muss das Faultier für eine optimale Verdauung seine normalerweise<br />
relativ niedrige Körpertemperatur anheben, was es durch Sonnenbaden bewerkstelligt. Durch<br />
sein dickes Fell kann es die so gewonnene Wärme eine Weile beibehalten. Etwa ein Mal pro Woche<br />
173
Michaela Seiz, Birgit Wondratsch<br />
Interaktionen zwischen Pflanzen und Tieren<br />
klettert das Faultier auf den Boden, um seinen Darm zu entleeren, was bis zu einer halben Stunde dauern<br />
kann. Es ist noch nicht völlig geklärt, aus welchem Grund es die Gefahr auf sich nimmt, sich aus<br />
dem schützenden Dach der Blätter zu entfernen. Es wird vermutet, dass es den Baum düngen will,<br />
damit er weiterhin mit Nährstoffen versorgt wird und seinen Bewohner mit Blättern beliefern kann.<br />
Die Unterordnung Folivora ist gegliedert in die beiden Familien Megalonychidae (Zweifingerfaultiere)<br />
und Bradypodidae (Dreifingerfaultiere). In Costa Rica ist jeweils eine Art jeder Familie beheimatet:<br />
das Braunkehl-Faultier (Bradypus variegatus) und das Hoffmann-Zweifingerfaultier<br />
(Choleopus hoffmanni) (Foto siehe „Säugetiere“). Letzteres wurde früher Zweizehenfaultier genannt,<br />
was jedoch irreführend ist, da es an den Hinterbeinen drei Zehen hat, wie auch das Dreifingerfaultier.<br />
Die Vorderfüße weisen jedoch nur zwei Finger auf, die in Krallen enden, mit denen es sich im Geäst<br />
festklammern kann. Das Zweifingerfaultier ist schwanzlos, hat sechs oder sieben Halswirbel und ist<br />
größer als das Dreifingerfaultier. Überdies ernährt es sich nicht ausschließlich von Blättern, sondern<br />
frisst selten auch Früchte, Knospen und Insekten oder andere kleine Tiere.<br />
Die Dreifingerfaultiere kann man öfter beobachten, da sie tag- und nicht wie die Zweifingerfaultiere<br />
nachtaktiv sind und gern in Cecropia sp. leben – ein mittelhoher Baum mit gut sichtbaren Ästen. Da<br />
sie sich so langsam bewegen und außerdem bis zu 20 Stunden pro Tag schlafen, werden sie von den<br />
Azteca-Ameisen nicht als Feind erkannt und somit toleriert. Eine Besonderheit der Dreifingerfaultiere<br />
sind ihre neun Halswirbel, mit denen sie ihren Kopf um 270° drehen können. Im Gegensatz zu den<br />
Zweifingerfaultieren besitzen sie einen kurzen, etwa 2 – 9 cm langen Schwanz und ihre Vordergliedmaßen<br />
sind deutlich länger als die hinteren. Dies ist auch ein Grund dafür, weshalb die Faultiere sich<br />
nur schleppend am Boden fortbewegen können, etwa wenn sie ihren Baum verlassen, um auf einem<br />
anderen weiter zu fressen.<br />
Im Fell des Faultiers herrscht ein feucht-warmes Milieu, weshalb sich in den Rillen ihrer Haare Algen<br />
ansiedeln. Diese geben dem Faultier seine grünliche Farbe, die es im Blätterdach besser tarnt. Die<br />
Tarnung ist für das Faultier von großer Wichtigkeit, da es auf Grund seiner <strong>La</strong>ngsamkeit sehr leicht<br />
Fressfeinden zum Oper fallen würde. Von den Algen angelockt, legt eine Schmetterlingsart, der<br />
Kleine Zünsler, seine Eier im Fell ab. Die Raupen schlüpfen, weiden die Algen ab und locken ihrerseits<br />
eine Ameisenart an, da sie zur bevorzugten Nahrung dieser Art gehören. Doch bietet das Faultier<br />
auch anderen Insekten, wie Motten oder Käfern, einen Lebensraum, was seine Tarnung komplettiert.<br />
Mit dieser fast perfekten Tarnung, und ihrer energiesparenden Lebensweise, können Faultiere in der<br />
Wildnis 20 – 30 Jahre alt werden.<br />
Literaturangaben<br />
HÖLLDOBLER, B., WILSON, E.O., (1990): The Ants; Springer-Verlag, Berlin Heidelberg,<br />
530 – 535, 545 – 551<br />
HOWE, H.F., WESTLEY, L.C., (1993): Anpassung und Ausbeutung; Spektrum Akademischer Verlag,<br />
141 – 168, 170, 176 – 179, 184 – 202<br />
KRICHER, J., (1997): A Neotropical Companion; Princeton University Press, New Jersey, 69 – 70,<br />
260 – 264<br />
NORMAN, D., (1993): The Brown-Throated Three-Toed Sloths and the Hoffman’s Two-Toed Sloths<br />
of Costa Rica; Educational Pamphlet Series, 2 – 6<br />
NORMAN, D., (1993): The Central American Agoutis of Costa Rica; Educational Pamphlet Series,<br />
1 – 10<br />
WEBER, A., et al., (2001): An Introductory Field Guide to the Flowering Plants of the Golfo Dulce<br />
Rain Forests Costa Rica; Biologiezentrum des oberösterreichischen <strong>La</strong>ndesmuseums, Linz, 138 – 139<br />
ZIZKA, G., (1990): Palmengarten Sonderheft 15: Pflanzen und Ameisen; Stadt Frankfurt am Main,<br />
Frankfurt, 9 – 13, 41 – 56, 63, 78 – 84<br />
174
Michaela Seiz, Birgit Wondratsch<br />
Interaktionen zwischen Pflanzen und Tieren<br />
http://de.wikipedia.org/wiki/Dreifinger-Faultiere<br />
http://de.wikipedia.org/wiki/Faultier<br />
http://de.wikipedia.org/wiki/Heliconia<br />
http://de.wikipedia.org/wiki/Kolibri<br />
http://de.wikipedia.org/wiki/Paranuss<br />
http://de.wikipedia.org/wiki/Samenverbreitung<br />
http://de.wikipedia.org/wiki/Tarnung_(Biologie)<br />
http://de.wikipedia.org/wiki/Zweifinger-Faultiere<br />
http://links.jstor.org.html<br />
http://nationalzoo.si.edu/publications/zoogoer/2002/1/hummingbirds.cfm<br />
http://www.faszination-regenwald.de/info-center/tierwelt/kolibris.htm<br />
http://www.geoscience-online.de/index.php?cmd=focus_detail2&f_id=60&rang=6<br />
http://www.iucnredlist.org/search/details.php/32986/all<br />
http://www.morgenwelt.de/index.php?id=155&backPID=115&tt_news=346<br />
http://www.tierlobby.de/rubriken/Tiergarten/faultiere/faultiere.htm<br />
http://www.uniduesseldorf.de/WWW/MathNat/Biologie/Didaktik/Exoten/Paranuss/dateien/besond2.html<br />
http://www.uniduesseldorf.de/WWW/MathNat/Biologie/Didaktik/Exoten/Paranuss/dateien/frameset.html<br />
http://www.wort-und-wissen.de/index2.php?artikel=sij61-2<br />
http://www.zdf.de/ZDFde/inhalt/6/0,1872,2033446,00.html<br />
http://www.zoo-dresden.de/zooDresden/tiere/tierportraits/saeugetiere/Faultier.html<br />
175
Teil VI<br />
Das Projekt<br />
„Regenwald der<br />
Österreicher“<br />
176
Mario Auer<br />
Das Projekt „Regenwald der Österreicher“<br />
6.1 Das Projekt „Regenwald der Österreicher“<br />
Nach ausgedehnten Costa Rica-Reisen kauft sich der Wiener Michael Schnitzler – ein klassischer<br />
Geiger und Professor an der Wiener Musikhochschule, Enkel des Dichters Arthur Schnitzler – Ende<br />
der 80er Jahre ein Ferienhaus im Süden Costa Ricas, bei der Hafenstadt Golfito am Golfo Dulce,<br />
einer Region, die einen der letzten primären Tieflandregenwälder an der Pazifikküste Mittelamerikas<br />
beheimatet, den Esquinas Regenwald. Dieser Tropische Regenwald zählt zu den artenreichsten Wäldern<br />
der Erde mit schätzungsweise 3.000 Pflanzenarten. Auf einem Hektar wurden hier bis zu 190<br />
Baumarten gezählt – in ganz Mitteleuropa gibt es vergleichsweise nur etwa 50 Baumarten – 100 Reptilien-<br />
und Amphibienarten (darunter 5 Arten von Pfeilgiftfröschen), 350 Vogelarten und 140 Säugetierarten<br />
(darunter Jaguare, Ozelots, Nasenbären, Faultiere und 3 Affenarten).<br />
Michael Schnitzler wird Zeuge der beginnenden Zerstörung des wertvollen Ökosystems durch Abholzungen,<br />
den Bau von Goldminen und die Jagd.<br />
Am 5. Juni 1991 wird zwar ein Dekret vom Präsidenten Costa Ricas unterzeichnet, wodurch der Esquinas<br />
Wald offiziell zum Nationalpark erklärt wird. Doch dieser Vertrag existiert vorerst nur auf<br />
dem Papier, denn der Regenwald verbleibt zur Gänze im Besitz von 140 Bauern aus den umliegenden<br />
Dörfern, die keineswegs in ihren Rechten als Grundeigentümer eingeschränkt werden und sogar weiterhin<br />
Abholzungsgenehmigungen erteilt bekommen. Michael Schnitzler beschließt initiativ zu werden<br />
und gründet 1991 den Verein „Regenwald der Österreicher". Es gelingt nach und nach – mit<br />
Hilfe von Spenden österreichischer NaturfreundInnen – Grundstücke „freizukaufen".<br />
Die Gelder werden der Regierung Costa Ricas übergeben, welche offiziell als Käufer aufscheint. Die<br />
Grundbesitzer erhalten den ortsüblichen Preis von 1 Euro/m², also 1000 Euro/ha. Jedes freigekaufte<br />
Grundstück wird automatisch in den neu gegründeten Nationalpark Piedras Blancas unter dem<br />
symbolischen Namen „Regewald der Österreicher" eingegliedert und somit dauerhaft unter Schutz<br />
gestellt. Bisher gelang es dem Verein eine Fläche von 33,7 km² zu erstehen, wobei man den<br />
Grundstücken, für die bereits eine Abholzungsgenehmigung vorlag, den Vorrang gab. Weitere 50 km²<br />
konnten durch die Mithilfe amerikanischer Umweltorganisationen bzw. der Republik Costa Rica unter<br />
Schutz gestellt werden. Somit ist es bisher gelungen, etwa die Hälfte des 140 km² großen Esquinas<br />
Regenwaldes – das entspricht in etwa der Größe Liechtensteins – vor der Zerstörung zu bewahren.<br />
Ranger im Esquinas Regenwald<br />
Unser Gärtner Luis bei der Durchquerung<br />
des Río Bonito<br />
Versteckt im Regenwald das Haus<br />
von Prof. Michael Schnitzler; Nähe<br />
von Golfito, Golfo Dulce<br />
Bucht von Golfito<br />
Hafen von Golfito<br />
177
Mario Auer<br />
6.2 Die <strong>Tropenstation</strong> „<strong>La</strong> <strong>Gamba</strong>“<br />
Das Projekt „Regenwald der Österreicher“<br />
Der Verein „Regenwald der Österreicher" kümmert sich aber nicht ausschließlich nur um Naturschutz,<br />
auch Forschung und Entwicklungshilfe bzw. nachhaltige Regionalentwicklung sind zentrale<br />
Anliegen des Projektes.<br />
1993 wurde eine Finca mit einer kleinen Wellblechhütte am Rande des Esquinas Waldes angekauft<br />
und in die Obhut zweier Biologen der Universität Wien übergeben (Dr. Anton Weissenhofer und<br />
Dr. Werner Huber), die zum damaligen Zeitpunkt noch Studenten der Botanik waren. Die Hütte<br />
wurde in eine wissenschaftliche Feldstation umgewandelt und bot Wohn- und Arbeitsmöglichkeit.<br />
Durch großes Engagement gelang es im <strong>La</strong>ufe der Zeit, eine Forschungs-, Lehr- und Weiterbildungsinstitution<br />
von internationalem Ruf zu etablieren, welche sich zum Ziel gesetzt hat, einen Beitrag<br />
zum Erhalt und zur Erforschung des Regenwaldes zu leisten. Mittlerweile bietet die <strong>Tropenstation</strong><br />
<strong>La</strong> <strong>Gamba</strong> Platz für ungefähr 20 Personen – zur Zeit gibt es vier Wohn- und Arbeitsgebäude – und<br />
wird hauptsächlich von Studenten und Wissenschaftlern österreichischer Universitäten, vorwiegend<br />
der Universität Wien, in Anspruch genommen, steht jedoch selbstverständlich auch ausländischen<br />
Universitäten und Naturinteressierten offen. Die wissenschaftliche Grundausstattung umfasst eine<br />
umfangreiche Bibliothek, Computer und Notebooks, mehrere Mikroskope und Binokulare, Ferngläser,<br />
ein Spektiv, einen Trockenschrank, Teleskop- Sammelstangen, Waagen, Terrarien, ein ausgezeichnetes<br />
Fotoherbarium u.v.m. Rund um die Station wurde ein 3 ha großer Botanischer Garten mit<br />
über 100 verschiedenen Arten tropischer Fruchtbäume und Nutzpflanzen liebevoll angelegt, der sogar<br />
zwei Naturteiche bzw. den ersten Naturschwimmteich im Südwesten Costa Ricas aufzuweisen hat.<br />
Eine überdachte Tischtennisanlage soll deshalb Erwähnung finden, weil sie eine willkommene Abwechslung<br />
zum Dschungelalltag bietet und sich unter Studenten zum kommunikativen Zentrum entwickelt<br />
hat. Auch ein 30 m hoher Beobachtungsturm, der 2003 im Zuge einer „Universum"-<br />
Dokumentation über die <strong>Tropenstation</strong> vom ORF finanziert wurde, steht Forschern zur Verfügung.<br />
Somit bietet die <strong>Tropenstation</strong> <strong>La</strong> <strong>Gamba</strong> die besten Voraussetzungen für wissenschaftliches Arbeiten.<br />
Seit 1995 wurden zahlreiche akademische Arbeiten abgeschlossen, (insgesamt 40 Bakkalaureatsarbeiten,<br />
Diplomarbeiten und Dissertationen), 25 werden derzeit verfasst und weit über 100 Publikationen<br />
wurden veröffentlicht, unter anderem:<br />
• WEISSENHOFER, A., et al., (2001): An Introductory Field Guide to the flowering plants of<br />
the Corcovado- and Piedras Blancas national park („Regenwald der Österreicher“); OÖ <strong>La</strong>ndesmuseum<br />
Linz, Biologiezentrum, Johann-Wilhelm Kleinstrasse<br />
• HUBER, W., et al., (2002): Katalog zur Ausstellung Helikonien und Kolibris der „Regenwald<br />
der Österreicher" in Costa Rica; Verein zur Förderung der <strong>Tropenstation</strong> <strong>La</strong> <strong>Gamba</strong>, Costa<br />
Rica, Rennweg 14, 1030 Wien, Austria<br />
• HUBER, W., WEISSENHOFER, A., (2005): The Amphibians & Reptiles of the Golfo Dulce<br />
Region, Costa Rica; Faculty Center of Botany, Rennweg 14, A-1030 Vienna<br />
Außerdem werden die vorhandenen Ressourcen von Exkursionsteilnehmern und interessierten <strong>La</strong>ien<br />
ganzjährig genützt. Zu moderaten Preisen werden Übernachtungsmöglichkeiten Vollverpflegung und<br />
die Benützung der gesamten Ausstattung angeboten. Die Kosten betragen je nach Art und Dauer des<br />
Aufenthaltes für Studenten zwischen 16 und 31 USD bzw. für Wissenschaftler zwischen 30 und 40<br />
USD.<br />
Von 1993 bis Ende 2003 wurde die Station vom Verein „Regenwald der Österreicher" geleitet, die<br />
Führung wurde hierauf dem 2003 neu gegründeten „Verein zur Förderung der <strong>Tropenstation</strong> <strong>La</strong><br />
<strong>Gamba</strong>" übertragen, der in Kooperation mit der Universität Wien steht und mit Subventionen der<br />
Universität Wien, des Zentrum für Botanik, Department für Evolutionsbiologie, Department für Naturschutzbiologie,<br />
Vegetation- und <strong>La</strong>ndschaftsökologie der Universität Wien, des Bundesministeriums<br />
für Bildung, Wissenschaft und Kunst, des Vereins „Regenwald der Österreicher" die Station<br />
erhält.<br />
Zwei Projektkoordinatoren der Universität Wien – Dr. Anton Weissenhofer und Dr. Werner Huber<br />
– betreuen die Station, außerdem konnten 6 permanente Arbeitsplätze für die einheimische Bevölkerung<br />
geschaffen werden: Es sind dies die Verwalterin vor Ort Maria Luisa Sanchez Porras, eine<br />
Köchin (Lisbeth Quiroz Ramirez), eine Reinigungskraft (Marie de los Angeles Montiel Montiel)<br />
178
Mario Auer<br />
Das Projekt „Regenwald der Österreicher“<br />
sowie drei Gärtner (Eduardo Gerardo Auraz Suarez, Jose Luis Sanchez Chimenez und Victor Julio<br />
Cruz Garcia).<br />
Haupthaus Rezeption im Haupthaus Terrasse für Studienarbeiten und<br />
Abendentspannung, Haupthaus<br />
Haus Matula<br />
„Speisesaal“, sozialer Treffpunkt mitten<br />
im botanischen Garten<br />
Casa Nueva<br />
Ruhemöglichkeit am Naturschwimmteich<br />
Selbst angelegter Naturschwimmteich<br />
Weg durch botanischen Garten<br />
Richard Weixler Haus mit stationseigener<br />
Pflanzenaufzucht<br />
Die beiden Gärtner Eduardo (links)<br />
und Luis (rechts)<br />
Reinigungskraft Angela (links),<br />
Verwalterin Maria (Mitte) und Köchin<br />
Lisbeth (rechts)<br />
179
Mario Auer<br />
6.3 Die „Esquinas Rainforest Lodge“<br />
Das Projekt „Regenwald der Österreicher“<br />
Wie schon erwähnt, ist auch Entwicklungshilfe ein zentrales Anliegen des Projektes. Durch die Einrichtung<br />
des Nationalparks Piedras Blancas musste zwar niemand ausgesiedelt werden, doch wurde<br />
ein Teil der ansässigen Bevölkerung, vor allem Holzarbeiter und Jäger, in seinen Verdienstmöglichkeiten<br />
bedeutend eingeschränkt. Ein paar Holzfäller der Gemeinde <strong>La</strong> <strong>Gamba</strong> kamen deshalb auf die<br />
Idee, ökotouristische Einrichtungen als Alternative und neue Einnahmequelle zu erschließen. Der<br />
Verein „Regenwald der Österreicher" reichte 1993 das Projekt „Ökotourismus in <strong>La</strong> <strong>Gamba</strong>" bei<br />
der Republik Österreich ein, diese erklärte die nachhaltige Nutzung von Tropenwäldern zum Schwerpunkt<br />
ihres Entwicklungshilfeprogrammes. Das Projekt soll dokumentieren, dass diese kleine Lodge<br />
mit der begrenzten Anzahl von 30 Gästen, die im Sinne eines anspruchsvollen Ökotourismus versorgt<br />
werden wollen, ausreichend Gewinne erzielen kann – ohne dabei die Natur zu zerstören – die es<br />
ermöglichen, den Lebens- und Bildungsstandard einer Dorfgemeinschaft (<strong>La</strong> <strong>Gamba</strong>), bestehend aus<br />
70 Familien, langfristig und dauerhaft zu erhöhen. Die Finanzierung wurde zugesagt und der Verein<br />
„Regenwald der Österreicher" mit der Leitung und Betreuung des Projektes beauftragt. Die Esquinas<br />
Rainforest Lodge wurde am Rande des Nationalparks Piedras Blancas (in unmittelbarer Nähe zur<br />
<strong>Tropenstation</strong> <strong>La</strong> <strong>Gamba</strong>) um etwa 5 Mio ATS (360.000 Euro) gebaut und konnte 1994 eröffnet werden.<br />
Die dem Klima und örtlichem Baustil angepasste Anlage umfasst ein Hauptgebäude, in dem ein<br />
Restaurant, eine Bar und ein Aufenthaltsraum mit Bibliothek untergebracht sind und sieben kleine<br />
Bungalows, die insgesamt mit 14 Zimmern ausgestattet sind. Weiters wurden ein tropischer Garten<br />
mit „chlorfreiem Schwimmbad" und ein 16 km langes markiertes Wegnetz im umliegenden Regenwald<br />
angelegt. Die Übernachtung inklusive 3 Mahlzeiten kostet pro Person zwischen 90 und 135<br />
USD. Aufenthalte im „Regenwald der Österreicher" werden von mehreren österreichischen Reiseveranstaltern<br />
angeboten. Weiters konnten etwa 20 neue Arbeitsplätze für die Menschen aus <strong>La</strong> <strong>Gamba</strong><br />
geschaffen werden.<br />
Bis zum Jahr 2005 war der Verein „Regenwald der Österreicher" Eigentümer der Lodge, danach ging<br />
sie in privaten Besitz über. Aus dem Verkaufserlös wurde ein Fond für Projekte in <strong>La</strong> <strong>Gamba</strong> eingerichtet.<br />
Zahlreiche Projekte wie zB. der Neubau der Schule, die Einrichtung einer Krankenstation, die<br />
Gründung einer Frauengruppe, die Schmuck und Shampoo herstellt, eine Aufzuchtstation für Agutis<br />
(nachtaktive Nagetiere), der Bau eines Kinderspielplatzes, die Erneuerung der Trinkwasserleitungen<br />
und die Implementierung eines Programms für Mülltrennung und Müllbeseitigung konnten bereits<br />
realisiert werden. Einigen Kindern konnte außerdem durch Stipendien der Besuch höherer Schulen<br />
ermöglicht werden.<br />
Das Projekt „Regenwald der Österreicher" ist in seiner Vielschichtigkeit mit den Schwerpunkten Naturschutz,<br />
Forschung und nachhaltige Entwicklungshilfe vorbildhaft und mittlerweile der größte Arbeitgeber<br />
für die Bewohner von <strong>La</strong> <strong>Gamba</strong>. 1995 wurde der Gründer des Vereins Prof. Michael<br />
Schnitzler von der Republik Österreich mit dem „Konrad-Lorenz Staatspreis", dem höchsten Umweltpreis<br />
der Republik, ausgezeichnet. Im Jahr 2000 erhielt der Verein den „Großen-Binding-Preis<br />
für Natur- und Umweltschutz" des Fürstentums Liechtenstein.<br />
Esquinas Rainforest Lodge Chlorfreies Schwimmbecken für Gäste „Caiman Pond“, Naturteich inkl.<br />
Kaimane und Schnappschildkröten<br />
180
Mario Auer<br />
Das Projekt „Regenwald der Österreicher“<br />
Brillenkaiman am Naturteich, zum<br />
Greifen nah<br />
Haus in <strong>La</strong> <strong>Gamba</strong><br />
Projekt „mujeres visionarias“,<br />
Shampooherstellung, Verkaufsraum im<br />
Ort<br />
Literaturangaben<br />
ALBERT, R., et al., (2005): Die <strong>Tropenstation</strong> <strong>La</strong> <strong>Gamba</strong> „Regenwald der Österreicher". Wissenschaftlicher<br />
Bericht; Verein zur Förderung der <strong>Tropenstation</strong> <strong>La</strong> <strong>Gamba</strong>, Wien<br />
HUBER, W., et al., (2002): Katalog zur Ausstellung Helikonien und Kolibris der „Regenwald der<br />
Österreicher" in Costa Rica; Verein zur Förderung der <strong>Tropenstation</strong> <strong>La</strong> <strong>Gamba</strong>, Costa Rica, Rennweg<br />
14, 1030 Wien, Austria<br />
LÖTSCH, B., (1996): Österreichs Transnationalpark mit Costa Rica: Hoffnung und ein Stück-<br />
Ökopatriotismus. In: Esquinas-Nationalpark: Der Regenwald der Österreicher in Costa Rica (Sehnal,<br />
P., Zettel, H., Hrsg.); Naturhistorisches Museum Wien, Wien, 11 – 24<br />
SCHNITZLER, M. (1996): Der „Regenwald der Österreicher" in Costa Rica. In: Esquinas-<br />
Nationalpark: Der Regenwald der Österreicher in Costa Rica (Sehnal, P., Zettel, H., Hrsg.); Naturhistorisches<br />
Museum Wien, Wien, 7 – 10<br />
WEISSENHOFER, A., et al., (2001): An Introductory Field Guide to the flowering plants of the Corcovado-<br />
and Piedras Blancas national park („Regenwald der Österreicher"); OÖ <strong>La</strong>ndesmuseum Linz,<br />
Biologiezentrum, Johann-Wilhelm Kleinstraße<br />
181
Teil VII<br />
Kulinarische<br />
Köstlichkeiten<br />
182
Bernadette Binder<br />
Kulinarische Köstlichkeiten<br />
7.1 Allgemeiner Überblick<br />
Costa Rica ist ein Schmelztiegel an kulturellen Einflüssen, die auch in kulinarischen Belangen<br />
widergespiegelt werden. Zweifellos gehören, nach Meinung der Ticos, Reis und Bohnen zu jeder<br />
guten Mahlzeit, was sich für den Europäer sehr eintönig anhört. Tatsächlich bietet sich dem<br />
kulinarisch Interessierten eine ungeahnte Vielfalt an raffiniert gewürzten Köstlichkeiten, ein Umstand,<br />
der durch die kosmopolitische Gesellschaft der Ticos und Ticas erklärt werden kann. Jeder Gaumen<br />
kann hier etwas für seinen Geschmack finden. Wie eingangs erwähnt besteht die costaricanische<br />
Küche im Wesentlichen aus Reis, schwarzen und roten Bohnen, Mais, Gemüse, Fisch und Geflügel.<br />
Zwei Qualitätsstufen der von uns<br />
besuchten Reisfabrik<br />
Gemüsebuffet in <strong>La</strong> <strong>Gamba</strong>:<br />
(v.l.n.r.) Frittierte Brotfüchte,<br />
gekochter Maniok, gekochter Taro<br />
Fischverkäufer mit Hecht am Markt in<br />
Cartago<br />
Vor allem die Tatsache, dass Reis und Bohnen in Form von Gallo Pinto bereits früh morgens auf dem<br />
Speiseplan stehen, mag den Durchschnittseuropäer vielleicht verwundern, aber wenn man sich einmal<br />
daran gewöhnt hat, ist es vom Frühstückstisch fast nicht mehr wegzudenken. Gallo Pinto ist nicht nur<br />
ein typisch regionales Frühstücksgericht, sondern auch eines der Nationalgerichte von Costa Rica. Es<br />
ist üblich dazu Spiegeleier oder Rührei zu servieren. Mancherorts werden auch Maistortillas und<br />
Sauerrahm dazu gereicht. Auch die Kombination mit gebratenem Speck wird wärmstens empfohlen.<br />
Ein anderes Nationalgericht ist „Casado“, was soviel wie „verheiratet“ bedeutet. Auch hier handelt es<br />
sich um ein Reis-Bohnengericht, zu welchem außerdem noch gebratene Kochbananen, Salat, Gemüse<br />
und als kräftige Beilage Fleisch, Fisch oder Huhn serviert werden.<br />
Traditionell wird in Costa Rica verschiedenes Tropengemüse, wie Yams, Batate oder Maniok, serviert.<br />
Die Zubereitung ist genauso vielfältig, wie die der Kartoffel bei uns.<br />
Besonders erwähnenswert sind außerdem die gefüllten Teigtaschen, welche als Empanadas<br />
bezeichnet werden und die es in den unterschiedlichsten Variationen gibt (süße und pikante<br />
Füllungen).<br />
Gallo Pinto Gegrillter Barsch (Red Snapper) Casado mit Kochbanane<br />
Es lässt sich aber auch der Einfluss internationaler Küche beobachten, der sich durch die Zunahme an<br />
italienischen, chinesischen, mexikanischen und französischen Restaurants widerspiegelt. Auch<br />
japanisches Sushi erfreut sich immer größerer Beliebtheit. Natürlich konzentrieren sich diese Trends<br />
hauptsächlich auf den Großraum San José und einige Tourismusgebiete. Der ländliche Raum wurde<br />
von den kulinarischen Einflüssen der internationalen Gastronomie noch weitgehend verschont,<br />
183
Bernadette Binder<br />
Kulinarische Köstlichkeiten<br />
dennoch sind dort die traditionellen „Sodas“ von vorrangiger Bedeutung. Unter dem Begriff „Soda“<br />
versteht man kleine einheimische Restaurants, in denen landestypische, regionale Gerichte serviert<br />
werden.<br />
Auch eine zunehmende Nordamerikanisierung durch die verschiedenen Fast-Food-Ketten hat<br />
eingesetzt. So ist es nicht verwunderlich, dass man in San José einige McDonalds, Burger Kings,<br />
Pizza Huts und Taco Bells findet. Dieser Trend wirkt sich zunehmend auf das Essverhalten<br />
vornehmlich junger Konsumenten in Costa Rica aus, die es inzwischen vorziehen Hamburger anstatt<br />
Gallo Pinto oder Casado zu essen.<br />
In der Atlantikregion rund um Puerto Limón sind die karibischen Einflüsse allgegenwärtig. So<br />
werden dort viele Gerichte auf der Grundlage von Kokosmilch zubereitet. In den Küstengebieten wird<br />
zudem hauptsächlich Fisch gegessen.<br />
Als Dessert werden in Costa Rica saftige, süße Tropenfrüchte serviert. Außerdem gelten die Ticos<br />
und Ticas als Naschkatzen und lieben daher die süßen Verführungen des Gaumens wie Schokolade,<br />
Kuchen, Torten und Dulce de leche. Wörtlich übersetzt heißt „Dulce de leche“ nichts anderes als<br />
„Süßigkeiten aus Milch“. Mit "Karamel" jedenfalls ist es nur ungenau beschrieben. Milch, Wasser und<br />
viel, viel Zucker werden so lange erhitzt und eingedickt, bis eine äußerst süße, zähe braune Masse<br />
entsteht. Abgesehen von der bräunlichen Farbe könnte man die Creme auch mit gesüßter<br />
Kondensmilch aus der Tube vergleichen. Gerne wird diese Masse pur aufs Brot gestrichen, ähnlich<br />
wie Honig oder Nutella in Mitteleuropa.<br />
Geburtstagstorte, <strong>La</strong> Fortuna<br />
Natürliche „Zuckerl“ - Samen der<br />
Kakaofurcht mit süßer Pulpa<br />
Pancakes am Frühstückstisch<br />
Dulce – Zuckerrohrmelasse<br />
Kokosnussmilch als<br />
Erfrischungsgetränk in den Pausen<br />
Costaricanisches Bier<br />
Auch wenn Limonaden wie Coca Cola weit verbreitet sind, so werden „Refrescos Naturales“,<br />
Fruchtsäfte jeglicher Art auf der Grundlage von Wasser, Milch oder Joghurt, als gesunde Alternative<br />
sehr geschätzt. Im Limonadensortiment findet man auch einige exotische Sorten, wie beispielsweise<br />
Fanta-Traube. Auch in Costa Rica scheint der Trend hin zum „Wellnesswasser“ in verschiedenen<br />
184
Bernadette Binder<br />
Kulinarische Köstlichkeiten<br />
Geschmacksrichtungen angekommen zu sein. Ein gutes Beispiel ist das Produkt „Aqua Crystal“,<br />
welches in den Sorten Weintraube, Erdbeere und Pfirsich erhältlich ist, von der Firma Florida<br />
Bebidas.<br />
Costa Ricas Kaffee zählt zu den besten der Welt und wie bei den Engländern die Tea-Time, trinken<br />
die Ticos am Nachmittag ihren Kaffe mit viel Zucker und Milch. Es existiert allerdings keine so<br />
ausgeprägte Kaffeehauskultur wie in Europa.<br />
Alkoholische Getränke sind in Costa Rica sehr beliebt und das costaricanische Bier muss den<br />
internationalen Vergleich nicht scheuen. Imperial, Bavaria, Pilsen und Rock Ice werden in den<br />
Brauereien Costa Ricas ebenso hergestellt, wie international vertretene Marken, deren Herstellung<br />
durch eine entsprechende Lizenz ermöglicht wurden. So produziert die Firma Florida Ice & Farm Co.<br />
seit 1986 für Heineken.<br />
Auch üppig dekorierte Cocktails sind in Costa Rica sehr gefragt. Der aus Zuckerrohr gebrannte Guaro<br />
kurbelt nicht nur die Verdauung an, sondern lässt sich auch prima mit Fruchtsäften mixen und dient<br />
als Basis für so manchen Cocktail. Die costaricanischen Rumdestillen bieten genug Auswahl, auch für<br />
den verwöhntesten Gaumen.<br />
7.2 Rezepte zur Verwendung von tropischem Gemüse<br />
KOCHBANANE (MUSA X PARADISIACA)<br />
Kochbananen sind aus Kreuzungen zwischen Obstbananen und samenhältigen Bananen entstanden.<br />
Sie haben sehr lange (bis 40 cm) und dicke Früchte, sind kantiger als Obstbananen, haben eine grüne<br />
Schale und ein festes, nicht süßes, aber sehr stärkehaltiges Fruchtfleisch. Kochbananen werden<br />
üblicherweise nicht roh gegessen, sondern gekocht, gegrillt, frittiert oder gebraten. Sie können auch<br />
getrocknet oder zu Mehl gemahlen werden und werden zur Herstellung von Getränken (z.B. Bier)<br />
verwendet. Reife Kochbananen haben eine großteils schwarz verfärbte Schale, manchmal sogar mit<br />
kleineren oberflächlichen Schimmelstellen. Für ihre geschmacklichen Eigenschaften hat das aber<br />
keine negativen Auswirkungen.<br />
Patacones (frittierte Kochbanane):<br />
• 4 Kochbananen<br />
• ½ Liter Frittieröl für eine tiefe Pfanne<br />
(alternativ empfiehlt es sich eine Friteuse zu verwenden)<br />
• Salz<br />
Das Fett in einer tiefen Pfanne erhitzen. Die Kochbananen schälen und in 3 – 5 cm große Stücke<br />
schneiden. Die Stücke im Fett so lange anfrittieren, bis sie eine leichte bräunliche Farbe annehmen.<br />
Dann herausnehmen und auf ein großes Brett legen. Mit einem kleinen Brett die Bananenstücke<br />
platt drücken, damit sie nicht ankleben (am besten mit leichten Drehbewegungen!) Dann mit einem<br />
Messer vorsichtig vom Brettchen lösen und nochmals frittieren, bis sie knusperbraun sind.<br />
Abtropfen lassen, mit Salz bestreuen und genießen.<br />
Gebratene Kochbanane mit Honig<br />
• 4 Kochbananen<br />
• Pflanzenöl<br />
• Honig<br />
Pfanne mit etwas Öl erhitzen, Banane in schräge Scheiben schneiden und goldbraun braten. Im<br />
noch warmen Zustand mit Honig bestreichen. Eignet sich hervorragend als Vorspeise, Dessert oder<br />
auch als Beilage zu Reis.<br />
185
Bernadette Binder<br />
Kulinarische Köstlichkeiten<br />
MANIOK (MANIHOT ESCULENTA)<br />
Der zur Familie der Wolfsmilchgewächse (Euphorbiaceae) gehörende Maniok ist ein bis zu drei Meter<br />
hoher, buschiger Strauch, mit handförmig geteilten Blättern und grünlich-gelblichen Blüten. Die an<br />
der Sprossbasis durch sekundäres Dickenwachstum entstehenden zylindrischen oder spindelförmigen,<br />
nur kurze Zeit lagerfähigen, stärkereichen Knollen erreichen eine Länge von 30 – 50 cm, einen<br />
Durchmesser von 5 – 10 cm und ein Gewicht von 2 – 5 kg. Die Knollen haben eine raue bis glatte,<br />
dunkelbraun gefärbte Schale und ein weißlich oder gelblich gefärbtes Inneres.<br />
Man unterscheidet einerseits bitteren Maniok, der wegen seines hohen Linamarin-Gehalts (giftig)<br />
immer im Milchsaft gekocht werden muss und andererseits den "Aipim" genannten süßen Maniok,<br />
der das Linamarin nur in den äußeren Randschichten der Knolle enthält und daher nur geschält werden<br />
muss. Der Maniok stammt ursprünglich aus Brasilien und war bereits vor dem Eintreffen der<br />
europäischen Kolonisatoren in Südamerika, Mexiko und auf den Antillen verbreitet. Durch<br />
portugiesische Sklavenhändler wurde Maniok im <strong>La</strong>ufe des 16. Jahrhunderts nach Afrika, sowie später<br />
bis nach Indonesien verbreitet.<br />
Der Maniok enthält reichlich Eiweiß und Mineralstoffe wie Kalium, Kalzium und Eisen, sowie<br />
Vitamin C. Maniok kann nicht roh gegessen werden und wird nach dem Waschen und Schälen in<br />
Salzwasser gekocht und ähnlich den Kartoffeln zubereitet. In seinen Anbauländern wird er<br />
üblicherweise nach dem Kochen zu Brei zerstoßen, zu einem haltbaren Mehl "Farinha" oder zu<br />
reiner Stärke "Tapioka" weiterverarbeitet und zu Fladen gebacken.<br />
Frittierter Maniok (Portionen):<br />
• 2 kg Maniok, geschält und in mittelgroße<br />
Stücke geschnitten<br />
• Knoblauch, mehrere Zehen<br />
• 2 Stangen Sellerie, geschnitten<br />
• Salz<br />
• Pflanzenöl<br />
Maniok mit Knoblauch, Sellerie und Salz weichkochen. Anschließend den Maniok goldbraun<br />
frittieren und mit salz verfeinern. (Dippsauce: Olivenöl mit gehacktem Knoblauch und Petersilie)<br />
YAMS (DIOSCOREA BATATAS, KARTOFFELYAMS)<br />
Bei der am meisten angebauten Art erreichen die unterirdischen Knollen eine Länge von bis zu zwei<br />
Metern, ihr Geschmack ist süßlich und ähnelt Esskastanien und Kartoffeln. Sie haben eine<br />
dunkelbraune bis schwarze Haut, sind reich an Provitamin A sowie Kalium und wirken, roh gegessen,<br />
toxisch. Yamswurzeln ähneln geschmacklich und optisch den Süßkartoffeln, sind aber nicht mit ihnen<br />
verwandt. Yamswurzeln werden, üblicherweise gegart, wie Kartoffeln verzehrt, wofür die Wurzeln<br />
geschält und in Würfel geschnitten 10 – 20 Minuten in Salzwasser gekocht werden. Yamswurzel ist<br />
auch in dünne Scheiben geschnitten und geröstet oder frittiert sehr schmackhaft.<br />
SÜßKARTOFFEL (IPOMOEA BATATAS)<br />
Die zur Familie der Windengewächse (Convolvulaceae) gehörende Süßkartoffel ist eine einjährige,<br />
krautige, Windepflanze die an ihrem dahinkriechenden, bis zu drei Meter langen Spross Wurzeln<br />
entwickelt. Durch sekundäres Dickenwachstum entwickeln sich 10 – 20 cm lange und bis zu drei<br />
Kilogramm schweren, purpurroten über bräunlich oder gelblich bis weißlichen, von zahlreichen<br />
Milchröhren durchzogenen Knollen anschwellen. Sie haben eine dicke Schale und schmecken leicht<br />
mehlig, sind rötlich - bräunlich oder gelblich – weißlich gefärbt. Die wechselständigen Blätter sind<br />
kurz gestielt und mit gelappter Spreite versehen.<br />
Süßkartoffeln stammen ursprünglich aus Südamerika und wurden schon von den präkolumbianischen<br />
Inkakulturen angebaut. Im <strong>La</strong>ufe des 16. Jahrhunderts wurden die von den Indianern batate genannten<br />
Süßkartoffeln nach Europa gebracht, und von hier aus bis in den südostasiatischen Raum verbreitet.<br />
Heute werden Süßkartoffeln weltweit in tropischen und subtropischen Gebieten Amerikas, Afrikas<br />
und Asiens angebaut und zählen zu den wichtigsten Grundnahrungsmitteln der Menschheit.<br />
Süßkartoffeln werden wie Kartoffeln vor- und zubereitet. Sie eignen sich sehr gut zum Kochen,<br />
Backen und Pürieren, jedoch weniger zum Braten, da sie relativ schnell zerfallen. Aus den gekochten<br />
Knollen werden Mehl, Stärke und eine Art Sago, sowie alkoholische Getränke hergestellt. Zum<br />
Verzehr werden sie üblicherweise geschält, rundherum mit einer Gabel eingestochen, mit Öl<br />
eingerieben und in Folie gewickelt im Ofen gegart.<br />
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Bernadette Binder<br />
Kulinarische Köstlichkeiten<br />
7.3 Nationalgerichte und andere kulinarische Köstlichkeiten<br />
SUPPEN<br />
Pejibaye-Suppe:<br />
• 10 – 12 Pejibaye<br />
• 3 Tassen Hühnersuppe<br />
• 3 Tassen Milch<br />
• 1 Zwiebel, gehackt<br />
• Knoblauch, gehackt<br />
• 1 roter, grüner und gelber Paprika, gehackt<br />
• Salz und Pfeffer<br />
Pejibaye weichkochen (ca. 45 Minuten), abkühlen lassen und schälen. Anschließend mit der<br />
Hühnersuppe pürieren. Zwiebel, Knoblauch und Paprika sautieren. Anschließend die pürierten<br />
Pejibaye und Milch zugeben. Weitere 5 – 10 Minuten leicht kochen lassen.<br />
Sopa negra, Sopa de habichuelas negras – Schwarze Bohnensuppe (6 Portionen):<br />
• 500 g schwarze Bohnen, am Vortag<br />
einweichen<br />
• 1 Lorbeerblatt<br />
• ½ TL Kreuzkümmel, gemahlen<br />
• ½ TL Oregano<br />
• 1 TL Paprikapulver<br />
• ¼ Tasse Öl<br />
• 1 Zwiebel gehackt<br />
• 1 roter Paprika püriert<br />
• 1 grüner Paprika gehackt<br />
• 6 Knoblauchzehen zerdrückt<br />
• 1 Würfel Gemüsesuppe<br />
• ½ EL Zucker<br />
• 2 EL Essig<br />
• Salz, Pfeffer<br />
Bohnen im Einweichwasser mit Lorbeer, Kreuzkümmel, Oregano und Paprikapulver kochen. Eine<br />
Tasse Bohnen herausnehmen, pürieren und wieder zu den übrigen Bohnen geben. In einem Topf<br />
Zwiebel glasig dünsten und grüne Paprika, Brühwürfel, Zucker und Essig zugeben, einige Minuten<br />
kochen, die Bohnen mit der Flüssigkeit hinzufügen, mit Salz und Pfeffer abschmecken und solange<br />
kochen bis die Suppe etwas eindickt.<br />
FLEISCH- UND FISCHGERICHTE<br />
Casado (1 Portion):<br />
• ½ Tasse gekochter Reis<br />
• ½ Tasse gekochte rote oder schwarze Bohnen<br />
• ½ Tasse Picadillo (Zubereitung siehe „Gemüsegerichte“)<br />
• ½ Tasse „Himmlische“ Kochbanane (Zubereitung siehe „Süß schmeckende Gerichte“)<br />
• Salat<br />
• Fleisch nach Wahl: bistec (landestypische Bezeichnung für dünn geschnittenes, gegrilltes<br />
Rindfleisch, ist kein Beefsteak), Fisch oder Huhn (alternativ zum Fleisch kann auch Käse<br />
serviert werden)<br />
Ceviche (4 – 6 Portionen):<br />
• ½ kg Seebarschfilet, würfelig geschnitten<br />
• 2 Tassen Stangensellerie, fein gehackt<br />
• 3 Tassen Korianderblätter, fein gehackt<br />
• ½ Tasse Petersilie, fein gehackt<br />
• 1 große Zwiebel, fein gehackt<br />
• 1 roter Paprika, würfelig geschnitten<br />
• 6 – 8 Limetten, Saft<br />
• ½ Tasse Weißweinessig<br />
• 3 Lorbeerblätter<br />
• Pflanzenöl<br />
• Salz, Pfeffer<br />
Fisch in eine Glasschüssel geben, sämtliche Zutaten gut vermischen und darüber geben. Dabei ist<br />
darauf zu achten, dass der Fisch gut mit Flüssigkeit bedeckt ist. Um den Fisch zu marinieren, sollte<br />
man ihn über Nacht im Kühlschrank durchziehen lassen. Tags darauf kann er dann kalt, mit<br />
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Bernadette Binder<br />
Kulinarische Köstlichkeiten<br />
russischem Dressing, Tomatensoße oder Salsa serviert werden. Ergänzend empfiehlt sich dazu<br />
Salzgebäck („Soda-Kekse“), Avocados und Patacones.<br />
Chicharrones:<br />
• 1 kg Schweinebauch mit Schwarte<br />
• Salz<br />
• Öl zum Frittieren<br />
• Limetten<br />
Fleisch in mittelgroße Stücke schneiden, Schwarte einschneiden nicht vergessen. Fleisch<br />
anschließend kräftig salzen. Pfanne mit 1/8 Liter Wasser füllen und erhitzen. Fleisch mit der<br />
Schwarte nach oben in die Pfanne legen. Fleisch erst dann wenden, wenn das Wasser vollständig<br />
verdampft ist. Kein Öl oder Fett zugeben, sondern nur vorbräunen. Anschließend die Fleischstücke<br />
in eine Friteuse oder heißes Öl legen und bis zur Wunschbräunung frittieren. Vor dem Verzehr mit<br />
Limettensaft beträufeln.<br />
Empanadas mit Fleischfüllung (10 Portionen):<br />
• 167 g Faschiertes, gemischt<br />
• 167 g Faschiertes Rind<br />
• 100 g durchwachsener Speck<br />
• 100 g Zwiebel<br />
• 4 Eier<br />
• 35 g Oliven<br />
• 65 g Rosinen<br />
• 1 ½ TL Paprikapulver, edelsüß<br />
• 1 ½ TL Kreuzkümmel gemahlen<br />
• Für den Teig: 8 EL Öl, 34 g Hefe, 500 g<br />
Maismehl (kann durch Weizenmehl ersetzt<br />
werden), evtl. Chilischoten<br />
Der Speck und die Zwiebeln kleinwürfelig schneiden und anbraten, anschließend das Faschierte<br />
zugeben und weiter braten. Achtung, nicht verklumpen lassen! Eier hart kochen und zerkleinern.<br />
Rosinen in heißem Wasser aufquellen lassen. Oliven in feine Scheiben schneiden und gemeinsam<br />
mit den Rosinen und Eiern unter die Fleischmasse heben. Mit Paprika, Kreuzkümmel und eventuell<br />
etwas Salz abschmecken. Wer es schärfer mag, kann auch noch klein geschnittenen Chili zugeben.<br />
Für den Teig: Mehl und Hefe mit Öl und ¾ der Milch verkneten. Dann noch solange Milch<br />
zugeben bis der Teig geschmeidig wird, aber noch gleichzeitig fest erscheint. Anschließend den<br />
Teig an einem warmen Ort gehen lassen. Den Teig ausrollen und runde Stücke mit ca. 15 cm<br />
Durchmesser formen. Je 1 – 2 EL Fülle auf eine Hälfte geben und den Rand mit Ei bestreichen.<br />
Anschließend den Teig zu einer Tasche klappen und den Rand festdrücken. Je nach Belieben im<br />
Elektroherd bei 180 °C 20 Minuten backen oder in Fett frittieren.<br />
GEMÜSEGERICHTE<br />
Gallo Pinto (2 – 3 Portionen):<br />
• 1 ½ Tassen gekochte schwarze Bohnen<br />
• 2 Tassen gekochter weißer Reis<br />
• 1 Zwiebel<br />
• ½ roter Paprika<br />
• 3 Knoblauchzehen<br />
• frische Korianderblätter (kann auch durch<br />
Petersilie ersetzt werden)<br />
• 2 TL Worcestershire-Soße oder andere<br />
Gewürzsauce<br />
• Margarine<br />
Würfelig geschnittenen Zwiebel, Knoblauch und Paprika in Margarine anschwitzen, danach<br />
Bohnen, und bei Bedarf etwas Salz, hinzufügen. Mit etwas Flüssigkeit aufgießen, bei mittlerer<br />
Hitze leicht köcheln bis das Wasser verdampft ist. Abschließend Reis beimengen und mit<br />
Korianderblätter und Worcestershire-Soße abschmecken.<br />
Dieses traditionelle Gericht ist üblicherweise eine Frühstücksspeise, kann aber auch zu anderen<br />
Mahlzeiten serviert werden. Zumeist wird dazu Rührei oder Spiegelei und Brot gereicht. Dazu<br />
serviert man meistens auch Sauerrahm, um darin das Brot zu tunken. Auch gebratene Würstchen<br />
oder Speckstreifen bilden eine ideale Beilage für all jene, die es etwas deftiger mögen.<br />
Picadillo (4 – 6 Portionen):<br />
• 680 g Fisolen<br />
• 2 Karotten<br />
• 170 g Korianderblätter, gehackt<br />
• 1 Selleriestange<br />
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Bernadette Binder<br />
Kulinarische Köstlichkeiten<br />
• 1 Zwiebel, gehackt<br />
• 2 Knoblauchzehen, gehackt<br />
• ½ Paprika oder adäquate Menge Chili<br />
• Salz<br />
• Pflanzenöl<br />
Bohnen und Karotten würfelig schneiden. Die übrigen Zutaten in einer großen Pfanne in Pflanzenöl<br />
anschwitzen, Bohnen und Karotten zugeben und gemeinsam sautieren bis das Gemüse gar ist.<br />
Marinierte Chilis:<br />
• 6 Jalapeños (Chili)<br />
• ½ Zwiebel<br />
• 170 g Korianderblätter, gehackt<br />
• ¼ Tasse Essig<br />
• Saft von 5 Limetten<br />
• Salz<br />
Chilis nach Lust und <strong>La</strong>une schneiden oder auch ganz lassen (dann allerdings sollte man die<br />
Schoten mit Nadelstichen perforieren, damit die Flüssigkeit besser eindringen kann). Alle Zutaten<br />
gut miteinander mischen und in ein Einsiedeglas füllen. Vor dem Verzehr einige Tage gut<br />
durchziehen lassen.<br />
Escabeche (Eingelegtes Gemüse):<br />
• 4 Karotten, julienne geschnitten<br />
• 1 Karfiol, zerpflückt<br />
• 340 g Fisolen, klein geschnitten<br />
• 2 Zwiebel, in Ringe geschnitten<br />
• 4 Knoblauchzehen, zerdrückt<br />
• 4 Gewürznelken<br />
• 3 Lorbeerblätter<br />
• 4 Blätter Oregano<br />
• 1 ½ Tassen Essig<br />
• 2 Tassen Wasser<br />
Knoblauch in etwas Öl anbraten und mit ¼ Tasse Wasser aufgießen. Karotten zugeben und ca. fünf<br />
Minuten kochen. Karfiol und Fisolen hinzugeben und nach weiteren fünf Minuten Garzeit Essig,<br />
das restliche Wasser, Gemüse und Gewürze beimengen. Auf kleiner Stufe ca. eine Stunde köcheln<br />
lassen. Anschließend in Einsiedegläser füllen. Mindestens 24 Stunden durchziehen lassen.<br />
SÜSS SCHMECKENDE GERICHTE<br />
„Himmlische Kochbanane“ (8 – 10 Portionen):<br />
• 110 g Margarine<br />
• 340 g Zucker<br />
• 1 Msp. Zimt<br />
• 1 Prise Muskatnuss, gerieben<br />
• 1 Prise Gewürznelke, gerieben<br />
• Vanille<br />
• 1 Limette<br />
• 6 Kochbananen, in Scheiben geschnitten<br />
Margarine, 230 g Zucker, Zimt, Muskat, Nelke, Limettensaft, Vanille und Kochbananen in einer<br />
Frittierpfanne geben und herausbacken bis alles hell goldbraun ist. Danach Wasser hinzufügen bis<br />
die Kochbananen bedeckt sind und mit dem restlichen Zucker betreuen. Bei kleiner Hitze langsam<br />
einkochen bis das Wasser verdunstet ist und die Bananen karamellisiert sind.<br />
Süße Empanada:<br />
• 250 g Mehl<br />
• 1 Msp. Backpulver<br />
• 1 Prise Salz<br />
• 125 g Butter<br />
• 150 g Marillen aus der Dose<br />
• 100 g Zucker<br />
• 1 TL Zimt<br />
• 60 g Pinienkerne<br />
• 50 g Korinthen<br />
• 1 Ei<br />
Mehl, Backpulver, Salz Butter und 4 EL Wasser zu einem glatten Teig verkneten, ca. 45 Minuten<br />
rasten lassen. Das Marillenpüree mit Zimt und Zucker mischen und pürieren. Pinienkerne und<br />
Korinthen unter die Marillenmasse mischen. Teig ausrollen und ca. 10 cm große Kreise ausstecken.<br />
Fülle auf eine Teighälfte geben und den Rand mit Eiweiß bestreichen. Dann den Rand gut<br />
festdrücken. Die Teigtaschen mit Dotter bestreichen und im Ofen bei ca. 200°C goldbraun backen.<br />
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Bernadette Binder<br />
Fruchtsalsa:<br />
• ½ Tasse Orangensaft<br />
• 1 Tasse Papaya, geschält und geschnitten<br />
• 1 Tasse Ananas, geschält und geschnitten<br />
• 2 – 3 Chilis, Sorten nach persönlichem<br />
Geschmack auswählen<br />
Kulinarische Köstlichkeiten<br />
• ¼ Tasse roter Zwiebel, gehackt<br />
• 3 EL Olivenöl<br />
• Salz und Pfeffer<br />
Orangensaft in einen Topf geben und bei mittlerer Hitze, bis zu einer Menge von etwa zwei<br />
Esslöffel, reduzieren. Anschließend abkühlen lassen. Die anderen Zutaten in eine Rührschüssel<br />
füllen, den Orangensaft zugeben und gut verrühren.<br />
Ananas-Mango Salsa:<br />
• 1 Mango, geschält und gewürfelt<br />
• 350 g Ananas, geschält und gewürfelt<br />
• 1 rote Zwiebel, gehackt<br />
• 1 Bund Frühlingszwiebel, gehackt<br />
• 2 EL Limettensaft<br />
• 1 kl. Bund Korianderblätter<br />
Alle Zutaten im Mixer Pürieren und nach Belieben mit Salz und Pfeffer abschmecken.<br />
Gebackene Cherimoya-(4 Portionen):<br />
Zwei bis drei Früchte schälen, halbieren, Kerne vorsichtig entfernen und in dicke Scheiben<br />
schneiden (die Frucht zerfällt leicht). Mit etwas Puderzucker bestäuben, durch einen Backteig<br />
ziehen (wie für Eierkuchen), in heissem Öl schwimmend goldgelb backen, abtropfen lassen und<br />
mit Puderzucker bestäubt auftragen.<br />
Caipirinha-Creme (8 Portionen):<br />
• 6 Blatt Gelatine<br />
• 5 Limetten, unbehandelt<br />
• 4 kl. Eier<br />
• 300 g Zucker, braun<br />
• 100 ml Zuckerrohrschnaps<br />
• 500 g Vollmilchjoghurt<br />
• 400 g Schlagobers<br />
Schale von zwei Limetten abreiben, Schale einer Limette dünn abschälen, in Streifen schneiden<br />
und zum Garnieren beiseite stellen. Gelatine einweichen. Limettenschalenabrieb mit Eiern, Zucker<br />
und Schnaps über heißem Wasserbad dickschaumig rühren. Gelatine ausdrücken und in der<br />
Eiercreme auflösen. Saft von vier Limetten auspressen und mit Joghurt unter die Creme rühren.<br />
Obers steif schlagen und unterheben. Creme in passende Gläser füllen, mit einer Limettenscheibe,<br />
Limettenschalen und Zucker garnieren.<br />
Batido Exótico (4 Portionen):<br />
• 1 Tasse Papaya<br />
• 1 Tasse Mango<br />
• 2 Tassen Ananas<br />
• 2 Tassen Banane<br />
• 3 EL Limettensaft<br />
• 1 ½ Tassen Kokosmilch<br />
• 2 EL Zucker<br />
• Eiswürfel<br />
Papaya, Mango, Ananas und Bananen schälen und würfelig schneiden. Früchte und Limettensaft<br />
im Blender bis zu einer schaumigen Konsistenz mixen. Kokosmilch, Zucker und einige Eiswürfel<br />
hinzufügen. Nochmals mixen.<br />
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Bernadette Binder<br />
Kulinarische Köstlichkeiten<br />
7.4 Cocktails & Co.<br />
COLADAS UND CREMECOCKTAILS<br />
Piña Colada:<br />
• 5 cl brauner Rum<br />
• 5 cl Ananassaft<br />
• 2 cl Kokosnusscreme (Leche de coco;<br />
Sirup für Cocktails)<br />
• 1 cl Obers<br />
• gestoßenes Eis<br />
Kiwi Colada:<br />
• 5 cl weißer Rum<br />
• 5 cl Ananassaft<br />
• 2 – 3 cl Kokosnusscreme<br />
• 2 cl Kiwisirup<br />
• 1 cl Obers<br />
• ½ reife Kiwi, geschält<br />
• gestoßenes Eis<br />
Die Zutaten für die jeweilige Colada im Blender mit Eis mixen und in ein, mit gestoßenem Eis<br />
gefülltes Ballonglas abgießen. Piña Colada mit einem Stück Ananas und einer Cocktailkirsche<br />
garnieren. Kiwi Colada mit einer Kiwischeibe und einer Cocktailkirsche garnieren.<br />
Rum Eggnogg:<br />
• 5 cl weißer Rum<br />
• 10 cl Milch<br />
• 3 cl Obers<br />
• 1 cl Zuckersirup<br />
• 1 Ei<br />
• frisch geriebene Muskatnuss<br />
Die Zutaten im Blender aufmixen und in ein, mit 2 – 3 Eiswürfel gefülltes Longdrinkglas abgießen.<br />
Mit Muskatnuss servieren.<br />
STRONGS UND SÜß-SAURE COCKTAILS<br />
Mojito:<br />
• 5 cl weißer Rum<br />
• 1 cl Zuckersirup<br />
• Saft einer ½ Limette<br />
• 1 – 2 Minzezweige<br />
• Sodawasser<br />
• gestoßenes Eis<br />
Zuckersirup, Limettensaft und Minzeblätter in einem Tumbler geben und mit einem Stößel<br />
zerdrücken. Das gestoßene Eis ins Glas geben, und den Rum dazugießen. Mit Sodawasser<br />
aufgießen und mit einem Minzezweig garnieren.<br />
Banana Daiquiri:<br />
• 5 cl weißer Rum<br />
• 3 cl Limettensaft<br />
• 2 cl Zuckersirup<br />
• 1 cl Bananensirup<br />
• gestoßenes Eis<br />
Die Zutaten im Blender mit dem Eis mixen und in einer Cocktailschale servieren.<br />
Tropical Hurricane:<br />
• 4 cl brauner Rum<br />
• 2 cl weißer Rum<br />
• 3 cl Orangensaft<br />
• 2 cl Zitronensaft<br />
• 2 cl Ananassaft<br />
• 2 cl Maracujasaft<br />
• gestoßenes Eis<br />
Die Zutaten in den Shaker füllen und mit Eis schütteln. Danach in ein mit gestoßenem Eis<br />
gefülltem Ballonglas abgießen.<br />
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Bernadette Binder<br />
Literaturangaben<br />
Kulinarische Köstlichkeiten<br />
BIEDER, B., (2000): Exotische Früchte; Baselife, 1<br />
BLNACKE, R., (2000): Farbatlas Exotische Früchte; Ulmer, Stuttgart<br />
COTO, T., (2005): The best recipes: Costa Rica; Jadine, San José<br />
MÜLLER, B., (2005): Marco Polo: Costa Rica; MairDuMont, Köln<br />
N. N., (2003): Happy hour cocktails; Lingen, Köln<br />
VAN AKEN, N., (1995): The great exotic fruit book; Ten Speed Press, Berkeley<br />
ZAHL, P. P., (1998): Geheimnisse der karibischen Küche; Rotbuch, Berlin<br />
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Impressum<br />
Autoren:<br />
Mario Auer, Ursula Bachlechner, Bernadette Binder, Ines Faber, Theresia Fastian, Walpurga Goebel,<br />
Birgit Jogl, Julia Kerschbaum, Christian Kolowratnik, Barbara Lukasch, Gina Phillip, Stefanie Pichler,<br />
Andrea Pichlmaier, Monika Praschberger, Barbara Rittmannsberger, Franziska Schrempf, Michaela<br />
Seiz, Joachim Simon, Roswitha Stieglmayer, Barbara Vobrovsky-Simon, Birgit Wondratsch, Elisabeth<br />
Wurglits<br />
Fotoquellen:<br />
Ursula Bachlechner, Bernadette Binder, Ines Faber, Theresia Fastian, Walpurga Goebel Birgit Jogl,<br />
Julia Kerschbaum, Christian Kolowratnik, Tatjana Koukal, Barbara Lukasch, Stefanie Pichler,<br />
Franziska Schrempf, Barbara Vobrovsky-Simon, Anton Weissenhofer, Bildersammlung des Instituts<br />
für Botanik<br />
Redaktion, Grafik und Design:<br />
Theresia Fastian, Barbara Vobrovsky-Simon<br />
Korrektur:<br />
Theresia Fastian, Walpurga Goebel, Barbara Vobrovsky-Simon, Anton Weissenhofer<br />
Beratung:<br />
Anton Weissenhofer<br />
Mit freundlicher Unterstützung und Hilfestellung der Mitarbeiter des Instituts für Botanik, Universität<br />
Wien, Rennweg 14, A 1030 Wien.<br />
Druck:<br />
Repa Copy Wien, Nussdorfer Str. 19, A 1090 Wien<br />
Copyright bei den Autoren<br />
Alle Angaben ohne Gewähr.<br />
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