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San Giorgio in Velabro – Heiliger Georg - michael-buhlmann.de

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die Übernahme <strong>de</strong>s Reichenauer <strong>Georg</strong>skultes durch die schwäbischen Herzöge verständlich.<br />

Der Hohentwiel war eben nicht nur e<strong>in</strong>e herzogliche Burg, son<strong>de</strong>rn hier entstand im Verlauf<br />

<strong>de</strong>s 10. Jahrhun<strong>de</strong>rts auch e<strong>in</strong> eigenständiges <strong>Georg</strong>skloster. In <strong>de</strong>r Zeit Herzogs Burchard<br />

III. (954-973) und se<strong>in</strong>er Ehefrau, <strong>de</strong>r „Herzog<strong>in</strong>“ Hadwig (973-994), wird dann die herzogliche<br />

<strong>Georg</strong>sverehrung auf <strong>de</strong>m Hohentwiel <strong>de</strong>utlicher für uns erkennbar. E<strong>in</strong> Hymnus auf<br />

<strong>Georg</strong>, <strong>de</strong>r im Zusammenhang mit <strong>de</strong>m herzoglichen Berg steht, offenbart die Verehrung <strong>de</strong>s<br />

Märtyrers, <strong>de</strong>s heiligen Ritters und Streiters für Christus. Mit <strong>de</strong>m Tod Hadwigs war <strong>de</strong>r<br />

Hohentwiel mit se<strong>in</strong>em <strong>Georg</strong>skult dann <strong>de</strong>m Zugriff <strong>de</strong>r ottonischen Herrscher Otto III. (984-<br />

1002) und He<strong>in</strong>rich II. (1002-1024) preisgegeben. 72<br />

Auf Hermann von Reichenau, Hermann <strong>de</strong>n Lahmen, <strong>de</strong>m be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong>n Historiografen <strong>de</strong>s<br />

Bo<strong>de</strong>nseeklosters s<strong>in</strong>d wir schon e<strong>in</strong>gegangen. Er lebte als Mönch auf <strong>de</strong>r Reichenau <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

Zeit, <strong>in</strong> <strong>de</strong>r sich die Beziehungen zwischen <strong>de</strong>m Kloster und <strong>de</strong>m <strong>de</strong>utschen Königtum<br />

als beson<strong>de</strong>rs eng gestalteten. König He<strong>in</strong>rich II. hatte zu Beg<strong>in</strong>n <strong>de</strong>s 11. Jahrhun<strong>de</strong>rts Verb<strong>in</strong>dungen<br />

zur Mönchsgeme<strong>in</strong>schaft geknüpft, als er im Jahr 1006 Immo von Prüm (1006-<br />

1008), zwei Jahre später Bern von Prüm (1008-1048) als Äbte e<strong>in</strong>setzte und damit <strong>de</strong>r lothr<strong>in</strong>gischen<br />

Klosterreform (mit <strong>de</strong>m Reformmittelpunkt Gorze) auf <strong>de</strong>r Bo<strong>de</strong>nsee<strong>in</strong>sel zum<br />

Durchbruch verhalf. Gera<strong>de</strong> Abt Bern erwies sich als <strong>de</strong>r Exponent <strong>de</strong>r universalen Politik<br />

<strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Herrscher He<strong>in</strong>rich II. und He<strong>in</strong>rich III. (1039-1056), e<strong>in</strong>er Politik, die beispielsweise<br />

<strong>in</strong> <strong>de</strong>r Reichenauer Weltchronistik Hermanns ihren Nie<strong>de</strong>rschlag fand o<strong>de</strong>r im<br />

auf <strong>de</strong>r Reichenau angefertigten Bamberger Perikopenbuch. 73<br />

Der Nähe <strong>de</strong>s Bo<strong>de</strong>nseeklosters zum Herrscher wird umgekehrt die Verehrung <strong>de</strong>s heiligen<br />

<strong>Georg</strong> durch He<strong>in</strong>rich und se<strong>in</strong>e Ehefrau Kunigun<strong>de</strong> (†1033) entsprochen haben. Wir können<br />

Reichenauer E<strong>in</strong>flüsse auf die <strong>Georg</strong>sverehrung beim Herrscherpaar natürlich nur vermuten,<br />

doch wegen <strong>de</strong>r engen Beziehungen zwischen <strong>de</strong>m Kloster und <strong>de</strong>m König wahrsche<strong>in</strong>lich<br />

machen. Immerh<strong>in</strong> besuchte He<strong>in</strong>rich II. die Reichenau erstmals En<strong>de</strong> Juni 1002, wo er das<br />

Fest Johannes‘ <strong>de</strong>s Täufers (24. Juni) feierte. Hier g<strong>in</strong>g es He<strong>in</strong>rich aber zuvor<strong>de</strong>rst um die<br />

Abwehr <strong>de</strong>r Ansprüche <strong>de</strong>s Schwabenherzogs Hermann II. (997-1003) auf das Königtum. 74<br />

Nach <strong>de</strong>ssen Unterwerfung <strong>in</strong> Bruchsal Anfang Oktober 1002 und <strong>de</strong>ssen baldigem Tod<br />

(1003) war aber <strong>de</strong>r Weg für e<strong>in</strong>e Neuordnung Schwabens im S<strong>in</strong>ne <strong>de</strong>s Königtums frei. Wir<br />

erkennen dies u.a. daran, dass He<strong>in</strong>rich <strong>de</strong>n herzoglichen Vorort Hohentwiel endgültig an<br />

sich zog und das dort bef<strong>in</strong>dliche <strong>Georg</strong>skloster nach Ste<strong>in</strong> am Rhe<strong>in</strong> verlegte (1005/07). 75<br />

Dieser Usurpation <strong>de</strong>s herzoglichen <strong>Georg</strong>skultes durch <strong>de</strong>n König entsprach die Etablierung<br />

e<strong>in</strong>er „königlichen Kultlandschaft“ für die <strong>Georg</strong>sverehrung am Bo<strong>de</strong>nsee.<br />

Es wäre nun aber zu kurz gegriffen, <strong>de</strong>n königlichen <strong>Georg</strong>skult nur auf Aspekte <strong>de</strong>s Machtgew<strong>in</strong>ns<br />

und -erhalts zurückzuführen. Heiligenverehrung war <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie gelebtes Christentum,<br />

e<strong>in</strong>e Sache <strong>de</strong>s Glaubens. Dies zeigt sich, als König<strong>in</strong> Kunigun<strong>de</strong> das von ihr zu<br />

e<strong>in</strong>em Frauenkloster ausgebaute Kaufungen (1017/25) mit e<strong>in</strong>er <strong>Georg</strong>skapelle versehen<br />

ließ (um 1015). 76 Dies zeigt sich auch bei <strong>de</strong>r Gründung <strong>de</strong>s Bamberger Bistums (1007), wo<br />

neben <strong>de</strong>m Hauptpatron Petrus auch <strong>de</strong>r heilige <strong>Georg</strong> Berücksichtigung fand; <strong>de</strong>r Bamber-<br />

72<br />

MAURER, Herzog von Schwaben, S.49-52.<br />

73<br />

SCHMALE, F.-J., Die Reichenauer Weltchronistik, <strong>in</strong>: MAURER, Abtei Reichenau, S.125-158, hier: S.128-132; WEINFURTER,<br />

S., He<strong>in</strong>rich II. (1002-1024). Herrscher am En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Zeiten, Regensburg 1999, S.181, 235.<br />

74<br />

BÖHMER, J.F., Regesta Imperii, Bd.II,4: Die Regesten <strong>de</strong>s Kaiserreiches unter He<strong>in</strong>rich II. (1002-1024), neu bearb. v. T.<br />

GRAFF, Wien-Köln-Graz 1971, RI HII 1487b, c.<br />

75<br />

RI HII 1591a; MAURER, Herzog von Schwaben, S.52; WEINFURTER, He<strong>in</strong>rich II., S.51ff, 63.<br />

76<br />

Oberkaufungen, <strong>in</strong>: Handbuch <strong>de</strong>r historischen Stätten Deutschlands, Bd.4: Hessen, hg. v. G.W. SANTE (= Kröner Ta 274),<br />

Stuttgart 3 1976, S.354; WEINFURTER, He<strong>in</strong>rich II., S.95ff.<br />

Michael Buhlmann, Hil<strong>de</strong>gard von B<strong>in</strong>gen, St. <strong>Georg</strong>en und Krauftal 17

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