kein Platz für Handwerker - Nord-Handwerk
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<strong>Handwerk</strong>sKammer :: Schleswig-Holstein<br />
<strong>Handwerk</strong>sKammer :: schleswig-Holstein<br />
Interview mit Schleswig-Holsteins Wirtschaftsminister Reinhard Meyer<br />
„<strong>Handwerk</strong> ist einer unserer<br />
wichtigsten Partner“<br />
Seit Juni letzten Jahres ist Reinhard Meyer Wirtschaftsminister des Landes Schleswig-Holstein. Im<br />
Gespräch mit <strong>Nord</strong><strong>Handwerk</strong> erläutert der Minister seine Rezepte gegen den Fachkräftemangel<br />
und skizziert seine Vorstellungen zur Mittelstandsförderung im Lande. Weitere Themen: das viel<br />
kritisierte Tariftreue- und Vergabegesetz und die viel gelobte Imagekampagne.<br />
NH: Aufgrund Ihrer früheren Erfahrungen<br />
als Wirtschaftsstaatssekretär in Mecklenburg-<br />
Vorpommern ist Ihnen der Wirtschaftsbereich<br />
<strong>Handwerk</strong> bekannt. Wie werten Sie die Bedeutung<br />
des <strong>Handwerk</strong>s <strong>für</strong> das Bundesland SH?<br />
Reinhard Meyer Das <strong>Handwerk</strong> ist<br />
die Basis unseres Mittelstands – und der<br />
Mittelstand das Fundament der schleswig-holsteinischen<br />
Wirtschaft insgesamt.<br />
Ohne die Vielfalt und Innovationskraft des<br />
<strong>Handwerk</strong>s wäre die Wettbewerbsfähigkeit<br />
Schleswig-Holsteins nicht so hoch wie sie<br />
heute ist. Darüber hinaus ist das <strong>Handwerk</strong><br />
einer unserer wichtigsten Partner<br />
bei der Sicherung des Fachkräftebedarfs<br />
von morgen. An dieser Stelle möchte ich<br />
den Vertretern des <strong>Handwerk</strong>s deshalb<br />
ausdrücklich da<strong>für</strong> danken, dass sie sich<br />
so aktiv bei der Fachkräfte-Initiative „Zukunft<br />
im <strong>Nord</strong>en“ einbringen.<br />
Zu Ihren ersten Amtshandlungen gehörten<br />
zahlreiche Gespräche mit den Präsidenten<br />
der Kammern und der Besuch verschiedener<br />
<strong>Handwerk</strong>sbetriebe im Land. Warum haben<br />
Sie diese Nähe gesucht?<br />
Meyer Weil es mir wichtig ist, den<br />
unmittelbaren Kontakt zu den Betrieben<br />
zu bekommen. Nur so kann ich ein Gefühl<br />
da<strong>für</strong> bekommen, wo der sprichwörtliche<br />
Schuh in dem einen oder anderen Fall<br />
drückt.<br />
Was konnten Sie aus den Gesprächen als<br />
Ideen <strong>für</strong> die politische Arbeit mitnehmen?<br />
Meyer Vor allem ein Gefühl <strong>für</strong> die<br />
Stimmung im <strong>Handwerk</strong> und die Wünsche<br />
und Erwartungen aus den Betrieben. Es ist<br />
<strong>für</strong> jeden Politiker wichtig zu verstehen,<br />
mit welch großem bürokratischen Aufwand<br />
wir – angefangen von der EU bis<br />
hin zur kommunalen Ebene – die kleinen<br />
Unternehmen, vor allem im <strong>Handwerk</strong>,<br />
von ihrer eigentlichen Arbeit abhalten.<br />
Das <strong>Handwerk</strong> spielt als Arbeitgeber und<br />
vor allem auch als Ausbilder in SH eine<br />
große Rolle. Gute Rahmenbedingungen<br />
sind <strong>für</strong> das <strong>Handwerk</strong> und den Mittelstand<br />
insgesamt wichtig.<br />
:: Zur Person<br />
Wirtschaftsminister Reinhard Meyer<br />
wurde am 05. September 1959 in Bonn<br />
geboren. Vor seiner Zeit als Wirtschaftsminister<br />
in Schleswig-Holstein war der<br />
Diplom-Politologe von 2001 bis 2005<br />
Staatssekretär im Wirtschaftsministerium<br />
Mecklenburg-Vorpommern und von 2006<br />
bis Juni 2012 Chef der Staatskanzlei in<br />
Mecklenburg-Vorpommern.<br />
Wo sehen Sie das größte Unterstützungspotenzial<br />
beim Thema Mittelstandsförderung von<br />
Seiten der Politik?<br />
Meyer Gerade in den ländlichen Regionen<br />
hat das <strong>Handwerk</strong> eine große Bedeutung,<br />
da es dort Arbeits- und Ausbildungsplätze<br />
zur Verfügung stellt und somit<br />
Gebiete mit rückläufigen Bevölkerungszahlen<br />
auch weiterhin attraktiv gestaltet.<br />
Deshalb fördern wir das <strong>Handwerk</strong> unter<br />
anderem durch Unterstützung bei überbetrieblicher<br />
Ausbildung oder durch den<br />
Ausbau von Infrastruktur.<br />
Eine der größten Herausforderungen<br />
<strong>für</strong> das <strong>Handwerk</strong> ist die Sicherung der<br />
Fachkräfte.<br />
Wie kann die Politik dabei helfen?<br />
Meyer Die Politik kann den Betrieben<br />
die Verantwortung <strong>für</strong> ihre Mitarbeiter<br />
nicht abnehmen, aber wir können in<br />
enger Kooperation mit den Kammern<br />
Hilfe anbieten. Und das <strong>Handwerk</strong> hilft<br />
uns umgekehrt beispielsweise enorm bei<br />
unserer Fachkräfte-Initiative.<br />
Nach meiner Beobachtung sehen die<br />
Betriebsleiter und Ausbilder in erster Linie<br />
Defizite in der Schulbildung und die<br />
negative demografische Entwicklung als<br />
Ursachen <strong>für</strong> den Fachkräftemangel an. Arbeitnehmer<br />
richten ihre Arbeitsplatzwahl<br />
unter anderem nach dem Einstiegsgehalt,<br />
Weiterbildungsmöglichkeiten, Übernahmegarantien<br />
und dem Arbeitsklima. Hier<br />
liegt die Verantwortung bei den Betrieben,<br />
die ihrerseits eine hochwertige Ausbildung<br />
bieten müssen, um Auszubildende<br />
zu motivieren und <strong>für</strong> den erlernten<br />
Beruf weiter zu begeistern. Durch ein<br />
gutes Arbeitsklima und das Angebot von<br />
Weiterbildungsmaßnahmen können sie<br />
eine Mitarbeiterbindung auch zukünftig<br />
sichern.<br />
Wir unterstützen Berufsanfänger bereits<br />
mit spezifischen Maßnahmen bei dem Berufseinstieg,<br />
durch die regionale Ausbildungsbetreuung<br />
und bei dem Übergang<br />
von der Schule zum Beruf.<br />
In unserer Fachkräfte-Initiative sind wir<br />
dabei, bis September im Schulterschluss<br />
mit Kammern, Verbänden, Hochschulen,<br />
der Bundesagentur und den Gewerkschaften<br />
bis zum September 2013 einen<br />
Aktionsplan vorzulegen. Dieser wird<br />
konkrete Maßnahmen <strong>für</strong> die Sicherung<br />
von Fachkräften enthalten, die nach Ende<br />
der Initiative sofort umgesetzt werden.<br />
Hauptaugenmerk richten wir dabei auf<br />
die Erschließung von Arbeitskräftereserven<br />
sowie der Aus- und Weiterbildung.<br />
Im Anhörungsverfahren <strong>für</strong> das Tariftreue- und<br />
Vergabegesetz gab es deutliche Kritik von<br />
Seiten des <strong>Handwerk</strong>s. Nun ist es beschlossen.<br />
Wie werten Sie das Ergebnis?<br />
Meyer Die Mehrheit des Landtages<br />
hat dieses Gesetz so gewollt. Die anfangs<br />
scharfe Kritik hat ja bereits zu Änderungen<br />
geführt, auch wenn diese manchem Kritiker<br />
nicht weit genug gehen.<br />
Meiner Ansicht nach haben<br />
wir einiges erreicht,<br />
zum Beispiel indem es<br />
<strong>kein</strong>e ursprünglich vorgesehene<br />
zusätzliche<br />
Prüfbehörde geben<br />
wird. Eine „Tarifpolizei“<br />
habe ich<br />
immer abgelehnt.<br />
Grundsätzlich<br />
Foto: Grünke<br />
sollte das Verhältnis des Gesetzgebers zur<br />
Wirtschaft durch Vertrauen und nicht<br />
durch Misstrauen geprägt sein.<br />
Unser Anliegen ist es, dass Auftragnehmer<br />
ihre Mitarbeiter anständig bezahlen. Dumpinglöhne<br />
sollen in Schleswig-Holstein<br />
künftig bei öffentlichen Aufträgen <strong>kein</strong>e<br />
Chance haben.<br />
Auch das Thema Nachhaltigkeit ist in<br />
aller Munde. Es sollen aber auch Taten<br />
folgen. Deshalb sollen soziale und ökologische<br />
Kriterien zu einem gewichtigen<br />
Maßstab bei Beschaffungen der öffentlichen<br />
Hand in Schleswig-Holstein werden.<br />
Die Imagekampagne des deutschen <strong>Handwerk</strong>s<br />
soll weiter verlängert werden. Wie<br />
kommt „Die Wirtschaftsmacht. Von nebenan.“<br />
bei Ihnen an ?<br />
Meyer Ich begrüße die Fortsetzung der<br />
Imagekampagne, die sehr eindrucksvoll<br />
aufzeigt, wie umfassend das <strong>Handwerk</strong><br />
unseren Alltag gestaltet.<br />
Das <strong>Handwerk</strong> begleitet uns jeden Tag –<br />
sozusagen „rund um die Uhr“. Dabei profitieren<br />
wir von dem Können der <strong><strong>Handwerk</strong>er</strong>innen<br />
und <strong><strong>Handwerk</strong>er</strong>.<br />
Man kann zu dem Fazit kommen: „Das<br />
Leben wäre sehr beschwerlich ohne das<br />
<strong>Handwerk</strong>.“ Selbstbewusst verstärkt wird<br />
diese „Erkenntnis“ durch das Motto 2012:<br />
„Wir sind <strong><strong>Handwerk</strong>er</strong>. Wir können das.“.<br />
Zu guter Letzt die Frage, die wir jedem Politiker<br />
stellen. Sind Sie selbst ein guter <strong><strong>Handwerk</strong>er</strong>,<br />
oder geht es Ihnen wie vielen Heimwerkern<br />
und Sie träumen von <strong><strong>Handwerk</strong>er</strong>n?<br />
Meyer Ich bin handwerklich<br />
nicht begabt und nehme deshalb<br />
häufig die Dienstleistungen von<br />
<strong><strong>Handwerk</strong>er</strong>n in Anspruch.<br />
Herr Minister, vielen Dank <strong>für</strong> das<br />
Gespräch.<br />
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