kein Platz für Handwerker - Nord-Handwerk
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<strong>Handwerk</strong>sLeben :: Betrieb<br />
<strong>Handwerk</strong>sLeben :: betrieb<br />
Feine Pinselstriche und<br />
glühende Bronze<br />
Wie vor 4.000 Jahren fertigen die Ziseleure der Bildgießerei Wittkamp im<br />
schleswig-holsteinischen Elmenhorst Bronzefiguren. Sie modellieren weiches Wachs,<br />
gießen glühende Bronze und punzen mit Hammerschlägen feine Oberflächen.<br />
Vorsichtig schiebt Michael Wittkamp den<br />
Deckel eines Behälters zur Seite. Darin<br />
kocht eine feuerrote Masse. Der Schein spiegelt<br />
sich in seiner Maske. Eingehüllt in eine Schürze,<br />
hitzebeständige Schuhe, Handschuhe, Helm<br />
und Atemmaske schützt er sich vor der Wärme.<br />
Im Raum wird es immer wärmer. Seit zwei<br />
Stunden ist Wittkamp dabei, 120 Kilogramm<br />
Bronze zu schmelzen. Ohne ein Thermometer<br />
zu nutzen, sieht er anhand der Farbe, dass das<br />
glühende Metall annähernd<br />
1.150 Grad heiß ist. Jetzt ist<br />
es flüssig. Jetzt kann es der<br />
Ziseleurmeister zum Gießen<br />
von Figuren verwenden, die<br />
in große und kleine Schamottblöcke<br />
eingehüllt im<br />
Raum stehen.<br />
Wittkamp weiß, was sich darin verbirgt. Es ist<br />
die Arbeit einer ganzen Woche. Die beginnt mit<br />
feinen Pinselstrichen und endet am Brennofen.<br />
Die Hitze des Brennraums, darf nicht in die<br />
„Das Gesicht<br />
ist absolut tabu“<br />
Michael Wittkamp, Ziseleurmeister<br />
aus Elmenhorst<br />
Werkstatt gelangen – zu groß ist das Risiko,<br />
dass die Ergebnisse tagelanger Arbeit binnen<br />
Minuten zerfließen.<br />
In den Regalen stehen Köpfe und Tiere aus<br />
Gips. Sie stammen von Künstlern aus ganz<br />
Deutschland. Wochenlang arbeiteten sie an Details.<br />
Michael Wittkamp wird 100-prozentige<br />
Abbilder in Bronze gießen.<br />
Bevor das glühende Metall zum Einsatz<br />
kommt, müssen Wittkamp und sein Team behutsam<br />
arbeiten. Sie formen<br />
die Figuren mit Silikon und<br />
Gips ab. Das entstandene<br />
Negativ bestreichen sie in<br />
dünnen Schichten mit heißem<br />
Wachs. Je dicker sie es<br />
auftragen, umso kälter muss<br />
es sein. Sie pinseln so lange, bis das grüne Wachs<br />
das rote Silkon verdeckt. Maximal haben die<br />
Figuren später eine Wanddicke von 8 Millimeter.<br />
Innen sind fast alle hohl.<br />
Die Wachsmodelle werden von innen mit<br />
Fotos: Seemann (5)<br />
Mit heißer Bronze werden<br />
in Elmenhorst Figuren gegossen.<br />
einer Gips-Schamott-Masse gefüllt und von<br />
außen damit bedeckt. Seitlich befestigen die<br />
<strong><strong>Handwerk</strong>er</strong> Einguss- und Lüftungsröhrchen.<br />
Die können sie nur dort setzen, wo sie später<br />
den Betrachter nicht stören. „Das Gesicht ist<br />
absolut tabu“, sagt Wittkamp.<br />
Nach dem Auftragen und Aushärten der äußeren<br />
Schamottschicht gleichen die Skulpturen<br />
viereckigen Betonklötzen. Diese schiebt der<br />
Meister <strong>für</strong> 72 Stunden in einen Brennofen.<br />
Er nutzt das Wachsausschmelzverfahren. Wachs<br />
verdampft. Übrig bleibt die hohle Form.<br />
Dank der angebrachten Röhrchen hat jeder<br />
Klotz zwei Öffnungen – zum Gießen.<br />
Nur mit Hilfe eines Krans können zwei Mitarbeiter<br />
den glühenden Behälter aus dem Ofen<br />
ziehen. Sie rühren die Masse kräftig um, hängen<br />
den Behälter zwischen zwei Stangen. Meister<br />
Wittkamp gibt vor, wo welche Figuren gegossen<br />
werden. Behutsam neigen die Männer den<br />
Behälter. Glühende Bronze fließt in den Klotz<br />
– so lange, bis sie aus dem zweiten Loch wieder<br />
austritt.<br />
Sie müssen sich beeilen. Bei 960 Grad wechselt<br />
die Bronze wieder in den festen Zustand.<br />
„Deshalb wissen wir nie genau, wie viele Figuren<br />
wir schaffen. An einem Tag gießen wir maximal<br />
drei Mal“, sagt Wittkamp.<br />
Da sich Bronze am besten im kalten Zustand bearbeiten<br />
lässt, lässt Wittkamp die Figuren möglichst<br />
lange abkühlen und schlägt sie dann aus der Form.<br />
Es beginnt die Metallbearbeitung. Alle Röhrchen<br />
werden abgeschnitten und die Stellen<br />
korrigiert. Da größere Skulpturen immer aus<br />
mehreren Teilen bestehen, werden sie zusammengesetzt.<br />
Damit niemand die Nahtstellen<br />
erkennen kann, nutzen die Ziseleure Techniken<br />
der Oberflächenbearbeitung und chemischer<br />
Hilfsmittel, mit denen sie die Farbe der Figuren<br />
beeinflussen. Erst wenn der Künstler sein Werk<br />
zufrieden abholt, weiß Wittkamp, das er gute<br />
Arbeit geleistet hat.