GER: Gemeinsamer europäischer Referenzrahmen für Sprachen
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Die Lernfähigkeit (savoir-apprendre, vgl. Abschnitt 5.1.4) aktiviert die persönlichkeitsbezogenen Kompetenzen,<br />
das deklarative Wissen und die prozeduralen Fertigkeiten und stützt sich auf verschiedene Arten von<br />
Kompetenz. Die Fähigkeit zum Lernen kann man deshalb auch verstehen als 'prozedurales Wissen oder<br />
Bereitschaft für die Entdeckung des 'Anderen'' – gleich, ob es sich dabei um eine andere Sprache oder Kultur,<br />
andere Menschen oder neue Bereiche des Wissens handelt.<br />
Die Fähigkeit zum Lernen ist in vielen Bereichen einsetzbar; sie ist aber besonders relevant für das <strong>Sprachen</strong>lernen.<br />
Je nachdem, um welche Lernenden es sich handelt, umfasst die Fähigkeit zum Lernen verschiedene<br />
Ausprägungen und Kombinationen<br />
- der persönlichkeitsbezogenen Kompetenz, wie z. B.: die Bereitschaft, die Initiative zu ergreifen oder<br />
auch bei direkter (face-to-face) Kommunikation Risiken einzugehen, um sich selbst Gelegenheit zum<br />
Sprechen zu verschaffen; die Bereitschaft, Gesprächspartner zu Hilfen zu veranlassen, indem man sie<br />
bittet, etwas in einfacheren Worten zu wiederholen usw. Dazu gehört auch die Fähigkeit zum Hörverstehen,<br />
einschließlich der Aufmerksamkeit dafür, was gesagt wurde, und eines geschärften Bewusstseins<br />
für die Risiken interkultureller Missverständnisse.<br />
- des deklarativen Wissens, wie z. B.: die Kenntnis der morphosyntaktischen Eigenschaften des Flexionssystems<br />
einer Sprache oder ein Gefühl für Tabus oder besondere Rituale, die in bestimmten Ländern<br />
mit Aspekten der Ernährung oder der Sexualität verbunden sein könnten, bzw. dafür, dass diese<br />
religiöse Konnotationen haben könnten;<br />
- von Fertigkeiten und prozeduralem Wissen, wie z. B.: die Fähigkeit, ein Wörterbuch zu benutzen oder<br />
sich in einem Dokumentationszentrum zurechtzufinden; die Fähigkeit, audiovisuelle Medien oder einen<br />
Computer oder das Internet als Lernhilfe zu benutzen.<br />
Bei ein und derselben Person kann der Gebrauch der Fertigkeiten und des prozeduralen Wissens ebenso<br />
variieren wie die Fähigkeit zum Umgang mit Unbekanntem. Diese Variation hängt ab<br />
- vom Sprechanlass, je nachdem, ob die Person mit neuen Gesprächspartnern zu tun hat, einem völlig<br />
unbekannten Wissensgebiet, einer wenig vertrauten Kultur oder einer fremden Sprache;<br />
- vom Kontext: Konfrontiert mit der gleichen Erscheinung (z. B. Eltern-Kind-Beziehungen in einer bestimmten<br />
Gesellschaft), wird der Prozess der Erkenntnisgewinnung und der Bedeutungszuschreibung<br />
zweifellos bei einem Ethnologen anders sein als bei einem Touristen, einem Missionar, einem Journalisten,<br />
einem Pädagogen oder einem Arzt, weil jeder von ihnen nach den Regeln seiner Disziplin oder<br />
nach seinen eigenen Interessen handeln wird.<br />
- von den herrschenden Umständen oder früheren Erfahrungen: Es ist durchaus möglich, dass die Fertigkeiten,<br />
die beim Lernen einer fünften Sprache eingesetzt werden, verschieden sind von denen beim<br />
Erlernen der ersten.<br />
Solche Variation muss man neben Konzepten wie 'Lernstile' oder 'Lernerprofile' berücksichtigen, wenn man<br />
diese nicht als endgültig und unveränderbar ansehen möchte.<br />
Welche Strategien ein Mensch zur Bewältigung einer Lernaufgabe auswählt, hängt davon ab, wie vielfältig<br />
seine verschiedenen Fähigkeiten zum Lernen ausgeprägt sind. Aber auch durch die Vielfalt der Lernerfahrungen<br />
– vorausgesetzt, sie sind nicht isoliert oder einfache Wiederholungen – kann ein Mensch seine<br />
Lernfähigkeit erweitern.<br />
2.1.2 – Kommunikative Sprachkompetenz<br />
Kommunikative Sprachkompetenz besteht aus mehreren Komponenten: aus einer linguistischen, einer soziolinguistischen<br />
und einer pragmatischen Komponente. Für jede dieser Komponenten nimmt man an, dass<br />
sie vor allem deklaratives Wissen sowie Fertigkeiten und prozedurales Wissen umfasst. Die linguistischen<br />
Kompetenzen<br />
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