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Ausgabe - 14 - Produktion

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18 · F&E · <strong>Produktion</strong> · 5. April 2012 · Nr. <strong>14</strong><br />

Werkstoffe<br />

Inovationspreis für den Erfinder<br />

neuer PTFE-Hochleistungskunststoffe<br />

<strong>Produktion</strong> Nr. <strong>14</strong>, 2012<br />

Dr. Dieter Lehmann erhält den von der Commerzbank AG geförderten<br />

Innovationspreis 2011 des Leibniz-Instituts für Polymerforschung Dresden<br />

e. V. (IPF) und des Vereins zur Förderung des IPF. Gewürdigt wird<br />

er für seine bahnbrechenden Erfindungen und langjährigen anwendungsorientierten<br />

Forschungsarbeiten zur chemischen Kopplung von<br />

Polytetrafluorethylen (PTFE).<br />

Dresden (ba). Als Dr. Lehmann<br />

Ende der neunziger Jahre erstmals<br />

seine Ergebnisse zur chemischen<br />

Kopplung von PTFE mit Polyamid<br />

publizierte, rüttelte er an einem<br />

Dogma der PTFE-Forschung. PTFE<br />

war und ist in zahlreichen Spezialanwendungen<br />

bereits ein etablierter<br />

Werkstoff.<br />

Seine chemische und damit dauerhafte<br />

Verbindung mit anderen<br />

Kunststoffen galt jedoch wegen<br />

seiner hohen Chemikalienbeständigkeit<br />

und Reaktionsträgheit als<br />

unmöglich. So mussten Material-<br />

und Gebrauchsgüterentwickler,<br />

welche die speziellen Eigenschaften<br />

von PTFE wie dessen hervorragende<br />

Gleit- und Antihafteigenschaften<br />

nutzen wollten, gleichzeitig<br />

die Nachteile dieses Spezialkunststoffs<br />

wie schlechte mechanische<br />

Eigenschaften, schlechte<br />

Verarbeitbarkeit und hoher Preis in<br />

Kauf nehmen.<br />

Diese Nachteile konnten bisher<br />

nicht – zumindest nicht dauerhaft<br />

– durch Verbindung mit anderen<br />

Polymeren und die daraus resultierende<br />

Eigenschaftskombination<br />

Ein Dentalturbinenkopf<br />

mit Rotor,<br />

Rotorwelle,<br />

Kugellagern und<br />

Bohrwerkzeug.<br />

Bild: H. Niedermeier, GRW<br />

Gebr. Reinfurt GmbH & Co.<br />

KG, Rimpar<br />

aufgehoben werden. Erst durch die<br />

im IPF gelungene und zunächst in<br />

der Fachwelt angezweifelte chemische<br />

Kopplung wurde es möglich,<br />

das Potenzial von PFTE in Compounds<br />

mit mechanisch stabilen,<br />

gut verarbeitbaren und preiswert<br />

verfügbaren Kunststoffen wesentlich<br />

zu erweitern und optimal auszureizen.<br />

Potenzial von PFTE in<br />

Compounds verbessern<br />

Dass diese Kopplung zu verbesserten<br />

Produkteigenschaften führt,<br />

die heute in einer Reihe von Produkten<br />

auch schon in der Praxis<br />

nachgewiesen werden konnten, ist<br />

der beharrlichen Verfolgung des<br />

Forschungsthemas durch Dr. Lehmann<br />

zu verdanken, vor allem der<br />

konsequenten Verknüpfung polymerchemischer<br />

und ingenieurwissenschaftlich-technologischer<br />

Kompetenz.<br />

Unter Einsatz gezielt angepasster<br />

Reaktionsprinzipien wurden<br />

auf handelsüblichen Verarbeitungsmaschinen<br />

Technologien für<br />

Modifizierungs- und Kopplungsreaktionen<br />

mit etablierten Kunststoffen<br />

entwickelt, die sich ohne Probleme<br />

in die industrielle Praxis<br />

überführen lassen. Vor diesem<br />

Hintergrund wurden bereits von<br />

mehreren Unternehmen Lizenzen<br />

für die Entwicklung erworben.<br />

Die Firma TerHell Plastics GmbH<br />

Herne produziert und vermarktet<br />

chemisch gekoppelte Polyamid/<br />

PTFE-Materialien als Tribowerkstoffe,<br />

das heißt als Materialien mit<br />

vorteilhaften Reibungs- und Verschleißeigenschaften.<br />

Ein Beispiel, in dem sich die Leistungsfähigkeit<br />

eines chemisch gekoppelten<br />

Materials besonders<br />

eindrucksvoll zeigt, ist sein Einsatz<br />

für Kugellagerkäfige in Präzisionskugellagern<br />

für Turbinenbohrer im<br />

Dentalbereich. Mit dem chemisch<br />

kompatibilisierten Material Torlon-PTFE-cg<br />

wird eine Lebensdauerverlängerung<br />

auf das mehr als<br />

Fünffache im Vergleich zu dem<br />

bisher eingesetzten Kugellagerkäfigmaterial<br />

Torlon 4301 der Fa.<br />

Solvay erreicht. Mit 7 000 Umdrehungen<br />

pro Sekunde ist der Werkstoff<br />

hierbei extremen Belastungen<br />

ausgesetzt.<br />

Revolutionärer Ansatz<br />

beim Recycling von PTFE<br />

Am Institut selbst wurden die<br />

Arbeiten seit Ende 2009 im Rahmen<br />

eines vom Bundesministerium<br />

für Bildung und Forschung im<br />

Programm ForMaT (Forschung für<br />

den Markt im Team) geförderten<br />

Projekts weiter vorangetrieben.<br />

Neben Tribowerkstoffen rückten<br />

dabei auch Schmierstoffe ins Blickfeld:<br />

Durch die Kopplung von PTFE<br />

mit Ölen wurden Prototypen neuartiger<br />

Hochleistungsschmierstoffe<br />

entwickelt, die das Interesse renommierter<br />

Schmierstoffherstel-<br />

Dr. Dieter Lehmann, Institut<br />

Polymerwerkstoffe. Bild: Uni Dresden<br />

ler fanden und für die bereits eine<br />

erste Lizenz vergeben wurde.<br />

Zudem eröffnen die Arbeiten einen<br />

revolutionären Ansatz beim<br />

Recycling von PTFE. Abfälle, die<br />

sonst vielfach kostenaufwändig<br />

entsorgt werden müssen, können<br />

in den Wertstoffkreislauf zurückgeführt<br />

werden. Speziell modifizierte<br />

PTFE-Abfälle besitzen bei der Anwendung<br />

in Hochleistungskunststoffen<br />

und Hochleistungsschmierstoffen<br />

dank der chemischen<br />

Kopplung und Verträglichkeitsvermittlung<br />

vielfach gleichwertige<br />

und zum Teil sogar bessere Eigenschaften<br />

als sie mit modifizierter<br />

PTFE-Neuware erreicht werden.<br />

Aufgrund der vielfältigen und<br />

vielversprechenden Einsatzpotenziale<br />

der neuen PTFE-Materialien<br />

wird im Institut die Ausgründung<br />

des Unternehmens „perfluorence“<br />

zur Vermarktung dieser Entwicklungen<br />

vorbereitet. Die Initiative<br />

wurde im Juli 2011 als „Ausgewählter<br />

Ort im Land der Ideen“ ausgezeichnet.<br />

Tiefsee-Forschung<br />

Rohstoff-Suche im Manganknollen-Lizenzgebiet<br />

<strong>Produktion</strong> Nr. <strong>14</strong>, 2012<br />

Meeresforscher der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe<br />

(BGR) sind mit ihren Kollegen vom Institut IFREMER aus Brest am<br />

29. März 2012 von Manzanillo (Mexiko) zu einer Expedition mit dem<br />

Forschungsschiff ‚L‘Atalante‘ in den Zentralpazifik aufgebrochen. Ihr<br />

Ziel: der Manganknollengürtel zwischen Hawaii und Mexiko.<br />

Hannover (ba). Im deutschen und<br />

französischen Manganknollen-Lizenzgebiet<br />

wollen die Wissenschaftler<br />

die Umweltbedingungen<br />

in 5 000 Meter Tiefe untersuchen,<br />

um Aufschlüsse über mögliche<br />

Auswirkungen einer potenziellen<br />

Rohstoffgewinnung zu erhalten.<br />

„Manganknollen sind eine Rohstoffquelle<br />

der Zukunft, die Auswirkungen<br />

eines möglichen zukünftigen<br />

Abbaus auf das Ökosystem der<br />

Tiefsee sind bislang aber nur in<br />

Ansätzen erforscht“, sagt Expeditionsleiter<br />

Dr. Carsten Rühlemann.<br />

„Umso wichtiger sind Kenntnisse<br />

über die marine Umwelt, um eine<br />

nachhaltige Nutzung und einen<br />

wirkungsvollen Schutz der Tiefsee<br />

zu gewährleisten.“ Der Fokus der<br />

Forschungskampagne liegt deshalb<br />

auf einer umfangreichen Bestandsaufnahme<br />

der Bodenlebewesen.<br />

Mit Hilfe von Kastengreifern<br />

werden 50 x 50 cm große Proben<br />

des Meeresbodens mit den<br />

darin lebenden Tieren ausgestanzt<br />

und gehoben. Außerdem sollen<br />

mit speziellen Geräten Boden- und<br />

Wasserproben aus der Tiefsee entnommen<br />

werden, um die Sauerstoff-,<br />

Nährstoff- und Metallkonzentrationen<br />

des Wassers zu bestimmen.<br />

„Wir erhoffen uns von<br />

der Auswertung der Proben Erkenntnisse<br />

darüber, wie viele Arten<br />

es gibt, wie sie verteilt sind und wie<br />

groß das Verbreitungsgebiet ist“,<br />

sagt Rühlemann.<br />

Knollenkonzentrationen<br />

finden und untersuchen<br />

Die Expedition umfasst zwei<br />

Abschnitte. Nach Erkundungsarbeiten<br />

im deutschen Lizenzgebiet<br />

werden die gleichen Untersuchungen<br />

auch im 1 300 km entfernten<br />

französischen Lizenzgebiet durchgeführt<br />

und die Ergebnisse miteinander<br />

verglichen. Rühlemann:<br />

„Die Untersuchungen während<br />

der letzten Expedition im Jahr 2010<br />

haben gezeigt, dass einige Arten<br />

die Tiefsee weiträumig bewohnen<br />

und dass eine Wiederbesiedlung<br />

im Falle eines Abbaus der Manganknollen<br />

nicht durch Wanderbarrieren<br />

beeinträchtigt würde. Ob dies<br />

auch für weitere Arten zutrifft, wollen<br />

wir mit Hilfe der Untersuchungen<br />

in beiden Lizenzgebieten<br />

überprüfen.“<br />

Im Blickpunkt der Expedition<br />

stehen aber nicht nur Umweltaspekte,<br />

sondern auch Rohstofffragen.<br />

Die Forscher wollen weitere<br />

grundlegende Daten zur Beurteilung<br />

der potentiellen Manganknollen-Lagerstätte<br />

sammeln. Untersucht<br />

wird, wie groß die Vorkommen<br />

sind, wo die größten Knollenkonzentrationen<br />

liegen und wie<br />

wirtschaftlich eine mögliche spätere<br />

Förderung der Rohstoffe ist. Die<br />

Manganknollen-Vorkommen waren<br />

bereits vor rund 30 Jahren ein<br />

Rohstoff-Thema.<br />

Submariner Abbau<br />

ist greifbar nahe gerückt<br />

Die in der Tiefsee verbreiteten<br />

Knollen wurden während der<br />

1970er- und 1980er-Jahre als eine<br />

neue, bisher nicht genutzte Quelle<br />

für verschiedene Metalle wie Kupfer,<br />

Kobalt und Nickel entdeckt.<br />

Nach Jahren intensiver Forschungstätigkeit<br />

erschien ein submariner<br />

Abbau greifbar nahe. Ein<br />

Konsortium mit Beteiligung deut-<br />

Meeresforscher<br />

aus Hannover<br />

und Brest untersuchen<br />

in einem<br />

eigenen Projekt,<br />

wie viele Arten<br />

von Meerestieren<br />

über Manganknolle-Vorkommen<br />

beheimatet<br />

sind und<br />

wie groß ihr Verteilungsgebiet<br />

ist.<br />

<br />

Bild: BGR<br />

scher Firmen erwarb daher 1984<br />

eine Förderlizenz im zentralen<br />

Pazifik. Allerdings verhinderte damals<br />

ein unerwarteter Preisverfall<br />

bei Metallrohstoffen den Beginn<br />

der kommerziellen Gewinnung<br />

von Manganknollen und die Lizenz<br />

erlosch. Angesichts teilweise<br />

dramatisch steigender Rohstoffpreise<br />

gewinnen die Manganknollen<br />

erneut an Aktualität. „Vor diesem<br />

Hintergrund ist das Vorhaben<br />

auch eine Maßnahme der strategischen<br />

Zukunftsvorsorge. Durch<br />

die frühzeitige Forschungstätigkeit<br />

der BGR wird ein Beitrag zur<br />

künftigen Rohstoffsicherung unseres<br />

Landes geleistet“, sagt Rühlemann.

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