Ausgabe - 06 - Produktion
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7. Februar 2013 · Nr. 6 · <strong>Produktion</strong> · Energie-Effizienz · 27<br />
Interview<br />
Energiewende-Barometer<br />
‚Keine Energiewende mit der Brechstange‘<br />
Michaela Neuner, <strong>Produktion</strong> Nr. 6, 2013<br />
Graue Wolken und Nieselregen: Das aktuelle ‚Energiewende-Barometer’<br />
des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK) warnt<br />
vor einem aufziehenden Tief. An der Umfrage zu Stand und Auswirkungen<br />
der Energiewende beteiligten sich rund 2300 Unternehmen.<br />
Herr Dr. Bolay, wie beurteilen<br />
die befragten Unternehmen die<br />
Energiewende? Insbesondere<br />
die Industrie?<br />
Von den vier Sektoren Industrie,<br />
Handel, Bau und Dienstleistungen<br />
bewertet die Industrie die Energiewende<br />
derzeit mit Abstand am<br />
Negativsten für die eigene Wettbewerbsfähigkeit<br />
– mit einem Wert<br />
von -26,5 auf dem Energiewendebarometer.<br />
Zum Vergleich: Der<br />
Handel liegt bei -20 und Bau sowie<br />
Dienstleistungen bewegen sich im<br />
einstelligen Minusbereich. Zahlreiche<br />
Unternehmen ergreifen<br />
aber auch die Chancen der Energiewende<br />
und erschließen sich<br />
neue Geschäftsfelder oder Absatzmärkte<br />
im Ausland. Hier ist sicherlich<br />
noch Luft nach oben.<br />
Warum sehen gerade die produzierenden<br />
Unternehmen die<br />
Lage so kritisch?<br />
Vita<br />
Dr. Sebastian Bolay<br />
Dr. Sebastian Bolay ist seit 2011<br />
Referatsleiter für Energie und Klimapolitik<br />
beim Deutschen Industrie-<br />
und Handelskammertag e.V.<br />
(DIHK). Davor war der promovierte<br />
Verwaltungswissenschaftler drei<br />
Jahre lang im Strategiebereich des<br />
Verbands kommunaler Unternehmen<br />
e.V. (VKU) tätig.<br />
Energie ist für die Industrie wichtiger<br />
als für andere Sektoren, weil<br />
für den <strong>Produktion</strong>sprozess große<br />
Mengen an Strom und Wärme gebraucht<br />
werden. Die Unternehmen<br />
sorgen sich dabei vorwiegend<br />
um die Energiepreise und<br />
um ein stabiles Versorgungsnetz.<br />
Die Energiewende bringt also<br />
vor allem Probleme?<br />
In Folge der Energiewende sind in<br />
Deutschland die Strompreise für<br />
zahlreiche Unternehmen zum<br />
1. Januar im zweistelligen Prozentbereich<br />
gestiegen. Gleichzeitig ist<br />
die Weitergabe der gestiegenen<br />
Kosten in vielen Branchen nicht<br />
möglich. Gerade für Unternehmen<br />
im internationalen Wettbewerb<br />
ist es daher schwierig, ihre<br />
Marktposition zu halten, geschweige<br />
denn auszubauen.<br />
Wer profitiert dann im Moment<br />
vom eingeschlagenen Kurs?<br />
Auf die Regionen bezogen zeigt<br />
sich ganz eindeutig, dass die norddeutschen<br />
Unternehmen die<br />
Energiewende am positivsten beurteilen.<br />
Wenn auch mit -2 der<br />
Wert weiterhin im negativen Bereich<br />
liegt. Das hängt sicher damit<br />
zusammen, dass gerade in Norddeutschland<br />
beispielsweise im Bereich<br />
der Windenergie ganze<br />
Branchen neu entstanden sind<br />
und viele Unternehmen deswegen<br />
durch die Energiewende erhebliche<br />
Chancen sehen.<br />
DIHK-Energie-Experte Dr. Sebastian Bolay sieht die Energiewende zwar kritisch,<br />
hält sie aber trotzdem für notwendig.<br />
Bild: DIHK<br />
Leidet die Wettbewerbsfähigkeit<br />
der deutschen Wirtschaft<br />
unter der Energiewende?<br />
Das muss man im Moment leider<br />
so sagen. Über alle Branchen, Regionen<br />
und Unternehmensgrößen<br />
wird die Auswirkung der Energiewende<br />
auf die Wettbewerbsfähigkeit<br />
derzeit mit -12,5 beurteilt. Auf<br />
einer Skala von -100 bis +100 ist<br />
das ist schon ein klar negativer Wert.<br />
Woran hakt es in erster Linie?<br />
An den Strompreisen, die allein<br />
schon durch die EEG-Umlage<br />
deutlich gestiegen sind. Aber auch<br />
die Versorgungssicherheit bleibt<br />
ein großes Risiko. Aus den Unternehmen<br />
hören wir, dass kurze<br />
Stromausfälle seit Abschaltung<br />
der ersten Kernkraftwerke deutlich<br />
zugenommen haben.<br />
Wie gehen die Unternehmen<br />
mit den Preissteigerungen um?<br />
Das Thema Energie-Effizienz steht<br />
bei drei von vier Unternehmen auf<br />
der Agenda. Selbst kleinere Unternehmen,<br />
bei denen die Energiekosten<br />
nur eine eher untergeordnete<br />
Rolle spielen, bemühen sich um<br />
Effizienzsteigerungen.<br />
Wie würde sich der Strompreis<br />
ohne steigende Anteile erneuerbarer<br />
Energien entwickeln?<br />
Wir hätten auf jeden Fall nicht die<br />
Belastungen von 5,2 Cent, die wir<br />
im Moment durch die EEG-Umlage<br />
haben. Aber gleichzeitig hätten<br />
wir ohne die erneuerbaren Energien<br />
einen höheren Preis an der<br />
Strombörse. Das ist also eine Abwägungsfrage.<br />
Aber insgesamt wäre<br />
der Strompreis sicherlich ein<br />
ganzes Stück weiter unten.<br />
Wo sehen Sie Alternativen zur<br />
Energiewende?<br />
Alternativen - das ist in der Tat<br />
schwierig. Wir haben zwar gerade<br />
eine Schwemme beim unkonventionellen<br />
Gas und wir werden vermutlich<br />
auch noch eine bekom-<br />
men beim unkonventionellen Öl.<br />
In Amerika sinken ja im Moment<br />
die Gaspreise massiv und Gas wird<br />
dort auch der Energieträger Nummer<br />
Eins in der Stromversorgung.<br />
Daran sieht man schon, dass es<br />
auch Alternativen gibt. Die Frage<br />
ist, ob sich das amerikanische Modell<br />
auf Deutschland übertragen<br />
lässt.<br />
Welche Auswirkungen hat der<br />
Sinkflug der Energiepreise in<br />
den USA durch die forcierte Erschließung<br />
unkonventioneller<br />
Öl- und Gasvorkommen?<br />
Er verschärft die Preisproblematik.<br />
Wir können uns in Deutschland<br />
ja nicht einfach komplett abkoppeln.<br />
Deswegen müssen wir<br />
die Energiewende vernünftig umsetzen,<br />
ohne dass uns die Kosten<br />
davon laufen. Also schon so<br />
schnell es geht auf erneuerbare<br />
Energien umsteigen, aber nicht<br />
mit der Brechstange. Gleichzeitig<br />
ist wichtig, dass die Versorgung<br />
weiterhin stabil bleibt.<br />
Trägt die Wirtschaft den Wechsel<br />
zu erneuerbaren Energien<br />
trotz allem mit?<br />
Insgesamt blicken die deutschen<br />
Unternehmen derzeit eher skeptisch<br />
auf die Energiewende – auch<br />
wenn heute bereits über ein Drittel<br />
der Unternehmen erneuerbare<br />
Energien nutzt oder dies plant.<br />
Chancen wie die Erschließung<br />
neuer Absatzmärkte wiegen Sorgen<br />
um Preisanstieg und Versorgungssicherheit<br />
nicht auf. Nur<br />
wenn die Energiewende die Wettbewerbsfähigkeit<br />
vor allem des<br />
Mittelstandes nicht weiter beeinträchtigt,<br />
kann sie ein Erfolg und<br />
ein möglicher Exportschlager ‚made<br />
in Germany’ werden.<br />
Energie-Spar-Tipp<br />
Energiebedarf von Gebäuden einfach berechnen<br />
Produkt der Woche<br />
<strong>Produktion</strong> Nr. 6, 2013<br />
Vereinfacht die Energiebedarfsberechnung von Nichtwohngebäuden:<br />
das kostenlose, Excel-basierte Werkzeug EnerCalC der Forschungsinititative<br />
EnOB. Mit der neuesten Version 2013 können nun auch Kraft-<br />
Wärme-Kopplung und Solarthermie in die Bilanz einbezogen werden.<br />
Büro, <strong>Produktion</strong><br />
und Lager in einem<br />
Gebäude, das mehr<br />
Energie erzeugt als<br />
es verbraucht: Wie<br />
AS Solar in Hannover<br />
bauen immer<br />
mehr Unternehmen<br />
ihre Fertigungsstätten<br />
im Null- oder<br />
Plusenergiestandard.<br />
Bild: AS Solar<br />
Karlsruhe (mn). „EnerCalC 2013<br />
eignet sich sehr gut, um Gebäude<br />
bereits in den frühen Planungsphasen<br />
energetisch zu charakterisieren“,<br />
betont Prof. Karsten Voss<br />
von der Bergischen Universität<br />
Wuppertal. EnerCalC gibt es seit<br />
2011. Die neue Version der Software<br />
wurde um eine übersichtliche<br />
und flexible Darstellung der Gesamtbilanz<br />
von Null- und Plusenergiegebäuden<br />
erweitert und<br />
bezieht nun auch Versorgungskonzepte<br />
mit Kraft-Wärme-Kopplung<br />
und Solarthermie in die Bilanz ein.<br />
EnerCalC berechnet den Energiebedarf<br />
für Mehrzonengebäude<br />
in Anlehnung an die DIN V 18599.<br />
Im Unterschied zum streng normbasierten<br />
Verfahren sei der Eingabeaufwand<br />
jedoch relativ gering<br />
und die Berechnung erfolge praktisch<br />
auf Knopfdruck, so die Autoren<br />
der Software.<br />
„In der neuesten Version wird<br />
die Energiebedarfsberechnung ergänzt<br />
durch eine übersichtliche<br />
Gesamtbilanzierung von Energiebedarf<br />
und Eigenerzeugung“, sagt<br />
Entwickler Markus Lichtmeß. Die<br />
Bilanzierung erfolgt sowohl in den<br />
Fundierte Energiebilanzen<br />
‚per Knopfdruck‘ erstellen<br />
Größen Endenergie und Primärenergie<br />
als auch in Form von äquivalenten<br />
Klimagasemissionen. Zur<br />
Detaillierung stehen unterschiedliche<br />
Bilanzierungsverfahren zur<br />
Verfügung, die auch eine Betrachtung<br />
auf Monatsebene erlauben.<br />
EnerCalC 2013 ist kostenfrei bestellbar<br />
über die Website der Forschungsinitiative<br />
EnOB – Energieoptimiertes<br />
Bauen. Dort gibt es<br />
auch eine Kurzanleitung sowie<br />
Beispielrechnungen für Null- und<br />
Plusenergiegebäude. Wer Ener-<br />
CalC bereits nutzt, erhält das ‚große<br />
Update‘ auf die 2013er Version<br />
auch über die Update-Funktion auf<br />
der Startseite seiner EnerCalC-<br />
Version.<br />
www.enob.info<br />
Schneller Stromsparer<br />
<strong>Produktion</strong> Nr. 6, 2013<br />
Der maximale<br />
Stromschwellwert<br />
des TLP2962 von<br />
5 mA am Eingang<br />
sorgt für einen<br />
stromsparenden<br />
Betrieb. Bild: Toshiba<br />
Idstein (mn). Sein maximaler<br />
Stromschwellenwert von nur fünf<br />
Milliampere sorgt für eine besonders<br />
hohe Stromersparnis: Der Toshiba<br />
TLP2962 IC-Koppler verbraucht<br />
bis zu 75 % weniger Energie als vergleichbare<br />
Optokoppler. Der Eingangsspannungsbereich<br />
reicht von<br />
2,7 bis 5,5 V. Damit ist die Entwicklung<br />
von Low-Voltage-Applikationen<br />
möglich. Die Datenrate liegt bei<br />
15 Mbit pro Sekunde.<br />
Logik-IC-Koppler für industrielle<br />
Anwendungen von Toshiba entsprechen<br />
den strengen internationalen<br />
Sicherheitsstandards für verstärkte<br />
Isolation. Die Isolationsspannung<br />
der Koppler beträgt mindestens<br />
5000 V eff<br />
. Zudem erfüllen<br />
sie alle Anforderungen schneller<br />
digitaler Schnittstellen in industriellen<br />
Anwendungen. Der erweiterte<br />
Temperaturbereich von -40 bis<br />
125 °C qualifiziert die Bauteile<br />
auch für raue Umgebungen. Zu den<br />
Anwendungsbereichen zählen unter<br />
anderem die Automatisierungstechnik<br />
sowie Mess- und Steuerungseinrichtungen.<br />
Der TLP2962 eignet sich sowohl für<br />
Low-Voltage-Designs als auch für<br />
bestehende Systeme, die mit fünf<br />
Volt versorgt werden.<br />
www.glyn.de