Ausgabe - 06 - Produktion
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7. Februar 2013 · Nr. 6 · <strong>Produktion</strong> · Management · 29<br />
PRODUKTIONPLANUNG<br />
APS: Die Supply Chains nachhaltig optimieren<br />
ANDREAS CAPELLMANN<br />
PRODUKTION NR. 6 , 2013<br />
Bestände sind oft zu hoch und der Lieferbereitschaftsgrad zu<br />
niedrig. Mit Advanced Planning and Scheduling (APS) Software –<br />
lassen sich solche Probleme in den Griff kriegen.<br />
HERZOGENRATH (ILK). Zunehmende<br />
Fragmentierung der Märkte,<br />
wachsende Variantenvielfalt und<br />
hohe Flexibilitätsanforderungen<br />
der Kunden führen zu zunehmend<br />
schwankender Nachfrage. Gleichzeitig<br />
fordern die Kunden konstant<br />
kurze Lieferzeiten zu günstigsten<br />
Konditionen. Eine Fracht aus Fernost<br />
ist aber nicht in zwei bis drei<br />
Tagen nach Europa verschifft. Auch<br />
die lokale Logistik ist nicht trivial.<br />
Disponenten müssen einerseits<br />
die gesamte Kapazität von Containern<br />
und Lkw ausnutzen und Mindestbestellmengen<br />
einhalten. Andererseits<br />
müssen sie die Beschaffungsmenge<br />
gering halten und den<br />
Materialbestand so klein wie möglich<br />
halten, um dadurch das gebundene<br />
Kapital zu senken. Die<br />
Disposition ist also – insbesondere<br />
wenn sie gut gemacht werden soll<br />
– eine durchaus komplexe Aufgabe.<br />
Wie komplex die Disposition ist,<br />
lässt sich alleine an der Anzahl der<br />
erforderlichen Stammdaten erkennen:<br />
Je nach Zuschnitt des Artikels<br />
hat man sich um bis zu 130 logistische<br />
Parameter zu kümmern. Stellt<br />
man sich diese als mathematische<br />
Gleichung vor, ist schnell zu verste-<br />
hen, dass man diese nicht im Kopf<br />
rechnen kann. Große Fehler werden<br />
aber gemacht, wenn man einzelne<br />
Parameter der Einfachheit<br />
halber zusammenfasst. Beispielsweise<br />
Sicherheitsbestände für die<br />
schwankende Nachfrage, Sicherheitsbestände<br />
für schwankende<br />
Fertigungszeiten und Sicherheitsbestände<br />
für schwankende Lieferzeiten<br />
der Vorlieferanten in einem<br />
gemeinsamen Sicherheitswert abbildet.<br />
Kumuliert kann das nur zu<br />
mehr Bestand führen.<br />
In den meisten Unternehmen<br />
existiert für Dispositionszwecke<br />
bereits ein passendes Software-<br />
Tool: das bestehende ERP-System<br />
oder entsprechende Erweiterungen.<br />
Allerdings haben ERP-Systeme<br />
originär andere Aufgaben, so<br />
dass die Möglichkeiten zur Bedarfsprognose<br />
und Disposition zumeist<br />
sehr beschränkt und diese<br />
Funktionalitäten nicht ausreichend<br />
differenziert sind. So sind<br />
beispielsweise Automatismen zur<br />
kontinuierlichen Optimierung der<br />
Dispo-Parameter praktisch nicht<br />
vorhanden. Hinzu kommt, dass<br />
quasi alle bekannten ERP-Systeme<br />
ausschließlich mit statistischen<br />
Verfahren arbeiten, die eine ‚normalverteilte‘<br />
Nachfrage unterstellen,<br />
wie Mittelwertverfahren oder<br />
exponentielle Glättung. Doch in<br />
der Praxis ist eine normalverteilte<br />
Nachfrage praktisch nie anzutreffen.<br />
Vielmehr unterliegt die Nachfrage<br />
ständigen saisonalen, konjunkturellen<br />
oder anderen<br />
Schwankungen. Die Konsequenz:<br />
Berechnungen unter Annahme einer<br />
normalverteilten Nachfrage<br />
führen zu systematisch falschen<br />
Bedarfsprognosen und Bestandsfehlern<br />
von bis zu 40 %.<br />
Um ein optimales Ergebnis zu<br />
erreichen, benötigen Disponenten<br />
Um ein Höchstmaß an valider<br />
Planung zu erreichen, müssen<br />
Disponenten auf APS-Software<br />
zurückgreifen. Bild: iQoncept - Fotolia<br />
Advanced Planning and Scheduling<br />
Software oder kurz: APS-Software.<br />
Solche Präzisionswerkzeuge<br />
für Spezialisten sind zumeist viel<br />
präziser auf die Dispositionsaufgaben<br />
zugeschnitten als generalistische<br />
ERP-Systeme und bieten zur<br />
verbesserten Planung beispielsweise<br />
viel feinere, reichweitenorientierte<br />
Prognose-Funktionalitäten<br />
und können so den tatsächlichen<br />
Bedarf bedeutend genauer<br />
vorhersagen. Für die ‚Generalisten‘<br />
– also die ERP-Anbieter – ist dieser<br />
Spezialmarkt kaum interessant, da<br />
hier sehr tiefes und spezifisches<br />
Fachwissen gefragt ist. Dennoch<br />
besteht ein hoher Handlungsbedarf,<br />
da Unternehmen mit variantenreichem<br />
Portfolio regelmäßig<br />
Hunderttausende Euro an gelagertem<br />
Material und damit totem Kapital<br />
einsparen können.<br />
Ein Anbieter, der sich auf die<br />
Bergung solcher Potenziale<br />
spezialisiert hat, ist die auf<br />
Supply-Chain-Optimierung<br />
spezialisierte SCT.<br />
Das junge Startup-Unternehmen,<br />
Spin-off des<br />
Supply-Chain-Spezialisten<br />
Abels & Kemmner,<br />
entwickelte mit dem<br />
Softwaretool DISKO-<br />
VER SCO eine solche Advanced<br />
Planning and<br />
Scheduling (APS) Software .<br />
Zum Funktionsumfang zählen<br />
beispielsweise leistungsfähige<br />
Prognose-Verfahren auch abseits<br />
der Normalverteilung. Hinzu<br />
kommen Funktionen zur Portfolio-<br />
Analyse, zur Einbindung von Vertriebsprognosen<br />
oder zur Lagerkapazitätsplanung.<br />
Material- und<br />
Kapazitätsanalysen sowie spezielle<br />
Funktionen zur Auftragseinplanung<br />
und Kapazitätsterminierung<br />
helfen den Disponenten dabei,<br />
trotz Nachfrageschwankungen eine<br />
möglichst gleichmäßig fließende<br />
Materialversorgung sicherzustellen.<br />
Dies alles wird stets unter<br />
der Prämisse disponiert, einen<br />
hohen Lieferbereitschaftsgrad bei<br />
minimalen Beständen zu erreichen.<br />
INDUSTRIE 4.0<br />
Wie man künftig Kapazitäten steuert<br />
Entwicklungsbanken<br />
kooperieren<br />
PRODUKTION NR. 6 , 2013<br />
PRODUKTION NR. 6 , 2013<br />
Zusammen mit Partnern erforscht<br />
der IT-Dienstleister Trebing +<br />
Himstedt, wie in der Industrie<br />
eine flexible und selbstorganisierte<br />
Personaleinsatzplanung<br />
stattfinden kann.<br />
SCHWERIN (GK). Trebing + Himstedt,<br />
ein internationaler Anbieter<br />
von Produkten und Dienstleistungen<br />
für den optimalen Einsatz der<br />
Informationstechnologie im <strong>Produktion</strong>sumfeld,<br />
arbeitet zusammen<br />
mit Partnern aus der Industrie<br />
und der Forschung am Projekt<br />
‚KapaflexCy‘, welches in der Fabrik<br />
der Zukunft eine vernetzte, selbstorganisierte<br />
und flexible Personaleinsatzplanung<br />
für eine effiziente<br />
<strong>Produktion</strong> ermöglichen soll.<br />
Das Projekt wurde im Rahmen<br />
der von der Bundesregierung Anfang<br />
des Jahres 2012 ausgerufenen<br />
Initiative ‚Industrie 4.0‘ als eines<br />
von drei Projekten zur Förderung<br />
ausgewählt, um Deutschlands Zukunft<br />
als <strong>Produktion</strong>sstandort im<br />
internationalen Wettbewerb zu sichern.<br />
Trebing + Himstedt entwickelt in<br />
Zusammenarbeit mit Forschungspartnern<br />
wie SAP Research und<br />
dem Fraunhofer IAO sowie Partnern<br />
aus dem Automobil- und<br />
Hightech-Umfeld eine vernetzte,<br />
flexible und selbstorganisierte Kapazitätssteuerung,<br />
die es Unternehmen<br />
erlauben soll, ihre <strong>Produktion</strong>skapazitäten<br />
gemeinsam<br />
mit den Mitarbeitern kurzfristig,<br />
bedarfsorientiert und unternehmensübergreifend<br />
zu steuern. Ziel<br />
ist eine selbstorganisierte Kapazitätsflexibilität<br />
in Cyber-Physischen-Systemen<br />
(KapaflexCy).<br />
Wichtigster Aspekt in der Industrie<br />
4.0. ist die Dezentralisierung<br />
der Entscheidungen, das heißt,<br />
sowohl Mitarbeiter als auch Maschinen<br />
und Produkte kommunizieren<br />
miteinander im sogenannten<br />
‚Internet der Dinge‘. Dabei sollen<br />
die Bedürfnisse der Mitarbeiter<br />
mit denen der Maschinen bedarfsgerecht<br />
koordiniert werden, sodass<br />
Informationsprozesse effizienter<br />
gesteuert werden. Die Mitarbeiter<br />
erleben eine transparente Personaleinsatzplanung<br />
und stimmen<br />
ihre Einsatzzeiten untereinander<br />
ab. Der Ausgleich zwischen<br />
Arbeit und Freizeit<br />
soll besser gelingen<br />
und ihre Motivation<br />
steigern.<br />
Um auch in Zukunft<br />
im globalen<br />
Wettbewerb tech-<br />
Steffen Himstedt<br />
will zusammen mit<br />
Forschungspartnern<br />
die deutsche<br />
Industrie fit für die<br />
Zukunft machen. Er<br />
erforscht, wie <strong>Produktion</strong>skapazitäten<br />
kurzfristig gesteuert<br />
werden<br />
können.<br />
Bild: Trebing + Himstedt<br />
INTELLIGENTE FABRIK<br />
INDUSTRIE 4.0<br />
nisch anspruchsvolle<br />
Produkte<br />
höchster Qualität<br />
schnell und zuverlässig<br />
herzustellen, bedarf es höchster<br />
Flexibilität der <strong>Produktion</strong>sanlagen<br />
und des eingesetzten Personals.<br />
„Mit der Arbeit am Industrie-4.0-Projekt<br />
‚KapaflexCy‘ bringt<br />
Trebing + Himstedt seine über 20<br />
Jahre Erfahrung für den optimalen<br />
Einsatz von Informationstechnologie<br />
im <strong>Produktion</strong>sumfeld mit<br />
ein, um mit einem praxisrelevanten<br />
Ansatz gemeinsam mit anderen<br />
Forschungspartnern die deutsche<br />
Industrie fit für die Zukunft zu<br />
machen, sodass Deutschland sich<br />
auch weiterhin als <strong>Produktion</strong>sstandort<br />
behaupten kann“, so Steffen<br />
Himstedt, Geschäftsführer Trebing<br />
+ Himstedt.<br />
Trebing + Himstedt ist ein internationaler<br />
Anbieter von Produkten<br />
und Dienstleistungen für den optimalen<br />
Einsatz der IT im <strong>Produktion</strong>sumfeld.<br />
Mit einfach anwendbaren<br />
Konzepten unterstützt das<br />
Unternehmen seine Kunden in ihren<br />
Fertigungsprozessen und ermöglicht<br />
den gezielten Zugriff auf<br />
<strong>Produktion</strong>s- und Prozessinformationen.<br />
Dabei liegt<br />
die Kernkompetenz in<br />
der durchgängigen Integration<br />
über verschiedene<br />
Kommunikationsebenen<br />
hin-<br />
weg – von der Automation<br />
bis hin zum<br />
ERP-System. In dem<br />
Geschäftsbereich ‚Industrial<br />
Communication‘ sollen<br />
die Produkte die Verfügbarkeit von<br />
industriellen Netzwerken sichern.<br />
Der Geschäftsbereich ‚Manufacturing<br />
Integration‘ umfasst Lösungen<br />
für die <strong>Produktion</strong>s-IT, insbesondere<br />
für MES im SAP-Umfeld.<br />
BONN (GK). Die KfW, die französische<br />
Entwicklungsbank Agence<br />
Francaise de Développement und<br />
die Europäische Investitionsbank<br />
haben ein Modell für eine verbesserte<br />
Koordination und Arbeitsteilung<br />
unter Entwicklungsbanken<br />
bei gemeinsamen Infrastrukturprojekten<br />
im Energie- und Wassersektor<br />
in Entwicklungsländern<br />
(Mutual Reliance Initiative, MRI)<br />
vereinbart. Die Initiative greift unter<br />
anderem bei Projekten, in denen<br />
EU-Zuschüsse zum Einsatz<br />
kommen. „Die Initiative zielt darauf<br />
ab, die Synergien zwischen den<br />
europäischen Finanzinstitutionen<br />
durch eine Arbeitsteilung während<br />
der Durchführung des Projekts zu<br />
steigern“, sagte KfW-Vorstand Dr.<br />
Norbert Kloppenburg. Sie verbessere<br />
die Effektivität, Effizienz und<br />
die Wirkung der europäischen<br />
Entwicklungszusammenarbeit.<br />
Die MRI-Partner können dem<br />
dringenden Investitionsbedarf in<br />
den Partnerländern durch die Hebelung<br />
der EU-Zuschüsse entsprechen.<br />
Die Vereinbarungen sehen<br />
vor, dass die meisten projektbezogenen<br />
Aufgaben einem ‚Lead Financier‘<br />
für den gesamten Projektzyklus<br />
übertragen werden. Einschließlich<br />
der vorbereitenden<br />
Studien, der Vorbereitung der Kreditentscheidungen<br />
und der Durchführung<br />
der finanzierten Projekte.<br />
Für jedes ausgewählte Projekt wird<br />
die Rolle des ‚Lead Financier‘ von<br />
einem der Partner übernommen.