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Vivaldi in - Rondo

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Im Kreise<br />

se<strong>in</strong>er Lieben:<br />

Aufnahmesitzung<br />

zur<br />

Matthäus-<br />

Passion<br />

René Jacobs<br />

RaumSchiff<br />

Thomaskirche<br />

Erstmals hat René Jacobs die Matthäus-Passion<br />

aufgenommen. Und die Dimensionen der<br />

Thomaskirche haben auf se<strong>in</strong>e Lesart direkten<br />

E<strong>in</strong>fluss gehabt. Von Matthias Siehler<br />

Groß oder kle<strong>in</strong>? Also e<strong>in</strong>e solistisch<br />

geprägte Aufführung, wo die<br />

E<strong>in</strong>zelstimmen auch als Chor<br />

fungieren oder doch e<strong>in</strong>e mit<br />

enormen, e<strong>in</strong>em romantischen Klangideal<br />

frönenden Chormassen? Das war lange der e<strong>in</strong>zige<br />

Streitpunkt um e<strong>in</strong>e historisch korrekte<br />

Aufführung der Bachschen Matthäus-Passion<br />

– bis man endlich selbst bei den Berl<strong>in</strong>er Philharmonikern<br />

erkannt hatte, dass das Werk<br />

irgendwie authentischer kl<strong>in</strong>gt, wenn man es<br />

nicht mit 10 Kontrabässen und e<strong>in</strong>em Chor<br />

leiernder Wiener Hausfrauen besetzt. Laut<br />

und groß bedeutet hier nämlich nicht zwangsläufig<br />

deutlicher und <strong>in</strong>tensiver.<br />

Auch die Kontroverse, ob man heute<br />

noch die hohen Stimmen ausschließlich von<br />

14<br />

Knaben s<strong>in</strong>gen lassen kann, hat sich durch die<br />

Praxis erübrigt: natürlich nicht. Denn diese<br />

mutieren heute viel früher, haben <strong>in</strong>folge<br />

dessen weniger Resonanzkraft als die e<strong>in</strong>st<br />

noch nicht <strong>in</strong> den Stimmbruch gekommenen<br />

16-Jährigen; welche zudem so über mehr<br />

Lebenszeit verfügten, die komplexe, fordernde<br />

Partitur überhaupt zu lernen und geistig zu<br />

begreifen. Zudem kl<strong>in</strong>gt e<strong>in</strong>e so ausgedörrte<br />

Matthäus-Passion plötzlich reichlich kle<strong>in</strong>geistig.<br />

Die Macht des Wortes von den letzten<br />

Tagen Jesu muss schließlich e<strong>in</strong> Äquivalent <strong>in</strong><br />

der musikalischen Ausdruckskraft f<strong>in</strong>den.<br />

Was also kann heute noch etwas Besonderes<br />

se<strong>in</strong>, wenn e<strong>in</strong> René Jacobs se<strong>in</strong>e<br />

erste E<strong>in</strong>spielung des Bachschen Opus<br />

Summum als wohlüberlegte Studioaufnahme<br />

angehen will? So denkt e<strong>in</strong>er der wichtigsten<br />

Gurus der Alte-Musik-Praxis natürlich nicht,<br />

aber Bach mit Pfiff (oder „with a twist“, wie<br />

der Engländer sagen würde), das würde – unabhängig<br />

von der <strong>in</strong>terpretatorischen Qualität<br />

– den tönenden Passionsbericht à la Jacobs<br />

natürlich noch e<strong>in</strong>mal mehr adeln.<br />

Über die Geme<strong>in</strong>de h<strong>in</strong>weg<br />

Und da René Jacobs natürlich selbst bei e<strong>in</strong>em<br />

ihm wahrlich bekannten Werk nicht ohne<br />

neuerlich ausführliche Recherche <strong>in</strong>s Studio<br />

geht, fand er nach Sichtung diverser Untersuchungen<br />

zum leidlichen Leidensthema tatsächlich<br />

e<strong>in</strong>en neuen Ansatz: Er entdeckte<br />

e<strong>in</strong>e gar nicht so frische These des Stuttgarter<br />

Musikwissenschaftlers Konrad Küster aus<br />

dem Jahr 1999, der dafür plädiert, dass die<br />

Zweichörigkeit der Matthäuspassion nicht<br />

nur „dramaturgisch“ bed<strong>in</strong>gt ist, sondern auch<br />

konkrete räumliche Wurzeln hatte: „Bach hat<br />

ja viel mit dem Werk ausprobiert. Was wir<br />

heute kennen, ist bereits e<strong>in</strong>e spätere Variante.<br />

Und ich b<strong>in</strong> sicher, dass er die beiden Chöre<br />

auch nicht nebene<strong>in</strong>ander auf der großen<br />

Orgelempore platziert hat, sondern e<strong>in</strong>en<br />

kle<strong>in</strong>en Chor auf der kle<strong>in</strong>eren, seitlich gegenüber<br />

im Kirchenschiff liegenden Empore, dem<br />

sogenannten Schwalbennest“, so Küster. Dafür<br />

sprechen Bemerkungen über e<strong>in</strong>e zweite Orgel,<br />

die sich dort befand, und die später durch<br />

e<strong>in</strong> Cembalo ersetzt wurde – für das Bach<br />

dann später speziell den zweiten Orgelpart<br />

adaptierte.<br />

Die zweite Empore ist <strong>in</strong> der vergleichsweise<br />

riesigen Thomaskirche 28 Meter entfernt.<br />

Das heißt, die Geme<strong>in</strong>de hörte beide<br />

Chöre <strong>in</strong> unterschiedlicher Lautstärke. Und<br />

während der erste Chor vornehmlich berichtet<br />

und eher objektiv bleibt, ist dem zweiten un-

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