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Vivaldi in - Rondo

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Der AutoGraf:<br />

Archivverwalter<br />

Peter St<strong>in</strong>gel (l.)<br />

und Graf Paul<br />

von Schönborn-<br />

Wiesentheid (r.)<br />

Foto: Uwe Arens<br />

Er studierte am „musikbetonten“ Collegium<br />

Germanicum <strong>in</strong> Rom und lernte bedeutende<br />

Komponisten wie Arcangelo Corelli persönlich<br />

kennen. Nach se<strong>in</strong>er Rückkehr suchte Rudolf<br />

Franz Erwe<strong>in</strong> den musikalischen Kontakt nach<br />

Italien aufrechtzuerhalten. Dabei halfen ihm<br />

auch die diplomatischen Verb<strong>in</strong>dungen, die<br />

se<strong>in</strong> Bruder, der Fürstbischof von Würzburg,<br />

nach Venedig unterhielt: Über sie ließ er sich<br />

direkt aus der Quelle mit Abschriften von Cellokompositionen<br />

Antonio <strong>Vivaldi</strong>s versorgen.<br />

Doch so wichtig und marktgängig der<br />

Name <strong>Vivaldi</strong> auch se<strong>in</strong> mag – se<strong>in</strong>e Werke<br />

machen nur die Spitze des musikalischen<br />

Eisbergs aus, der sich im Schönbornschen<br />

Archiv verbirgt. Etwa 500 Manuskripte<br />

und 150 Drucke umfasse die barocke Kernsammlung,<br />

sagt St<strong>in</strong>gel. E<strong>in</strong>zigartig ist das<br />

Repertoire für Cello, das der Graf zusammentrug:<br />

Er sammelte nämlich nicht nur zeitgenössische<br />

Konzerte, Sonaten und Kammermusik,<br />

sondern auch Vokalwerke mit obligaten<br />

Partien für se<strong>in</strong> Instrument und zeigte sogar<br />

historisches Interesse an alten Drucken<br />

mit Cellomusik. Zugleich versuchte er, sich<br />

e<strong>in</strong>en Überblick über alle Genres der damals<br />

aktuellen Musik zu verschaffen. Zu fast<br />

jedem se<strong>in</strong>erzeit angesehenen Komponisten<br />

könnte Graf Schönborn e<strong>in</strong> zeitgenössisches<br />

Manuskript aus dem Schrank ziehen – mal<br />

im schlichten Pappdeckel, mal mit kostbarem<br />

Leder e<strong>in</strong>gebunden und mal mit<br />

Widmung versehen. Auch wenn bedeutende<br />

deutsche Komponisten wie Bach oder Telemann<br />

(dessen Oper „Orpheus“ hier sogar exklusiv<br />

erhalten ist) vertreten s<strong>in</strong>d, geben doch<br />

die Italiener den Ton an. Rudolf Franz Erwe<strong>in</strong>s<br />

Interesse galt dabei auch der teuer bezahlten<br />

Elite italienischer Musiker, die <strong>in</strong> Deutschland<br />

wirkten. E<strong>in</strong>en der besten von ihnen konnte er<br />

quasi direkt vor se<strong>in</strong>er Haustür erleben – näm-<br />

lich den vielseitigen Giovanni Benedetto Platti,<br />

der <strong>in</strong> der Würzburger Residenz tätig war und<br />

nach dem Tode des Fürstbischofs für e<strong>in</strong> paar<br />

Jahre <strong>in</strong> Wiesentheid wirkte. E<strong>in</strong> Glücksfall:<br />

Denn nur auf diese Weise hat sich e<strong>in</strong> Großteil<br />

von Plattis Œuvre erhalten.<br />

Wie geht man um mit so e<strong>in</strong>em Schatz? „Als<br />

ich den Betrieb hier übernommen habe, war<br />

mir der Stellenwert gar nicht so bekannt“, gibt<br />

Graf Schönborn zu: „Ich b<strong>in</strong> da nach und nach<br />

h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>gewachsen.“ Zunächst g<strong>in</strong>g es dem <strong>in</strong><br />

den USA ausgebildeten Land- und Betriebswirt<br />

vor allem um die musikalischen Sommerakademien<br />

auf Schloss Weißenste<strong>in</strong>, die se<strong>in</strong><br />

Vater schon 1958 <strong>in</strong>itiierte: „In diesen vier<br />

Wochen hat man dann von morgens bis abends<br />

Musik um die Ohren und überall, wo Platz und<br />

e<strong>in</strong>e Tür offen ist, steht jemand dr<strong>in</strong> und probt.“<br />

Doch mit der Entwicklung der historischen Aufführungspraxis<br />

zum Ma<strong>in</strong>stream stieg auch<br />

die Zahl der Aufnahmen und Notenausgaben,<br />

die auf Material aus Wiesentheid basieren.<br />

Für e<strong>in</strong>en Schub <strong>in</strong> der Aufmerksamkeit der<br />

Sammlung sorgten dabei besonders die E<strong>in</strong>spielungen<br />

von Werken Plattis, im konzertanten<br />

Bereich etwa durch die Akademie für Alte Musik<br />

Berl<strong>in</strong> oder im Bereich der Kammermusik durch<br />

die <strong>in</strong>zwischen drei CDs umfassenden, fe<strong>in</strong>fühligen<br />

Interpretationen mit dem Barockcellisten<br />

Sebastian Hess. Peter St<strong>in</strong>gel glaubt,<br />

unter Musikern e<strong>in</strong> neues Interesse an den<br />

Zwischentönen zwischen Barock und früher<br />

Klassik zu entdecken, die <strong>in</strong> dem Repertoire der<br />

Sammlung häufig vorkommen. Den Umgang<br />

mit se<strong>in</strong>em Musikalienschatz will Schönborn<br />

nicht mehr bloß passiv verfolgen, sondern aktiv<br />

gestalten.<br />

Dabei gehe es allerd<strong>in</strong>gs nicht um den<br />

wirtschaftlichen Nutzen, betont der Graf.<br />

„Geld verdienen kann man damit nicht“.<br />

Se<strong>in</strong> Interesse bestehe vielmehr dar<strong>in</strong>, die<br />

Sammlung als Sammlung erkennbar zu<br />

machen: mit e<strong>in</strong>er eigenen Website, aber<br />

auch mit H<strong>in</strong>weisen auf CD-Covern sowie <strong>in</strong><br />

Notenausgaben und Booklets. Hilfreich fürs<br />

Market<strong>in</strong>g der Schönbornschen Güter dürfte<br />

das Pochen auf diese Rechte wohl dennoch<br />

se<strong>in</strong>. Dass <strong>in</strong> der Information über die Quelle<br />

der Musikstücke auch e<strong>in</strong> Mehrwert für den<br />

Hörer stecke, ist aber ebenso wahr. Und wenn<br />

es nur das Vergnügen ist, bei <strong>Vivaldi</strong> an e<strong>in</strong><br />

fränkisches Schloss zu denken.<br />

www.schoenborn.de<br />

Neu erschienen: Progetto <strong>Vivaldi</strong> Vol. 3<br />

(Concerti von <strong>Vivaldi</strong>, Platti, Chelleri, Zani),<br />

Sony<br />

Abonnenten-CD: Track 12<br />

Weitere Musik aus dem Archiv Schönborn-<br />

Wiesentheid:<br />

G. B. Platti: Concerti nach Corelli (Akademie<br />

für Alte Musik Berl<strong>in</strong>), harmonia mundi<br />

G. B. Platti: Sonaten für Cello und Viol<strong>in</strong>e<br />

bzw. Laute (Hess, Wolf, Lotter, Birsak), Oehms/<br />

Naxos<br />

Viaggio italiano: Cellosonaten von Platti,<br />

Romanelli, Bassani u.a. (Dangel, Comei),<br />

dhm/Sony<br />

Sol Gabetta im Konzert:<br />

14.10. Frankfurt, Alte Oper<br />

16.10. Köln, Philharmonie<br />

25.10. Berl<strong>in</strong>, Kammermusiksaal<br />

11.12. Stuttgart, Liederhalle<br />

15.12. Hannover, Großer<br />

Sendesaal<br />

19.12. Wilhelmshaven,<br />

Stadthalle<br />

24.01. Ludwigshafen, BASF<br />

Feierabendhaus<br />

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