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Vivaldi in - Rondo

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Foto: Swarovski Kristallwelten/Berger<br />

K<br />

KLASSIK<br />

Lorenzo Allegri, Giovanni<br />

Trabaci, Biagio Mar<strong>in</strong>i<br />

u. a.<br />

S<strong>in</strong>fonie di viole<br />

●●●●○<br />

Sirius Viols<br />

dhm/Sony<br />

(76 M<strong>in</strong>., 9/2012)<br />

Seit Jahren und<br />

Jahrzehnten bef<strong>in</strong>det sich die Viola<br />

da Gamba auf e<strong>in</strong>em unerwarteten<br />

Triumphzug durch die Konzerthäuser<br />

und Aufnahmestudios.<br />

Und wenn dabei nicht gerade die<br />

federführenden Gamben-Nationen<br />

England und Frankreich den<br />

Ton angaben, lernte man zwischendurch<br />

auch Deutschland<br />

mit ihren Dietrich Steffk<strong>in</strong>s’ und<br />

Johannes Schencks etwas näher<br />

kennen. Doch erstaunlicherweise<br />

ist zum<strong>in</strong>dest unter den namhaften<br />

Gambisten Italien irgendwie<br />

übersehen worden. Dabei war<br />

dort diese besonders empf<strong>in</strong>dsame<br />

Kniegeige als Solo- und Consort-Instrument<br />

gerade im 17.<br />

Jahrhundert äußerst beliebt und<br />

weitverbreitet. Nun hat Hille Perl<br />

schon oft ihr Forscher-Gen unter<br />

Beweis gestellt. Und weil sie es an<br />

die ebenfalls musikalischen Töchter<br />

vererbt hat, durfte jetzt Marthe<br />

Perl die Entdeckungsreise durchs<br />

italienische Repertoire organisieren.<br />

Unter dem Ensemblenamen<br />

„Sirius Viols“ hat das Familienunternehmen<br />

samt Freunden<br />

an den Streich- und Zupf<strong>in</strong>strumenten<br />

Tänze, Sonaten und Dim<strong>in</strong>utionen<br />

e<strong>in</strong>gesammelt, die<br />

das kammermusikalische Spektrum<br />

der italienischen Barockmusikblütezeit<br />

widerspiegeln. Und<br />

wenngleich die Werke von Komponisten<br />

wie Giovanni Maria Trabaci<br />

und Marco Antonio Ferro<br />

stammen, die heute nur noch Alte<br />

Musik-Insidern e<strong>in</strong> Begriff s<strong>in</strong>d,<br />

werden sie von Sirius Viols nach<br />

allen Regeln der höchsten Gamben-<br />

und Lauten-Kunst veredelt.<br />

Da kommt e<strong>in</strong> „Passacalio“<br />

so gedankenvoll daher, dass sich<br />

se<strong>in</strong> Urheber Biagio Mar<strong>in</strong>i nicht<br />

vor Mar<strong>in</strong> Marais zu verstecken<br />

braucht. Und mit e<strong>in</strong>em festlich<br />

schwungvollen wie zugleich hochexpressiven<br />

Stück von Lorenzo Allegri<br />

wird gar das Tor zu der CD<br />

„S<strong>in</strong>fonie di viole“ aufgestoßen.<br />

Der Großteil des Programms mag<br />

wohl nicht exklusiv für Gamben<br />

geschrieben worden se<strong>in</strong>, sondern<br />

geht u. a. auf historische Adaptionen<br />

von Stücken für Tasten<strong>in</strong>strumente<br />

zurück. Die Perls & Co.<br />

spielen die Stücke aber mit so viel<br />

Geist und Seele, dass es sich dabei<br />

glatt um Orig<strong>in</strong>ale handeln könnte.<br />

Guido Fischer<br />

Johann Sebastian Bach<br />

Lautenwerke<br />

●●●●○<br />

Joachim Held<br />

Hänssler Classic/<br />

Naxos<br />

(59 M<strong>in</strong>., 1/2013)<br />

2012 veranstaltete Joachim Held<br />

<strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Funktion als Lauten-<br />

Professor an der Bremer Hochschule<br />

für Künste das 1. Lautensymposium.<br />

Und <strong>in</strong> den drei Tagen<br />

brütete man über e<strong>in</strong>e Frage,<br />

die die Musikwelt zwar nicht <strong>in</strong><br />

Atem hält, aber dafür die Lautengeme<strong>in</strong>de<br />

schon lange beschäftigt.<br />

Wie viele Werke hat denn Johann<br />

Sebastian Bach nun explizit<br />

für dieses Instrument geschrieben?<br />

Offiziell werden sieben Kompositionen<br />

Bach zugeschrieben.<br />

Und obwohl sie sich auch <strong>in</strong> Gitarrenfassungen<br />

großer Beliebtheit<br />

erfreuen, hat man immer noch<br />

nicht den Ste<strong>in</strong> des Weisen gefunden.<br />

Joachim Held jedenfalls ist<br />

nach reiflicher Analyse auch der<br />

spieltechnischen Anlage der Werke<br />

zur Überzeugung gekommen,<br />

dass e<strong>in</strong>zig die Suiten BWV 995<br />

& 1006a sowie Präludium, Fuge<br />

und Allegro BWV 998 als Orig<strong>in</strong>allautenwerke<br />

gelten können. Diese<br />

Me<strong>in</strong>ung hat er nun auch <strong>in</strong><br />

se<strong>in</strong>em Booklettext zur E<strong>in</strong>spielung<br />

unterstrichen, die kurz nach<br />

dem Gedankenaustausch mit sei-<br />

Klassik-CD des Monats<br />

Ludwig van Beethoven<br />

Streichquartette Vol. 2<br />

●●●●● Belcea Quartet,Zig Zag Territoires/Note 1<br />

(4 CDs, 12/2011, 3/2012, 5/2012, 10/2012, 12/2012)<br />

Der hohe technische Standard des heutigen<br />

Quartettspiels hat die Grenzen, <strong>in</strong> denen<br />

sich die dramatischen Prozesse Beethovens<br />

ereignen, unerhört geweitet, und im Spätwerk<br />

erwarten wir geradezu ihre ruppige<br />

Überschreitung. Dass sich die Bizarrerie des<br />

zweiten Satzes aus dem allerletzten Opus<br />

<strong>in</strong>des im engen Bezirk e<strong>in</strong>es völlig kontrollierten<br />

Klanges entfalten kann, steht beispielhaft<br />

für die leise Sensation dieser Aufnahmen, mit denen das Belcea<br />

Quartet se<strong>in</strong>en Beethoven-Zyklus vollendet.<br />

Das Presto des op. 130 gerät <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er unaufgeregt huschenden Präzision<br />

eigentümlich <strong>in</strong> die Nähe Mendelssohnscher Elfenmusik, und das<br />

improvisatorisch herabrieselnde Solo der ersten Geige am Ende des Mittelteils<br />

zählt die Primaria wie mit dem Rechenschieber aus – fast alle<br />

anderen nuscheln das launig herunter, hier aber wird die Grenze textlicher<br />

Ordnung gegen die Weiten des Improvisatorischen eisern verteidigt.<br />

Doch der e<strong>in</strong>gefriedete Raum der „Mitte“ wirkt nahezu unermesslich,<br />

und dem Weiterhörenden teilt sich der dramaturgische Zweck dieser<br />

Detail-Ziselierung mehr und mehr mit. Zum Beispiel im Kopfsatz des<br />

Opus 132: Das Seitenthema wiegt sich auf e<strong>in</strong>er von den Belceas ausgesprochen<br />

konventionell musizierten Bewegung der Unterstimmen. Andere<br />

„entdecken“ sogleich deren motivisches Eigengewicht. Die Belceas<br />

locken uns erst e<strong>in</strong>mal <strong>in</strong> die Gefälligkeitsfalle, um uns <strong>in</strong> der Reprise<br />

umso deutlicher zu zeigen, dass dieses sanfte Wiegen, nun <strong>in</strong> die Mittelstimmen<br />

gewandert und klanglich versprödet, sich als Abkömml<strong>in</strong>g des<br />

E<strong>in</strong>gangsmottos zum Botschafter des unbehaglichen Spätwerk-Tonfalls<br />

wandelt und die Coda dann ganz durchdr<strong>in</strong>gt. So erweitert die anfängliche<br />

Rücknahme die späteren Entfaltungsmöglichkeiten e<strong>in</strong>es Gedankens,<br />

und dieser Prozess wird <strong>in</strong> vielen Varianten durchgespielt.<br />

Auch <strong>in</strong> den langsamen Sätzen musiziert das Belcea Quartet mit anderen<br />

Maßstäben. Der „Dankgesang“ entfaltet sich <strong>in</strong> rekordverdächtiger<br />

Langsamkeit e<strong>in</strong> würdig kontrastierendes Andante-Aufleben, <strong>in</strong> dem<br />

der Genesende se<strong>in</strong>e Kräfte ganz allmählich erprobt, steht ihm entgegen.<br />

Das Lento assai des Opus 135 ist dann von e<strong>in</strong>er wirklich ergreifenden<br />

<strong>in</strong>neren Ruhe, Schlichtheit und Klangkultur geprägt – man darf diese<br />

Version zu den beglückendsten Lösungen im Katalog zählen. Was eigentlich<br />

für den ganzen Zyklus gilt.<br />

Matthias Kornemann<br />

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