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Vivaldi in - Rondo

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Hat ke<strong>in</strong>e<br />

Eile: Für<br />

ihre Haydn-<br />

Sonaten<br />

ließ sich<br />

Ekater<strong>in</strong>a<br />

Derzhav<strong>in</strong>a<br />

15 Jahre<br />

Zeit. Zum<br />

Glück!<br />

Ekater<strong>in</strong>a Derzhav<strong>in</strong>a<br />

Haydn, langzeitgereift<br />

Haydn gilt als angenehm, aber meistens langweilig.<br />

Sagt die Pianist<strong>in</strong> Ekater<strong>in</strong>a Derzhav<strong>in</strong>a und widerlegt<br />

es sogleich aufs E<strong>in</strong>drucksvollste.<br />

Von Matthias Kornemann<br />

Warum Haydn<br />

immer noch<br />

e<strong>in</strong> ‚unentdecktes‘<br />

Land<br />

ist? Ganz e<strong>in</strong>fach: Es gibt nicht<br />

viele Möglichkeiten, pianistische<br />

Virtuosität richtig zu zeigen.“<br />

Wirklich? Mehr als 15 Jahre nahm<br />

sich die 1967 <strong>in</strong> Moskau geborene<br />

Ekater<strong>in</strong>a Derzhav<strong>in</strong>a, die am<br />

dortigen Konservatorium unterrichtet,<br />

um den Klaviersonaten<br />

Haydns e<strong>in</strong> Denkmal regelrecht<br />

besessener Durchformung zu errichten.<br />

Als sie 1993 beim saarländischen<br />

Rundfunk e<strong>in</strong>e erste<br />

Reihe aufnahm, ahnte sie noch<br />

nicht, dass sie wie e<strong>in</strong> Zugvogel<br />

jedes Jahr zurückkehren würde,<br />

20<br />

e<strong>in</strong> paar Sonaten im Gepäck, bis<br />

dieser e<strong>in</strong>zigartige Zyklus im Jahr<br />

2008 vollendet war. E<strong>in</strong>zigartig<br />

schon deshalb, weil die „lange<br />

Dauer“ im Leben e<strong>in</strong>es Interpreten<br />

unweigerlich Reifung, Erfahrung<br />

und Wandel, ja Verwerfungen<br />

mit sich br<strong>in</strong>gt, das<br />

Ergebnis Haydns langen Sonatenweg<br />

aber organisch, behutsam<br />

und ohne Stilbrüche nachzeichnet.<br />

Bereits die Entschiedenheit<br />

der ersten Aufnahmen lässt kaum<br />

zweifeln, dass diese Haydnliebe<br />

schon damals e<strong>in</strong>e Vorgeschichte<br />

hatte: „Als Student<strong>in</strong> sollte ich<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Prüfung e<strong>in</strong>e klassische<br />

Sonate spielen. Fast alle haben<br />

Beethoven vorbereitet, viel<br />

weniger Leute Mozart. Haydn hat<br />

niemand gespielt. Ich fand das<br />

ungerecht. Eigentlich kannte ich<br />

damals nur etwa 15 von Haydns<br />

Sonaten. Da habe ich die Noten<br />

genommen und e<strong>in</strong>fach alle<br />

Sonaten vom Blatt gespielt. Seit<br />

der Zeit b<strong>in</strong> ich <strong>in</strong> Haydn verliebt.<br />

Der Witz ist, dass man<br />

fast alle Sonaten wirklich unproblematisch<br />

vom Blatt spielen<br />

kann, sie s<strong>in</strong>d im bestimmten<br />

S<strong>in</strong>ne ‚leicht‘, aber die e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>zige,<br />

für dich selbst ‚richtige‘ Interpretationsentscheidung<br />

zu<br />

treffen – das ist e<strong>in</strong>e Herausforderung.“<br />

Dass die Pianist<strong>in</strong> gerade-<br />

zu radikale Interpretationsentscheidungen<br />

getroffen hat, mit<br />

denen sie so gar nicht dem zählebigen<br />

Bild entspricht, das man<br />

sich von diesem noch immer<br />

kaum vermessenen Werkkosmos<br />

gemacht hat, das wird<br />

e<strong>in</strong>em beim Hören erst allmählich<br />

bewusst. Es ist e<strong>in</strong> Aufstand<br />

<strong>in</strong>tellektuellen Form- und<br />

Fe<strong>in</strong>s<strong>in</strong>ns gegen den flüchtigen<br />

Effekt. Haydns Klaviermusik<br />

mit dem Geist der launenhaften<br />

Wendung und witzigen<br />

Überraschung zu assoziieren,<br />

f<strong>in</strong>det auch Derzhav<strong>in</strong>a durchaus<br />

treffend: „E<strong>in</strong>e solche<br />

Fülle musikalischer Ereignisse,<br />

ja Wunder pro Textseite<br />

werden Sie bei ke<strong>in</strong>em anderen<br />

f<strong>in</strong>den: plötzliche melodische,<br />

harmonische und rhythmische<br />

Wendungen, häufige Fakturänderungen,<br />

Artikulationsfe<strong>in</strong>heiten,<br />

Rezitative, nicht zuletzt<br />

ungeme<strong>in</strong> ausdrucksvolle Pausen<br />

– e<strong>in</strong> lebendiges, <strong>in</strong>teressantes<br />

Gespräch, ke<strong>in</strong> oberflächliches<br />

Gerede.“ Der landläufige Umgang<br />

mit diesen „Wundern“<br />

aber führt ziemlich oft zu angestrengter<br />

Effektjagd, zu e<strong>in</strong>em<br />

pianistischen Orig<strong>in</strong>alitätsdruck,<br />

der uns e<strong>in</strong> zerflatterndes<br />

Panorama des Skizzierten, nicht<br />

zur Form gekommenen h<strong>in</strong>wirft.<br />

Und wo e<strong>in</strong> Werkschauspieler<br />

nichts Pikantes ausmacht, füllt<br />

liebloses Blattspiel, gerade bei<br />

Foto: Marion Koell

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