seitenbühne 01.02 - Staatstheater Hannover
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KONZERT<br />
»Tauwetter«, die »Entstalinisierung« von Politik<br />
und Gesellschaft ein.<br />
So unumstritten die Bedeutung Dmitri Schostakowitschs<br />
als größter russischer Sinfoniker<br />
des 20. Jahrhunderts ist – 15 Sinfonien<br />
hat er geschrieben, von 1926 bis 1971<br />
währte seine Auseinandersetzung mit dieser<br />
Gattung –, so umstritten ist jedoch das<br />
Verhältnis seines Schaffens zu dem Staat, in<br />
dem er lebte und dem er – im Gegensatz<br />
etwa zu den Exilanten Igor Strawinsky und<br />
Sergei Prokofjew – sein Leben lang die<br />
Treue hielt.<br />
In den 1920er Jahren gehörte er zum Kreis<br />
der avantgardistischen Kunstbewegung,<br />
nach dem Zweiten Weltkrieg trat er jedoch<br />
als folgsamer Bürger des kommunistischen<br />
Regimes in Erscheinung: als Repräsentant<br />
der UdSSR bei internationalen Kongressen,<br />
als Deputierter der Obersten Sowjets, Träger<br />
des Lenin-Ordens und Stalin-Preises und bis<br />
zu seinem Tod als beherrschende Figur im<br />
sowjetischen Musikleben. Und doch sind in<br />
seiner staatstragenden Biographie immer<br />
wieder auch Kollisionen mit dem System<br />
auszumachen. So auch im Zusammenhang<br />
mit seiner 9. Sinfonie, die im Herbst 1945,<br />
ein halbes Jahr nach Kriegsende uraufgeführt<br />
wurde. Hatte Schostakowitsch zunächst<br />
die Erwartung geschürt, er werde<br />
eine Neunte in der Nachfolge Beethovens<br />
schreiben – mit Chor und Solisten, dem<br />
großen, heroischen Sieg über den Faschismus<br />
gewidmet –, wurde daraus ein knapp<br />
30-minütiges Leichtgewicht, nicht länger<br />
als nur die Kopfsätze der vorangegangenen<br />
Sinfonien Nr. 7 und 8. Doch auf den zweiten<br />
Blick erweist sich die scheinbar leichte,<br />
neo klassische Sinfonie als Werk voller harmonischer<br />
Brüche und überzeichneter Ironie,<br />
hinter deren Heiterkeit und Witz Abgründe<br />
schlummern.<br />
Der estnische Komponist Erkki-Sven Tüür,<br />
Jahrgang 1959, ist zwar in der Sowjetunion<br />
aufgewachsen, doch erst nach der politischen<br />
Wende und der Unabhängigkeit des<br />
estnischen Staates 1991 wurde er über die<br />
Grenzen seines Landes hinaus bekannt. So<br />
ist das jüngste Werk am wenigsten von russischer<br />
Musiktradition oder sowjetischer Kulturpolitik<br />
beeinflusst: Erkki-Sven Tüür versteht<br />
sich als europäischer Künstler mit estnischen<br />
Wurzeln. Dies verbindet ihn mit<br />
dem Dirigenten des 4. Sinfoniekonzertes,<br />
Olari Elts, der 1971 in der estnischen Hauptstadt<br />
Tallinn geboren wurde und das Akkordeon-Konzert<br />
Prophecy 2007 als Auftragswerk<br />
eines finnischen und eines französischen<br />
Orchesters in Turku uraufgeführt<br />
hat.<br />
So sind im 4. und 5. Sinfoniekonzert des<br />
Niedersächsischen Staatsorchesters <strong>Hannover</strong><br />
Werke und Künstler zwischen russischer<br />
und europäischer Tradition zu erleben, Musik<br />
zwischen Zarenreich, Sowjetunion und<br />
Europäischer Union.<br />
4. SINFONIEKONZERT<br />
JOHN ADAMS The Chairman Dances (1985)<br />
ERKKI-SVEN TÜÜR<br />
Prophecy für Akkordeon und Orchester (2007)<br />
FRANZ LISZT/JOHN ADAMS<br />
The Black Gondola (1882/1989)<br />
DMITRI SCHOSTAKOWITSCH<br />
Sinfonie Nr. 9 Es-Dur op. 70 (1944/45)<br />
DIRIGENT Olari Elts<br />
SOLIST Mika Väyrynen (Akkordeon)<br />
Sonntag, 13. Januar 2013, 17 Uhr<br />
Montag, 14. Januar 2013, 19.30 Uhr<br />
5. SINFONIEKONZERT<br />
ARAM CHATSCHATURJAN Klavierkonzert Des-Dur (1936)<br />
PETER I. TSCHAIKOWSKY Sinfonie Nr. 4 f-Moll op. 36<br />
(1877)<br />
DIRIGENT Ivan Repušić<br />
SOLIST Boris Berezovsky (Klavier)<br />
Sonntag, 17. Februar 2013, 17 Uhr<br />
Montag, 18. Februar 2013, 19.30 Uhr<br />
Kurzeinführungen jeweils 45 Min. vor Konzertbeginn<br />
Mit freundlicher Unterstützung<br />
LEGENDE ZUR LANDKARTE Insel Hiimaa (Estland): Geburtsort von Erkki-Sven Tüür (1959) Tallinn (Estland):<br />
Geburtsort des Dirigenten Olari Elts (1971) St. Petersburg (auch Petrograd, Leningrad): Geburtsort<br />
von Dmitri Schostakowitsch (1906) Moskau: Uraufführungsort der 4. Sinfonie von Peter I. Tschaikowsky<br />
(1878), des Klavierkonzertes von Aram Chatschaturjan (1937) und der 9. Sinfonie von Dmitri Schostakowitsch<br />
(1945), Geburtsort des Pianisten Boris Beresovsky (1969) Wotkinsk: Geburtsort Peter Tschaikowskys<br />
(1841) Tiflis: 20km entfernt liegt Kodschori, der Geburtsort von Aram Chatschaturjan (1903)