Strahleninduzierte Hautveränderungen - Staff.uni-mainz.de ...
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ÄTIOLOGIE DER HAUTREAKTIONEN DURCH STRAHLENEINWIRKUNG<br />
Die Verwendung von Korpuskularstrahlung (Alpha-Partikel, Elektronen, Protonen, Neutronen) und<br />
auch Photonenstrahlung führen zur Ionisierung biologischen Materials. Infolge <strong>de</strong>r Absorption <strong>de</strong>r<br />
ionisieren<strong>de</strong>n Strahlung kommt es unter an<strong>de</strong>rem zu reversiblen und irreversbilen DNA-<br />
Verän<strong>de</strong>rungen im Gewebe sowie Beeinflussung <strong>de</strong>r Zellteilung [92].<br />
In <strong>de</strong>r Haut wer<strong>de</strong>n durch ionisieren<strong>de</strong> Strahlen die mitotischen Fähigkeiten <strong>de</strong>r Stammzellen<br />
innerhalb <strong>de</strong>r Basalzellschicht geschädigt, so dass diese Erneuerung unterdrückt und die<br />
Hautintegrität geschwächt wird. Der Grad <strong>de</strong>r Hautreaktion ist abhängig von <strong>de</strong>r Strahlendosis und<br />
vom Überleben <strong>de</strong>r aktiv proliferieren<strong>de</strong>n Basalzellen in <strong>de</strong>r Epi<strong>de</strong>rmis.<br />
Bei <strong>de</strong>r Exposition gegenüber ionisieren<strong>de</strong>r Strahlung wird neuerdings auch eine Aktivierung <strong>de</strong>s<br />
Transskriptionsfaktors NF-ΚB durch eine intrazelluläre Bildung von Sauerstoffradikalen diskutiert.<br />
Wichtige Mediatoren <strong>de</strong>r Strahlungseinwirkung an <strong>de</strong>r Haut stellen Cerami<strong>de</strong> und Sphingomyeline dar.<br />
Bevor eine strahleninduzierte Dermatitis klinisch manifest wird, kommt es bereits zur Störung <strong>de</strong>r<br />
epi<strong>de</strong>rmalen Barrierefunktion infolge Gefäßirritation. Der transepi<strong>de</strong>rmale Wasserverlust erhöht sich<br />
und erreicht <strong>de</strong>n Höhepunkt vor <strong>de</strong>m Peak <strong>de</strong>r Radio<strong>de</strong>rmatitis. Patienten mit einem sehr frühen<br />
Beginn <strong>de</strong>r Barrierestörung zeigen eine längere Verlaufsdauer <strong>de</strong>r Dermatitis. Durch Fraktionierung<br />
<strong>de</strong>r Strahlung wird die Verträglichkeit verbessert.<br />
Um Tumorzellen in die Apoptose zu bringen, ist die Applikation einer relativ hohen Strahlendosis<br />
erfor<strong>de</strong>rlich, die oft nahe an <strong>de</strong>r Toleranzgrenze <strong>de</strong>s gesun<strong>de</strong>n Gewebes liegt. Je nach Tumorlage, ob<br />
hautnahe o<strong>de</strong>r im Inneren <strong>de</strong>s Körpers wird in Abhängigkeit von <strong>de</strong>r Strahlenqualität und –energie die<br />
Oberflächendosis (die Hautdosis) ebenfalls hoch sein und kann zu sichtbaren Reaktionen wie<br />
Erythembildung bis zur Nekrose führen. Eine Erythembildung stellt eine stets zu erwarten<strong>de</strong>, typische<br />
Reaktion dar, die sich später überwiegend voll zurückbil<strong>de</strong>t. Beson<strong>de</strong>rs die Verbesserung <strong>de</strong>r<br />
Strahlenqualität durch Anwendung von hochenergetischen Photonen, erzeugt durch Beschle<strong>uni</strong>ger,<br />
hat zu einer wesentlichen Dosismin<strong>de</strong>rung und damit Entlastung an <strong>de</strong>r Eintrittsstelle, <strong>de</strong>r Haut,<br />
gegenüber <strong>de</strong>r früher verwen<strong>de</strong>ten konventionellen Röntgenstrahlung aus einer Röntgenröhre im KV-<br />
Bereich geführt. Verteilt man die Gesamtstrahlendosis nicht auf eine, son<strong>de</strong>rn zahlreiche kleinere<br />
Einzeldosen über einen längeren Zeitraum als Fraktionierung, so kann sich das gesun<strong>de</strong> Gewebe und<br />
auch die Haut zwischenzeitlich wie<strong>de</strong>r erholen. Es kommt damit zu einer besseren Verträglichkeit.<br />
Zu Beginn <strong>de</strong>r Strahlentherapiezeit wur<strong>de</strong> die Beobachtung <strong>de</strong>s früh auftreten<strong>de</strong>n Erythems sogar als<br />
Dosiseinheit gebraucht, man bestrahlte die Haut <strong>de</strong>s Patienten einzeitig bis zur Erythembildung. Dies<br />
stellte 1 Haut-Erythem-Dosis = 1 HED dar, von <strong>de</strong>nen vom Arzt tumorabhängig eine entsprechen<strong>de</strong><br />
Anzahl verordnet wur<strong>de</strong>.<br />
EINTEILUNG DER HAUTREAKTIONEN<br />
Bei <strong>de</strong>r durch Strahleneinwirkung hervorgerufenen Verän<strong>de</strong>rung ist zwischen einer Reaktion und<br />
einem Scha<strong>de</strong>n zu unterschei<strong>de</strong>n. Eine Reaktion stellt eine Erythembildung dar, die temporär auftritt<br />
und sich danach durch Reparatur wie<strong>de</strong>r voll zurück bil<strong>de</strong>t. Man spricht auch berechtigt von einer<br />
Strahlen<strong>de</strong>rmatitis, einer primär abakteriellen, durch Strahleneinwirkung bedingten Entzündung. Der<br />
Strahlenscha<strong>de</strong>n ist z.B. eine atrophisch dünne, leicht vulnerable Haut, bei <strong>de</strong>r keine weitere<br />
Reparatur zur Normalisierung führt o<strong>de</strong>r ein Strahlenulcus ohne Heilungsten<strong>de</strong>nz. Bei einem<br />
Strahlenscha<strong>de</strong>n ist ein Überschreiten <strong>de</strong>r Hauttoleranzdosis anzunehmen.<br />
Die häufigste Einteilung für Strahlenschä<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Haut ist die Beurteilung nach <strong>de</strong>r Radiation Therapy<br />
Oncology Group/European Organisation for Research and Treatment of Cancer (RTOG/EORTC) [22].<br />
RTOG/EORTC Hautreaktionsbeurteilung nach Bestrahlung<br />
0 1 2a 2b 3 4<br />
Schwaches Ausgeprägtes Feuchtschuppen<strong>de</strong> Flächenhafte Ulzeration<br />
Erythem Erythem Effloreszenz Desquamation<br />
Keine<br />
Verän<strong>de</strong>rung<br />
zur Baseline<br />
Trockene<br />
Desquamation<br />
Haarausfall<br />
Verringertes<br />
Schwitzen<br />
Mo<strong>de</strong>rates Ö<strong>de</strong>m<br />
Ausgeprägte<br />
Ö<strong>de</strong>me<br />
Hämorrhagie<br />
Nekrose<br />
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