AGIL-DasMagazin - Ausgabe September 2014
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Gegenseitige Hilfe wird groß geschrieben<br />
Konzept der inklusiven Sophie-Scholl-Schule geht auf / 44 Erstklässler im <strong>September</strong><br />
Das ist doch egal, die werden alle<br />
meine Freunde – so hätte ein Mädchen<br />
am Schnuppertag auf ihre<br />
zukünftigen Mitschüler mit Behinderung<br />
reagiert, berichtet Mareike Meister, die<br />
Leiterin der Sophie-Scholl-Schule Hanau.<br />
„Kinder kennen keine Berührungsängste“,<br />
sagt sie. In der inklusiven Grundschule mit<br />
Ganztagsangebot lernen Kinder mit und<br />
ohne Behinderung mit- und voneinander.<br />
Im Fokus steht neben der Wissensvermittlung<br />
die Erweiterung der sozialen Kompetenzen.<br />
Das Konzept geht offensichtlich auf. Die<br />
Entwicklungen, die die Schüler der ersten<br />
Klasse in den Monaten seit Schulbeginn<br />
gemacht hätten, seien erstaunlich.<br />
„Da ist sehr viel im Miteinander passiert,<br />
aber auch jeder für sich hat einen großen<br />
Schritt nach vorne gemacht“, sagt Mareike<br />
Meister. Ein Junge mit Migrationshintergrund,<br />
der am ersten Tag aus Unsicherheit<br />
kein einziges Wort Deutsch sprach, habe<br />
sich über die Gebärdensprache die deutsche<br />
Sprache erschlossen und diskutiere<br />
mittlerweile ausgelassen mit seinen Mitschülern,<br />
so die Schulleiterin. „So hilft die<br />
Gebärdensprache, welche die Jungen und<br />
Mädchen hier lernen, nicht nur den Kindern<br />
mit Förderbedarf.“<br />
Im August 2013 wurde die inklusive Ganztagsschule<br />
in freier Trägerschaft des BWMK<br />
(Behinderten-Werk Main-Kinzig e.V.) eröffnet.<br />
Derzeit besuchen 36 Erstklässler die<br />
Schule, zehn davon haben einen Förderbedarf.<br />
Im <strong>September</strong> werden die nächsten<br />
44 Erstklässler eingeschult und dann<br />
mit den Zweitklässlern gemischt. Der<br />
jahrgangsgemischte Unterricht biete viele<br />
Möglichkeiten der individuellen Förderung<br />
– und rege die Kinder dazu an, sich gegenseitig<br />
zu helfen, erläutert Meister.<br />
Auch die Nachfrage nach dem Ganztagsunterricht<br />
sei „unglaublich hoch“, so die<br />
Schulleiterin. Der Übergang von Unterricht<br />
zu Nachmittagsbetreuung bewähre sich.<br />
„Auch empfinden es die Eltern als sehr<br />
entlastend, dass die Kinder nach Hause<br />
Einladung zum Tag der offenen Tür<br />
in der Sophie-Scholl-Schule Hanau<br />
Freitag, 10. Oktober, 16-19 Uhr<br />
Lamboystraße 50<br />
63452 Hanau<br />
Telefon: 06 18 1 / 49 07 7-0<br />
Fax: 06 18 1 / 49 07 7 - 1 20<br />
www.sophie-scholl-schule-hanau.de<br />
kommen und keine Hausaufgaben mehr<br />
zu erledigen haben.“ Manche Eltern irritiere<br />
es eher, dass sie vom Schulalltag nicht<br />
mehr so viel mitbekämen. „Und plötzlich<br />
konnte mein Sohn lesen“, habe eine Mutter<br />
der Schulleiterin gegenüber geäußert.<br />
Die vielfach geäußerte Angst, dass Kinder<br />
ohne Beeinträchtigung durch die Jungen<br />
und Mädchen mit Handicap in ihrem<br />
Lernprozess aufgehalten würden, sieht die<br />
Schulgemeinde der Sophie-Scholl-Schule<br />
aus eigener Erfahrung als unbegründet<br />
an: „Ich erlebe eher das Gegenteil. Durch<br />
den individualisierten Unterricht und das<br />
multiprofessionelle Team haben begabte<br />
Kinder eine besondere Chance, entdeckt<br />
und gefördert zu werden“, unterstreicht<br />
Mareike Meister. Der Vergleich zeigt: Die<br />
Kinder ohne besonderen Förderbedarf in<br />
der Sophie-Scholl-Schule Hanau sind im<br />
Stoff genauso weit wie die Kinder an Regel-Grundschulen<br />
– und einige haben sich<br />
auch schon mehr erarbeitet. Das Konzept<br />
der Schule ermöglicht es, dass für die Förderung<br />
von Begabungen ausreichend Zeit<br />
zur Verfügung steht – ebenso wie für die<br />
Unterstützung von Kindern, die beim Lernen<br />
Hilfe brauchen. Themen können besonders<br />
gründlich erarbeitet und Fertigkeiten<br />
eingeübt werden.<br />
Hilfen erkennen und sie nutzen, anderen<br />
Hilfe anbieten und Kooperationen bilden –<br />
das geschieht im Dialog zwischen Lehrenden<br />
und Lernenden als fortgesetzter Kreislauf.<br />
Nach fast einem Jahr sei die Schule längst<br />
in Hanau angekommen, sagte Mareike<br />
Meister. Der Großteil der angemeldeten<br />
Kinder für das kommende Schuljahr<br />
stammt aus der Grimm-Stadt. Darunter<br />
seien auch Schüler mit Migrationshintergrund<br />
und auch Kinder aus sozial schwachen<br />
Familien. „Dank der Unterstützung<br />
des Lions Club Palmengarten konnten wir<br />
Stipendien vergeben und so auch diesen<br />
Kindern trotz des Schulgelds, das wir als<br />
Schule in freier Trägerschaft erheben müssen,<br />
den Schulbesuch ermöglichen“, erklärt<br />
die Schulleiterin.<br />
<strong>September</strong> <strong>2014</strong> | 55