Analysis I - Abteilung für Mathematische Stochastik
Analysis I - Abteilung für Mathematische Stochastik
Analysis I - Abteilung für Mathematische Stochastik
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
1.5 Beweise 17<br />
Beweis. Wir haben bereits gesehen, dass A ⇒ B äquivalent ist zu B ∨ ¬A. (Denn: beide<br />
Aussagen bedeuten, dass es nicht sein kann, dass zwar A, aber B nicht gilt.) Genauso ist<br />
¬B ⇒ ¬A äquivalent zu ¬A ∨ (¬¬B), was dasselbe ist wie ¬A ∨ B. Damit sind beide Seiten<br />
äquivalent zu B ∨ ¬A, haben also insbesondere immer denselben Wahrheitswert.<br />
Wir bringen ein zweites Beispiel eines indirekten Beweises. Ohne weitere Erläuterung werden<br />
wir dabei bekannte Teilbarkeitsregeln für natürliche Zahlen verwenden.<br />
Proposition 1.36 ( √ 2 /∈ Q). Es gibt kein x ∈ Q mit x 2 = 2.<br />
Beweis in Skript-Version. Angenommen, es gäbe x ∈ Q mit x 2 = 2. Dann ist x = m/n für<br />
m, n ∈ N. (Es ist auch m ≥ 0, da mit x 2 = 2 auch (−x) 2 = 2 gilt.) Durch Kürzen können<br />
wir m und n so wählen, dass beide teilerfremd sind. Es gilt also m 2 = 2n 2 für teilerfremde<br />
m, n ∈ N. Da 2 somit m 2 teilt, muss 2 auch m teilen. Es gibt also ein r ∈ N mit m = 2r und<br />
damit 4r 2 = 2n 2 oder 2r 2 = n 2 . Genauso folgern wir, dass es ein s gibt mit n = 2s. Wir sehen,<br />
dass 2 sowohl m als auch n teilt. Dies ist ein Widerspruch zur Teilerfremdheit von m und n.<br />
Also muss die Annahme x ∈ Q falsch gewesen sein. Es gibt also kein x ∈ Q mit x 2 = 2.<br />
Beweis in Übungsblatt-Version.<br />
Angenommen, ∃x ∈ Q : x 2 = 2.<br />
⇒ ∃m, n ∈ N : m 2 /n 2 = 2; oBdA 4 m, n teilerfremd<br />
⇒ ∃m, n ∈ N teilerfremd, m 2 = 2n 2<br />
⇒ ∃r, m, n ∈ N : m = 2r, 4r 2 = 2n 2 und m, n teilerfremd, also auch 2r 2 = n 2<br />
⇒ ∃r, s, m, n ∈ N : m = 2r, n = 2s und m, n teilerfremd <br />
Also: ̸ ∃x ∈ Q : x 2 = 2.<br />
Eine dritte Beweisart ist die der vollständigen Induktion. Sie funktioniert höchstens dann,<br />
wenn wir eine Aussage der Form ∀n ∈ N A(n) beweisen wollen. Wir erinnern an die Definition<br />
der natürlichen Zahlen nach Peano aus Beispiel 1.8.5. Wir haben gesehen, dass jede Menge<br />
M ⊆ N, für die 1 ∈ M und n ∈ M ⇒ n+1 ∈ M gilt bereits die Menge der natürlichen Zahlen<br />
sein muss. Daraus lesen wir direkt das Beweisprinzip der vollständigen Induktion ab:<br />
Sei A(n) eine Aussage und M := {n : A(n) ist wahr}. Gilt<br />
1. Induktionsanfang: A(1),<br />
2. Induktionsschluss: A(n) ⇒ A(n + 1),<br />
dann ist M = N, d.h. ∀n ∈ N A(n) ist wahr.<br />
Wir verwenden dieses Beweisprinzip um ein paar Rechenregeln für Summen und Produkte<br />
kennen zu lernen. Hierbei werden wir wieder jeweils zwei Beweise angeben, einen wie er in<br />
einem Vorlesungsskript erscheinen könnte und einen zweiten, wie man ihn eventuell als Lösung<br />
eines Übungsblattes verwenden würde.<br />
Proposition 1.37. Für n ∈ N gilt<br />
n∑<br />
( ) n + 1<br />
i = .<br />
2<br />
i=1<br />
4 Diese vier Buchstaben bedeuten Ohne Beschränkung der Allgemeinheit. Sie besagen, dass wir keinen Fehler<br />
machen, wenn wir eine Annahme treffen.