Zett
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36 <strong>Zett</strong> 2–14 Creative City<br />
«Mir schwebt ein<br />
kreativer Ausnahmezustand vor»<br />
Kaum hat Matthias Ziegler das neu eröffnete<br />
Bistro Chez Toni betreten, hat er dessen<br />
Potenzial für das ZHdK-Fest Creative City<br />
auch schon ausgelotet. Der Musiker und<br />
Architekt ist künstlerischer Leiter des Anlasses.<br />
Am 25. Oktober strebt er nichts Geringeres<br />
an als den kreativen Ausnahmezustand im Toni-<br />
Areal, wie er Caroline Süess* im Gespräch erklärt.<br />
Caroline Süess: Wie kommt es, dass Sie die künstlerische Leitung<br />
von Creative City übernommen haben?<br />
Matthias Ziegler: 2012 gab es einen Aufruf, man suchte Ideen<br />
für die Einweihung des Toni-Areals. Ich skizzierte zwei. Daraufhin<br />
fragte mich Michael Eidenbenz, der Direktor des<br />
Departements Musik, an. Nach einer Besprechung mit Heike<br />
Pohl, der Leiterin Hochschulkommunikation, wurde ich von<br />
der Hochschulleitung zum künstlerischen Leiter gewählt.<br />
Das war Anfang Herbst 2012. Ich wusste: Ein Jahr Vorlaufzeit<br />
wird eng.<br />
Was hat es mit dem Namen des Fests auf sich?<br />
Creative City spielt auf die Science City der ETH Zürich auf<br />
dem Hönggerberg an. Hier unten haben wir die Creative City.<br />
Das Toni-Areal ist eine Stadt in der Stadt mit Boulevards und<br />
Kaskade.<br />
Wie war es für Sie als Musikdozent, mit anderen kreativen<br />
Disziplinen zu tun zu haben?<br />
Ich unterrichte zwar seit zwanzig Jahren Querflöte, Improvisation<br />
und Kammermusik an der ZHdK, doch ich habe seinerzeit<br />
mein Architekturstudium erst kurz vor dem Abschluss<br />
zugunsten des Musikstudiums aufgegeben. Dadurch bin ich<br />
es gewohnt, verschiedene Künste miteinander zu verbinden.<br />
In den 1990er-Jahren habe ich in verschiedenen Projekten<br />
Architektur mit Musik bespielt, von Staumauern über Bahnviadukte<br />
bis zu Palladio-Villen. Von 2003 bis 2008 leitete ich<br />
dann das Festival Flims Klang, bei dem Musik und Landschaften<br />
zusammenkamen. Bei Creative City reizte mich das<br />
Toni-Areal als Moloch.<br />
Welche Phasen gab es in der Vorbereitung?<br />
Zuerst gingen wir davon aus, dass wir nur ein Jahr für die<br />
Vorbereitungen zur Verfügung hätten. Das wäre zwar machbar<br />
gewesen, aber ich war sehr erleichtert, als der Umzug und<br />
damit das Fest um ein Jahr verschoben wurden. Dank der<br />
gewonnenen Zeit wurden ganz neue Dinge möglich. Die Baustellensinfonie<br />
war das allererste Projekt, das ich andachte,<br />
als ich mit dem Architekten Peter Eberhard im Toni-Areal<br />
unterwegs war.<br />
Wer unterstützte Sie noch?<br />
Mit Heike Pohl und Stefan Kreysler von der Hochschulkommunikation<br />
stand mir ein wunderbares Team zur Seite. Mit<br />
Heike Pohl besprach ich Konzeptionelles und die Kommunikation.<br />
Über sie lief der Kontakt zur Hochschulleitung.<br />
Mit Stefan Kreysler arbeite ich bei den konkreten Projekten<br />
zusammen, er ist der Verbindungsmann zu allen Ebenen der<br />
Hochschule. Es ist eine grosse Hilfe, mit jemandem zusammenzuarbeiten,<br />
der die Prozesse und die Personen im Haus<br />
so gut kennt.<br />
Aus welchen persönlichen Ressourcen konnten Sie schöpfen?<br />
Sicher aus meinen Erfahrungen in der Auseinandersetzung<br />
mit Räumen. Ich nehme Räume gesamthaft, visuell und auditiv<br />
wahr – hier im Chez Toni sitzen wir neben einer der lautesten<br />
Tramhaltestellen Zürichs. Wegen der tief hängenden<br />
Lampen kann man diesen Raum beispielsweise nicht für einen<br />
Stehapéro nutzen.<br />
Was waren die Überraschungen?<br />
Obwohl ich es geahnt hatte, war ich überrascht, wie unterschiedlich<br />
die Kulturen in den Departementen sind. Es wurde<br />
sehr schnell klar, dass wir nicht einfach eine geeinte Hochschule<br />
sind, über die nun ein Dach gespannt wurde und zu<br />
deren Eröffnung wir ein Band durchschneiden und sagen<br />
können: Es ist eröffnet. Ich bevorzuge das Bild, dass wir auf<br />
einem gemeinsamen Fundament stehen. Das spüre ich viel<br />
stärker als das gemeinsame Dach, und so verstehe ich auch<br />
die Architektur des Toni-Areals.<br />
Wie gingen Sie die inhaltliche Planung des ZHdK-Fests an?<br />
Das Konzept geht von der Architektur aus, von der Stadt in<br />
der Stadt. Diese Vorgehensweise ist das Gegenteil von dem,<br />
was ich kenne, wenn ich als Musiker von Ort zu Ort reise<br />
und meine Stücke raumunabhängig spiele. Bei Creative City<br />
kommt zuerst der Raum, dann der Inhalt. Ich ging durchs<br />
Toni-Areal und überlegte mir, wie eine Stadt funktioniert.<br />
Ich wusste, Creative City wird ein Fest und kein Festival, kein<br />
Nummernprogramm, bei dem man nichts verpassen darf, weil<br />
man sonst in einen Rückstand gerät. Ich kam auf das Konzept<br />
der Stadtquartiere. In der Stadt gibt es Nachbarschaften. So<br />
macht nun jedes Departement ein Quartierfest. Im Toni-Areal<br />
ist etwas Neues erst am Entstehen, von dem ich nicht von Anfang<br />
an behaupten will, dass es schon da sei. Creative City ist<br />
keine Leistungsschau, sondern lässt den Moloch mal «fräsen».<br />
Mir schwebt ein kreativer Ausnahmezustand vor.<br />
Sie verzichten bewusst auf ein klassisches Programmheft.<br />
Wie findet sich das Publikum zurecht?<br />
An verschiedenen Orten wird das Programm projiziert, zum<br />
Beispiel auf die zum Gang gelegenen Fenster der Seminarräume.<br />
Auch hier wird die Struktur des Raums genutzt. Die<br />
Projektionen lassen einen innehalten und sorgen für eine<br />
Richtungsänderung. Gewisse Sachen werden offensichtlich<br />
sein, wie das Catering draussen, andere wird man suchen<br />
müssen, zum Beispiel den Windkanal auf der Dachterrasse