ES-Spiegel Nr.16.pdf - Technische Universität Chemnitz
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# 16<br />
SS 13<br />
Newsletter<br />
der<br />
<strong>Chemnitz</strong>er Europa-Studien<br />
Sommerausgabe<br />
In dieser Ausgabe unter anderem:<br />
Im Fokus: Jun.-Prof. Dr. Birgit Glorius<br />
Praktikum: Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit<br />
Ausland: Studieren im Land der aufgehenden Sonne<br />
Projekt: Grenzen übertanzen<br />
Master: Andrássy <strong>Universität</strong> Budapest<br />
Alumni: Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft e.V.
<strong>ES</strong>-<strong>Spiegel</strong> - Halbjährlicher Newsletter der <strong>Chemnitz</strong>er Europa-Studien<br />
Editorial<br />
Editorial<br />
Liebe Studentinnen und Studenten,<br />
liebe Alumnae und Alumni,<br />
liebe Dozentinnen und Dozenten,<br />
so langsam wird es kühler draußen, die Blätter färben<br />
sich bunt und tanzen im Wind durch die ins spätsommerliche<br />
Licht getauchten Straßen.<br />
Ja, der Sommer ist vorbei, der Winter naht. Wir können<br />
zurückdenken an einen Sommer, der seinem Namen<br />
alle Ehre machte und sich doch lange Zeit nicht blicken<br />
lassen wollte. Wir können zurückdenken an ein Sommersemester<br />
voll toller Veranstaltungen, in dem jeder<br />
für sich und auch in der Gruppe sein Glück suchte… sei<br />
es nun in einem aufregendem Auslandssemester fern<br />
der Heimat, in einem interessanten Praktikum, in dem<br />
man erkennt, was man wirklich will oder bei der Umsetzung<br />
des eigenen Bachelorprojektes, für das man trotz<br />
kleiner Rückschläge wirklich alles geben würde.<br />
Über all diese Erfahrungen und Gefühle wird auch dieses<br />
Mal wieder im Europa-Studien-<strong>Spiegel</strong> berichtet.<br />
Freut euch auf Berichte über ein Auslandssemester in<br />
St. Petersburg und über ein ganzes Auslandsjahr im<br />
Land der aufgehenden Sonne, in dem ihr auch Spannendes<br />
über die Ess- und Trinkgewohnheiten der Japaner<br />
erfahren könnt.<br />
Ein Bericht über Sarajevo lädt euch ein, diese wunderbare<br />
Stadt ein bisschen kennen zu lernen und etwas<br />
von dem Gefühl zu erleben, welches sie einem vermittelt.<br />
Ebenso gefühlvoll wird über das leidenschaftlich durchgeführte<br />
Bachelorprojekt einer jungen Europa-Studentin<br />
berichtet, die es geschafft hat, Grenzen zu übertanzen<br />
und damit Barrieren in den Köpfen zu überwinden.<br />
In der Sparte „Alumni“ geht es vom bayerischen München<br />
über das wunderschöne, idyllisch an der Donau<br />
gelegene Budapest hin zum exotischen Butuan City auf<br />
den Philippinen.<br />
Im Fokus dieser Ausgabe steht ein Interview mit der Anfang<br />
2013 neu ans Institut gekommenen Dr. Birgit Glorius,<br />
die die Juniorprofessur Humangeographie Ostmitteleuropas<br />
übernommen hat und unter anderem darüber<br />
berichtet, wie <strong>Chemnitz</strong> aus Sicht einer Geographin<br />
wahrgenommen wird.<br />
Ich wünsche Euch viel Spaß beim Lesen und einen angenehmen<br />
Start ins neue Semester!<br />
Eilyne<br />
<strong>Technische</strong> <strong>Universität</strong> <strong>Chemnitz</strong> SS 13
<strong>ES</strong>-<strong>Spiegel</strong> - Halbjährlicher Newsletter der <strong>Chemnitz</strong>er Europa-Studien<br />
l<br />
Inhalt<br />
Kurz notiert. 1<br />
Termine. 2<br />
Fokus.<br />
Jun.-Prof. Dr. Birgit Glorius 3<br />
Studium.<br />
Sebastian Heinzig 5<br />
AUSLANDSSEM<strong>ES</strong>TER Japan<br />
Miriam Meir 7<br />
ERASMUS Toruń<br />
Insa Schwob 10<br />
ERASMUS Brno<br />
Anika Simm 12<br />
ERASMUS Tampere<br />
Tobias Fißmer 14<br />
AUSLANDSSEM<strong>ES</strong>TER St. Petersburg<br />
Thema.<br />
Annemarie Walter 16<br />
PROJEKT Grenzen übertanzen<br />
Eilyne Pasche 21<br />
PRAKTIKUM Tomsk<br />
Theresa Kiunke 22<br />
PRAKTIKUM Sarajevo<br />
Kristin Sandfort 24<br />
PRAKTIKUM GIZ<br />
Christin Schob 25<br />
PRAKTIKUM Deutsch-Russisches Kulturinstitut<br />
Eilyne Pasche 26<br />
SOMMERF<strong>ES</strong>T der Europa-Studien<br />
Alumni.<br />
Birthe Meyer 28<br />
TRAINE<strong>ES</strong>HIP GIZ<br />
Hannah Olbricht 31<br />
TRAINE<strong>ES</strong>HIP Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft e.V.<br />
Paula Beger & Claudia Schneider 33<br />
MASTER Andrássy <strong>Universität</strong> Budapest<br />
I‘<strong>ES</strong>. 36<br />
Impressum. 37<br />
<strong>Technische</strong> <strong>Universität</strong> <strong>Chemnitz</strong> SS 13
<strong>ES</strong>-<strong>Spiegel</strong> - Halbjährlicher Newsletter der <strong>Chemnitz</strong>er Europa-Studien<br />
Kurz notiert<br />
Kurz notiert<br />
1<br />
Am 2. und 3. Mai fanden die von der Professur Kultureller und Sozialer<br />
Wandel organisierten Südosteuropa-Tage der TU <strong>Chemnitz</strong> statt,<br />
die im Zuge der Aufnahme Kroatiens in die Europäische Union die<br />
Aufmerksamkeit auf die Region lenken und dem Umstand Rechnung<br />
tragen sollten, dass immer mehr Studierende des Instituts Interesse<br />
in Form von Auslandsaufenthalten und Projekten an dieser Region<br />
zeigen.<br />
Die Ausstellung „Sie bewiesen Zivilcourage. Bürger aus Görlitz und<br />
Zgorzelec 1945-1989“ konnte durch den Einsatz der Professur für<br />
Kultur- und Länderstudien vom 28. Mai bis zum 5. Juli in der Landesdirektion<br />
<strong>Chemnitz</strong> besichtigt werden.<br />
Am 12. Juni konnte bei der Präsentation des Projektes<br />
„SonnenbergERleben“ der interaktive Stadtteilführer, der in Form eines<br />
Tablet-PCs im Stadtteilzentrum des Sonnenbergs für Erkundungen<br />
ausgeliehen werden kann, bestaunt werden. Mit Hilfe des Stadtteilführers<br />
lässt sich der Sonnenberg durch die Augen der Bewohner<br />
entdecken und hält mit Sicherheit so einige Überraschungen bereit.<br />
Ein weiteres Mal rückte der Stadtteil Sonnenberg am 16. sowie 17.<br />
August in den Fokus der Aufmerksamkeit, als unter dem Titel „Aus<br />
Leer(stand) macht Mehr(Stadt)! Eine experimentelle SonnenbergBegehung“<br />
ein Workshop stattfand, der zum Überdenken des negativen<br />
Bildes des Leerstands einlud.<br />
Die internationale Konferenz über polnische Migration nach Deutschland,<br />
auf der die ersten Ergebnisse der Untersuchung „Polonia restituta?<br />
Aktuelle polnische Migration in Norddeutschland: soziale Netzwerke,<br />
Gruppenidentität und Traditionsbildung" der Professur für Kultur-<br />
und Länderstudien vorgestellt wurden, fand vom 21. bis zum 23.<br />
Juni statt.<br />
Die Ausstellung „Freiheit und Zensur – Filmschaffen in der DDR zwischen<br />
Anpassung und Opposition“ wurde von Studierenden nach<br />
<strong>Chemnitz</strong> geholt und war vom 2. bis 11. Juli im Hörsaalgebäude der<br />
Uni zu betrachten. Bei der Finissage, auf der der Film „Berlin Ecke<br />
Schönhauser“ gezeigt wurde, fand eine Podiumsdiskussion mit Jan<br />
Kummer von der „AG Geige“ sowie Andreas Bochmann vom Kulturkaufhaus<br />
DAStietz statt.<br />
Im Rahmen des Forums für Europäische Studien (F<strong>ES</strong>t) fanden<br />
auch im vergangenen Semester wieder diverse Gastvorträge statt:<br />
Am 1. Juli referierte Prof. Dr. Matthias Theodor Vogt (Hochschule<br />
Zittau-Görlitz) zum Thema „Sachsens sorbische Minderheit. Wie entwickelt<br />
man ein Gesamtkonzept für Kultur- und Sprachentwicklung?“.<br />
Prof. Dr. hab. Władysław Czapliński von der <strong>Universität</strong> Warschau<br />
hielt gleich zwei Vorträge. Am 2. Juli sprach er zum Thema „Polen<br />
und die Währungsunion“ und am 3. Juli über „Das Polnische Verfassungsgericht<br />
und die EU“.<br />
<strong>Technische</strong> <strong>Universität</strong> <strong>Chemnitz</strong> SS 13
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Termine<br />
Termine<br />
Oktober<br />
Veranstaltungsübersicht<br />
2<br />
• 24. bis 26. Oktober 2013<br />
„Zwei Staaten – eine Krone. Die sächsisch-polnische Union 1697– 1763“<br />
Internationale wissenschaftliche Konferenz der Professur für Europäische<br />
Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts.<br />
November<br />
• 7. November 2013<br />
Auftaktparty der Europa-Studien im Weltecho<br />
• 8. November 2013<br />
17. Politik- und Regionalwissenschaftliches Symposium:<br />
„Kroatien in der EU – neue Perspektiven auf das europäische Projekt“<br />
(Veranstalter: Initiative Europastudien, Professuren Kultur– und Länderstudien<br />
OME, Internationale Politik), 9-17 Uhr, „Altes Heizhaus“ Straße<br />
der Nationen.<br />
Januar<br />
• Festwoche 20 Jahre Philosophische Fakultät<br />
<strong>Technische</strong> <strong>Universität</strong> <strong>Chemnitz</strong> SS 13
<strong>ES</strong>-<strong>Spiegel</strong> - Halbjährlicher Newsletter der <strong>Chemnitz</strong>er Europa-Studien<br />
Fokus<br />
Fokus<br />
3<br />
Birgit Glorius<br />
birgit.glorius<br />
@phil.tu-chemnitz.de<br />
Frau Jun.-Prof. Dr. Birgit Glorius stellt sich vor<br />
Frau Dr. Glorius, Sie sind noch nicht<br />
lange am Institut für Europäische<br />
Studien und so ist es möglich, dass<br />
noch nicht alle Studierenden Sie kennengelernt<br />
haben. Könnten Sie sich<br />
und Ihren beruflichen Werdegang<br />
bitte kurz vorstellen?<br />
In aller Kürze: Geographiestudium in<br />
Erlangen-Nürnberg und Würzburg,<br />
mit einem Auslandsjahr als Stipendiatin<br />
an der University of Texas at<br />
Austin. Tätigkeit in der Markt- und<br />
Mobilitätsforschung, danach wiss.<br />
Mitarbeiterin an der Uni Halle am<br />
Lehrstuhl für Sozialgeographie. Promotion<br />
zu einem Thema aus der Migrationsforschung,<br />
gefolgt von vergleichender<br />
Forschung zur Migration<br />
zwischen Ostmitteleuropa und Westeuropa<br />
in der Post-Doc-Phase. Intermezzo<br />
bei der Stadt Leipzig im Rahmen<br />
des Bundesprogramms „Lernen<br />
vor Ort“ (Aufbau einer indikatorengestützten<br />
Bildungsberichterstattung).<br />
Seit 01.01.2013 am Institut für Europäische<br />
Studien.<br />
Wie gefällt es Ihnen am Institut?<br />
Sehr gut. Nette Kollegen, optimale<br />
Rahmenbedingungen, interessante<br />
Kooperationsmöglichkeiten.<br />
Abseits vom Beruflichen: Was machen<br />
Sie in Ihrer Freizeit, wie verbringen<br />
Sie Ihre freien Tage?<br />
Mit meiner Familie, gerne draußen<br />
und aktiv. Daneben mache ich noch<br />
ein bisschen Musik, auch wenn dafür<br />
immer zu wenig Zeit bleibt.<br />
Was hat Sie nach ausgerechnet nach<br />
<strong>Chemnitz</strong> verschlagen?<br />
Das interessante Stellenangebot.<br />
Ich muss mich als Pendlerin outen, da<br />
ich in Leipzig einigermaßen fest verankert<br />
bin und ein Umzug nicht sinnvoll<br />
schien. Dennoch habe ich die<br />
„Stadt der Moderne“ schon von einigen<br />
sehr interessanten Seiten kennengelernt.<br />
Vor allem die Kunstsammlungen<br />
haben es mir angetan.<br />
Wie haben Sie <strong>Chemnitz</strong> aus Sicht<br />
der Geographin das erste Mal wahrgenommen?<br />
Ich war das erste Mal Ende der<br />
1990er Jahre in <strong>Chemnitz</strong>, da gab es<br />
in der Innenstadt noch ein riesiges<br />
Loch. Als ich jetzt wieder kam, habe<br />
ich die Stadt kaum wiedererkannt. Die<br />
neugestalteten Teile der Innenstadt<br />
finde ich teils stimmig, teils merkwürdig<br />
(v.a. der „Glasdolch“ über dem<br />
„Kaufhof“). <strong>Chemnitz</strong> hat sicherlich<br />
viele Potenziale und viele Ecken warten<br />
darauf, aus dem Dornröschenschlaf<br />
erweckt zu werden.<br />
Was denken Sie heute, nach einer<br />
gewissen Zeit, über diese als „älteste<br />
Großstadt“ Deutschlands verschrieene<br />
Stadt?<br />
In der Außenwahrnehmung hat<br />
<strong>Chemnitz</strong> viele Ähnlichkeiten mit Halle,<br />
der „grauen Diva“. Letztere ist aber<br />
längst bunt geworden, nicht zuletzt<br />
durch die <strong>Universität</strong>, Institutionen wie<br />
die Leopoldina und die Bundeskulturstiftung<br />
und nicht zuletzt die vielen<br />
Kunsthochschulabsolventen, die die<br />
Stadt mit kleinen Galerien überziehen.<br />
So etwas würde ich mir für <strong>Chemnitz</strong><br />
auch wünschen. Mich wundert es ein<br />
wenig, dass die vielen Studierenden<br />
im Stadtbild so wenig Präsenz entwickeln.<br />
Über die „Stadt der Moderne“ gibt es<br />
die verschiedensten Meinungen. Sind<br />
Sie hier schon ein Stück weit heimisch<br />
geworden?<br />
Welchen Eindruck haben Sie von den<br />
Europa-Studien?<br />
Die Europa-Studien sind sicher eine<br />
sehr spezielle Fachrichtung, die vor<br />
allem für weltoffene und engagierte<br />
<strong>Technische</strong> <strong>Universität</strong> <strong>Chemnitz</strong> SS 13
<strong>ES</strong>-<strong>Spiegel</strong> - Halbjährlicher Newsletter der <strong>Chemnitz</strong>er Europa-Studien<br />
Fokus<br />
4<br />
Menschen jenseits der ausgetretenen<br />
Pfade geeignet ist. Für diejenigen,<br />
die sich auf das Fach voll und<br />
ganz einlassen, sehe ich sehr gute<br />
Zukunftsperspektiven, denn die<br />
Nachfrage nach Europaspezialisten<br />
mit interkultureller Erfahrung wird in<br />
den nächsten Jahren eher zunehmen.<br />
Was wünschen Sie sich (mehr) von<br />
Ihren Studierenden?<br />
Ich möchte den Studierenden in meinen<br />
Lehrveranstaltungen nicht nur<br />
den Sinn und Zweck der geographische<br />
Perspektive vermitteln, sondern<br />
hoffe auch, meine eigene Begeisterung<br />
für die Fachinhalte zu übertragen.<br />
Natürlich wünsche ich mir, dass<br />
sich viele Studierende davon anstecken<br />
lassen.<br />
Gibt es etwas, das Sie den Studierenden<br />
von heute ans Herz legen wollen?<br />
Ich glaube, es gibt nie mehr so viele<br />
Entwicklungsmöglichkeiten wie während<br />
des Studiums. Mein Tipp: So viel<br />
wie möglich mitnehmen, nicht zu klein<br />
Denken, kein „Dienst nach Vorschrift“,<br />
sondern sich aktiv einbringen.<br />
<strong>Technische</strong> <strong>Universität</strong> <strong>Chemnitz</strong> SS 13
<strong>ES</strong>-<strong>Spiegel</strong> - Halbjährlicher Newsletter der <strong>Chemnitz</strong>er Europa-Studien<br />
Studium<br />
Studium<br />
5<br />
Sebastian Heinzig<br />
sebastian.heinzig<br />
@s2010.tu-chemnitz.de<br />
Ein Jahr im Land der aufgehenden Sonne<br />
Sebastian Heinzig<br />
Japan. Das ist Hightech, Anime,<br />
Sushi und seit 2011 auch Fukushima.<br />
Doch natürlich verbirgt sich hinter<br />
diesem Land vieles mehr, was<br />
man auf den ersten Blick und vielleicht<br />
auch auf den zweiten noch<br />
nicht sieht.<br />
Doch wie kommt man eigentlich dazu,<br />
als Europa-Student nach Japan<br />
zu gehen? Die Antwort ist einfach:<br />
Ich wollte so weit weg wie möglich,<br />
und was ist weiter weg als das Land<br />
der aufgehenden Sonne? Kurzum<br />
habe ich mich entschlossen, meine<br />
Bewerbung für NUPACE (Nagoya<br />
University Program for Academic<br />
Exchange) ins Rennen zu schicken,<br />
und als einziger Bewerber der TU<br />
standen meine Chancen nicht so<br />
schlecht. Das Stipendium der japanischen<br />
Regierung (JASSO) von 80<br />
000¥ habe ich dazu bekommen. Somit<br />
konnte mein Abenteuer Fernost<br />
beginnen. Nagoya selbst hat gewisse<br />
Parallelen zu <strong>Chemnitz</strong>, wenn<br />
auch im größeren Rahmen. Es ist<br />
das industrielle Zentrum Japans mit<br />
Toyota als bekanntestem Vertreter<br />
und mit ca. 8,7 Mio. Menschen in der<br />
Metropolregion drittgrößter Ballungsraum<br />
Japans. Aber es ist natürlich<br />
nicht so lebendig wie Tokyo oder<br />
Osaka.<br />
Hier angekommen habe ich mich<br />
auch gleich mit ca. 15 anderen internationalen<br />
Studierenden und zwei<br />
Japanern zu einem „welcome dinner“<br />
getroffen. Es war großartig und die<br />
Freuden des nomitabehoudai ( 飲 み<br />
食 べ 放 題 ) sollte ich im Laufe des<br />
Jahres noch zu schätzen lernen.<br />
Denn wie ich später festgestellt habe,<br />
handelt es sich dabei um ein „allyou-can-drink-and-eat“<br />
für zwei Stunden.<br />
Sprich, man hat zwei Stunden<br />
Zeit zu trinken und zu essen bis man<br />
nicht mehr kann (eine Eigentümlichkeit<br />
der japanischen Kultur, auf die<br />
ich später noch einmal zu sprechen<br />
kommen werde).<br />
Nachdem erste Freundschaften bereits<br />
geschlossen waren, ging es am<br />
nächsten Tag ins Wohnheimzimmer<br />
(typisch japanisch recht minimal), wo<br />
man eine weitere Sache feststellen<br />
konnte: mit Englisch kommt man in<br />
Japan nicht weit. Mein Wohnheim war<br />
gemischt japanisch-international, jedoch<br />
war die Kommunikation mit meinen<br />
Mitbewohnern auf das Primitivste<br />
beschränkt. Dies stellte mich jeden<br />
Mittwoch wieder vor eine Herausforderung,<br />
da dann zum allwöchentlichen<br />
Block kaigi gerufen wurde: eine<br />
Versammlung, welche auf jedem Flur<br />
stattfindet und wo die neusten Beschlüsse<br />
des Wohnheimrates besprochen<br />
werden. Auf Japanisch natürlich.<br />
Die Orientierungswoche verlief so<br />
ähnlich wie in <strong>Chemnitz</strong>. Es gab verschiedene<br />
Touren zu den Sehenswürdigkeiten<br />
der Stadt, an die Uni und<br />
natürlich obligatorische Veranstaltungen,<br />
wie man sich in Japan zu verhalten<br />
hat. Auch das sollte ich später<br />
noch feststellen. Wer gedacht hat in<br />
Deutschland ist viel geregelt, sollte<br />
einmal nach Japan reisen, um dort zu<br />
leben. Von der peniblen Mülltrennung<br />
(Flaschen müssen nach Flasche, Etikett<br />
und Deckel getrennt werden) bis<br />
hin zum strikten auf der linken Seite<br />
Stehen auf der Rolltreppe muss man<br />
sich an manche Sachen erst gewöhnen.<br />
Auf einer kleinen Erkundungstour haben<br />
wir sogar einen Großvater getrof-<br />
<strong>Technische</strong> <strong>Universität</strong> <strong>Chemnitz</strong> SS 13
<strong>ES</strong>-<strong>Spiegel</strong> - Halbjährlicher Newsletter der <strong>Chemnitz</strong>er Europa-Studien<br />
Studium<br />
6<br />
fen, welcher uns nach einem Foto mit<br />
seinem Enkel gefragt hat. Ausländer,<br />
und dann auch noch in größerer<br />
Gruppe, sind für viele Japaner ein<br />
noch unbekanntes Bild.<br />
Die <strong>Universität</strong> Nagoya selbst zählt<br />
zu den besten <strong>Universität</strong>en Japans,<br />
was für Japaner sehr bedeutend ist.<br />
Dort ist der Name der <strong>Universität</strong> alles.<br />
Was man studiert hat, spielt<br />
kaum eine Rolle. Anders als hier ist<br />
der Arbeitsaufwand in der Uni recht<br />
gering, da der Leistungsdruck an eine<br />
gute Uni zu kommen noch einmal<br />
um einiges höher ist. Es gibt für jede<br />
Uni separate Aufnahmeprüfungen,<br />
welche je nach Bekanntheitsgrad der<br />
Uni natürlich extrem schwer sind.<br />
Auch das Abschließen der Schule an<br />
sich erfordert ständiges intensives<br />
Lernen, was wohl auch an der japanischen<br />
Sprache selbst liegt.<br />
Meine Veranstaltungen unterschieden<br />
sich im Niveau und auch in der-<br />
Fähigkeit des Dozenten Englisch zu<br />
sprechen sehr voneinander. Prinzipiell<br />
muss ich sagen, dass das erste<br />
Semester recht einfach war. Davon<br />
ausgenommen war der Japanisch-<br />
Sprachkurs. Bei 15 Stunden Unterricht<br />
die Woche und dem Durchnehmen<br />
nahezu jeder grammatischen<br />
Grundform brummte einem doch etwas<br />
der Schädel, und auch die<br />
Schwierigkeit der ca. 10 000 verschiedenen<br />
Schriftzeichen machte es<br />
nicht gerade einfacher.<br />
Auf der anderen Seite war ich nach<br />
ein paar Monaten bereits dazu in der<br />
Lage, einfache Gespräche mit Japanern<br />
zu führen und mit Beginn des<br />
Sommersemesters auch etwas aktiver<br />
an dem Block kaigi teilzunehmen.<br />
Im Rahmen von NUPACE kann man<br />
an einem recht breitgefächerten Angebot<br />
von Lehrveranstaltungen teilnehmen,<br />
wobei jeder alles besuchen<br />
kann. Prinzipiell bekommt man für<br />
alle Seminare zwei NU-Credits, welche<br />
in 3,89 ECTS-Credits umgerechnet<br />
werden. Aus Interessensgründen<br />
habe ich Veranstaltungen des Internationalen<br />
Rechts, Umweltmanagements<br />
und der Politik besucht. Der<br />
Versuch, eine Makroökonomieveranstaltung<br />
zu besuchen ist gescheitert,<br />
da sowohl die Englischkenntnisse des<br />
Professors als auch mein thematisches<br />
Interesse nicht ausreichend<br />
waren.<br />
Natürlich gab es auch hier Vorlesungen<br />
und Seminare, bei denen man es<br />
sich im Nachhinein noch einmal anders<br />
überlegen wollte. Doch nach drei<br />
Wochen gibt es kein Zurück mehr.<br />
Einmal fest angemeldet, muss man<br />
die Prüfungsleistung ablegen sonst<br />
fällt man mit einer 5,0 durch. Auch<br />
herrscht eine Anwesenheitspflicht von<br />
80%. Zu spät kommen von mehr als<br />
fünf Minuten wird theoretisch mit einem<br />
„zu spät“-Vermerk gekennzeichnet<br />
(vier davon ergeben einmal gefehlt),<br />
mehr als 30 Minuten zu spät<br />
sind ebenfalls ein Abwesenheitsvermerk.<br />
Die strikte Anwendung dieser<br />
Regeln hängt allerdings vom Professor<br />
ab, wobei japanische Professoren<br />
im Allgemeinen darauf bestehen.<br />
Doch besteht ein Auslandsjahr natürlich<br />
nicht nur aus Lernen. Wochenendausflüge<br />
in die historischen<br />
Hauptstädte Kyoto und Nara standen<br />
ebenso auf dem Plan wie Wandertrips<br />
in den nahegelegenen Bergen um die<br />
Dörfer Tsumago, Inuyama und den<br />
weltbekannten Fuji.<br />
In den Ferien konnte man dann natürlich<br />
auch etwas weiter wegfahren.<br />
Über Neujahr ging es für mich nach<br />
Tokyo, wo wir den Countdown zusammen<br />
mit tausenden Japanern und anderen<br />
Ausländern auf der Hauptkreuzung<br />
Shibuya erleben konnten. Zu<br />
Silvester erlebte ich außerdem noch<br />
eine Überraschung. Es gibt kein Feu-<br />
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Studium<br />
7<br />
erwerk. Anders als in westlich geprägten<br />
Ländern ist das Neujahrsfest<br />
ein Fest der Familie. Man geht zusammen<br />
zu einem nahegelegenen<br />
Tempel und bittet um Glück und Gesundheit<br />
für das kommende Jahr.<br />
Im Kontrast dazu finden im Rahmen<br />
von Vereinen, Arbeit und sonstigen<br />
Gruppierungen, in welche man integriert<br />
ist, sogenannte bonenkai ( 忘 年<br />
会 ) statt. Hier betrinkt man sich, um<br />
das vergangene Jahr zu vergessen.<br />
Gleich nach Beginn des neuen Jahres<br />
gibt es ein ähnliches Treffen, um<br />
das neue Jahr zu begießen. Solche<br />
Trinkveranstaltungen sind eine beliebte<br />
Gemeinschaftsbeschäftigung<br />
und werden an Stelle von Disko oder<br />
privaten Parties durchgeführt. Dafür<br />
gibt es die zuvor erwähnten nomitabehoudai<br />
(auch ohne Essen erhältlich<br />
– nomihoudai). Diese reinen<br />
Trinkgelage sind teilweise für 8-15 €<br />
zu haben, mit Essen muss man dann<br />
etwa 25 € bezahlen.<br />
Außerdem habe ich die Zeit genutzt,<br />
Ausflüge in das benachbarte Korea,<br />
Hong Kong und nach Macau zu machen.<br />
Diese waren ebenfalls sehr<br />
spannend und konnten mit der ein<br />
oder anderen kulinarischen Besonderheit<br />
aufwarten.<br />
Wie es mit der Anrechnung von Prüfungsleistungen<br />
klappt, weiß ich bis<br />
jetzt noch nicht. Aber selbst ohne hat<br />
sich das Jahr für mich auf jeden Fall<br />
gelohnt. Und die nächsten Treffen<br />
sind ebenfalls schon geplant. Zum<br />
Oktoberfest nach München geht es in<br />
kleiner Gruppe und im kommenden<br />
August werden wir in einer Gruppe<br />
von etwa 20 Leuten aus Amerika, Japan,<br />
Korea und Europa eine Interrail-<br />
Tour starten. Freunde findet man in<br />
Japan auf jeden Fall. Vielleicht sogar<br />
für das ganze Leben.<br />
Ein Auslandssemester in Toruń<br />
Miriam Meir<br />
Die Grenze zwischen Flucht und Reise<br />
ist verschwommen und irgendwo<br />
dazwischen befand sich wohl meine<br />
Motivation, für ein Jahr wegzufahren.<br />
Ich möchte mich vorab entschuldigen,<br />
nun die Herzen einiger <strong>Chemnitz</strong><br />
verbundener Menschen zu erschüttern,<br />
aber ich hatte es satt, zwischen<br />
Ruinen zu leben und im Zentrum<br />
einer 240.000-Einwohnerstadt<br />
von der Leere verfolgt zu werden.<br />
Also habe ich mich nach dem Gegenteil<br />
umgeschaut – und bin auf<br />
Toruń gestoßen.<br />
Toruń wird ebenfalls von rund<br />
200.000 Menschen bewohnt, das<br />
Stadtbild ist jedoch vor allem von<br />
Studenten geprägt. Im Herzen Polens<br />
kann die Stadt heute auf eine<br />
lange und bedeutende Geschichte<br />
zurückblicken. Die mittelalterliche<br />
Altstadt (eine der wenigen, nach dem<br />
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Studium<br />
8<br />
Zweiten Weltkrieg noch erhaltenen<br />
gebliebenen Altstädte in Polen) ist für<br />
Architekturliebhaber eine Bescherung.<br />
Doch auch für Menschen, die<br />
einfach gerne durch die Innenstadt<br />
schlendern, um die Atmosphäre aufzugreifen,<br />
ist sie ein wahrer Genuss.<br />
Kleine Hinterhofcafés laden zum gemütlichen<br />
Plausch bei einer Vielfalt<br />
an selbstgemachten Torten und<br />
Heißgetränken ein, am Ufer der<br />
Weichsel kann man sich von postkartenreifen<br />
Sonnenuntergängen begeistern<br />
lassen und am Abend blüht<br />
das studentische Leben inmitten von<br />
Bars und Clubs erst richtig auf.<br />
abstempeln und mit einer Gebühr von<br />
10 zł (2,50€) legalisieren lassen).<br />
Doch auch damit lässt es sich anfreunden,<br />
da das Wohnheimleben<br />
zwischen all den Erasmusstudenten<br />
eine interkulturelle und intensive Erfahrung<br />
ist. Die Gemeinschaftsküchen<br />
werden gegen Abend in Clubs verwandelt<br />
und laden (zumindest bis 23<br />
Uhr) regelmäßig zu wilden Feiereien<br />
ein.<br />
Die meisten Erasmusstudenten werden<br />
– falls sie sich nicht anderweitig<br />
eine Bleibe suchen – auf die Wohnheime<br />
10 und 11 verteilt – nah am<br />
Campus, aber leider eine 15minütige<br />
Busfahrt vom Zentrum entfernt. Da<br />
ich (aufgrund eines Freiwilligendienstes<br />
und dem <strong>Chemnitz</strong>er Polnischunterricht)<br />
schon mit der Sprache des<br />
Landes ein wenig vertraut war, wurde<br />
ich mit zwei slowakischen Kommilitonen<br />
(und bald guten Freunden) in<br />
einem Wohnheim nahe der Altstadt<br />
untergebracht. Allen, die schon einmal<br />
ein mittelosteuropäisches Wohnheim<br />
betreten haben, ist der dortige<br />
Kontrollzwang wohl bekannt. Für<br />
mich war es anfangs jedenfalls ungewohnt,<br />
grundsätzlich meinen Ausweis<br />
zu hinterlassen, in Korridoren<br />
und vor dem Haus kameraüberwacht<br />
zu werden und keinen Besuch nach<br />
23 Uhr empfangen zu dürfen (es sei<br />
denn, ich habe ihn einen Werktag<br />
zuvor bei den morgendlichen Sprechzeiten<br />
der Wohnheimleitung schriftlich<br />
angemeldet, von der Rezeption<br />
Da es nicht nur mir, sondern den<br />
meisten Erasmusstudenten in Toruń<br />
überaus gut gefiel, hat sich ein Großteil<br />
spontan dafür entschieden, auch<br />
im Sommersemester dort zu bleiben.<br />
Kurzfristig habe ich mit einer Slowakin<br />
und einem Niederländer eine WG gegründet,<br />
in der wir glücklich und zufrieden<br />
bis ans Ende des Semesters<br />
lebten. Im Allgemeinen gestaltet es<br />
sich leicht, in Toruń eine schöne Wohnung<br />
zu finden. Die angeworbene<br />
Makleragentur ist jedoch unter keinen<br />
Umständen zu empfehlen.<br />
<strong>Chemnitz</strong>er Europa-Studenten in<br />
Toruń sind in erster Linie bei den Politikwissenschaftlern<br />
(und den Studenten<br />
der International Studies) ansässig.<br />
Durch die internationale Ausrichtung<br />
des Studienganges gibt es ein<br />
überraschend vielfältiges Angebot an<br />
Kursen in Englisch, die von den Inhalten<br />
weit über SK/V 2 hinausreichen<br />
(beispielsweise mit Recht, Geschichte,<br />
Kulturwissenschaft, etc.). Dennoch<br />
wäre ein allgemeines Interesse an<br />
politischen Themen von Vorteil. Die<br />
Kurse – selbst die auf Englisch – werden<br />
größtenteils von polnischen Studenten<br />
belegt und sind eine hervorragende<br />
Möglichkeit, engere Kontakte<br />
mit Einheimischen zu knüpfen. Wer<br />
<strong>Technische</strong> <strong>Universität</strong> <strong>Chemnitz</strong> SS 13
<strong>ES</strong>-<strong>Spiegel</strong> - Halbjährlicher Newsletter der <strong>Chemnitz</strong>er Europa-Studien<br />
Studium<br />
9<br />
Miriam Meir<br />
miriam.meir<br />
@s2010.tu-chemnitz.de<br />
sich an seinem Polnisch versuchen<br />
will, dem kann ich nur wärmstens<br />
empfehlen, Veranstaltungen gleich<br />
auf Polnisch zu besuchen. Die Dozenten<br />
zeigen sich hier sehr aufgeschlossen,<br />
und auch die Kommilitonen<br />
sind immer bereit, mit einem<br />
Wort auszuhelfen. Das einzige Problem<br />
stellte sich mir bei den Prüfungsleistungen.<br />
Im Vergleich zu den<br />
Hausarbeiten, die ich für <strong>Chemnitz</strong><br />
benötige, lassen sich die dortigen<br />
Klausuren und Präsentationen zwar<br />
mit einer Leichtigkeit meistern, Hausarbeiten,<br />
die ich auf persönliche Bitte<br />
hin schreiben durfte, sind jedoch<br />
schwer während des lebhaften Semesters<br />
zu bewältigen. Da ich in dem<br />
ganzen Jahr nur zwei Hausarbeiten<br />
zustande gebracht habe, muss ich in<br />
<strong>Chemnitz</strong> noch Einiges nachholen<br />
(da das Auslandssemester zugleich<br />
ein Urlaubssemester ist, ergibt sich<br />
hier von offizieller Seite jedoch kein<br />
Nachteil).<br />
Wie schon angedeutet, bietet Toruń<br />
allerhand. Für Kulturbegeisterte überrascht<br />
eines der modernsten Museen<br />
Moderner Kunst mit immer wechselnden<br />
Ausstellungen, besonders im<br />
Sommer finden zahlreiche Festivals<br />
statt und die Clubs und Kneipen untermalen,<br />
an milden Sommerabenden,<br />
ihr reichhaltiges Getränkearsenal<br />
gerne mal mit Livemusik. Unsere<br />
Freizeitgestaltung reichte von Eislaufen,<br />
ja sogar Ski fahren über Baden<br />
in einem nahegelegenen, sehr sauberen<br />
See bis hin zum Besuch von<br />
Motor Speedway. Ebenso ist auch<br />
das Nachtleben der Stadt von Vielfalt<br />
geprägt. Für Erasmusstudenten stellt<br />
der Club „Kotłownia“ das Elixier<br />
sämtlicher Ausschweifungen und Gerüchte<br />
dar. Der kulturbegeisterte<br />
Mensch von eben muss hier zwar<br />
weit über seinen Schatten springen,<br />
um sich mit der hippen Musik – von<br />
spanischen Kommilitonen auch als<br />
Pachanga bezeichnet – anzufreunden.<br />
Dennoch ist der beliebteste Studentenclub<br />
auf jeden Fall eine Erfahrung<br />
wert – mir ist es jedenfalls sogar<br />
im Nachhinein gelungen, beim Aufschnappen<br />
der vertrauten Klänge eine<br />
gewisse Nostalgie zu entwickeln.<br />
Für diejenigen, die sich jedoch weniger<br />
in den üblichen Erasmuskreisen<br />
aufhalten, sondern lieber intensiv in<br />
die Kultur des Landes eintauchen<br />
möchten, ist Toruń ebenfalls die perfekte<br />
Wahl. Durch den örtlichen Germanistikstudiengang<br />
ist es besonders<br />
als Deutsche leicht, tandeminteressierte<br />
Menschen zu finden (ich selbst<br />
hatte das Jahr über einen Tandempartner,<br />
was eine tolle Ergänzung zum<br />
sehr guten universitären Polnischunterricht<br />
war) und sich unter polnische<br />
Studierende zu mischen.<br />
Abschließend blicke ich voller Begeisterung<br />
auf ein erlebnisreiches Jahr in<br />
Toruń zurück und bin guten Mutes,<br />
das Leben in <strong>Chemnitz</strong> neu zu entdecken<br />
und zu erwecken. Für Fragen,<br />
Auskünfte, oder noch ausgiebigere<br />
Schwärmereien stehe ich natürlich<br />
immer zur Verfügung!<br />
Da ich während des Jahres letztlich<br />
dennoch hauptsächlich auf Englisch<br />
kommuniziert habe, hielt ich es für<br />
sinnvoll, meinen Aufenthalt durch ein<br />
Praktikum in Warschau zu verlängern.<br />
Das Instytut Spraw Publicznych<br />
(Institut für Öffentliche Angelegenheiten)<br />
ist eine der führenden politischen<br />
Denkfabriken (Think Tanks) des Landes<br />
und zeichnet sich auch durch einen<br />
Fokus auf deutsch-polnische Beziehungen<br />
aus. Das Praktikum ist<br />
sehr vielfältig und spannend, und ich<br />
würde es unbedingt an Polen- und<br />
Politikinteressierte weiterempfehlen.<br />
<strong>Technische</strong> <strong>Universität</strong> <strong>Chemnitz</strong> SS 13
<strong>ES</strong>-<strong>Spiegel</strong> - Halbjährlicher Newsletter der <strong>Chemnitz</strong>er Europa-Studien<br />
Studium<br />
10<br />
Insa Schwob<br />
insa.schwob<br />
@s2010.tu-chemnitz.de<br />
Mein Auslandssemester in Tschechien<br />
Insa Schwob<br />
Bereits seit dem Beginn meines Studiums<br />
in <strong>Chemnitz</strong> wusste ich, dass<br />
ich während meines Studiums in<br />
<strong>Chemnitz</strong> ein Semester im Ausland<br />
verbringen wollte. Aus diesem Grund<br />
begann ich mir Ende meines ersten<br />
Semesters darüber Gedanken zu<br />
machen. Da ich Tschechisch als<br />
Fremdsprache gewählt hatte, aber<br />
noch nie zuvor in dem Land gewesen<br />
war, habe ich zunächst überlegt, für<br />
ein Semester nach Prag zu gehen.<br />
Zu diesem Zeitpunkt hatte ich jedoch<br />
noch keine Ahnung, wie ein<br />
Erasmus-Semester abläuft, ob es ein<br />
Bewerbungsverfahren gibt und falls<br />
ja, wie dieses aussieht… alles, was<br />
ich zum Thema „Erasmus und Auslandsstudium“<br />
wusste, war das, was<br />
ich irgendwie zufällig während meines<br />
ersten Semesters aufgeschnappt<br />
hatte. Deswegen bin ich, einige Tage<br />
vor dem Ablauf der Bewerbungsfrist,<br />
in die Fachstudienberatung und anschließend<br />
in die Sprechstunde von<br />
Herrn Prof. Dr. Niedobitek gegangen.<br />
Beide Male wurde mir, nachdem ich<br />
ansprach, dass ich Interesse an<br />
Tschechien habe, empfohlen in eine<br />
mir bis dahin völlig unbekannte Stadt<br />
namens „Brno“ oder auf Deutsch<br />
„Brünn“ zu gehen. Nach einer kurzen<br />
Internetrecherche über die Stadt und<br />
die <strong>Universität</strong> habe ich mich dann<br />
noch am selben Tag entschieden zuzusagen<br />
und habe, da es keine anderen<br />
Bewerber gab, einen Tag später<br />
die Zusage für den Erasmusplatz<br />
im Sommersemester 2012 an der<br />
Masaryk-<strong>Universität</strong> Brno erhalten.<br />
Diese spontane Entscheidung stellte<br />
sich im Nachhinein als eine der besten<br />
der letzten Jahre heraus.<br />
Nach der Zusage begann ich dann,<br />
weiter über die Stadt zu recherchieren<br />
und die Einzelheiten für das Auslandssemester<br />
zu organisieren. Dabei<br />
erfuhr ich, dass Brno mit etwa<br />
400.000 Einwohnern die zweitgrößte<br />
Stadt Tschechiens ist und dass die<br />
Stadt im Süd-Osten des Landes liegt.<br />
Was sie, wie ich und die anderen der<br />
über 200 internationalen Studierenden<br />
nach unserer Ankunft schnell feststellten,<br />
zu einem idealen Ausgangspunkt<br />
für Reisen in die Hauptstädte Wien,<br />
Bratislava und Prag macht. Aber auch<br />
die Stadt selbst hat viel zu bieten. Das<br />
Angebot an Museen, Kinos, Festivals,<br />
Restaurants, Bars und Cafés ist größer<br />
und abwechslungsreicher als in<br />
<strong>Chemnitz</strong>, und auch die Preise sind<br />
deutlich niedriger. So gibt es beispielsweise<br />
ein großes Bier für umgerechnet<br />
etwa einen Euro oder ein Mittagsmenu<br />
im Restaurant für etwa fünf Euro. Besonders<br />
gut gefallen hat mir jedoch die<br />
hohe Anzahl an Studenten in der Stadt<br />
(allein die Masaryk-<strong>Universität</strong> hat ungefähr<br />
40.000 Studenten) und die<br />
dadurch sehr lebendige Atmosphäre<br />
auf den Straßen.<br />
Am Anfang des Semesters gab es eine<br />
von der <strong>Universität</strong> und dem Internationalen<br />
Studenten Club organisierte<br />
Orientierungswoche. Hier gab es<br />
unter anderem eine Stadt-Rallye, einen<br />
täglich stattfindenden Intensivsprachkurs,<br />
einen Ausflug in die Umgebung<br />
und weitere Aktivitäten, bei<br />
denen ich schnell Leute kennengelernt<br />
habe. Eine der besten Sachen an der<br />
Orientierungswoche war jedoch der<br />
sogenannte „Registrationday“, wo innerhalb<br />
von wenigen Stunden wirklich<br />
alle notwendigen Formalitäten erledigt<br />
werden konnten und wo es unter anderem<br />
auch möglich war, ein tschechisches<br />
Bankkonto zu eröffnen, eine<br />
Busfahrkarte zu kaufen und sich für<br />
Wochenendausflüge anzumelden. Der<br />
Registrationday war genau wie der<br />
Rest der Orientierungswoche super<br />
organisiert und war somit ein guter<br />
Start in ein aufregendes und einzigartiges<br />
Semester, in dem ich viele tolle<br />
<strong>Technische</strong> <strong>Universität</strong> <strong>Chemnitz</strong> SS 13
<strong>ES</strong>-<strong>Spiegel</strong> - Halbjährlicher Newsletter der <strong>Chemnitz</strong>er Europa-Studien<br />
Studium<br />
11<br />
Leute aus aller Welt kennengelernt<br />
habe, so viel gereist bin wie noch nie<br />
zuvor, mein Tschechisch verbessert<br />
habe, einen Deutschsprachkurs geleitet<br />
habe und vieles mehr.<br />
Gewohnt habe ich während meiner<br />
Zeit in Brno, wie fast alle anderen<br />
Austauschstudenten auch, im Studentenwohnheim<br />
„Vinařská“. Hier<br />
gibt es ausschließlich 2-Bettzimmer,<br />
allerdings hatten ich und mehrere<br />
andere das Glück, dass wir bis zum<br />
Ende unseres Aufenthaltes keinen<br />
Mitbewohner bekommen haben und<br />
somit ein Doppelzimmer für uns alleine<br />
hatten. Obwohl die Möbel im<br />
Wohnheim relativ alt sind und das<br />
Gebäude seit längerer Zeit nicht renoviert<br />
worden ist, habe ich es nie<br />
wirklich bereut, ins Wohnheim gezogen<br />
zu sein, da dort fast alle internationalen<br />
Studenten gewohnt haben<br />
und immer etwas los gewesen ist.<br />
Kenntnisse der tschechischen Sprache<br />
sind für das Leben in Brno nicht<br />
zwingend notwendig, da es fast immer<br />
möglich ist jemanden zu finden,<br />
der Englisch oder Deutsch spricht.<br />
Vor allem in Restaurants oder auch<br />
bei der Post sind sie jedoch sehr hilfreich<br />
und auch bei Unternehmungen<br />
mit tschechischen Studenten ist es<br />
sehr nett und auch hilfreich, die<br />
Sprache zumindest ein bisschen zu<br />
sprechen und zu verstehen. Tschechische<br />
Studenten kennenzulernen<br />
war am Anfang nicht so einfach und<br />
es gab viele Erasmusstudenten, die<br />
bis zum Schluss ausschließlich etwas<br />
mit anderen Erasmusstudenten<br />
gemacht haben. Ich habe jedoch<br />
sehr großes Glück mit meiner tschechischen<br />
Tutorin gehabt, mit der ich<br />
während des gesamten Semesters<br />
viel unternommen habe und auch<br />
jetzt, einige Monate später, noch fast<br />
wöchentlich Kontakt habe. Eine weitere<br />
gute Möglichkeit die Sprache zu<br />
lernen und tschechische Studenten<br />
kennenzulernen ist es, sich einen<br />
Tandem-Partner zu suchen. Auch den<br />
von der <strong>Universität</strong> angebotenen<br />
Sprachkurs würde ich weiter empfehlen.<br />
Allerdings habe ich, vor allem am<br />
Anfang, relativ viel Zeit mit Vor- und<br />
Nacharbeiten verbracht, um im Kurs<br />
mitarbeiten zu können. Die anderen<br />
Kurse, die ich an der <strong>Universität</strong> besucht<br />
habe, waren vom Schwierigkeitsgrad<br />
sehr unterschiedlich. In einem<br />
Kurs, für den es sechs ECTS<br />
gab, mussten wir nur eine 60-Minuten<br />
-Klausur am Ende des Semesters<br />
schreiben und in einem anderen Kurs<br />
mit der gleichen ECTS-Punkte-Anzahl<br />
mussten wir ein Referat halten, 15<br />
Seiten Hausarbeit und zusätzlich<br />
noch eine 90-Minuten-Klausur am Ende<br />
schreiben. Die Anzahl der ECTS-<br />
Punkte hat somit in keiner Weise den<br />
Arbeitsaufwand oder den Schwierigkeitsgrad<br />
eines Kurses widergespiegelt.<br />
Insgesamt kann ich jedoch sagen,<br />
dass es zahlreiche interessante<br />
Lehrveranstaltungen auf Englisch<br />
gibt, die den sozialwissenschaftlichen<br />
Modulen der Europa-Studien inhaltlich<br />
nahe kommen und die ich auch problemlos<br />
für diese anrechnen lassen<br />
konnte. Dies ist jedoch nur ein eher<br />
unwichtiger von sehr vielen Gründen,<br />
warum ich einen Erasmusaufenthalt in<br />
der Stadt Brno an der Masaryk-<br />
<strong>Universität</strong> jedem weiter empfehlen<br />
würde.<br />
<strong>Technische</strong> <strong>Universität</strong> <strong>Chemnitz</strong> SS 13
<strong>ES</strong>-<strong>Spiegel</strong> - Halbjährlicher Newsletter der <strong>Chemnitz</strong>er Europa-Studien<br />
Studium<br />
12<br />
Anika Simm<br />
anika.simm<br />
@s2011.tu-chemnitz.de<br />
Ein unvergesslich schönes Auslandssemester in Finnland<br />
Anika Simm<br />
Schon unmittelbar nach der dreizehnjährigen<br />
Schulzeit war für mich klar,<br />
dass ich ein Semester im Ausland<br />
verbringen möchte. Daher besuchte<br />
ich bereits ab Studienbeginn in<br />
<strong>Chemnitz</strong> Informationsveranstaltungen<br />
zur Möglichkeit des Auslandssemesters.<br />
Da ich mir noch nicht sicher<br />
war, in welcher Sprache ich mich besonders<br />
in der Praxis beweisen wollte,<br />
besuchte ich das IUZ und ließ<br />
mich beraten. Anschließend stand die<br />
Entscheidung fest, dass es nicht<br />
nach Russland, sondern in ein Land<br />
der EU geht. Schon immer bin ich<br />
von den nordischen Ländern Europas<br />
begeistert. Zuerst dachte ich an<br />
Schweden oder Norwegen. Nachdem<br />
ich die für diese Länder verantwortlichen<br />
Koordinatoren aufgesucht hatte,<br />
war klar, dass es mit meiner Studienrichtung<br />
Europa-Studien nicht möglich<br />
ist, dorthin zu gehen. Nun konzentrierte<br />
ich mich auf Dänemark und<br />
Finnland, besuchte die Koordinatoren,<br />
bewarb mich bei ihnen ganz unkompliziert,<br />
bekam von ihnen Zusagen<br />
und hatte die Qual der Wahl. Ich<br />
überlegte lange, ehe meine Entscheidung<br />
auf die <strong>Universität</strong> Tampere<br />
(UTA) in Finnland fiel. Von Dänemark<br />
hatte ich bereits einen ersten Eindruck<br />
durch einen dreiwöchigen Familienurlaub.<br />
Finnland war mir völlig<br />
unbekannt, und das reizte mich in<br />
besonderem Maße. Wie lebt und studiert<br />
es sich in diesem großen, aber<br />
sehr dünn besiedelten Land? Ist die<br />
Sprache wirklich so schwer wie immer<br />
behauptet? Diese und weitere<br />
Fragen wollte ich in weniger als einem<br />
Jahr für mich beantworten können.<br />
Jetzt als meine Gastuniversität feststand,<br />
konnte die gezielte Vorbereitung<br />
beginnen. Ich bekam eine E-<br />
Mail von meinem Ansprechpartner in<br />
Finnland. In dieser wurde sehr genau<br />
beschrieben, wie jetzt weiter verfahren<br />
werden muss. Anschließend bewarb<br />
ich mich bei der Gasthochschule.<br />
Als dann auch diese reine Formalität<br />
erledigt war, konnte ich mich um<br />
den Flug und die Wohnmöglichkeit<br />
kümmern. Es gibt Direktfüge mit Ryan<br />
-air von Frankfurt (Hahn) oder Bremen.<br />
Da ich aber zu weit entfernt von<br />
diesen deutschen Flughäfen wohne,<br />
entschied ich mich für einen Flug von<br />
Berlin über Stockholm nach Tampere.<br />
Nachdem meine Anreise nun geregelt<br />
war, ging es an das etwas schwierigere<br />
Unterfangen der Beschaffung von<br />
bezahlbarem Wohnraum. So bewarb<br />
ich mich unverzüglich, nachdem ich<br />
die Zusage der <strong>Universität</strong> aus Tampere<br />
erhalten hatte, um einen Wohnheimplatz.<br />
Ich gehörte auch zu den<br />
glücklichen Austauschstudenten, die<br />
ein Zimmer bekamen. Für Erasmusstudenten,<br />
und auch nur für diese,<br />
gibt es zwei Wohnheime (City und Lapinkaari).<br />
Mein Zimmer in Lapinkaari<br />
(ein Wohnheim, welches rund zwei<br />
Kilometer von der <strong>Universität</strong> sehr<br />
idyllisch an einem See gelegen ist)<br />
bewohnte ich allein. Ich verfügte über<br />
mein eigenes kleines Bad. Die Küche<br />
wurde jeweils von allen Bewohnern<br />
einer Etage genutzt. Für mich stellte<br />
das kein Problem dar, da ich auch aus<br />
dem Wohnheim in <strong>Chemnitz</strong> ähnliches<br />
gewohnt war. Andere Studenten<br />
ohne Wohnheimerfahrung hielten die<br />
Zustände aber für äußerst unhygienisch.<br />
Ich kann jedem nur raten, flexibel<br />
zu sein, denn Hygiene wird nicht<br />
in jeder Kultur gleich definiert. Das<br />
Wohnheim hat auch zwei Waschmaschinen<br />
und einen Trockner sowie<br />
einen Trockenraum. Die Nutzung ist<br />
kostenlos und unproblematisch, wenn<br />
man sich rechtzeitig einen Platz, mit<br />
Hilfe der dafür vorgesehenen Bücher,<br />
reserviert. Der Trockenraum war<br />
meistens überfüllt, aber wenn man<br />
<strong>Technische</strong> <strong>Universität</strong> <strong>Chemnitz</strong> SS 13
<strong>ES</strong>-<strong>Spiegel</strong> - Halbjährlicher Newsletter der <strong>Chemnitz</strong>er Europa-Studien<br />
Studium<br />
13<br />
etwas suchte und auch bereit war<br />
seine Kleidung zu verteilen, war<br />
noch eine freie Ecke zu finden. Für<br />
mich sind solche Erfahrungen unmittelbar<br />
mit ERASMUS verbunden.<br />
Sehr entscheidend für einen gelungenen<br />
Aufenthalt ist die Qualität der<br />
Gastuniversität. Hier wurde ich keinesfalls<br />
enttäuscht. Die gesamte<br />
UTA ist sehr modern und ansprechend.<br />
Die Dozenten und Dozentinnen<br />
sind problemlos und sehr schnell<br />
per E-Mail erreichbar. Ich musste nie<br />
länger als einen Tag auf eine Antwort<br />
warten. Auch Korrekturen erfolgten<br />
äußerst zügig, und spätestens<br />
nach zwei Wochen wurde das<br />
Ergebnis bekanntgegeben. Es gibt<br />
ein sehr vielfältiges Angebot an englischsprachigen<br />
Veranstaltungen und<br />
so war es nicht schwierig, genügend<br />
Credits zu bekommen. Das Semester<br />
ist in Tampere nochmal in zwei<br />
Perioden unterteilt, und daher finden<br />
einige Kurse nur rund zwei Monate<br />
statt. Ich empfand das als angenehm,<br />
da sich der Prüfungsstress<br />
etwas verteilt. Eine bei Dozenten<br />
sehr beliebte Aufgabe sind Lerntagebücher.<br />
Ich kann nur jedem sagen,<br />
der an die UTA gehen möchte, dass<br />
er/sie bereit sein sollte, jeden Nachmittag<br />
entsprechende Einträge zu<br />
schreiben. Unbedingt empfehle ich<br />
auch die Belegung von Finnischsprachkursen,<br />
welche definitiv eine<br />
Teilnahme wert sind!<br />
Mindestens genauso wichtig wie die<br />
Lehreinrichtung sind auch die Freizeitangebote.<br />
Was hat Tampere zu<br />
bieten und wo lässt sich Geld sparen?<br />
Ich habe jeden Tag in einer der<br />
Mensen der <strong>Universität</strong> gegessen.<br />
Das Essen dort ist sehr schmackhaft<br />
und günstig. Für 2,50 bis 2,70 Euro<br />
kann man sich einen Salat selber<br />
zusammenstellen und bekommt ein<br />
Hauptgericht, drei Butterbrote sowie<br />
zwei Getränke. Zum Einkaufen ist Lidl<br />
(z.B. in der Nähe vom Bahnhof) zu<br />
empfehlen, da finnische Supermärkte<br />
sehr teuer sind. Das Geld, welches<br />
sich so sparen lässt, kann in der<br />
Gaststadt und in Gesamtfinnland<br />
schnell wieder ausgegeben werden.<br />
In Tampere gibt es dazu vielfältige<br />
Möglichkeiten. Zur Freizeitgestaltung<br />
existieren z.B. ein Vergnügungspark,<br />
eine Schwimmhalle sowie eine Eislaufbahn.<br />
Ich habe es auch immer<br />
sehr genossen, mit anderen Austauschstudenten<br />
am See spazieren<br />
zu gehen. Reisen ist auch kostengünstig<br />
möglich, da einem beispielsweise<br />
mit dem finnischen Studentenausweis<br />
50% Rabatt auf alle Zugfahrten<br />
gewährt wird. Das Erasmusstudentennetzwerk<br />
(<strong>ES</strong>N) organisiert<br />
auch mehrere Fahrten (z.B. nach<br />
Moskau oder Tallin). Ich bin damit<br />
nach Lappland gereist, weil das angebotene<br />
Programm sehr überzeugend<br />
war und sich nicht selber organisieren<br />
ließ. Aus eigener Erfahrung kann ich<br />
für Tallin nur raten, sich mit anderen<br />
Studenten zusammenzuschließen<br />
und alleine dorthin zu reisen, da es<br />
kostengünstiger ist. Reisen ist immer<br />
empfehlenswert. Ich bin durch die geo<br />
-grafische Lage Finnlands auch an<br />
Orte gereist, die ich sonst vielleicht<br />
nie gesehen hätte.<br />
Zusammenfassend kann ich sagen,<br />
dass der Aufenthalt wunderschön war<br />
und ich in Tampere eine unvergessliche,<br />
spannende, vielfältige und sehr<br />
lehrreiche Zeit hatte, in der ich viele<br />
neue Freunde gefunden habe. Ein<br />
Auslandssemester generell und auch<br />
insbesondere an der <strong>Universität</strong> Tampere<br />
ist dringendst weiterzuempfehlen!<br />
<strong>Technische</strong> <strong>Universität</strong> <strong>Chemnitz</strong> SS 13
<strong>ES</strong>-<strong>Spiegel</strong> - Halbjährlicher Newsletter der <strong>Chemnitz</strong>er Europa-Studien<br />
Studium<br />
14<br />
Tobias Fißmer<br />
tobias.fißmer<br />
@s2010.tu-chemnitz.de<br />
Eine russischsprachige Stadt mit<br />
Flair, wo ich das Leben genießen<br />
und mein Russisch aufbessern kann<br />
– so hatte ich mir das Ziel für meine<br />
Auslandszeit vorgestellt.<br />
Die "typische“ <strong>ES</strong>'ler-Wahl Tomsk<br />
entsprach nicht meinen Vorstellungen,<br />
und so flog ich im Februar<br />
schließlich nach St. Petersburg, der<br />
selbst ernannten "kulturellen Hauptstadt"<br />
Russlands. Im Herzen der<br />
schönsten Stadt des Landes habe<br />
ich ein Semester an der "Staatlichen<br />
Hochschule für Wirtschaft und Finanzen"<br />
studiert. Vorher war noch einiges<br />
zu erledigen, aber dank Auslands-Bafög,<br />
PROMOS-Stipendium<br />
und der wirklich vorbildlichen Rundum-Betreuung<br />
der Petersburger Uni<br />
hielt sich der finanzielle und sonstige<br />
Aufwand in Grenzen.<br />
Untergebracht war ich im Wohnheim<br />
direkt neben der Uni, gemeinsam mit<br />
fast allen anderen Austauschstudenten<br />
aus allen Teilen Europas. Das<br />
Wohnheim befindet sich am Newskij<br />
Prospekt, der wohl bekanntesten<br />
Straße im Zentrum der Stadt. Die<br />
<strong>Universität</strong> selbst ist im Gebäude der<br />
ehemaligen Staatsbank Katharinas<br />
der Großen untergebracht – im Zentrum<br />
der Stadt gibt es kaum ein Gebäude,<br />
das nicht auf die ein oder andere<br />
Weise geschichtsträchtig ist.<br />
Kaum ein paar Meter von der Uni<br />
entfernt befinden sich die Kirchen,<br />
die ich vorher nur aus dem Reiseführer<br />
kannte, und so sieht man rund<br />
um die Uni vor allem im Sommer Unmengen<br />
von Touristen sowie grade<br />
auch abends (neu-)reiche Russen,<br />
die ihren Wohlstand mit luxuriösen<br />
Autos auf dem "Newskij" zur Schau<br />
stellen.<br />
Die Petersburger sind besonders<br />
stolz auf ihre Geschichte und ihre<br />
Kultur. Und dabei nicht zuletzt auf<br />
die vielen, teilweise grandiosen Museen,<br />
wie die Eremitage, die pompös<br />
Ein Semester in St. Petersburg<br />
Tobias Fißmer<br />
im ehemaligen Winterpalast der Zaren<br />
untergebracht ist. Da wir dank unseres<br />
russischen Studentenausweises<br />
kostenlosen Eintritt in alle Museen<br />
hatten, haben wir grade in den kalten<br />
Monaten sehr viel Zeit dort verbracht.<br />
Vor der Abreise hatte ich mir vorgenommen,<br />
auch von den Veranstaltungen<br />
an der Uni einiges mitzunehmen.<br />
Die FINEC – meine <strong>Universität</strong> – hat<br />
ein eigenes Programm für ausländische<br />
Studenten. Das hat den Vorteil,<br />
dass die Veranstaltungen wenig spezifisches<br />
Vorwissen verlangen und an<br />
den Bedürfnissen der Austauschstudenten<br />
ausgerichtet sind: Alle Veranstaltungen<br />
fanden als Block statt, mit<br />
3-6 Terminen in einer Woche, mit jeweils<br />
4 Stunden. Mit einem ambitionierten<br />
Stundenplan kamen dadurch<br />
in manchen Wochen schon mal 40<br />
Vorlesungsstunden zusammen – andererseits<br />
blieben aber auch genug<br />
freie Wochen, in denen man die<br />
Stadt, den Rest des Landes und das<br />
naheliegende Baltikum entdecken<br />
konnte. Von St. Petersburg aus kann<br />
man per Bus sehr günstig ins Baltikum<br />
fahren, Helsinki ist weniger als 4<br />
Zugstunden entfernt, und der Rest<br />
des Landes ist gut per Flugzeug erreichbar.<br />
Das wurde von uns auch<br />
ausgiebig genutzt. So habe ich unter<br />
anderem mit einem finnischen Kommilitonen<br />
zusammen eine Tour von<br />
Nowosibirsk per Bahn zurück nach St.<br />
Petersburg gemacht, bei der wir in<br />
vier Städten "couchsurfend" Station<br />
gemacht und das Land und die Russen<br />
sehr direkt kennengelernt haben.<br />
Das bietet sich auch an, denn ehrlich<br />
gesagt: neben den Zentren von Moskau<br />
und St. Petersburg gibt es in den<br />
meisten russischen Städten nur sehr<br />
begrenztes "Sightseeing"-Potential.<br />
Dafür aber umso interessantere Einblicke<br />
in das andere Russland, abseits<br />
der kulturellen Hauptstadt Russ-<br />
<strong>Technische</strong> <strong>Universität</strong> <strong>Chemnitz</strong> SS 13
<strong>ES</strong>-<strong>Spiegel</strong> - Halbjährlicher Newsletter der <strong>Chemnitz</strong>er Europa-Studien<br />
Studium<br />
15<br />
lands – was eine der prägendsten<br />
Erfahrungen dieses Jahres war und<br />
so in St. Petersburg nicht möglich<br />
gewesen wäre. Denn der große<br />
Nachteil des Unisystems ist es, dass<br />
man kaum oder gar nicht mit Russen<br />
in Kontakt kommt. Sowohl in den<br />
Vorlesungen, als auch im Wohnheim<br />
waren wir Ausländer "unter uns".<br />
Dadurch haben sich auch meine<br />
Sprachkenntnisse – trotz 9 Russisch-<br />
Stunden pro Woche – nicht so sehr<br />
verbessert, wie ich mir das vorher<br />
erhofft hatte.<br />
Dafür hatte ich einen bunten, europäischen<br />
Mix, den wir im Wohnheim bildeten,<br />
das war ein tolles Erlebnis, das<br />
das Semester geprägt hat: Finnen,<br />
Franzosen, Deutsche, Spanier, Polen....<br />
Insgesamt 12 Nationen waren<br />
im Wohnheim bunt zusammengewürfelt<br />
– und mein Mitbewohner Bogdan<br />
aus Rumänien, mit dem ich mir ein<br />
Zimmer geteilt habe, war ein echter<br />
Glücksfall, mit dem ich nächtelang<br />
über geschichtliche Fragen, die europäische<br />
Integration oder auch die<br />
Chancen von Borussia Dortmund in<br />
der Champions League diskutieren<br />
konnte.<br />
Es fällt mir schwer, das "Abenteuer"<br />
Russland in Kürze darzustellen – aber<br />
ich kann uneingeschränkt empfehlen,<br />
es selbst auszuprobieren. Die Offenheit<br />
und Herzlichkeit der Russen,<br />
wenn man sie näher kennenlernt, die<br />
Atmosphäre in der Stadt während der<br />
weißen Nächte, wenn die Sonne<br />
kaum noch untergeht oder das Erleben<br />
der Gastfreundschaft, wenn man<br />
zu einem richtigen russischen Abendessen<br />
eingeladen ist: Dafür lohnt es<br />
sich, in die schönste Stadt des größten<br />
Landes der Erde zu fahren – eine<br />
Stadt mit Flair, in der man das Leben<br />
genießen kann.<br />
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Thema<br />
Thema<br />
Grenzen übertanzen<br />
Annemarie Walter<br />
16<br />
Annemarie Walter<br />
annemarie.walter<br />
@s2010.tu-chemnitz.de<br />
Das Experiment: Eine multinationale<br />
Begegnung, bei der die Nationalitäten<br />
einfach mal ignoriert werden. Die<br />
Teilnehmer: 190 Schüler aus Polen,<br />
Tschechien und Deutschland, von<br />
Grund-, Mittel-, Förderschulen und<br />
Gymnasien, 46 Workshopleiter aus<br />
den USA. Das Ziel: eine einstündige<br />
Show – nach zwei Tagen Workshop.<br />
„Polen und Tschechen sind blöd.“<br />
Das saß. Ich kenne die Young Americans<br />
seit acht Jahren, ich weiß, wie<br />
sie arbeiten, was sie schaffen. Jugendgefängnisse,<br />
Gehörlosenschulen,<br />
Schulen, die von Tsunamis verwüstet<br />
waren – die Young Americans<br />
haben in den vergangenen 20 Jahren<br />
auf der ganzen Welt Kinder zum Lachen<br />
gebracht und ihnen Selbstvertrauen<br />
gegeben. Und trotzdem, als<br />
mir mehrere Grundschüler kurz vor<br />
Workshopbeginn diesen Satz servierten,<br />
bekam ich Zweifel.<br />
Dabei sind die Young Americans eine<br />
der wenigen Sachen in der Welt, an<br />
denen man nie zweifeln muss. Nie.<br />
Die Young Americans zu beschreiben<br />
ist für mich ziemlich unmöglich.<br />
Denn die Fakten können nichts von<br />
diesem Glücksgefühl vermitteln, von<br />
der Kraft, von dem, was so ein Workshop<br />
mit einem macht.<br />
Vielleicht sind die Fakten zumindest<br />
ein Ausgangspunkt. Junge Leute aus<br />
den USA und der ganzen Welt gehen<br />
jedes Jahr nach Corona bei Los Angeles<br />
an das “The Young Americans<br />
College of the Performing Arts“. Dort<br />
werden sie ausgebildet in Gesang,<br />
Tanz, Schauspiel, Musik, Psychologie<br />
und Pädagogik. Viele werden<br />
später Schauspieler, Musicaldarsteller,<br />
Produzenten, Tänzer, Choreografen.<br />
(Desperate Housewives beispielsweise<br />
wurde von einem Young<br />
American erfunden.) Aber ganz viele<br />
von ihnen arbeiten nach der Ausbil-<br />
dung mit Kindern, Auslöser dafür sind<br />
meist die “Music Outreach Tours“, ein<br />
besonderes Programm, das sie anhängen<br />
können. Eine Gruppe von 40<br />
bis 50 Young Americans tourt dabei<br />
drei Monate durch die Welt. Alle drei<br />
Tage ein neuer Workshop in einer<br />
neuen Schule, in einem neuen Ort.<br />
Alle drei Tage ein neues Bett, eine<br />
neue Gastfamilie, neue Schüler.<br />
Mit 13 Jahren war ich einer der Schüler.<br />
Die Young Americans strahlten.<br />
Sie tanzten, sie sangen, sie machten<br />
Quatsch, immer und überall. Rissen<br />
uns mit, noch ein Tanz, noch ein Lied,<br />
noch ein Spiel. Trockneten Tränen,<br />
erklärten es langsam, auch fünfmal.<br />
Nie tadelten sie, was auch immer wir<br />
machten, wir wurden gelobt.<br />
“Awesome, you were awesome,<br />
guys!“ Stolz wiederholten wir, was wir<br />
schon so gut konnten – bis es wirklich<br />
saß. Wir schwitzten, wir lachten und<br />
wir wuchsen. Ich begriff, was ich erst<br />
viel später in Worte fassen konnte: Es<br />
geht nicht darum, wie man etwas<br />
macht, sondern dass man es macht,<br />
dass man all seinen Mut zusammennimmt<br />
und etwas wagt. Ich hatte nie<br />
wieder Lampenfieber vor Auftritten.<br />
Gemeinsam mit meinen Eltern organisierte<br />
ich zwei Workshops – mit 16<br />
Jahren für mehrere Erfurter Gymnasien,<br />
mit 18 Jahren für eine Förder- und<br />
meine eigene Schule. Gasteltern, die<br />
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Thema<br />
17<br />
am Abend der Ankunft abspringen,<br />
Essen, das trotz großer Versprechungen<br />
nicht gebracht wird, Schüler, die<br />
nicht mitmachen wollen, „weil das mit<br />
den Behinderten nicht so wird wie<br />
sonst“; ich war für alles gewappnet.<br />
Schließlich hatte ein Vater sich nach<br />
der Aufführung nach der Sache mit<br />
den Behinderten erkundigt, unter nur<br />
90 Teilnehmer waren ihm die 20 Förderschüler<br />
nicht aufgefallen. Mit<br />
Überzeugung stürzte ich mich in mein<br />
nächstes Abenteuer – mein Bachelorprojekt.<br />
Natürlich nicht allein, so verrückt war<br />
ich nicht. Ein Young Americans-<br />
Workshop mit Schülern aus Polen,<br />
Tschechien und Deutschland? Der<br />
Europamanager umarmte mich und<br />
suchte mit mir einen Termin, Mai<br />
2013. Ich suchte eine Gruppe. Im<br />
Frühjahr 2012 waren wir sieben Leute.<br />
Wir hatten Zeit.<br />
Vor dem neuen Schuljahr brauchten<br />
wir gar nicht an die Schulen herantreten,<br />
also begannen wir mit<br />
„unwichtigen“ Dingen: E-Mail-<br />
Adressen und eine dreisprachige<br />
Webseite wurden eingerichtet, all solche<br />
Sachen. Die Finanzer klotzen<br />
schon ordentlich ran, wir wollten die<br />
Teilnehmerbeiträge stützen, Anfahrt<br />
und Unterbringung von Polen und<br />
Tschechen mussten bezahlt werden,<br />
eine Aufführungshalle, ein Teil des<br />
Essens, … Es war zu viel, um nur bei<br />
ein paar Firmen Klinken zu putzen.<br />
Doch bei den Förderwerken taten sich<br />
unerwartete Probleme auf. Die Teilnehmer<br />
des dritten Landes konnten<br />
nicht oder nur sehr wenig gefördert<br />
werden, Amerikaner als Workshopleiter<br />
waren gleich ein Ausschlusskriterium;<br />
die Liste war lang. Während die<br />
Finanzer suchten und suchten, machten<br />
wir weiter fleißig Pläne. Überlegten<br />
uns ein Konzept für Begegnungsarbeit,<br />
damit die Kinder sich vor dem<br />
Workshop kennenlernen konnten. Recherchierten,<br />
welche Schulen in Zittau<br />
Partnerschulen in Tschechien und<br />
Polen haben. Fuhren nach Zittau,<br />
schauten uns potentielle Aufführungsorte<br />
an, ließen uns im Büro für Internationale<br />
Zusammenarbeit beraten.<br />
Zittau, das stand von Anfang an fest.<br />
Keine Stadt im Dreiländereck hat eine<br />
bessere Lage. Wir bekamen Ideen<br />
und Ansprechpartner, die Stadt gefiel<br />
uns.<br />
Prüfungsphase, Sommer und dann<br />
September. Zwei von uns gingen ins<br />
Erasmus-Semester. Die erste Schule<br />
sagte ab, es gab immer noch kein Finanzierungskonzept.<br />
Ich war in Olomouc,<br />
entdeckte die Stadt und die<br />
<strong>Universität</strong>, fuhr noch auf ein längeres<br />
Seminar. Verließ mich auf die Gruppe<br />
in Deutschland.<br />
Doch meine Gruppe wusste langsam<br />
nicht mehr wohin mit sich. Woher sollte<br />
das Geld kommen? Wie kann man<br />
Schulen zur Teilnahme bringen, wenn<br />
man ihnen nicht mal ein Finanzierungskonzept<br />
vorlegen kann? Es kam<br />
ein vorsichtiger Vorschlag für einen<br />
binationalen Workshop. Ich widersprach.<br />
Wir hatten nichts in der Hand,<br />
nur eine Idee und ein Datum. Für<br />
mich war das nichts Neues, ich wusste,<br />
worauf wir hinarbeiteten, ich<br />
brannte dafür. Und genau hier unterschätzte<br />
ich gleich zwei Dinge: Wir<br />
entschieden alles demokratisch, aber<br />
trotzdem war es meine Idee, ich hatte<br />
die Erfahrung, von mir wurden in diesem<br />
Moment Antworten erwartet.<br />
Doch ich hatte keine. Meine Antwort<br />
war meine Überzeugung: Dieses Projekt<br />
konnte nicht scheitern. Niemand<br />
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Thema<br />
18<br />
kannte die Young Americans, woher<br />
sollten sie das Vertrauen haben? Das<br />
Problem verstand ich nicht. Im Oktober<br />
brach die Gruppe zusammen.<br />
Es gab eine Krisensitzung, ich sah<br />
ein, dass wir Bi-, vielleicht sogar Mononationalität<br />
ins Auge fassen mussten.<br />
Wir erstellten wieder Pläne, diesmal<br />
präziser, Görlitz wurde in Erwägung<br />
gezogen. Noch mehr Grenznähe<br />
ging nun wirklich nicht. Der neue<br />
Plan schaffte Überblick und brachte<br />
im ersten Moment Erleichterung. Geändert<br />
hatte sich nichts, keine Schulen,<br />
kein Aufführungsort, kein Geld.<br />
Fragen und Antworten blieben dieselben.<br />
Wir drehten uns im Kreis. Wozu<br />
der Plan? Ich bestand auf der Trinationalität,<br />
es änderte eh nichts. Eine<br />
nach der anderen stieg aus, verübeln<br />
konnte ich es keiner.<br />
Realistisch betrachtet war das Projekt<br />
am Ende. Es brauchte schon einiges,<br />
um die Fakten zu ignorieren. Mitte<br />
November saß ich in Olomouc und<br />
hatte nichts, nichts außer fünfeinhalb<br />
Monaten, einer Homepage und fünf<br />
Mailadressen. Selbst meine Eltern<br />
sagten mir, dass ich die Projektgröße<br />
doch noch einmal überdenken solle.<br />
Aufhören? Konsequenzen hätte das<br />
keine gehabt. Dem Europamanager<br />
hätte ich nie wieder unter die Augen<br />
treten können. Er hatte mir vertraut.<br />
Ich ignorierte die Fakten.<br />
Für Rosinenpickerei war keine Zeit<br />
mehr, ich suchte alle Grund-, Mittel-,<br />
Förderschulen und Gymnasien in<br />
Zittau heraus und schrieb sie gleichzeitig<br />
an. Fast allen telefonierte ich<br />
hinterher, oft sprach ich drei, vier Mal<br />
mit Sekretärinnen, Lehrern und<br />
Schulleitern. Drei Schulen zeigten<br />
Interesse, eine Mittel-, eine Grundund<br />
eine Förderschule.<br />
Sobald ich Weihnachten wieder in<br />
Deutschland war, fuhr mein Vater mit<br />
mir nach Zittau, über 300 Kilometer<br />
hin und wieder zurück. Alle drei<br />
Schulen sagten zu, unter Vorbehalt.<br />
Mein wichtigster Ansprechpartner<br />
würde Frau Kushmann sein, die<br />
Schulleiterin der Mittelschule am<br />
Burgteich. Die Teilnehmerbeiträge<br />
mussten gestützt werden, trotz der<br />
schönen Fassaden gibt es kein Geld<br />
in der Region. Das Finanzierungsproblem<br />
wuchs an, auf rund 5.500<br />
Euro.<br />
Vor Weihnachten telefonierte ich,<br />
nach Weihnachten telefonierte ich.<br />
Hausarbeiten hatte ich auf Eis gelegt.<br />
Tanz, Musik und strahlende Gesichter<br />
hatten Vorrang. Die Sächsische Bildungsagentur<br />
blieb lange Zeit der einzige<br />
Erfolg. Eine Kooperation mit dem<br />
trinationalen Neissefilmfestival schlug<br />
fehl, Supermärkte dürfen keine Lebensmittel<br />
spenden; Autohäuser, Banken,<br />
Versicherungen, Spülmittelproduzenten,<br />
Bäckereien, Fleischereien,<br />
örtliche Stiftungen. Ob Sach- oder<br />
Geldspenden, fast niemand war bereit<br />
dazu, Fristen waren abgelaufen.<br />
Inzwischen mussten fast 8.000 Euro<br />
aufgebracht werden, es würde zu<br />
schwer sein, in Zittau Gastfamilien für<br />
die Young Americans zu finden, Erfahrung.<br />
Ende Februar hatte ich Zusagen<br />
für 2.500 Euro und 20 kg Äpfel.<br />
Beim Klingeln meines Handys zuckte<br />
ich zusammen, wollte wieder jemand<br />
den aktuellen Stand abfragen?<br />
Anfang März wurde es auch Frau<br />
Kushmann zu heiß. Sie stellten ihren<br />
Schülern das Projekt vor. Deren „Ja“<br />
entschied. Endlich verstand ich, wofür<br />
Frau Kushmann brennt: ihre Schüler.<br />
Für sie würde sie ganz Zittau auf den<br />
Kopf stellen. Und wie sie das tat.<br />
Nach 48 Stunden hatte sie unser Guthaben<br />
verdoppelt. Sie kam an Töpfe<br />
ran, von denen ich nicht einmal erfuhr.<br />
Erst jetzt begriff ich, wie viel es wert<br />
ist, wie viel es wirklich ausmacht, vor<br />
Ort zu sein und dort ein Netzwerk zu<br />
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Thema<br />
19<br />
haben.<br />
Plötzlich hatten wir Geld und einen<br />
Aufführungsort. Frau Kushmann und<br />
ich kollidierten immer wieder. Das<br />
Projekt glitt mir aus den Händen, ich<br />
war für nichts mehr zuständig. Die<br />
Burgteichschule lädt ein. Wir waren<br />
beide mit ganzem Herzen dabei, ohne<br />
Rücksicht.<br />
Es blieb trotzdem noch genügend zu<br />
tun: Infoblätter, pädagogisches Konzept,<br />
Pressemitteilung mussten erstellt,<br />
Facebook-Seite, Plakate und<br />
Eintrittskarten gestaltet, ein Fotograf<br />
gesucht, noch ein paar Partnerschulen<br />
kontaktiert werden. Am Ende hatten<br />
wir 190 Schüler aus Zittau, Sulików,<br />
Krásná Lípa und Hrádek nad<br />
Nisou.<br />
Ende April fuhr ich wieder nach<br />
Deutschland, gemeinsam mit meinen<br />
Eltern dann nach Zittau. Die ganze<br />
Stadt war gepflastert mit den Plakaten,<br />
die der Manager des Westparkcenters<br />
gedruckt hatte, genauso<br />
wie Flyer und Eintrittskarten, alles auf<br />
eigene Faust. Offensichtlich hatten<br />
wir drei uns wirklich gefunden.<br />
Am 29. April kam der Bus. Aus allen<br />
Fenstern hingen die Köpfe der Schüler.<br />
Frau Kushmann kümmerte sich<br />
um die Schule, ich wurde normale<br />
Teilnehmerin. Und die Young Americans<br />
übernahmen. Lehrer klatschten<br />
begeistert, Schüler wippten schüchtern<br />
mit. Lange konnte keiner den<br />
quirligen, strahlenden Amerikanern<br />
wiederstehen. Es lief einfach. Wie<br />
gewohnt und gleichzeitig unfassbar<br />
nach all den Monaten.<br />
Schüler, Lehrer, meine Eltern, überall<br />
waren Helfer, alles war organisiert.<br />
Fehlendes Wasser, ein gerissenes<br />
Trommelfell, kaputte Füße: Ich musste<br />
nur vermitteln und übersetzen. Für<br />
alles gab es Ansprechpartner, das<br />
größte Geschenk überhaupt. Ich<br />
konnte beim Workshop mitmachen.<br />
Die Klassengrüppchen lösten sich<br />
recht schnell auf, nur zwei größere<br />
Ansammlungen sah man: Eine umringte<br />
die polnische Young American,<br />
die andere mich. Die Tschechen waren<br />
unsicher, wollten alles nochmal<br />
übersetzt haben. Am zweiten Tag<br />
wurden es immer weniger, ich konnte<br />
sie gar nicht mehr ausmachen, überall<br />
Freundesgrüppchen. Nur eine hing<br />
noch an meinem Rockzipfel – zur Aufführung<br />
stand sie immer ganz vorn,<br />
sang und tanzte mit einem unbeschreiblichen<br />
Feuer. Der Blick des<br />
Europamanagers sagte alles. Wenn<br />
sie will, wird sie die erste Tschechin<br />
und die erste Roma bei den Young<br />
Americans sein.<br />
„Polen und Tschechen sind blöd.“ Die<br />
Gruppen wurden kleiner, Polen,<br />
Tschechen und Deutsche gingen aufeinander<br />
zu, probierten ihre Sprachkenntnisse<br />
aus. Hatte ich wirklich geglaubt,<br />
ohne vorhergehende Begegnungsarbeit<br />
könnte es schwierig werden?<br />
An den Young Americans zu<br />
zweifeln ist reine Zeitverschwendung.<br />
Langsam habe ich ein bisschen Routine,<br />
es war mein vierter Workshop. So<br />
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<strong>ES</strong>-<strong>Spiegel</strong> - Halbjährlicher Newsletter der <strong>Chemnitz</strong>er Europa-Studien<br />
Thema<br />
20<br />
konnte ich nach links und rechts<br />
schauen und zugucken, wie die<br />
Schüler aufblühten, wie sie Selbstvertrauen<br />
gewannen, sah sie nach Hause<br />
tanzen, las bei Facebook, dass ein<br />
Junge unter der Dusche die Lieder<br />
gesungen hatte. Ich stand daneben,<br />
als Klassenkameraden sich über einen<br />
Jungen mit Gesangssolo lustig<br />
machten, er hatte einen gute Stimme<br />
und traf nie den Takt. „Diesen“ Schüler<br />
gibt es bei jedem Workshop. Die<br />
Young Americans wählen nicht einfach<br />
Talente. Es gibt immer noch einen<br />
zweiten Grund, warum jemand<br />
ein Solo singt, tanzt, spricht oder<br />
spielt. Einen Tag nach der Aufführung<br />
sah ich ihn wieder. Er lief über<br />
diesen breiten Gang, die Schultern<br />
hielt er straff zurück, den Kopf hoch,<br />
die Daumen steckten locker in den<br />
Gürtelschlaufen und er machte weite,<br />
raumgreifende Schritte. Wie soll man<br />
beschreiben, was die Young Americans<br />
verändern?<br />
Auf der Straße warb ich für die Aufführung.<br />
Immer wieder: Bayern spielt<br />
doch. Das Westparkcenter war ein<br />
hohes Risiko eingegangen, das Ereignis<br />
des Jahres stand bevor – wie<br />
konnte Bayern es wagen, am ersten<br />
Mai zu spielen? Wir bangten.<br />
Eine Stunde vor Beginn stand eine<br />
lange Schlange vor der Tür. Über 600<br />
Leute wollten zuschauen. Die Young<br />
Americans feierten: die Musik, den<br />
Tanz, die Welt. Das Lampenfieber der<br />
Schüler legte sich, die Show riss sie<br />
mit. Dann durften wir auf die Bühne,<br />
fast eine Stunde, nach nur zwei Tagen.<br />
Und plötzlich war es vorbei.<br />
Überall Tränen, überall glückliche Gesichter.<br />
Dinge, die bleiben, weil sie<br />
unbeschreiblich sind.<br />
Am nächsten Tag eine ruhige Abreise<br />
der Young Americans, ein Abschlussgespräch.<br />
Frau Kushmann erzählte,<br />
dass die Teilnehmer vor dem Workshop<br />
von anderen immer wieder gemobbt<br />
worden waren, doch nun hätte<br />
sich das Blatt komplett gewendet. Die<br />
Teilnehmer wären geschlossen in ihren<br />
Shirts zur Schule gekommen und<br />
die anderen hätten sie fast ehrfürchtig<br />
über den Workshop und die Amerikaner<br />
ausgefragt; unter den Teilnehmern<br />
sei ein ganz neues Zusammengehörigkeitsgefühl<br />
entstanden.<br />
Sie hat mit dem Europamanager einen<br />
neuen Termin für 2016 vereinbart,<br />
die Schule in Krásná Lípa organisiert<br />
für Juni 2014 einen multinationalen<br />
Workshop . Die Young Americans<br />
touren inzwischen in fast allen<br />
europäischen Ländern, in Tschechien<br />
wird es der erste sein.<br />
Ein Teilnehmer schrieb mir nach dem<br />
Workshop: „Es war eine Gemeinschaft,<br />
alle haben für ein Stück beigetragen<br />
für diese Show, egal ob nun<br />
Hauptschüler, Realschüler, Grundschüler<br />
oder Förderschüler. Jeder hat<br />
Schweiß auf der Bühne gelassen und<br />
gezeigt, was in ihm steckt. Man spürte<br />
keine große Gruppenbildung, sondern<br />
es waren alle eine Gruppe ...die Y-<br />
oung Americans...“<br />
Wenn dieser Gedanke, dieses Gefühl<br />
bleibt und von den Schülern, den Lehrern,<br />
den Eltern und den Zuschauern<br />
weitergetragen wird, dann hat der<br />
Workshop sein Ziel erreicht<br />
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Thema<br />
21<br />
Wenn man sich für ein Auslandssemester<br />
im wilden und von Deutschland,<br />
ja sogar noch von Moskau<br />
(immerhin 4 Flugstunden) ziemlich<br />
weit entfernten sibirischen Tomsk<br />
entscheidet, denkt man zunächst an<br />
die üblichen Klischees: Kälte, Kälte<br />
und Kälte.<br />
Doch Tomsk hat viel mehr zu bieten<br />
als Temperaturen unter -25 Grad,<br />
und das zu überleben wird von einigen<br />
ja schon fast als Grenzerfahrung<br />
angesehen.<br />
Neben der Möglichkeit, ein überaus<br />
interessantes Semester an der Polytechnischen<br />
<strong>Universität</strong> zu absolvieren,<br />
sich mit Blinijs die Mägen vollzustopfen,<br />
den sicheren Gang einer<br />
Russin auf spiegelglatten Bürgersteigen<br />
zu erlernen (Fehlversuche inklusive)<br />
oder sich einfach in die Eisenbahn<br />
zu setzen und der Transsibirischen<br />
Magistrale bis zum atemberaubenden<br />
Baikalsee zu folgen, gibt es<br />
auch die Möglichkeit, die Russen so<br />
richtig kennenzulernen. Zu erfahren,<br />
was für Wünsche und Träume sie<br />
haben, was sie ärgert, was sie lieben<br />
oder warum Russen es überhaupt<br />
gar nicht verstehen, warum diese<br />
ganzen Europäer so scharf darauf<br />
sind, sich 30 Stunden lang in einen<br />
russischen, schlecht belüfteten und<br />
völlig überfüllten Zug zu setzen, nur<br />
um dann eben diesen See zu sehen.<br />
Was ist an einem See denn bitte so<br />
besonders?!<br />
Die Möglichkeit zu diesem interkulturellen<br />
Austausch bietet das Zentrum<br />
für deutsche Sprache – Partner des<br />
Goethe-Instituts – Tomsk.<br />
Dort ist es für Studierende aus<br />
Deutschland nämlich möglich, während<br />
des Aufenthaltes in Tomsk ein<br />
Praktikum zu absolvieren. Natürlich<br />
kein 40h/Woche-Praktikum im klassischen<br />
Sinne, aber Unterstützung von<br />
Seiten deutscher Muttersprachler ist<br />
dort immer gerne gesehen. Und die<br />
Tandem in Tomsk<br />
Eilyne Pasche<br />
Unterstützung kann ganz unterschiedlich<br />
aussehen. Im Zentrum für deutsche<br />
Sprache werden, wie der Name<br />
vermuten lässt, Deutschkurse verschiedener<br />
Niveaus angeboten. Nun<br />
mag sich manch einer fragen:<br />
Deutschkurse in Sibirien? Gibt es dort<br />
überhaupt Interessenten? Ja, die gibt<br />
es und nicht zu wenige. Zum einen<br />
gibt es in einigen Schulen die Möglichkeit<br />
zwischen Englisch und<br />
Deutsch als Fremdsprache zu wählen<br />
und zum anderen ist das Interesse<br />
historisch bedingt. In Tomsk gibt es<br />
noch eine relativ große Anzahl sogenannter<br />
„Russlanddeutscher“, die von<br />
Generation zu Generation die Sprache<br />
als kulturelles Erbe weitergegeben<br />
haben und entweder aus eigenem<br />
Interesse an den Kursen teilnehmen<br />
oder eben ihre Kinder schicken,<br />
damit diese Deutsch von den Grundzügen<br />
an erlernen können.<br />
Aber zurück zum Praktikum:<br />
An den angebotenen Deutschkursen<br />
im Sprachenzentrum kann man als<br />
Muttersprachler teilnehmen und eben<br />
diese durch seine Erfahrungen oder<br />
einfachen Erzählungen, wie es sich<br />
im fernen Deutschland denn so lebt,<br />
bereichern. Nach einiger Zeit besteht<br />
sogar die Möglichkeit, einzelne Teile<br />
des Unterrichts zu übernehmen und<br />
diese sodann aktiv mitzugestalten.<br />
Des Weiteren gab es die Möglichkeit,<br />
an dem Projekt „Tandem“ mitzuwirken,<br />
welches noch in den Kinderschuhen<br />
steckte, aber dennoch sofort Anklang<br />
fand. Da es bei diesem Projekt<br />
möglich war, auch die eigenen Russischkenntnisse<br />
zu verbessern, entschied<br />
ich mich dafür.<br />
Je nachdem, wie viel Platz im eigenen<br />
Stundenplan ist, wird man 1 - 2<br />
Mal pro Woche für eine Stunde eingeteilt.<br />
Die anfangs etwas befremdlich<br />
wirkende Situation, einem fremden<br />
Menschen gegenüberzusitzen und zu<br />
wissen „So, für die nächste Stunde<br />
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Thema<br />
22<br />
muss ich mich mit ihm/ihr unterhalten.<br />
Worüber auch immer!“, entschärfte<br />
sich in meinem Fall schon<br />
innerhalb der ersten Minuten. Tandemtreffen<br />
sind so eingeteilt, dass<br />
nach Möglichkeit in einer Hälfte auf<br />
Russisch und in der anderen dann<br />
eben auf Deutsch eine Unterhaltung<br />
geführt wird. Bei einigen Treffen sind<br />
Themen vorgegeben oder zumindest<br />
die Interessensgebiete des Gegenübers<br />
im Vorhinein bekannt, sodass<br />
eine Vorbereitung möglich ist, in anderen<br />
Fällen wird man aber auch einfach<br />
ins kalte Wasser geschmissen.<br />
Da die meisten Teilnehmer aber ein<br />
immenses Interesse an Deutschland<br />
haben, wird man sogleich mit Fragen<br />
überhäuft: Wie ist das Leben in<br />
Deutschland? Wie lebt es sich ohne<br />
so einen langen Winter? Man muss<br />
nicht drei Tage mit der Bahn reisen,<br />
um seine Eltern zu besuchen? Vorurteile<br />
werden zur Sprache gebracht<br />
und hinterfragt: Stimmt es, dass die<br />
Frauen in Deutschland sich nicht<br />
schminken? Sind die Deutschen<br />
wirklich so fleißig und ordentlich?<br />
Und wie ist das nochmal mit den Autobahnen,<br />
kann man wirklich überall<br />
so schnell fahren wie man will?<br />
Es macht Freude, ebensolche Fragen<br />
auch an das Gegenüber zu stellen,<br />
gemeinsam über die Vorurteile zu<br />
lachen, und in vielen steckt ja auch<br />
ein Körnchen Wahrheit. Man erfährt<br />
viel über sich selbst und natürlich über<br />
Russland. Man lernt Russland ein<br />
bisschen besser kennen, eben weil<br />
man die Menschen kennenlernt…<br />
verschiedene Menschen, mit verschiedenen<br />
Sichtweisen und verschiedenen<br />
Idealen.<br />
Und eines wurde immer wieder überdeutlich:<br />
Die Tomsker freuen sich, jemanden<br />
aus Deutschland zu treffen,<br />
sie freuen sich, mit ihm in Deutsch<br />
kommunizieren zu können, halten die<br />
vielbeschworene deutsch-russische<br />
Freundschaft in allen Ehren und sind<br />
unfassbar stolz darauf, dass Angela<br />
Merkel 2006 in ihrer Stadt zu Besuch<br />
war.<br />
Ich kann nur hoffen, dass russische<br />
Studenten etwas Ähnliches erfahren,<br />
wenn sie zu einem Auslandssemester<br />
nach Deutschland aufbrechen.<br />
Allen, die nach Tomsk aufbrechen,<br />
kann ich ein Praktikum beim Zentrum<br />
für deutsche Sprache in Tomsk nur<br />
wärmstens ans Herz legen.<br />
Leben in Sarajevo<br />
Theresa Kiunke<br />
Sarajevo – ein Jahr Sarajevo. Ich<br />
weiß gar nicht wo ich anfangen soll.<br />
Die Altstadt – die Berge – mein Zuhause<br />
– die Menschen – der Fluss.<br />
Vielleicht fange ich am besten beim<br />
Wetter an. Am ersten April sollte<br />
mein Praktikum beginnen. Also freute<br />
ich mich auf eine tolle Frühlingszeit.<br />
Aber anstatt mit Krokussen, Osterglocken<br />
und Narzissen empfangen<br />
zu werden, blühte die Stadt in wunderschönem<br />
nassen Weiß.<br />
Ich bahnte mir mit meinen 17 Taschen<br />
einen Weg durch den Schnee,<br />
die steilste Straße, die ich bis dahin<br />
gesehen hatte, hinauf, bis zu meiner<br />
neuen Bleibe. In meinem Zuhause<br />
angekommen, wurde ich mehr als belohnt<br />
für die Strapazen des Weges:<br />
Vom Wohnzimmer aus hatte ich einen<br />
atemberaubenden Blick über ganz<br />
Sarajevo – unglaublich toll! Und ganz<br />
unterschiedlich je nach Tageszeit und<br />
Wetter.<br />
Leider konnte ich nicht all zu lang die<br />
schöne Aussicht genießen, denn nach<br />
einem Monat hatte ich genug von meinem<br />
Vermieter, der offensichtlich<br />
ständig vergaß, dass er die Wohnung<br />
vermietet hatte. Zumindest hielt er<br />
<strong>Technische</strong> <strong>Universität</strong> <strong>Chemnitz</strong> SS 13
<strong>ES</strong>-<strong>Spiegel</strong> - Halbjährlicher Newsletter der <strong>Chemnitz</strong>er Europa-Studien<br />
Thema<br />
23<br />
Theresa Kiunke<br />
anna-theresa.kiunke<br />
@s2010.tu-chemnitz.de<br />
sich liebend gerne in meiner Wohnung<br />
auf.<br />
Bei 36°C und strahlendem Sonnenschein<br />
machte ich mich also auf den<br />
Weg, eine neue Wohnung zu finden.<br />
Sonnenbrand bekam ich gratis zu<br />
meiner neuen Traumwohnung dazu.<br />
Ich konnte gleich am nächsten Tag<br />
bei Schneegestöber einziehen. Im<br />
Mai!<br />
Von nun an lebte ich mit meiner lieben<br />
Mitbewohnerin Aida zusammen.<br />
Während des Jahres habe ich in drei<br />
verschiedenen Organisationen Praktikum<br />
gemacht. Alle drei beschäftigen<br />
sich mit Menschenrechten, aber<br />
aus unterschiedlichen Perspektiven.<br />
Ich war dabei als Übersetzerin tätig,<br />
bereitete ein Festival mit vor und<br />
nahm an vielen Seminaren und Veranstaltungen<br />
teil.<br />
Jeden Morgen auf meinem Weg zur<br />
Arbeit unternahm ich eine kleine Zeitreise<br />
durch die Geschichte Sarajevos.<br />
Los ging es in meinem Stadtteil.<br />
Seine Häuser wurden hauptsächlich<br />
nach 1996 gebaut. Als<br />
nächstes ging es, entlang des Flusses,<br />
durch die Tito-Zeit mit ihren Plattenbauten.<br />
Meine Organisationen<br />
befanden sich alle in dem Teil der<br />
Stadt, der durch die großzügigen Gebäude<br />
aus der Zeit Österreich-<br />
Ungarns zu erkennen ist. Nach getaner<br />
Arbeit konnte ich dann für den<br />
Nachmittagskaffe in die Altstadt –<br />
Baščaršija – schlendern. Sie entstand<br />
im 15. Jahrhundert, der Zeit,<br />
als Bosnien zum Osmanischen Reich<br />
gehörte.<br />
Unglaublich toll sind die Märkte. Im<br />
Sommer gibt es hier einfach alles. Es<br />
fängt an bei 50 cm großen Melonen<br />
und geht bis zu handgroßen Tomaten<br />
(ich liebe Tomaten, müsst ihr wissen).<br />
Und alles schmeckt so intensiv<br />
und lecker! Neben Obst und Gemüse<br />
gibt es auch Milch- und Fleischprodukte<br />
genauso wie Socken, Trillerpfeifen<br />
und Vorhänge.<br />
Kulturell ist Sarajevo kaum zu übertreffen,<br />
ständig gibt es Ausstellungen,<br />
Festivals, Konzerte,... In der Stadt gibt<br />
es mehrere Kinos, viele tolle Klubs<br />
und Bars, Kulturzentren, und das Theater<br />
kann man als Studentin sogar<br />
umsonst besuchen.<br />
Sarajevo liegt inmitten von Bergen,<br />
die fast bis zu zweitausend Meter<br />
hoch sind. Sie sind wunderbar zum<br />
Wandern, um aus der lauten Stadt zu<br />
entkommen und um die phantastische<br />
Aussicht zu genießen, und auch zum<br />
Skifahren. Toll ist der Park, der um die<br />
Quelle des Flusses Bosna – er gab<br />
übrigens dem Land seinen Namen –<br />
gestaltet wurde.<br />
Ich habe Sarajevo in seiner Vielfalt,<br />
seiner Geschichtsträchtigkeit, seiner<br />
Unperfektheit und mit seinen unendlich<br />
vielen Facetten lieben gelernt und<br />
mich ganz zu Hause gefühlt. Ich werde<br />
immer wieder zurückkommen, um<br />
jedes Mal ein neues Gesicht der Stadt<br />
kennenzulernen. Ich lade euch ein –<br />
setzt euch ein paar Stunden in den<br />
Zug – und geht auf Entdeckungsreise<br />
in Sarajevo!<br />
<strong>Technische</strong> <strong>Universität</strong> <strong>Chemnitz</strong> SS 13
<strong>ES</strong>-<strong>Spiegel</strong> - Halbjährlicher Newsletter der <strong>Chemnitz</strong>er Europa-Studien<br />
Thema<br />
24<br />
Kristin Sandfort<br />
k.sandfort<br />
@yahoo.de<br />
Wikis, Twitter, Facebook – Soziale Medien<br />
in der Entwicklungszusammenarbeit<br />
Kristin Sandfort<br />
Bauern in Kenia steigern ihre Milchproduktion<br />
und verbessern die Gesundheit<br />
ihrer Kühe, indem eine App<br />
sie per SMS an Fütterungs- und<br />
Melkzeiten erinnert; auch Menschen<br />
ohne Konto können Geld an ihre Familien<br />
überweisen – per Mobiltelefon;<br />
Absolventen im Westjordanland<br />
schaffen ihren Berufseinstieg via<br />
SMS; und Bürger in ländlichen Gebieten<br />
können ihren Behörden mitteilen,<br />
wenn etwas nicht funktioniert.<br />
Soziale Medien bedeuten weit mehr<br />
als Öffentlichkeitsarbeit und PR per<br />
Facebook und Twitter. Sie erleichtern<br />
den Austausch von Wissen, fördern<br />
die Zusammenarbeit und ermöglichen<br />
einen neuen, interaktiven Dialog.<br />
Jeder kann Inhalte weiterentwickeln,<br />
zur Verfügung stellen und beziehen.<br />
Das fördert Transparenz,<br />
bringt Menschen zusammen und gibt<br />
jedem Nutzer eine Stimme. Diese<br />
positiven Eigenschaften entdecken<br />
und nutzen nun internationale Akteure<br />
in der Entwicklungszusammenarbeit<br />
für sich. Wie können in den Partnerländern<br />
die Empfänger von Leistungen<br />
und Angeboten diese mitgestalten,<br />
sodass sie direkt an den Bedarfen<br />
andocken und so nachhaltig<br />
wirken können? Wie können Organisationen<br />
wie die Deutsche Gesellschaft<br />
für Internationale Zusammenarbeit<br />
(GIZ) GmbH die Vorteile Sozialer<br />
Medien in ihren Programmen nutzen?<br />
Die letzten 6 Monate habe ich mich<br />
hauptsächlich mit diesen Themen<br />
beschäftigt – im Rahmen meines<br />
Praktikums bei der GIZ in der Stabstelle<br />
Unternehmensentwicklung. Unternehmensentwicklung,<br />
GIZ und<br />
Social Media – wie passt das genau<br />
zusammen?<br />
Die Aufgaben der Unternehmensentwicklung<br />
sind sehr vielfältig. Eine davon<br />
besteht darin, Innovationen und<br />
Ideen aufzunehmen, weiterzuentwickeln<br />
und dann ins Unternehmen zu<br />
tragen. Die arabische Revolution ließ<br />
viele erkennen, wie sehr Soziale Medien<br />
unser Leben mittlerweile beeinflussen<br />
und welche Chancen und Risiken<br />
mit ihnen einhergehen. Um den Trend<br />
nicht an sich vorbeirauschen zu lassen,<br />
initiierte der Vorstand einen Strategieprozess,<br />
der das Unternehmen<br />
befähigen soll, Soziale Medien in seiner<br />
Arbeit einzusetzen. Bisher wurden<br />
im Rahmen des Prozesses Guidelines<br />
erstellt, ein internes Beratungsangebot<br />
geschaffen und das Thema im Unternehmen<br />
verankert und bekannt gemacht.<br />
Letztendlich beschäftigt sich die Stabstelle<br />
mit relativ kleinteiligen Aufgaben.<br />
Da die meisten Prozesse in sehr<br />
enger Kooperation mit verschiedenen<br />
Organisationseinheiten stattfinden,<br />
sind diese langwierig und hin und wieder<br />
schwerfällig. Ich war damit betraut,<br />
im Intranet der GIZ regelmäßig Berichte<br />
über unsere Arbeit und Entwicklungen<br />
zu veröffentlichen und externe<br />
sowie interne „Best Practices“ vorzustellen.<br />
So konnten wir unser Netzwerk<br />
von Social Media-affinen und<br />
-interessierten Mitarbeiterinnen und<br />
Mitarbeitern erweitern. Ein weiterer<br />
Baustein stellte der Aufbau einer Online-Plattform<br />
dar, in deren Zentrum der<br />
dezentrale Austausch von Wissen,<br />
Erfahrungen, Informationen und Kontakten<br />
steht. Die Lösung sollte möglichst<br />
intern sein, da viele Probleme<br />
und Diskussionen sehr GIZ-spezifisch<br />
sind und die Plattform eine Beratung<br />
ermöglichen soll.<br />
Ich hatte auch die Möglichkeit, andere<br />
Aufgabenbereiche der Stabstelle kennenzulernen<br />
und dort mitzuarbeiten.<br />
Die Stabstelle betreut hier die Partnerschaften<br />
mit NGOs wie Misereor, Venro<br />
und CARE und bereitet Treffen zwischen<br />
den Leitungen vor.<br />
<strong>Technische</strong> <strong>Universität</strong> <strong>Chemnitz</strong> SS 13
<strong>ES</strong>-<strong>Spiegel</strong> - Halbjährlicher Newsletter der <strong>Chemnitz</strong>er Europa-Studien<br />
Thema<br />
25<br />
Des Weiteren beschäftigt sie sich mit<br />
dem Thema „Qualität“: Wie schätzen<br />
unsere Auftraggeber die Angebote,<br />
Arbeit und Ergebnisse der GIZ ein?<br />
Was wird von ihr erwartet? Und was<br />
erwarten die Mitarbeiter von ihr? Es<br />
geht dabei auch um Themen wie der<br />
Fehler- und Lernkultur im Unternehmen.<br />
Ein Praktikum in der Stabstelle Unternehmensentwicklung<br />
ist kein GIZbzw.<br />
EZ-typisches Praktikum. Hier<br />
geht es weniger um Fachlichkeit als<br />
um die strategische Entwicklung des<br />
Unternehmens. Dabei hatte ich die<br />
Möglichkeit, die Arbeitsweise eines<br />
so großen Unternehmens kennen<br />
und verstehen zu lernen und einen<br />
guten Überblick über Struktur, Abläufe<br />
und Themen zu bekommen. Die<br />
GIZ bietet sehr viele Möglichkeiten,<br />
ob in Deutschland oder im Ausland.<br />
Nicht nur die Einsatzländer, sondern<br />
auch die Themenbereiche sind sehr<br />
vielfältig. Die Praktika sind vergütet<br />
und auch für Absolventen zugänglich.<br />
Für uns Europa-Studenten bietet die<br />
GIZ insofern „neue“ Möglichkeiten,<br />
als dass sie sich von der klassischen<br />
Entwicklungszusammenarbeit (EZ)<br />
hin zu einem Akteur in der Internationalen<br />
Zusammenarbeit entwickelt.<br />
Das bedeutet, dass sie nicht nur in<br />
EZ-Partnerländern in Afrika, Asien<br />
und Südamerika tätig ist, sondern<br />
sich verstärkt um Aufträge in europäischen<br />
und nordamerikanischen Ländern<br />
bemüht.<br />
Praktikum im Deutsch-Russischen Kulturinstitut Dresden<br />
Christin Schob<br />
Christin Schob<br />
christin.schob<br />
@s2011.tu-chemnitz.de<br />
Nach einem Auslandssemester an<br />
der Partneruniversität in Tomsk entschied<br />
ich mich, nach meiner Rückkehr<br />
in Deutschland die lange Semesterpause<br />
für ein Praktikum zu<br />
nutzen.<br />
Auf der Suche nach Praktikumsmöglichkeiten<br />
stieß ich auf das Deutsch-<br />
Russische Kulturinstitut in Dresden.<br />
Da dieses keine Praktikumsstellen<br />
ausschreibt, bewarb ich mich initiativ<br />
und erhielt auch schon ein paar Tage<br />
später eine positive Rückmeldung.<br />
Das Deutsch-Russische Kulturinstitut<br />
(DRKI) ist ein gemeinnütziger Verein,<br />
der sich nun seit mehr als 20 Jahren<br />
hauptsächlich für eine Förderung des<br />
Deutsch-Russischen Kulturraumes<br />
engagiert. Regelmäßig finden hierzu<br />
verschiedene Veranstaltungen, wie<br />
z.B. Lesungen oder Konzerte, statt.<br />
So fand während meines Praktikums<br />
ein Vortrag und ein Konzert zu Ehren<br />
des berühmten russischen Komponisten<br />
Rachmaninow statt.<br />
Außerdem besitzt der Verein eine<br />
eigene Bibliothek, die „Dostojewskij-<br />
Bibliothek“, sowie ein Servicebüro.<br />
Hier wird Migranten mit russischer<br />
Staatsbürgerschaft Hilfe bei konsularischen<br />
Angelegenheiten angeboten.<br />
Zum Beispiel wird den Migranten bei<br />
der Beantragung der Rente der russischen<br />
Föderation mit der Auszahlung<br />
nach Deutschland geholfen.<br />
Zu meinen Aufgaben während der 8<br />
Wochen zählten hauptsächlich orga-<br />
<strong>Technische</strong> <strong>Universität</strong> <strong>Chemnitz</strong> SS 13
<strong>ES</strong>-<strong>Spiegel</strong> - Halbjährlicher Newsletter der <strong>Chemnitz</strong>er Europa-Studien<br />
Thema<br />
26<br />
nisatorische sowie Recherchearbeiten.<br />
So half ich zum Beispiel bei der<br />
Vorbereitung, Begleitung sowie Betreuung<br />
des Tanz- und Gesangsensembles<br />
Edelweiß aus St. Petersburg.<br />
Die Kinder und Jugendlichen im<br />
Alter von 13 bis 17 Jahren hatten<br />
beim diesjährigen Stadtfest in Dresden<br />
gleich zwei Auftritte.<br />
Im Rahmen der Städtepartnerschaft<br />
zwischen Dresden und St. Petersburg<br />
beantragte ich bei der Stadt Zuschüsse<br />
für die Finanzierung des<br />
„Edelweiß-Projektes“. Aber auch kleinere<br />
administrative, teilweise auch<br />
etwas unliebsame Aufgaben, wie das<br />
Einscannen von Dokumenten oder<br />
Reisepässen gehörten dazu.<br />
Während des achtwöchigen Praktikums<br />
konnte ich außerdem an meinen<br />
Russischkenntnissen arbeiten. Immer<br />
wieder erledigte ich kleinere Übersetzungsarbeiten<br />
und generell wurde im<br />
Institut sehr viel Russisch gesprochen,<br />
da die meisten Mitarbeiter russischer<br />
Herkunft sind.<br />
Auch wenn für ein Praktikum keine<br />
Russischkenntnisse vorausgesetzt<br />
werden, ist es sehr hilfreich, zumindest<br />
Grundkenntnisse zu besitzen.<br />
Sommerfest der Europa-Studien<br />
Eilyne Pasche<br />
„Europa-Studien vernetzt“ – unter<br />
diesem Motto fand am 06. Juli 2013<br />
das diesjährige Sommerfest der Europa-Studien<br />
statt.<br />
Das Motto war Programm, denn erneut<br />
bot dieser Anlass Gelegenheit<br />
für einen Austausch zwischen aktuellen<br />
Europa-Studenten, den Professoren<br />
und Lehrkräften sowie zahlreichen<br />
Alumni, die dem Sommerfest<br />
auch in diesem Jahr nicht fernblieben.<br />
Das Organisationsteam um Monique<br />
Reuther und Simone Babutzka, die<br />
die Organisation im Rahmen ihres<br />
Bachelorprojektes durchführten, erstellte<br />
einen abwechslungsreichen<br />
und interessanten Abend rund um<br />
das Thema Vernetzung.<br />
Veranstaltungsort war, wie in den<br />
letzten Jahren, das Tillmann‘s, in<br />
dem zu 18 Uhr zum Sektempfang<br />
geladen wurde.<br />
Die charmante und überaus amüsante<br />
Moderation des Abends übernahm<br />
Jörg Seidel, der gegen 20 Uhr die<br />
hungrigen Mägen erlöste und das<br />
schmackhafte Buffet eröffnete.<br />
Ein erstes Highlight des Abends,<br />
noch vor dem wichtigen Programmpunkt<br />
der Buffeteröffnung, war die<br />
Auftaktrede der neu ans Institut gekommenen<br />
Dr. Birgit Glorius, die die<br />
Juniorprofessur Humangeographie<br />
Ostmitteleuropas übernommen hat.<br />
Anschließend folgte das <strong>ES</strong>-<br />
Gruppenfoto, um diesen schönen<br />
Abend zu verbildlichen und festzuhalten.<br />
Nach dem Abendbrot wurde begierig<br />
auf die Rede des Alumnus Johannes<br />
Kunath gewartet, der davon berichtete,<br />
wie es ihm nach dem Abschluss<br />
des Europa-Studien-Studiums ergangen<br />
war und mit einer unterhaltsamen<br />
Präsentation aufzeigte, inwiefern Vernetzung<br />
und persönliche Netzwerke<br />
besonders für Europa-Studenten und<br />
Studentinnen bedeutungsreich sind.<br />
Das anschließende Sommerfestquiz<br />
<strong>Technische</strong> <strong>Universität</strong> <strong>Chemnitz</strong> SS 13
<strong>ES</strong>-<strong>Spiegel</strong> - Halbjährlicher Newsletter der <strong>Chemnitz</strong>er Europa-Studien<br />
Thema<br />
27<br />
brachte die Köpfe ordentlich zum<br />
Qualmen und führte mit einigen ungewöhnlichen<br />
Fragen zu teils sehr<br />
ratlos erscheinenden Gesichtsausdrücken<br />
bei allen Beteiligten.<br />
Nach dieser Anstrengung und Animation<br />
sämtlicher grauer Zellen wurde<br />
es lustig und sehr unterhaltsam. Die<br />
Mitglieder der i’es legten sich so richtig<br />
ins Zeug, und ihre Performance<br />
zum Thema „vernetzt“ hätte besser<br />
nicht sein können. Es wurde geschauspielert,<br />
getanzt und sogar gesungen.<br />
Getanzt wurde auch beim nächsten<br />
Programmpunkt. Die Salsagruppe der<br />
TU <strong>Chemnitz</strong> zeigte, was man in wenigen<br />
Semestern erlernen konnte und<br />
stimmte somit perfekt auf die nachfolgende<br />
Eröffnung der Tanzfläche ein.<br />
Das diesjährige <strong>ES</strong>-Sommerfest war<br />
also wieder einmal rundum gelungen,<br />
und hoffentlich finden sich auch im<br />
nächsten Jahr wieder motivierte Studenten/innen,<br />
die sich bereit erklären<br />
die Organisation zu übernehmen.<br />
<strong>Technische</strong> <strong>Universität</strong> <strong>Chemnitz</strong> SS 13
<strong>ES</strong>-<strong>Spiegel</strong> - Halbjährlicher Newsletter der <strong>Chemnitz</strong>er Europa-Studien<br />
Alumni<br />
Alumni<br />
28<br />
Birthe Meyer<br />
birthe.meyer<br />
@yahoo.de<br />
„EZ-Trainee im Kontext von Konflikten“ bei der Deutschen Gesellschaft für Internationale<br />
Zusammenarbeit (GIZ) GmbH<br />
Birthe Meyer<br />
Die Wege in den ersten Job nach<br />
dem Studium sind bekanntlich holprig<br />
und oftmals langwierig. Gemäß des<br />
allen Europa-Studenten bekannten<br />
Tenors des „Studiums einer brotlosen<br />
Kunst“ gilt dies ebenso – oder<br />
ganz besonders – für die erste Stelle<br />
in der Entwicklungszusammenarbeit<br />
(EZ).<br />
Durch die immer größer werdende<br />
Vielfalt an Möglichkeiten für eine<br />
Spezialisierung im Bereich Development<br />
Studies und verwandten Fachrichtungen,<br />
v.a. im Ausland, insbesondere<br />
England, steigen die Bewerberzahlen<br />
gerade für Einstiegspositionen<br />
in der EZ beachtlich.<br />
Gleichzeitig gibt es ein eindeutiges<br />
Defizit an Junior-Positionen und<br />
-Programmen im EZ-Bereich. Dort,<br />
wo es Junior-Stellen oder sogenannte<br />
Young Professional Programmes<br />
gibt, zeichnet sich zunehmend auch<br />
eine Verzerrung ab: Sogenannte Einsteiger<br />
werden in den Ausschreibungen<br />
zunehmend als Personen mit<br />
bereits mehrjähriger Praxiserfahrung<br />
(bis zu fünf Jahren!) oder mit den sogenannte<br />
„transferable skills“ beschrieben,<br />
die einen fachlichen Quereinstieg<br />
ermöglichen. Keine einfache<br />
Ausgangssituation für uns, die gerne<br />
in diesem spannenden Berufsfeld<br />
tätig werden wollen.<br />
Nach Beendigung meines Masterstudiums<br />
in “Conflict, Governance and<br />
International Development“ an der<br />
University of East Anglia brannte ich<br />
persönlich eigentlich darauf, in einer<br />
kleineren Organisation “on the<br />
ground“ zu arbeiten. Aber auch in<br />
meinem Fall liefen die Dinge ganz<br />
anders als ursprünglich angedacht,<br />
und so bin ich seit dem 01. Juli 2013<br />
eine von 20 EZ-Trainees bei der<br />
Deutschen Gesellschaft für Internationale<br />
Zusammenarbeit (GIZ) GmbH.<br />
Das EZ-Traineeprogramm des Bundesministeriums<br />
für wirtschaftliche<br />
Zusammenarbeit und Entwicklung<br />
(BMZ) wird im Auftrag von der GIZ<br />
durchgeführt. Das 17-monatige Programm<br />
setzt sich aus einer<br />
8-wöchigen Vorbereitungszeit in<br />
Eschborn und Bad Honnef, einem<br />
9-monatigen Aufenthalt in einem GIZ-<br />
Vorhaben im Ausland, einem<br />
3-monatigen Secondment in einer internationalen<br />
Organisation im Ausland<br />
sowie einer abschließenden<br />
3-monatigen Station beim BMZ in<br />
Berlin oder Bonn zusammen. Es konzentriert<br />
sich per definitionem auf die<br />
Ausbildung zukünftiger Fach- und<br />
Führungskräfte für die GIZ sowie andere<br />
deutsche und multilaterale Organisationen<br />
im Bereich der internationalen<br />
Zusammenarbeit.<br />
Durch die Beteiligung an Tätigkeiten<br />
in den Bereichen Strategie, Planung,<br />
Organisation, Verwaltung und Steuerung<br />
sollen EZ-Trainees ein Verständnis<br />
für die komplexen Problemfelder<br />
des Vorhabens im Ausland erlangen.<br />
Zudem sollen sie sich in erste Führungsaufgaben<br />
einarbeiten. Gemäß<br />
dem Leitsatz “learning by doing“ übernehmen<br />
Trainees in der Ausführung<br />
ihrer Tätigkeiten bereits ein hohes<br />
Maß an Verantwortung und arbeiten<br />
weitestgehend selbstständig, teilweise<br />
an einem längerfristigen Projekt<br />
(einer Art „Gesellenstück“). Durch den<br />
Einsatz bei anderen Organisationen<br />
der Entwicklungszusammenarbeit und<br />
im BMZ soll die Überblickskompetenz<br />
in der Entwicklungspolitik gefördert<br />
werden.<br />
Nach der allgemeinen 8-wöchigen<br />
Vorbereitungszeit in Eschborn und<br />
Bad Honnef, die alle Trainees mehr<br />
oder weniger gemeinsam durchlaufen,<br />
bin ich am 24.August in mein Einsatzland,<br />
die Philippinen, ausgereist,<br />
wo ich in Butuan City in Mindanao in<br />
einem Programm für konfliktsensitives<br />
Ressourcenmanagement eingesetzt<br />
werde. Im Rahmen dessen werde ich<br />
<strong>Technische</strong> <strong>Universität</strong> <strong>Chemnitz</strong> SS 13
<strong>ES</strong>-<strong>Spiegel</strong> - Halbjährlicher Newsletter der <strong>Chemnitz</strong>er Europa-Studien<br />
Alumni<br />
29<br />
einerseits die Koordinierung einer<br />
Projektfortschrittskontrolle übernehmen,<br />
also aktiv in den gesamten Projektmanagementzyklus<br />
eingebunden<br />
sein, sowie auch in die Arbeit des<br />
Zivilen Friedensdienstes (ZFD) in<br />
den Provinzen Mindanaos vor Ort<br />
blicken können.<br />
Obwohl ich meinen Einsatz im Programm<br />
gerade erst starte, schätze<br />
ich bereits jetzt die bisherige Lernerfahrung<br />
im Rahmen meiner Vorbereitungszeit<br />
als wichtig und durchaus<br />
qualifizierend für folgende Arbeitsstellen<br />
in der IZ ein, insbesondere<br />
was das Management komplexer<br />
Prozesse und Projekte angeht. Besonders<br />
spannend war bislang vor<br />
allem der stetige Austausch mit erfahrenen<br />
Fachkräften, die im Rahmen<br />
einer Umsetzung auch an der<br />
allgemeinen Vorbereitung teilnehmen<br />
und gerade jungen Einsteigern spannende<br />
Einblicke in das Geschehen<br />
vor Ort und das Leben im entwicklungspolitischen<br />
Kontext gewähren.<br />
Für die Teilnahme am Traineeprogramm<br />
muss natürlich auch ein umfassendes<br />
Bewerbungsverfahren<br />
durchlaufen werden. Grundsätzliche<br />
Bewerbungsvoraussetzungen für das<br />
einmal im Jahr (i.d.R. ab Anfang<br />
September für vier Wochen) ausgeschriebene<br />
Programm sind ein abgeschlossenes<br />
Bachelorstudium, erste<br />
praktische Erfahrungen, unter anderem<br />
im Ausland, sowie ein ausgeprägtes<br />
Verständnis von entwicklungspolitischen<br />
Zusammenhängen.<br />
Jährlich werden 20 Absolventen von<br />
der GIZ im Rahmen des Traineeprogramms<br />
ausgebildet. Das Durchschnittsalter<br />
liegt, nach Unternehmensangaben,<br />
bei 25-28 Jahren. –<br />
Soweit die Theorie.<br />
Bis zu meiner eigenen Zusage durchlief<br />
ich, wie alle anderen Kandidaten,<br />
den dreistufigen Bewerbungsprozess.<br />
Der erste Schritt beinhaltet die Bewerbung<br />
auf eine konkret ausgeschriebene<br />
Stelle (dabei sind fachliche Ausrichtung<br />
und Einsatzland während des<br />
Einsatzes im GIZ-Projekt gekoppelt<br />
und festgeschrieben). Es muss also<br />
durchaus ein wenig Glück dabei sein,<br />
dass gerade eine Stelle mit der für<br />
einen selbst passenden fachlichen<br />
Ausrichtung ausgeschrieben wird.<br />
In unserem diesjährigen Trainee-<br />
Jahrgang hat sich gezeigt, dass<br />
knapp 90% der Stellen ausschließlich<br />
anhand der jeweiligen fachlichen Expertise<br />
und nur ca. 10% anhand vorhandener<br />
Regionalkenntnisse vergeben<br />
wurden. Jedoch gilt, dass die<br />
Auswahl des besten Kandidaten individuell<br />
vom Programmverantwortlichen<br />
des Projekts im Ausland, in dem<br />
der Großteil der Traineezeit verbracht<br />
wird, getroffen wird. Ist die erste Hürde<br />
gemeistert und man konnte mit der<br />
Standardbewerbung über die Onlinemaske<br />
die Personalabteilung überzeugen,<br />
so wird eine erste Auswahl<br />
von ca. 30 Kandidaten (dies war in<br />
meinem Fall die Größenordnung, allerdings<br />
variiert diese Zahl auch je<br />
nach Stelle) an den/die Auftragsverantwortliche(n)<br />
im Ausland weitergeleitet.<br />
Diese(r) wählt wiederum bis zu<br />
fünf Kandidaten aus, die sich schließlich<br />
in einem eintägigen Assessment<br />
Center unter Beweis stellen. Der gesamte<br />
Prozess, von der initialen Bewerbung<br />
im September 2012 bis zum<br />
Auswahltag und der Zusage, erstreckte<br />
sich in meinem Fall über sieben<br />
Monate (auch hier variierte die Verfahrensdauer<br />
bei den verschiedenen<br />
Stellen).<br />
Diese lange Dauer ist einerseits mit<br />
den stetig wachsenden Bewerberzahlen<br />
zu erklären (insgesamt gab es<br />
rund 2500 Bewerber, allein auf meine<br />
Stelle bewarben sich fast 400 Kandidaten),<br />
andererseits auch mit der Größe<br />
der GIZ einerseits und der Koordination<br />
der Anwesenheit der Programmkoordinatoren<br />
aus dem<br />
<strong>Technische</strong> <strong>Universität</strong> <strong>Chemnitz</strong> SS 13
<strong>ES</strong>-<strong>Spiegel</strong> - Halbjährlicher Newsletter der <strong>Chemnitz</strong>er Europa-Studien<br />
Alumni<br />
30<br />
Ausland für die Auswahltage.<br />
Diese recht lange Vorlaufzeit sollte<br />
jedem Interessierten bewusst sein,<br />
und es macht Sinn, sich bereits frühzeitig<br />
zu bewerben (auch noch vor<br />
Abschluss des Master-Studiums).<br />
Die thematische Bandbreite der Stellen<br />
in diesem Jahr reicht (unter anderem)<br />
von Anpassung an den Klimawandel<br />
über Gender, hin zu<br />
Wirtschafts- und Beschäftigungsförderung<br />
über entwicklungsorientierte<br />
Not- und Strukturhilfe, bis hin zu Gesundheitssystementwicklung.<br />
Einsatzländer<br />
sind Mexiko, Paraguay,<br />
Namibia, Südafrika, Kirgistan, Sambia,<br />
Mosambik, Äthiopien, Ruanda,<br />
Uganda, Tunesien, Ägypten, Indonesien,<br />
Thailand, Laos und die Philippinen.<br />
Obwohl in der allgemeinen Ausschreibung<br />
lediglich ein Bachelorabschluss<br />
gefordert wird, sind im diesjährigen<br />
Jahrgang alle EZ-Trainees<br />
Masterabsolventen (auch bei den<br />
Praktikanten der GIZ steigt der Anteil<br />
der Absolventen in der letzten Zeit<br />
überproportional). Davon hat ein beachtlicher<br />
Teil den Master im Ausland<br />
gemacht. Während eine Handvoll<br />
von Trainees erst kürzlich – also<br />
kurz vor ihrer Ausreise ins Partnerland<br />
– ihre Masterarbeiten fertig gestellt<br />
haben, verfügen andere bereits<br />
über mehrjährige Berufserfahrung, in<br />
der Regel im EZ-Bereich im Ausland.<br />
Entsprechend liegt die Altersspanne<br />
unter uns jetzigen Trainees zwischen<br />
24 und 32.<br />
Attraktiv ist das Programm vor allem<br />
für viele, weil es die Möglichkeit bietet,<br />
verschiedene Institutionen kennenzulernen<br />
und gleichzeitig einen<br />
vertieften Einblick und Einstieg in ein<br />
konkretes Projekt im Ausland zu bekommen.<br />
Zudem ist die allgemeine<br />
Organisation und Förderung sowie<br />
insbesondere die Vernetzung der<br />
Trainees untereinander ein nicht zu<br />
unterschätzender Mehrwert des Programms.<br />
Je nach der Wahl der zweiten Station<br />
(in einer internationalen Organisation)<br />
und der persönlichen Präferenz, finden<br />
ehemalige EZ-Trainees entweder<br />
Einsatz bei der GIZ selbst oder in internationalen<br />
Organisationen (in den<br />
letzten Jahrgängen sind zum Beispiel<br />
einige zur UN oder Weltbank gekommen,<br />
andere haben eine Folgeanstellung<br />
bei der KfW erzielt). Aber auch<br />
ein Einsatz in Stiftungen oder Think<br />
Tanks und auch im BMZ ist denkbar<br />
(wobei die Zahl hier bislang relativ<br />
gering ist).<br />
Für die dritte Station im BMZ ist den<br />
Trainees in der Regel recht viel Freiheit<br />
eingeräumt, dahingehend, in welchem<br />
Referat sie ihren Einsatz absolvieren<br />
möchten. Je nach Präferenz<br />
und in Absprache mit dem verantwortlichen<br />
Paten (aus dem Fachbereich in<br />
der Zentrale) sowie dem Auftragsverantwortlichen<br />
im Ausland kann dies<br />
entweder das entsprechende Sektoroder<br />
Regionalreferat sein, aber auch<br />
ein völlig anderes, z.B. das EU-<br />
Referat, ist denkbar.<br />
Nachdem man sich also bei der ursprünglichen<br />
Bewerbung und im Einsatz<br />
im Projekt im Ausland in der Regel<br />
sehr stark auf die eigene fachliche<br />
Ausrichtung fokussiert, bieten einem<br />
die beiden anderen Stationen die<br />
Möglichkeit, den thematischfachlichen<br />
Horizont nochmals zu erweitern<br />
und durchaus „anzutesten“,<br />
welche Organisation und welcher Bereich<br />
für einen selbst hinsichtlich der<br />
beruflichen Zukunft denkbar sind.<br />
Obwohl meine Erfahrungen als Trainee<br />
noch recht jung sind und ich somit<br />
bei Weitem keine umfassende Beurteilung<br />
des Programms vornehmen<br />
kann, bin ich mit dem bisherigen Start<br />
<strong>Technische</strong> <strong>Universität</strong> <strong>Chemnitz</strong> SS 13
<strong>ES</strong>-<strong>Spiegel</strong> - Halbjährlicher Newsletter der <strong>Chemnitz</strong>er Europa-Studien<br />
Alumni<br />
31<br />
in meine Traineezeit sehr zufrieden,<br />
fühle mich gut betreut und schätze<br />
vor allem das Netzwerk und den Austausch<br />
mit den anderen Trainees.<br />
Dafür wird der obligatorische<br />
Trainee-Workshop im Winter nochmals<br />
beitragen, zu dem wir als ganze<br />
Gruppe wieder zusammen kommen,<br />
unsere zweite Station vorbereiten,<br />
Trainings erhalten und unsere ersten<br />
Eindrücke und Erfahrungen aus unseren<br />
unterschiedlichen Projekten und<br />
Einsatzländern mitbringen und teilen<br />
können.<br />
Traineeship beim Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft e.V.<br />
– Vorstandassistenz und Projektleitung Hochschultage<br />
Hannah Olbricht<br />
Hannah Olbricht<br />
hannah.olbricht<br />
@gmail.com<br />
Nachdem ich diesen Februar endlich<br />
meine Bachelorarbeit abgegeben und<br />
verteidigt hatte, wusste ich eigentlich<br />
nur drei Dinge: Ich will erst mal nicht<br />
mehr studieren, auf keinen Fall schon<br />
wieder in eine neue Stadt ziehen (ich<br />
war gerade erst „aus privaten Gründen“<br />
nach München gezogen) und<br />
finanziell unabhängig von meinen<br />
Eltern sein. Nun ist München sicher<br />
nicht die schlechteste Stadt, um einen<br />
Job zu finden – zumindest für<br />
Ingenieure, BWLer und Juristen. Ich<br />
war mir aber nicht so sicher, dass ich<br />
es als Europa-Studentin einfach haben<br />
würde, und war auf einen entspannten<br />
Sommer als Kellnerin eingestellt.<br />
Aber erstens kommt es anders und<br />
zweitens … Bereits meine erste Kurzbewerbung<br />
– ich hatte nur meinen<br />
Lebenslauf gemailt und gefragt, ob<br />
die Stelle noch zu besetzen sei –<br />
führte zu einer Einladung zu einem<br />
Vorstellungsgespräch. Bei der Ausschreibung<br />
handelte es sich um ein<br />
„Traineeship als Vorstandsassistenz/<br />
ProjektleiterIn Hochschultage“ beim<br />
Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft<br />
e.V. (FÖS).<br />
„Das Forum Ökologisch-Soziale<br />
Marktwirtschaft (FÖS) ist eine überparteiliche<br />
und unabhängige Interessenvertretung<br />
zur Förderung und<br />
Weiterentwicklung der deutschen<br />
Ökosteuer, des Subventionsabbaus<br />
und des Emissionsrechtehandels.<br />
Langfristiges Ziel ist eine Ökologisch-<br />
Soziale Marktwirtschaft, in der mit<br />
Ernst Ulrich von Weizsäcker gesprochen,<br />
„Preise nicht nur die ökonomische,<br />
sondern auch die ökologische<br />
Wahrheit sagen“. Der 1994 unter dem<br />
Namen „Förderverein Ökologische<br />
Steuerreform“ gegründete eingetragene<br />
Verein hat seinen Sitz in Berlin und<br />
145 Mitglieder.“<br />
Prinzipiell kann ich mich mit diesen<br />
Zielen identifizieren, wusste aber<br />
trotzdem noch nicht, was die<br />
„Hochschultage“ sind, warum ein Verein,<br />
der in Berlin sitzt, ein Traineeship<br />
in München ausschreibt und war mir<br />
ohnehin sicher, dass „die“ mich „eh<br />
nicht“ nehmen. Aber wie schon gesagt:<br />
erstens …<br />
Seit April bin ich nun also beim „FÖS“.<br />
Zu ca. 30% arbeite ich als Assistentin<br />
des Vorsitzenden und Gründers des<br />
FÖS, Dr. Anselm Görres. Er hat ein<br />
Personaldienstleistungs-Unternehmen<br />
in München, in dessen Räumlichkeiten<br />
sich auch mein Büro befindet, das<br />
ich mir mit drei sehr netten Kollegen<br />
teile.<br />
Als Assistentin bin ich zuständig für<br />
die Termin- und Reiseplanung, ich<br />
empfange und sortiere alle E-Mails<br />
meines Chefs und helfe bei der Vorbereitung<br />
seiner Vorträge. Außerdem<br />
bin ich zuständig für seine große Leidenschaft,<br />
nämlich die Erstellung und<br />
Pflege von Word-Vorlagen.<br />
Kommen wir zum interessanteren und<br />
größeren Teil meiner Arbeit: Das Projekt<br />
„Hochschultage Ökosoziale<br />
<strong>Technische</strong> <strong>Universität</strong> <strong>Chemnitz</strong> SS 13
<strong>ES</strong>-<strong>Spiegel</strong> - Halbjährlicher Newsletter der <strong>Chemnitz</strong>er Europa-Studien<br />
Alumni<br />
32<br />
Marktwirtschaft und Nachhaltigkeit“<br />
(www.hochschultage.org) ist der<br />
Grund, wieso ich mein Traineeship<br />
gerade bis vorausichtlich März 2014<br />
verlängert habe.<br />
Das Projekt wurde 2010 vom FÖS<br />
zusammen mit fünf anderen NGOs<br />
gegründet, darunter die Global<br />
Marshall Plan Foundation und der<br />
Club of Rome. Als Leiterin und einzige<br />
Mitarbeiterin des „Projektbüros<br />
München“ betreue ich Studenten, die<br />
an ihrer <strong>Universität</strong> Hochschultage<br />
zum Thema „Ökosoziale Marktwirtschaft<br />
und Nachhaltigkeit“ durchführen<br />
möchten. Meine Aufgabe reicht<br />
vom Motivieren über das Anfragen<br />
und Empfehlen von Referenten bis<br />
hin zur Unterstützung bei der<br />
Sponsorensuche und Fundraising.<br />
Außerdem pflege ich die Homepage<br />
und unsere Datenbank. Hinzu kommt<br />
natürlich die Begleitung der Hochschultage<br />
vor Ort. Der Kontakt zu engagierten<br />
Leuten und interessanten<br />
Referenten ist sehr motivierend, und<br />
es macht unglaublich Spaß zu sehen,<br />
was für unterschiedliche Veranstaltungen<br />
unter ein und demselben Titel<br />
entstehen können. Bisheriger Höhepunkt<br />
meiner Arbeit hier war sicherlich<br />
die Organisation des diesjährigen<br />
„Jahres- und Vernetzungstreffens“ in<br />
Augsburg, wo alle Organisatoren von<br />
Hochschultagen zusammenkamen,<br />
um sich inhaltlich und praktisch auszutauschen<br />
und weiterzubilden.<br />
Ein weiterer Vorteil meines Traineeships<br />
ist das weitgehend selbstständige<br />
Arbeiten. Ich kann mir nicht nur<br />
meine Arbeitszeit sehr frei einteilen,<br />
sondern auch selbst Prioritäten setzen.<br />
Natürlich ist es auch manchmal<br />
schwer, ganz auf sich allein gestellt<br />
zu sein, aber mein Chef sowie die<br />
Kollegen aus den anderen Projektbüros<br />
sind stets offen für Fragen. Auch<br />
die Kollegen aus dem Berliner FÖS-<br />
Büro, die ich bei einem einwöchigen<br />
Besuch dort persönlich kennenlernen<br />
durfte, sind sehr nett und hilfsbereit.<br />
Während dieser Woche konnte ich<br />
auch am Energiegipfel der Klimaallianz<br />
teilnehmen. Überhaupt bietet das<br />
Traineeship viele Möglichkeiten, an<br />
spannenden Konferenzen und Vorträgen<br />
teilzunehmen.<br />
Zum Schluss möchte ich betonen,<br />
dass meine anfangs erwähnten<br />
Grundbedingungen sich keinesfalls<br />
negativ auf meine Jobsuche ausgewirkt<br />
haben. Wäre ich nicht auf München<br />
beschränkt gewesen, hätte ich<br />
mich sicher nicht auf eine Stelle beworben,<br />
die inhaltlich so wenig mit<br />
meinem Studium (dafür umso mehr<br />
mit meinen persönlichen Überzeugungen)<br />
zu tun hat. Und dass ich mir<br />
mein Leben in einer teuren Stadt wie<br />
München komplett selber finanziere,<br />
habe ich drei durchaus qualifizierten<br />
Bewerbern zu verdanken, die das<br />
Traineeship wegen zu geringer Bezahlung<br />
abgelehnt hatten, woraufhin<br />
das Gehalt erhöht wurde. Mein Tipp<br />
ist: Mutig bleiben und nicht zu viele<br />
Kompromisse machen, damit hilft<br />
man nicht nur sich selbst, sondern<br />
auch allen anderen Absolventen.<br />
Übrigens: mein/e Nachfolger/in zum<br />
15. Februar wird momentan noch gesucht.<br />
Mehr Infos unter: www.foes.de/<br />
ueber-uns/geschaeftsstelle/jobs/, über<br />
Fragen freue ich mich jederzeit unter:<br />
muc@foes.de.<br />
Und nicht zuletzt: Die 1. <strong>Chemnitz</strong>er<br />
Hochschultage Ökosoziale Marktwirtschaft<br />
& Nachhaltigkeit finden am<br />
10./11.12.13 statt.<br />
<strong>Technische</strong> <strong>Universität</strong> <strong>Chemnitz</strong> SS 13
<strong>ES</strong>-<strong>Spiegel</strong> - Halbjährlicher Newsletter der <strong>Chemnitz</strong>er Europa-Studien<br />
Alumni<br />
33<br />
Studieren an der Andrássy <strong>Universität</strong> Budapest<br />
Paula Beger und Claudia Schneider<br />
Paula Beger<br />
paula.beger<br />
@gmail.com<br />
Die Andrassy <strong>Universität</strong> in Budapest<br />
(AUB) ist eine deutschsprachige Privatuniversität<br />
für Postgraduierte, die<br />
2002 gegründet wurde. Sie ist ein<br />
Gemeinschaftsprojekt von Ungarn<br />
und Deutschland, aber auch des Freistaats<br />
Bayern, der Schweiz und der<br />
Baden-Württemberg-Stiftung. Das<br />
Gebäude der <strong>Universität</strong> beeindruckt,<br />
besonders die Säle des unter Denkmalschutz<br />
stehenden Stadtpalais<br />
Festetics. Die <strong>Universität</strong> besteht derzeit<br />
aus drei Fakultäten: Vergleichende<br />
Staats- und Rechtswissenschaften,<br />
Internationale Beziehungen und<br />
Mitteleuropäische Studien. Für Europa-StudentInnen<br />
sind die beiden<br />
Masterstudiengänge Internationale<br />
Beziehungen und International Economy<br />
and Business interessant, die<br />
wir, Claudia Schneider und Paula Beger,<br />
anhand eigener Erfahrung hier<br />
vorstellen möchten.<br />
Nachdem der Bewerbungsprozess,<br />
bestehend aus schriftlicher Bewerbung,<br />
schriftlichem Aufnahmetest sowie<br />
mündlichem Aufnahmegespräch,<br />
erfolgreich bestanden wurde, ist zu<br />
Beginn des Studiums zunächst ein<br />
Antrag auf Anerkennung des Bachelorstudiums<br />
zu stellen. Wird das<br />
erste Studium nicht in vollem Umfang<br />
angerechnet, müssen neben den regulären<br />
Veranstaltungen Nullsemesterkurse<br />
(im Umfang von 30 bzw. 60<br />
Credits) belegt werden, die über die<br />
ersten zwei bis drei Semester angeboten<br />
werden.<br />
Bei der Andrássy <strong>Universität</strong> handelt<br />
es sich mit weniger als 200 Studierenden<br />
um eine sehr kleine <strong>Universität</strong>.<br />
Die daraus resultierenden kleinen<br />
Gruppen in den Lehrveranstaltungen<br />
sind der größte Vorteil der AUB gegenüber<br />
großen <strong>Universität</strong>en. Selbst<br />
Vorlesungen tragen einen Seminarcharakter,<br />
da die meist aus Deutschland<br />
stammenden DozentInnen stark<br />
mit den Hörenden interagieren. Das<br />
Betreuungsverhältnis an der AUB<br />
kann als sehr gut bezeichnet werden,<br />
sodass die Lehrenden die Studierenden<br />
meist mit ihrem Namen ansprechen.<br />
Durch die geringe Größe der<br />
Hochschule sind sowohl Lehr- als<br />
auch Verwaltungspersonal gut und<br />
auf kurzem Wege zu erreichen. Vieles<br />
lässt sich so mit wenig bürokratischem<br />
Aufwand lösen. Die Studierenden<br />
der Andrássy <strong>Universität</strong> kommen<br />
aus 25 verschiedenen Ländern, und<br />
so lernt man, obwohl die Veranstaltungen<br />
auf Deutsch sind, in einer multikulturellen<br />
Atmosphäre.<br />
Im Vergleich zu unserem Bachelor-<br />
Studium an der <strong>Technische</strong>n <strong>Universität</strong><br />
<strong>Chemnitz</strong> stellt sich ein Semester<br />
an der Andrássy <strong>Universität</strong> Budapest<br />
(AUB) deutlich arbeitsintensiver dar.<br />
Ursache dessen ist einerseits die bestehende<br />
Anwesenheitspflicht, andererseits<br />
die durch das ungarische<br />
Hochschulrecht beeinflusste Struktur,<br />
durch die für einen Großteil der Kurse<br />
lediglich 3 Credits angerechnet werden,<br />
obwohl je Veranstaltung häufig<br />
zwei Prüfungsleistungen verlangt werden.<br />
Qualitativ unterscheiden sich die<br />
einzelnen Kurse recht stark, insbesondere<br />
die Herder-Professuren<br />
(DAAD Programm, durch das emeritierte<br />
deutsche HochschullehrerInnen<br />
an <strong>Universität</strong>en im Ausland vermittelt<br />
<strong>Technische</strong> <strong>Universität</strong> <strong>Chemnitz</strong> SS 13
<strong>ES</strong>-<strong>Spiegel</strong> - Halbjährlicher Newsletter der <strong>Chemnitz</strong>er Europa-Studien<br />
Alumni<br />
34<br />
Claudia Schneider<br />
claudia.schneider<br />
@s2008.tu-chemnitz.de<br />
werden) lassen an Niveau in einigen<br />
Fällen zu wünschen übrig. Jedoch<br />
werden auch eine Reihe von Veranstaltungen<br />
durch externe DozentInnen<br />
angeboten, die über hohe Expertise<br />
in ihrem Fachgebiet verfügen.<br />
Besonders in den Internationalen Beziehungen<br />
sind die Dozenten des<br />
Auswärtigen Amtes ein kleines Highlight.<br />
Für jeweils zwei Jahre lehrt ein<br />
Diplomat an der <strong>Universität</strong> und vermittelt<br />
diplomatisches Wissen aus<br />
eigener Erfahrung. Andere Botschafter<br />
veranstalten ebenso Blockseminare.<br />
In Anbetracht der geringen Größe der<br />
<strong>Universität</strong> ist das breite Angebot von<br />
Abendveranstaltungen, etwa in Form<br />
von Gastvorträgen hochrangiger<br />
Redner, besonders bemerkenswert.<br />
So konnten im Laufe der vergangenen<br />
zwei Semester u.a. Außenminister<br />
Guido Westerwelle mit seinem<br />
ungarischen Amtskollegen Prof. Dr.<br />
János Martonyi, Kanzleramtschef<br />
Ronald Pofalla sowie der Minister für<br />
Europaangelegenheiten der Republik<br />
Türkei Egemen Bağış an der AUB<br />
empfangen werden. Darüber hinaus<br />
finden über das ganze Semester hinweg<br />
zahlreiche (internationale) Konferenzen,<br />
Doktorandenworkshops<br />
und Tagungen statt, an denen auch<br />
die Studierenden der AUB teilnehmen.<br />
Eine maßgebliche Rolle spielt<br />
dabei das Donau-Institut, das als interdisziplinäres<br />
Forschungsinstitut an<br />
die AUB angegliedert ist.<br />
Die geringe Größe der AUB bringt<br />
jedoch vereinzelt auch Nachteile. So<br />
ist insbesondere die Bibliotheksausstattung<br />
relativ dürftig. Die Öffnungszeiten<br />
konnten im letzten Semester<br />
auf Initiative der Studierenden mit der<br />
Schaffung von studentischen Bibliothekshilfskräften<br />
zwar verlängert werden,<br />
am Wochenende ist die Bibliothek<br />
im Gegensatz zu den anderen<br />
Räumlichkeiten der <strong>Universität</strong> leider<br />
nicht zugänglich. Positiv zu bemerken<br />
ist jedoch, dass Studierende der AUB<br />
auch Zugang zu der Bibliothek der<br />
Central European University haben,<br />
die über ein breites Angebot wissenschaftlicher<br />
Journals verfügt.<br />
Der Studiengang International Economy<br />
and Business (IEB) ist mit etwa 20<br />
Studierenden im Jahrgang 2012/13<br />
deutlich kleiner als der Studiengang<br />
Internationale Beziehungen. Inhaltlich<br />
überwiegt der volkswirtschaftliche Anteil<br />
stark, wobei dieser weniger mathematisch<br />
betrachtet wird. Wer sein<br />
Europastudium als Wiwi absolviert<br />
hat, ist für den IEB-Master gut vorbereitet.<br />
Aufgrund der Aufbaukurse ist er<br />
jedoch auch für Studierende der anderen<br />
Ausrichtungen zu bewältigen.<br />
Da aufgrund des AUB-Mottos „Fit für<br />
Europa“ europäische Themen im Fokus<br />
stehen, ist es an der AUB möglich,<br />
sich auf Wirtschaftswissenschaften<br />
zu spezialisieren, ohne sein im<br />
Bachelorstudium erworbenes Wissen<br />
gänzlich zu verlieren. Auch wenn dem<br />
„3-Credit-Problem“ aufgrund hochschulrechtlicher<br />
Schranken nur bedingt<br />
entgegengewirkt werden konnte,<br />
wurde der Studiengang dank einer<br />
klareren Struktur und einigen Änderungen<br />
im Lehrplan deutlich verbessert.<br />
Die Internationalen Beziehungen (IB)<br />
an der Andrássy <strong>Universität</strong> sind eine<br />
gute Fortsetzung der Europa-Studien<br />
mit sozialwissenschaftlicher Ausrichtung,<br />
obwohl sich vor allem im ersten<br />
Semester Einführungsveranstaltungen<br />
zur EU häufen. Die meisten Vorlesungen<br />
haben einen relativ allgemeinen<br />
Charakter und richten die Betrachtung<br />
häufig auf die Region Ostbzw.<br />
Mitteleuropa. Besonders gut<br />
werden zu Beginn die Grundlagen in<br />
politischer Theorie und Philosophie<br />
vermittelt, wobei theoretischer und<br />
praktischer Bezug in einem ausgewogenen<br />
Verhältnis zueinander stehen.<br />
Qualitativ hochwertig sind besonders<br />
auch die Veranstaltungen, die von<br />
Gastprofessoren aus Deutschland<br />
oder der Schweiz gehalten werden.<br />
Diese finden größtenteils in Form von<br />
Blockseminaren statt und gestalten<br />
sich dementsprechend intensiv. Im<br />
Sommersemester 2013 wurde gemeinsam<br />
mit der <strong>Universität</strong> Leipzig<br />
eine Initiative gestartet, zusammen<br />
<strong>Technische</strong> <strong>Universität</strong> <strong>Chemnitz</strong> SS 13
<strong>ES</strong>-<strong>Spiegel</strong> - Halbjährlicher Newsletter der <strong>Chemnitz</strong>er Europa-Studien<br />
Alumni<br />
35<br />
ein Seminar zu gestalten. Studierende<br />
beider <strong>Universität</strong>en bereiteten<br />
sich ein Semester lang zu den Themenschwerpunkten<br />
in Ost- und Westeuropa<br />
vor und stellten während des<br />
abschließenden gemeinsamen<br />
Blockseminares in Budapest ihre Ergebnisse<br />
und Schlussfolgerungen<br />
vor.<br />
Ob die Andrássy <strong>Universität</strong> Budapest<br />
euch zusagt, könnt ihr auch auf einem<br />
Tag der Offenen Tür, der zwei Mal im<br />
Jahr stattfindet, entscheiden. Eine<br />
Reise nach Budapest ist definitiv nie<br />
umsonst!<br />
<strong>Technische</strong> <strong>Universität</strong> <strong>Chemnitz</strong> SS 13
<strong>ES</strong>-<strong>Spiegel</strong> - Halbjährlicher Newsletter der <strong>Chemnitz</strong>er Europa-Studien<br />
I`<strong>ES</strong><br />
I`<strong>ES</strong>-Sommersemester 2013<br />
I`<strong>ES</strong><br />
36<br />
Initiative Europastudien e.V.<br />
Thüringer Weg 9, Zimmer 311<br />
ies-vorstand@tu-chemnitz.de<br />
Studienkommission:<br />
studkomm-beust@tu-chemnitz.de<br />
Prüfungsauschuss<br />
insa.schwob@s2010.tu-chemnitz.de<br />
Institutsvertreter<br />
david.tschorr@s2011.tu-chemnitz.de<br />
Wieder einmal wurde die Fackel weitergereicht<br />
und wir, der neugewählte<br />
Vorstand der Initiative Europastudien,<br />
freuen uns, unsere Arbeit hier kurz<br />
vorstellen zu dürfen.<br />
Wir sind ein sechsköpfiges Gremium,<br />
bestehend aus Hanna Marx, Robert<br />
Triebel, Tobias Vollmer, Neslihan Altun,<br />
David Hoffmann und Lisa Zimmermann,<br />
welches dafür zuständig<br />
ist, die Arbeit der i‘es zu verwalten,<br />
zu koordinieren und zu leiten.<br />
Die i‘es und wir als Vorstand fördern<br />
Bachelor-Projekte und bieten vielseitige<br />
Angebote.<br />
Unsere Vorstandsperiode stellen wir<br />
unter das Motto „i’es integrativ“, da<br />
wir zusätzlich zu den schon laufenden<br />
Projekten und Veranstaltungen<br />
neue Themen einbauen und schon<br />
vergessene Ideen beleben möchten.<br />
Beispielsweise wird das Projekt „Aus<br />
<strong>Chemnitz</strong> in die Welt“ wieder aufgegriffen<br />
und neu gestaltet, um<br />
Perspektiven für jüngere Semester<br />
bezüglich Auslandspraktika und<br />
-semester zu eröffnen.<br />
Die Arbeit der i‘es wird weiterhin organisiert<br />
durch die Arbeitskreise, für<br />
die immer aktive Helfer gesucht werden.<br />
Egal, ob ihr die legendären <strong>ES</strong>-<br />
Partys mitorganisieren, lieber im Debattierclub<br />
mitwirken wollt oder ihr<br />
vielleicht eine ganz neue Idee habt,<br />
– dann sind wir eure Ansprechpartner.<br />
Neben der Vielseitigkeit unserer Projekte<br />
soll auch wieder die Vernetzung<br />
innerhalb und außerhalb des Studiengangs<br />
ein wichtiger Punkt sein.<br />
Die i‘es bietet viele Möglichkeiten zum<br />
Austausch. Dabei ist die i‘es traditionell<br />
der Verbindungspunkt zwischen<br />
Studenten und Dozenten, weshalb es<br />
auch weitere Projekte wie die Europawoche<br />
im Mai, das EU-BBQ oder den<br />
monatlich stattfindenden Stammtisch<br />
geben wird.<br />
In diesem Jahr werden wir eine noch<br />
stärkere Zusammenarbeit mit der Initiative<br />
Mittel- und Osteuropa und anderen<br />
Institutionen forcieren.<br />
Mit viel Engagement und reichlich Motivation<br />
möchten wir gemeinsam mit<br />
euch das Studentenleben hier in<br />
<strong>Chemnitz</strong> gestalten, dabei stets ein<br />
offenes Ohr haben und euch mit Rat<br />
und Tat zur Seite stehen.<br />
Unser Ziel ist es, dass das vor uns<br />
liegende Jahr wieder voll von interessanten<br />
Projekten und Events sein<br />
wird, um eine hohe Qualität rund um<br />
den Studiengang zu garantieren.<br />
In diesem Sinne hoffen wir auf eure<br />
Unterstützung mit Ideen und Projekten<br />
und freuen uns auf die künftige Zusammenarbeit<br />
und auf ein tolles Jahr<br />
mit euch allen und für euch alle.<br />
Euer Vorstand<br />
<strong>Technische</strong> <strong>Universität</strong> <strong>Chemnitz</strong> SS 13
<strong>ES</strong>-<strong>Spiegel</strong> - Halbjährlicher Newsletter der <strong>Chemnitz</strong>er Europa-Studien<br />
Impressum<br />
Impressum<br />
37<br />
Alumni Projektleiter / Allgemeine Verantwortung<br />
Prof. Dr. Matthias Niedobitek<br />
Jean-Monnet-Professur Europäische Integration<br />
Sitz: Thüringer Weg 9, Raum 321<br />
09126 <strong>Chemnitz</strong><br />
Tel.: 0371/531-34912<br />
Fax: 0371/531-800169<br />
E-Mail: matthias.niedobitek@phil.tu-chemnitz.de<br />
Umsetzung / Verantwortung für den Inhalt<br />
Eilyne Pasche: eilyne.pasche@s2011.tu-chemnitz.de<br />
Die studentische Hilfskraft der Professur für Europäische Integration<br />
dankt allen Autorinnen und Autoren, Ilona Scherm sowie Marcus Hornung<br />
für die gute Zusammenarbeit.<br />
Anregungen, Wünsche und Kritik werden dankbar angenommen.<br />
Dieser Newsletter ist im PDF-Format erhältlich.<br />
Sofern nicht anders angegeben sind alle Fotos privat.<br />
Fotos Titelseite:<br />
Oben links: Theresa Kiunke<br />
Unten links: Tobias Fißmer<br />
Rechts: Simone Babutzka<br />
Alle Rechte vorbehalten!<br />
<strong>Technische</strong> <strong>Universität</strong> <strong>Chemnitz</strong> SS 13