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ES-Spiegel Nr.16.pdf - Technische Universität Chemnitz

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# 16<br />

SS 13<br />

Newsletter<br />

der<br />

<strong>Chemnitz</strong>er Europa-Studien<br />

Sommerausgabe<br />

In dieser Ausgabe unter anderem:<br />

Im Fokus: Jun.-Prof. Dr. Birgit Glorius<br />

Praktikum: Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit<br />

Ausland: Studieren im Land der aufgehenden Sonne<br />

Projekt: Grenzen übertanzen<br />

Master: Andrássy <strong>Universität</strong> Budapest<br />

Alumni: Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft e.V.


<strong>ES</strong>-<strong>Spiegel</strong> - Halbjährlicher Newsletter der <strong>Chemnitz</strong>er Europa-Studien<br />

Editorial<br />

Editorial<br />

Liebe Studentinnen und Studenten,<br />

liebe Alumnae und Alumni,<br />

liebe Dozentinnen und Dozenten,<br />

so langsam wird es kühler draußen, die Blätter färben<br />

sich bunt und tanzen im Wind durch die ins spätsommerliche<br />

Licht getauchten Straßen.<br />

Ja, der Sommer ist vorbei, der Winter naht. Wir können<br />

zurückdenken an einen Sommer, der seinem Namen<br />

alle Ehre machte und sich doch lange Zeit nicht blicken<br />

lassen wollte. Wir können zurückdenken an ein Sommersemester<br />

voll toller Veranstaltungen, in dem jeder<br />

für sich und auch in der Gruppe sein Glück suchte… sei<br />

es nun in einem aufregendem Auslandssemester fern<br />

der Heimat, in einem interessanten Praktikum, in dem<br />

man erkennt, was man wirklich will oder bei der Umsetzung<br />

des eigenen Bachelorprojektes, für das man trotz<br />

kleiner Rückschläge wirklich alles geben würde.<br />

Über all diese Erfahrungen und Gefühle wird auch dieses<br />

Mal wieder im Europa-Studien-<strong>Spiegel</strong> berichtet.<br />

Freut euch auf Berichte über ein Auslandssemester in<br />

St. Petersburg und über ein ganzes Auslandsjahr im<br />

Land der aufgehenden Sonne, in dem ihr auch Spannendes<br />

über die Ess- und Trinkgewohnheiten der Japaner<br />

erfahren könnt.<br />

Ein Bericht über Sarajevo lädt euch ein, diese wunderbare<br />

Stadt ein bisschen kennen zu lernen und etwas<br />

von dem Gefühl zu erleben, welches sie einem vermittelt.<br />

Ebenso gefühlvoll wird über das leidenschaftlich durchgeführte<br />

Bachelorprojekt einer jungen Europa-Studentin<br />

berichtet, die es geschafft hat, Grenzen zu übertanzen<br />

und damit Barrieren in den Köpfen zu überwinden.<br />

In der Sparte „Alumni“ geht es vom bayerischen München<br />

über das wunderschöne, idyllisch an der Donau<br />

gelegene Budapest hin zum exotischen Butuan City auf<br />

den Philippinen.<br />

Im Fokus dieser Ausgabe steht ein Interview mit der Anfang<br />

2013 neu ans Institut gekommenen Dr. Birgit Glorius,<br />

die die Juniorprofessur Humangeographie Ostmitteleuropas<br />

übernommen hat und unter anderem darüber<br />

berichtet, wie <strong>Chemnitz</strong> aus Sicht einer Geographin<br />

wahrgenommen wird.<br />

Ich wünsche Euch viel Spaß beim Lesen und einen angenehmen<br />

Start ins neue Semester!<br />

Eilyne<br />

<strong>Technische</strong> <strong>Universität</strong> <strong>Chemnitz</strong> SS 13


<strong>ES</strong>-<strong>Spiegel</strong> - Halbjährlicher Newsletter der <strong>Chemnitz</strong>er Europa-Studien<br />

l<br />

Inhalt<br />

Kurz notiert. 1<br />

Termine. 2<br />

Fokus.<br />

Jun.-Prof. Dr. Birgit Glorius 3<br />

Studium.<br />

Sebastian Heinzig 5<br />

AUSLANDSSEM<strong>ES</strong>TER Japan<br />

Miriam Meir 7<br />

ERASMUS Toruń<br />

Insa Schwob 10<br />

ERASMUS Brno<br />

Anika Simm 12<br />

ERASMUS Tampere<br />

Tobias Fißmer 14<br />

AUSLANDSSEM<strong>ES</strong>TER St. Petersburg<br />

Thema.<br />

Annemarie Walter 16<br />

PROJEKT Grenzen übertanzen<br />

Eilyne Pasche 21<br />

PRAKTIKUM Tomsk<br />

Theresa Kiunke 22<br />

PRAKTIKUM Sarajevo<br />

Kristin Sandfort 24<br />

PRAKTIKUM GIZ<br />

Christin Schob 25<br />

PRAKTIKUM Deutsch-Russisches Kulturinstitut<br />

Eilyne Pasche 26<br />

SOMMERF<strong>ES</strong>T der Europa-Studien<br />

Alumni.<br />

Birthe Meyer 28<br />

TRAINE<strong>ES</strong>HIP GIZ<br />

Hannah Olbricht 31<br />

TRAINE<strong>ES</strong>HIP Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft e.V.<br />

Paula Beger & Claudia Schneider 33<br />

MASTER Andrássy <strong>Universität</strong> Budapest<br />

I‘<strong>ES</strong>. 36<br />

Impressum. 37<br />

<strong>Technische</strong> <strong>Universität</strong> <strong>Chemnitz</strong> SS 13


<strong>ES</strong>-<strong>Spiegel</strong> - Halbjährlicher Newsletter der <strong>Chemnitz</strong>er Europa-Studien<br />

Kurz notiert<br />

Kurz notiert<br />

1<br />

Am 2. und 3. Mai fanden die von der Professur Kultureller und Sozialer<br />

Wandel organisierten Südosteuropa-Tage der TU <strong>Chemnitz</strong> statt,<br />

die im Zuge der Aufnahme Kroatiens in die Europäische Union die<br />

Aufmerksamkeit auf die Region lenken und dem Umstand Rechnung<br />

tragen sollten, dass immer mehr Studierende des Instituts Interesse<br />

in Form von Auslandsaufenthalten und Projekten an dieser Region<br />

zeigen.<br />

Die Ausstellung „Sie bewiesen Zivilcourage. Bürger aus Görlitz und<br />

Zgorzelec 1945-1989“ konnte durch den Einsatz der Professur für<br />

Kultur- und Länderstudien vom 28. Mai bis zum 5. Juli in der Landesdirektion<br />

<strong>Chemnitz</strong> besichtigt werden.<br />

Am 12. Juni konnte bei der Präsentation des Projektes<br />

„SonnenbergERleben“ der interaktive Stadtteilführer, der in Form eines<br />

Tablet-PCs im Stadtteilzentrum des Sonnenbergs für Erkundungen<br />

ausgeliehen werden kann, bestaunt werden. Mit Hilfe des Stadtteilführers<br />

lässt sich der Sonnenberg durch die Augen der Bewohner<br />

entdecken und hält mit Sicherheit so einige Überraschungen bereit.<br />

Ein weiteres Mal rückte der Stadtteil Sonnenberg am 16. sowie 17.<br />

August in den Fokus der Aufmerksamkeit, als unter dem Titel „Aus<br />

Leer(stand) macht Mehr(Stadt)! Eine experimentelle SonnenbergBegehung“<br />

ein Workshop stattfand, der zum Überdenken des negativen<br />

Bildes des Leerstands einlud.<br />

Die internationale Konferenz über polnische Migration nach Deutschland,<br />

auf der die ersten Ergebnisse der Untersuchung „Polonia restituta?<br />

Aktuelle polnische Migration in Norddeutschland: soziale Netzwerke,<br />

Gruppenidentität und Traditionsbildung" der Professur für Kultur-<br />

und Länderstudien vorgestellt wurden, fand vom 21. bis zum 23.<br />

Juni statt.<br />

Die Ausstellung „Freiheit und Zensur – Filmschaffen in der DDR zwischen<br />

Anpassung und Opposition“ wurde von Studierenden nach<br />

<strong>Chemnitz</strong> geholt und war vom 2. bis 11. Juli im Hörsaalgebäude der<br />

Uni zu betrachten. Bei der Finissage, auf der der Film „Berlin Ecke<br />

Schönhauser“ gezeigt wurde, fand eine Podiumsdiskussion mit Jan<br />

Kummer von der „AG Geige“ sowie Andreas Bochmann vom Kulturkaufhaus<br />

DAStietz statt.<br />

Im Rahmen des Forums für Europäische Studien (F<strong>ES</strong>t) fanden<br />

auch im vergangenen Semester wieder diverse Gastvorträge statt:<br />

Am 1. Juli referierte Prof. Dr. Matthias Theodor Vogt (Hochschule<br />

Zittau-Görlitz) zum Thema „Sachsens sorbische Minderheit. Wie entwickelt<br />

man ein Gesamtkonzept für Kultur- und Sprachentwicklung?“.<br />

Prof. Dr. hab. Władysław Czapliński von der <strong>Universität</strong> Warschau<br />

hielt gleich zwei Vorträge. Am 2. Juli sprach er zum Thema „Polen<br />

und die Währungsunion“ und am 3. Juli über „Das Polnische Verfassungsgericht<br />

und die EU“.<br />

<strong>Technische</strong> <strong>Universität</strong> <strong>Chemnitz</strong> SS 13


<strong>ES</strong>-<strong>Spiegel</strong> - Halbjährlicher Newsletter der <strong>Chemnitz</strong>er Europa-Studien<br />

Termine<br />

Termine<br />

Oktober<br />

Veranstaltungsübersicht<br />

2<br />

• 24. bis 26. Oktober 2013<br />

„Zwei Staaten – eine Krone. Die sächsisch-polnische Union 1697– 1763“<br />

Internationale wissenschaftliche Konferenz der Professur für Europäische<br />

Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts.<br />

November<br />

• 7. November 2013<br />

Auftaktparty der Europa-Studien im Weltecho<br />

• 8. November 2013<br />

17. Politik- und Regionalwissenschaftliches Symposium:<br />

„Kroatien in der EU – neue Perspektiven auf das europäische Projekt“<br />

(Veranstalter: Initiative Europastudien, Professuren Kultur– und Länderstudien<br />

OME, Internationale Politik), 9-17 Uhr, „Altes Heizhaus“ Straße<br />

der Nationen.<br />

Januar<br />

• Festwoche 20 Jahre Philosophische Fakultät<br />

<strong>Technische</strong> <strong>Universität</strong> <strong>Chemnitz</strong> SS 13


<strong>ES</strong>-<strong>Spiegel</strong> - Halbjährlicher Newsletter der <strong>Chemnitz</strong>er Europa-Studien<br />

Fokus<br />

Fokus<br />

3<br />

Birgit Glorius<br />

birgit.glorius<br />

@phil.tu-chemnitz.de<br />

Frau Jun.-Prof. Dr. Birgit Glorius stellt sich vor<br />

Frau Dr. Glorius, Sie sind noch nicht<br />

lange am Institut für Europäische<br />

Studien und so ist es möglich, dass<br />

noch nicht alle Studierenden Sie kennengelernt<br />

haben. Könnten Sie sich<br />

und Ihren beruflichen Werdegang<br />

bitte kurz vorstellen?<br />

In aller Kürze: Geographiestudium in<br />

Erlangen-Nürnberg und Würzburg,<br />

mit einem Auslandsjahr als Stipendiatin<br />

an der University of Texas at<br />

Austin. Tätigkeit in der Markt- und<br />

Mobilitätsforschung, danach wiss.<br />

Mitarbeiterin an der Uni Halle am<br />

Lehrstuhl für Sozialgeographie. Promotion<br />

zu einem Thema aus der Migrationsforschung,<br />

gefolgt von vergleichender<br />

Forschung zur Migration<br />

zwischen Ostmitteleuropa und Westeuropa<br />

in der Post-Doc-Phase. Intermezzo<br />

bei der Stadt Leipzig im Rahmen<br />

des Bundesprogramms „Lernen<br />

vor Ort“ (Aufbau einer indikatorengestützten<br />

Bildungsberichterstattung).<br />

Seit 01.01.2013 am Institut für Europäische<br />

Studien.<br />

Wie gefällt es Ihnen am Institut?<br />

Sehr gut. Nette Kollegen, optimale<br />

Rahmenbedingungen, interessante<br />

Kooperationsmöglichkeiten.<br />

Abseits vom Beruflichen: Was machen<br />

Sie in Ihrer Freizeit, wie verbringen<br />

Sie Ihre freien Tage?<br />

Mit meiner Familie, gerne draußen<br />

und aktiv. Daneben mache ich noch<br />

ein bisschen Musik, auch wenn dafür<br />

immer zu wenig Zeit bleibt.<br />

Was hat Sie nach ausgerechnet nach<br />

<strong>Chemnitz</strong> verschlagen?<br />

Das interessante Stellenangebot.<br />

Ich muss mich als Pendlerin outen, da<br />

ich in Leipzig einigermaßen fest verankert<br />

bin und ein Umzug nicht sinnvoll<br />

schien. Dennoch habe ich die<br />

„Stadt der Moderne“ schon von einigen<br />

sehr interessanten Seiten kennengelernt.<br />

Vor allem die Kunstsammlungen<br />

haben es mir angetan.<br />

Wie haben Sie <strong>Chemnitz</strong> aus Sicht<br />

der Geographin das erste Mal wahrgenommen?<br />

Ich war das erste Mal Ende der<br />

1990er Jahre in <strong>Chemnitz</strong>, da gab es<br />

in der Innenstadt noch ein riesiges<br />

Loch. Als ich jetzt wieder kam, habe<br />

ich die Stadt kaum wiedererkannt. Die<br />

neugestalteten Teile der Innenstadt<br />

finde ich teils stimmig, teils merkwürdig<br />

(v.a. der „Glasdolch“ über dem<br />

„Kaufhof“). <strong>Chemnitz</strong> hat sicherlich<br />

viele Potenziale und viele Ecken warten<br />

darauf, aus dem Dornröschenschlaf<br />

erweckt zu werden.<br />

Was denken Sie heute, nach einer<br />

gewissen Zeit, über diese als „älteste<br />

Großstadt“ Deutschlands verschrieene<br />

Stadt?<br />

In der Außenwahrnehmung hat<br />

<strong>Chemnitz</strong> viele Ähnlichkeiten mit Halle,<br />

der „grauen Diva“. Letztere ist aber<br />

längst bunt geworden, nicht zuletzt<br />

durch die <strong>Universität</strong>, Institutionen wie<br />

die Leopoldina und die Bundeskulturstiftung<br />

und nicht zuletzt die vielen<br />

Kunsthochschulabsolventen, die die<br />

Stadt mit kleinen Galerien überziehen.<br />

So etwas würde ich mir für <strong>Chemnitz</strong><br />

auch wünschen. Mich wundert es ein<br />

wenig, dass die vielen Studierenden<br />

im Stadtbild so wenig Präsenz entwickeln.<br />

Über die „Stadt der Moderne“ gibt es<br />

die verschiedensten Meinungen. Sind<br />

Sie hier schon ein Stück weit heimisch<br />

geworden?<br />

Welchen Eindruck haben Sie von den<br />

Europa-Studien?<br />

Die Europa-Studien sind sicher eine<br />

sehr spezielle Fachrichtung, die vor<br />

allem für weltoffene und engagierte<br />

<strong>Technische</strong> <strong>Universität</strong> <strong>Chemnitz</strong> SS 13


<strong>ES</strong>-<strong>Spiegel</strong> - Halbjährlicher Newsletter der <strong>Chemnitz</strong>er Europa-Studien<br />

Fokus<br />

4<br />

Menschen jenseits der ausgetretenen<br />

Pfade geeignet ist. Für diejenigen,<br />

die sich auf das Fach voll und<br />

ganz einlassen, sehe ich sehr gute<br />

Zukunftsperspektiven, denn die<br />

Nachfrage nach Europaspezialisten<br />

mit interkultureller Erfahrung wird in<br />

den nächsten Jahren eher zunehmen.<br />

Was wünschen Sie sich (mehr) von<br />

Ihren Studierenden?<br />

Ich möchte den Studierenden in meinen<br />

Lehrveranstaltungen nicht nur<br />

den Sinn und Zweck der geographische<br />

Perspektive vermitteln, sondern<br />

hoffe auch, meine eigene Begeisterung<br />

für die Fachinhalte zu übertragen.<br />

Natürlich wünsche ich mir, dass<br />

sich viele Studierende davon anstecken<br />

lassen.<br />

Gibt es etwas, das Sie den Studierenden<br />

von heute ans Herz legen wollen?<br />

Ich glaube, es gibt nie mehr so viele<br />

Entwicklungsmöglichkeiten wie während<br />

des Studiums. Mein Tipp: So viel<br />

wie möglich mitnehmen, nicht zu klein<br />

Denken, kein „Dienst nach Vorschrift“,<br />

sondern sich aktiv einbringen.<br />

<strong>Technische</strong> <strong>Universität</strong> <strong>Chemnitz</strong> SS 13


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Studium<br />

Studium<br />

5<br />

Sebastian Heinzig<br />

sebastian.heinzig<br />

@s2010.tu-chemnitz.de<br />

Ein Jahr im Land der aufgehenden Sonne<br />

Sebastian Heinzig<br />

Japan. Das ist Hightech, Anime,<br />

Sushi und seit 2011 auch Fukushima.<br />

Doch natürlich verbirgt sich hinter<br />

diesem Land vieles mehr, was<br />

man auf den ersten Blick und vielleicht<br />

auch auf den zweiten noch<br />

nicht sieht.<br />

Doch wie kommt man eigentlich dazu,<br />

als Europa-Student nach Japan<br />

zu gehen? Die Antwort ist einfach:<br />

Ich wollte so weit weg wie möglich,<br />

und was ist weiter weg als das Land<br />

der aufgehenden Sonne? Kurzum<br />

habe ich mich entschlossen, meine<br />

Bewerbung für NUPACE (Nagoya<br />

University Program for Academic<br />

Exchange) ins Rennen zu schicken,<br />

und als einziger Bewerber der TU<br />

standen meine Chancen nicht so<br />

schlecht. Das Stipendium der japanischen<br />

Regierung (JASSO) von 80<br />

000¥ habe ich dazu bekommen. Somit<br />

konnte mein Abenteuer Fernost<br />

beginnen. Nagoya selbst hat gewisse<br />

Parallelen zu <strong>Chemnitz</strong>, wenn<br />

auch im größeren Rahmen. Es ist<br />

das industrielle Zentrum Japans mit<br />

Toyota als bekanntestem Vertreter<br />

und mit ca. 8,7 Mio. Menschen in der<br />

Metropolregion drittgrößter Ballungsraum<br />

Japans. Aber es ist natürlich<br />

nicht so lebendig wie Tokyo oder<br />

Osaka.<br />

Hier angekommen habe ich mich<br />

auch gleich mit ca. 15 anderen internationalen<br />

Studierenden und zwei<br />

Japanern zu einem „welcome dinner“<br />

getroffen. Es war großartig und die<br />

Freuden des nomitabehoudai ( 飲 み<br />

食 べ 放 題 ) sollte ich im Laufe des<br />

Jahres noch zu schätzen lernen.<br />

Denn wie ich später festgestellt habe,<br />

handelt es sich dabei um ein „allyou-can-drink-and-eat“<br />

für zwei Stunden.<br />

Sprich, man hat zwei Stunden<br />

Zeit zu trinken und zu essen bis man<br />

nicht mehr kann (eine Eigentümlichkeit<br />

der japanischen Kultur, auf die<br />

ich später noch einmal zu sprechen<br />

kommen werde).<br />

Nachdem erste Freundschaften bereits<br />

geschlossen waren, ging es am<br />

nächsten Tag ins Wohnheimzimmer<br />

(typisch japanisch recht minimal), wo<br />

man eine weitere Sache feststellen<br />

konnte: mit Englisch kommt man in<br />

Japan nicht weit. Mein Wohnheim war<br />

gemischt japanisch-international, jedoch<br />

war die Kommunikation mit meinen<br />

Mitbewohnern auf das Primitivste<br />

beschränkt. Dies stellte mich jeden<br />

Mittwoch wieder vor eine Herausforderung,<br />

da dann zum allwöchentlichen<br />

Block kaigi gerufen wurde: eine<br />

Versammlung, welche auf jedem Flur<br />

stattfindet und wo die neusten Beschlüsse<br />

des Wohnheimrates besprochen<br />

werden. Auf Japanisch natürlich.<br />

Die Orientierungswoche verlief so<br />

ähnlich wie in <strong>Chemnitz</strong>. Es gab verschiedene<br />

Touren zu den Sehenswürdigkeiten<br />

der Stadt, an die Uni und<br />

natürlich obligatorische Veranstaltungen,<br />

wie man sich in Japan zu verhalten<br />

hat. Auch das sollte ich später<br />

noch feststellen. Wer gedacht hat in<br />

Deutschland ist viel geregelt, sollte<br />

einmal nach Japan reisen, um dort zu<br />

leben. Von der peniblen Mülltrennung<br />

(Flaschen müssen nach Flasche, Etikett<br />

und Deckel getrennt werden) bis<br />

hin zum strikten auf der linken Seite<br />

Stehen auf der Rolltreppe muss man<br />

sich an manche Sachen erst gewöhnen.<br />

Auf einer kleinen Erkundungstour haben<br />

wir sogar einen Großvater getrof-<br />

<strong>Technische</strong> <strong>Universität</strong> <strong>Chemnitz</strong> SS 13


<strong>ES</strong>-<strong>Spiegel</strong> - Halbjährlicher Newsletter der <strong>Chemnitz</strong>er Europa-Studien<br />

Studium<br />

6<br />

fen, welcher uns nach einem Foto mit<br />

seinem Enkel gefragt hat. Ausländer,<br />

und dann auch noch in größerer<br />

Gruppe, sind für viele Japaner ein<br />

noch unbekanntes Bild.<br />

Die <strong>Universität</strong> Nagoya selbst zählt<br />

zu den besten <strong>Universität</strong>en Japans,<br />

was für Japaner sehr bedeutend ist.<br />

Dort ist der Name der <strong>Universität</strong> alles.<br />

Was man studiert hat, spielt<br />

kaum eine Rolle. Anders als hier ist<br />

der Arbeitsaufwand in der Uni recht<br />

gering, da der Leistungsdruck an eine<br />

gute Uni zu kommen noch einmal<br />

um einiges höher ist. Es gibt für jede<br />

Uni separate Aufnahmeprüfungen,<br />

welche je nach Bekanntheitsgrad der<br />

Uni natürlich extrem schwer sind.<br />

Auch das Abschließen der Schule an<br />

sich erfordert ständiges intensives<br />

Lernen, was wohl auch an der japanischen<br />

Sprache selbst liegt.<br />

Meine Veranstaltungen unterschieden<br />

sich im Niveau und auch in der-<br />

Fähigkeit des Dozenten Englisch zu<br />

sprechen sehr voneinander. Prinzipiell<br />

muss ich sagen, dass das erste<br />

Semester recht einfach war. Davon<br />

ausgenommen war der Japanisch-<br />

Sprachkurs. Bei 15 Stunden Unterricht<br />

die Woche und dem Durchnehmen<br />

nahezu jeder grammatischen<br />

Grundform brummte einem doch etwas<br />

der Schädel, und auch die<br />

Schwierigkeit der ca. 10 000 verschiedenen<br />

Schriftzeichen machte es<br />

nicht gerade einfacher.<br />

Auf der anderen Seite war ich nach<br />

ein paar Monaten bereits dazu in der<br />

Lage, einfache Gespräche mit Japanern<br />

zu führen und mit Beginn des<br />

Sommersemesters auch etwas aktiver<br />

an dem Block kaigi teilzunehmen.<br />

Im Rahmen von NUPACE kann man<br />

an einem recht breitgefächerten Angebot<br />

von Lehrveranstaltungen teilnehmen,<br />

wobei jeder alles besuchen<br />

kann. Prinzipiell bekommt man für<br />

alle Seminare zwei NU-Credits, welche<br />

in 3,89 ECTS-Credits umgerechnet<br />

werden. Aus Interessensgründen<br />

habe ich Veranstaltungen des Internationalen<br />

Rechts, Umweltmanagements<br />

und der Politik besucht. Der<br />

Versuch, eine Makroökonomieveranstaltung<br />

zu besuchen ist gescheitert,<br />

da sowohl die Englischkenntnisse des<br />

Professors als auch mein thematisches<br />

Interesse nicht ausreichend<br />

waren.<br />

Natürlich gab es auch hier Vorlesungen<br />

und Seminare, bei denen man es<br />

sich im Nachhinein noch einmal anders<br />

überlegen wollte. Doch nach drei<br />

Wochen gibt es kein Zurück mehr.<br />

Einmal fest angemeldet, muss man<br />

die Prüfungsleistung ablegen sonst<br />

fällt man mit einer 5,0 durch. Auch<br />

herrscht eine Anwesenheitspflicht von<br />

80%. Zu spät kommen von mehr als<br />

fünf Minuten wird theoretisch mit einem<br />

„zu spät“-Vermerk gekennzeichnet<br />

(vier davon ergeben einmal gefehlt),<br />

mehr als 30 Minuten zu spät<br />

sind ebenfalls ein Abwesenheitsvermerk.<br />

Die strikte Anwendung dieser<br />

Regeln hängt allerdings vom Professor<br />

ab, wobei japanische Professoren<br />

im Allgemeinen darauf bestehen.<br />

Doch besteht ein Auslandsjahr natürlich<br />

nicht nur aus Lernen. Wochenendausflüge<br />

in die historischen<br />

Hauptstädte Kyoto und Nara standen<br />

ebenso auf dem Plan wie Wandertrips<br />

in den nahegelegenen Bergen um die<br />

Dörfer Tsumago, Inuyama und den<br />

weltbekannten Fuji.<br />

In den Ferien konnte man dann natürlich<br />

auch etwas weiter wegfahren.<br />

Über Neujahr ging es für mich nach<br />

Tokyo, wo wir den Countdown zusammen<br />

mit tausenden Japanern und anderen<br />

Ausländern auf der Hauptkreuzung<br />

Shibuya erleben konnten. Zu<br />

Silvester erlebte ich außerdem noch<br />

eine Überraschung. Es gibt kein Feu-<br />

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Studium<br />

7<br />

erwerk. Anders als in westlich geprägten<br />

Ländern ist das Neujahrsfest<br />

ein Fest der Familie. Man geht zusammen<br />

zu einem nahegelegenen<br />

Tempel und bittet um Glück und Gesundheit<br />

für das kommende Jahr.<br />

Im Kontrast dazu finden im Rahmen<br />

von Vereinen, Arbeit und sonstigen<br />

Gruppierungen, in welche man integriert<br />

ist, sogenannte bonenkai ( 忘 年<br />

会 ) statt. Hier betrinkt man sich, um<br />

das vergangene Jahr zu vergessen.<br />

Gleich nach Beginn des neuen Jahres<br />

gibt es ein ähnliches Treffen, um<br />

das neue Jahr zu begießen. Solche<br />

Trinkveranstaltungen sind eine beliebte<br />

Gemeinschaftsbeschäftigung<br />

und werden an Stelle von Disko oder<br />

privaten Parties durchgeführt. Dafür<br />

gibt es die zuvor erwähnten nomitabehoudai<br />

(auch ohne Essen erhältlich<br />

– nomihoudai). Diese reinen<br />

Trinkgelage sind teilweise für 8-15 €<br />

zu haben, mit Essen muss man dann<br />

etwa 25 € bezahlen.<br />

Außerdem habe ich die Zeit genutzt,<br />

Ausflüge in das benachbarte Korea,<br />

Hong Kong und nach Macau zu machen.<br />

Diese waren ebenfalls sehr<br />

spannend und konnten mit der ein<br />

oder anderen kulinarischen Besonderheit<br />

aufwarten.<br />

Wie es mit der Anrechnung von Prüfungsleistungen<br />

klappt, weiß ich bis<br />

jetzt noch nicht. Aber selbst ohne hat<br />

sich das Jahr für mich auf jeden Fall<br />

gelohnt. Und die nächsten Treffen<br />

sind ebenfalls schon geplant. Zum<br />

Oktoberfest nach München geht es in<br />

kleiner Gruppe und im kommenden<br />

August werden wir in einer Gruppe<br />

von etwa 20 Leuten aus Amerika, Japan,<br />

Korea und Europa eine Interrail-<br />

Tour starten. Freunde findet man in<br />

Japan auf jeden Fall. Vielleicht sogar<br />

für das ganze Leben.<br />

Ein Auslandssemester in Toruń<br />

Miriam Meir<br />

Die Grenze zwischen Flucht und Reise<br />

ist verschwommen und irgendwo<br />

dazwischen befand sich wohl meine<br />

Motivation, für ein Jahr wegzufahren.<br />

Ich möchte mich vorab entschuldigen,<br />

nun die Herzen einiger <strong>Chemnitz</strong><br />

verbundener Menschen zu erschüttern,<br />

aber ich hatte es satt, zwischen<br />

Ruinen zu leben und im Zentrum<br />

einer 240.000-Einwohnerstadt<br />

von der Leere verfolgt zu werden.<br />

Also habe ich mich nach dem Gegenteil<br />

umgeschaut – und bin auf<br />

Toruń gestoßen.<br />

Toruń wird ebenfalls von rund<br />

200.000 Menschen bewohnt, das<br />

Stadtbild ist jedoch vor allem von<br />

Studenten geprägt. Im Herzen Polens<br />

kann die Stadt heute auf eine<br />

lange und bedeutende Geschichte<br />

zurückblicken. Die mittelalterliche<br />

Altstadt (eine der wenigen, nach dem<br />

<strong>Technische</strong> <strong>Universität</strong> <strong>Chemnitz</strong> SS 13


<strong>ES</strong>-<strong>Spiegel</strong> - Halbjährlicher Newsletter der <strong>Chemnitz</strong>er Europa-Studien<br />

Studium<br />

8<br />

Zweiten Weltkrieg noch erhaltenen<br />

gebliebenen Altstädte in Polen) ist für<br />

Architekturliebhaber eine Bescherung.<br />

Doch auch für Menschen, die<br />

einfach gerne durch die Innenstadt<br />

schlendern, um die Atmosphäre aufzugreifen,<br />

ist sie ein wahrer Genuss.<br />

Kleine Hinterhofcafés laden zum gemütlichen<br />

Plausch bei einer Vielfalt<br />

an selbstgemachten Torten und<br />

Heißgetränken ein, am Ufer der<br />

Weichsel kann man sich von postkartenreifen<br />

Sonnenuntergängen begeistern<br />

lassen und am Abend blüht<br />

das studentische Leben inmitten von<br />

Bars und Clubs erst richtig auf.<br />

abstempeln und mit einer Gebühr von<br />

10 zł (2,50€) legalisieren lassen).<br />

Doch auch damit lässt es sich anfreunden,<br />

da das Wohnheimleben<br />

zwischen all den Erasmusstudenten<br />

eine interkulturelle und intensive Erfahrung<br />

ist. Die Gemeinschaftsküchen<br />

werden gegen Abend in Clubs verwandelt<br />

und laden (zumindest bis 23<br />

Uhr) regelmäßig zu wilden Feiereien<br />

ein.<br />

Die meisten Erasmusstudenten werden<br />

– falls sie sich nicht anderweitig<br />

eine Bleibe suchen – auf die Wohnheime<br />

10 und 11 verteilt – nah am<br />

Campus, aber leider eine 15minütige<br />

Busfahrt vom Zentrum entfernt. Da<br />

ich (aufgrund eines Freiwilligendienstes<br />

und dem <strong>Chemnitz</strong>er Polnischunterricht)<br />

schon mit der Sprache des<br />

Landes ein wenig vertraut war, wurde<br />

ich mit zwei slowakischen Kommilitonen<br />

(und bald guten Freunden) in<br />

einem Wohnheim nahe der Altstadt<br />

untergebracht. Allen, die schon einmal<br />

ein mittelosteuropäisches Wohnheim<br />

betreten haben, ist der dortige<br />

Kontrollzwang wohl bekannt. Für<br />

mich war es anfangs jedenfalls ungewohnt,<br />

grundsätzlich meinen Ausweis<br />

zu hinterlassen, in Korridoren<br />

und vor dem Haus kameraüberwacht<br />

zu werden und keinen Besuch nach<br />

23 Uhr empfangen zu dürfen (es sei<br />

denn, ich habe ihn einen Werktag<br />

zuvor bei den morgendlichen Sprechzeiten<br />

der Wohnheimleitung schriftlich<br />

angemeldet, von der Rezeption<br />

Da es nicht nur mir, sondern den<br />

meisten Erasmusstudenten in Toruń<br />

überaus gut gefiel, hat sich ein Großteil<br />

spontan dafür entschieden, auch<br />

im Sommersemester dort zu bleiben.<br />

Kurzfristig habe ich mit einer Slowakin<br />

und einem Niederländer eine WG gegründet,<br />

in der wir glücklich und zufrieden<br />

bis ans Ende des Semesters<br />

lebten. Im Allgemeinen gestaltet es<br />

sich leicht, in Toruń eine schöne Wohnung<br />

zu finden. Die angeworbene<br />

Makleragentur ist jedoch unter keinen<br />

Umständen zu empfehlen.<br />

<strong>Chemnitz</strong>er Europa-Studenten in<br />

Toruń sind in erster Linie bei den Politikwissenschaftlern<br />

(und den Studenten<br />

der International Studies) ansässig.<br />

Durch die internationale Ausrichtung<br />

des Studienganges gibt es ein<br />

überraschend vielfältiges Angebot an<br />

Kursen in Englisch, die von den Inhalten<br />

weit über SK/V 2 hinausreichen<br />

(beispielsweise mit Recht, Geschichte,<br />

Kulturwissenschaft, etc.). Dennoch<br />

wäre ein allgemeines Interesse an<br />

politischen Themen von Vorteil. Die<br />

Kurse – selbst die auf Englisch – werden<br />

größtenteils von polnischen Studenten<br />

belegt und sind eine hervorragende<br />

Möglichkeit, engere Kontakte<br />

mit Einheimischen zu knüpfen. Wer<br />

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Studium<br />

9<br />

Miriam Meir<br />

miriam.meir<br />

@s2010.tu-chemnitz.de<br />

sich an seinem Polnisch versuchen<br />

will, dem kann ich nur wärmstens<br />

empfehlen, Veranstaltungen gleich<br />

auf Polnisch zu besuchen. Die Dozenten<br />

zeigen sich hier sehr aufgeschlossen,<br />

und auch die Kommilitonen<br />

sind immer bereit, mit einem<br />

Wort auszuhelfen. Das einzige Problem<br />

stellte sich mir bei den Prüfungsleistungen.<br />

Im Vergleich zu den<br />

Hausarbeiten, die ich für <strong>Chemnitz</strong><br />

benötige, lassen sich die dortigen<br />

Klausuren und Präsentationen zwar<br />

mit einer Leichtigkeit meistern, Hausarbeiten,<br />

die ich auf persönliche Bitte<br />

hin schreiben durfte, sind jedoch<br />

schwer während des lebhaften Semesters<br />

zu bewältigen. Da ich in dem<br />

ganzen Jahr nur zwei Hausarbeiten<br />

zustande gebracht habe, muss ich in<br />

<strong>Chemnitz</strong> noch Einiges nachholen<br />

(da das Auslandssemester zugleich<br />

ein Urlaubssemester ist, ergibt sich<br />

hier von offizieller Seite jedoch kein<br />

Nachteil).<br />

Wie schon angedeutet, bietet Toruń<br />

allerhand. Für Kulturbegeisterte überrascht<br />

eines der modernsten Museen<br />

Moderner Kunst mit immer wechselnden<br />

Ausstellungen, besonders im<br />

Sommer finden zahlreiche Festivals<br />

statt und die Clubs und Kneipen untermalen,<br />

an milden Sommerabenden,<br />

ihr reichhaltiges Getränkearsenal<br />

gerne mal mit Livemusik. Unsere<br />

Freizeitgestaltung reichte von Eislaufen,<br />

ja sogar Ski fahren über Baden<br />

in einem nahegelegenen, sehr sauberen<br />

See bis hin zum Besuch von<br />

Motor Speedway. Ebenso ist auch<br />

das Nachtleben der Stadt von Vielfalt<br />

geprägt. Für Erasmusstudenten stellt<br />

der Club „Kotłownia“ das Elixier<br />

sämtlicher Ausschweifungen und Gerüchte<br />

dar. Der kulturbegeisterte<br />

Mensch von eben muss hier zwar<br />

weit über seinen Schatten springen,<br />

um sich mit der hippen Musik – von<br />

spanischen Kommilitonen auch als<br />

Pachanga bezeichnet – anzufreunden.<br />

Dennoch ist der beliebteste Studentenclub<br />

auf jeden Fall eine Erfahrung<br />

wert – mir ist es jedenfalls sogar<br />

im Nachhinein gelungen, beim Aufschnappen<br />

der vertrauten Klänge eine<br />

gewisse Nostalgie zu entwickeln.<br />

Für diejenigen, die sich jedoch weniger<br />

in den üblichen Erasmuskreisen<br />

aufhalten, sondern lieber intensiv in<br />

die Kultur des Landes eintauchen<br />

möchten, ist Toruń ebenfalls die perfekte<br />

Wahl. Durch den örtlichen Germanistikstudiengang<br />

ist es besonders<br />

als Deutsche leicht, tandeminteressierte<br />

Menschen zu finden (ich selbst<br />

hatte das Jahr über einen Tandempartner,<br />

was eine tolle Ergänzung zum<br />

sehr guten universitären Polnischunterricht<br />

war) und sich unter polnische<br />

Studierende zu mischen.<br />

Abschließend blicke ich voller Begeisterung<br />

auf ein erlebnisreiches Jahr in<br />

Toruń zurück und bin guten Mutes,<br />

das Leben in <strong>Chemnitz</strong> neu zu entdecken<br />

und zu erwecken. Für Fragen,<br />

Auskünfte, oder noch ausgiebigere<br />

Schwärmereien stehe ich natürlich<br />

immer zur Verfügung!<br />

Da ich während des Jahres letztlich<br />

dennoch hauptsächlich auf Englisch<br />

kommuniziert habe, hielt ich es für<br />

sinnvoll, meinen Aufenthalt durch ein<br />

Praktikum in Warschau zu verlängern.<br />

Das Instytut Spraw Publicznych<br />

(Institut für Öffentliche Angelegenheiten)<br />

ist eine der führenden politischen<br />

Denkfabriken (Think Tanks) des Landes<br />

und zeichnet sich auch durch einen<br />

Fokus auf deutsch-polnische Beziehungen<br />

aus. Das Praktikum ist<br />

sehr vielfältig und spannend, und ich<br />

würde es unbedingt an Polen- und<br />

Politikinteressierte weiterempfehlen.<br />

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Studium<br />

10<br />

Insa Schwob<br />

insa.schwob<br />

@s2010.tu-chemnitz.de<br />

Mein Auslandssemester in Tschechien<br />

Insa Schwob<br />

Bereits seit dem Beginn meines Studiums<br />

in <strong>Chemnitz</strong> wusste ich, dass<br />

ich während meines Studiums in<br />

<strong>Chemnitz</strong> ein Semester im Ausland<br />

verbringen wollte. Aus diesem Grund<br />

begann ich mir Ende meines ersten<br />

Semesters darüber Gedanken zu<br />

machen. Da ich Tschechisch als<br />

Fremdsprache gewählt hatte, aber<br />

noch nie zuvor in dem Land gewesen<br />

war, habe ich zunächst überlegt, für<br />

ein Semester nach Prag zu gehen.<br />

Zu diesem Zeitpunkt hatte ich jedoch<br />

noch keine Ahnung, wie ein<br />

Erasmus-Semester abläuft, ob es ein<br />

Bewerbungsverfahren gibt und falls<br />

ja, wie dieses aussieht… alles, was<br />

ich zum Thema „Erasmus und Auslandsstudium“<br />

wusste, war das, was<br />

ich irgendwie zufällig während meines<br />

ersten Semesters aufgeschnappt<br />

hatte. Deswegen bin ich, einige Tage<br />

vor dem Ablauf der Bewerbungsfrist,<br />

in die Fachstudienberatung und anschließend<br />

in die Sprechstunde von<br />

Herrn Prof. Dr. Niedobitek gegangen.<br />

Beide Male wurde mir, nachdem ich<br />

ansprach, dass ich Interesse an<br />

Tschechien habe, empfohlen in eine<br />

mir bis dahin völlig unbekannte Stadt<br />

namens „Brno“ oder auf Deutsch<br />

„Brünn“ zu gehen. Nach einer kurzen<br />

Internetrecherche über die Stadt und<br />

die <strong>Universität</strong> habe ich mich dann<br />

noch am selben Tag entschieden zuzusagen<br />

und habe, da es keine anderen<br />

Bewerber gab, einen Tag später<br />

die Zusage für den Erasmusplatz<br />

im Sommersemester 2012 an der<br />

Masaryk-<strong>Universität</strong> Brno erhalten.<br />

Diese spontane Entscheidung stellte<br />

sich im Nachhinein als eine der besten<br />

der letzten Jahre heraus.<br />

Nach der Zusage begann ich dann,<br />

weiter über die Stadt zu recherchieren<br />

und die Einzelheiten für das Auslandssemester<br />

zu organisieren. Dabei<br />

erfuhr ich, dass Brno mit etwa<br />

400.000 Einwohnern die zweitgrößte<br />

Stadt Tschechiens ist und dass die<br />

Stadt im Süd-Osten des Landes liegt.<br />

Was sie, wie ich und die anderen der<br />

über 200 internationalen Studierenden<br />

nach unserer Ankunft schnell feststellten,<br />

zu einem idealen Ausgangspunkt<br />

für Reisen in die Hauptstädte Wien,<br />

Bratislava und Prag macht. Aber auch<br />

die Stadt selbst hat viel zu bieten. Das<br />

Angebot an Museen, Kinos, Festivals,<br />

Restaurants, Bars und Cafés ist größer<br />

und abwechslungsreicher als in<br />

<strong>Chemnitz</strong>, und auch die Preise sind<br />

deutlich niedriger. So gibt es beispielsweise<br />

ein großes Bier für umgerechnet<br />

etwa einen Euro oder ein Mittagsmenu<br />

im Restaurant für etwa fünf Euro. Besonders<br />

gut gefallen hat mir jedoch die<br />

hohe Anzahl an Studenten in der Stadt<br />

(allein die Masaryk-<strong>Universität</strong> hat ungefähr<br />

40.000 Studenten) und die<br />

dadurch sehr lebendige Atmosphäre<br />

auf den Straßen.<br />

Am Anfang des Semesters gab es eine<br />

von der <strong>Universität</strong> und dem Internationalen<br />

Studenten Club organisierte<br />

Orientierungswoche. Hier gab es<br />

unter anderem eine Stadt-Rallye, einen<br />

täglich stattfindenden Intensivsprachkurs,<br />

einen Ausflug in die Umgebung<br />

und weitere Aktivitäten, bei<br />

denen ich schnell Leute kennengelernt<br />

habe. Eine der besten Sachen an der<br />

Orientierungswoche war jedoch der<br />

sogenannte „Registrationday“, wo innerhalb<br />

von wenigen Stunden wirklich<br />

alle notwendigen Formalitäten erledigt<br />

werden konnten und wo es unter anderem<br />

auch möglich war, ein tschechisches<br />

Bankkonto zu eröffnen, eine<br />

Busfahrkarte zu kaufen und sich für<br />

Wochenendausflüge anzumelden. Der<br />

Registrationday war genau wie der<br />

Rest der Orientierungswoche super<br />

organisiert und war somit ein guter<br />

Start in ein aufregendes und einzigartiges<br />

Semester, in dem ich viele tolle<br />

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Studium<br />

11<br />

Leute aus aller Welt kennengelernt<br />

habe, so viel gereist bin wie noch nie<br />

zuvor, mein Tschechisch verbessert<br />

habe, einen Deutschsprachkurs geleitet<br />

habe und vieles mehr.<br />

Gewohnt habe ich während meiner<br />

Zeit in Brno, wie fast alle anderen<br />

Austauschstudenten auch, im Studentenwohnheim<br />

„Vinařská“. Hier<br />

gibt es ausschließlich 2-Bettzimmer,<br />

allerdings hatten ich und mehrere<br />

andere das Glück, dass wir bis zum<br />

Ende unseres Aufenthaltes keinen<br />

Mitbewohner bekommen haben und<br />

somit ein Doppelzimmer für uns alleine<br />

hatten. Obwohl die Möbel im<br />

Wohnheim relativ alt sind und das<br />

Gebäude seit längerer Zeit nicht renoviert<br />

worden ist, habe ich es nie<br />

wirklich bereut, ins Wohnheim gezogen<br />

zu sein, da dort fast alle internationalen<br />

Studenten gewohnt haben<br />

und immer etwas los gewesen ist.<br />

Kenntnisse der tschechischen Sprache<br />

sind für das Leben in Brno nicht<br />

zwingend notwendig, da es fast immer<br />

möglich ist jemanden zu finden,<br />

der Englisch oder Deutsch spricht.<br />

Vor allem in Restaurants oder auch<br />

bei der Post sind sie jedoch sehr hilfreich<br />

und auch bei Unternehmungen<br />

mit tschechischen Studenten ist es<br />

sehr nett und auch hilfreich, die<br />

Sprache zumindest ein bisschen zu<br />

sprechen und zu verstehen. Tschechische<br />

Studenten kennenzulernen<br />

war am Anfang nicht so einfach und<br />

es gab viele Erasmusstudenten, die<br />

bis zum Schluss ausschließlich etwas<br />

mit anderen Erasmusstudenten<br />

gemacht haben. Ich habe jedoch<br />

sehr großes Glück mit meiner tschechischen<br />

Tutorin gehabt, mit der ich<br />

während des gesamten Semesters<br />

viel unternommen habe und auch<br />

jetzt, einige Monate später, noch fast<br />

wöchentlich Kontakt habe. Eine weitere<br />

gute Möglichkeit die Sprache zu<br />

lernen und tschechische Studenten<br />

kennenzulernen ist es, sich einen<br />

Tandem-Partner zu suchen. Auch den<br />

von der <strong>Universität</strong> angebotenen<br />

Sprachkurs würde ich weiter empfehlen.<br />

Allerdings habe ich, vor allem am<br />

Anfang, relativ viel Zeit mit Vor- und<br />

Nacharbeiten verbracht, um im Kurs<br />

mitarbeiten zu können. Die anderen<br />

Kurse, die ich an der <strong>Universität</strong> besucht<br />

habe, waren vom Schwierigkeitsgrad<br />

sehr unterschiedlich. In einem<br />

Kurs, für den es sechs ECTS<br />

gab, mussten wir nur eine 60-Minuten<br />

-Klausur am Ende des Semesters<br />

schreiben und in einem anderen Kurs<br />

mit der gleichen ECTS-Punkte-Anzahl<br />

mussten wir ein Referat halten, 15<br />

Seiten Hausarbeit und zusätzlich<br />

noch eine 90-Minuten-Klausur am Ende<br />

schreiben. Die Anzahl der ECTS-<br />

Punkte hat somit in keiner Weise den<br />

Arbeitsaufwand oder den Schwierigkeitsgrad<br />

eines Kurses widergespiegelt.<br />

Insgesamt kann ich jedoch sagen,<br />

dass es zahlreiche interessante<br />

Lehrveranstaltungen auf Englisch<br />

gibt, die den sozialwissenschaftlichen<br />

Modulen der Europa-Studien inhaltlich<br />

nahe kommen und die ich auch problemlos<br />

für diese anrechnen lassen<br />

konnte. Dies ist jedoch nur ein eher<br />

unwichtiger von sehr vielen Gründen,<br />

warum ich einen Erasmusaufenthalt in<br />

der Stadt Brno an der Masaryk-<br />

<strong>Universität</strong> jedem weiter empfehlen<br />

würde.<br />

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Studium<br />

12<br />

Anika Simm<br />

anika.simm<br />

@s2011.tu-chemnitz.de<br />

Ein unvergesslich schönes Auslandssemester in Finnland<br />

Anika Simm<br />

Schon unmittelbar nach der dreizehnjährigen<br />

Schulzeit war für mich klar,<br />

dass ich ein Semester im Ausland<br />

verbringen möchte. Daher besuchte<br />

ich bereits ab Studienbeginn in<br />

<strong>Chemnitz</strong> Informationsveranstaltungen<br />

zur Möglichkeit des Auslandssemesters.<br />

Da ich mir noch nicht sicher<br />

war, in welcher Sprache ich mich besonders<br />

in der Praxis beweisen wollte,<br />

besuchte ich das IUZ und ließ<br />

mich beraten. Anschließend stand die<br />

Entscheidung fest, dass es nicht<br />

nach Russland, sondern in ein Land<br />

der EU geht. Schon immer bin ich<br />

von den nordischen Ländern Europas<br />

begeistert. Zuerst dachte ich an<br />

Schweden oder Norwegen. Nachdem<br />

ich die für diese Länder verantwortlichen<br />

Koordinatoren aufgesucht hatte,<br />

war klar, dass es mit meiner Studienrichtung<br />

Europa-Studien nicht möglich<br />

ist, dorthin zu gehen. Nun konzentrierte<br />

ich mich auf Dänemark und<br />

Finnland, besuchte die Koordinatoren,<br />

bewarb mich bei ihnen ganz unkompliziert,<br />

bekam von ihnen Zusagen<br />

und hatte die Qual der Wahl. Ich<br />

überlegte lange, ehe meine Entscheidung<br />

auf die <strong>Universität</strong> Tampere<br />

(UTA) in Finnland fiel. Von Dänemark<br />

hatte ich bereits einen ersten Eindruck<br />

durch einen dreiwöchigen Familienurlaub.<br />

Finnland war mir völlig<br />

unbekannt, und das reizte mich in<br />

besonderem Maße. Wie lebt und studiert<br />

es sich in diesem großen, aber<br />

sehr dünn besiedelten Land? Ist die<br />

Sprache wirklich so schwer wie immer<br />

behauptet? Diese und weitere<br />

Fragen wollte ich in weniger als einem<br />

Jahr für mich beantworten können.<br />

Jetzt als meine Gastuniversität feststand,<br />

konnte die gezielte Vorbereitung<br />

beginnen. Ich bekam eine E-<br />

Mail von meinem Ansprechpartner in<br />

Finnland. In dieser wurde sehr genau<br />

beschrieben, wie jetzt weiter verfahren<br />

werden muss. Anschließend bewarb<br />

ich mich bei der Gasthochschule.<br />

Als dann auch diese reine Formalität<br />

erledigt war, konnte ich mich um<br />

den Flug und die Wohnmöglichkeit<br />

kümmern. Es gibt Direktfüge mit Ryan<br />

-air von Frankfurt (Hahn) oder Bremen.<br />

Da ich aber zu weit entfernt von<br />

diesen deutschen Flughäfen wohne,<br />

entschied ich mich für einen Flug von<br />

Berlin über Stockholm nach Tampere.<br />

Nachdem meine Anreise nun geregelt<br />

war, ging es an das etwas schwierigere<br />

Unterfangen der Beschaffung von<br />

bezahlbarem Wohnraum. So bewarb<br />

ich mich unverzüglich, nachdem ich<br />

die Zusage der <strong>Universität</strong> aus Tampere<br />

erhalten hatte, um einen Wohnheimplatz.<br />

Ich gehörte auch zu den<br />

glücklichen Austauschstudenten, die<br />

ein Zimmer bekamen. Für Erasmusstudenten,<br />

und auch nur für diese,<br />

gibt es zwei Wohnheime (City und Lapinkaari).<br />

Mein Zimmer in Lapinkaari<br />

(ein Wohnheim, welches rund zwei<br />

Kilometer von der <strong>Universität</strong> sehr<br />

idyllisch an einem See gelegen ist)<br />

bewohnte ich allein. Ich verfügte über<br />

mein eigenes kleines Bad. Die Küche<br />

wurde jeweils von allen Bewohnern<br />

einer Etage genutzt. Für mich stellte<br />

das kein Problem dar, da ich auch aus<br />

dem Wohnheim in <strong>Chemnitz</strong> ähnliches<br />

gewohnt war. Andere Studenten<br />

ohne Wohnheimerfahrung hielten die<br />

Zustände aber für äußerst unhygienisch.<br />

Ich kann jedem nur raten, flexibel<br />

zu sein, denn Hygiene wird nicht<br />

in jeder Kultur gleich definiert. Das<br />

Wohnheim hat auch zwei Waschmaschinen<br />

und einen Trockner sowie<br />

einen Trockenraum. Die Nutzung ist<br />

kostenlos und unproblematisch, wenn<br />

man sich rechtzeitig einen Platz, mit<br />

Hilfe der dafür vorgesehenen Bücher,<br />

reserviert. Der Trockenraum war<br />

meistens überfüllt, aber wenn man<br />

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<strong>ES</strong>-<strong>Spiegel</strong> - Halbjährlicher Newsletter der <strong>Chemnitz</strong>er Europa-Studien<br />

Studium<br />

13<br />

etwas suchte und auch bereit war<br />

seine Kleidung zu verteilen, war<br />

noch eine freie Ecke zu finden. Für<br />

mich sind solche Erfahrungen unmittelbar<br />

mit ERASMUS verbunden.<br />

Sehr entscheidend für einen gelungenen<br />

Aufenthalt ist die Qualität der<br />

Gastuniversität. Hier wurde ich keinesfalls<br />

enttäuscht. Die gesamte<br />

UTA ist sehr modern und ansprechend.<br />

Die Dozenten und Dozentinnen<br />

sind problemlos und sehr schnell<br />

per E-Mail erreichbar. Ich musste nie<br />

länger als einen Tag auf eine Antwort<br />

warten. Auch Korrekturen erfolgten<br />

äußerst zügig, und spätestens<br />

nach zwei Wochen wurde das<br />

Ergebnis bekanntgegeben. Es gibt<br />

ein sehr vielfältiges Angebot an englischsprachigen<br />

Veranstaltungen und<br />

so war es nicht schwierig, genügend<br />

Credits zu bekommen. Das Semester<br />

ist in Tampere nochmal in zwei<br />

Perioden unterteilt, und daher finden<br />

einige Kurse nur rund zwei Monate<br />

statt. Ich empfand das als angenehm,<br />

da sich der Prüfungsstress<br />

etwas verteilt. Eine bei Dozenten<br />

sehr beliebte Aufgabe sind Lerntagebücher.<br />

Ich kann nur jedem sagen,<br />

der an die UTA gehen möchte, dass<br />

er/sie bereit sein sollte, jeden Nachmittag<br />

entsprechende Einträge zu<br />

schreiben. Unbedingt empfehle ich<br />

auch die Belegung von Finnischsprachkursen,<br />

welche definitiv eine<br />

Teilnahme wert sind!<br />

Mindestens genauso wichtig wie die<br />

Lehreinrichtung sind auch die Freizeitangebote.<br />

Was hat Tampere zu<br />

bieten und wo lässt sich Geld sparen?<br />

Ich habe jeden Tag in einer der<br />

Mensen der <strong>Universität</strong> gegessen.<br />

Das Essen dort ist sehr schmackhaft<br />

und günstig. Für 2,50 bis 2,70 Euro<br />

kann man sich einen Salat selber<br />

zusammenstellen und bekommt ein<br />

Hauptgericht, drei Butterbrote sowie<br />

zwei Getränke. Zum Einkaufen ist Lidl<br />

(z.B. in der Nähe vom Bahnhof) zu<br />

empfehlen, da finnische Supermärkte<br />

sehr teuer sind. Das Geld, welches<br />

sich so sparen lässt, kann in der<br />

Gaststadt und in Gesamtfinnland<br />

schnell wieder ausgegeben werden.<br />

In Tampere gibt es dazu vielfältige<br />

Möglichkeiten. Zur Freizeitgestaltung<br />

existieren z.B. ein Vergnügungspark,<br />

eine Schwimmhalle sowie eine Eislaufbahn.<br />

Ich habe es auch immer<br />

sehr genossen, mit anderen Austauschstudenten<br />

am See spazieren<br />

zu gehen. Reisen ist auch kostengünstig<br />

möglich, da einem beispielsweise<br />

mit dem finnischen Studentenausweis<br />

50% Rabatt auf alle Zugfahrten<br />

gewährt wird. Das Erasmusstudentennetzwerk<br />

(<strong>ES</strong>N) organisiert<br />

auch mehrere Fahrten (z.B. nach<br />

Moskau oder Tallin). Ich bin damit<br />

nach Lappland gereist, weil das angebotene<br />

Programm sehr überzeugend<br />

war und sich nicht selber organisieren<br />

ließ. Aus eigener Erfahrung kann ich<br />

für Tallin nur raten, sich mit anderen<br />

Studenten zusammenzuschließen<br />

und alleine dorthin zu reisen, da es<br />

kostengünstiger ist. Reisen ist immer<br />

empfehlenswert. Ich bin durch die geo<br />

-grafische Lage Finnlands auch an<br />

Orte gereist, die ich sonst vielleicht<br />

nie gesehen hätte.<br />

Zusammenfassend kann ich sagen,<br />

dass der Aufenthalt wunderschön war<br />

und ich in Tampere eine unvergessliche,<br />

spannende, vielfältige und sehr<br />

lehrreiche Zeit hatte, in der ich viele<br />

neue Freunde gefunden habe. Ein<br />

Auslandssemester generell und auch<br />

insbesondere an der <strong>Universität</strong> Tampere<br />

ist dringendst weiterzuempfehlen!<br />

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Studium<br />

14<br />

Tobias Fißmer<br />

tobias.fißmer<br />

@s2010.tu-chemnitz.de<br />

Eine russischsprachige Stadt mit<br />

Flair, wo ich das Leben genießen<br />

und mein Russisch aufbessern kann<br />

– so hatte ich mir das Ziel für meine<br />

Auslandszeit vorgestellt.<br />

Die "typische“ <strong>ES</strong>'ler-Wahl Tomsk<br />

entsprach nicht meinen Vorstellungen,<br />

und so flog ich im Februar<br />

schließlich nach St. Petersburg, der<br />

selbst ernannten "kulturellen Hauptstadt"<br />

Russlands. Im Herzen der<br />

schönsten Stadt des Landes habe<br />

ich ein Semester an der "Staatlichen<br />

Hochschule für Wirtschaft und Finanzen"<br />

studiert. Vorher war noch einiges<br />

zu erledigen, aber dank Auslands-Bafög,<br />

PROMOS-Stipendium<br />

und der wirklich vorbildlichen Rundum-Betreuung<br />

der Petersburger Uni<br />

hielt sich der finanzielle und sonstige<br />

Aufwand in Grenzen.<br />

Untergebracht war ich im Wohnheim<br />

direkt neben der Uni, gemeinsam mit<br />

fast allen anderen Austauschstudenten<br />

aus allen Teilen Europas. Das<br />

Wohnheim befindet sich am Newskij<br />

Prospekt, der wohl bekanntesten<br />

Straße im Zentrum der Stadt. Die<br />

<strong>Universität</strong> selbst ist im Gebäude der<br />

ehemaligen Staatsbank Katharinas<br />

der Großen untergebracht – im Zentrum<br />

der Stadt gibt es kaum ein Gebäude,<br />

das nicht auf die ein oder andere<br />

Weise geschichtsträchtig ist.<br />

Kaum ein paar Meter von der Uni<br />

entfernt befinden sich die Kirchen,<br />

die ich vorher nur aus dem Reiseführer<br />

kannte, und so sieht man rund<br />

um die Uni vor allem im Sommer Unmengen<br />

von Touristen sowie grade<br />

auch abends (neu-)reiche Russen,<br />

die ihren Wohlstand mit luxuriösen<br />

Autos auf dem "Newskij" zur Schau<br />

stellen.<br />

Die Petersburger sind besonders<br />

stolz auf ihre Geschichte und ihre<br />

Kultur. Und dabei nicht zuletzt auf<br />

die vielen, teilweise grandiosen Museen,<br />

wie die Eremitage, die pompös<br />

Ein Semester in St. Petersburg<br />

Tobias Fißmer<br />

im ehemaligen Winterpalast der Zaren<br />

untergebracht ist. Da wir dank unseres<br />

russischen Studentenausweises<br />

kostenlosen Eintritt in alle Museen<br />

hatten, haben wir grade in den kalten<br />

Monaten sehr viel Zeit dort verbracht.<br />

Vor der Abreise hatte ich mir vorgenommen,<br />

auch von den Veranstaltungen<br />

an der Uni einiges mitzunehmen.<br />

Die FINEC – meine <strong>Universität</strong> – hat<br />

ein eigenes Programm für ausländische<br />

Studenten. Das hat den Vorteil,<br />

dass die Veranstaltungen wenig spezifisches<br />

Vorwissen verlangen und an<br />

den Bedürfnissen der Austauschstudenten<br />

ausgerichtet sind: Alle Veranstaltungen<br />

fanden als Block statt, mit<br />

3-6 Terminen in einer Woche, mit jeweils<br />

4 Stunden. Mit einem ambitionierten<br />

Stundenplan kamen dadurch<br />

in manchen Wochen schon mal 40<br />

Vorlesungsstunden zusammen – andererseits<br />

blieben aber auch genug<br />

freie Wochen, in denen man die<br />

Stadt, den Rest des Landes und das<br />

naheliegende Baltikum entdecken<br />

konnte. Von St. Petersburg aus kann<br />

man per Bus sehr günstig ins Baltikum<br />

fahren, Helsinki ist weniger als 4<br />

Zugstunden entfernt, und der Rest<br />

des Landes ist gut per Flugzeug erreichbar.<br />

Das wurde von uns auch<br />

ausgiebig genutzt. So habe ich unter<br />

anderem mit einem finnischen Kommilitonen<br />

zusammen eine Tour von<br />

Nowosibirsk per Bahn zurück nach St.<br />

Petersburg gemacht, bei der wir in<br />

vier Städten "couchsurfend" Station<br />

gemacht und das Land und die Russen<br />

sehr direkt kennengelernt haben.<br />

Das bietet sich auch an, denn ehrlich<br />

gesagt: neben den Zentren von Moskau<br />

und St. Petersburg gibt es in den<br />

meisten russischen Städten nur sehr<br />

begrenztes "Sightseeing"-Potential.<br />

Dafür aber umso interessantere Einblicke<br />

in das andere Russland, abseits<br />

der kulturellen Hauptstadt Russ-<br />

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Studium<br />

15<br />

lands – was eine der prägendsten<br />

Erfahrungen dieses Jahres war und<br />

so in St. Petersburg nicht möglich<br />

gewesen wäre. Denn der große<br />

Nachteil des Unisystems ist es, dass<br />

man kaum oder gar nicht mit Russen<br />

in Kontakt kommt. Sowohl in den<br />

Vorlesungen, als auch im Wohnheim<br />

waren wir Ausländer "unter uns".<br />

Dadurch haben sich auch meine<br />

Sprachkenntnisse – trotz 9 Russisch-<br />

Stunden pro Woche – nicht so sehr<br />

verbessert, wie ich mir das vorher<br />

erhofft hatte.<br />

Dafür hatte ich einen bunten, europäischen<br />

Mix, den wir im Wohnheim bildeten,<br />

das war ein tolles Erlebnis, das<br />

das Semester geprägt hat: Finnen,<br />

Franzosen, Deutsche, Spanier, Polen....<br />

Insgesamt 12 Nationen waren<br />

im Wohnheim bunt zusammengewürfelt<br />

– und mein Mitbewohner Bogdan<br />

aus Rumänien, mit dem ich mir ein<br />

Zimmer geteilt habe, war ein echter<br />

Glücksfall, mit dem ich nächtelang<br />

über geschichtliche Fragen, die europäische<br />

Integration oder auch die<br />

Chancen von Borussia Dortmund in<br />

der Champions League diskutieren<br />

konnte.<br />

Es fällt mir schwer, das "Abenteuer"<br />

Russland in Kürze darzustellen – aber<br />

ich kann uneingeschränkt empfehlen,<br />

es selbst auszuprobieren. Die Offenheit<br />

und Herzlichkeit der Russen,<br />

wenn man sie näher kennenlernt, die<br />

Atmosphäre in der Stadt während der<br />

weißen Nächte, wenn die Sonne<br />

kaum noch untergeht oder das Erleben<br />

der Gastfreundschaft, wenn man<br />

zu einem richtigen russischen Abendessen<br />

eingeladen ist: Dafür lohnt es<br />

sich, in die schönste Stadt des größten<br />

Landes der Erde zu fahren – eine<br />

Stadt mit Flair, in der man das Leben<br />

genießen kann.<br />

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Thema<br />

Thema<br />

Grenzen übertanzen<br />

Annemarie Walter<br />

16<br />

Annemarie Walter<br />

annemarie.walter<br />

@s2010.tu-chemnitz.de<br />

Das Experiment: Eine multinationale<br />

Begegnung, bei der die Nationalitäten<br />

einfach mal ignoriert werden. Die<br />

Teilnehmer: 190 Schüler aus Polen,<br />

Tschechien und Deutschland, von<br />

Grund-, Mittel-, Förderschulen und<br />

Gymnasien, 46 Workshopleiter aus<br />

den USA. Das Ziel: eine einstündige<br />

Show – nach zwei Tagen Workshop.<br />

„Polen und Tschechen sind blöd.“<br />

Das saß. Ich kenne die Young Americans<br />

seit acht Jahren, ich weiß, wie<br />

sie arbeiten, was sie schaffen. Jugendgefängnisse,<br />

Gehörlosenschulen,<br />

Schulen, die von Tsunamis verwüstet<br />

waren – die Young Americans<br />

haben in den vergangenen 20 Jahren<br />

auf der ganzen Welt Kinder zum Lachen<br />

gebracht und ihnen Selbstvertrauen<br />

gegeben. Und trotzdem, als<br />

mir mehrere Grundschüler kurz vor<br />

Workshopbeginn diesen Satz servierten,<br />

bekam ich Zweifel.<br />

Dabei sind die Young Americans eine<br />

der wenigen Sachen in der Welt, an<br />

denen man nie zweifeln muss. Nie.<br />

Die Young Americans zu beschreiben<br />

ist für mich ziemlich unmöglich.<br />

Denn die Fakten können nichts von<br />

diesem Glücksgefühl vermitteln, von<br />

der Kraft, von dem, was so ein Workshop<br />

mit einem macht.<br />

Vielleicht sind die Fakten zumindest<br />

ein Ausgangspunkt. Junge Leute aus<br />

den USA und der ganzen Welt gehen<br />

jedes Jahr nach Corona bei Los Angeles<br />

an das “The Young Americans<br />

College of the Performing Arts“. Dort<br />

werden sie ausgebildet in Gesang,<br />

Tanz, Schauspiel, Musik, Psychologie<br />

und Pädagogik. Viele werden<br />

später Schauspieler, Musicaldarsteller,<br />

Produzenten, Tänzer, Choreografen.<br />

(Desperate Housewives beispielsweise<br />

wurde von einem Young<br />

American erfunden.) Aber ganz viele<br />

von ihnen arbeiten nach der Ausbil-<br />

dung mit Kindern, Auslöser dafür sind<br />

meist die “Music Outreach Tours“, ein<br />

besonderes Programm, das sie anhängen<br />

können. Eine Gruppe von 40<br />

bis 50 Young Americans tourt dabei<br />

drei Monate durch die Welt. Alle drei<br />

Tage ein neuer Workshop in einer<br />

neuen Schule, in einem neuen Ort.<br />

Alle drei Tage ein neues Bett, eine<br />

neue Gastfamilie, neue Schüler.<br />

Mit 13 Jahren war ich einer der Schüler.<br />

Die Young Americans strahlten.<br />

Sie tanzten, sie sangen, sie machten<br />

Quatsch, immer und überall. Rissen<br />

uns mit, noch ein Tanz, noch ein Lied,<br />

noch ein Spiel. Trockneten Tränen,<br />

erklärten es langsam, auch fünfmal.<br />

Nie tadelten sie, was auch immer wir<br />

machten, wir wurden gelobt.<br />

“Awesome, you were awesome,<br />

guys!“ Stolz wiederholten wir, was wir<br />

schon so gut konnten – bis es wirklich<br />

saß. Wir schwitzten, wir lachten und<br />

wir wuchsen. Ich begriff, was ich erst<br />

viel später in Worte fassen konnte: Es<br />

geht nicht darum, wie man etwas<br />

macht, sondern dass man es macht,<br />

dass man all seinen Mut zusammennimmt<br />

und etwas wagt. Ich hatte nie<br />

wieder Lampenfieber vor Auftritten.<br />

Gemeinsam mit meinen Eltern organisierte<br />

ich zwei Workshops – mit 16<br />

Jahren für mehrere Erfurter Gymnasien,<br />

mit 18 Jahren für eine Förder- und<br />

meine eigene Schule. Gasteltern, die<br />

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Thema<br />

17<br />

am Abend der Ankunft abspringen,<br />

Essen, das trotz großer Versprechungen<br />

nicht gebracht wird, Schüler, die<br />

nicht mitmachen wollen, „weil das mit<br />

den Behinderten nicht so wird wie<br />

sonst“; ich war für alles gewappnet.<br />

Schließlich hatte ein Vater sich nach<br />

der Aufführung nach der Sache mit<br />

den Behinderten erkundigt, unter nur<br />

90 Teilnehmer waren ihm die 20 Förderschüler<br />

nicht aufgefallen. Mit<br />

Überzeugung stürzte ich mich in mein<br />

nächstes Abenteuer – mein Bachelorprojekt.<br />

Natürlich nicht allein, so verrückt war<br />

ich nicht. Ein Young Americans-<br />

Workshop mit Schülern aus Polen,<br />

Tschechien und Deutschland? Der<br />

Europamanager umarmte mich und<br />

suchte mit mir einen Termin, Mai<br />

2013. Ich suchte eine Gruppe. Im<br />

Frühjahr 2012 waren wir sieben Leute.<br />

Wir hatten Zeit.<br />

Vor dem neuen Schuljahr brauchten<br />

wir gar nicht an die Schulen herantreten,<br />

also begannen wir mit<br />

„unwichtigen“ Dingen: E-Mail-<br />

Adressen und eine dreisprachige<br />

Webseite wurden eingerichtet, all solche<br />

Sachen. Die Finanzer klotzen<br />

schon ordentlich ran, wir wollten die<br />

Teilnehmerbeiträge stützen, Anfahrt<br />

und Unterbringung von Polen und<br />

Tschechen mussten bezahlt werden,<br />

eine Aufführungshalle, ein Teil des<br />

Essens, … Es war zu viel, um nur bei<br />

ein paar Firmen Klinken zu putzen.<br />

Doch bei den Förderwerken taten sich<br />

unerwartete Probleme auf. Die Teilnehmer<br />

des dritten Landes konnten<br />

nicht oder nur sehr wenig gefördert<br />

werden, Amerikaner als Workshopleiter<br />

waren gleich ein Ausschlusskriterium;<br />

die Liste war lang. Während die<br />

Finanzer suchten und suchten, machten<br />

wir weiter fleißig Pläne. Überlegten<br />

uns ein Konzept für Begegnungsarbeit,<br />

damit die Kinder sich vor dem<br />

Workshop kennenlernen konnten. Recherchierten,<br />

welche Schulen in Zittau<br />

Partnerschulen in Tschechien und<br />

Polen haben. Fuhren nach Zittau,<br />

schauten uns potentielle Aufführungsorte<br />

an, ließen uns im Büro für Internationale<br />

Zusammenarbeit beraten.<br />

Zittau, das stand von Anfang an fest.<br />

Keine Stadt im Dreiländereck hat eine<br />

bessere Lage. Wir bekamen Ideen<br />

und Ansprechpartner, die Stadt gefiel<br />

uns.<br />

Prüfungsphase, Sommer und dann<br />

September. Zwei von uns gingen ins<br />

Erasmus-Semester. Die erste Schule<br />

sagte ab, es gab immer noch kein Finanzierungskonzept.<br />

Ich war in Olomouc,<br />

entdeckte die Stadt und die<br />

<strong>Universität</strong>, fuhr noch auf ein längeres<br />

Seminar. Verließ mich auf die Gruppe<br />

in Deutschland.<br />

Doch meine Gruppe wusste langsam<br />

nicht mehr wohin mit sich. Woher sollte<br />

das Geld kommen? Wie kann man<br />

Schulen zur Teilnahme bringen, wenn<br />

man ihnen nicht mal ein Finanzierungskonzept<br />

vorlegen kann? Es kam<br />

ein vorsichtiger Vorschlag für einen<br />

binationalen Workshop. Ich widersprach.<br />

Wir hatten nichts in der Hand,<br />

nur eine Idee und ein Datum. Für<br />

mich war das nichts Neues, ich wusste,<br />

worauf wir hinarbeiteten, ich<br />

brannte dafür. Und genau hier unterschätzte<br />

ich gleich zwei Dinge: Wir<br />

entschieden alles demokratisch, aber<br />

trotzdem war es meine Idee, ich hatte<br />

die Erfahrung, von mir wurden in diesem<br />

Moment Antworten erwartet.<br />

Doch ich hatte keine. Meine Antwort<br />

war meine Überzeugung: Dieses Projekt<br />

konnte nicht scheitern. Niemand<br />

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Thema<br />

18<br />

kannte die Young Americans, woher<br />

sollten sie das Vertrauen haben? Das<br />

Problem verstand ich nicht. Im Oktober<br />

brach die Gruppe zusammen.<br />

Es gab eine Krisensitzung, ich sah<br />

ein, dass wir Bi-, vielleicht sogar Mononationalität<br />

ins Auge fassen mussten.<br />

Wir erstellten wieder Pläne, diesmal<br />

präziser, Görlitz wurde in Erwägung<br />

gezogen. Noch mehr Grenznähe<br />

ging nun wirklich nicht. Der neue<br />

Plan schaffte Überblick und brachte<br />

im ersten Moment Erleichterung. Geändert<br />

hatte sich nichts, keine Schulen,<br />

kein Aufführungsort, kein Geld.<br />

Fragen und Antworten blieben dieselben.<br />

Wir drehten uns im Kreis. Wozu<br />

der Plan? Ich bestand auf der Trinationalität,<br />

es änderte eh nichts. Eine<br />

nach der anderen stieg aus, verübeln<br />

konnte ich es keiner.<br />

Realistisch betrachtet war das Projekt<br />

am Ende. Es brauchte schon einiges,<br />

um die Fakten zu ignorieren. Mitte<br />

November saß ich in Olomouc und<br />

hatte nichts, nichts außer fünfeinhalb<br />

Monaten, einer Homepage und fünf<br />

Mailadressen. Selbst meine Eltern<br />

sagten mir, dass ich die Projektgröße<br />

doch noch einmal überdenken solle.<br />

Aufhören? Konsequenzen hätte das<br />

keine gehabt. Dem Europamanager<br />

hätte ich nie wieder unter die Augen<br />

treten können. Er hatte mir vertraut.<br />

Ich ignorierte die Fakten.<br />

Für Rosinenpickerei war keine Zeit<br />

mehr, ich suchte alle Grund-, Mittel-,<br />

Förderschulen und Gymnasien in<br />

Zittau heraus und schrieb sie gleichzeitig<br />

an. Fast allen telefonierte ich<br />

hinterher, oft sprach ich drei, vier Mal<br />

mit Sekretärinnen, Lehrern und<br />

Schulleitern. Drei Schulen zeigten<br />

Interesse, eine Mittel-, eine Grundund<br />

eine Förderschule.<br />

Sobald ich Weihnachten wieder in<br />

Deutschland war, fuhr mein Vater mit<br />

mir nach Zittau, über 300 Kilometer<br />

hin und wieder zurück. Alle drei<br />

Schulen sagten zu, unter Vorbehalt.<br />

Mein wichtigster Ansprechpartner<br />

würde Frau Kushmann sein, die<br />

Schulleiterin der Mittelschule am<br />

Burgteich. Die Teilnehmerbeiträge<br />

mussten gestützt werden, trotz der<br />

schönen Fassaden gibt es kein Geld<br />

in der Region. Das Finanzierungsproblem<br />

wuchs an, auf rund 5.500<br />

Euro.<br />

Vor Weihnachten telefonierte ich,<br />

nach Weihnachten telefonierte ich.<br />

Hausarbeiten hatte ich auf Eis gelegt.<br />

Tanz, Musik und strahlende Gesichter<br />

hatten Vorrang. Die Sächsische Bildungsagentur<br />

blieb lange Zeit der einzige<br />

Erfolg. Eine Kooperation mit dem<br />

trinationalen Neissefilmfestival schlug<br />

fehl, Supermärkte dürfen keine Lebensmittel<br />

spenden; Autohäuser, Banken,<br />

Versicherungen, Spülmittelproduzenten,<br />

Bäckereien, Fleischereien,<br />

örtliche Stiftungen. Ob Sach- oder<br />

Geldspenden, fast niemand war bereit<br />

dazu, Fristen waren abgelaufen.<br />

Inzwischen mussten fast 8.000 Euro<br />

aufgebracht werden, es würde zu<br />

schwer sein, in Zittau Gastfamilien für<br />

die Young Americans zu finden, Erfahrung.<br />

Ende Februar hatte ich Zusagen<br />

für 2.500 Euro und 20 kg Äpfel.<br />

Beim Klingeln meines Handys zuckte<br />

ich zusammen, wollte wieder jemand<br />

den aktuellen Stand abfragen?<br />

Anfang März wurde es auch Frau<br />

Kushmann zu heiß. Sie stellten ihren<br />

Schülern das Projekt vor. Deren „Ja“<br />

entschied. Endlich verstand ich, wofür<br />

Frau Kushmann brennt: ihre Schüler.<br />

Für sie würde sie ganz Zittau auf den<br />

Kopf stellen. Und wie sie das tat.<br />

Nach 48 Stunden hatte sie unser Guthaben<br />

verdoppelt. Sie kam an Töpfe<br />

ran, von denen ich nicht einmal erfuhr.<br />

Erst jetzt begriff ich, wie viel es wert<br />

ist, wie viel es wirklich ausmacht, vor<br />

Ort zu sein und dort ein Netzwerk zu<br />

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Thema<br />

19<br />

haben.<br />

Plötzlich hatten wir Geld und einen<br />

Aufführungsort. Frau Kushmann und<br />

ich kollidierten immer wieder. Das<br />

Projekt glitt mir aus den Händen, ich<br />

war für nichts mehr zuständig. Die<br />

Burgteichschule lädt ein. Wir waren<br />

beide mit ganzem Herzen dabei, ohne<br />

Rücksicht.<br />

Es blieb trotzdem noch genügend zu<br />

tun: Infoblätter, pädagogisches Konzept,<br />

Pressemitteilung mussten erstellt,<br />

Facebook-Seite, Plakate und<br />

Eintrittskarten gestaltet, ein Fotograf<br />

gesucht, noch ein paar Partnerschulen<br />

kontaktiert werden. Am Ende hatten<br />

wir 190 Schüler aus Zittau, Sulików,<br />

Krásná Lípa und Hrádek nad<br />

Nisou.<br />

Ende April fuhr ich wieder nach<br />

Deutschland, gemeinsam mit meinen<br />

Eltern dann nach Zittau. Die ganze<br />

Stadt war gepflastert mit den Plakaten,<br />

die der Manager des Westparkcenters<br />

gedruckt hatte, genauso<br />

wie Flyer und Eintrittskarten, alles auf<br />

eigene Faust. Offensichtlich hatten<br />

wir drei uns wirklich gefunden.<br />

Am 29. April kam der Bus. Aus allen<br />

Fenstern hingen die Köpfe der Schüler.<br />

Frau Kushmann kümmerte sich<br />

um die Schule, ich wurde normale<br />

Teilnehmerin. Und die Young Americans<br />

übernahmen. Lehrer klatschten<br />

begeistert, Schüler wippten schüchtern<br />

mit. Lange konnte keiner den<br />

quirligen, strahlenden Amerikanern<br />

wiederstehen. Es lief einfach. Wie<br />

gewohnt und gleichzeitig unfassbar<br />

nach all den Monaten.<br />

Schüler, Lehrer, meine Eltern, überall<br />

waren Helfer, alles war organisiert.<br />

Fehlendes Wasser, ein gerissenes<br />

Trommelfell, kaputte Füße: Ich musste<br />

nur vermitteln und übersetzen. Für<br />

alles gab es Ansprechpartner, das<br />

größte Geschenk überhaupt. Ich<br />

konnte beim Workshop mitmachen.<br />

Die Klassengrüppchen lösten sich<br />

recht schnell auf, nur zwei größere<br />

Ansammlungen sah man: Eine umringte<br />

die polnische Young American,<br />

die andere mich. Die Tschechen waren<br />

unsicher, wollten alles nochmal<br />

übersetzt haben. Am zweiten Tag<br />

wurden es immer weniger, ich konnte<br />

sie gar nicht mehr ausmachen, überall<br />

Freundesgrüppchen. Nur eine hing<br />

noch an meinem Rockzipfel – zur Aufführung<br />

stand sie immer ganz vorn,<br />

sang und tanzte mit einem unbeschreiblichen<br />

Feuer. Der Blick des<br />

Europamanagers sagte alles. Wenn<br />

sie will, wird sie die erste Tschechin<br />

und die erste Roma bei den Young<br />

Americans sein.<br />

„Polen und Tschechen sind blöd.“ Die<br />

Gruppen wurden kleiner, Polen,<br />

Tschechen und Deutsche gingen aufeinander<br />

zu, probierten ihre Sprachkenntnisse<br />

aus. Hatte ich wirklich geglaubt,<br />

ohne vorhergehende Begegnungsarbeit<br />

könnte es schwierig werden?<br />

An den Young Americans zu<br />

zweifeln ist reine Zeitverschwendung.<br />

Langsam habe ich ein bisschen Routine,<br />

es war mein vierter Workshop. So<br />

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Thema<br />

20<br />

konnte ich nach links und rechts<br />

schauen und zugucken, wie die<br />

Schüler aufblühten, wie sie Selbstvertrauen<br />

gewannen, sah sie nach Hause<br />

tanzen, las bei Facebook, dass ein<br />

Junge unter der Dusche die Lieder<br />

gesungen hatte. Ich stand daneben,<br />

als Klassenkameraden sich über einen<br />

Jungen mit Gesangssolo lustig<br />

machten, er hatte einen gute Stimme<br />

und traf nie den Takt. „Diesen“ Schüler<br />

gibt es bei jedem Workshop. Die<br />

Young Americans wählen nicht einfach<br />

Talente. Es gibt immer noch einen<br />

zweiten Grund, warum jemand<br />

ein Solo singt, tanzt, spricht oder<br />

spielt. Einen Tag nach der Aufführung<br />

sah ich ihn wieder. Er lief über<br />

diesen breiten Gang, die Schultern<br />

hielt er straff zurück, den Kopf hoch,<br />

die Daumen steckten locker in den<br />

Gürtelschlaufen und er machte weite,<br />

raumgreifende Schritte. Wie soll man<br />

beschreiben, was die Young Americans<br />

verändern?<br />

Auf der Straße warb ich für die Aufführung.<br />

Immer wieder: Bayern spielt<br />

doch. Das Westparkcenter war ein<br />

hohes Risiko eingegangen, das Ereignis<br />

des Jahres stand bevor – wie<br />

konnte Bayern es wagen, am ersten<br />

Mai zu spielen? Wir bangten.<br />

Eine Stunde vor Beginn stand eine<br />

lange Schlange vor der Tür. Über 600<br />

Leute wollten zuschauen. Die Young<br />

Americans feierten: die Musik, den<br />

Tanz, die Welt. Das Lampenfieber der<br />

Schüler legte sich, die Show riss sie<br />

mit. Dann durften wir auf die Bühne,<br />

fast eine Stunde, nach nur zwei Tagen.<br />

Und plötzlich war es vorbei.<br />

Überall Tränen, überall glückliche Gesichter.<br />

Dinge, die bleiben, weil sie<br />

unbeschreiblich sind.<br />

Am nächsten Tag eine ruhige Abreise<br />

der Young Americans, ein Abschlussgespräch.<br />

Frau Kushmann erzählte,<br />

dass die Teilnehmer vor dem Workshop<br />

von anderen immer wieder gemobbt<br />

worden waren, doch nun hätte<br />

sich das Blatt komplett gewendet. Die<br />

Teilnehmer wären geschlossen in ihren<br />

Shirts zur Schule gekommen und<br />

die anderen hätten sie fast ehrfürchtig<br />

über den Workshop und die Amerikaner<br />

ausgefragt; unter den Teilnehmern<br />

sei ein ganz neues Zusammengehörigkeitsgefühl<br />

entstanden.<br />

Sie hat mit dem Europamanager einen<br />

neuen Termin für 2016 vereinbart,<br />

die Schule in Krásná Lípa organisiert<br />

für Juni 2014 einen multinationalen<br />

Workshop . Die Young Americans<br />

touren inzwischen in fast allen<br />

europäischen Ländern, in Tschechien<br />

wird es der erste sein.<br />

Ein Teilnehmer schrieb mir nach dem<br />

Workshop: „Es war eine Gemeinschaft,<br />

alle haben für ein Stück beigetragen<br />

für diese Show, egal ob nun<br />

Hauptschüler, Realschüler, Grundschüler<br />

oder Förderschüler. Jeder hat<br />

Schweiß auf der Bühne gelassen und<br />

gezeigt, was in ihm steckt. Man spürte<br />

keine große Gruppenbildung, sondern<br />

es waren alle eine Gruppe ...die Y-<br />

oung Americans...“<br />

Wenn dieser Gedanke, dieses Gefühl<br />

bleibt und von den Schülern, den Lehrern,<br />

den Eltern und den Zuschauern<br />

weitergetragen wird, dann hat der<br />

Workshop sein Ziel erreicht<br />

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Thema<br />

21<br />

Wenn man sich für ein Auslandssemester<br />

im wilden und von Deutschland,<br />

ja sogar noch von Moskau<br />

(immerhin 4 Flugstunden) ziemlich<br />

weit entfernten sibirischen Tomsk<br />

entscheidet, denkt man zunächst an<br />

die üblichen Klischees: Kälte, Kälte<br />

und Kälte.<br />

Doch Tomsk hat viel mehr zu bieten<br />

als Temperaturen unter -25 Grad,<br />

und das zu überleben wird von einigen<br />

ja schon fast als Grenzerfahrung<br />

angesehen.<br />

Neben der Möglichkeit, ein überaus<br />

interessantes Semester an der Polytechnischen<br />

<strong>Universität</strong> zu absolvieren,<br />

sich mit Blinijs die Mägen vollzustopfen,<br />

den sicheren Gang einer<br />

Russin auf spiegelglatten Bürgersteigen<br />

zu erlernen (Fehlversuche inklusive)<br />

oder sich einfach in die Eisenbahn<br />

zu setzen und der Transsibirischen<br />

Magistrale bis zum atemberaubenden<br />

Baikalsee zu folgen, gibt es<br />

auch die Möglichkeit, die Russen so<br />

richtig kennenzulernen. Zu erfahren,<br />

was für Wünsche und Träume sie<br />

haben, was sie ärgert, was sie lieben<br />

oder warum Russen es überhaupt<br />

gar nicht verstehen, warum diese<br />

ganzen Europäer so scharf darauf<br />

sind, sich 30 Stunden lang in einen<br />

russischen, schlecht belüfteten und<br />

völlig überfüllten Zug zu setzen, nur<br />

um dann eben diesen See zu sehen.<br />

Was ist an einem See denn bitte so<br />

besonders?!<br />

Die Möglichkeit zu diesem interkulturellen<br />

Austausch bietet das Zentrum<br />

für deutsche Sprache – Partner des<br />

Goethe-Instituts – Tomsk.<br />

Dort ist es für Studierende aus<br />

Deutschland nämlich möglich, während<br />

des Aufenthaltes in Tomsk ein<br />

Praktikum zu absolvieren. Natürlich<br />

kein 40h/Woche-Praktikum im klassischen<br />

Sinne, aber Unterstützung von<br />

Seiten deutscher Muttersprachler ist<br />

dort immer gerne gesehen. Und die<br />

Tandem in Tomsk<br />

Eilyne Pasche<br />

Unterstützung kann ganz unterschiedlich<br />

aussehen. Im Zentrum für deutsche<br />

Sprache werden, wie der Name<br />

vermuten lässt, Deutschkurse verschiedener<br />

Niveaus angeboten. Nun<br />

mag sich manch einer fragen:<br />

Deutschkurse in Sibirien? Gibt es dort<br />

überhaupt Interessenten? Ja, die gibt<br />

es und nicht zu wenige. Zum einen<br />

gibt es in einigen Schulen die Möglichkeit<br />

zwischen Englisch und<br />

Deutsch als Fremdsprache zu wählen<br />

und zum anderen ist das Interesse<br />

historisch bedingt. In Tomsk gibt es<br />

noch eine relativ große Anzahl sogenannter<br />

„Russlanddeutscher“, die von<br />

Generation zu Generation die Sprache<br />

als kulturelles Erbe weitergegeben<br />

haben und entweder aus eigenem<br />

Interesse an den Kursen teilnehmen<br />

oder eben ihre Kinder schicken,<br />

damit diese Deutsch von den Grundzügen<br />

an erlernen können.<br />

Aber zurück zum Praktikum:<br />

An den angebotenen Deutschkursen<br />

im Sprachenzentrum kann man als<br />

Muttersprachler teilnehmen und eben<br />

diese durch seine Erfahrungen oder<br />

einfachen Erzählungen, wie es sich<br />

im fernen Deutschland denn so lebt,<br />

bereichern. Nach einiger Zeit besteht<br />

sogar die Möglichkeit, einzelne Teile<br />

des Unterrichts zu übernehmen und<br />

diese sodann aktiv mitzugestalten.<br />

Des Weiteren gab es die Möglichkeit,<br />

an dem Projekt „Tandem“ mitzuwirken,<br />

welches noch in den Kinderschuhen<br />

steckte, aber dennoch sofort Anklang<br />

fand. Da es bei diesem Projekt<br />

möglich war, auch die eigenen Russischkenntnisse<br />

zu verbessern, entschied<br />

ich mich dafür.<br />

Je nachdem, wie viel Platz im eigenen<br />

Stundenplan ist, wird man 1 - 2<br />

Mal pro Woche für eine Stunde eingeteilt.<br />

Die anfangs etwas befremdlich<br />

wirkende Situation, einem fremden<br />

Menschen gegenüberzusitzen und zu<br />

wissen „So, für die nächste Stunde<br />

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Thema<br />

22<br />

muss ich mich mit ihm/ihr unterhalten.<br />

Worüber auch immer!“, entschärfte<br />

sich in meinem Fall schon<br />

innerhalb der ersten Minuten. Tandemtreffen<br />

sind so eingeteilt, dass<br />

nach Möglichkeit in einer Hälfte auf<br />

Russisch und in der anderen dann<br />

eben auf Deutsch eine Unterhaltung<br />

geführt wird. Bei einigen Treffen sind<br />

Themen vorgegeben oder zumindest<br />

die Interessensgebiete des Gegenübers<br />

im Vorhinein bekannt, sodass<br />

eine Vorbereitung möglich ist, in anderen<br />

Fällen wird man aber auch einfach<br />

ins kalte Wasser geschmissen.<br />

Da die meisten Teilnehmer aber ein<br />

immenses Interesse an Deutschland<br />

haben, wird man sogleich mit Fragen<br />

überhäuft: Wie ist das Leben in<br />

Deutschland? Wie lebt es sich ohne<br />

so einen langen Winter? Man muss<br />

nicht drei Tage mit der Bahn reisen,<br />

um seine Eltern zu besuchen? Vorurteile<br />

werden zur Sprache gebracht<br />

und hinterfragt: Stimmt es, dass die<br />

Frauen in Deutschland sich nicht<br />

schminken? Sind die Deutschen<br />

wirklich so fleißig und ordentlich?<br />

Und wie ist das nochmal mit den Autobahnen,<br />

kann man wirklich überall<br />

so schnell fahren wie man will?<br />

Es macht Freude, ebensolche Fragen<br />

auch an das Gegenüber zu stellen,<br />

gemeinsam über die Vorurteile zu<br />

lachen, und in vielen steckt ja auch<br />

ein Körnchen Wahrheit. Man erfährt<br />

viel über sich selbst und natürlich über<br />

Russland. Man lernt Russland ein<br />

bisschen besser kennen, eben weil<br />

man die Menschen kennenlernt…<br />

verschiedene Menschen, mit verschiedenen<br />

Sichtweisen und verschiedenen<br />

Idealen.<br />

Und eines wurde immer wieder überdeutlich:<br />

Die Tomsker freuen sich, jemanden<br />

aus Deutschland zu treffen,<br />

sie freuen sich, mit ihm in Deutsch<br />

kommunizieren zu können, halten die<br />

vielbeschworene deutsch-russische<br />

Freundschaft in allen Ehren und sind<br />

unfassbar stolz darauf, dass Angela<br />

Merkel 2006 in ihrer Stadt zu Besuch<br />

war.<br />

Ich kann nur hoffen, dass russische<br />

Studenten etwas Ähnliches erfahren,<br />

wenn sie zu einem Auslandssemester<br />

nach Deutschland aufbrechen.<br />

Allen, die nach Tomsk aufbrechen,<br />

kann ich ein Praktikum beim Zentrum<br />

für deutsche Sprache in Tomsk nur<br />

wärmstens ans Herz legen.<br />

Leben in Sarajevo<br />

Theresa Kiunke<br />

Sarajevo – ein Jahr Sarajevo. Ich<br />

weiß gar nicht wo ich anfangen soll.<br />

Die Altstadt – die Berge – mein Zuhause<br />

– die Menschen – der Fluss.<br />

Vielleicht fange ich am besten beim<br />

Wetter an. Am ersten April sollte<br />

mein Praktikum beginnen. Also freute<br />

ich mich auf eine tolle Frühlingszeit.<br />

Aber anstatt mit Krokussen, Osterglocken<br />

und Narzissen empfangen<br />

zu werden, blühte die Stadt in wunderschönem<br />

nassen Weiß.<br />

Ich bahnte mir mit meinen 17 Taschen<br />

einen Weg durch den Schnee,<br />

die steilste Straße, die ich bis dahin<br />

gesehen hatte, hinauf, bis zu meiner<br />

neuen Bleibe. In meinem Zuhause<br />

angekommen, wurde ich mehr als belohnt<br />

für die Strapazen des Weges:<br />

Vom Wohnzimmer aus hatte ich einen<br />

atemberaubenden Blick über ganz<br />

Sarajevo – unglaublich toll! Und ganz<br />

unterschiedlich je nach Tageszeit und<br />

Wetter.<br />

Leider konnte ich nicht all zu lang die<br />

schöne Aussicht genießen, denn nach<br />

einem Monat hatte ich genug von meinem<br />

Vermieter, der offensichtlich<br />

ständig vergaß, dass er die Wohnung<br />

vermietet hatte. Zumindest hielt er<br />

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Thema<br />

23<br />

Theresa Kiunke<br />

anna-theresa.kiunke<br />

@s2010.tu-chemnitz.de<br />

sich liebend gerne in meiner Wohnung<br />

auf.<br />

Bei 36°C und strahlendem Sonnenschein<br />

machte ich mich also auf den<br />

Weg, eine neue Wohnung zu finden.<br />

Sonnenbrand bekam ich gratis zu<br />

meiner neuen Traumwohnung dazu.<br />

Ich konnte gleich am nächsten Tag<br />

bei Schneegestöber einziehen. Im<br />

Mai!<br />

Von nun an lebte ich mit meiner lieben<br />

Mitbewohnerin Aida zusammen.<br />

Während des Jahres habe ich in drei<br />

verschiedenen Organisationen Praktikum<br />

gemacht. Alle drei beschäftigen<br />

sich mit Menschenrechten, aber<br />

aus unterschiedlichen Perspektiven.<br />

Ich war dabei als Übersetzerin tätig,<br />

bereitete ein Festival mit vor und<br />

nahm an vielen Seminaren und Veranstaltungen<br />

teil.<br />

Jeden Morgen auf meinem Weg zur<br />

Arbeit unternahm ich eine kleine Zeitreise<br />

durch die Geschichte Sarajevos.<br />

Los ging es in meinem Stadtteil.<br />

Seine Häuser wurden hauptsächlich<br />

nach 1996 gebaut. Als<br />

nächstes ging es, entlang des Flusses,<br />

durch die Tito-Zeit mit ihren Plattenbauten.<br />

Meine Organisationen<br />

befanden sich alle in dem Teil der<br />

Stadt, der durch die großzügigen Gebäude<br />

aus der Zeit Österreich-<br />

Ungarns zu erkennen ist. Nach getaner<br />

Arbeit konnte ich dann für den<br />

Nachmittagskaffe in die Altstadt –<br />

Baščaršija – schlendern. Sie entstand<br />

im 15. Jahrhundert, der Zeit,<br />

als Bosnien zum Osmanischen Reich<br />

gehörte.<br />

Unglaublich toll sind die Märkte. Im<br />

Sommer gibt es hier einfach alles. Es<br />

fängt an bei 50 cm großen Melonen<br />

und geht bis zu handgroßen Tomaten<br />

(ich liebe Tomaten, müsst ihr wissen).<br />

Und alles schmeckt so intensiv<br />

und lecker! Neben Obst und Gemüse<br />

gibt es auch Milch- und Fleischprodukte<br />

genauso wie Socken, Trillerpfeifen<br />

und Vorhänge.<br />

Kulturell ist Sarajevo kaum zu übertreffen,<br />

ständig gibt es Ausstellungen,<br />

Festivals, Konzerte,... In der Stadt gibt<br />

es mehrere Kinos, viele tolle Klubs<br />

und Bars, Kulturzentren, und das Theater<br />

kann man als Studentin sogar<br />

umsonst besuchen.<br />

Sarajevo liegt inmitten von Bergen,<br />

die fast bis zu zweitausend Meter<br />

hoch sind. Sie sind wunderbar zum<br />

Wandern, um aus der lauten Stadt zu<br />

entkommen und um die phantastische<br />

Aussicht zu genießen, und auch zum<br />

Skifahren. Toll ist der Park, der um die<br />

Quelle des Flusses Bosna – er gab<br />

übrigens dem Land seinen Namen –<br />

gestaltet wurde.<br />

Ich habe Sarajevo in seiner Vielfalt,<br />

seiner Geschichtsträchtigkeit, seiner<br />

Unperfektheit und mit seinen unendlich<br />

vielen Facetten lieben gelernt und<br />

mich ganz zu Hause gefühlt. Ich werde<br />

immer wieder zurückkommen, um<br />

jedes Mal ein neues Gesicht der Stadt<br />

kennenzulernen. Ich lade euch ein –<br />

setzt euch ein paar Stunden in den<br />

Zug – und geht auf Entdeckungsreise<br />

in Sarajevo!<br />

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Thema<br />

24<br />

Kristin Sandfort<br />

k.sandfort<br />

@yahoo.de<br />

Wikis, Twitter, Facebook – Soziale Medien<br />

in der Entwicklungszusammenarbeit<br />

Kristin Sandfort<br />

Bauern in Kenia steigern ihre Milchproduktion<br />

und verbessern die Gesundheit<br />

ihrer Kühe, indem eine App<br />

sie per SMS an Fütterungs- und<br />

Melkzeiten erinnert; auch Menschen<br />

ohne Konto können Geld an ihre Familien<br />

überweisen – per Mobiltelefon;<br />

Absolventen im Westjordanland<br />

schaffen ihren Berufseinstieg via<br />

SMS; und Bürger in ländlichen Gebieten<br />

können ihren Behörden mitteilen,<br />

wenn etwas nicht funktioniert.<br />

Soziale Medien bedeuten weit mehr<br />

als Öffentlichkeitsarbeit und PR per<br />

Facebook und Twitter. Sie erleichtern<br />

den Austausch von Wissen, fördern<br />

die Zusammenarbeit und ermöglichen<br />

einen neuen, interaktiven Dialog.<br />

Jeder kann Inhalte weiterentwickeln,<br />

zur Verfügung stellen und beziehen.<br />

Das fördert Transparenz,<br />

bringt Menschen zusammen und gibt<br />

jedem Nutzer eine Stimme. Diese<br />

positiven Eigenschaften entdecken<br />

und nutzen nun internationale Akteure<br />

in der Entwicklungszusammenarbeit<br />

für sich. Wie können in den Partnerländern<br />

die Empfänger von Leistungen<br />

und Angeboten diese mitgestalten,<br />

sodass sie direkt an den Bedarfen<br />

andocken und so nachhaltig<br />

wirken können? Wie können Organisationen<br />

wie die Deutsche Gesellschaft<br />

für Internationale Zusammenarbeit<br />

(GIZ) GmbH die Vorteile Sozialer<br />

Medien in ihren Programmen nutzen?<br />

Die letzten 6 Monate habe ich mich<br />

hauptsächlich mit diesen Themen<br />

beschäftigt – im Rahmen meines<br />

Praktikums bei der GIZ in der Stabstelle<br />

Unternehmensentwicklung. Unternehmensentwicklung,<br />

GIZ und<br />

Social Media – wie passt das genau<br />

zusammen?<br />

Die Aufgaben der Unternehmensentwicklung<br />

sind sehr vielfältig. Eine davon<br />

besteht darin, Innovationen und<br />

Ideen aufzunehmen, weiterzuentwickeln<br />

und dann ins Unternehmen zu<br />

tragen. Die arabische Revolution ließ<br />

viele erkennen, wie sehr Soziale Medien<br />

unser Leben mittlerweile beeinflussen<br />

und welche Chancen und Risiken<br />

mit ihnen einhergehen. Um den Trend<br />

nicht an sich vorbeirauschen zu lassen,<br />

initiierte der Vorstand einen Strategieprozess,<br />

der das Unternehmen<br />

befähigen soll, Soziale Medien in seiner<br />

Arbeit einzusetzen. Bisher wurden<br />

im Rahmen des Prozesses Guidelines<br />

erstellt, ein internes Beratungsangebot<br />

geschaffen und das Thema im Unternehmen<br />

verankert und bekannt gemacht.<br />

Letztendlich beschäftigt sich die Stabstelle<br />

mit relativ kleinteiligen Aufgaben.<br />

Da die meisten Prozesse in sehr<br />

enger Kooperation mit verschiedenen<br />

Organisationseinheiten stattfinden,<br />

sind diese langwierig und hin und wieder<br />

schwerfällig. Ich war damit betraut,<br />

im Intranet der GIZ regelmäßig Berichte<br />

über unsere Arbeit und Entwicklungen<br />

zu veröffentlichen und externe<br />

sowie interne „Best Practices“ vorzustellen.<br />

So konnten wir unser Netzwerk<br />

von Social Media-affinen und<br />

-interessierten Mitarbeiterinnen und<br />

Mitarbeitern erweitern. Ein weiterer<br />

Baustein stellte der Aufbau einer Online-Plattform<br />

dar, in deren Zentrum der<br />

dezentrale Austausch von Wissen,<br />

Erfahrungen, Informationen und Kontakten<br />

steht. Die Lösung sollte möglichst<br />

intern sein, da viele Probleme<br />

und Diskussionen sehr GIZ-spezifisch<br />

sind und die Plattform eine Beratung<br />

ermöglichen soll.<br />

Ich hatte auch die Möglichkeit, andere<br />

Aufgabenbereiche der Stabstelle kennenzulernen<br />

und dort mitzuarbeiten.<br />

Die Stabstelle betreut hier die Partnerschaften<br />

mit NGOs wie Misereor, Venro<br />

und CARE und bereitet Treffen zwischen<br />

den Leitungen vor.<br />

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Thema<br />

25<br />

Des Weiteren beschäftigt sie sich mit<br />

dem Thema „Qualität“: Wie schätzen<br />

unsere Auftraggeber die Angebote,<br />

Arbeit und Ergebnisse der GIZ ein?<br />

Was wird von ihr erwartet? Und was<br />

erwarten die Mitarbeiter von ihr? Es<br />

geht dabei auch um Themen wie der<br />

Fehler- und Lernkultur im Unternehmen.<br />

Ein Praktikum in der Stabstelle Unternehmensentwicklung<br />

ist kein GIZbzw.<br />

EZ-typisches Praktikum. Hier<br />

geht es weniger um Fachlichkeit als<br />

um die strategische Entwicklung des<br />

Unternehmens. Dabei hatte ich die<br />

Möglichkeit, die Arbeitsweise eines<br />

so großen Unternehmens kennen<br />

und verstehen zu lernen und einen<br />

guten Überblick über Struktur, Abläufe<br />

und Themen zu bekommen. Die<br />

GIZ bietet sehr viele Möglichkeiten,<br />

ob in Deutschland oder im Ausland.<br />

Nicht nur die Einsatzländer, sondern<br />

auch die Themenbereiche sind sehr<br />

vielfältig. Die Praktika sind vergütet<br />

und auch für Absolventen zugänglich.<br />

Für uns Europa-Studenten bietet die<br />

GIZ insofern „neue“ Möglichkeiten,<br />

als dass sie sich von der klassischen<br />

Entwicklungszusammenarbeit (EZ)<br />

hin zu einem Akteur in der Internationalen<br />

Zusammenarbeit entwickelt.<br />

Das bedeutet, dass sie nicht nur in<br />

EZ-Partnerländern in Afrika, Asien<br />

und Südamerika tätig ist, sondern<br />

sich verstärkt um Aufträge in europäischen<br />

und nordamerikanischen Ländern<br />

bemüht.<br />

Praktikum im Deutsch-Russischen Kulturinstitut Dresden<br />

Christin Schob<br />

Christin Schob<br />

christin.schob<br />

@s2011.tu-chemnitz.de<br />

Nach einem Auslandssemester an<br />

der Partneruniversität in Tomsk entschied<br />

ich mich, nach meiner Rückkehr<br />

in Deutschland die lange Semesterpause<br />

für ein Praktikum zu<br />

nutzen.<br />

Auf der Suche nach Praktikumsmöglichkeiten<br />

stieß ich auf das Deutsch-<br />

Russische Kulturinstitut in Dresden.<br />

Da dieses keine Praktikumsstellen<br />

ausschreibt, bewarb ich mich initiativ<br />

und erhielt auch schon ein paar Tage<br />

später eine positive Rückmeldung.<br />

Das Deutsch-Russische Kulturinstitut<br />

(DRKI) ist ein gemeinnütziger Verein,<br />

der sich nun seit mehr als 20 Jahren<br />

hauptsächlich für eine Förderung des<br />

Deutsch-Russischen Kulturraumes<br />

engagiert. Regelmäßig finden hierzu<br />

verschiedene Veranstaltungen, wie<br />

z.B. Lesungen oder Konzerte, statt.<br />

So fand während meines Praktikums<br />

ein Vortrag und ein Konzert zu Ehren<br />

des berühmten russischen Komponisten<br />

Rachmaninow statt.<br />

Außerdem besitzt der Verein eine<br />

eigene Bibliothek, die „Dostojewskij-<br />

Bibliothek“, sowie ein Servicebüro.<br />

Hier wird Migranten mit russischer<br />

Staatsbürgerschaft Hilfe bei konsularischen<br />

Angelegenheiten angeboten.<br />

Zum Beispiel wird den Migranten bei<br />

der Beantragung der Rente der russischen<br />

Föderation mit der Auszahlung<br />

nach Deutschland geholfen.<br />

Zu meinen Aufgaben während der 8<br />

Wochen zählten hauptsächlich orga-<br />

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Thema<br />

26<br />

nisatorische sowie Recherchearbeiten.<br />

So half ich zum Beispiel bei der<br />

Vorbereitung, Begleitung sowie Betreuung<br />

des Tanz- und Gesangsensembles<br />

Edelweiß aus St. Petersburg.<br />

Die Kinder und Jugendlichen im<br />

Alter von 13 bis 17 Jahren hatten<br />

beim diesjährigen Stadtfest in Dresden<br />

gleich zwei Auftritte.<br />

Im Rahmen der Städtepartnerschaft<br />

zwischen Dresden und St. Petersburg<br />

beantragte ich bei der Stadt Zuschüsse<br />

für die Finanzierung des<br />

„Edelweiß-Projektes“. Aber auch kleinere<br />

administrative, teilweise auch<br />

etwas unliebsame Aufgaben, wie das<br />

Einscannen von Dokumenten oder<br />

Reisepässen gehörten dazu.<br />

Während des achtwöchigen Praktikums<br />

konnte ich außerdem an meinen<br />

Russischkenntnissen arbeiten. Immer<br />

wieder erledigte ich kleinere Übersetzungsarbeiten<br />

und generell wurde im<br />

Institut sehr viel Russisch gesprochen,<br />

da die meisten Mitarbeiter russischer<br />

Herkunft sind.<br />

Auch wenn für ein Praktikum keine<br />

Russischkenntnisse vorausgesetzt<br />

werden, ist es sehr hilfreich, zumindest<br />

Grundkenntnisse zu besitzen.<br />

Sommerfest der Europa-Studien<br />

Eilyne Pasche<br />

„Europa-Studien vernetzt“ – unter<br />

diesem Motto fand am 06. Juli 2013<br />

das diesjährige Sommerfest der Europa-Studien<br />

statt.<br />

Das Motto war Programm, denn erneut<br />

bot dieser Anlass Gelegenheit<br />

für einen Austausch zwischen aktuellen<br />

Europa-Studenten, den Professoren<br />

und Lehrkräften sowie zahlreichen<br />

Alumni, die dem Sommerfest<br />

auch in diesem Jahr nicht fernblieben.<br />

Das Organisationsteam um Monique<br />

Reuther und Simone Babutzka, die<br />

die Organisation im Rahmen ihres<br />

Bachelorprojektes durchführten, erstellte<br />

einen abwechslungsreichen<br />

und interessanten Abend rund um<br />

das Thema Vernetzung.<br />

Veranstaltungsort war, wie in den<br />

letzten Jahren, das Tillmann‘s, in<br />

dem zu 18 Uhr zum Sektempfang<br />

geladen wurde.<br />

Die charmante und überaus amüsante<br />

Moderation des Abends übernahm<br />

Jörg Seidel, der gegen 20 Uhr die<br />

hungrigen Mägen erlöste und das<br />

schmackhafte Buffet eröffnete.<br />

Ein erstes Highlight des Abends,<br />

noch vor dem wichtigen Programmpunkt<br />

der Buffeteröffnung, war die<br />

Auftaktrede der neu ans Institut gekommenen<br />

Dr. Birgit Glorius, die die<br />

Juniorprofessur Humangeographie<br />

Ostmitteleuropas übernommen hat.<br />

Anschließend folgte das <strong>ES</strong>-<br />

Gruppenfoto, um diesen schönen<br />

Abend zu verbildlichen und festzuhalten.<br />

Nach dem Abendbrot wurde begierig<br />

auf die Rede des Alumnus Johannes<br />

Kunath gewartet, der davon berichtete,<br />

wie es ihm nach dem Abschluss<br />

des Europa-Studien-Studiums ergangen<br />

war und mit einer unterhaltsamen<br />

Präsentation aufzeigte, inwiefern Vernetzung<br />

und persönliche Netzwerke<br />

besonders für Europa-Studenten und<br />

Studentinnen bedeutungsreich sind.<br />

Das anschließende Sommerfestquiz<br />

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Thema<br />

27<br />

brachte die Köpfe ordentlich zum<br />

Qualmen und führte mit einigen ungewöhnlichen<br />

Fragen zu teils sehr<br />

ratlos erscheinenden Gesichtsausdrücken<br />

bei allen Beteiligten.<br />

Nach dieser Anstrengung und Animation<br />

sämtlicher grauer Zellen wurde<br />

es lustig und sehr unterhaltsam. Die<br />

Mitglieder der i’es legten sich so richtig<br />

ins Zeug, und ihre Performance<br />

zum Thema „vernetzt“ hätte besser<br />

nicht sein können. Es wurde geschauspielert,<br />

getanzt und sogar gesungen.<br />

Getanzt wurde auch beim nächsten<br />

Programmpunkt. Die Salsagruppe der<br />

TU <strong>Chemnitz</strong> zeigte, was man in wenigen<br />

Semestern erlernen konnte und<br />

stimmte somit perfekt auf die nachfolgende<br />

Eröffnung der Tanzfläche ein.<br />

Das diesjährige <strong>ES</strong>-Sommerfest war<br />

also wieder einmal rundum gelungen,<br />

und hoffentlich finden sich auch im<br />

nächsten Jahr wieder motivierte Studenten/innen,<br />

die sich bereit erklären<br />

die Organisation zu übernehmen.<br />

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Alumni<br />

Alumni<br />

28<br />

Birthe Meyer<br />

birthe.meyer<br />

@yahoo.de<br />

„EZ-Trainee im Kontext von Konflikten“ bei der Deutschen Gesellschaft für Internationale<br />

Zusammenarbeit (GIZ) GmbH<br />

Birthe Meyer<br />

Die Wege in den ersten Job nach<br />

dem Studium sind bekanntlich holprig<br />

und oftmals langwierig. Gemäß des<br />

allen Europa-Studenten bekannten<br />

Tenors des „Studiums einer brotlosen<br />

Kunst“ gilt dies ebenso – oder<br />

ganz besonders – für die erste Stelle<br />

in der Entwicklungszusammenarbeit<br />

(EZ).<br />

Durch die immer größer werdende<br />

Vielfalt an Möglichkeiten für eine<br />

Spezialisierung im Bereich Development<br />

Studies und verwandten Fachrichtungen,<br />

v.a. im Ausland, insbesondere<br />

England, steigen die Bewerberzahlen<br />

gerade für Einstiegspositionen<br />

in der EZ beachtlich.<br />

Gleichzeitig gibt es ein eindeutiges<br />

Defizit an Junior-Positionen und<br />

-Programmen im EZ-Bereich. Dort,<br />

wo es Junior-Stellen oder sogenannte<br />

Young Professional Programmes<br />

gibt, zeichnet sich zunehmend auch<br />

eine Verzerrung ab: Sogenannte Einsteiger<br />

werden in den Ausschreibungen<br />

zunehmend als Personen mit<br />

bereits mehrjähriger Praxiserfahrung<br />

(bis zu fünf Jahren!) oder mit den sogenannte<br />

„transferable skills“ beschrieben,<br />

die einen fachlichen Quereinstieg<br />

ermöglichen. Keine einfache<br />

Ausgangssituation für uns, die gerne<br />

in diesem spannenden Berufsfeld<br />

tätig werden wollen.<br />

Nach Beendigung meines Masterstudiums<br />

in “Conflict, Governance and<br />

International Development“ an der<br />

University of East Anglia brannte ich<br />

persönlich eigentlich darauf, in einer<br />

kleineren Organisation “on the<br />

ground“ zu arbeiten. Aber auch in<br />

meinem Fall liefen die Dinge ganz<br />

anders als ursprünglich angedacht,<br />

und so bin ich seit dem 01. Juli 2013<br />

eine von 20 EZ-Trainees bei der<br />

Deutschen Gesellschaft für Internationale<br />

Zusammenarbeit (GIZ) GmbH.<br />

Das EZ-Traineeprogramm des Bundesministeriums<br />

für wirtschaftliche<br />

Zusammenarbeit und Entwicklung<br />

(BMZ) wird im Auftrag von der GIZ<br />

durchgeführt. Das 17-monatige Programm<br />

setzt sich aus einer<br />

8-wöchigen Vorbereitungszeit in<br />

Eschborn und Bad Honnef, einem<br />

9-monatigen Aufenthalt in einem GIZ-<br />

Vorhaben im Ausland, einem<br />

3-monatigen Secondment in einer internationalen<br />

Organisation im Ausland<br />

sowie einer abschließenden<br />

3-monatigen Station beim BMZ in<br />

Berlin oder Bonn zusammen. Es konzentriert<br />

sich per definitionem auf die<br />

Ausbildung zukünftiger Fach- und<br />

Führungskräfte für die GIZ sowie andere<br />

deutsche und multilaterale Organisationen<br />

im Bereich der internationalen<br />

Zusammenarbeit.<br />

Durch die Beteiligung an Tätigkeiten<br />

in den Bereichen Strategie, Planung,<br />

Organisation, Verwaltung und Steuerung<br />

sollen EZ-Trainees ein Verständnis<br />

für die komplexen Problemfelder<br />

des Vorhabens im Ausland erlangen.<br />

Zudem sollen sie sich in erste Führungsaufgaben<br />

einarbeiten. Gemäß<br />

dem Leitsatz “learning by doing“ übernehmen<br />

Trainees in der Ausführung<br />

ihrer Tätigkeiten bereits ein hohes<br />

Maß an Verantwortung und arbeiten<br />

weitestgehend selbstständig, teilweise<br />

an einem längerfristigen Projekt<br />

(einer Art „Gesellenstück“). Durch den<br />

Einsatz bei anderen Organisationen<br />

der Entwicklungszusammenarbeit und<br />

im BMZ soll die Überblickskompetenz<br />

in der Entwicklungspolitik gefördert<br />

werden.<br />

Nach der allgemeinen 8-wöchigen<br />

Vorbereitungszeit in Eschborn und<br />

Bad Honnef, die alle Trainees mehr<br />

oder weniger gemeinsam durchlaufen,<br />

bin ich am 24.August in mein Einsatzland,<br />

die Philippinen, ausgereist,<br />

wo ich in Butuan City in Mindanao in<br />

einem Programm für konfliktsensitives<br />

Ressourcenmanagement eingesetzt<br />

werde. Im Rahmen dessen werde ich<br />

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Alumni<br />

29<br />

einerseits die Koordinierung einer<br />

Projektfortschrittskontrolle übernehmen,<br />

also aktiv in den gesamten Projektmanagementzyklus<br />

eingebunden<br />

sein, sowie auch in die Arbeit des<br />

Zivilen Friedensdienstes (ZFD) in<br />

den Provinzen Mindanaos vor Ort<br />

blicken können.<br />

Obwohl ich meinen Einsatz im Programm<br />

gerade erst starte, schätze<br />

ich bereits jetzt die bisherige Lernerfahrung<br />

im Rahmen meiner Vorbereitungszeit<br />

als wichtig und durchaus<br />

qualifizierend für folgende Arbeitsstellen<br />

in der IZ ein, insbesondere<br />

was das Management komplexer<br />

Prozesse und Projekte angeht. Besonders<br />

spannend war bislang vor<br />

allem der stetige Austausch mit erfahrenen<br />

Fachkräften, die im Rahmen<br />

einer Umsetzung auch an der<br />

allgemeinen Vorbereitung teilnehmen<br />

und gerade jungen Einsteigern spannende<br />

Einblicke in das Geschehen<br />

vor Ort und das Leben im entwicklungspolitischen<br />

Kontext gewähren.<br />

Für die Teilnahme am Traineeprogramm<br />

muss natürlich auch ein umfassendes<br />

Bewerbungsverfahren<br />

durchlaufen werden. Grundsätzliche<br />

Bewerbungsvoraussetzungen für das<br />

einmal im Jahr (i.d.R. ab Anfang<br />

September für vier Wochen) ausgeschriebene<br />

Programm sind ein abgeschlossenes<br />

Bachelorstudium, erste<br />

praktische Erfahrungen, unter anderem<br />

im Ausland, sowie ein ausgeprägtes<br />

Verständnis von entwicklungspolitischen<br />

Zusammenhängen.<br />

Jährlich werden 20 Absolventen von<br />

der GIZ im Rahmen des Traineeprogramms<br />

ausgebildet. Das Durchschnittsalter<br />

liegt, nach Unternehmensangaben,<br />

bei 25-28 Jahren. –<br />

Soweit die Theorie.<br />

Bis zu meiner eigenen Zusage durchlief<br />

ich, wie alle anderen Kandidaten,<br />

den dreistufigen Bewerbungsprozess.<br />

Der erste Schritt beinhaltet die Bewerbung<br />

auf eine konkret ausgeschriebene<br />

Stelle (dabei sind fachliche Ausrichtung<br />

und Einsatzland während des<br />

Einsatzes im GIZ-Projekt gekoppelt<br />

und festgeschrieben). Es muss also<br />

durchaus ein wenig Glück dabei sein,<br />

dass gerade eine Stelle mit der für<br />

einen selbst passenden fachlichen<br />

Ausrichtung ausgeschrieben wird.<br />

In unserem diesjährigen Trainee-<br />

Jahrgang hat sich gezeigt, dass<br />

knapp 90% der Stellen ausschließlich<br />

anhand der jeweiligen fachlichen Expertise<br />

und nur ca. 10% anhand vorhandener<br />

Regionalkenntnisse vergeben<br />

wurden. Jedoch gilt, dass die<br />

Auswahl des besten Kandidaten individuell<br />

vom Programmverantwortlichen<br />

des Projekts im Ausland, in dem<br />

der Großteil der Traineezeit verbracht<br />

wird, getroffen wird. Ist die erste Hürde<br />

gemeistert und man konnte mit der<br />

Standardbewerbung über die Onlinemaske<br />

die Personalabteilung überzeugen,<br />

so wird eine erste Auswahl<br />

von ca. 30 Kandidaten (dies war in<br />

meinem Fall die Größenordnung, allerdings<br />

variiert diese Zahl auch je<br />

nach Stelle) an den/die Auftragsverantwortliche(n)<br />

im Ausland weitergeleitet.<br />

Diese(r) wählt wiederum bis zu<br />

fünf Kandidaten aus, die sich schließlich<br />

in einem eintägigen Assessment<br />

Center unter Beweis stellen. Der gesamte<br />

Prozess, von der initialen Bewerbung<br />

im September 2012 bis zum<br />

Auswahltag und der Zusage, erstreckte<br />

sich in meinem Fall über sieben<br />

Monate (auch hier variierte die Verfahrensdauer<br />

bei den verschiedenen<br />

Stellen).<br />

Diese lange Dauer ist einerseits mit<br />

den stetig wachsenden Bewerberzahlen<br />

zu erklären (insgesamt gab es<br />

rund 2500 Bewerber, allein auf meine<br />

Stelle bewarben sich fast 400 Kandidaten),<br />

andererseits auch mit der Größe<br />

der GIZ einerseits und der Koordination<br />

der Anwesenheit der Programmkoordinatoren<br />

aus dem<br />

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Alumni<br />

30<br />

Ausland für die Auswahltage.<br />

Diese recht lange Vorlaufzeit sollte<br />

jedem Interessierten bewusst sein,<br />

und es macht Sinn, sich bereits frühzeitig<br />

zu bewerben (auch noch vor<br />

Abschluss des Master-Studiums).<br />

Die thematische Bandbreite der Stellen<br />

in diesem Jahr reicht (unter anderem)<br />

von Anpassung an den Klimawandel<br />

über Gender, hin zu<br />

Wirtschafts- und Beschäftigungsförderung<br />

über entwicklungsorientierte<br />

Not- und Strukturhilfe, bis hin zu Gesundheitssystementwicklung.<br />

Einsatzländer<br />

sind Mexiko, Paraguay,<br />

Namibia, Südafrika, Kirgistan, Sambia,<br />

Mosambik, Äthiopien, Ruanda,<br />

Uganda, Tunesien, Ägypten, Indonesien,<br />

Thailand, Laos und die Philippinen.<br />

Obwohl in der allgemeinen Ausschreibung<br />

lediglich ein Bachelorabschluss<br />

gefordert wird, sind im diesjährigen<br />

Jahrgang alle EZ-Trainees<br />

Masterabsolventen (auch bei den<br />

Praktikanten der GIZ steigt der Anteil<br />

der Absolventen in der letzten Zeit<br />

überproportional). Davon hat ein beachtlicher<br />

Teil den Master im Ausland<br />

gemacht. Während eine Handvoll<br />

von Trainees erst kürzlich – also<br />

kurz vor ihrer Ausreise ins Partnerland<br />

– ihre Masterarbeiten fertig gestellt<br />

haben, verfügen andere bereits<br />

über mehrjährige Berufserfahrung, in<br />

der Regel im EZ-Bereich im Ausland.<br />

Entsprechend liegt die Altersspanne<br />

unter uns jetzigen Trainees zwischen<br />

24 und 32.<br />

Attraktiv ist das Programm vor allem<br />

für viele, weil es die Möglichkeit bietet,<br />

verschiedene Institutionen kennenzulernen<br />

und gleichzeitig einen<br />

vertieften Einblick und Einstieg in ein<br />

konkretes Projekt im Ausland zu bekommen.<br />

Zudem ist die allgemeine<br />

Organisation und Förderung sowie<br />

insbesondere die Vernetzung der<br />

Trainees untereinander ein nicht zu<br />

unterschätzender Mehrwert des Programms.<br />

Je nach der Wahl der zweiten Station<br />

(in einer internationalen Organisation)<br />

und der persönlichen Präferenz, finden<br />

ehemalige EZ-Trainees entweder<br />

Einsatz bei der GIZ selbst oder in internationalen<br />

Organisationen (in den<br />

letzten Jahrgängen sind zum Beispiel<br />

einige zur UN oder Weltbank gekommen,<br />

andere haben eine Folgeanstellung<br />

bei der KfW erzielt). Aber auch<br />

ein Einsatz in Stiftungen oder Think<br />

Tanks und auch im BMZ ist denkbar<br />

(wobei die Zahl hier bislang relativ<br />

gering ist).<br />

Für die dritte Station im BMZ ist den<br />

Trainees in der Regel recht viel Freiheit<br />

eingeräumt, dahingehend, in welchem<br />

Referat sie ihren Einsatz absolvieren<br />

möchten. Je nach Präferenz<br />

und in Absprache mit dem verantwortlichen<br />

Paten (aus dem Fachbereich in<br />

der Zentrale) sowie dem Auftragsverantwortlichen<br />

im Ausland kann dies<br />

entweder das entsprechende Sektoroder<br />

Regionalreferat sein, aber auch<br />

ein völlig anderes, z.B. das EU-<br />

Referat, ist denkbar.<br />

Nachdem man sich also bei der ursprünglichen<br />

Bewerbung und im Einsatz<br />

im Projekt im Ausland in der Regel<br />

sehr stark auf die eigene fachliche<br />

Ausrichtung fokussiert, bieten einem<br />

die beiden anderen Stationen die<br />

Möglichkeit, den thematischfachlichen<br />

Horizont nochmals zu erweitern<br />

und durchaus „anzutesten“,<br />

welche Organisation und welcher Bereich<br />

für einen selbst hinsichtlich der<br />

beruflichen Zukunft denkbar sind.<br />

Obwohl meine Erfahrungen als Trainee<br />

noch recht jung sind und ich somit<br />

bei Weitem keine umfassende Beurteilung<br />

des Programms vornehmen<br />

kann, bin ich mit dem bisherigen Start<br />

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Alumni<br />

31<br />

in meine Traineezeit sehr zufrieden,<br />

fühle mich gut betreut und schätze<br />

vor allem das Netzwerk und den Austausch<br />

mit den anderen Trainees.<br />

Dafür wird der obligatorische<br />

Trainee-Workshop im Winter nochmals<br />

beitragen, zu dem wir als ganze<br />

Gruppe wieder zusammen kommen,<br />

unsere zweite Station vorbereiten,<br />

Trainings erhalten und unsere ersten<br />

Eindrücke und Erfahrungen aus unseren<br />

unterschiedlichen Projekten und<br />

Einsatzländern mitbringen und teilen<br />

können.<br />

Traineeship beim Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft e.V.<br />

– Vorstandassistenz und Projektleitung Hochschultage<br />

Hannah Olbricht<br />

Hannah Olbricht<br />

hannah.olbricht<br />

@gmail.com<br />

Nachdem ich diesen Februar endlich<br />

meine Bachelorarbeit abgegeben und<br />

verteidigt hatte, wusste ich eigentlich<br />

nur drei Dinge: Ich will erst mal nicht<br />

mehr studieren, auf keinen Fall schon<br />

wieder in eine neue Stadt ziehen (ich<br />

war gerade erst „aus privaten Gründen“<br />

nach München gezogen) und<br />

finanziell unabhängig von meinen<br />

Eltern sein. Nun ist München sicher<br />

nicht die schlechteste Stadt, um einen<br />

Job zu finden – zumindest für<br />

Ingenieure, BWLer und Juristen. Ich<br />

war mir aber nicht so sicher, dass ich<br />

es als Europa-Studentin einfach haben<br />

würde, und war auf einen entspannten<br />

Sommer als Kellnerin eingestellt.<br />

Aber erstens kommt es anders und<br />

zweitens … Bereits meine erste Kurzbewerbung<br />

– ich hatte nur meinen<br />

Lebenslauf gemailt und gefragt, ob<br />

die Stelle noch zu besetzen sei –<br />

führte zu einer Einladung zu einem<br />

Vorstellungsgespräch. Bei der Ausschreibung<br />

handelte es sich um ein<br />

„Traineeship als Vorstandsassistenz/<br />

ProjektleiterIn Hochschultage“ beim<br />

Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft<br />

e.V. (FÖS).<br />

„Das Forum Ökologisch-Soziale<br />

Marktwirtschaft (FÖS) ist eine überparteiliche<br />

und unabhängige Interessenvertretung<br />

zur Förderung und<br />

Weiterentwicklung der deutschen<br />

Ökosteuer, des Subventionsabbaus<br />

und des Emissionsrechtehandels.<br />

Langfristiges Ziel ist eine Ökologisch-<br />

Soziale Marktwirtschaft, in der mit<br />

Ernst Ulrich von Weizsäcker gesprochen,<br />

„Preise nicht nur die ökonomische,<br />

sondern auch die ökologische<br />

Wahrheit sagen“. Der 1994 unter dem<br />

Namen „Förderverein Ökologische<br />

Steuerreform“ gegründete eingetragene<br />

Verein hat seinen Sitz in Berlin und<br />

145 Mitglieder.“<br />

Prinzipiell kann ich mich mit diesen<br />

Zielen identifizieren, wusste aber<br />

trotzdem noch nicht, was die<br />

„Hochschultage“ sind, warum ein Verein,<br />

der in Berlin sitzt, ein Traineeship<br />

in München ausschreibt und war mir<br />

ohnehin sicher, dass „die“ mich „eh<br />

nicht“ nehmen. Aber wie schon gesagt:<br />

erstens …<br />

Seit April bin ich nun also beim „FÖS“.<br />

Zu ca. 30% arbeite ich als Assistentin<br />

des Vorsitzenden und Gründers des<br />

FÖS, Dr. Anselm Görres. Er hat ein<br />

Personaldienstleistungs-Unternehmen<br />

in München, in dessen Räumlichkeiten<br />

sich auch mein Büro befindet, das<br />

ich mir mit drei sehr netten Kollegen<br />

teile.<br />

Als Assistentin bin ich zuständig für<br />

die Termin- und Reiseplanung, ich<br />

empfange und sortiere alle E-Mails<br />

meines Chefs und helfe bei der Vorbereitung<br />

seiner Vorträge. Außerdem<br />

bin ich zuständig für seine große Leidenschaft,<br />

nämlich die Erstellung und<br />

Pflege von Word-Vorlagen.<br />

Kommen wir zum interessanteren und<br />

größeren Teil meiner Arbeit: Das Projekt<br />

„Hochschultage Ökosoziale<br />

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32<br />

Marktwirtschaft und Nachhaltigkeit“<br />

(www.hochschultage.org) ist der<br />

Grund, wieso ich mein Traineeship<br />

gerade bis vorausichtlich März 2014<br />

verlängert habe.<br />

Das Projekt wurde 2010 vom FÖS<br />

zusammen mit fünf anderen NGOs<br />

gegründet, darunter die Global<br />

Marshall Plan Foundation und der<br />

Club of Rome. Als Leiterin und einzige<br />

Mitarbeiterin des „Projektbüros<br />

München“ betreue ich Studenten, die<br />

an ihrer <strong>Universität</strong> Hochschultage<br />

zum Thema „Ökosoziale Marktwirtschaft<br />

und Nachhaltigkeit“ durchführen<br />

möchten. Meine Aufgabe reicht<br />

vom Motivieren über das Anfragen<br />

und Empfehlen von Referenten bis<br />

hin zur Unterstützung bei der<br />

Sponsorensuche und Fundraising.<br />

Außerdem pflege ich die Homepage<br />

und unsere Datenbank. Hinzu kommt<br />

natürlich die Begleitung der Hochschultage<br />

vor Ort. Der Kontakt zu engagierten<br />

Leuten und interessanten<br />

Referenten ist sehr motivierend, und<br />

es macht unglaublich Spaß zu sehen,<br />

was für unterschiedliche Veranstaltungen<br />

unter ein und demselben Titel<br />

entstehen können. Bisheriger Höhepunkt<br />

meiner Arbeit hier war sicherlich<br />

die Organisation des diesjährigen<br />

„Jahres- und Vernetzungstreffens“ in<br />

Augsburg, wo alle Organisatoren von<br />

Hochschultagen zusammenkamen,<br />

um sich inhaltlich und praktisch auszutauschen<br />

und weiterzubilden.<br />

Ein weiterer Vorteil meines Traineeships<br />

ist das weitgehend selbstständige<br />

Arbeiten. Ich kann mir nicht nur<br />

meine Arbeitszeit sehr frei einteilen,<br />

sondern auch selbst Prioritäten setzen.<br />

Natürlich ist es auch manchmal<br />

schwer, ganz auf sich allein gestellt<br />

zu sein, aber mein Chef sowie die<br />

Kollegen aus den anderen Projektbüros<br />

sind stets offen für Fragen. Auch<br />

die Kollegen aus dem Berliner FÖS-<br />

Büro, die ich bei einem einwöchigen<br />

Besuch dort persönlich kennenlernen<br />

durfte, sind sehr nett und hilfsbereit.<br />

Während dieser Woche konnte ich<br />

auch am Energiegipfel der Klimaallianz<br />

teilnehmen. Überhaupt bietet das<br />

Traineeship viele Möglichkeiten, an<br />

spannenden Konferenzen und Vorträgen<br />

teilzunehmen.<br />

Zum Schluss möchte ich betonen,<br />

dass meine anfangs erwähnten<br />

Grundbedingungen sich keinesfalls<br />

negativ auf meine Jobsuche ausgewirkt<br />

haben. Wäre ich nicht auf München<br />

beschränkt gewesen, hätte ich<br />

mich sicher nicht auf eine Stelle beworben,<br />

die inhaltlich so wenig mit<br />

meinem Studium (dafür umso mehr<br />

mit meinen persönlichen Überzeugungen)<br />

zu tun hat. Und dass ich mir<br />

mein Leben in einer teuren Stadt wie<br />

München komplett selber finanziere,<br />

habe ich drei durchaus qualifizierten<br />

Bewerbern zu verdanken, die das<br />

Traineeship wegen zu geringer Bezahlung<br />

abgelehnt hatten, woraufhin<br />

das Gehalt erhöht wurde. Mein Tipp<br />

ist: Mutig bleiben und nicht zu viele<br />

Kompromisse machen, damit hilft<br />

man nicht nur sich selbst, sondern<br />

auch allen anderen Absolventen.<br />

Übrigens: mein/e Nachfolger/in zum<br />

15. Februar wird momentan noch gesucht.<br />

Mehr Infos unter: www.foes.de/<br />

ueber-uns/geschaeftsstelle/jobs/, über<br />

Fragen freue ich mich jederzeit unter:<br />

muc@foes.de.<br />

Und nicht zuletzt: Die 1. <strong>Chemnitz</strong>er<br />

Hochschultage Ökosoziale Marktwirtschaft<br />

& Nachhaltigkeit finden am<br />

10./11.12.13 statt.<br />

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Alumni<br />

33<br />

Studieren an der Andrássy <strong>Universität</strong> Budapest<br />

Paula Beger und Claudia Schneider<br />

Paula Beger<br />

paula.beger<br />

@gmail.com<br />

Die Andrassy <strong>Universität</strong> in Budapest<br />

(AUB) ist eine deutschsprachige Privatuniversität<br />

für Postgraduierte, die<br />

2002 gegründet wurde. Sie ist ein<br />

Gemeinschaftsprojekt von Ungarn<br />

und Deutschland, aber auch des Freistaats<br />

Bayern, der Schweiz und der<br />

Baden-Württemberg-Stiftung. Das<br />

Gebäude der <strong>Universität</strong> beeindruckt,<br />

besonders die Säle des unter Denkmalschutz<br />

stehenden Stadtpalais<br />

Festetics. Die <strong>Universität</strong> besteht derzeit<br />

aus drei Fakultäten: Vergleichende<br />

Staats- und Rechtswissenschaften,<br />

Internationale Beziehungen und<br />

Mitteleuropäische Studien. Für Europa-StudentInnen<br />

sind die beiden<br />

Masterstudiengänge Internationale<br />

Beziehungen und International Economy<br />

and Business interessant, die<br />

wir, Claudia Schneider und Paula Beger,<br />

anhand eigener Erfahrung hier<br />

vorstellen möchten.<br />

Nachdem der Bewerbungsprozess,<br />

bestehend aus schriftlicher Bewerbung,<br />

schriftlichem Aufnahmetest sowie<br />

mündlichem Aufnahmegespräch,<br />

erfolgreich bestanden wurde, ist zu<br />

Beginn des Studiums zunächst ein<br />

Antrag auf Anerkennung des Bachelorstudiums<br />

zu stellen. Wird das<br />

erste Studium nicht in vollem Umfang<br />

angerechnet, müssen neben den regulären<br />

Veranstaltungen Nullsemesterkurse<br />

(im Umfang von 30 bzw. 60<br />

Credits) belegt werden, die über die<br />

ersten zwei bis drei Semester angeboten<br />

werden.<br />

Bei der Andrássy <strong>Universität</strong> handelt<br />

es sich mit weniger als 200 Studierenden<br />

um eine sehr kleine <strong>Universität</strong>.<br />

Die daraus resultierenden kleinen<br />

Gruppen in den Lehrveranstaltungen<br />

sind der größte Vorteil der AUB gegenüber<br />

großen <strong>Universität</strong>en. Selbst<br />

Vorlesungen tragen einen Seminarcharakter,<br />

da die meist aus Deutschland<br />

stammenden DozentInnen stark<br />

mit den Hörenden interagieren. Das<br />

Betreuungsverhältnis an der AUB<br />

kann als sehr gut bezeichnet werden,<br />

sodass die Lehrenden die Studierenden<br />

meist mit ihrem Namen ansprechen.<br />

Durch die geringe Größe der<br />

Hochschule sind sowohl Lehr- als<br />

auch Verwaltungspersonal gut und<br />

auf kurzem Wege zu erreichen. Vieles<br />

lässt sich so mit wenig bürokratischem<br />

Aufwand lösen. Die Studierenden<br />

der Andrássy <strong>Universität</strong> kommen<br />

aus 25 verschiedenen Ländern, und<br />

so lernt man, obwohl die Veranstaltungen<br />

auf Deutsch sind, in einer multikulturellen<br />

Atmosphäre.<br />

Im Vergleich zu unserem Bachelor-<br />

Studium an der <strong>Technische</strong>n <strong>Universität</strong><br />

<strong>Chemnitz</strong> stellt sich ein Semester<br />

an der Andrássy <strong>Universität</strong> Budapest<br />

(AUB) deutlich arbeitsintensiver dar.<br />

Ursache dessen ist einerseits die bestehende<br />

Anwesenheitspflicht, andererseits<br />

die durch das ungarische<br />

Hochschulrecht beeinflusste Struktur,<br />

durch die für einen Großteil der Kurse<br />

lediglich 3 Credits angerechnet werden,<br />

obwohl je Veranstaltung häufig<br />

zwei Prüfungsleistungen verlangt werden.<br />

Qualitativ unterscheiden sich die<br />

einzelnen Kurse recht stark, insbesondere<br />

die Herder-Professuren<br />

(DAAD Programm, durch das emeritierte<br />

deutsche HochschullehrerInnen<br />

an <strong>Universität</strong>en im Ausland vermittelt<br />

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Alumni<br />

34<br />

Claudia Schneider<br />

claudia.schneider<br />

@s2008.tu-chemnitz.de<br />

werden) lassen an Niveau in einigen<br />

Fällen zu wünschen übrig. Jedoch<br />

werden auch eine Reihe von Veranstaltungen<br />

durch externe DozentInnen<br />

angeboten, die über hohe Expertise<br />

in ihrem Fachgebiet verfügen.<br />

Besonders in den Internationalen Beziehungen<br />

sind die Dozenten des<br />

Auswärtigen Amtes ein kleines Highlight.<br />

Für jeweils zwei Jahre lehrt ein<br />

Diplomat an der <strong>Universität</strong> und vermittelt<br />

diplomatisches Wissen aus<br />

eigener Erfahrung. Andere Botschafter<br />

veranstalten ebenso Blockseminare.<br />

In Anbetracht der geringen Größe der<br />

<strong>Universität</strong> ist das breite Angebot von<br />

Abendveranstaltungen, etwa in Form<br />

von Gastvorträgen hochrangiger<br />

Redner, besonders bemerkenswert.<br />

So konnten im Laufe der vergangenen<br />

zwei Semester u.a. Außenminister<br />

Guido Westerwelle mit seinem<br />

ungarischen Amtskollegen Prof. Dr.<br />

János Martonyi, Kanzleramtschef<br />

Ronald Pofalla sowie der Minister für<br />

Europaangelegenheiten der Republik<br />

Türkei Egemen Bağış an der AUB<br />

empfangen werden. Darüber hinaus<br />

finden über das ganze Semester hinweg<br />

zahlreiche (internationale) Konferenzen,<br />

Doktorandenworkshops<br />

und Tagungen statt, an denen auch<br />

die Studierenden der AUB teilnehmen.<br />

Eine maßgebliche Rolle spielt<br />

dabei das Donau-Institut, das als interdisziplinäres<br />

Forschungsinstitut an<br />

die AUB angegliedert ist.<br />

Die geringe Größe der AUB bringt<br />

jedoch vereinzelt auch Nachteile. So<br />

ist insbesondere die Bibliotheksausstattung<br />

relativ dürftig. Die Öffnungszeiten<br />

konnten im letzten Semester<br />

auf Initiative der Studierenden mit der<br />

Schaffung von studentischen Bibliothekshilfskräften<br />

zwar verlängert werden,<br />

am Wochenende ist die Bibliothek<br />

im Gegensatz zu den anderen<br />

Räumlichkeiten der <strong>Universität</strong> leider<br />

nicht zugänglich. Positiv zu bemerken<br />

ist jedoch, dass Studierende der AUB<br />

auch Zugang zu der Bibliothek der<br />

Central European University haben,<br />

die über ein breites Angebot wissenschaftlicher<br />

Journals verfügt.<br />

Der Studiengang International Economy<br />

and Business (IEB) ist mit etwa 20<br />

Studierenden im Jahrgang 2012/13<br />

deutlich kleiner als der Studiengang<br />

Internationale Beziehungen. Inhaltlich<br />

überwiegt der volkswirtschaftliche Anteil<br />

stark, wobei dieser weniger mathematisch<br />

betrachtet wird. Wer sein<br />

Europastudium als Wiwi absolviert<br />

hat, ist für den IEB-Master gut vorbereitet.<br />

Aufgrund der Aufbaukurse ist er<br />

jedoch auch für Studierende der anderen<br />

Ausrichtungen zu bewältigen.<br />

Da aufgrund des AUB-Mottos „Fit für<br />

Europa“ europäische Themen im Fokus<br />

stehen, ist es an der AUB möglich,<br />

sich auf Wirtschaftswissenschaften<br />

zu spezialisieren, ohne sein im<br />

Bachelorstudium erworbenes Wissen<br />

gänzlich zu verlieren. Auch wenn dem<br />

„3-Credit-Problem“ aufgrund hochschulrechtlicher<br />

Schranken nur bedingt<br />

entgegengewirkt werden konnte,<br />

wurde der Studiengang dank einer<br />

klareren Struktur und einigen Änderungen<br />

im Lehrplan deutlich verbessert.<br />

Die Internationalen Beziehungen (IB)<br />

an der Andrássy <strong>Universität</strong> sind eine<br />

gute Fortsetzung der Europa-Studien<br />

mit sozialwissenschaftlicher Ausrichtung,<br />

obwohl sich vor allem im ersten<br />

Semester Einführungsveranstaltungen<br />

zur EU häufen. Die meisten Vorlesungen<br />

haben einen relativ allgemeinen<br />

Charakter und richten die Betrachtung<br />

häufig auf die Region Ostbzw.<br />

Mitteleuropa. Besonders gut<br />

werden zu Beginn die Grundlagen in<br />

politischer Theorie und Philosophie<br />

vermittelt, wobei theoretischer und<br />

praktischer Bezug in einem ausgewogenen<br />

Verhältnis zueinander stehen.<br />

Qualitativ hochwertig sind besonders<br />

auch die Veranstaltungen, die von<br />

Gastprofessoren aus Deutschland<br />

oder der Schweiz gehalten werden.<br />

Diese finden größtenteils in Form von<br />

Blockseminaren statt und gestalten<br />

sich dementsprechend intensiv. Im<br />

Sommersemester 2013 wurde gemeinsam<br />

mit der <strong>Universität</strong> Leipzig<br />

eine Initiative gestartet, zusammen<br />

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Alumni<br />

35<br />

ein Seminar zu gestalten. Studierende<br />

beider <strong>Universität</strong>en bereiteten<br />

sich ein Semester lang zu den Themenschwerpunkten<br />

in Ost- und Westeuropa<br />

vor und stellten während des<br />

abschließenden gemeinsamen<br />

Blockseminares in Budapest ihre Ergebnisse<br />

und Schlussfolgerungen<br />

vor.<br />

Ob die Andrássy <strong>Universität</strong> Budapest<br />

euch zusagt, könnt ihr auch auf einem<br />

Tag der Offenen Tür, der zwei Mal im<br />

Jahr stattfindet, entscheiden. Eine<br />

Reise nach Budapest ist definitiv nie<br />

umsonst!<br />

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I`<strong>ES</strong><br />

I`<strong>ES</strong>-Sommersemester 2013<br />

I`<strong>ES</strong><br />

36<br />

Initiative Europastudien e.V.<br />

Thüringer Weg 9, Zimmer 311<br />

ies-vorstand@tu-chemnitz.de<br />

Studienkommission:<br />

studkomm-beust@tu-chemnitz.de<br />

Prüfungsauschuss<br />

insa.schwob@s2010.tu-chemnitz.de<br />

Institutsvertreter<br />

david.tschorr@s2011.tu-chemnitz.de<br />

Wieder einmal wurde die Fackel weitergereicht<br />

und wir, der neugewählte<br />

Vorstand der Initiative Europastudien,<br />

freuen uns, unsere Arbeit hier kurz<br />

vorstellen zu dürfen.<br />

Wir sind ein sechsköpfiges Gremium,<br />

bestehend aus Hanna Marx, Robert<br />

Triebel, Tobias Vollmer, Neslihan Altun,<br />

David Hoffmann und Lisa Zimmermann,<br />

welches dafür zuständig<br />

ist, die Arbeit der i‘es zu verwalten,<br />

zu koordinieren und zu leiten.<br />

Die i‘es und wir als Vorstand fördern<br />

Bachelor-Projekte und bieten vielseitige<br />

Angebote.<br />

Unsere Vorstandsperiode stellen wir<br />

unter das Motto „i’es integrativ“, da<br />

wir zusätzlich zu den schon laufenden<br />

Projekten und Veranstaltungen<br />

neue Themen einbauen und schon<br />

vergessene Ideen beleben möchten.<br />

Beispielsweise wird das Projekt „Aus<br />

<strong>Chemnitz</strong> in die Welt“ wieder aufgegriffen<br />

und neu gestaltet, um<br />

Perspektiven für jüngere Semester<br />

bezüglich Auslandspraktika und<br />

-semester zu eröffnen.<br />

Die Arbeit der i‘es wird weiterhin organisiert<br />

durch die Arbeitskreise, für<br />

die immer aktive Helfer gesucht werden.<br />

Egal, ob ihr die legendären <strong>ES</strong>-<br />

Partys mitorganisieren, lieber im Debattierclub<br />

mitwirken wollt oder ihr<br />

vielleicht eine ganz neue Idee habt,<br />

– dann sind wir eure Ansprechpartner.<br />

Neben der Vielseitigkeit unserer Projekte<br />

soll auch wieder die Vernetzung<br />

innerhalb und außerhalb des Studiengangs<br />

ein wichtiger Punkt sein.<br />

Die i‘es bietet viele Möglichkeiten zum<br />

Austausch. Dabei ist die i‘es traditionell<br />

der Verbindungspunkt zwischen<br />

Studenten und Dozenten, weshalb es<br />

auch weitere Projekte wie die Europawoche<br />

im Mai, das EU-BBQ oder den<br />

monatlich stattfindenden Stammtisch<br />

geben wird.<br />

In diesem Jahr werden wir eine noch<br />

stärkere Zusammenarbeit mit der Initiative<br />

Mittel- und Osteuropa und anderen<br />

Institutionen forcieren.<br />

Mit viel Engagement und reichlich Motivation<br />

möchten wir gemeinsam mit<br />

euch das Studentenleben hier in<br />

<strong>Chemnitz</strong> gestalten, dabei stets ein<br />

offenes Ohr haben und euch mit Rat<br />

und Tat zur Seite stehen.<br />

Unser Ziel ist es, dass das vor uns<br />

liegende Jahr wieder voll von interessanten<br />

Projekten und Events sein<br />

wird, um eine hohe Qualität rund um<br />

den Studiengang zu garantieren.<br />

In diesem Sinne hoffen wir auf eure<br />

Unterstützung mit Ideen und Projekten<br />

und freuen uns auf die künftige Zusammenarbeit<br />

und auf ein tolles Jahr<br />

mit euch allen und für euch alle.<br />

Euer Vorstand<br />

<strong>Technische</strong> <strong>Universität</strong> <strong>Chemnitz</strong> SS 13


<strong>ES</strong>-<strong>Spiegel</strong> - Halbjährlicher Newsletter der <strong>Chemnitz</strong>er Europa-Studien<br />

Impressum<br />

Impressum<br />

37<br />

Alumni Projektleiter / Allgemeine Verantwortung<br />

Prof. Dr. Matthias Niedobitek<br />

Jean-Monnet-Professur Europäische Integration<br />

Sitz: Thüringer Weg 9, Raum 321<br />

09126 <strong>Chemnitz</strong><br />

Tel.: 0371/531-34912<br />

Fax: 0371/531-800169<br />

E-Mail: matthias.niedobitek@phil.tu-chemnitz.de<br />

Umsetzung / Verantwortung für den Inhalt<br />

Eilyne Pasche: eilyne.pasche@s2011.tu-chemnitz.de<br />

Die studentische Hilfskraft der Professur für Europäische Integration<br />

dankt allen Autorinnen und Autoren, Ilona Scherm sowie Marcus Hornung<br />

für die gute Zusammenarbeit.<br />

Anregungen, Wünsche und Kritik werden dankbar angenommen.<br />

Dieser Newsletter ist im PDF-Format erhältlich.<br />

Sofern nicht anders angegeben sind alle Fotos privat.<br />

Fotos Titelseite:<br />

Oben links: Theresa Kiunke<br />

Unten links: Tobias Fißmer<br />

Rechts: Simone Babutzka<br />

Alle Rechte vorbehalten!<br />

<strong>Technische</strong> <strong>Universität</strong> <strong>Chemnitz</strong> SS 13

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