ES-Spiegel Nr.16.pdf - Technische Universität Chemnitz
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<strong>ES</strong>-<strong>Spiegel</strong> - Halbjährlicher Newsletter der <strong>Chemnitz</strong>er Europa-Studien<br />
Studium<br />
Studium<br />
5<br />
Sebastian Heinzig<br />
sebastian.heinzig<br />
@s2010.tu-chemnitz.de<br />
Ein Jahr im Land der aufgehenden Sonne<br />
Sebastian Heinzig<br />
Japan. Das ist Hightech, Anime,<br />
Sushi und seit 2011 auch Fukushima.<br />
Doch natürlich verbirgt sich hinter<br />
diesem Land vieles mehr, was<br />
man auf den ersten Blick und vielleicht<br />
auch auf den zweiten noch<br />
nicht sieht.<br />
Doch wie kommt man eigentlich dazu,<br />
als Europa-Student nach Japan<br />
zu gehen? Die Antwort ist einfach:<br />
Ich wollte so weit weg wie möglich,<br />
und was ist weiter weg als das Land<br />
der aufgehenden Sonne? Kurzum<br />
habe ich mich entschlossen, meine<br />
Bewerbung für NUPACE (Nagoya<br />
University Program for Academic<br />
Exchange) ins Rennen zu schicken,<br />
und als einziger Bewerber der TU<br />
standen meine Chancen nicht so<br />
schlecht. Das Stipendium der japanischen<br />
Regierung (JASSO) von 80<br />
000¥ habe ich dazu bekommen. Somit<br />
konnte mein Abenteuer Fernost<br />
beginnen. Nagoya selbst hat gewisse<br />
Parallelen zu <strong>Chemnitz</strong>, wenn<br />
auch im größeren Rahmen. Es ist<br />
das industrielle Zentrum Japans mit<br />
Toyota als bekanntestem Vertreter<br />
und mit ca. 8,7 Mio. Menschen in der<br />
Metropolregion drittgrößter Ballungsraum<br />
Japans. Aber es ist natürlich<br />
nicht so lebendig wie Tokyo oder<br />
Osaka.<br />
Hier angekommen habe ich mich<br />
auch gleich mit ca. 15 anderen internationalen<br />
Studierenden und zwei<br />
Japanern zu einem „welcome dinner“<br />
getroffen. Es war großartig und die<br />
Freuden des nomitabehoudai ( 飲 み<br />
食 べ 放 題 ) sollte ich im Laufe des<br />
Jahres noch zu schätzen lernen.<br />
Denn wie ich später festgestellt habe,<br />
handelt es sich dabei um ein „allyou-can-drink-and-eat“<br />
für zwei Stunden.<br />
Sprich, man hat zwei Stunden<br />
Zeit zu trinken und zu essen bis man<br />
nicht mehr kann (eine Eigentümlichkeit<br />
der japanischen Kultur, auf die<br />
ich später noch einmal zu sprechen<br />
kommen werde).<br />
Nachdem erste Freundschaften bereits<br />
geschlossen waren, ging es am<br />
nächsten Tag ins Wohnheimzimmer<br />
(typisch japanisch recht minimal), wo<br />
man eine weitere Sache feststellen<br />
konnte: mit Englisch kommt man in<br />
Japan nicht weit. Mein Wohnheim war<br />
gemischt japanisch-international, jedoch<br />
war die Kommunikation mit meinen<br />
Mitbewohnern auf das Primitivste<br />
beschränkt. Dies stellte mich jeden<br />
Mittwoch wieder vor eine Herausforderung,<br />
da dann zum allwöchentlichen<br />
Block kaigi gerufen wurde: eine<br />
Versammlung, welche auf jedem Flur<br />
stattfindet und wo die neusten Beschlüsse<br />
des Wohnheimrates besprochen<br />
werden. Auf Japanisch natürlich.<br />
Die Orientierungswoche verlief so<br />
ähnlich wie in <strong>Chemnitz</strong>. Es gab verschiedene<br />
Touren zu den Sehenswürdigkeiten<br />
der Stadt, an die Uni und<br />
natürlich obligatorische Veranstaltungen,<br />
wie man sich in Japan zu verhalten<br />
hat. Auch das sollte ich später<br />
noch feststellen. Wer gedacht hat in<br />
Deutschland ist viel geregelt, sollte<br />
einmal nach Japan reisen, um dort zu<br />
leben. Von der peniblen Mülltrennung<br />
(Flaschen müssen nach Flasche, Etikett<br />
und Deckel getrennt werden) bis<br />
hin zum strikten auf der linken Seite<br />
Stehen auf der Rolltreppe muss man<br />
sich an manche Sachen erst gewöhnen.<br />
Auf einer kleinen Erkundungstour haben<br />
wir sogar einen Großvater getrof-<br />
<strong>Technische</strong> <strong>Universität</strong> <strong>Chemnitz</strong> SS 13