Juli.pdf - Gemeinde Ufhusen
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Kannst Du Dich noch an Deinen ersten<br />
Arbeitstag als Lehrer erinnern?<br />
Sehr gut. Das war am 20. Oktober 1969.<br />
Ich kam am Samstag von der Unteroffiziersschule<br />
nach Hause und am Montag<br />
habe ich als Lehrer in Reidermoos angefangen.<br />
Bereits am ersten Tag traf der<br />
Schulinspektor ein und wollte wissen, wo<br />
die Viertklässler, die Fünft- und Sechstklässler<br />
sitzen würden. Ebenfalls fragte<br />
er, was ich mit den Schülern schon alles<br />
„gemacht“ hätte.<br />
Wie hat sich die Schule in all diesen Jahren<br />
verändert?<br />
Das Arbeiten mit den Jungen ist heute<br />
immer noch super! Aber es ist immer<br />
mehr auf die Schule „abgewälzt“ worden.<br />
Was früher selbstverständlich im<br />
Elternhaus passierte, ist auf die Schule<br />
übertragen worden. Zudem treten immer<br />
mehr sog. „Experten“ und „Pseudo-<br />
Institutionen“ in den Vordergrund, ändern<br />
dauernd bewährte Strukturen, ohne<br />
eine Verbesserung. Die Folge aber ist für<br />
einen Lehrer: Man hat viel weniger Zeit<br />
für die Kerntätigkeit, nämlich das Unterrichten.<br />
Die Qualität des Unterrichts<br />
hängt direkt mit der dafür zur Verfügung<br />
stehenden Zeit zusammen. Der riesige<br />
Papierkrieg, die endlosen Sitzungen sollten<br />
dringend reduziert werden. – Ebenfalls<br />
finde ich es äusserst schade, dass<br />
man zum Beispiel die Seminarien abschaffte,<br />
welche sich so bewährt hatten.<br />
Heute ist es durch die vielen Niveaufächer<br />
und die grosse Zahl an verschiedenen<br />
Lehrpersonen an einer Klasse ebenfalls<br />
sehr viel schwieriger geworden, eine<br />
funktionierende, konstruktive Lehrer-<br />
Schüler-Beziehung aufzubauen. Ohne<br />
tiefe und gesunde Vertrauensbasis funktioniert<br />
auch heute keine Schule.<br />
Wie schätzt Du die Jugendlichen damals<br />
ein, im Vergleich zu heute?<br />
Die Jungen heute sind ganz einfach offener.<br />
Das betrifft den Umgang untereinander,<br />
aber auch den Umgang mit Erwachsenen,<br />
zuhause oder sonst wo. Der<br />
blinde Gehorsam ist abgelöst worden.<br />
Mit dem muss sich jeder Lehrer abfinden,<br />
es ist nicht a priori negativ oder positiv.<br />
Wie bist Du an die Schule Zell gekommen?<br />
Nach dem Lehrerseminar waren drei<br />
Freunde meiner Seminarklasse an der<br />
Schule Zell als Lehrer tätig. 1970 wurde<br />
hier eine Stelle frei. Ich stellte mich vor,<br />
bekam die Anstellung und blieb hängen.<br />
Was würdest Du jungen, zukünftigen<br />
Lehrpersonen als wichtigste Ratschläge<br />
oder Bedingungen für den Lehrberuf<br />
mitgeben?<br />
Es gibt drei Sachen: Erstens sollte man als<br />
Lehrer nie vergessen, dass man auch einmal<br />
jung war. Zweitens ist es unsere<br />
Pflicht, den Jungen zu „helfen“, wir<br />
Lehrpersonen sind für sie das<br />
„Sprungbrett hinaus ins Leben“! Ebenfalls<br />
muss die Wertschätzung gegenüber<br />
den Jungen wieder in den Vordergrund<br />
rücken. Das Umfeld ist für junge Leute<br />
heute viel schwieriger, sie brauchen Unterstützung,<br />
respektvolle Förderung und<br />
jene Stärke, damit sie die Schläge des<br />
späteren Lebens einzustecken imstande