Substanzbezogene Störungen am Arbeitsplatz - Aktionswoche Alkohol
Substanzbezogene Störungen am Arbeitsplatz - Aktionswoche Alkohol
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Müssen Menschen mit <strong>Alkohol</strong>problemen nicht erst in der „Gosse“ angekommen sein,<br />
bevor ihnen geholfen werden kann?<br />
Die Anonymen <strong>Alkohol</strong>iker, eine Selbsthilfeorganisation<br />
für <strong>Alkohol</strong>kranke,<br />
haben den Satz geprägt: „<strong>Alkohol</strong>iker<br />
müssen erst ihren persönlichen Tiefpunkt<br />
erreichen, bevor man ihnen helfen<br />
kann.“ Leider ist aus dem „individuellen<br />
Tiefpunkt“ schnell das Wort „Gosse“<br />
geworden. Hier sei erneut gewarnt vor<br />
einer unkritischen Begriffsverwendung.<br />
„Gosse“ verstellt den Blick für die Verantwortlichen.<br />
Sie müssen nicht frühzeitig<br />
intervenieren, sondern können abwarten,<br />
bis der Betroffene dort gelandet ist. Diese<br />
Reaktion auf auffällige Mitarbeiter und<br />
Betriebsrat, Personalrat<br />
Bildlich lässt sich diese Situation in Form<br />
eines Kruges darstellen, in den von<br />
allen <strong>am</strong> <strong>Arbeitsplatz</strong> beteiligten Personen<br />
Rückmeldungen fließen, bis<br />
der Krug voll ist. Die betroffene<br />
Person lässt uns nicht wissen,<br />
wie groß ihr Krug ist und wie<br />
viele Rückmeldungen vielleicht<br />
aus dem privaten Bereich bereits<br />
vorhanden sind. Mit jeder<br />
Rückmeldung füllen wir den Krug.<br />
Betroffene werden uns nur verschlüsselt<br />
erleben lassen, wie<br />
stark sie die einzelne Mitteilung<br />
berührt hat. Massive Abwehr des<br />
Angesprochenen kann ein Indiz dafür<br />
sein, dass bereits viel „in den Krug<br />
geflossen“ ist.<br />
Mitarbeiterinnen kann im Unternehmen<br />
oder in der Verwaltung nicht wünschenswert<br />
sein.<br />
Oft wissen Menschen unter der Einnahme<br />
ihrer Substanzen nicht, was sie sich selber<br />
und anderen antun. Sie brauchen das<br />
Umfeld, um zu einer neuen Einschätzung<br />
ihres Handelns zu kommen. Sie brauchen<br />
den vorgehaltenen Spiegel, der ihnen<br />
zeigt, wo sie zurzeit stehen und wie sie<br />
von den anderen gesehen werden. Betroffene<br />
brauchen Rückmeldungen! Jede Person,<br />
auch jene mit <strong>Alkohol</strong>problemen, hat<br />
unterschiedliche „Schmerzgrenzen“, was<br />
ihr eigenes Verhalten und die Reaktionen<br />
darauf betrifft.<br />
Kolleg / -innen<br />
Personalabteilung<br />
Rückmeldungen an<br />
die betroffene Person<br />
Vorgesetzte<br />
1<br />
Wie sind die Reaktionen der<br />
Betroffenen einzuschätzen?<br />
Häufig sind Kolleginnen und Kollegen<br />
enttäuscht, weil die betroffene Person<br />
so uneinsichtig ist. Sie fühlen sich nach<br />
einem Gespräch mit ihr ohnmächtig. Sie<br />
glauben, durch ihre Intervention nichts<br />
erreicht zu haben. Der Problemfall hat es<br />
durch seine Gegenwehr geschafft, sie zu<br />
entmutigen. Genau diese Reaktion ist das<br />
Ziel der Betroffenen: Menschen, deren<br />
unangenehme Rückmeldungen ihnen<br />
„weh tun“, auf Distanz zu bringen. Sie<br />
wehren die Intervention ab, d<strong>am</strong>it ein<br />
weiteres Intervenieren vorerst unterbleibt.<br />
Der Abwehr nachzugeben, ist falsch, denn<br />
dann verzögert sich der Veränderungsprozess.<br />
Andere, die <strong>am</strong> <strong>Arbeitsplatz</strong> als<br />
Reaktion auf ihre Rückmeldung ein Einlenken<br />
und das Schwören auf Besserung<br />
durch den Angesprochenen erfahren,<br />
glauben, im Gespräch sehr viel erreicht zu<br />
haben. Dieses kann, muss aber nicht sein.<br />
Es mag auch sein, dass der Betroffene<br />
mit einem Eingeständnis der belastenden<br />
Situation ausweichen wollte und die Rückmeldung<br />
ihn nur mäßig erreicht hat.<br />
Aus der direkten Reaktion der Angesprochenen<br />
lässt sich nicht der Erfolg<br />
oder Misserfolg der Rückmeldung ablesen.<br />
Das Umfeld darf sich nicht durch<br />
die Betroffenen verunsichern lassen.<br />
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