Substanzbezogene Störungen am Arbeitsplatz - Aktionswoche Alkohol
Substanzbezogene Störungen am Arbeitsplatz - Aktionswoche Alkohol
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§ 15 Allgemeine Unterstützungspflichten und Verhalten<br />
Abs. 1 Die Versicherten sind verpflichtet, nach ihren Möglichkeiten sowie gemäß der<br />
Unterweisung und Weisung des Unternehmers für ihre Sicherheit und Gesundheit bei<br />
der Arbeit sowie für Sicherheit und Gesundheitsschutz derjenigen zu sorgen, die von<br />
ihren Handlungen oder Unterlassungen betroffen sind. Die Versicherten haben die Maßnahmen<br />
zur Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten<br />
Gesundheitsgefahren sowie für eine wirks<strong>am</strong>e Erste Hilfe zu unterstützen. Versicherte<br />
haben entsprechende Anweisungen des Unternehmers zu befolgen. Die Versicherten<br />
dürfen erkennbar gegen Sicherheit und Gesundheit gerichtete Weisungen<br />
nicht befolgen.<br />
Abs. 2 Versicherte dürfen sich durch den Konsum von <strong>Alkohol</strong> oder anderen berauschenden<br />
Mitteln nicht in einen Zustand versetzen, durch den sie sich selbst oder andere<br />
gefährden können.<br />
Abs. 3 Absatz 2 gilt auch für die Einnahme von Medik<strong>am</strong>enten.<br />
In den Vorschriften werden die Fürsorgepflicht<br />
des Arbeitgebers und die Sorgfaltspflicht<br />
des Arbeitnehmers zur Verhütung<br />
von Arbeitsunfällen deutlich formuliert.<br />
Beide Seiten tragen Verantwortung!<br />
Die Erweiterung im §15 Absatz 3 mit der<br />
Hervorhebung von Medik<strong>am</strong>enten spiegelt<br />
das erhöhte Arbeitssicherheitsrisiko<br />
durch Beeinträchtigungen diverser Wirkstoffe<br />
in Arzneien wider. Einen kleinen<br />
Ausschnitt der Beeinträchtigungen –<br />
nur bezogen auf einen begrenzten Teil<br />
psychisch wirks<strong>am</strong>er Medik<strong>am</strong>ente –<br />
stellt das Kapitel „Welche Auswirkungen<br />
haben Psychopharmaka auf die<br />
Arbeitssicherheit“? (Seite 71) dar.<br />
In der akuten Situation, in der eine Beschäftigte<br />
oder ein Beschäftigter Auffälligkeiten<br />
<strong>am</strong> <strong>Arbeitsplatz</strong> zeigt, die die<br />
Arbeitsfähigkeit der Person infrage stellen,<br />
ist die Führungskraft als Vertreter /-in<br />
des Unternehmers zum Handeln aufgefordert.<br />
Als Kriterium für die Entscheidung<br />
zur Entfernung vom <strong>Arbeitsplatz</strong><br />
zieht die Rechtsprechung die allgemeine<br />
Lebenserfahrung und den „Beweis des<br />
ersten Anscheins“ heran. Der „Beweis<br />
des ersten Anscheins“ meint die konkreten<br />
Verhaltensauffälligkeiten der Person<br />
in der akuten Situation. Verhaltensauffälligkeiten,<br />
die auf eine <strong>Alkohol</strong>isierung<br />
des / der Beschäftigten schließen lassen,<br />
sind für sensibilisierte Vorgesetzte noch<br />
feststellbar. Bei Beeinträchtigungen durch<br />
Medik<strong>am</strong>ente wäre dies eine Überforderung!<br />
An dieser Stelle ist der Rat an Führungskräfte<br />
geboten, dem eigenen Gefühl<br />
stärker zu vertrauen. Die entscheidende<br />
Frage für sie ist: „Wie verändert zeigt sich<br />
der / die Beschäftigte jetzt im Moment im<br />
Verhältnis zu seiner / ihrer Arbeitsfähigkeit<br />
sonst?“ Die Verantwortlichen müssen<br />
nicht erkennen, welche Substanzen<br />
konsumiert wurden! Beschäftigte stehen<br />
gelegentlich auch unter dem Einfluss verschiedener<br />
Substanzen gleichzeitig.<br />
In der konkreten Situation geht es um die<br />
Beschreibung der festgestellten Auffälligkeiten,<br />
die für die Führungskraft ausschlaggebend<br />
sind. Dieses können zum<br />
Beispiel der unkontrollierte Gang, die lallende<br />
Sprache, das aggressive Verhalten<br />
gegenüber den Kolleginnen oder Kollegen<br />
oder auch unspezifische Verhaltensmuster<br />
wie mangelnde Konzentration,<br />
verlangs<strong>am</strong>te Reaktionszeiten oder apathisches<br />
Verhalten sein. Wichtig für das<br />
weitere Vorgehen ist die schriftliche Dokumentation<br />
der spezifischen Auffälligkeiten.<br />
Die konkreten Beobachtungen werden<br />
an die Personalabteilung weitergeleitet.<br />
Diese prüft, ob wegen des Verstoßes gegen<br />
arbeitsvertragliche Verpflichtungen<br />
der Anspruch auf Arbeitslohn entfällt.<br />
Kommt die Führungskraft zu der Einschätzung,<br />
dass eine Weiterbeschäftigung<br />
nicht verantwortet werden kann, so zieht<br />
sie zur Unterstützung ihrer Vermutung<br />
eine weitere Person hinzu. Nach Möglichkeit<br />
sollte ein Mitglied des Betriebsrates/<br />
Personalrates beteiligt werden. Sind diese<br />
Funktionsträger nicht anwesend oder<br />
gibt es sie im Kleinbetrieb nicht, ist es<br />
rats<strong>am</strong>, einen weiteren Vorgesetzten als<br />
Zeugen hinzuzuziehen. Mitarbeiterinnen<br />
oder Mitarbeiter kommen dafür nur sehr<br />
eingeschränkt infrage, da bei eventuellen<br />
gerichtlichen Auseinandersetzungen<br />
deren Aussagen nur bedingt zählen, wenn<br />
sie in einem Abhängigkeitsverhältnis zum<br />
Vorgesetzten stehen.<br />
Die von den Vorgesetzten allein oder<br />
mit anderen getroffenen Feststellungen<br />
führen nach den allgemein geltenden<br />
Rechtsregeln dazu, dass die Beschäftigten<br />
bis zum Beweis des Gegenteils als arbeitsunfähig<br />
gelten – mit allen sich daraus<br />
ergebenden Konsequenzen.<br />
Sind die Beschäftigten mit der Feststellung<br />
ihrer Arbeitsunfähigkeit nicht einverstanden,<br />
dann können sie auf freiwilliger<br />
Basis einen Gegenbeweis erbringen. Der<br />
Arbeitgeber ist gut beraten, die Möglichkeit<br />
der ärztlich begründeten Gegendarstellung<br />
in dieser Situation dem Beschäftigten<br />
anzubieten. Der Gegenbeweis kann<br />
durch einen <strong>Alkohol</strong>test und andere Verfahren<br />
erbracht werden. Die Praxis zeigt,<br />
dass die Arbeitsunfähigkeit durch verschiedene<br />
Substanzen beeinträchtigt sein<br />
kann, daher muss der / die aufgesuchte<br />
Mediziner / -in entscheiden, welche Untersuchung<br />
durchzuführen ist, um eine fachkundige<br />
Aussage zur Arbeitsfähigkeit des<br />
Beschäftigten zu machen. Diese Untersuchung<br />
kann sowohl beim betriebsärztlichen<br />
oder arbeitsmedizinischen Dienst<br />
als auch beim niedergelassenen Arzt oder<br />
der niedergelassenen Ärztin vorgenommen<br />
werden. Die Rolle der Betriebsärzte<br />
hat sich gewandelt. Sie sind laut Auftrag<br />
im Arbeits- und Gesundheitsschutz eher<br />
Berater des Arbeitgebers und der Beschäftigten<br />
als Kontrolleure. Diese Rollenauffassung<br />
gilt auch für den Suchtbereich<br />
– auch wenn die Akteure sich das mitunter<br />
gerne anders wünschen würden. Die Vorgesetzten<br />
haben den Heimtransport des<br />
/ der arbeitsunfähigen Beschäftigten zu<br />
veranlassen. Die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers<br />
reicht bis zur Wohnungstür!<br />
Die Beförderung kann durch ein Taxenunternehmen<br />
erfolgen. Die Angehörigen<br />
können mit Einverständnis der betroffenen<br />
Person gebeten werden, den Mitarbeiter<br />
oder die Mitarbeiterin abzuholen.<br />
Oder die Person wird mit dem privaten<br />
Fahrzeug eines Kollegen oder einer Kollegin<br />
transportiert. Bei letzterem ist vom<br />
Betrieb aus darauf zu achten, dass die<br />
Beförderung der Person im Fond des<br />
Fahrzeuges und mit zusätzlicher Begleitperson<br />
geschieht.<br />
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