Earnest & Algernon: Geheimsache
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kel oDEr der GA<br />
Rten des AnDEren<br />
T: Hans-Georg Wegner<br />
Das Gegenteil von Macht ist ja<br />
nicht Ohnmacht. Sondern?<br />
Das Gegenteil von Autoritätshörigkeit ist ja<br />
nicht Selbstbestimmtheit. Oder?<br />
Das Gegenteil von Hierarchie ist ja<br />
nicht Freiheit. Sicher?<br />
Aber was ist dann das Gegenteil von all dem,<br />
was wir mit Macht verbinden?<br />
Es wird den Ostdeutschen ja gerne bescheinigt,<br />
sie seien a) autoritätshörig, hätten b)<br />
eine Vorliebe für autoritäre Strukturen, also<br />
strenge Hierarchien, und c) bewunderten<br />
Menschen mit Macht. Woher diese Wessi-Meinung über<br />
die Ostdeutschen kommt, ist klar: Sie waren es ja nicht<br />
anders gewohnt im Osten, wo ein straff organisierter Parteiapparat<br />
das Leben der Staatsbürger bis in jedes Alltagsdetail<br />
hinein geplant und geregelt hatte. Selbstbestimmung<br />
kam in dieser Diktatur der Avantgarde, wie sich<br />
die DDR-Führung auch gerne bezeichnete, offiziell nicht<br />
vor. Das Ich sollte sich im Wir verwirklichen. Der Blick<br />
über die Mauer aus westlicher Sicht hinein in den DDR-<br />
Zoo ergab dann logisch, dass diese Fremdbestimmtheit,<br />
unter der die DDR-Bürger scheinbar so sehr litten, zu<br />
enorm hohem Druck geführt hätte, der sich dann in der<br />
Wende 1989 entlud und zur befreienden Sprengung der<br />
Grenzen hinein in die Wessi-Freiheit führte. Das Mythen-<br />
Muster dieser Geschichtssicht erfüllt sich wunderbar: Eine<br />
privilegierte, machtvolle Elite beutet die Bevölkerung aus,<br />
knechtet sie so lange, bis sie es nicht mehr aushält, die<br />
Sklaven rebellieren und jagen die Unterdrücker zum Teufel.<br />
Doch dieser Mythos trifft auf das, was während der<br />
Wende vorging, leider nicht zu.