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Ausgabe 3, April 2012 - Quartier-Anzeiger Archiv

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Ein komödiantischer Witiker Theaterfrühling<br />

Das «Hotel Mimosa» des Theater Witikon<br />

entpuppte sich als exzellente Adresse<br />

an der Côte d’Azur – wenigstens für<br />

einen Abend. Die Zuschauer an den Salontischchen<br />

unterhielten sich an der<br />

praktisch ausverkauften Premiere im reformierten<br />

Kirchgemeindehaus glänzend<br />

und dankten mit viel Beifall. Das sprach<br />

sich herum, und an der Derniere brauchte<br />

es sogar zusätzliche Stühle.<br />

Die Dialektfassung der Komödie war<br />

witzig, der Humor subtil. Regisseur Willi<br />

Sutter hielt das spielfreudige Ensemble<br />

und das erwartungsvolle Publikum<br />

bei Laune und verzichtete auf derbe Einfälle.<br />

Auch das Bühnenbild mit dem zur<br />

Hotellobby umfunktionierten Wohnzimmer<br />

der Villa und dem Vogelgezwitscher<br />

im Park – kaum wurde die Verandatüre<br />

geöffnet – hielt sich zurück. Selbst der<br />

Hauspianist wechselte unauffällig und in<br />

Socken vom Piano links zum Orgelmanual<br />

rechts der Bühne und wieder<br />

zurück, um das amouröse wer-mit-wemund-wann-und-wo<br />

dezent international<br />

zu untermalen.<br />

Die Inszenierung lebte vor allem vor der<br />

Pause vom Tempo, charmanter Situationskomik<br />

und burlesker Akzentuierung<br />

einzelner Figuren – von der Demoiselle<br />

des horizontalen Gewerbes bis zu den<br />

Frischvermählten frisch von der Alp.<br />

Nach dem Grosseinsatz des Teams an<br />

der Theaterbar wurde das Stück von<br />

Pierre Chesnot zusehends verzwickter<br />

und vertrackter. Das Spiel verlor dadurch<br />

an Rasanz, blieb aber spannend.<br />

Moderner Münchhausen<br />

Wie würden der Autor und sein entfernt<br />

an Baron Münchhausen erinnernder<br />

Hauptdarsteller – ein herrlich schwadronierender<br />

Pariser Fernsehregisseur im<br />

Spagat zwischen Gattin und Geliebter –<br />

die Kurve Richtung Happyend kriegen?<br />

Und wie dem viel zu früh aufgetauchten<br />

U-Boot-Kapitän und gehörnten Ehemann<br />

das Hotel Mimosa voller Pärchen<br />

mit Problemchen in seinem Haus plausibel<br />

machen? Ganz einfach: Das eindeutig-zweideutige<br />

Treiben wurde dem<br />

zusehends enthusiastischeren Hausherrn<br />

kurzerhand als Proben ohne Text für einen<br />

Fernsehfilm verkauft...<br />

Die schauspielerischen Qualitäten des<br />

Witiker Theaterensembles in seiner immer<br />

wieder leicht anderen Besetzung<br />

sind längst bekannt. Auch dieses Jahr<br />

war es ein Vergnügen, den Leuten statt<br />

im Alltag für einmal als Laiendarsteller<br />

auf der Bühne zu begegnen und sich von<br />

ihnen an die frühlingshafte Côte entführen<br />

zu lassen. Eigentlich wäre das für<br />

alle ein Mimosenzweig wert gewesen.<br />

Saison- und marktbedingt war es dann<br />

an der Premiere eben eine Tulpe. (ee)<br />

(Fotos Kurt Bumbacher)<br />

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