P.T. MAGAZIN 05/2009
Magazin für Wirtschaft und Gesellschaft. Offizielles Informationsmagazin des Wettbewerbs "Großer Preis des Mittelstandes" der Oskar-Patzelt-Stiftung
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206<br />
September I Oktober<br />
Politik Regional<br />
enthüllt: Erde ist<br />
DOCH keine Scheibe!<br />
Verbraucherschutzsendung „Plusminus“ betreibt Volksverdummung statt Aufklärung<br />
(Bild: P.T.-Montage, Foto: DLR/Rapid Eye AG)<br />
Vor wenigen Wochen, am 32. Juli,<br />
beschäftigte sich das ARD-Verbrauchermagazin<br />
„Plusminus“ in einer<br />
40-minütigen Sondersendung mit<br />
dem Thema „Auszeichnungen und<br />
Gutachten – Garantien künftigen<br />
Erfolgs?“ Vier Beiträge erörterten das<br />
Thema ausführlich.<br />
Der Vorwurf<br />
Für die Anmoderation des ersten Beitrags<br />
durch die Moderatorin Sabine<br />
Gaschütz wurden Ausschnitte der<br />
Festveranstaltung zur Übergabe der<br />
Reifezeugnisse des Berliner Goethe-<br />
Gymnasiums im Sommer 1995 gezeigt.<br />
Prominentester Gastredner war<br />
der damalige Bundeskanzler Helmut<br />
Kohl, der die Wichtigkeit einer soliden<br />
Bildung hervorhob und auf die<br />
Chancen der jungen Menschen in<br />
einer sich rapide verändernden Welt<br />
verwies.<br />
Sabine Gaschütz schlussfolgerte: „Die<br />
Schulen konkurrieren miteinander<br />
mit der Botschaft, wer uns seine Kinder<br />
anvertraut, ist in den allerbesten<br />
Händen.“ Individuelle Lernpläne<br />
und Patenschaften garantierten die<br />
Berücksichtigung individueller Neigungen,<br />
Stärken und Schwächen.<br />
Die Anmoderation schloss mit dem<br />
massiven Vorwurf: „Doch von wegen,<br />
genau das hat sehr oft gar niemand<br />
geprüft.“<br />
Der Aussteiger<br />
Anschließend wurde der Lebensweg<br />
einzelner Abiturienten in den folgenden<br />
14 Jahren beschrieben. Tatsächlich<br />
war nicht allen ein erfülltes<br />
und glückliches Leben beschieden.<br />
Der Beitrag griff das Beispiel des<br />
Aussteigers Georg W. auf. 1995 hatte<br />
er das Abitur als Bester mit Auszeichnung<br />
bestanden und war von Helmut<br />
Kohl persönlich als Vorbild für andere<br />
gelobt worden. Nach seinem Bundeswehrdienst<br />
studierte er seinen Traumberuf<br />
Kulturwissenschaften, brach<br />
aber bereits im vierten Semester ab.<br />
Nach mehrjährigem Tingeln als DJ in<br />
Hamburger Discos und einer Verurteilung<br />
wegen Drogenmissbrauchs<br />
wanderte er 2001 aus Deutschland<br />
aus. Die Redaktion fand ihn in einer<br />
Kommune am Rande der australischen<br />
Großen Victoria-Wüste,<br />
wo er seit drei Jahren mit einigen<br />
Aborigines sowie rund 30 vor allem<br />
britischstämmigen Aussteigern lebte.<br />
Zu einem Interview war er nicht<br />
bereit.<br />
Der Professor<br />
Die Mutter des Aussteigers, die nicht<br />
erkannt werden wollte und daher nur<br />
hinter einem Vorhang und mit verfremdeter<br />
Stimme interviewt wurde,<br />
konnte ein Schluchzen nicht unterdrücken,<br />
als sie von ihren Ängsten<br />
und Enttäuschungen während der<br />
letzten zehn Jahre sprach: „Wir haben<br />
uns doch immer um unseren Georg<br />
gekümmert. Er hält noch heute alle<br />
paar Wochen zu uns Kontakt per Telefon<br />
oder Brief. Und das war doch die<br />
damals beste Schule in Berlin! Und er<br />
war der Beste! Wie konnte denn das<br />
passieren? Ich weiß mir keinen Rat.“<br />
Auf Nachfrage der Redakteurin Brigitte<br />
Schalk beteuerte die damalige<br />
Direktorin des Gymnasiums, inzwischen<br />
im Ruhestand, dass ein solcher<br />
Lebensweg nicht die Regel, sondern<br />
die Ausnahme sei. Laudator Helmut<br />
Kohl war zu keiner Stellungnahme<br />
bereit. Prof. Gerhard Schlichter vom<br />
Pädagogischen Institut der Goethe-<br />
Universität Ost-Tübingen, erklärte:<br />
„Welchen Lebensweg ein Jugendlicher<br />
einschlägt, hängt nicht nur von<br />
der Schule ab, sondern von einer<br />
Vielzahl von Einflussfaktoren vor und<br />
auch nach dem Schulabschluss.“<br />
Die Schlussfolgerung<br />
Bereits während der Schulzeit könne<br />
die Zahl dieser Einflüsse unmöglich<br />
von einem Lehrer kontrolliert und<br />
gesteuert werden, der noch dazu<br />
für 20, 30 oder mehr Kinder verantwortlich<br />
sei. Hinzu käme, dass die<br />
Schulen wegen der demographischen<br />
Entwicklung und der Knappheit der<br />
Staatsfinanzen in einem gnadenlosen<br />
Wettbewerb zueinander um jede<br />
einzelne Schulanmeldung stünden.<br />
„Dieser Konkurrenzdruck ist für Privatschulen<br />
naturgemäß noch viel<br />
größer.“<br />
Die Verbraucherschutzsendung fasste<br />
den Rat an Eltern wie folgt zusammen:<br />
„Entgegen der landläufigen<br />
Meinung ist eine erfolgreich bestandene<br />
Reifeprüfung keine Garantie<br />
für die zukünftige Entwicklung des<br />
Jugendlichen. Denn von Schulen<br />
werden vorrangig die in der Vergangenheit<br />
erbrachten Leistungen<br />
bewertet.“<br />
MBA statt Diplom?<br />
Im nächsten Beitrag ging es um die<br />
Frage, ob die in den letzten Jahren<br />
aus dem Boden geschossenen Ma-<br />
P.T. <strong>MAGAZIN</strong> 5/<strong>2009</strong>