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tadt gespräche - Stadtgespräche Rostock

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TITELTHEMA<br />

Gedanken über<br />

Deutschland<br />

Im Herbst 1989 fanden sich Frauen und Männern sehr unterschiedlicher Herkunft und politischer Ansichten aus<br />

<strong>Rostock</strong> und Umgebung zusammen und gründeten die Bürgerinitiative für eine solidarische Gesellschaft. Immer<br />

einmal wieder in der nun bald 15jährigen Geschichte dieser Vereinigung fragten der eine oder die andere: Warum<br />

treffen wir uns eigentlich noch, was können wir jetzt und in Zukunft bewirken? Was verlangt die Zeit von uns? Welches<br />

Selbstverständnis haben wir selbst von uns und der Arbeit der Bürgerinitiative?<br />

Im Januar 2004 war es mal wieder so weit. Jemand fragte: wie ist unser Verhältnis zu diesem Deutschland, in dem<br />

wir nun bereits etwa 15 Jahre leben? Wie ist unser Bild von diesem Land, wie wird sich in der Zukunft dieses Land<br />

verändern?<br />

Fred Mahlburg,<br />

Dr. theol. (*1940)<br />

war lange Leiter der<br />

Evangelischen Akademie<br />

Mecklenburg-Vorpommern<br />

und ist jetzt im Ruhestand<br />

Im Bild, das Deutschland und die deutsche Gesellschaft gegenwärtig<br />

bieten, stehen für mich die folgenden Aspekte im Vordergrund: Es<br />

gibt auffällig viele Menschen, denen Hunde mehr am Herzen zu liegen<br />

scheinen als Kinder. Eine reiche Dame sagt vor der Kamera, die<br />

über ihre Möbel aus dem 18. Jahrhundert schwenkte: „Diese Möbelstücke<br />

sind meine Kinder.“ Auch im <strong>Rostock</strong>er S<strong>tadt</strong>bild fällt der<br />

Kontrast auf zwischen neu errichteten Bankgebäuden und Einkaufszentren<br />

in moderner, aufwändiger Architektur einerseits und Schulen<br />

und Kindereinrichtungen im Verfall andererseits. So geben maßgebliche<br />

Kräfte der Gesellschaft den Kindern zu erkennen, welche<br />

Bedeutung sie ihrem Wohlergehen und ihrer Zukunft tatsächlich<br />

beimessen. Permanent wird die Zukunft von Kultureinrichtungen<br />

problematisiert. Anderes als Geldfragen spielt dabei kaum eine erkennbare<br />

Rolle. Die Kräfte dieser Gesellschaft, die öffentlich in Erscheinung<br />

treten, scheinen die Zukunft der Gesellschaft primär<br />

durch ihre materiellen Potentiale bestimmt zu sehen.<br />

Herrschende Klasse - politische Klasse<br />

Anmerkung:<br />

In den folgenden Heften der „S<strong>tadt</strong>gespräche“, deren Herausgeber die „Bürgerinitiative<br />

für eine solidarische Gesellschaft“ ist, werden wir verschiedene, auf<br />

sehr unterschiedliche Erfahrungen fußende Anregungen für Stunden gemeinsamen<br />

Nachdenkens und Sprechens in der Bürgerinitiative veröffentlichen und<br />

hoffen, dass die Leserinnen und Leser unserer Zeitschrift sich gedanklich oder<br />

auch durch uns zugeschickte Beiträge daran beteiligen. Sie erreichen uns über die<br />

bekannte Emailadresse redaktion@s<strong>tadt</strong>gespraeche-rostock.de.<br />

Hieß das nicht früher „historischer Materialismus“? Nur die „herrschende<br />

Klasse“ wurde ausgetauscht? Nein, ganz so einfach ist es<br />

nicht. Wer ist denn die „herrschende Klasse“? Sie versteckt sich<br />

nicht und ist dennoch nur schwer zu erkennen und zu identifizieren.<br />

Der Klassenbegriff taucht eigentlich nur noch auf, wenn von der<br />

„politischen Klasse“ die Rede ist. Die scheint sich wirklich identifizieren<br />

zu lassen und wird dann auch sogleich in ihrer Problematik<br />

erkennbar.<br />

Gesamtdeutsch gehen die Mitgliederzahlen der politischen Parteien<br />

und das Interesse an ihnen zurück. In Ostdeutschland sind die Zahlen<br />

besonders niedrig. Aus diesem sich quantitativ und qualitativ verengenden<br />

Potential werden gleichwohl nahezu die gesamten politischen<br />

Entscheidungspositionen auf allen Ebenen besetzt. Das kann<br />

nur bedeuten, dass die „politische Klasse“ geistig und moralisch<br />

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