Quecksilber - Gudjons Apotheke
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ums Goldene Kalb”, das nur etwas ausgewachsener<br />
z.B. als Stier vor der Frankfurter Börse<br />
steht als Symbol des Hochs der Aktienkurse.<br />
Dort stehen auch die Wolkenkratzer der Banken-Schulden-<br />
und Konzern-Vermögens-Türme,<br />
wie überhaupt jetzt die Banken die Kirchtürme<br />
um ein Vielfaches überragen. Da das Geld als<br />
synonym mit dem Gold anzusehen ist, werden<br />
wir auch viele Züge der Goldkrankheit bei<br />
den Geld-Leuten finden. Vor allem die Angst<br />
vor hoch gelegenen Orten, von denen sie sich<br />
dann beim Abstürzen der Börsenkurse gleich<br />
mit hinabstürzen in selbstmörderischer Absicht.<br />
Auch der Schuss aus der Pistole, das Ertränken,<br />
das Erhängen, das sich Überfahren lassen, der<br />
gewaltsame Tod durch Fahren gegen einen Brückenpfeiler<br />
sind die Taten des Gold-Kranken,<br />
der keinen Weg aus der Pleite mehr sieht (Symptom:<br />
Verzweiflung, denkt alles sei verloren).<br />
Auch eine Selbstmordszene ist der Versuch<br />
des Faust im ersten Akt des ersten Teils mit<br />
der Giftschale aus „Verzweiflung über seine<br />
miserable Existenz”, von welchem Vorhaben<br />
er durch die Kirchenglocken und die Engelschöre<br />
des anbrechenden Ostersonntags abgehalten<br />
wird (Symptome: Religiöse Anwandlungen,<br />
Musik bessert)<br />
Chor der Engel:<br />
Christ ist erstanden!<br />
Freude dem Sterblichen,<br />
Den die verderblichen,<br />
Schleichenden, erblichen<br />
Mängel umwanden!<br />
Faust:<br />
Welch tiefes Summen, welch ein heller Ton<br />
Zieht mit Gewalt das Glas von meinem<br />
Munde?<br />
Verkündiget ihr dumpfen Glocken schon<br />
Des Osterfestes erste Feierstunde?<br />
Ihr Chöre, singt ihr schon den tröstlichen<br />
auruM folIatuM, Gold<br />
Gesang,<br />
Der einst um Grabesnacht von Engelslippen<br />
klang,<br />
Gewissheit einem neuen Bunde?<br />
Chor der Engel:<br />
Christ ist erstanden!<br />
Selig der Liebende,<br />
Der die betrübende,<br />
Heilsam und übende<br />
Prüfung bestanden!<br />
Faust:<br />
Was sucht ihr, mächtig und gelind,<br />
Ihr Himmelstöne, mich am Staube?<br />
Klingt dort umher, wo weiche Menschen<br />
sind!<br />
Die Botschaft hör ich wohl, allein mir<br />
fehlt der Glaube;<br />
O tönet fort, ihr süssen Himmelslieder!<br />
Die Träne quillt, die Erde hat mich wieder.”<br />
(Symptom: Weinen aus Verzweiflung)<br />
Damit beendet Faust seine „Bekehrung<br />
zum Leben”, seine „Erweckung” aus der tiefsten<br />
Depression, deren der Mensch fähig ist, in<br />
der er Selbstmord verübt, wie einst Goethes<br />
Werther durch Erschießen mit der Pistole seines<br />
Freundes. Goethe heilte nach seinem eigenen<br />
Eingeständnis seine selbstmörderische<br />
Depression durch sein erstes Werk, nämlich<br />
den Werther, durch das er berühmt wurde,<br />
ohne dazu die Absicht gehabt zu haben.<br />
Nach diesem Ausflug in die höheren Sphären,<br />
der sich seitenlang fortsetzen ließe – ich<br />
denke nur an die vielen Märchen, in denen<br />
es „ums Gold” geht, die voller Symptome von<br />
Gold-Patienten sind, und die deshalb auch so<br />
heilsam sind für die von uns ererbten Fehlentwicklungen<br />
unserer Kinder –, wollen wir<br />
uns den Patienten zuwenden, die in unsere<br />
Praxis kommen. Sie sind keinesfalls alle