Es kommt Dicker - Marius Leutenegger
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16 | GrapHIC Novels Books Nr. 3/2013<br />
Alle Bücher finden Sie auch auf GrapHIC Novels | 17<br />
eine zweite Dimension geliefert – und dadurch<br />
entsteht eine ganz besondere Atmosphäre.»<br />
Als Fan der ersten Stunde kann<br />
David Basler genau sagen, was eine Graphic<br />
Novel auszeichnet: «Anders als bei<br />
Comicserien wie Lucky Luke oder Micky<br />
Maus, die oft von verschiedenen Zeichnern<br />
und Autoren oder gar ganzen Studios produziert<br />
werden, stehen bei Graphic Novels<br />
die Autoren und deren persönlicher Stil im<br />
Vordergrund. Eine Graphic Novel erzählt<br />
in der Regel eine abgeschlossene Geschichte,<br />
sie ist oft kleinformatig und eher dick –<br />
ab 80 Seiten aufwärts.» Vor allem aber<br />
richte sich eine Graphic Novel an ein Publikum<br />
ab mindestens 16, 17 Jahren – und<br />
sie behandle andere Stoffe als ein Comic.<br />
«Graphic Novels verkaufen sich übers Thema»,<br />
sagt der Verleger. So seien zum Beispiel<br />
die gezeichneten Reportagen von Joe<br />
Sacco, die in der Edition Moderne erscheinen,<br />
ein Dauerbrenner – denn sie beschäftigen<br />
sich unter anderem mit Palästina und<br />
interessieren daher viele Leute.<br />
Holocaust als Fabel – das funktioniert!<br />
Generell zählen historische Themen zu<br />
den wichtigsten Stoffen von Graphic Novels.<br />
Auch das international wohl bekannteste<br />
Werk der Gattung bereitet ein tatsächliches<br />
Geschehen auf: In «Maus – die<br />
Geschichte eines Überlebenden» erzählt<br />
der New Yorker Autor Art Spiegelman die<br />
Geschichte seiner jüdischen Familie im<br />
Holocaust. Er nutzt dazu die Form der Fabel:<br />
Die Juden sind Mäuse, die Nazis Katzen,<br />
die Polen Schweine. Für den aufwühlenden,<br />
erzählerisch perfekt gebauten und<br />
zeichnerisch aufs Minimum reduzierten<br />
Roman erhielt Spiegelman 1992 den Pulitzerpreis,<br />
die wichtigste Literaturauszeichnung<br />
der USA. Spiegelman hat wohl mehr<br />
als jeder andere zur breiten Akzeptanz der<br />
Graphic Novels beigetragen – indem er<br />
zeigte, dass es nun wirklich kein Thema<br />
gibt, dass sich nicht auf künstlerisch hochwertige<br />
Weise mit Zeichnungen und<br />
Sprechblasen umsetzen lässt. Durch die<br />
Empfehlenswerte Neuerscheinungen. Links: «Reportagen» von<br />
Joe Sacco. Rechts: «Bleierne Hitze» von Baru.<br />
Tür, die Spiegelman weit aufstiess, sind<br />
seither viele Künstler gegangen. Und viele<br />
Künstlerinnen: Während der klassische<br />
Comic vorwiegend eine Männerangelegenheit<br />
war, gibt es auch zahlreiche erfolgreiche<br />
Graphic-Novel-Autorinnen. Eine davon<br />
ist Marjane Satrapi. In «Persepolis»<br />
behandelt sie ihre Kindheit und Jugend im<br />
Iran; das Buch ist der Bestseller unter den<br />
Graphic Novels, die bislang bei der Edition<br />
Moderne erschienen sind.<br />
Trotz Erfolg ein Randprodukt<br />
Dass «Persepolis» seinen Siegeszug von<br />
Frankreich aus antrat, hat nicht nur damit<br />
zu tun, dass Marjane Satrapi in Paris lebt.<br />
Die Heimat von Asterix und Spirou ist seit<br />
jeher ein guter Nährboden für Bildgeschichten.<br />
David Basler: «In Frankreich haben<br />
Comics nie einfach als Kinderzeugs gegolten,<br />
es gibt dort eine ganz andere Tradition.»<br />
Als in Frankreich kürzlich die neue<br />
Graphic Novel von Jacques Tardi erschien –<br />
«Stalag» –, war die Startauflage von 60'000<br />
Stück innerhalb einer Woche ausverkauft.<br />
Auf Deutsch verlegt die Edition Moderne<br />
die Werke von Tardi – und David Basler ist<br />
froh, wenn er von den deutschsprachigen<br />
Büchern jeweils eine Auflage von 3000<br />
Stück absetzen kann. «Trotz aller Erfolgs-<br />
meldungen muss man festhalten, dass<br />
Graphic Novels bei uns nach wie vor ein<br />
Randprodukt sind», sagt der Verleger. «Die<br />
erfolgreichsten davon verkaufen sich auf<br />
Deutsch vielleicht 20'000 Mal.» Doch die<br />
Gesamtauflage von Graphic Novels steigt<br />
unentwegt. Längst sind es nicht mehr nur<br />
Kleinverlage, die auf dieses Medium setzen<br />
– auch Suhrkamp oder Knesebeck und<br />
Carlsen publizieren Graphic Novels. «Die<br />
«Schweizer<br />
Graphic Novels<br />
können international<br />
mithalten.»<br />
Strategie, mit dem Begriff ‹Graphic Novel›<br />
diese Art von Büchern aus den Kinderabteilungen<br />
und aus dem Comicständer herauszuholen,<br />
ist auf jeden Fall aufgegangen»,<br />
meint David Basler überzeugt. Das<br />
Publikum reagiere heute ganz anders auf<br />
Graphic Novels als noch vor einigen Jahren.<br />
«An Buchmessen kam es früher oft<br />
vor, dass Leute ein Buch sofort weglegten,<br />
wenn sie sahen, dass es eine Geschichte in<br />
Bildern erzählt. Heute <strong>kommt</strong> es kaum<br />
noch vor, dass sich jemand an der Form<br />
stört.»<br />
Schweiz ein gutes Pflaster<br />
Das Interesse an Graphic Novels ist also da –<br />
doch die Produktion ist vorderhand noch immer<br />
eher gering. David Basler schätzt, dass<br />
pro Jahr kaum 500 neue Titel auf Deutsch<br />
erscheinen. Der Aufwand, ein solches Buch<br />
zu zeichnen, sei eben sehr gross –<br />
und nur wenige talentierte Künstlerinnen<br />
und Künstler würden wirklich durchhalten.<br />
Die Schweiz ist aber ein recht gutes<br />
Pflaster für Kunstschaffende. Anders als<br />
zum Beispiel in Deutschland gibt es bei uns<br />
einigen Support für Graphic Novels. David<br />
Basler verweist auf Druckzuschüsse durch<br />
die Stadt Zürich, die Migros oder den Kanton<br />
Aargau. Solche Unterstützung habe<br />
das Niveau zweifellos angehoben, sagt der<br />
Verleger. «Schweizer Graphic Novels können<br />
international mithalten, was sich allein<br />
schon in der Tatsache zeigt, dass die<br />
Werke von Matthias Gnehm jetzt auch in<br />
Frankreich erscheinen.» Also dort, wo<br />
Graphic Novels schon lange das sind, was<br />
sie bei uns allmählich werden: eine Selbstverständlichkeit.<br />
5 Klassiker,<br />
die alle haben sollten<br />
Ein Vertrag mit Gott<br />
Will Eisner<br />
508 Seiten<br />
CHF 53.00<br />
Carlsen<br />
Will Eisners «Miethausgeschichten»<br />
von 1978 gelten als erste<br />
Graphic Novel überhaupt – und<br />
sind in diesem Band mit zwei weiteren literarischen<br />
Bildergeschichten des Pioniers vereint worden. Ein idealer<br />
Einstieg ins Graphic-Novel-Universum!<br />
Maus<br />
Art Spiegelman<br />
293 Seiten<br />
CHF 24.90<br />
Fischer<br />
Das Unaussprechliche Tieren in<br />
den Mund gelegt: Art Spiegelman<br />
erzählt die Geschichte seines<br />
Vaters, der Auschwitz überlebte, als Fabel. Dafür gewann<br />
er 1992 den Pulitzer-Preis – und damit ebnete er der<br />
Graphic Novel den Weg ins Feuilleton und zu einem<br />
erwachsenen Publikum.<br />
Jimmy Corrigan – der<br />
klügste Junge der Welt<br />
Chris Ware<br />
384 Seiten<br />
CHF 55.00<br />
Reprodukt<br />
Chris Ware ist ein Meister der minutiösen Gestaltung: Er<br />
zieht auf Papier alle filmischen Register vom Zoom über<br />
die Totale bis zum Zeitraffer und konzipiert jede Seite als<br />
Bild für sich. Ein feiner Stil für eine feinsinnige Geschichte<br />
über einen linkischen Enddreissiger. Endlich liegt dieses<br />
Meisterwerk auch auf Deutsch vor!<br />
Persepolis<br />
Marjane Satrapi<br />
356 Seiten<br />
CHF 39.90<br />
Edition Moderne<br />
Eine geradezu prototypische Graphic<br />
Novel: In holzschnittartigen<br />
Bildern berichtet Marjane Satrapi<br />
von ihrer Kindheit in Iran zur Zeit der Revolution. Die<br />
Künstlerin hat das leicht zugängliche Buch, das man kaum<br />
noch aus der Hand legen will, selber verfilmt.<br />
Stadt aus Glas<br />
Paul Auster und<br />
David Mazzucchelli<br />
135 Seiten<br />
CHF 23.90<br />
Reprodukt<br />
Viele Graphic Novels adaptieren<br />
literarische Vorlagen. Ein geglücktes<br />
Beispiel dafür ist «Stadt aus Glas» – dem früheren<br />
Superhelden-Zeichner David Mazzucchelli gelang hier die<br />
kongeniale Umsetzung eines Romans aus Paul Austers<br />
New-York-Trilogie.<br />
Herausragende<br />
Neuerscheinungen<br />
Reportagen<br />
Joe Sacco<br />
196 Seiten<br />
CHF 33.90<br />
Edition Moderne<br />
Joe Sacco bezeichnet sich als zeichnenden<br />
Journalisten und gilt als<br />
Erfinder der Comic-Reportage: Er<br />
verbindet tatsächliche aktuelle Ereignisse mit subjektiven<br />
Eindrücken. Der neue Band vereint seine Doku-Geschichten<br />
aus Den Haag, Palästina, Irak, Malta, Indien und dem<br />
Kaukasus.<br />
Marx<br />
Corinne Maier und Anne Simon<br />
64 Seiten<br />
CHF 31.90<br />
Knesebeck<br />
Biografien zählen zu den beliebtesten<br />
Stoffen von Graphic Novels.<br />
Eine geglückte Neuerscheinung in<br />
diesem Bereich ist «Marx»: Die französischen Autorinnen<br />
bringen einem auf leichte Weise das Leben und die Überzeugungen<br />
des Philosophen näher.<br />
Huck Finn<br />
Olivia Vieweg<br />
141 Seiten<br />
CHF 31.90<br />
Suhrkamp<br />
Suhrkamp fährt vor allem mit<br />
Literatur-Adaptionen auf dem<br />
Graphic-Novel-Zug mit. Die junge<br />
Zeichnerin Olivia Vieweg hat Mark Twains Klassiker<br />
nach Ostdeutschland verlegt – und das funktioniert<br />
überraschend gut.<br />
Bleierne Hitze<br />
Baru<br />
109 Seiten<br />
CHF 32.90<br />
Edition 52<br />
Der Franzose Baru gehört zu den<br />
wichtigsten europäischen Graphic-<br />
Novel-Autoren. Sein neuestes,<br />
schön buntes Werk erzählt von einem Bauernbub, der<br />
von einer Karriere als Mafiaboss träumt – und wegen<br />
eines geheimnisvollen Funds tatsächlich auf die schiefe<br />
Bahn gerät.<br />
Game of Thrones 1.<br />
Das Lied von Eis und Feuer<br />
GEORGE R.R. MARTIN<br />
DANIEL ABRAHAM<br />
109 Seiten<br />
CHF 31.90<br />
Panini Manga und Comics<br />
Martins episches Fantasy-Werk als Comic – geeignet auch<br />
für alle, die mit möglichst wenig Aufwand wissen wollen,<br />
warum «Game of Thrones» gegenwärtig derart abräumt.