Es kommt Dicker - Marius Leutenegger
Es kommt Dicker - Marius Leutenegger
Es kommt Dicker - Marius Leutenegger
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
8 | NOTIzen Books Nr. 3/2013 Alle Bücher finden Sie auch auf NOTIzen | 9<br />
JAHRESTAGE<br />
... und ausserdem<br />
© Roland Gretler<br />
Am 22. September jährt sich der Tod des<br />
1940 in St. Gallen geborenen Journalisten<br />
Niklaus Meienberg zum 20. Mal. Wenn Wikipedia<br />
behauptet, Meienbergs Werk habe<br />
«massgeblich zur öffentlichen Meinungsbildung<br />
der Schweiz im 20. Jahrhundert beigetragen»,<br />
ist das nicht allzu übertrieben. In<br />
einer Zeit, in der man auf so etwas noch<br />
stolz sein durfte, arbeitete Meienberg fünf<br />
Jahre lang für «Die Weltwoche» – als Korrespondent<br />
in Paris. Später wurde er Mitarbeiter<br />
des Schweizer Fernsehens, des «Tages-Anzeigers»,<br />
des Magazins «Stern» und<br />
der «Wochenzeitung». Diese Engagements<br />
endeten selten friedlich, denn Meienberg<br />
war nicht nur ein brillanter Kopf, sondern<br />
auch ein streitbarer und äusserst kritischer<br />
Zeitgenosse mit Hang zur Provokation und<br />
Polterei. Eine besonders innige Feindschaft<br />
verband ihn mit der Familie des superautoritären<br />
Generals der Schweizer Armee während<br />
des Ersten Weltkriegs, Ulrich Wille. Im<br />
Buch «Die Welt als Wille und Wahn» durchleuchtete<br />
Meienberg den Wille-Clan. Die<br />
Söhne des Generals zerrten den Journalisten<br />
schliesslich vor Gericht, vor allem wegen<br />
dessen Hauptwerk «Die Erschiessung des<br />
Landesverräters Ernst S.», in dem Wille<br />
ebenfalls eine Rolle spielte. Nach mehreren<br />
Schicksalsschlägen nahm sich Meienberg<br />
1993 das Leben. Sein Werk erscheint im<br />
Limmat-Verlag.<br />
Am 5. Oktober haben alle französischsprachigen<br />
Bücherfreundinnen und -freunde etwas<br />
zu feiern – aber nicht nur sie. Schliesslich<br />
zählt der Pariser Denis Diderot, dessen<br />
Geburtstag sich an diesem Datum zum 300.<br />
Mal jährt, zu den wichtigsten europäischen<br />
Denkern der Aufklärung. Gemeinsam mit<br />
zahlreichen Mitstreitern, darunter auch<br />
Montesquieu und Voltaire, schuf Diderot die<br />
grosse französische «Encylopédie ou dictionnaire<br />
raisonné des sciences, des arts et<br />
des métiers»; von den 72 000 Artikeln, die<br />
dieses Lexikon enthielt, verfasste er selber<br />
rund 6000. Diderot wuchs in der Bischofsstadt<br />
Langres auf und kam als junger Mann<br />
nach Paris, um dort ein Theologie-Vorstudium<br />
zu absolvieren. Anschliessend lebte er in<br />
der Hauptstadt als Bohémien, Intellektueller<br />
und Übersetzer englischsprachiger Bücher.<br />
Diese Tätigkeit öffnete ihm auch die Tür zum<br />
«Encylopédie»-Projekt: Ein Verleger wollte<br />
ein englischsprachiges Lexikon ins Französische<br />
übertragen lassen und kam damit<br />
nicht recht vorwärts. Er machte Diderot<br />
zum Gesamtleiter – und dieser weitete das<br />
Projekt massiv aus. Die Encyclopédie wollte<br />
in über einem Dutzend Bänden das gesamte<br />
Wissen ihrer Zeit abbilden. Den Autoren<br />
ging es aber nicht um die Anhäufung von<br />
Fakten, sondern um die Verbesserung der<br />
Welt durch Bildung. Das kam bei der Leserschaft<br />
extrem gut an – das Lexikon war ein<br />
kostspieliger Bestseller –, beim Adel und<br />
Klerus wegen seines aufklärerischen Geists<br />
aber äusserst schlecht. Der Papst setzte das<br />
Werk sogar auf den Index der verbotenen<br />
Bücher. Nach 20 Jahren Arbeit schied Diderot<br />
im Streit mit den knauserigen Verlegern<br />
aus dem Projekt aus. Er schrieb zeitlebens<br />
auch Dramen, bedeutende philosophische<br />
Schriften, naturwissenschaftliche Bücher,<br />
Rezensionen und <strong>Es</strong>says. Doch die Encyclopédie<br />
blieb sein Hauptwerk. Jetzt gerade hat<br />
«Die andere Bibliothek» die Zusammenstellung<br />
«Diderots Enzyklopädie» veröffentlicht;<br />
sie enthält jene Lexikon-Beiträge von<br />
Diderot, die laut Verlag «zum geistigen<br />
Handgepäck für das dritte Jahrtausend gehören».<br />
Georg Büchner kam am 17. Oktober 1813<br />
zur Welt, also vor genau 200 Jahren. Er wurde<br />
zwar nur 23 Jahre alt, doch es blieb ihm<br />
genug Zeit, gleich drei Stücke zu verfassen,<br />
die zum internationalen Kanon gehören:<br />
«Dantons Tod», «Leonce und Lena» sowie<br />
«Woyzeck». Eigentlich sollte Büchner Arzt<br />
werden; während seines Medizinstudiums<br />
in Strassburg kam er aber mit dem liberalen<br />
Gedankengut der Juli-Revolution in Kontakt.<br />
In seine Heimatregion Hessen zurückgekehrt,<br />
rief er die Landbevölkerung zum<br />
Umsturz auf – mit dem berühmten Slogan<br />
«Friede den Hütten! Krieg den Palästen!».<br />
Innerhalb von nur fünf Wochen verfasste er<br />
«Dantons Tod», in dem er das Scheitern der<br />
Revolution verarbeitete; noch vor der ersten<br />
Aufführung des<br />
Stücks musste er<br />
aber fliehen, weil<br />
er als Aufwiegler<br />
galt. Erst gelangte<br />
er nach Strassburg,<br />
dann kam<br />
er nach Zürich.<br />
Die hiesige Universität<br />
machte<br />
ihn aufgrund seiner<br />
Dissertation «Abhandlung über das<br />
Nervensystem der Barbe» zum Doktor der<br />
Philosophie und ernannte ihn zum Dozenten<br />
für Anatomie. Doch der junge Professor<br />
erkrankte an Typhus; im Februar 1837<br />
starb Büchner in Zürich, noch ehe er sein<br />
Drama «Woyzeck» beenden konnte. Das<br />
Grab des Dramatikers befindet sich im<br />
Oberstrass-Quartier und wird in wohl jedem<br />
Zürich-Reiseführer erwähnt. Im Horlemann-Verlag<br />
ist anlässlich des Jubiläums<br />
der Roman «Das Herz so rot» von Udo Weinbörner<br />
als Taschenbuch erschienen; darin<br />
geht es ebenso um die bewundernswert<br />
emanzipierte Braut des Frühverstorbenen<br />
wie um diesen selbst. Die Verlobte ist auch<br />
ein wichtiges Thema in der dtv-Neuerscheinung<br />
«Georg Büchners Frauen» von Jan-<br />
Christoph Hauschild. Wer es umfassend<br />
mag, ist wohl mit der Büchner-Biografie<br />
«Geschichte eines Genies» von Hermann<br />
Kurze gut bedient; sie ist gerade bei C.H.<br />
Beck erschienen.<br />
Jener Geburtstag, der in diesem Bücherherbst<br />
wohl die meisten Neuerscheinungen<br />
auslöst, ist jener von Albert Camus. Der<br />
Franzose wäre am 7. November 100 Jahre<br />
alt geworden. Zur Welt kam er in Algerien,<br />
das damals zu Frankreich gehörte. Obwohl<br />
seine Familie arm war und er an Tuberkulose<br />
erkrankte, konnte Camus dank seiner<br />
vielfältigen Begabungen die Matura machen;<br />
danach studierte er Philosophie an<br />
der Universität von Algier. Eigentlich wollte<br />
er Gymnasiallehrer werden, wegen seiner<br />
Tuberkulose wurde er aber nicht zu den<br />
Prüfungen zugelassen. Seinem Frust über<br />
das berufliche Scheitern, das Ende seiner<br />
ersten Ehe und die politischen Entwicklungen<br />
machte er Luft, indem er einen Roman<br />
über einen tuberkulosekranken Mann<br />
schrieb: «La Mort heureuse». Das Buch<br />
wurde zwar nie fertig, Camus arbeitete das<br />
Material aber später um – zum Roman «Der<br />
Fremde», der als eines der Hauptwerke des<br />
Existenzialismus’ gilt. Während Camus zuerst<br />
noch als Journalist und Aushilfslehrer<br />
arbeitete, erlaubte ihm sein literarischer Erfolg,<br />
sich ab Mitte des Zweiten Weltkriegs<br />
ganz auf die Schriftstellerei zu konzentrieren.<br />
Mit seinen Werken zu den grossen Themen<br />
Freiheit, Schuld und Verantwortung<br />
prägte er schliesslich das Lebensgefühl einer<br />
ganzen Generation. Zu seiner Prominenz<br />
trug bei, dass er sich –<br />
wie Jean-Paul Sartre,<br />
der andere wichtige<br />
Existenzialist – auch<br />
als Philosoph und politisch<br />
betätigte: Er engagierte<br />
sich in der<br />
Résistance und setzte<br />
sich gegen Krieg oder<br />
Kolonialismus ein. Mit<br />
46 Jahren kam Camus<br />
bei einem Autounfall<br />
ums Leben. Aus den vielen Neuerscheinungen<br />
anlässlich des Hundertsten seien vier<br />
herausgegriffen: Martin Meyer, Leiter des<br />
Feuilletons der «Neuen Zürcher Zeitung»,<br />
zeigt in seiner bei Hanser erschienenen Biografie<br />
«Die Freiheit leben», wa rum Autor<br />
und Werk seine Zeitgenossen derart stark<br />
faszinierten und warum man Camus immer<br />
wieder entdecken sollte. Ebenso eindrücklich<br />
ist die von Rowohlt veröffentlichte Biografie<br />
«Das Ideal der Einfachheit»; Autorin<br />
ist Iris Radisch, die Literaturkritikerin der<br />
«Zeit». Und das Hörbuch «Leben heisst handeln»,<br />
erschienen bei DHV, bietet Originalton-Einspielungen<br />
des Nobelpreisträgers<br />
von 1957. Ganz besonders schön – und passend<br />
zu unserem Beitrag über Graphic Novels<br />
ab Seite 14 dieser Ausgabe – ist schliesslich<br />
die visuelle Umsetzung der<br />
Camus-Novelle «Jonas oder der Künstler bei<br />
der Arbeit» von Katia Fouquet, erschienen<br />
bei der Edition Büchergilde.<br />
Wer ein Rezept aus einem ausländischen<br />
Kochbuch ausprobieren<br />
will, steht manchmal vor dem Problem,<br />
dass man die erwähnten Zutaten<br />
in der Schweiz nicht kaufen<br />
kann. In englischen Kochbüchern<br />
wird zum Beispiel oft eine bestimmte<br />
Art Mehl erwähnt, die bei uns<br />
kaum zu finden ist. In «The Bookshop»<br />
von Orell Füssli an der Zürcher<br />
Bahnhofstrasse steht dieses<br />
Mehl aber direkt neben dem Kochbuchregal<br />
– gemeinsam mit «Marmite»-<br />
und «Vegemite»-Würzpasten,<br />
der Barbecue-Sauce von «Jack<br />
Daniels», dem «Buckwud»-Ahorn-<br />
Wettbewerbs-GewiNNer<br />
In der letzten Ausgabe von «Books» verlosten wir unter den Teilnehmenden unseres<br />
Kreuzworträtsel-Wettbewerbs drei Büchergutscheine. Gewonnen haben:<br />
1. Preis: Verena Reist, 8460 Marthalen<br />
2. Preis: Rosmarie Speich, 8405 Winterthur<br />
3. Preis: Eva Horvath, 8406 Winterthur<br />
Herzliche Gratulation!<br />
sirup und vielen anderen Spezialitäten.<br />
Dass die Food-Abteilung der<br />
Buchhandlung auch <strong>Es</strong>swaren anbietet,<br />
ist nicht neu – damit hat<br />
man im Bookshop vor etwa fünf<br />
Jahren begonnen. «Inzwischen ist<br />
diese Abteilung aber ein regelrechter<br />
Magnet für Menschen aus England,<br />
den USA und Australien»,<br />
sagt Assistant Manager Nick<br />
Schorp. Was in der grössten englischsprachigen<br />
Buchhandlung auf<br />
dem europäischen Festland als<br />
kundenfreundliche Dienstleistung<br />
gedacht gewesen sei, habe sich zu<br />
einem echten Hit entwickelt.<br />
Das Lösungswort lautete übrigens «Liebesgeheimnisse». Die Gewinnerinnen und Gewinner<br />
der Preise 4 bis 10 werden schriftlich benachrichtigt. Das aktuelle Kreuzworträtsel finden<br />
Sie in dieser Ausgabe auf Seite 48.