ein geeignetes Modell zur kosteneffizienten CO 2 - VRE
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STROM OHNE GRENZEN<br />
34<br />
WO STEHT DER EUROPÄISCHE STROMMARKT?<br />
Leistungsänderungsgeschwindigkeit und<br />
Prognosefehler<br />
Trotz Anwendung immer besser werdender Verfahren treten erhebliche<br />
Prognosefehler auf. Selbst an Tagen mit relativ genauer Prognose<br />
können kurzfristig schnell mehrere Tausend MW Ausgleichsbedarf<br />
entstehen, wie aus dem Verlauf im Zeitraum 15.-17. Dezember<br />
2005 erkennbar ist (Abb. 6).<br />
Bemerkenswert in dieser Grafik ist auch, dass sich am 15. Dezember<br />
innerhalb von 6 Stunden bei <strong>ein</strong>er installierten Leistung von etwa<br />
17 000 MW die Wind<strong>ein</strong>speisung um ca. 6 000 MW erhöhte, das entspricht<br />
etwa 30 % der installierten Leistung bzw. <strong>ein</strong>er Änderungsgeschwindigkeit<br />
von 1 000 MW/h. Bei künftig installierten Leistungen<br />
von ca. 40 000 MW bedeutet das, dass stündliche<br />
Leistungsänderungen von 2 500 bis 3 000 MW sehr realistisch<br />
s<strong>ein</strong> werden.<br />
Prognosegenauigkeit –<br />
Day-ahead-Prognose und Hochrechnung<br />
Die Voraussetzung für <strong>ein</strong>e erfolgreiche Bewirtschaftung des EEG-<br />
Bilanzkreises ist <strong>ein</strong>e gute Day-ahead-Prognose. Bei rechtzeitiger<br />
Kenntnis der voraussichtlichen Einspeisung kann am Vortag über<br />
den Handel an der Strombörse EEX auf <strong>ein</strong>en liquiden Markt <strong>zur</strong>ückgegriffen<br />
werden. Ausgleichshandel nach Börsenschluss kann nur<br />
noch als Intraday-Handel realisiert werden, der derzeit noch <strong>ein</strong>e<br />
deutlich geringere Liquidität ausweist. In Abb. 7 ist die Qualität<br />
der Day-ahead-Prognose und der „online“-Hochrechnung aus<br />
gemessenen Referenzanlagen den tatsächlichen Einspeisewerten für<br />
den Monat März 2006 (abrechnungsrelevante Einspeisezeitreihen)<br />
in der Regelzone Vattenfall gegenübergestellt.<br />
Für die Day-ahead- und Intraday-Prognose verwendet VE-Transmission<br />
den Ensemble-Mittelwert von Verfahren verschiedener professioneller<br />
Anbieter. Die Hochrechnung basiert auf der<br />
Äquivalentierung von Referenzmessungen auf die in der Regelzone<br />
installierte Kraftwerksleistung in Windkraftwerken. Die Gegenüberstellung<br />
der jeweils prognostizierten und der tatsächlich <strong>ein</strong>gespeisten<br />
Leistung über alle 1/4-Stunden des selben Monats März<br />
2006 (Abb. 8) zeigt, dass die Prognosegüte und damit auch die prognostizierte<br />
Strommenge recht gut ist. Trotzdem traten Abweichungen<br />
zwischen Istwerten und Day-ahead-Prognose von teilweise bis zu<br />
1 500 MW auf. Selbst die Hochrechnung weist zeitweise noch<br />
Abweichungen von bis zu 500 MW <strong>zur</strong> tatsächlichen Erzeugung aus.<br />
Dabei betrug im März der relative Prognosefehler der Day-ahead-<br />
Prognose lediglich 6,5 % und der der Hochrechnung sogar nur<br />
1,8 %. Die aus der Hochrechnung resultierenden „verschobenen<br />
Strommengen“ summieren sich all<strong>ein</strong> im Jahr 2005 auf 600 GWh.<br />
Das zeigt, dass trotz der bereits erreichten hohen Prognosegüte weiterhin<br />
große Einspeiseschwankungen verbleiben, die nur durch den<br />
Einsatz kurzfristig verfügbarer Kraftwerksleistung ausgeglichen<br />
werden können. Diese Abweichungen liegen für die Einspeiseprognose<br />
in der Vattenfall-Regelzone bereits heute in der Größenordnung<br />
<strong>ein</strong>es Kernkraftwerkes und für die Hochrechnung im Bereich <strong>ein</strong>es<br />
mittleren Braunkohleblocks.<br />
Dringender Handlungsbedarf<br />
Wenn das Ziel <strong>ein</strong>es deutlich erhöhten Anteils erneuerbarer Energien<br />
an der Stromversorgung nicht um den Preis von Versorgungsausfällen<br />
und Störungen erreicht werden soll, ist dringend die Lösung<br />
nachfolgender Aufgaben geboten.<br />
Zunächst ist kurzfristig der Zugriff auf die Windkraftwerke für die<br />
Netzbetreiber (ÜNB, VNB) zu ermöglichen, um Systembalance bzw.<br />
Netzsicherheit aufrecht erhalten zu können. Neben der Verpflichtung<br />
zum Einbau fortlaufend übertragbarer Messungen ist die Beteiligung<br />
der Windkraftwerke an <strong>ein</strong>em System des sicherheitsrelevanten<br />
Erzeugungsmanagements unabdingbar. Darüber hinaus muss stets<br />
<strong>ein</strong>e ausreichende Ersatzleistung in Kraftwerken bereitstehen, die<br />
z. B. bei Windstille die fehlende regenerative Stromerzeugung<br />
ersetzen. Entscheidend ist allerdings, daß die regenerativen Kraftwerke<br />
künftig mindestens „vorbehandelten“ Strom bereitstellen, der<br />
dann <strong>ein</strong>er „Veredelung“ unterzogen werden kann. Langfristig muss<br />
deshalb in der Förderung umgesteuert werden. „Statt Masse –<br />
Klasse“, d. h., durch Bonus-/Malus Vergütungs-Systeme muss die<br />
Investition in Technik und Methoden, die aus der „Naturenergie“<br />
<strong>ein</strong>e „Nutzbare Energie“ machen, unterstützt werden. Einen Schwerpunkt<br />
stellt dabei die Weiterentwicklung von Speichertechnologien<br />
mit hohen Wirkungsgraden dar. Ein hoher Marktanteil erneuerbarer<br />
Energien heißt vor allem, dass <strong>ein</strong> vom Markt benötigtes Produkt<br />
<strong>zur</strong> richtigen Zeit in der richtigen Höhe bereitgestellt wird. Gerade<br />
hier ist es noch <strong>ein</strong> weiter Weg, bis die regenerativen Energien<br />
tatsächlich im Wettbewerb bestehen können. Daneben sind erhebliche<br />
Aufgaben für den schnellen und rechtzeitigen Ausbau der Netze<br />
zu bewältigen, um Strom aus immer entfernter liegenden Erzeugungsorten<br />
(offshore-Anlagen) zu den Verbrauchsregionen zu transportieren.<br />
Die Realisierung des politisch gewollten Zieles der Nutzung von <strong>ein</strong>heimischen<br />
und umweltfreundlichen Energieträgern bedarf der<br />
gem<strong>ein</strong>samen Lösung erheblicher Aufgaben durch alle Beteiligten<br />
im Bewussts<strong>ein</strong>, dass die dafür erforderlichen hohen Aufwendungen<br />
als Investitionen in die Zukunft gerechtfertigt sind.<br />
Dipl.-Ing. C. Hodurek, Vattenfall Europe Transmission GmbH, Berlin<br />
claus.hodurek@vattenfall.de<br />
ENERGIEWIRTSCHAFTLICHE TAGESFRAGEN 56. Jg. Special 6/2006