ein geeignetes Modell zur kosteneffizienten CO 2 - VRE
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Energiepolitische Diskussion ohne Scheuklappen<br />
Henning Rentz<br />
Die Diskussion um die Zukunft der deutschen Energieversorgung erhitzt die Gemüter. Kaum <strong>ein</strong> anderes Thema steht so hoch<br />
auf der politischen Agenda. Im Streit um die Balance des energiepolitischen Zieldreiecks von Wirtschaftlichkeit, Versorgungssicherheit<br />
und Umweltschutz wird die Diskussion häufig mit ideologischen Scheuklappen geführt, obwohl Realismus dringend<br />
notwendig wäre. Das Beispiel Kohleverstromung zeigt, dass Kraftwerksmodernisierungen und die Weiterentwicklung von Technologien<br />
bei <strong>ein</strong>er realistischen Betrachtung der Fakten die Voraussetzungen für <strong>ein</strong>e zukunftsfähige Energieversorgung in Deutschland<br />
sind.<br />
Ebenso begrenzt ist der zunehmende Einsatz der erneuerbaren Energien.<br />
Sie sind – abgesehen von der Biomasse – nicht grundlastfähig<br />
und können daher auf absehbare Zeit immer nur als – wichtiges –<br />
Additiv in der Energieversorgung vorangebracht werden. Ein vollwertiges<br />
Substitut für Kernkraftwerke mit ihrer hohen Zeitverfügbarkeit<br />
sind sie auch mittelfristig ganz sicher nicht, denn beispielsweise<br />
stehen nur rund 10 % der Stromerzeugungskapazität auf Basis<br />
der Windenergie in Deutschland gegenwärtig rund um die Uhr <strong>zur</strong><br />
Verfügung.<br />
Es führt also nicht weiter, ausschließlich verm<strong>ein</strong>tliche Idealvorstellungen<br />
in das Zentrum der Überlegungen zu stellen. Man muss<br />
sich vielmehr mit der Realität aus<strong>ein</strong>andersetzen, analysieren, was<br />
machbar ist und das Machbare weiter optimieren. Und da sieht es<br />
in Deutschland gar nicht so schlecht aus – zumindest solange man<br />
sich gestattet, Lösungen ohne Scheuklappen zu verfolgen.<br />
Braunkohle als <strong>ein</strong>heimische Ressource<br />
Immerhin verfügt Deutschland über <strong>ein</strong>es der größten Braunkohlevorkommen<br />
weltweit. Die statistische Reichweite der Kohle insgesamt<br />
wird auf rund 200 Jahre geschätzt. Sie übertrifft damit alle anderen<br />
Primärenergieträger bei weitem. Sie steht in Deutschland subventionsfrei<br />
<strong>zur</strong> Verfügung. Der Energiegehalt all<strong>ein</strong> der unter Wirtschaftlichkeitsaspekten<br />
abbauwürdigen rh<strong>ein</strong>ischen Braunkohle<br />
liegt mit 50 Mrd b. Oelequiv. (das entspricht 9,7 Mrd. t SKE oder<br />
31,6 Mrd. t Braunkohle) 1,3 Mal so hoch, wie der gesamte verbleibende<br />
Energievorrat von Öl und Gas in der Nordsee.<br />
Hinzu kommen die Braunkohlenvorräte im Mitteldeutschen Revier<br />
und in der Lausitz. Der Braunkohle den Rücken zu kehren, wäre<br />
genau der falsche Weg. Es sind daher alle Kräfte und Kreativität<br />
zu nutzen, die Verstromung der Braunkohle durch technischen Fortschritt<br />
umwelt- und klimaverträglicher zu gestalten. Das hilft nicht<br />
nur, die Importabhängigkeit von Energie zu verringern. Mit der Technologieführerschaft<br />
erschließen sich für die Herstellerindustrie<br />
wichtige Potenziale im Export und <strong>zur</strong> Sicherung der Arbeitsplätze<br />
in der heimischen Wirtschaft. RWE verfolgt deshalb intensiv drei<br />
Entwicklungslinien:<br />
■ Herzstück ist das erste großtechnische <strong>CO</strong> 2 -freie Kohlenkraftwerk<br />
der Welt mit <strong>ein</strong>er Leistung von 450 MW, das 2014 ans Netz<br />
gehen könnte. Dazu wird auch die Speicherung des abgetrennten<br />
<strong>CO</strong> 2 in <strong>ein</strong>er ehemaligen Gaslagerstätte bis <strong>zur</strong> Inbetriebnahme<br />
des Kraftwerks entwickelt. Mit RWE DEA verfügt der RWE-Konzern<br />
als <strong>ein</strong>ziges Unternehmen der Branche über das Know-how, die<br />
Speicherentwicklung selbst zu verwirklichen. Das Investitionsvolumen<br />
wird sich auf rund 1 Mrd. € belaufen.<br />
■ Zudem werden vorhandene Technologien weiterentwickelt, um<br />
die Emissionen über die Steigerung des Wirkungsgrades zu senken.<br />
ENERGIEWIRTSCHAFTLICHE TAGESFRAGEN 56. Jg. Special 6/2006<br />
Das ist notwendig, um die Zeit zu überbrücken, bis das <strong>CO</strong> 2 -freie<br />
Kraftwerk serienreif und wirtschaftlich <strong>ein</strong>satzfähig ist. So investiert<br />
RWE z. B. rund 50 Mio. € in <strong>ein</strong>e Prototypanlage <strong>zur</strong> Wirbelschichttrocknung.<br />
Sie wird im Dezember 2007 fertig s<strong>ein</strong> und die<br />
benachbarte BoA mit Trockenbraunkohle versorgen. Der Wirkungsgrad<br />
kann mit dieser Technik noch <strong>ein</strong>mal um 4 %-Punkte erhöht<br />
werden.<br />
■ Das Unternehmen entwirft außerdem Konzepte, um auch den<br />
bestehenden, modernen Kraftwerkspark mit <strong>ein</strong>er <strong>CO</strong> 2 -Abtrennung<br />
nach<strong>zur</strong>üsten. Dabei wird das <strong>CO</strong> 2 - aus den Rauchgasen gewaschen.<br />
Dieser Prozess ist allerdings energetisch derzeit noch sehr aufwändig<br />
und zudem mit hohen Investitionen verbunden. Im Konzern hält<br />
man diese sicherlich schwierige Aufgabe jedoch für lösbar.<br />
Die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe schätzt, dass<br />
die untertägigen Lagerstätten <strong>CO</strong> 2 - in <strong>ein</strong>er Bandbreite zwischen 23<br />
und 43 Mrd. t aufnehmen könnten. Unterstellt man <strong>ein</strong>en Mittelwert<br />
von 33 Mrd. t, so könnten diese Lagerstätten die <strong>CO</strong> 2 -Emissionen<br />
des deutschen Kraftwerkparks rund 80 Jahre aufnehmen.<br />
Aber auch hier gilt es, realistisch und pragmatisch zu bleiben. Die<br />
Verbreitung dieser Technologie wird, auch wenn sie Serienreife<br />
erreicht hat, Jahrzehnte in Anspruch nehmen. Dafür sprechen schon<br />
all<strong>ein</strong> die langen Investitionszyklen in der Energiewirtschaft.<br />
Breiter Energiemix ist beste Risikoversicherung<br />
Die <strong>CO</strong> 2 -Sequestration kann und darf auch nicht das <strong>ein</strong>zige Standb<strong>ein</strong><br />
für Deutschland s<strong>ein</strong>. Denn nur <strong>ein</strong> breiter Energieträgermix<br />
ist und bleibt die beste Risikoversicherung und kommt dem Ideal,<br />
die Versorgung wirtschaftlich, sicher und umweltverträglich zu<br />
gewährleisten, am nächsten. Sophokles (496-405 v. Chr.) sagte: „Wir<br />
müssen dafür sorgen, dass die Brücke nicht schmäler ist als der<br />
Fluss.“ Bei der Energieversorgung kann uns das nur gelingen, wenn<br />
wir sämtliche Energieträger vorurteilslos in <strong>ein</strong> schlüssiges Gesamtkonzept<br />
<strong>ein</strong>bringen, in dem sich Ihre Vor- und Nachteile optimal austarieren.<br />
Dr. H. Rentz, Leiter Energiepolitik der RWE Power AG, Essen<br />
henning.rentz@rwe.com<br />
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