Antrag - Bündnis 90/Die Grünen Kiel
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und Hekmatjar auf, sich ihm anzuschließen, um gemeinsam die Regierung Karzai<br />
abzulösen.<br />
Jede Debatte über einen Strategiewechsel der NATO und ihrer Verbündeten in<br />
Afghanistan muss sich mit diesen neuen Entwicklungen auseinandersetzen, denn in<br />
dieser komplizierten politischen Lage wird ein Strategiewechsel ohne ein politisches<br />
Konzept nicht helfen.<br />
Ebenso klar ist, dass ein sofortiger Abzug der internationalen Truppen in dieser Situation<br />
keine Lösung darstellt, sondern eine politische Lösung auf der Grundlage einer<br />
selbsttragenden Stabilisierung erschweren, wenn nicht sogar durch den möglichen Beginn<br />
eines Bürgerkrieges unmöglich machen würde. Es ist aber ebenso klar, dass die<br />
internationalen Truppen nicht auf unbestimmte Dauer die gegenwärtige Regierung<br />
stabilisieren können. Der politische Zweck und die konkreten Ziele ihres Einsatzes<br />
verschwimmen zunehmend. Der Bundeswehrverband in Deutschland hat vollständig<br />
recht, wenn er von der Politik ein Einsatzkonzept mit konkreten zeitlichen<br />
Rahmenbedingungen einfordert. <strong>Die</strong> Kette der einjährigen Mandatsverlängerungen für<br />
den Bundeswehreinsatz mit nebulösen Perspektivvorstellungen darf nicht einfach<br />
fortgeschrieben werden. <strong>Die</strong> Bundesregierung und der Bundestag sind hier gefordert<br />
Antworten zu geben und ein Konzept vorzulegen, das diese schwierigen Fragen nicht<br />
einfach ausklammert.<br />
<strong>Die</strong> gerade innerhalb von BÜNDNIS <strong>90</strong>/DIE GRÜNEN intensiv geführte Debatte um die<br />
Entsendung von Tornados zu Aufklärungszwecken hat deutlich gemacht, wie<br />
problematisch der Einsatz ohne den erkennbaren Primat ziviler Ziele und ohne eine<br />
wirklich massive Aufstockung<br />
der Mittel für den zivilen Aufbau sein kann. Mit der Entscheidung für den Kampfeinsatz<br />
deutscher Tornados haben die Bundesregierung, der Bundestag und Teile des<br />
Bundesvorstandes, Parteirates und der Bundestagsfraktion von <strong>Bündnis</strong> <strong>90</strong>/<strong>Die</strong> <strong>Grünen</strong><br />
darum auch die für uns falschen Konsequenzen gezogen. Ohne den geforderten<br />
Strategiewechsel läuft auch ISAF Gefahr, die begonnene Entfremdung zwischen<br />
wachsenden Teilen der Bevölkerung und den internationalen Einsatzkräften – zivil oder<br />
militärisch, staatlich oder nicht-staatlich – zu<br />
vertiefen und den Erfolg des gesamten Projektes in Frage zu stellen.<br />
Mit großer Besorgnis sehen <strong>Bündnis</strong> <strong>90</strong>/die <strong>Grünen</strong> in NRW, dass Erfolge wie beim<br />
Polizeiaufbau, bei der Wasserversorgung oder im Bildungswesen durch die prekäre<br />
Gesamtlage gefährdet sind. Der Wiederaufbau des vom jahrzehntelangen Bürgerkrieg<br />
zerstörten Landes findet unter schwierigen Bedingungen statt und stellt eine enorme<br />
Herausforderung dar. Im<br />
Süden und Osten des Landes findet teilweise ein regelrechter Aufstand statt.<br />
Allein in diesem Jahr sind 2000 Opfer zu beklagen. <strong>Die</strong> Sicherheitslage hat sich nicht nur<br />
im Süden und Osten verschärft. Mittlerweile finden auch im bisher ruhigeren Norden<br />
heimtückische Anschläge gegen die Zivilbevölkerung, ISAF-Soldaten und zivile<br />
Aufbauhelfer statt. Wir<br />
verurteilen die brutalen Anschläge sowie das blutige Selbstmordattentat auf<br />
Bundeswehrsoldaten auf dem Markt in Kundus und trauern auch um die Opfer, die die<br />
Nichtregierungsorganisation Deutsche Welthungerhilfe zu beklagen hat.<br />
Trotz vieler Teilerfolge der internationalen Bemühungen, stehen die Entwicklung der<br />
afghanischen Zivilgesellschaft sowie der Aufbau eines funktionierenden Staates erst am<br />
Anfang. Gerade in den ländlichen Regionen kommen Entwicklungsfortschritte nur<br />
langsam und im<br />
Süden und Osten des Landes so gut wie gar nicht voran. Regionale und lokale<br />
Machthaber können ungehindert agieren. <strong>Die</strong> afghanische Regierung ist in der Fläche<br />
nicht präsent.<br />
<strong>Die</strong> mangelnden Kapazitäten der afghanischen Institutionen, die unverändert weit<br />
verbreitete Korruption auf allen Ebenen und die gewachsene Drogenökonomie drohen die<br />
Aufbaufortschritte ebenso zu gefährden wie die erkennbar gescheiterte und brutale<br />
Kriegsführung im Rahmen der US-geführten Antiterroroperation „Enduring Freedom“<br />
(OEF) und Militäraktionen von in Afghanistan operierenden US-Spezialeinheiten. <strong>Die</strong>se<br />
Entwicklungen tragen dazu bei, dass der Rückhalt in der afghanischen Bevölkerung für